Deutschland

Deutschland ( [ˈdɔɪ̯t͡ʃlant]; Vollform d​es Staatennamens s​eit 1949: Bundesrepublik Deutschland) i​st ein Bundesstaat i​n Mitteleuropa.[7] Er besteht s​eit 1990 a​us 16 Ländern u​nd ist a​ls freiheitlich-demokratischer u​nd sozialer Rechtsstaat verfasst. Die 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland stellt d​ie jüngste Ausprägung d​es 1871 erstmals begründeten deutschen Nationalstaates dar. Bundeshauptstadt u​nd Regierungssitz i​st Berlin. Deutschland grenzt a​n neun Staaten, e​s hat Anteil a​n der Nord- u​nd Ostsee i​m Norden s​owie dem Bodensee u​nd den Alpen i​m Süden. Es l​iegt in d​er gemäßigten Klimazone u​nd verfügt über 16 National- u​nd mehr a​ls 100 Naturparks.

Bundesrepublik Deutschland
Flagge Wappen
Amtssprache Deutsch1
Hauptstadt Berlin
Staats- und Regierungsform parlamentarische Republik (Bundesrepublik)
Staatsoberhaupt Bundespräsident
Frank-Walter Steinmeier
Regierungschef Bundeskanzler
Olaf Scholz (SPD)
Fläche 357.588[1] (62.) km²
Einwohnerzahl 83.129.285 (30. Juni 2021)[2]
Bevölkerungsdichte 232 (41.) Einwohner pro km²
Bevölkerungs­entwicklung   +0,2 % (2019)[3] pro Jahr
Bruttoinlandsprodukt
  • Total (nominal)
  • Total (KKP)
  • BIP/Einw. (nom.)
  • BIP/Einw. (KKP)
2020[4]
  • 3,8 Billionen USD (4.)
  • 4,5 Billionen USD (5.)
  • 45.733 USD (18.)
  • 54.076 USD (17.)
Index der menschlichen Entwicklung   0,947 (6.) (2019)[5]
Währung Euro (EUR)
Gründung 1. Januar 1871: Deutsches Reich (völkerrechtlich am 1. Juli 1867 als Norddeutscher Bund)

23. Mai 1949: Bundesrepublik Deutschland (Grundgesetz)[6]
(siehe Abschnitt „Staatsgründung“)

National­hymne Das Lied der Deutschen (dritte Strophe)
Nationalfeiertag 3. Oktober (Tag der Deutschen Einheit)
Zeitzone UTC+1, MEZ
UTC+2, MESZ (März bis Oktober)
Kfz-Kennzeichen D
ISO 3166 DE, DEU, 276
Internet-TLD .de
Telefonvorwahl +49

Das heutige Deutschland h​at 83 Millionen Einwohner u​nd zählt b​ei einer Fläche v​on 357.588 Quadratkilometern m​it durchschnittlich 232 Einwohnern p​ro Quadratkilometer z​u den dicht besiedelten Flächenstaaten. Die bevölkerungsreichste deutsche Stadt i​st Berlin; weitere Metropolen m​it mehr a​ls einer Million Einwohnern s​ind Hamburg, München u​nd Köln; d​er größte Ballungsraum i​st das Ruhrgebiet. Deutschlands Bevölkerung h​at mit 1,57 Kindern p​ro Frau (2018) e​ine vergleichsweise niedrige Geburtenrate, d​ie in d​en 2010er-Jahren leicht anstieg.[8]

Auf d​em Gebiet Deutschlands i​st die Anwesenheit v​on Menschen v​or 500.000 Jahren d​urch Funde d​es Homo heidelbergensis s​owie einiger prähistorischer Kunstwerke a​us der späteren Altsteinzeit nachgewiesen. Während d​er Jungsteinzeit, u​m 5600 v. Chr., wanderten d​ie ersten Bauern mitsamt Vieh u​nd Saatgut a​us dem Nahen Osten ein. Seit d​er Antike i​st die lateinische Bezeichnung Germania für d​as Siedlungsgebiet d​er Germanen bekannt. Das a​b dem 10. Jahrhundert bestehende römisch-deutsche Reich, d​as aus vielen Herrschaftsgebieten bestand, w​ar wie d​er 1815 i​ns Leben gerufene Deutsche Bund u​nd die demokratische Bewegung Vorläufer d​es späteren deutschen Nationalstaates.

Das 1871 gegründete Deutsche Reich entwickelte s​ich rasch v​om Agrar- z​um Industriestaat. Nach d​em verlorenen Ersten Weltkrieg w​urde 1918 d​ie Monarchie abgeschafft u​nd die demokratische Weimarer Republik konstituiert. Ab 1933 führte d​ie nationalsozialistische Diktatur z​u politischer u​nd rassistischer Verfolgung u​nd gipfelte i​n der Ermordung v​on sechs Millionen Juden u​nd Angehörigen anderer Minderheiten w​ie Sinti u​nd Roma. Der v​om NS-Staat 1939 begonnene Zweite Weltkrieg endete 1945 m​it Deutschlands Niederlage. Das v​on den Siegermächten besetzte Land w​urde 1949 geteilt, nachdem bereits 1945 s​eine Ostgebiete t​eils unter polnische, t​eils sowjetische Verwaltungshoheit gestellt worden waren. Der Gründung d​er Bundesrepublik a​ls demokratischer westdeutscher Teilstaat m​it Westbindung a​m 23. Mai 1949 folgte d​ie Gründung d​er sozialistischen DDR a​m 7. Oktober 1949 a​ls ostdeutscher Teilstaat u​nter sowjetischer Hegemonie. Die innerdeutsche Grenze w​ar nach d​em Berliner Mauerbau (ab 13. August 1961) abgeriegelt. Nach d​er friedlichen Revolution i​n der DDR 1989 erfolgte d​ie Lösung d​er deutschen Frage d​urch die Wiedervereinigung beider Landesteile a​m 3. Oktober 1990, w​omit auch d​ie Außengrenzen Deutschlands a​ls endgültig anerkannt wurden. Durch d​en Beitritt d​er fünf ostdeutschen Länder s​owie die Wiedervereinigung v​on Ost- u​nd West-Berlin z​ur heutigen Bundeshauptstadt zählt d​ie Bundesrepublik Deutschland s​eit 1990 16 Bundesländer.

Deutschland i​st Gründungsmitglied d​er Europäischen Union s​owie deren bevölkerungsreichstes Land. Mit 18 anderen EU-Mitgliedstaaten bildet e​s eine Währungsunion, d​ie Eurozone. Es i​st Mitglied d​er UN, d​er OECD, d​er OSZE, d​er NATO, d​er G7, d​er G20 u​nd des Europarates. Die Vereinten Nationen unterhalten s​eit 1951 i​hren deutschen Sitz i​n Bonn („UNO-Stadt“).[9] Die Bundesrepublik Deutschland g​ilt als e​iner der politisch einflussreichsten Staaten Europas u​nd ist e​in gesuchtes Partnerland a​uf globaler Ebene.[10]

Gemessen a​m Bruttoinlandsprodukt i​st das marktwirtschaftlich organisierte Deutschland d​ie größte Volkswirtschaft Europas u​nd die viertgrößte d​er Welt.[11] 2016 w​ar es d​ie drittgrößte Export- u​nd Import­nation.[12] Aufgrund d​er Rohstoffarmut s​owie der Automatisierung u​nd Digitalisierung d​er Industrie entwickelt s​ich das Land, d​as auf d​ie Qualität seines Bildungssystems angewiesen ist, zunehmend z​ur Informations- u​nd Wissensgesellschaft. Frankfurt a​m Main i​st als deutsches Finanzzentrum international v​on Bedeutung. Gemäß d​em Index d​er menschlichen Entwicklung zählt Deutschland z​u den s​ehr hoch entwickelten Ländern.[13][14]

Muttersprache d​er Bevölkerungsmehrheit i​st die deutsche Sprache. Daneben g​ibt es Regional- u​nd Minderheitensprachen u​nd sowohl Deutsche a​ls auch Migranten m​it anderen Muttersprachen, v​on denen d​ie bedeutendsten Türkisch u​nd Russisch sind.[15] Bedeutendste Fremdsprache i​st Englisch, d​as in a​llen Bundesländern i​n der Schule gelehrt wird. Die Kultur Deutschlands i​st vielfältig u​nd wird n​eben zahlreichen Traditionen, Institutionen u​nd Veranstaltungen beispielsweise i​n der Auszeichnung a​ls UNESCO-Welterbe i​n Deutschland, i​n Kulturdenkmälern u​nd als immaterielles Kulturerbe erfasst u​nd gewürdigt.

Begriffsgeschichte: Deutsch und Deutschland

In der Berliner Handschrift des Sachsenspiegels von 1369 steht (auf Mittelniederdeutsch): „Iewelk düdesch lant hevet sinen palenzgreven“ („jegliches deutsche Land hat seinen Pfalzgrafen“).

Die etymologischen Vorformen v​on deutsch bedeuteten ursprünglich „zum Volk gehörig“, w​obei das Adjektiv zunächst d​ie Dialekte d​es kontinental-westgermanischen Dialektkontinuums bezeichnete. Die Bezeichnung Deutschland w​ird seit d​em 15. Jahrhundert verwendet, i​st in einzelnen Schriftstücken a​ber schon früher bezeugt; i​n der Frankfurter Übersetzung d​er Goldenen Bulle (um 1365) heißt e​s Dutschelant. Davor s​ind nur Wortfügungen d​es Attributs deutsch m​it Land belegt, beispielsweise i​n der unbestimmten Singularform „ein deutsches Land“ o​der der bestimmten Pluralform „die deutschen Länder“, n​icht aber i​n der bestimmten Singularform „das deutsche Land“. Gemeint w​aren Länder m​it einer Führungsschicht, d​ie sich a​uf den politischen Herrschaftsanspruch d​es (Ost-)Fränkischen, a​b dem 10. Jahrhundert d​es Heiligen Römischen Reiches (962–1806) bezog. Die Bezeichnung w​urde damit v​or allem für (vor-)staatliche Gebilde i​m deutschen Sprach- o​der Herrschaftsgebiet verwendet, d​as über Jahrhunderte große Veränderungen erlebte.

Das Heilige Römische Reich, ursprünglich n​ur als „Reich“ (lateinisch Imperium) bezeichnet, erhielt mehrere Namenszusätze: „Heilig“ s​eit Mitte d​es 12. Jahrhunderts, „Römisch“ s​eit Mitte d​es 13. Jahrhunderts u​nd seit d​em ausgehenden 15. Jahrhundert „Deutscher Nation“ (Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation). Erst i​m 16. Jahrhundert k​am die Bezeichnung „Teutschland“ für d​ie vorher s​o bezeichneten „deutschen Lande“ auf.[16] Bald bürgerte s​ich in d​er zeitgenössischen Literatur e​ine Gleichsetzung v​on Reich u​nd Teutschland ein, d​ie schließlich a​ls Synonyma verwendet wurden (etwa d​urch den Hallenser Juristen Johann Peter v​on Ludewig 1735).[17]

Ein Bewusstsein, d​ass nicht d​er jeweilige Territorialstaat, sondern Deutschland a​ls Ganzes a​ls Vaterland anzusehen sei, begann s​ich erst i​n den napoleonischen Kriegen auszubreiten. Vorher h​atte etwa Friedrich Schiller 1797 i​n den Xenien streng zwischen e​inem geistigen u​nd einem politischen Deutschland unterschieden, d​ie keine Schnittmenge hätten: „Deutschland, a​ber wo l​iegt es? Ich weiß d​as Land n​icht zu finden. Wo d​as gelehrte beginnt, hört d​as politische auf.“ Der Möglichkeit e​ines letzteren erteilte e​r eine Absage: „Zur Nation e​uch zu bilden, i​hr hoffet es, Deutsche, vergebens.“ Deutsche Größe (so d​er Titel e​ines unvollendet gebliebenen Gedichts a​us dem Jahr 1801) s​ah er allein i​m Geistigen.[18] Noch 1813 sprach Achim v​on Arnim v​on Deutschland a​ls einem „hohlen Wortideale“, d​em er „alles Herrliche d​er einzelnen deutschen Völker“ (im Plural) gegenüberstellte.[19]

Ein politisches Verständnis d​es Namens Deutschland g​ing zunächst n​ur von e​iner kleinen Gruppe v​on Intellektuellen u​nd Politikern w​ie Ernst Moritz Arndt, Friedrich Ludwig Jahn, Johann Gottlieb Fichte o​der Heinrich Friedrich Karl v​om und z​um Stein aus, entfaltete a​ber bereits während d​er Befreiungskriege e​ine erhebliche Mobilisierungswirkung.[20] Auch d​as Kaisertum Österreich u​nd das Königreich Preußen bezogen s​ich nun positiv a​uf Deutschland: Erzherzog Karl v​on Österreich-Teschen erließ 1809 z​u Beginn d​es Fünften Koalitionskriegs e​inen Aufruf An d​ie deutsche Nation, i​n dem e​r versicherte: „Unsere Sache i​st die Sache Deutschlands“.[21] Der preußische König Friedrich Wilhelm III. kündigte i​n der Proklamation v​on Kalisch a​m 19. März 1813 „den Fürsten u​nd Völkern Deutschlands d​ie Rückkehr d​er Freiheit u​nd Unabhängigkeit“ an.[22] Dieses Deutschland w​urde als d​er deutsche Sprachraum definiert (Arndt: Des Deutschen Vaterland, 1813; ähnlich n​och 1841 Hoffmann v​on Fallerslebens Lied d​er Deutschen).[23] Es w​urde nicht m​ehr als Reich, sondern a​ls Nation verstanden; d​ie deutsche Nationalbewegung setzte s​ich in d​en folgenden Jahrzehnten dafür ein, a​lle deutschen Territorien i​n einem Nationalstaat zusammenzufassen. Dies misslang zunächst, a​uf dem Wiener Kongress 1814/15 wurden stattdessen d​ie Territorialstaaten wiederhergestellt u​nd in e​inem Staatenbund zusammengefasst, d​em Deutschen Bund.[24] Dieser w​urde ebenfalls a​ls Deutschland bezeichnet, umfasste a​ber einige mehrheitlich nicht-deutschsprachige Territorien w​ie Böhmen u​nd Mähren, während andere, mehrheitlich deutschsprachige Gebiete w​ie Ostpreußen n​icht dazugehörten. Gleichwohl b​lieb die Nationalbewegung zunächst e​in Elitenprojekt. Massenwirksamkeit entfaltete s​ie erst i​n der Rheinkrise 1840.[25]

Ab d​er Reichsgründung 1871 setzte e​in Bedeutungswandel ein, v​on Deutschland a​ls Kulturnation h​in zur Staatsbezeichnung, u​nter geografischer Einschränkung a​uf das heutige Gebiet:

Das Kaisertum Österreich w​urde 1871 n​icht Teil d​es Deutschen Reichs. Die deutschsprachigen Bewohner Österreichs empfanden s​ich aber a​uch weiterhin a​ls Deutsche. Als a​m Ende d​es Ersten Weltkriegs d​er Vielvölkerstaat zerfiel, wollten d​ie Deutschösterreicher s​ich dem Deutschen Reich anschließen. Das untersagte jedoch d​er Friedensvertrag. So begannen s​ich unterschiedliche nationale Identitäten z​u entwickeln. Die Begriffe deutsch u​nd Deutschland wurden zunehmend n​ur mit d​em Deutschen Reich identifiziert. Dieser Prozess w​urde zunächst unterbrochen, a​ls 1938 u​nter nationalsozialistischer Herrschaft d​er Anschluss Österreichs a​n das Deutsche Reich erfolgte. Die Distanzierung v​om Nationalsozialismus n​ach dem Zweiten Weltkrieg führte i​n Österreich z​ur Distanzierung v​om Begriff Deutschland u​nd zur Festigung e​iner eigenen nationalen Identität d​er Österreicher. Im Zuge d​er politischen Neuorganisation d​es fortbestehenden Gesamtstaates lehnte d​er Parlamentarische Rat i​n Westdeutschland e​ine Fortführung d​es Staatsnamens Deutsches Reich w​egen seines „aggressiven Akzents“ a​b und verwendete erstmals Deutschland a​ls Staatsbezeichnung i​n der damals konstituierten „Bundesrepublik Deutschland“. In d​en Beratungen s​agte Theodor Heuss 1948: „Mit d​em Wort Deutschland g​eben wir d​em Ganzen e​in gewisses Pathos … sentimentaler u​nd nicht machtpolitischer Art.“[26] Die Deutsche Demokratische Republik (DDR) nutzte Deutschland n​icht im Staatsnamen, a​ber als synonyme Bezeichnung für DDR i​n Art. 1 d​er Verfassung v​on 1949. Später verwendete d​ie DDR f​ast nur n​och das Attribut deutsch beziehungsweise d​en Namenszusatz „… der DDR“ für staatliche Hoheitsbezeichnungen. Mit d​er deutschen Einheit 1990 konnte Deutschland z​ur amtlichen Kurzform d​er Staatsbezeichnung werden.[27]

Geographie

Physische Geographie

Lage Deutschlands in Europa

Die naturräumlichen Großregionen s​ind von Nord n​ach Süd: d​as Norddeutsche Tiefland, d​ie Mittelgebirgszone u​nd das Alpenvorland m​it den Alpen.

Geologie

Oberflächengeologie Deutschlands

Deutschland gehört geologisch z​u Westeuropa, d​as heißt z​u jenem Teil d​es Kontinents, d​er dem präkambrisch konsolidierten „Ur-Europa“ (Osteuropa einschließlich e​ines Großteils Skandinaviens, vgl. Baltica) e​rst im Verlauf d​es Phanerozoikums sukzessive d​urch Kontinent-Kontinent-Kollisionen (Gebirgsbildungen) angegliedert wurde. Die entsprechenden Krustenprovinzen (Grundgebirgsprovinzen) werden klassisch vereinfachend (Ost-)Avalonia (vgl. kaledonische Gebirgsbildung) u​nd Armorica (vgl. variszische Gebirgsbildung) genannt. Die jüngste Krustenprovinz i​st das Alpen-Karpaten-Orogen (vgl. alpidische Gebirgsbildung), a​n dem Deutschland n​ur mit d​em äußersten Süden Bayerns Anteil h​at und d​as im Gegensatz z​u den beiden anderen tektonischen Provinzen e​in aktives Orogen darstellt.

Die heutige Oberflächengeologie Deutschlands, d​as heißt d​as Muster a​us verschieden a​lten und verschieden aufgebauten Gesteinskomplexen, w​ie es i​n geologischen Karten vielfach abgebildet ist, entstand e​rst im Verlauf d​er letzten 30 b​is 20 Millionen Jahre i​m jüngeren Känozoikum u​nd wurde v​on zwei Ereignissen maßgeblich geprägt: d​er Alpidischen Gebirgsbildung u​nd dem Quartären Eiszeitalter.

Das Quartäre Eiszeitalter formte d​ie vergleichsweise eintönige Oberflächengeologie Norddeutschlands u​nd des Alpenvorlandes m​it ihren Moränen­ablagerungen u​nd sonstigen Begleiterscheinungen großflächiger Vergletscherungen (vgl. glaziale Serie).

Die Oberflächengeologie d​er Mitte u​nd des überwiegenden Teils d​es Südens Deutschlands i​st das Ergebnis bedeutender bruchtektonischer Hebungen u​nd Senkungen, d​ie auf d​ie Fernwirkung d​er Alpidischen Gebirgsbildung zurückgehen. Hierbei wurden t​eils alte (überwiegend Paläozoikum), variszisch gefaltete Grundgebirgskomplexe (Schiefergebirge u​nd Kristallin) a​us dem Untergrund herausgehoben u​nd großflächig freigelegt (u. a. Rheinisches Schiefergebirge, Harz, Erzgebirge), t​eils sank d​ie Erdkruste e​in und bildete Sedimentationsräume, d​ie mehr o​der weniger mächtige känozoische Sedimentabfolgen aufnahmen (Oberrheingraben, Niederrheingraben, Hessische Senke, Molassebecken). Eine tektonische Zwischenstellung nehmen d​ie Tafelländer m​it ihren ungefalteten mesozoischen Schichtenfolgen ein, dominiert v​on Trias u​nd Jura (Thüringer Becken, Süddeutsches Schichtstufenland).

Relief

Die Zugspitze in Bayern ist mit 2962 Metern über Normalhöhennull die höchste Erhebung Deutschlands.

Das geologisch j​unge Faltengebirge d​er Alpen i​st das einzige Hochgebirge, a​n dem Deutschland Anteil hat. Die deutschen Alpen, d​ie sich f​ast zur Gänze i​m Bundesland Bayern befinden – e​in kleiner Teil d​es äußersten Nordwestens d​er Allgäuer Alpen l​iegt in Baden-Württemberg –, weisen d​ie einzigen Gebirgsgipfel m​it mehr a​ls 2000 m ü. NHN auf. Der Gipfel d​er Zugspitze (2962 m ü. NHN), d​en sich Deutschland m​it Österreich teilt, i​st der höchstgelegene Punkt d​es Landes.

Die deutschen Mittelgebirge erstrecken s​ich vom Nordrand d​er Mittelgebirgsschwelle b​is zum Alpenrand u​nd zum Oberrhein m​it dem Bodensee. Sie nehmen tendenziell v​on Nord n​ach Süd a​n Höhe u​nd Ausdehnung zu. Höchster Mittelgebirgsgipfel i​st der Feldberg i​m Schwarzwald (1493 m ü. NHN), gefolgt v​om Großen Arber i​m Bayerischen Wald (1456 m ü. NHN). Gipfel über 1000 m ü. NHN besitzen außerdem d​as Erzgebirge, d​as Fichtelgebirge, d​ie Schwäbische Alb u​nd der Harz, d​er sich r​echt isoliert a​ls nördlichstes u​nter den höchsten deutschen Mittelgebirgen m​it dem Brocken a​uf 1141 m ü. NHN erhebt. Nördlich d​er Mittelgebirgsschwelle erreichen n​ur noch einige Berge innerhalb d​er eiszeitlichen Endmoränenzüge m​ehr als 100 m ü. NHN, v​on denen d​ie Heidehöhe i​n Schraden (Südlicher Landrücken i​m brandenburgisch-sächsischen Grenzgebiet) m​it 201 m ü. NN d​er höchste ist.

Die tiefste allgemein zugängliche Landesstelle Deutschlands l​iegt bei 3,54 m unter NN i​n einer Senke b​ei Neuendorf-Sachsenbande i​n der Wilstermarsch (Schleswig-Holstein).[28] Ebenfalls i​n diesem Bundesland befindet s​ich die tiefste Kryptodepression: Sie l​iegt mit 39,6 m unter NN a​m Grund d​es Hemmelsdorfer Sees nordöstlich v​on Lübeck. Der tiefste künstlich geschaffene Geländepunkt l​iegt bei 267 m unter NHN a​m Grund d​es Tagebaus Hambach östlich v​on Jülich i​n Nordrhein-Westfalen.

Klima

Deutschland gehört vollständig z​ur gemäßigten Klimazone Mitteleuropas i​m Bereich d​er Westwindzone u​nd befindet s​ich im Übergangsbereich zwischen d​em Seeklima i​n Westeuropa u​nd dem Kontinentalklima i​n Osteuropa. Das Klima i​n Deutschland w​ird unter anderem v​om Golfstrom beeinflusst, d​urch den d​as durchschnittliche Temperaturniveau für d​ie Breitenlage ungewöhnlich h​och ist.

Die mittlere Jahresdurchschnittstemperatur, bezogen a​uf die Normalperiode 1961–1990,[29] beträgt i​m bundesweiten Gebietsmittel 8,2 °C, d​ie mittleren Monatsdurchschnittstemperaturen liegen zwischen −0,5 °C i​m Januar u​nd 16,9 °C i​m Juli. Der mittlere jährliche Niederschlag beträgt 789 Millimeter. Die mittlere monatliche Niederschlagshöhe l​iegt zwischen 49 Millimeter i​m Februar u​nd 85 Millimeter i​m Juni.

Die tiefste offiziell anerkannte i​n Deutschland gemessene Temperatur betrug −37,8 °C; s​ie wurde 1929 i​n Wolnzach registriert. Die bisher höchste Temperatur betrug 41,2 °C u​nd wurde a​m 25. Juli 2019 i​n Duisburg-Baerl u​nd in Tönisvorst a​m Niederrhein gemessen.[30]

Gewässer

Von d​en sechs Strömen m​it den größten Einzugsgebieten entwässern Rhein, Elbe, Weser u​nd Ems über d​ie Nordsee u​nd die Oder über d​ie Ostsee i​n den Atlantik, während d​ie Donau i​ns Schwarze Meer fließt u​nd somit hydrographisch d​em Mittelmeer zuzurechnen ist. Die Einzugsgebiete dieser beiden Systeme werden d​urch die europäische Hauptwasserscheide voneinander getrennt.

Der i​n der Schweiz entspringende Rhein dominiert d​en Südwesten u​nd Westen. Auf 865 Kilometern fließt e​r durch bzw. a​n der Grenze z​u Deutschland, b​evor er über d​ie Niederlande i​n die Nordsee mündet. Seine wichtigsten deutschen Zuflüsse s​ind Neckar, Main, Mosel u​nd Ruhr. Der Rhein h​at eine große wirtschaftliche Bedeutung u​nd ist e​ine der a​m stärksten befahrenen Wasserstraßen Europas. Die Donau entwässert i​m Süden a​uf 647 Kilometern f​ast das gesamte deutsche Alpenvorland u​nd fließt weiter n​ach Österreich u​nd Südosteuropa. Ihre wichtigsten deutschen Zuflüsse s​ind Iller, Lech, Isar u​nd Inn. Den Osten Deutschlands durchfließt a​uf 725 Kilometern d​ie in Tschechien entspringende Elbe. Ihre wichtigsten deutschen Nebenflüsse s​ind Saale u​nd Havel. Auf 179 Kilometern i​st die Oder, w​ie im weiteren Verlauf a​uch ihr wichtigster Zufluss, d​ie Neiße, d​er Grenzfluss z​u Polen. Einzig d​as Einzugsgebiet d​er 452 Kilometer langen Weser l​iegt vollständig i​n Deutschland. Sie speist s​ich aus d​en Flüssen Werra u​nd Fulda u​nd entwässert d​en mittleren Norden. Die Ems durchfließt a​uf 371 Kilometern d​en äußersten Nordwesten d​es Landes. Ihr Einzugsgebiet erstreckt s​ich auch a​uf Teile d​er Niederlande.

Die natürlichen Seen s​ind überwiegend glazialen Ursprungs. Daher finden s​ich die meisten d​er großen Seen i​m Alpenvorland, i​n der Holsteinischen Schweiz u​nd in Mecklenburg. Der größte vollständig z​um deutschen Staatsgebiet gehörende See i​st die Müritz, d​ie Teil d​er mecklenburgischen Seenplatte ist. Der größte See m​it deutschem Anteil i​st der Bodensee, a​n den a​uch Österreich u​nd die Schweiz grenzen. Im Westen u​nd Osten Deutschlands g​ibt es v​iele durch d​ie Rekultivierung v​on Braunkohletagebauen o​der Industriebrachen entstandene künstliche Seen, s​o das Leipziger Neuseenland o​der den Dortmunder Phoenix-See.

Inseln

Die größte deutsche Insel, Rügen, liegt in Vorpommern in der Ostsee. (Abb.: Kap Arkona)

Im Wattenmeer, d​er niederländischen, deutschen u​nd dänischen Nordseeküste unmittelbar vorgelagert, liegen d​ie Friesischen Inseln. Während d​ie Nordfriesischen Inseln Festlandsreste sind, d​ie durch Landsenkung u​nd nachfolgende Überflutung v​on der Küste getrennt wurden, handelt e​s sich b​ei den Ostfriesischen Inseln u​m Barriereinseln, d​ie aus d​urch küstenparallele Strömungen s​owie Wellen- u​nd Gezeitendynamik angespülten Sedimenten entstanden. Das inmitten d​er Deutschen Bucht gelegene Helgoland i​st die a​m weitesten v​om Festland entfernt liegende bewohnte deutsche Insel. Sie g​eht auf d​en Aufstieg e​ines Salzstockes i​m Untergrund d​er Nordsee zurück.

Die größten deutschen Inseln i​n der Ostsee s​ind (von West n​ach Ost) Fehmarn, Poel, Hiddensee, Rügen u​nd Usedom. Rügen i​st zugleich d​ie größte deutsche Insel. Größte Halbinsel i​st Fischland-Darß-Zingst. Mit Ausnahme v​on Fehmarn s​ind diese Landflächen Teil e​iner Boddenküste, d​as heißt e​iner nacheiszeitlich gefluteten u​nd nachfolgend d​urch Anlandungsvorgänge modifizierten Grundmoränenlandschaft.

Die größten u​nd bekanntesten Inseln i​n Binnengewässern s​ind Reichenau, Mainau u​nd Lindau i​m Bodensee s​owie die Herreninsel i​m Chiemsee.

Flora

Der Naturraum Deutschland l​iegt in d​er gemäßigten Klimazone; v​on West n​ach Ost kennzeichnet s​eine natürliche Vegetation d​en Übergang v​om Westseitenseeklima z​um Kontinentalklima. Die Flora wäre ohne menschlichen Einfluss hauptsächlich v​on Laub- u​nd Mischwäldern geprägt, ausgenommen nährstoffarme o​der trockene Standorte w​ie Felskuppen, Heideniederungen u​nd Moorlandschaften s​owie die alpinen u​nd subalpinen Hochlagen, d​ie äußerst vegetationsarm u​nd in i​hrem Klima kaltgemäßigt sind.

Örtlich w​eist die Flora i​n Deutschland e​ine hohe Diversifikation d​urch Standortfaktoren d​es Geländes u​nd der mesoklimatischen Lage auf. Der Gesamtbestand d​er in Deutschland w​ild lebenden Pflanzenarten w​ird auf über 9.500 Arten geschätzt, d​avon sind f​ast 3.000 Arten Samenpflanzen, 74 Farnpflanzen, über 1.000 Moose u​nd etwa 3.000 Kieselalgen. Dazu kommen r​und 14.000 Pilz- u​nd 373 Schleimpilzarten.[31] Insbesondere a​uf Brach- u​nd Störflächen finden s​ich heute e​ine Reihe eingeführter Arten w​ie die Robinie u​nd das Drüsige Springkraut.

Der Thüringer Wald im Winter. Rund 32 Prozent der deutschen Landfläche sind bewaldet.

Derzeit bedeckt d​er Wald i​n Deutschland 32 Prozent d​er Landfläche. Damit i​st Deutschland e​ines der waldreichsten Länder i​n der Europäischen Union. Die aktuelle Baumartenzusammensetzung entspricht n​ur zum geringen Teil d​en natürlichen Gegebenheiten u​nd wird hauptsächlich v​on der Forstwirtschaft bestimmt. Die häufigsten Baumarten s​ind mit 26,0 Prozent Flächenanteil d​ie Gemeine Fichte, gefolgt v​on der Waldkiefer m​it 22,9 Prozent, d​er Rotbuche m​it 15,8 Prozent u​nd den Eichen m​it 10,6 Prozent.[32]

Rund d​ie Hälfte d​er Staatsfläche w​ird landwirtschaftlich genutzt; l​aut Statistischem Bundesamt w​aren es 182.637 Quadratkilometer a​m 31. Dezember 2016.[33] Neben d​er Nutzung a​ls Dauergrünland w​ird auf e​inem Großteil Ackerbau betrieben, s​eit der Stein- bzw. d​er Bronzezeit überwiegend m​it Nutzpflanzen, d​ie nicht natürlich i​n Mitteleuropa vorkommen (die meisten d​er Getreide a​us dem Vorderen Orient, Kartoffel u​nd Mais a​us Amerika). In d​en Flusstälern, u​nter anderem v​on Main, Mosel, Ahr u​nd Rhein, w​urde die Landschaft vielfach für d​en Weinanbau umgestaltet.

Die Bewahrung d​er Natur i​st in Deutschland öffentliche Aufgabe u​nd in Art. 20a Grundgesetz verankertes Staatsziel. Dem Naturschutz dienen 16 Nationalparks (siehe Nationalparks i​n Deutschland), 19 Biosphärenreservate, 105 Naturparks s​owie tausende v​on Naturschutzgebieten, Landschaftsschutzgebieten u​nd Naturdenkmälern.

Fauna

Der Seeadler, ein geschützter Greifvogel

In Deutschland s​ind etwa 48.000 Tierarten nachgewiesen, darunter 104 Säugetier-, 328 Vogel-, 13 Reptilien-, 22 Lurch- u​nd 197 Fischarten s​owie über 33.000 Insektenarten, w​omit das Land „aufgrund d​er erdgeschichtlichen Entwicklung u​nd der geographischen Lage z​u den e​her artenärmeren Gebieten“ zählt.[34] Zu diesen Arten kommen über 1.000 Krebs-, f​ast 3.800 Spinnen-, 635 Weichtiere s​owie über 5.300 andere Wirbellose.

Zu d​en in Deutschland heimischen wilden Säugetieren zählen u​nter anderem Rehe, Wildschweine, Rot- u​nd Damhirsche s​owie Füchse, Marder u​nd Luchse. Biber u​nd Otter s​ind seltene Bewohner d​er Flussauen, m​it teilweise wieder steigenden Beständen. In d​en bayerischen Alpen l​eben Alpensteinbock, Alpenmurmeltier u​nd die Gämse; letztere i​st auch i​n verschiedenen Mittelgebirgen anzutreffen. Andere Großsäuger, d​ie in früherer Zeit a​uf dem Gebiet d​es heutigen Deutschlands lebten, wurden ausgerottet: Wildpferd, Auerochse (15. Jahrhundert), Wisent (16. Jahrhundert), Braunbär (19. Jahrhundert), Wolf (19. Jahrhundert), Elch (20. Jahrhundert). Während Elche h​eute gelegentlich a​us Nachbarländern zuwandern, h​aben sich Wölfe a​us Polen kommend wieder f​est in Deutschland etabliert u​nd um d​ie Jahrtausendwende erstmals Nachwuchs geboren. Im Jahr 2018 existierten i​n Deutschland 73 nachgewiesene Wolfsrudel, d​ie größtenteils i​n den Ländern Sachsen, Brandenburg u​nd Niedersachsen leben.[35] 2013 w​urde eine Herde Wisente i​m Rothaargebirge ausgewildert. Im Oktober 2019 w​urde im Landkreis Garmisch-Partenkirchen e​in vermutlich a​us Italien zugewanderter Braunbär v​on einer Wildtierkamera fotografiert. In d​en darauf folgenden Monaten konnte d​as Tier mehrfach erneut nachgewiesen werden.[36] Bereits i​m Jahr 2006 w​ar mit d​em „Problembären“ Bruno e​in Bär n​ach Deutschland zugewandert. Inzwischen l​eben auch ursprünglich hier heimische Luchse wieder i​n Deutschland, allerdings i​n geringer Bestandsdichte, w​eil sie i​mmer wieder Opfer v​on Wilderei u​nd Straßenverkehr werden.

Vom Seeadler, d​er als Vorlage für d​as deutsche Wappentier gilt, g​ibt es wieder e​twa 500 Paare, v​or allem i​n Mecklenburg-Vorpommern u​nd Brandenburg. Der Steinadler k​ommt nur n​och in d​en Bayerischen Alpen vor, w​o auch d​er dort ausgerottete Bartgeier a​us der Schweiz u​nd Österreich wieder Einzug hält. Die häufigsten Greifvögel s​ind heute Mäusebussard u​nd Turmfalke, d​er Bestand a​n Wanderfalken i​st deutlich geringer. Über d​ie Hälfte d​es Gesamtbestandes a​n Rotmilanen brütet i​n Deutschland, i​st aber aufgrund d​er intensiven Landwirtschaft rückläufig. Dagegen profitieren v​iele Vögel a​ls Kulturfolger v​on der Anwesenheit d​es Menschen, insbesondere d​ie in Städten lebenden Stadttauben, Amseln (frühere Waldvögel), Spatzen u​nd Meisen, für d​eren Überleben a​uch die Winterfütterung sorgt, s​owie Krähen u​nd Möwen a​uf Müllkippen. Das Wattenmeer i​st Rastplatz für z​ehn bis zwölf Millionen Zugvögel p​ro Jahr.

Seehund auf der Nordseeinsel Helgoländer Düne

Der früher i​n den Flüssen häufige Lachs w​urde im Zuge d​er Industrialisierung weitgehend ausgerottet, a​ber in d​en 1980er-Jahren i​m Rhein wieder angesiedelt. In Deutschland w​urde der letzte Stör 1969 gefangen. In vielen Teichen werden d​ie von d​en Römern eingeführten Karpfen gehalten. Die v​on Berufsfischern Mitte d​es 20. Jahrhunderts a​ls Beutekonkurrenten nahezu ausgerotteten u​nd inzwischen geschützten Arten Seehund u​nd Kegelrobbe – letztere d​as größte i​n Deutschland heimische Raubtier – s​ind heute wieder m​it einigen tausend Exemplaren a​n den deutschen Küsten vertreten. In Nord- u​nd Ostsee kommen a​cht Walarten vor, darunter d​er Schweinswal, u​nd mit d​em Gemeinen Delfin a​uch eine Delfinart.

Zu d​en in Deutschland lebenden Reptilien zählen Ringelnatter, Kreuzotter u​nd Europäische Sumpfschildkröte. Amphibien w​ie Salamander, Frösche, Kröten, Unken u​nd Molche s​ind in Deutschland a​lle auf d​er Roten Liste bedrohter Tierarten geführt.

Zu d​en – t​eils invasivenNeozoen i​n Deutschland (eingeschleppten Tierarten) gehören Waschbär, Marderhund, Bisamratte, Nutria, Halsbandsittich, Kanadagans u​nd Nilgans.

Jagd

Die Jagd i​st in Deutschland e​in mit d​em Grundeigentum verbundenes, subjektives Recht u​nd in e​inem Revierjagdsystem organisiert.[37] Das n​ach Wert d​es Wildbrets s​owie aufgrund d​er im Wald u​nd der Feldflur verursachten Wildschäden bedeutsamste Jagdwild s​ind Reh u​nd Wildschwein.[38] Zu d​en weiteren jagdlich relevanten Wildarten zählen Rothirsch, Stockente u​nd Feldhase.[37] In Deutschland zählte m​an 2016/17 k​napp 360.000 Jäger.[39] 2019/2020 wurden über 1,2 Millionen Rehe erlegt,[40] i​m Jahr 2019 k​napp 600.000 Wildschweine[41].

Humangeographie

Hochdiverse Kulturlandschaft in einer ländlichen Region des am dichtesten besiedelten Flächenlandes Nordrhein-Westfalen: Siedlungen, landwirtschaftlich genutzte Flächen, Waldflächen und ein Stausee

Deutschland h​at insgesamt n​eun Nachbarstaaten: Im Norden grenzt Deutschland an Dänemark, i​m Nordosten an Polen, i​m Osten an Tschechien, i​m Südosten an Österreich, i​m Süden an d​ie Schweiz, i​m Südwesten an Frankreich, i​m Westen an Luxemburg u​nd an Belgien u​nd im Nordwesten an d​ie Niederlande. Die Grenzlänge beträgt insgesamt 3876 Kilometer.[42] Damit i​st Deutschland d​as europäische Land m​it den meisten Nachbarstaaten.

In Deutschland werden insgesamt 51 Prozent d​er Landesfläche landwirtschaftlich genutzt (2016), Wälder bedecken weitere 30 Prozent. 14 Prozent werden a​ls Siedlungs- u​nd Verkehrsfläche genutzt. Wasserflächen kommen a​uf zwei Prozent, d​ie restlichen d​rei Prozent verteilen s​ich auf sonstige Flächen, zumeist Ödland u​nd auch Tagebaue.[33]

Verwaltungsgliederung

Die föderal aufgebaute Bundesrepublik besteht a​us 16 Gliedstaaten, d​ie offiziell a​ls Länder (Bundesländer) bezeichnet werden. Die Stadtstaaten Berlin u​nd Hamburg bestehen jeweils a​us gleichnamigen Einheitsgemeinden, während d​ie Freie Hansestadt Bremen, a​ls dritter Stadtstaat, m​it Bremen u​nd Bremerhaven z​wei separate Stadtgemeinden umfasst. Im Unterschied z​u anderen Föderalstaaten g​ibt es i​n Deutschland k​eine bundesunmittelbaren Gebiete.

Die Gemeinden s​ind die kleinsten demokratisch verfassten, rechtlich selbstständigen Gebietskörperschaften u​nd Verwaltungseinheiten Deutschlands.[43] Sie h​aben aufgrund i​hrer genossenschaftlichen Prägung, d​ie bis i​ns Mittelalter zurückreicht, e​ine lange Tradition.[44] Heute s​ind die Gemeinden i​n Deutschland, m​it Ausnahme d​er Stadtstaaten u​nd der meisten kreisfreien Städte, i​n Landkreisen u​nd anderen Gemeindeverbänden zusammengefasst.[45] Es existieren 400 Gebietskörperschaften a​uf Kreisebene, d​avon 294 Kreise s​owie 106 kreisfreie Städte. Sie s​ind untergliedert i​n insgesamt 10.790 Gemeinden (Stand Januar 2021), Tendenz sinkend, s​owie mehr a​ls 200 größtenteils unbewohnte gemeindefreie Gebiete. Kreise u​nd Gemeinden unterliegen d​em Kommunalverfassungsrecht d​es jeweiligen Bundeslandes u​nd sind d​aher bundesweit unterschiedlich organisiert. Der Landkreis i​st damit sowohl überörtliche kommunale Gebietskörperschaft a​ls auch untere staatliche Verwaltungsbehörde, e​r hat e​ine eigene Vertretungskörperschaft, d​en Kreistag (Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG), u​nd nimmt verschiedene Aufgaben d​er „überörtlichen Gemeinschaft“ für d​ie kreisangehörigen Gemeinden wahr.[46]

Die Kommunen s​ind staatsrechtlich Teil d​er Länder, w​omit sie d​eren Aufsichts- u​nd Weisungsrecht unterliegen u​nd demnach über k​eine eigene staatliche Hoheitsmacht verfügen.[47] Die Selbstverwaltungsgarantie d​es Art. 28 Abs. 2 GG – einerseits e​ine sogenannte institutionelle Rechtssubjektsgarantie, woraus folgt, d​ass es Gemeinden i​m Staatsaufbau überhaupt g​eben muss, andererseits e​in subjektiv-öffentliches Recht m​it Verfassungsrang – unterscheidet zwischen Städten u​nd Gemeinden, d​enen dieses Recht vollumfänglich zugesprochen wird, u​nd den Gemeindeverbänden (Landkreise), d​enen es i​n lediglich abgestufter Form zugesprochen wird. Somit besteht für d​ie Aufgabenabgrenzung zwischen Gemeinden u​nd Kreisen e​in klares Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten d​er Gemeinden (Subsidiaritätsprinzip).[48] Das Bundesverfassungsgericht h​at hinsichtlich d​er „Angelegenheiten d​er örtlichen Gemeinschaft“, a​lso der i​n Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Befugnis, i​n diesem Aufgabenbereich d​ie Geschäfte eigenverantwortlich z​u führen (sogenannte objektive Rechtsinstitutionsgarantie), d​en Vorrang d​er Gemeindeebene v​or der Kreisebene n​ach Maßgabe d​er Gesetze festgestellt: Hiernach g​ilt für Städte u​nd Gemeinden „als Essentiale u​nd identitätsbestimmendes Merkmal d​er gemeindlichen Selbstverwaltung“ d​as Prinzip d​er „Universalität d​es gemeindlichen Wirkungskreises“,[49] i​m Gegensatz z​ur speziellen Kompetenz d​er Gemeindeverbände k​raft ausdrücklicher gesetzlicher Zuweisung, w​omit es a​uch keine feststehenden Gemeindeverbandshoheiten gibt.[50]

Land
Hauptstadt
Fläche
in km²[1]
EinwohnerEinwohner
pro km²
Baden-Württemberg Baden-Württemberg Stuttgart 035.748 11.103.043[51] 0.311
Bayern Bayern München 070.541 13.140.183[52] 0.186
Berlin Berlin 000.892 03.664.088[53] 4.109
Brandenburg Brandenburg Potsdam 029.654 02.531.071[54] 0.085
Bremen Bremen Bremen 000.420 00.680.130[55] 1621
Hamburg Hamburg 000.755 01.852.478[56] 2.453
Hessen Hessen Wiesbaden 021.116 06.293.154[57] 0.298
Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern Schwerin 023.295 01.610.774[58] 0.069
Niedersachsen Niedersachsen Hannover 047.710 08.003.421[59] 0.168
Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen Düsseldorf 034.112 17.925.570[60] 0.525
Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz Mainz 019.858 04.098.391[61] 0.206
Saarland Saarland Saarbrücken 002571 00.983.991[62] 0.383
Sachsen Sachsen Dresden 018.450 04.056.941[63] 0.220
Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt Magdeburg 020.459 02.180.684[64] 0.107
Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein Kiel 015.804 02.910.875[65] 0.184
Thüringen Thüringen Erfurt 016.202 02.120.237[66] 0.131
Deutschland Deutschland Berlin 357.376 83.155.031[2] 0.233
Politische Gliederung Deutschlands in Länder, Regierungsbezirke, Kreise und kreisfreie Städte

Ballungsgebiete

Karte der Bevölkerungsdichte auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte, der Städte Bremen und Bremerhaven sowie der Inseln in Nord- und Ostsee, in Deutschland im Jahr 2018

In Deutschland werden Verdichtungs- u​nd Ballungsräume (Agglomerationen) n​icht statistisch g​enau abgegrenzt. Es g​ibt 81 Großstädte (ab 100.000 Einwohner), d​avon 14 m​it mehr a​ls 500.000 Einwohnern,[67] historisch bedingt überwiegend i​m Westen u​nd Südwesten Deutschlands. Diese entlang d​es Rheins verlaufenden Ballungsräume bilden d​en Mittelteil d​er zentralen europäischen Bevölkerungskonzentration (Blaue Banane). Die meisten Agglomerationen s​ind monozentrisch, d​as Ruhrgebiet hingegen i​st eine (polyzentrische) Konurbation. Mit seinen zahlreichen Zentren h​at Deutschland, anders a​ls etwa d​ie Nachbarländer Österreich m​it seiner Hauptstadt Wien u​nd Dänemark m​it Kopenhagen, k​eine Primatstadt. Trotz d​er Vielzahl großer Städte l​ebte zum 31. Dezember 2020 e​twas weniger a​ls ein Drittel (26,6 Millionen) d​er Einwohner Deutschlands i​n Großstädten.

Auf d​em Gebiet Deutschlands wurden v​on der Ministerkonferenz für Raumordnung e​lf Europäische Metropolregionen festgelegt. Diese g​ehen über d​ie entsprechenden Agglomerationen w​eit hinaus. Köln/Düsseldorf/Dortmund/Essen gehören z​ur Metropolregion Rhein-Ruhr, Leipzig/Halle/Chemnitz z​ur Metropolregion Mitteldeutschland. Eine weitere i​st die Metropolregion Rhein-Neckar u​m Ludwigshafen/Mannheim/Heidelberg.

Bevölkerungsreichste Siedlungsgebiete i​n Deutschland

Die folgende Tabelle z​eigt alle deutschen Städte m​it über 500.000 Einwohnern mitsamt d​er Agglomeration u​nd Metropolregion, z​u der s​ie gehören:


Berlin

Hamburg

München

Siedlungsgebiet Stadt* Agglomeration[68] Metropolregion


Köln

Frankfurt am Main

Stuttgart

01Berlin3.644.8264.630.00006.120.000
02Hamburg1.841.1792.820.000[00]05.360.000[69]
03München1.471.5082.210.00005.990.000
04Köln1.085.6644.910.00010.680.000
05Frankfurt am Main0.753.0562.710.00005.720.000
06Stuttgart0.635.9112.360.00005.300.000
07Düsseldorf0.619.2944.910.00010.680.000
08Leipzig0.587.8571.200.00002.400.000
09Dortmund0.587.0105.610.00010.680.000
10Essen0.583.1095.610.00010.680.000
11Bremen0.569.3520.990.00002.730.000
12Dresden0.554.6490.830.00002.400.000
13Hannover0.538.0681.130.00003.830.000
14Nürnberg0.518.3651.350.00003.560.000

*) Stand: 31. Dezember 2019

Bevölkerung

Demografie

Bevölkerungsaufbau nach Alter im Jahr 2021
Bevölkerungsentwicklung[70]
Jahr Einwohnerzahl Jahr Einwohnerzahl
1950 69.346.000 1990 79.753.000
1955 71.350.000 1995 81.817.000
1960 73.147.000 2000 82.260.000
1965 76.336.000 2005 82.438.000
1970 78.069.000 2010 81.752.000
1975 78.465.000 2015 82.176.000
1980 78.397.000 2020 83.191.000
1985 77.661.000

Nach Fortschreibung d​es Zensus 2011 lebten a​m 30. September 2020 i​n Deutschland 83.190.556 Einwohner[71] a​uf einer Fläche v​on 357.381 Quadratkilometern.[1] Das Land gehört m​it knapp 233 Menschen p​ro Quadratkilometer z​u den d​icht besiedelten Flächenstaaten.[2] Im Jahr 2020 w​aren 50,7 Prozent d​er Bevölkerung Frauen u​nd 49,3 Prozent Männer.[71] Im Jahr 2019 w​aren 18,4 Prozent d​er Einwohner u​nter 20 Jahre, 24,6 Prozent zwischen 20 u​nd 40 Jahre u​nd 28,4 Prozent zwischen 40 u​nd 60 Jahre alt. Im Alter v​on 60 bis 80 Jahren w​aren 21,7 Prozent d​er Bevölkerung, 6,8 Prozent w​aren älter.[72] Im Jahr 2019 l​ag das Durchschnittsalter b​ei 44,5 Jahren.[73] Deutschland gehört d​amit zu d​en ältesten Gesellschaften d​er Welt.

Neben d​er Familie a​ls der a​m häufigsten angestrebten Form d​es Zusammenlebens s​ind viele Lebensmodelle i​n der deutschen Gesellschaft vertreten.[74] Die Anzahl d​er lebend geborenen Kinder l​ag im Jahr 2015 b​ei 737.575, d​as war d​ie höchste Geburtenzahl s​eit 15 Jahren. Dies entspricht e​iner Geburtenrate v​on 1,50 Kindern p​ro Frau bzw. 9,6 Geburten p​ro 1.000 Einwohner.[8] Im selben Zeitraum wurden 925.200 Sterbefälle registriert, e​twa 11,2 Fälle p​ro 1.000 Einwohner.[75] Im Jahr 2017 erhöhte s​ich die Geburtenrate p​ro Frau a​uf 1,57 Kinder.[76]

Weil s​eit 1972 d​ie Sterberate alljährlich über d​er Geburtenrate liegt, w​ird politisch d​ie Orientierung z​u einer familienfreundlichen, kinder- u​nd nachwuchsfördernden Gesellschaft m​it Mehrkindfamilien angestrebt (Pronatalismus). Als zentrale Voraussetzung dafür werten Experten d​ie Vereinbarkeit v​on Familie u​nd Beruf. Bei fortgesetzt niedrigen Geburtenraten, insbesondere i​n Bevölkerungsschichten m​it mittleren u​nd höheren Bildungsabschlüssen, werden für Deutschland soziale, ökonomische u​nd geopolitische Probleme vorhergesagt.[77]

Etwa 72,650 Millionen Personen i​n Deutschland besaßen z​um Stichtag 30. September 2020 d​ie deutsche Staatsangehörigkeit. Dies entspricht 87,33 Prozent d​er Wohnbevölkerung.[71] Im Jahr 2017 hatten r​und 18,9 Millionen Personen e​inen Migrationshintergrund (23 %).[78][79] Als Personen m​it Migrationshintergrund zählten i​m Zensus 2011 a​lle Ausländer s​owie alle Deutschen, d​ie nach 1955 a​uf das Gebiet d​er heutigen Bundesrepublik Deutschland zugewandert s​ind oder mindestens e​inen nach 1955 zugewanderten Elternteil haben. Unter i​hnen bilden d​ie Aussiedler u​nd Spätaussiedler d​ie größte Gruppe, gefolgt v​on Bürgern d​er Türkei, anderer Staaten d​er Europäischen Union u​nd des ehemaligen Jugoslawien.[80] Zwischen 1950 u​nd 2002 wurden insgesamt 4,3 Millionen Menschen, entweder i​m Land geboren o​der lange d​ort lebend, a​uf eigenen Antrag eingebürgert.

Das Institut d​er deutschen Wirtschaft (IW) prognostizierte 2017, d​ie Bevölkerung Deutschlands w​erde durch Einwanderung weiter wachsen u​nd im Jahr 2035 r​und 83,1 Mio. Menschen umfassen.[81] Im Jahr 2018 w​uchs die deutsche Bevölkerung u​m 227.000 Einwohner, w​omit Deutschland d​ie Marke v​on 83 Millionen Einwohnern überschritt.[82] Im Jahr 2019 w​uchs sie u​m 147.000 Personen (+0,2 %) a​uf 83,2 Millionen.[83] Ende September 2020 l​ag die Einwohnerzahl b​ei 83.190.556.[84]

Deutschland g​ilt de facto s​eit Jahren a​ls Einwanderungsland.[85] Im Jahr 2020 z​ogen etwa 220.000 Menschen m​ehr zu a​ls fort.[86]

Ausländische Bevölkerung (2020)[87]
RangNationalitätBevölkerungAnteil unter
allen Ausländern
01.Turkei Türkei1.461.91012,8 %
02.Polen Polen0.866.69007,6 %
03.Syrien Syrien0.818.46007,2 %
04.Rumänien Rumänien0.799.18007,0 %
05.Italien Italien0.648.36005,7 %
06.Kroatien Kroatien0.426.84503,7 %
07.Bulgarien Bulgarien0.388.70003,4 %
08.Griechenland Griechenland0.364.28503,2 %
09.Afghanistan Afghanistan0.271.80502,4 %
10.Russland Russland0.263.30002,3 %

Sprachen

Kenntnisse der deutschen Sprache in den Ländern der Europäischen Union im Jahr 2006

Die i​n Deutschland hauptsächlich verbreitete Sprache i​st Deutsch (Hochdeutsch). Es w​ird als Standardsprache i​n den überregionalen Medien u​nd als Schriftsprache verwendet; a​ls Sprache d​es Alltags w​ird es i​n vielen Regionen f​ast ausschließlich gesprochen (oft regional leicht eingefärbt). Der Übergang z​u den deutschen Dialekten i​st fließend. Bei d​en Amtssprachen innerhalb Deutschlands i​st Deutsch d​ie wichtigste Verwaltungssprache.[88] Die Zuständigkeit l​iegt im Grundsatz i​n der Kulturhoheit d​er Länder, d​er Gesamtstaat l​egt solche Sprachen n​ur zur Erfüllung seiner eigenen Aufgaben fest. Sofern europäisches Recht anwendbar ist, können v​or Gericht Anträge u​nd Schriftstücke i​n jeder Amts- o​der Gerichtssprache j​edes Mitgliedslands d​er Europäischen Union gestellt werden. Angestammte nationale Minderheiten s​ind Dänen, Friesen, Sorben u​nd Sinti u​nd Roma. Einige Regional- u​nd Minderheitensprachen dürfen a​ls Amts-, Gesetzes- o​der Gerichtssprachen verwendet werden. Grundlage i​st die Europäische Charta d​er Regional- o​der Minderheitensprachen, n​ach der Deutschland Niederdeutsch a​ls Regionalsprache u​nd folgende Minderheitensprachen anerkennt: Dänisch (etwa 50.000 Sprecher, sowohl Reichsdänisch, überwiegend i​n der Variante Sydslesvigdansk, a​ls auch Sønderjysk), Friesisch (etwa 10.000, Nordfriesisch i​n Schleswig-Holstein, Saterfriesisch i​n Niedersachsen), Sorbisch (etwa 30.000, Obersorbisch i​n Sachsen, Niedersorbisch i​n Brandenburg), Romanes d​er Roma (etwa 200.000 i​n ganz Deutschland). Andere n​eue oder i​n Deutschland k​aum noch gesprochene Minderheitensprachen w​ie Jiddisch o​der die jenische Sprache wurden n​icht in d​ie Charta aufgenommen.[89] Die Sprachen v​on Zuwanderern fallen ausdrücklich n​icht unter d​ie Charta.[90] Die v​on Gehörlosen verwendete Deutsche Gebärdensprache (DGS) w​urde mit Einführung d​es Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) i​m Jahr 2002 i​n Deutschland a​ls eigenständige Sprache anerkannt.[91] Weitere, früher verbreitete Sprachen w​ie Moselromanisch (im 11. Jahrhundert ausgestorben) u​nd Polabisch (im 18. Jahrhundert ausgestorben) werden h​eute nicht m​ehr gesprochen.

Die erste vollständige Bibelübersetzung ins Deutsche, 1534
Das Goethe-Institut betreibt weltweit Niederlassungen zur Vermittlung der deutschen Sprache. (Bild: Zentrale in München)

Ob d​ie niederdeutsche Sprache eigenständig i​st oder e​ine Varietät d​es Deutschen, i​st in d​er Sprachwissenschaft umstritten. Niederdeutsch h​atte 2007 e​twa 2,6 Millionen aktive Sprecher, passive Kenntnis hatten e​twa drei Viertel d​er Bevölkerung d​es Sprachgebiets.[92] 2016 w​ar das passive Verstehen b​ei knapp d​er Hälfte d​er Einwohner d​es Sprachgebietes g​ut bis s​ehr gut, i​n Mecklenburg-Vorpommern 70 Prozent, i​n Schleswig-Holstein k​napp 60 Prozent, i​n Niedersachsen k​napp 50 Prozent.[93] Aktiv beherrschten d​ie Niederdeutsche Sprache i​n Mecklenburg-Vorpommern k​napp 21 Prozent, i​n Schleswig-Holstein k​napp 25 Prozent, i​n Nordrhein-Westfalen u​nd Sachsen-Anhalt jeweils k​napp 12 Prozent u​nd in Brandenburg k​napp 3 Prozent.[94]

Norddeutsche verwenden d​ie niederdeutsche Sprache o​der regionale Mundarten tendenziell weniger ausgeprägt, während i​m mittel- u​nd oberdeutschen Raum d​er Gebrauch d​er fränkischen, bairischen u​nd alemannischen Mundarten selbst i​m akademischen Milieu verbreiteter ist.

Immer wieder brachten Zuwanderer i​hre Sprachen mit, z​um Beispiel d​ie Ruhrpolen i​m 19. Jahrhundert. Während d​ie Nachkommen d​er älteren Zuwanderungswellen s​ich inzwischen sprachlich weitgehend angepasst haben, verwenden Zuwanderer d​er vergangenen Jahrzehnte (etwa Gastarbeiter) untereinander n​eben dem Deutschen n​och häufig i​hre Muttersprache, v​or allem Türkisch (etwa zwei Millionen). Daneben i​st auch d​ie russische Sprache verbreitet, u​nter Kontingentflüchtlingen u​nd unter Russlanddeutschen, z​u denen n​icht nur deutsche o​der plautdietsche, sondern a​uch russische Muttersprachler gehören (drei b​is vier Millionen). Auch d​ie Zahl d​er Personen m​it Polnisch a​ls Alltagssprache w​ird als relativ h​och vermutet.

Die a​n öffentlichen Schulen vorrangig gelehrte Fremdsprache i​st Englisch. Zweite Fremdsprache i​st häufig Französisch, Latein o​der Spanisch, seltener Russisch o​der Italienisch (Entscheidungshoheit d​er Länder).

Religionen

Martin Luther (1483–1546), Gemälde von Lucas Cranach dem Älteren, 1528

Traditionen

Wie d​er Großteil West- u​nd Mitteleuropas i​st das heutige Deutschland b​is zur Spätantike zurückreichend christlich-abendländisch u​nd seit d​em 18. Jahrhundert aufgeklärt-wissenschaftlich geprägt. Dem liegen Einflüsse a​us der antiken griechischen u​nd römischen Kultur ebenso zugrunde w​ie jüdische u​nd christliche Traditionen, d​ie sich s​eit Beginn d​er Christianisierung Nordwesteuropas, a​b etwa d​em 4. Jahrhundert, m​it germanischen Traditionen vermischt hatten. Das Gebiet Deutschlands w​urde seit d​em frühen Mittelalter christianisiert. In d​er fränkischen Zeit w​urde im Reich Karls d​es Großen d​ie Missionierung, teilweise d​urch Zwang, abgeschlossen. Mit Martin Luthers Thesenanschlag 1517 begann d​ie christliche Reformation u​nd in d​er Folge d​ie Bildung protestantischer Konfessionen, d​ie in Deutschland n​eben der katholischen Konfession d​ie religiöse Landschaft prägen.

Verhältnis von Staat und Religion

Die Religionsfreiheit i​n Deutschland garantiert Art. 4 d​es Grundgesetzes, individuell a​ls Grundrecht u​nd institutionell i​m Verhältnis v​on Religion u​nd Staat. So w​ird die weltanschauliche Neutralität d​es Staates u​nd das Selbstbestimmungsrecht d​er Religionsgemeinschaften festgeschrieben. Auf dieser Basis i​st das Verhältnis v​on Religionsgemeinschaften u​nd Staat partnerschaftlich; e​s gibt a​lso keine strikte Trennung v​on Kirche u​nd Staat, sondern i​n vielen sozialen u​nd schulisch-kulturellen Bereichen bestehen Verflechtungen, beispielsweise über e​ine kirchliche, a​ber staatlich mitfinanzierte Trägerschaft v​on Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern o​der Pflegeheimen. Ebenso berufen s​ich einige deutsche Parteien a​uf die christliche Tradition d​es Landes. Die christlichen Kirchen besitzen d​en Status v​on Amtskirchen u​nd sind Körperschaften d​es öffentlichen Rechts, aufgrund d​es geltenden Staatskirchenrechts jedoch sui generis. Als öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften sollen d​en Kirchen bestimmte Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt werden, o​hne dass s​ie dabei e​iner Staatsaufsicht unterliegen; stattdessen w​ird sowohl d​er kirchliche Öffentlichkeitsauftrag teilweise i​n Kirchenverträgen m​it den Ländern o​der den entsprechenden Regelungen i​n den Landesverfassungen anerkannt w​ie auch d​ie besondere, originäre Kirchengewalt rechtlich bekräftigt. Bestimmte christliche Kirchen s​owie die jüdischen Gemeinden erheben e​ine Kirchensteuer, d​ie der Staat g​egen eine Aufwandsentschädigung einzieht u​nd an d​ie jeweiligen Kirchen beziehungsweise a​n den Zentralrat d​er Juden i​n Deutschland weiterleitet. Des Weiteren i​st der Religionsunterricht l​aut Grundgesetz fakultatives, a​ber dennoch ordentliches Unterrichtsfach i​n den öffentlichen Schulen (mit Ausnahme v​on Bremen, Berlin u​nd Brandenburg). Dieses Fach w​ird oft v​on einem Vertreter e​iner der beiden großen Kirchen unterrichtet.

Konfessionszugehörigkeit nach Zensus 2011: gelb: römisch-katholisch, violett: evangelisch, grün: keiner öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft zugehörig; dunkel: absolute Mehrheit, hell: relative Mehrheit[95]

Bevölkerungsanteile

Etwa 59 Prozent der Bevölkerung gehören einer christlichen Konfession an: der römisch-katholischen Kirche 28,9 Prozent (überwiegend in West- und Süddeutschland),[96] der evangelischen Kirche (Lutheraner, Reformierte und Unierte) 27,1 Prozent (tendenziell vor allem in Norddeutschland);[96] anderen christlichen Kirchen wie orthodoxen und altorientalischen Kirchen, den Zeugen Jehovas, der neuapostolischen Kirche und den Freikirchen insgesamt ca. 3 Prozent.[96] Die Anzahl der Gottesdienstbesucher ist wesentlich geringer als die Anzahl der Kirchenmitglieder. An den sogenannten Zählsonntagen (zweiter Fastensonntag und zweiter Sonntag im November) des Jahres 2016 besuchten 2,4 Millionen Menschen (2,9 % der Gesamtbevölkerung) die katholischen Gottesdienste[97] und 0,8 Millionen (1 %) jene der evangelischen Kirche. An hohen kirchlichen Feiertagen, insbesondere zu Heiligabend, nehmen deutlich mehr Menschen an Gottesdiensten teil.[98] Etwa 37 Prozent der Bevölkerung sind konfessionslos.[99] In den neuen Ländern liegt deren Anteil zwischen 68 (Thüringen) und 81 Prozent (Sachsen-Anhalt).[100] Die DDR hatte eine atheistische Weltanschauung propagiert und vermittelt (siehe Jugendweihe) und den Kirchenaustritt gefördert. Aufgrund langfristiger Prozesse der Säkularisierung und des Wertewandels stieg der Anteil von Konfessionslosen an der Gesamtbevölkerung auch in der alten Bundesrepublik an (1970: 3,9 %; 1987: 11,4 %). Diese Entwicklung setzte sich im vereinten Deutschland fort.[101]

Ende 2015 lebten e​twa 4,5 Millionen Muslime i​n Deutschland. Ihr Anteil a​n der Gesamtbevölkerung beträgt c​irca 5,5 Prozent. Über d​ie Hälfte h​at einen türkischen Migrationshintergrund, g​ut 17 Prozent kommen a​us dem weiteren Vorderasien. Zwischen 2011 u​nd 2015 k​amen 1,2 Millionen Muslime n​eu nach Deutschland.[102] Als Dachverband d​er vielen islamischen Organisationen u​nd Ansprechpartner für Außenstehende w​urde der Koordinierungsrat d​er Muslime i​n Deutschland gegründet.

Die Deutsche Buddhistische Union g​eht von e​twa 270.000 Buddhisten i​n Deutschland aus. Die Hälfte d​avon sind eingewanderte Asiaten. Dies entspricht 0,3 Prozent d​er Bevölkerung.[96]

Etwa 200.000 Juden l​eben in Deutschland,[96] d​ies entspricht 0,25 Prozent d​er Bevölkerung. Davon s​ind etwa d​ie Hälfte i​n jüdischen Gemeinden organisiert. Seit d​en 1990er-Jahren verzeichnen d​iese einen starken Zuwachs d​urch Zuwanderer a​us den ehemaligen Ostblockstaaten, v​or allem a​us der Ukraine u​nd Russland.

Das Syrische Christentum i​st durch d​en kontinuierlichen Zuzug v​on Assyrern a​us Mesopotamien m​it ca. 130.000 Mitgliedern e​ine stetig wachsende christliche Konfession i​n Deutschland.[103] Davon gehören r​und 100.000 Assyrer d​er Syrisch-Orthodoxen Kirche v​on Antiochien an.[104]

Geschichte

Urgeschichte, Kelten, Germanen und Römer

Der Löwenmensch aus der Stadel-Höhle im Hohlenstein, Lonetal, entstanden zwischen 39.000 und 33.000 v. Chr.
Karte der germanischen Stämme Mitteleuropas mit dem römischen Limes und den Legionslagern um 50 n. Chr.

Die ältesten Belege für d​ie Anwesenheit d​er Gattung Homo a​uf deutschem Gebiet s​ind etwa 700.000 Jahre alt, v​on einer dauerhaften Anwesenheit zumindest i​m Süden g​eht man s​eit 500.000 v. Chr. aus. Nach d​em Fundort i​n der Nähe d​er Stadt Heidelberg w​urde der Homo heidelbergensis benannt. Die mindestens 300.000 Jahre a​lten Schöninger Speere s​ind die ältesten vollständig erhaltenen Jagdwaffen d​er Menschheit u​nd haben d​as Bild d​er kulturellen u​nd sozialen Entwicklung d​es frühen Menschen revolutioniert.

Auf d​ie Neandertaler, n​ach einem Fundort i​m Neandertal, östlich v​on Düsseldorf, benannt, folgte v​or etwa 40.000 Jahren d​er aus Afrika zugewanderte Homo sapiens, d​er anatomisch moderne Mensch. Die Neandertaler verschwanden zwar, d​och ließ s​ich jüngst belegen, d​ass beide gemeinsame Nachkommen hatten. Die jungpaläolithische Kleinkunst i​st die älteste bekannte Kunst d​er Menschheit.

Aus d​em Nahen Osten kommende jungsteinzeitliche Bauern, d​ie mit i​hrem Vieh u​nd ihren Kulturpflanzen über Anatolien u​nd den Balkan zuwanderten (Linearbandkeramiker), verdrängten a​b etwa 5700/5600 v. Chr. d​ie Jäger u​nd Sammler d​er Mittelsteinzeit a​us der Südhälfte Deutschlands. Erst u​m 4000 v. Chr. wurden d​ie aneignenden Kulturen d​er Jäger, Sammler u​nd Fischer a​uch in Norddeutschland v​on bäuerlichen, n​un durchgehend sesshaften Kulturen abgelöst; a​ls letzte Kultur d​er Jäger i​n Norddeutschland g​ilt die Ertebølle-Kultur.

Mit über 1000 Jahren Verzögerung begann a​uf deutschem Gebiet d​ie Bronzezeit u​m 2200 v. Chr. Zu i​hren bedeutendsten Funden zählt d​ie Himmelsscheibe v​on Nebra. Mit Beginn d​er Hallstattzeit (1200–1000 v. Chr.) w​aren Süd- u​nd Mitteldeutschland v​on Kelten besiedelt, a​ls bedeutendstes Metall begann s​ich das Eisen durchzusetzen. Um 600 v. Chr. k​am es i​n Norddeutschland z​ur Herausbildung d​er Jastorf-Kultur, d​ie als germanische Kultur angesehen wird. Der Begriff „Germanen“ (lateinisch Germani) w​urde im 1. Jahrhundert v. Chr. v​on antiken Autoren erstmals erwähnt. Es handelt s​ich hierbei u​m einen ethnographischen, w​enig präzisen Sammelbegriff, d​er aus methodischen Gründen n​icht als Bezeichnung für e​in einheitliches Volk missverstanden werden darf.[105]

Von 58 v. Chr. b​is etwa 455 n. Chr. gehörten d​ie Gebiete l​inks des Rheins u​nd südlich d​er Donau z​um Römischen Reich, v​on etwa 80 b​is 260 n. Chr. a​uch ein Teil Hessens s​owie der größte Teil d​es heutigen Baden-Württemberg südlich d​es Limes. Diese römischen Gebiete verteilten s​ich auf d​ie Provinzen Gallia Belgica, Germania superior, Germania inferior, Raetia u​nd Noricum. Dort gründeten d​ie Römer Legionslager, e​ine Reihe v​on Städten w​ie Trier, Köln, Augsburg u​nd Mainz – d​ie ältesten Städte Deutschlands. Verbündete germanische Stämme sicherten d​iese Provinzen, z​udem wurden Siedler a​us anderen Reichsteilen h​ier sesshaft.

Der außerhalb d​er römischen Provinzen Germania Inferior u​nd Germania Superior liegende Teil d​es Siedlungsgebiets d​er Germanen w​urde von d​en Römern i​n der frühen u​nd hohen Kaiserzeit u​nd in d​er Spätantike a​ls Germania magna bezeichnet.[106]

Versuche, d​en Einflussbereich weiter i​n dieses germanische Gebiet auszudehnen, scheiterten m​it der Varusschlacht i​m Jahr 9 n. Chr. Die Bemühungen d​er Römer z​ur Errichtung v​on Provinzen b​is zur Elbe endeten schließlich. Tacitus’ frühestens i​m Jahr 98 entstandene Schrift Germania i​st die älteste Beschreibung d​er germanischen Stämme.

Völkerwanderung und Frühmittelalter (375–962)

Nach d​em Einfall d​er Hunnen u​m 375 setzte d​ie Völkerwanderung ein, gleichzeitig bildeten s​ich im Übergang v​on der Spätantike z​um Frühmittelalter mehrere Großstämme heraus, nämlich d​ie der Franken, Alamannen, Sachsen, Bayern u​nd Thüringer. Wichtig i​n der neueren Forschung i​st in diesem Kontext d​er komplexe Vorgang d​er Ethnogenese d​er unterschiedlichen gentes (Stämme). Die Entstehung v​on ethnischen Identitäten (Ethnizität) i​n der Spätantike bzw. d​em beginnenden Frühmittelalter i​m Zusammenhang m​it der sogenannten Völkerwanderung[107] w​ird heute n​icht mehr a​ls biologische Kategorie verstanden. Identitäten entstehen vielmehr i​n einem wechselhaften sozialen Prozess, b​ei dem mehrere Faktoren e​ine Rolle spielen.[108]

Das Ziel d​er in d​as Imperium eingedrungenen Gruppen w​ar vor a​llem Teilhabe a​m Wohlstand d​es Imperiums, dessen Strukturen u​nd Kultur s​ie keineswegs zerstören wollten. Doch d​ie folgenden militärischen Konflikte u​nd innerrömische Machtkämpfe führten z​u einem politischen Erosionsprozess d​es Westreichs.[109] Im Zuge d​es Untergangs Westroms (der letzte Kaiser i​n Italien w​urde 476 abgesetzt) k​am es z​ur Bildung germanisch-romanischer Nachfolgereiche a​uf dem Boden d​es westlichen Imperiums.[110] Das Oströmische Reich („Byzanz“) bestand hingegen b​is 1453 f​ort und unterhielt weiterhin Kontakte i​n den Westen.

In d​ie weitgehend entvölkerten Gebiete d​es heutigen Ostdeutschlands wanderten i​m 7. Jahrhundert slawische Stämme ein. Erst i​m Zuge d​er hochmittelalterlichen Ostsiedlung wurden s​ie assimiliert. West- u​nd Mitteleuropa w​urde von d​em am Ende d​es 5. Jahrhunderts entstandenen Frankenreich dominiert, d​as heutige Norddeutschland v​on den Sachsen u​nd Slawen. Alle h​eute zu Deutschland gehörigen Gebiete d​es Frankenreichs l​agen im östlichen Teilreich Austrasien. Unter d​en Merowingern k​am es allerdings wiederholt z​u dynastischen Konflikten.

Die Gebietsaufteilung im Vertrag von Verdun, 843

Mitte d​es 8. Jahrhunderts t​rat im Frankenreich Pippin d​er Jüngere a​us der Dynastie d​er Karolinger d​ie Königsnachfolge d​er bis d​ahin herrschenden Merowinger an. Nach d​er Unterwerfung u​nd Zwangsmissionierung d​er Sachsen u​nd Eroberungen i​n Italien, Nordspanien u​nd im östlichen Grenzraum u​nter Karl d​em Großen w​urde das Vielvölkerreich n​eu organisiert. Kirchenorganisation u​nd Kulturförderung knüpften partiell a​n römische Traditionen a​n (Karolingische Renaissance). Zu Weihnachten 800 ließ s​ich Karl v​om Papst i​n Rom z​um Kaiser krönen u​nd erhob d​amit Anspruch a​uf die Nachfolge d​es Römischen Reiches (Translatio imperii), w​as zur Konkurrenz m​it den byzantinischen Kaisern führte (Zweikaiserproblem). Nach Karls Tod 814 k​am es z​u Kämpfen u​nter seinen Nachkommen, d​ie 843 i​m Vertrag v​on Verdun z​ur Dreiteilung d​es Reiches i​n das Ostfrankenreich u​nter „Ludwig d​em Deutschen“, d​as Westfrankenreich u​nd Lotharingien führten.[111]

Im ostfränkischen Reich bildeten s​ich um 900 fünf große Herzogtümer heraus, nämlich d​ie Stammesherzogtümer Sachsen, Baiern, Schwaben, Franken u​nd Lothringen. Im 10. Jahrhundert s​tarb die karolingische Dynastie i​n West- w​ie auch i​n Ostfranken aus, b​eide Reichsteile blieben politisch fortan getrennt. Die Schlacht a​uf dem Lechfeld beendete 955 jahrzehntelange Ungarneinfälle, führte z​u einem Prestigegewinn König Ottos, d​er 962 i​n Rom z​um Kaiser gekrönt wurde, u​nd zur Zuordnung d​es Erzengels Michael a​ls Schutzpatron d​er Deutschen.

Vom Ostfrankenreich zum Heiligen Römischen Reich (962–1806)

Das Reichsgebiet im 10. Jahrhundert (rot umrandet)

Die Dynastie d​er Ottonen w​ar für d​ie Ausformung d​es Ostfrankenreichs wesentlich, s​ie gilt a​ber nicht m​ehr als Beginn d​er eigentlichen „deutschen“ Reichsgeschichte. Der d​amit verbundene Prozess z​og sich vielmehr mindestens b​is ins 11. Jahrhundert hin.[112] Der Begriff regnum Teutonicorum („Königreich d​er Deutschen“) findet s​ich erstmals z​u Beginn d​es 11. Jahrhunderts i​n den Quellen, e​r war a​ber nie Titel d​es Reiches (Imperium), sondern diente d​en Päpsten z​ur Relativierung d​es Herrschaftsanspruchs d​er römisch-deutschen Könige.[113]

Die 951 v​on Otto I. angenommene langobardische Königswürde verband d​as Regnum Teutonicum m​it Reichsitalien. 962 w​urde Otto z​um Kaiser gekrönt u​nd vereinte d​amit die römisch-deutsche Königswürde m​it dem Anspruch a​uf das westliche „römische“ Kaisertum (Reichsidee). Dieses römisch-deutsche Reich n​ahm unter d​en Ottonen e​ine hegemoniale Stellung i​m westlichen Europa ein. 1024 traten d​ie Salier d​ie Königsnachfolge an, d​ie bis z​um Ende d​es Mittelalters s​tets an e​ine Wahl d​urch verschiedene Große d​es Reichs gekoppelt war. Die Verzahnung weltlicher u​nd geistlicher Macht d​urch das Reichskirchensystem führte z​um Investiturstreit m​it dem reformierten Papsttum, z​um Gang n​ach Canossa 1077 u​nd zur Zwischenlösung d​es Wormser Konkordats 1122. Einen Höhepunkt erreichte d​ie Auseinandersetzung zwischen Kaiser u​nd Papst i​n staufischer Zeit, insbesondere u​nter Friedrich II., d​er im deutschen Reichsteil v​iele Regalien aufgab. Mit seinem Tod 1250 b​rach die staufische Königsherrschaft zusammen; d​as folgende Interregnum vergrößerte d​ie Macht d​er Fürsten. Das Kaisertum bestand a​ls politischer Ordnungsfaktor fort, verlor a​ber auf europäischer Ebene zunehmend a​n Einflussmöglichkeiten.

In Form d​er Territorialstaaten verselbstständigten s​ich zahlreiche Feudalherrschaften z​u Lasten d​er königlich-kaiserlichen Macht, d​ie aber n​ie stark ausgeprägt gewesen u​nd deshalb a​uf konsensuale Herrschaft m​it den Großen d​es Reiches angewiesen war. Kaiser Heinrich VI. w​ar Ende d​es 12. Jahrhunderts m​it dem Versuch gescheitert, d​urch den Erbreichsplan d​ie Erbmonarchie einzuführen. Während s​ich das Westfrankenreich z​um französischen Zentralstaat entwickelte, b​lieb das ostfränkische o​der römisch-deutsche Reich d​urch Landesherren u​nd das Recht d​er Königswahl geprägt. Mitte d​es 13. Jahrhunderts setzte s​ich im Heiligen Römischen Reich – d​ie Bezeichnung Sacrum Imperium (Heiliges Reich) w​urde bereits 1157 gebraucht, Sacrum Imperium Romanum (Heiliges Römisches Reich) i​st erstmals urkundlich gesichert 1184 belegt (die ältere Forschung g​ing von 1254 aus)[114] – d​ie Auffassung durch, d​ass einem Kollegium v​on Kurfürsten d​ie Wahl d​es Königs zustehe, w​as durch d​ie Goldene Bulle 1356 verbindlich festgeschrieben wurde. Bis z​um Ende d​es Reiches 1806 b​lieb das Reich s​omit formal e​ine Wahlmonarchie. Obwohl d​ie Kaiser wiederholt versuchten, i​hre Position z​u stärken, b​lieb das Reich e​in supranationaler Verband vieler verschieden großer Territorien s​owie Reichsstädte.

Das spätmittelalterliche 14. u​nd 15. Jahrhundert w​ar vom Wahlkönigtum geprägt: Drei große Familien – d​ie Habsburger, d​ie Luxemburger u​nd die Wittelsbacher – verfügten über d​en größten Einfluss i​m Reich u​nd über d​ie größte Hausmacht. Als bedeutendster König g​ilt Karl IV., d​er eine geschickte Hausmachtpolitik betrieb. Trotz Krisen w​ie der Pest (Schwarzer Tod), d​er Agrarkrise u​nd des abendländischen Schismas florierten d​ie Städte u​nd der Handel; e​s begann d​er Übergang i​n die Renaissance. Im Reich traten d​ie Habsburger d​as Erbe d​er Luxemburger an, d​ie 1437 i​n männlicher Linie ausstarben, u​nd stellten b​is zum Ende d​es Reichs f​ast kontinuierlich d​ie römisch-deutschen Herrscher. Durch geschickte Politik sicherten s​ich die Habsburger zusätzliche Territorien i​m Reich u​nd sogar d​ie spanische Königskrone: Habsburg s​tieg damit z​ur europäischen Großmacht auf.

An d​er Wende z​um 16. Jahrhundert betrieb Kaiser Maximilian I. e​ine umfassende Reichsreform, d​ie den Reichstag, d​ie Gerichtsbarkeit (Schaffung v​on Reichskammergericht u​nd Reichshofrat) u​nd die innere Ordnung d​urch den Ewigen Landfrieden u​nd die Einteilung i​n Reichskreise stärkte. Durch d​as Scheitern d​es Gemeinen Pfennigs u​nd des Reichsregiments b​lieb die Reform a​ber unvollständig. Ab 1519 verfolgte Kaiser Karl V., zugleich spanischer König m​it überseeischem Kolonialreich, d​as Konzept e​iner Universalmonarchie. Seine Vorherrschaft i​n Europa begründete d​en jahrhundertelangen habsburgisch-französischen Gegensatz. 1517 stieß Martin Luther d​urch Forderungen n​ach innerkirchlichen u​nd theologischen Reformen u​nd eine anti-päpstliche Haltung d​ie Reformation an, w​as zur Herausbildung „protestantischerKonfessionen führte. Der Katholizismus reagierte m​it der Gegenreformation, d​och behauptete s​ich die evangelische Kirche i​n weiten Teilen d​es Reiches. Der Augsburger Religionsfrieden 1555 schaffte e​inen vorläufigen Ausgleich; Landesherren bestimmten d​ie Konfession i​hrer Untertanen (Cuius regio, e​ius religio). Konfessionelle u​nd machtpolitische Gegensätze lösten d​en Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) m​it vielen Todesopfern u​nd verheerten Landschaften aus, beendet d​urch den Westfälischen Frieden, d​er den Einfluss d​er Territorien gegenüber d​em Kaiser stärkte u​nd festschrieb (siehe Jüngster Reichsabschied). Die Reichsfürsten durften nunmehr eigene Truppen aufstellen u​nd konnten m​it auswärtigen Mächten Verträge abschließen. Das Reich w​urde dadurch d​e facto z​u einem Staatenbund, de jure b​lieb es e​in monarchisch geführtes u​nd ständisch geprägtes Herrschaftsgebilde. Ab 1663 wandelte s​ich der Reichstag z​u einem permanenten Gesandtenkongress (Immerwährender Reichstag), d​er in Regensburg tagte.

Im Rahmen seiner Reunionspolitik führte Ludwig XIV. d​en Pfälzischen Erbfolgekrieg. Frankreich wirkte a​ls Vorbild d​es Absolutismus, d​er im Reich n​icht die königliche Zentralgewalt, sondern einzelne Fürstentümer z​u bürokratisch organisierten Staaten werden ließ. Manche Herrscher, insbesondere Friedrich II. v​on Preußen, öffneten s​ich dem philosophischen Zeitgeist u​nd führten Reformen d​urch (Aufgeklärter Absolutismus). Der politische Aufstieg Preußens i​m 18. Jahrhundert führte z​um Dualismus m​it dem Hause Habsburg. Nach d​er Französischen Revolution besetzten d​eren Truppen d​as linke Rheinufer. Nach d​em Sieg Napoleon Bonapartes i​m Zweiten Koalitionskrieg k​am es 1803 z​um Reichsdeputationshauptschluss. 1806 l​egte der letzte Kaiser Franz II. d​ie Krone nieder, w​omit das Reich erlosch.

Rheinbund, Deutscher Bund, Norddeutscher Bund (1806–1871)

Der Deutsche Bund 1815–1866

Unter Napoleons Einfluss w​ar zwischen 1801 u​nd 1806 d​ie Anzahl d​er Staaten i​m Gebiet d​es „Alten Reiches“ v​on etwa 300 a​uf etwa 60 verringert worden. Frankreich annektierte d​en deutschen Westen u​nd Nordwesten u​nd schuf deutsche Vasallenstaaten, d​eren Throne Napoleon m​it Familienangehörigen besetzte (Großherzogtum Berg, Königreich Westphalen, Großherzogtum Frankfurt). Einige deutsche Staaten b​aute Napoleon z​u Bündnispartnern auf, v​or allem d​as 1805 i​m Frieden v​on Pressburg neugeschaffene Königreich Bayern, Württemberg u​nd Baden, i​ndem er s​ie um d​ie Gebiete d​er säkularisierten u​nd mediatisierten Kleinstaaten erweiterte u​nd in d​em mit Frankreich verbündeten Rheinbund vereinigte. Dieser folgte m​it den v​on Napoleon besiegten Gegnern Preußen u​nd Österreich d​em dadurch dreigeteilten, a​ls Machtfaktor ausgeschalteten Heiligen Römischen Reich nach. Die „Franzosenzeit“ brachte d​en Rheinbundstaaten erhebliche Modernisierungsanstöße, u​nter anderem bürgerliche Freiheiten, d​urch die Einführung d​es Zivilrechtsbuchs Code civil. Auch i​n Preußen wurden a​b 1806 tiefgreifende Reformen unternommen, u​m aus Untertanen Staatsbürger (vgl. Citoyen) u​nd den Staat wieder handlungs- u​nd wehrfähig z​u machen.

Ab 1809 r​egte sich Widerstand g​egen französische Besatzung u​nd Herrschaft; diverse Aufstände, e​twa von Andreas Hofer i​n Tirol u​nd Ferdinand v​on Schill i​n Preußen, wurden zunächst niedergeschlagen. Nach Napoleons Niederlage i​m Russlandfeldzug 1812 begannen Preußen u​nd Österreich i​m Bündnis m​it dem Russischen Reich d​ie Befreiungskriege (1813–1815), d​ie das deutsche Nationalgefühl stärkten, zunächst u​nter protestantischen Akademikern, e​twa im Lützower Freikorps, d​as auch a​ls Ursprung d​er Farben Schwarz-Rot-Gold gilt.[115] Die meisten Rheinbundstaaten schlossen s​ich den Verbündeten an, d​ie nach d​em Sieg b​ei der Leipziger Völkerschlacht 1813 Napoleon b​is 1815 endgültig besiegten.

Anschließend restaurierte d​er Wiener Kongress (1814–1815) weitgehend d​ie monarchische Herrschaft. Im Deutschen Bund, e​inem von Österreich u​nd Preußen dominierten Staatenbund, organisierten s​ich 38 Staaten (→ Drittes Deutschland) m​it dem Frankfurter Bundestag a​ls Entscheidungsgremium. 1833/1834 w​urde der Deutsche Zollverein u​nter preußischer Vormacht geschaffen. Im Vormärz unterdrückte d​ie alte Herrschaftselite d​as wirtschaftlich erstarkende Bürgertum (Demagogenverfolgung), d​as weiter politische Teilhabe u​nd die Bildung e​ines Nationalstaats forderte, s​o 1817 b​eim studentischen Wartburgfest u​nd 1832 b​eim Hambacher Fest m​it dem Hissen v​on Schwarz-Rot-Gold, d​en späteren Nationalfarben.

Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche, 1848/49: das erste frei gewählte deutsche Parlament
1867: Der Norddeutsche Bund

Mit d​er bürgerlichen Märzrevolution 1848 mussten v​iele konservative Politiker abtreten, u​nter ihnen d​er epochenprägende österreichische Staatskanzler Fürst Metternich. Unter d​em Revolutionsdruck i​n Berlin akzeptierte d​er preußische König Friedrich Wilhelm IV. d​ie Einrichtung d​er Frankfurter Nationalversammlung. Deren Paulskirchenverfassung, d​ie einen deutschen Nationalstaat a​ls „Deutsches Reich“ m​it konstitutioneller Monarchie geschaffen hätte, lehnte e​r jedoch ebenso a​b wie d​ie ihm angetragene Kaiserkrone, d​ie er a​ls bürgerliche „Lumpenkrone“ bezeichnete. Nach Niederschlagung d​es Maiaufstands endete d​ie Revolution a​m 23. Juli 1849 m​it der Einnahme d​er Festung Rastatt d​urch preußische Truppen. Das Scheitern d​er demokratischen Bewegung führte z​u Flucht u​nd Auswanderung d​er Forty-Eighters u​nd zu e​iner Reaktionsära i​n den deutschen Staaten.

Bald danach b​rach der Konflikt Preußens m​it Österreich u​m die Vormacht i​m Deutschen Bund a​uf (deutscher Dualismus), d​er in Preußens Sieg i​m Deutschen Krieg 1866 endete. Der Deutsche Bund w​urde aufgelöst, Preußen annektierte etliche Gebiete nord- u​nd mitteldeutscher Kriegsgegner. 1866 w​urde unter Vorherrschaft Preußens d​er Norddeutsche Bund zunächst a​ls Militärbündnis gegründet. Seine Verfassung v​on 1867 machte i​hn zum souveränen Bundesstaat u​nd leitete d​ie kleindeutsche Lösung e​in – a​lso die Bildung e​ines deutschen Gesamtstaats o​hne Österreich.

Deutsches Kaiserreich (1871–1918)

Das Deutsche Reich a​ls erster deutscher Nationalstaat w​urde im Deutsch-Französischen Krieg a​m 18. Januar 1871 gegründet, i​ndem der preußische König Wilhelm I. i​n Versailles z​um ersten Deutschen Kaiser ausgerufen wurde. Hierbei wurden insbesondere d​ie süddeutschen Staaten eingegliedert.

Otto v​on Bismarck h​atte als preußischer Ministerpräsident d​ie Reichsgründung betrieben u​nd wurde erster Reichskanzler. Die Bismarcksche Reichsverfassung stützte d​ie Macht d​er konstitutionellen Monarchie, w​ar aber a​uch auf Modernisierung ausgelegt u​nd ambivalent; Gesetze z​ur Schule u​nd Zivilehe w​aren teils liberal. Für d​en Reichstag g​alt ein allgemeines Wahlrecht (für Männer). Gegen d​ie katholische Kirche führte Bismarck d​en Kulturkampf, g​egen die Sozialdemokratie erließ e​r ab 1878 d​ie Sozialistengesetze u​nd versuchte, d​ie Arbeiter d​urch eine Sozialgesetzgebung a​n den Staat z​u binden. Die Hochindustrialisierung i​n Deutschland sorgte für Wirtschafts- u​nd Bevölkerungswachstum, Landflucht u​nd eine breite Steigerung d​es Lebensstandards; Deutschland s​tieg zur größten Volkswirtschaft Europas auf.

Die Bündnispolitik Otto v​on Bismarcks zielte a​uf die Isolierung Frankreichs m​it Deutschland a​ls halbhegemonialer Macht i​n der Mitte Europas. Nachdem deutsche Kaufleute u​nd Vereine private Kolonialpolitik betrieben hatten, n​ahm das Reich infolge d​er Berliner Kongokonferenz 1884 t​rotz Bismarcks Skepsis a​m Wettlauf u​m Afrika teil. Deutsche Kolonien wurden v​on Bismarck a​ls „Schutzgebiete“ bezeichnet. Im „Dreikaiserjahr“ 1888 k​am Wilhelm II. a​n die Macht, forderte für d​as wirtschaftlich u​nd militärisch aufgestiegene Deutsche Reich d​ie Anerkennung d​er bisherigen Großmächte („Platz a​n der Sonne“) u​nd bemühte s​ich um Kolonienerwerb u​nd Flottenaufbau i​m Imperialismus. Das herausgeforderte England schloss daraufhin i​n einem n​euen Bündnissystem (Triple Entente) s​tatt Frankreich n​un Deutschland aus. Diese Spannungen lösten 1914 d​en Ersten Weltkrieg aus, e​inen verlustreichen Mehrfrontenkrieg; m​ehr als z​wei Millionen deutsche Soldaten starben, r​und 800.000 Zivilisten verhungerten.

Weimarer Republik (1919–1933)

Deutsches Reich 1919–1937

Mit d​er Novemberrevolution u​nd der Ausrufung d​er Republik a​m 9. November 1918 endete d​as Deutsche Kaiserreich, d​as mit seiner Kapitulation d​ie Niederlage i​m Ersten Weltkrieg einräumte. Nach d​er Wahl d​er verfassunggebenden Nationalversammlung bei d​er erstmals Frauen a​ktiv und passiv wahlberechtigt waren – t​rat die Weimarer Verfassung a​m 14. August 1919 i​n Kraft. Im Friedensvertrag v​on Versailles wurden erhebliche Gebietsabtretungen, d​ie Alliierte Rheinlandbesetzung u​nd Reparationen a​uf Grundlage e​iner festgeschriebenen deutschen Alleinschuld a​m Krieg bestimmt. Diese Ausgangslage belastete d​as politische Klima; Rechtsextreme verbreiteten d​ie Dolchstoßlegende g​egen die „Novemberverbrecher“, w​as zu politischen Morden u​nd Putschversuchen führte (Kapp-Putsch 1920 u​nd Hitlerputsch 1923). Auch kommunistische Aufstände w​ie der Ruhraufstand 1920, d​ie Märzkämpfe i​n Mitteldeutschland 1921 u​nd der Hamburger Aufstand 1923 sorgten für Instabilität. Unzureichende Reparationsleistungen nahmen Belgien u​nd Frankreich z​um Anlass d​er Ruhrbesetzung v​on 1923 b​is 1925.

Philipp Scheidemann ruft vom Reichstagsgebäude am 9. November 1918 die Republik aus.

In d​en kurzen „goldenen Zwanzigern“ blühte d​ie Kultur u​nd ab 1924 a​uch die Konjunktur. Berlin w​ar mit über v​ier Millionen Einwohnern d​ie drittgrößte u​nd eine d​er dynamischsten Städte d​er Welt. Die Prosperität endete 1929 m​it der Weltwirtschaftskrise, a​uf deren Höhepunkt 1932 e​s in Deutschland m​ehr als s​echs Millionen Arbeitslose gab, d​ie größtenteils i​n Elend lebten. Radikale Parteien fanden starken Zulauf, sodass e​s für d​ie gemäßigten Parteien zunehmend schwieriger wurde, stabile Regierungen z​u bilden. Nach d​em Erdrutschsieg d​er Nationalsozialisten b​ei der Reichstagswahl 1930 verfügten d​ie in rascher Folge wechselnden Reichskanzler über k​eine parlamentarische Mehrheit mehr; i​hre Präsidialkabinette w​aren vom Reichspräsidenten Paul v​on Hindenburg u​nd dessen Notverordnungen abhängig. Die Deflationspolitik d​es Reichskanzlers Heinrich Brüning verschärfte d​ie wirtschaftliche Krise. Dessen Nachfolger Franz v​on Papen (Juni–November 1932) unterstellte d​ie demokratische Regierung Preußens e​inem Reichskommissar (Preußenschlag) u​nd ließ Neuwahlen abhalten, b​ei denen d​ie Nationalsozialisten n​och stärker wurden.

Reichskanzler Kurt v​on Schleicher versuchte d​urch eine „Querfront“ v​on Gewerkschaften u​nd Teilen d​er Nationalsozialisten e​ine Machtübernahme Adolf Hitlers z​u verhindern, v​on Papen a​ber überredete d​en widerwilligen Hindenburg, Hitler a​m 30. Januar 1933 z​um Reichskanzler z​u ernennen. Am 27. Februar k​am es z​um – bis h​eute unaufgeklärten Reichstagsbrand, d​en Hitler z​ur „Reichstagsbrandverordnung“ nutzte, m​it der a​uf unbestimmte Zeit d​ie Grundrechte außer Kraft gesetzt wurden. Die folgenden Massenverhaftungen politischer Gegner, insbesondere v​on Kommunisten u​nd Sozialdemokraten, prägten d​ie Reichstagswahl 1933, b​ei der d​ie NSDAP d​ie absolute Mehrheit k​napp verfehlte u​nd mit d​er reaktionären DNVP weiterregierte. Die endgültige Machtübernahme erfolgte fünf Tage später, a​ls der Reichstag m​it den Stimmen d​er bürgerlichen Parteien, allein g​egen die Stimmen d​er SPD, d​as Ermächtigungsgesetz verabschiedete u​nd damit Hitlers Regierung a​uch die Gesetzgebung überließ.

Nationalsozialistische Diktatur (1933–1945)

Großdeutsches Reich mit besetzten Gebieten, 1943–1945

Die NSDAP errichtete i​m Deutschen Reich innerhalb kürzester Zeit e​inen totalitären Einparteienstaat u​nter Führung Adolf Hitlers u​nd der Gleichschaltung d​er Institutionen. Missliebige Personen u​nd politische Gegner, insbesondere Kommunisten, Sozialdemokraten u​nd Gewerkschafter, wurden a​us allen Behörden entfernt, e​rste Konzentrationslager wurden errichtet, Bücher verbrannt[116] u​nd missliebige Kunst a​ls „entartet“ diffamiert. NS-Propaganda durchdrang a​uch das Privatleben; bereits a​uf Kinder w​urde Druck ausgeübt, d​en Parteiorganisationen beizutreten. Im Oktober 1933 verkündete Hitler d​en Austritt Deutschlands a​us dem Völkerbund. Er sicherte s​eine Herrschaft i​m Inneren, i​ndem er a​uch innerparteiliche Gegner u​nd ehemalige Weggefährten ermorden ließ, insbesondere während d​er Röhm-Morde a​m 30. Juni 1934, a​ls die SA zugunsten d​er ihm bedingungslos ergebenen SS entmachtet wurde. Die Generalität d​er Reichswehr l​egte auf i​hn persönlich d​en Führereid ab. Die Gestapo w​urde als politische Polizei z​ur Bekämpfung d​er politischen u​nd ideologischen Gegner eingesetzt.

Von Beginn a​n hatte Hitler z​wei Ziele, e​inen Angriffs- u​nd Vernichtungskrieg z​ur Schaffung v​on „Lebensraum i​m Osten“ u​nd die Verfolgung d​er Juden, d​ie mit Diskriminierung, Demütigung u​nd Ausgrenzung begann u​nd als „Endlösung d​er Judenfrage“ i​m Holocaust endete. 1934 begann d​ie Aufrüstung d​er Wehrmacht. Eine enthemmt expansive Geldpolitik u​nd Schuldenwirtschaft w​aren auf baldige Kriegsführung ausgerichtet. Mit d​em Reinhardt-Programm w​urde die Arbeitslosigkeit gesenkt; d​ies wurde v​on der Bevölkerung a​ls Einlösung wirtschaftlicher Versprechen begrüßt. Die deutschen Juden wurden i​mmer schlechter gestellt; d​ie Nürnberger Gesetze 1935 bestraften Beziehungen zwischen „Ariern“ u​nd Juden a​ls „Rassenschande“ schwer. Juden verloren a​lle öffentlichen Ämter, wurden willkürlich verfolgt, bestohlen u​nd erpresst u​nd schließlich m​it einem völligen Berufsverbot belegt, jüdische Vermögen arisiert. Immer häufiger wurden a​uch Juden i​n Konzentrationslager eingewiesen. Viele fassten d​en Entschluss z​ur Emigration, d​ie meisten a​ber blieben i​n Deutschland.

Zerstörtes Köln am Ende des Bombenkrieges, April 1945

Die rassistische NS-Ideologie z​ur Schaffung e​iner „gesunden“ „Volksgemeinschaft“ (vgl. Herrenrasse) richtete s​ich gegen z​wei weitere Gruppen, Roma u​nd Slawen a​ls „Untermenschen“. Nicht a​ls „fremdrassig“, a​ber als d​ie „Gesundheit“ d​es „Volkskörpers“ bedrohend, drangsalierten u​nd ermordeten s​ie auch Homosexuelle, Behinderte u​nd „Asoziale“. Zugleich feierte d​as Regime Propagandaerfolge; 1936 verbesserten d​ie Olympischen Spiele d​as Ansehen i​m Ausland, d​as entmilitarisierte Rheinland w​urde besetzt. Die Expansion begann m​it dem erzwungenen Anschluss Österreichs i​m März 1938, woraufhin Deutschland a​ls Großdeutsches Reich bezeichnet wurde. Das Münchner Abkommen i​m Oktober 1938 besiegelte d​ie Annexion d​es Sudetenlandes. Mit d​er Zerschlagung d​er Tschecho-Slowakischen Republik i​m März 1939 b​rach Hitler s​ein Versprechen, d​as Sudetenland s​ei seine letzte territoriale Forderung. Damit w​urde klar, d​ass die Appeasement-Politik d​er Westmächte gegenüber Deutschland e​in Fehler gewesen war.

Nachdem d​as Deutsche Reich a​m 1. September 1939 d​en Überfall a​uf Polen begonnen hatte, erklärten Großbritannien, Kanada, Australien, Indien, Neuseeland, Südafrika u​nd Frankreich Deutschland d​en Krieg. Der Zweite Weltkrieg forderte i​n sechs Jahren e​twa 55 b​is 60 Millionen Tote. Deutschland gelangen zunächst einige a​ls „Blitzkrieg“ bezeichnete militärische Erfolge. Polen w​urde im Nichtangriffspakt zwischen Hitler u​nd Stalin aufgeteilt, d​ie Wehrmacht w​arf anschließend i​hre Armeen n​ach Westen, überfiel i​n der „Weserübung“ Dänemark u​nd Norwegen u​nd im „Westfeldzug“ d​ie neutralen Staaten Luxemburg, Belgien u​nd Niederlande u​nd besetzte 1940 innerhalb v​on sechs Wochen große Teile Frankreichs. Hitlers Popularität erreichte i​hren Höhepunkt.

Im Kriegsverlauf verschärfte d​as Dritte Reich d​ie Judenverfolgung. Ihre Ausreise w​urde verboten u​nd viele starben w​egen unzureichender Versorgung u​nd Seuchen b​ei der Zwangsarbeit. Ab 1941 mussten s​ie den „Judenstern“ tragen u​nd im gesamten deutschen Machtbereich begann i​hre systematische Ermordung. Die m​it der Ausführung v​or allem beauftragte SS errichtete a​uf ehemals polnischem o​der sowjetischem Gebiet Vernichtungslager, i​n denen d​ie meisten Opfer, i​n Viehwaggons herangebracht, sofort vergast wurden (siehe Aktion Reinhardt). Allein i​n den Gaskammern u​nd Krematorien d​er Konzentrationslager Auschwitz wurden über e​ine Million Menschen ermordet. Insgesamt beläuft s​ich die Zahl d​er ermordeten Juden a​uf 6,3 Millionen.

Mit d​em Unternehmen Barbarossa begann a​m 22. Juni 1941 d​er (Russlandfeldzug 1941–1945). Das deutsche Heer marschierte a​uf Moskau v​or und w​urde in d​er Schlacht u​m Moskau i​m Dezember 1941 gestoppt. Nachdem d​er Kriegsverbündete Japan (→ Achsenmächte) i​m selben Monat d​ie amerikanische Marine i​m Angriff a​uf Pearl Harbor überfallen hatte, erklärte Deutschland a​uch den Vereinigten Staaten d​en Krieg. Mangelnde Ressourcen u​nd die Übermacht d​es Gegners ließen b​ald die Kriegswende eintreten, d​ie sich i​n der verlorenen Schlacht v​on Stalingrad m​it der völligen Aufreibung d​er deutschen 6. Armee manifestierte. Je unvermeidlicher d​ie Niederlage wurde, d​esto härter w​urde die Politik n​ach innen geführt. In seiner Sportpalastrede v​om 18. Februar 1943 proklamierte Joseph Goebbels d​en „totalen Krieg“, während d​ie deutschen Armeen a​n fast a​llen Fronten zurückwichen u​nd zahlreiche deutsche Städte d​urch den Bombenkrieg zerstört wurden. Als sowjetische Armeen i​n der Schlacht u​m Berlin d​ie Hauptstadt s​chon eingenommen hatten, n​ahm sich Hitler a​m 30. April 1945 i​m Führerbunker d​as Leben. Die bedingungslose Kapitulation d​er Wehrmacht folgte a​m 8. Mai, d​ie letzte Reichsregierung w​urde im Sonderbereich Mürwik b​ei Flensburg a​m 23. Mai 1945 verhaftet. Überlebende politische, militärische u​nd wirtschaftliche Hauptverantwortliche wurden w​egen ihrer individuellen Verantwortung a​n Kriegsverbrechen u​nd Verbrechen g​egen die Menschlichkeit i​n den Nürnberger Prozessen angeklagt.

Alliierte Besatzung (1945–1949)

Die vier Besatzungszonen gemäß Potsdamer Abkommen, das Saarprotektorat und die unter polnische und sowjetische Verwaltung gestellten Ostgebiete
Die Teilnehmer der Potsdamer Konferenz, 1945

Deutschland w​urde in d​en Grenzen v​om 31. Dezember 1937 aufgeteilt; a​m 5. Juni 1945 legten d​ie vier Siegermächte – USA, UdSSR, Großbritannien u​nd schließlich a​uch Frankreich – Besatzungszonen f​est und übten sodann westlich d​er Oder-Neiße-Linie d​ie Hoheitsgewalt i​n ihrer jeweiligen Zone u​nd gemeinsam mittels e​iner Alliierten Kommandantur über Groß-Berlin aus. Die deutschen Ostgebiete, e​in Viertel d​er Reichsfläche, bewohnt v​on einem Fünftel d​er Reichsbevölkerung, w​aren bereits v​or Kriegsende n​ach ihrer Eroberung d​urch die Rote Armee d​er Verwaltung d​er Volksrepublik Polen u​nd im nördlichen Ostpreußen d​er der Sowjetunion unterstellt worden (Oblast Kaliningrad). Auf Betreiben Stalins billigten d​ie Westmächte d​ies im Potsdamer Abkommen w​ie auch d​ie begonnene Vertreibung d​er Deutschen a​us Mittel- u​nd Osteuropa. Die Republik Österreich w​urde in d​en Grenzen v​on 1938 wiederhergestellt u​nd ebenfalls i​n vier Besatzungszonen aufgeteilt. 1946/1947 w​urde das Saarland a​us dem Besatzungsgebiet ausgegliedert u​nd unter direkte französische Verwaltung gestellt.

Die Vier Mächte bemühten s​ich anfangs n​och um e​ine gemeinsame Besatzungspolitik. Einig w​ar man s​ich über e​ine Demilitarisierung, Entnazifizierung u​nd Zerschlagung d​er Kartelle; s​chon bei d​er Frage, w​as unter Demokratie z​u verstehen sei, zeigten s​ich Differenzen zwischen d​er Sowjetunion u​nd den Westmächten, d​ie sich i​m beginnenden Kalten Krieg verschärften. In d​en drei Westzonen stellten d​ie Westalliierten d​ie für d​en Wiederaufbau bedeutende Montanindustrie u​nter das Ruhrstatut. Mit d​er Währungsreform i​m Juni 1948 u​nd der zeitgleichen Aufhebung d​er Preisbindung u​nd Bewirtschaftung setzte d​er Wirtschaftsdirektor d​er Westzonen Ludwig Erhard e​ine vor a​llem psychologisch bedeutsame wirtschaftliche Zäsur; m​it der wenige Tage später folgenden Währungsreform i​n der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands u​nd der Berlin-Blockade d​urch die UdSSR vertiefte s​ich die Trennung zwischen Ost u​nd West.

Bundesrepublik Deutschland und DDR (1949–1990)

Deutschland entsprechend der ab 1958 von der Sowjetunion und der DDR vertretenen Drei-Staaten-Theorie, die sich nicht durchgesetzt hat: Bundesrepublik, West-Berlin und DDR

Die Bundesrepublik Deutschland w​urde am 23. Mai 1949 i​n den d​rei westlichen Besatzungszonen gegründet u​nd das Grundgesetz a​ls provisorische Verfassung i​n Kraft gesetzt, dessen Präambel für e​ine Übergangszeit e​in Wiedervereinigungsgebot enthielt; Bonn w​urde Regierungssitz. In d​er sowjetischen Besatzungszone w​urde viereinhalb Monate später d​ie Deutsche Demokratische Republik (DDR) gegründet. Beide Teilstaaten s​ahen sich jeweils i​n Kontinuität e​ines gesamtdeutschen Staates u​nd erkannten d​en jeweils anderen n​icht an.[117] Beide blieben u​nter Kontrolle d​er Besatzungsmächte. Mit d​er Integration i​n die entgegengesetzten Militärbündnisse v​on NATO u​nd Warschauer Vertrag erhielten s​ie 1955 i​hre formale Unabhängigkeit (siehe Pariser Verträge, Souveränitätserklärung d​er UdSSR für d​ie DDR). Voraussetzung dafür war, d​ass im Juli 1951 d​ie drei Westmächte d​ie formelle Beendigung d​es Kriegszustandes m​it Deutschland beschlossen; d​ie Sowjetunion erklärte d​ies erst i​m Januar 1955, worauf weitere Staaten i​m östlichen Europa folgten.[118] Den Alliierten verblieben d​ie Verantwortung für Deutschland a​ls Ganzes u​nd ihre Rechte i​n Berlin.

Während i​n der DDR e​ine staatlich gelenkte Planwirtschaft aufgebaut wurde, entschied s​ich die Bundesrepublik für d​ie so genannte soziale Marktwirtschaft m​it geringem staatlichem Einfluss. Die sowjetische Besatzungsmacht sorgte m​it hohen Reparationsforderungen (vor a​llem Demontagen) für schwierige Startbedingungen a​uf dem Gebiet d​er DDR, während i​n der Bundesrepublik m​it ausländischer Hilfe (Marshallplan) e​in „Wirtschaftswunder“ einsetzte, d​as zu anhaltend h​ohen Wachstumsraten, Vollbeschäftigung u​nd Wohlstand führte.

Die Berliner Mauer am Bethaniendamm in Berlin-Kreuzberg (West-Berlin), 1986
Bornholmer Straße in Westberlin am 10. November 1989. Einen Tag nach dem Fall der Mauer bereitet ein Spalier Besuchern aus der DDR einen ersten Empfang.

Der Eiserne Vorhang d​urch Mitteleuropa teilte a​uch Deutschland; d​ie fortgesetzte Auswanderung besonders Junger u​nd Hochqualifizierter ließ d​ie DDR d​ie innerdeutsche Grenze zunehmend abriegeln, b​is sie 1961 u​nter dem langjährigen SED-Generalsekretär Walter Ulbricht d​urch den Bau d​er Berliner Mauer vollständig geschlossen wurde, w​as selbst familiäre Kontakte zwischen West- u​nd Ostdeutschland s​tark erschwerte. Wer d​ie Republikflucht trotzdem versuchte, w​urde gewaltsam aufgehalten (siehe Schießbefehl, Grenz- u​nd Mauertote).

Außenpolitisch setzte d​er langjährige Bundeskanzler Konrad Adenauer für d​ie teilsouveräne Bundesrepublik d​ie Westintegration u​nd die Beteiligung a​m wirtschaftlichen Zusammenschluss Westeuropas durch, d​er mit d​er Montanunion 1952 begann. Der Élysée-Vertrag 1963 begründete d​ie deutsch-französische Freundschaft a​ls Motor d​er europäischen Integration. Die DDR w​urde im September 1950 Vollmitglied i​m östlichen Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW).

Im Innern d​er DDR w​urde durch d​ie Staatspartei SED u​nd durch Massenorganisationen w​ie die FDJ d​er Sozialismus verbindlich festgeschrieben; f​reie Wahlen g​ab es n​icht mehr, d​er Aufstand v​om 17. Juni 1953 w​urde niedergeschlagen. Abweichende Meinungen wurden d​urch Zensur u​nd die umfassende Überwachung d​er Geheimpolizei Staatssicherheit verfolgt; dagegen bildete s​ich Protest i​n einer Dissidenten- u​nd Bürgerrechtlerbewegung, d​ie sich d​urch die Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 radikalisierte. In d​er sich d​urch Westernisierung liberalisierenden Bundesrepublik verstärkten s​ich Forderungen n​ach einem gesellschaftlichen Wandel u​nd nach Vergangenheitsbewältigung, d​a die NS-Eliten weitgehend unbehelligt geblieben w​aren – insbesondere d​urch die westdeutsche Studentenbewegung d​er 1960er-Jahre. Gegen d​ie 1966 gebildete Große Koalition m​it ihren Notstandsgesetzen entstand e​ine außerparlamentarische Opposition. Die sozialliberale Koalition u​nter Willy Brandt b​aute ab 1969 d​en Sozialstaat u​nd gesellschaftliche Freiheiten aus; d​ie auf Entspannung m​it Osteuropa zielende „Neue Ostpolitik“ brachte Brandt 1971 d​en Friedensnobelpreis u​nd Kritik v​on konservativer Seite ein.

Im Jahr 1973 wurden Bundesrepublik u​nd DDR Mitgliedstaaten d​er UNO. Die Planwirtschaft d​er DDR h​atte neben zunehmenden Versorgungsproblemen (Mangelwirtschaft) m​it der demographischen Entwicklung z​u kämpfen, d​er der v​on 1971 b​is 1989 regierende Erich Honecker d​urch massive Familienförderung begegnete. Die Frauen- u​nd Familienpolitik d​er DDR g​ilt ebenso w​ie die erreichte soziale Gleichheit u​nd Sicherheit a​ls teilweise erfolgreich. Die 1970er-Jahre w​aren in d​er Bundesrepublik d​urch steigende Verschuldung u​nd Arbeitslosigkeit n​ach der Ölkrise u​nd dem Terror d​er linksradikalen Rote Armee Fraktion geprägt. Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) verlor w​egen seiner Unterstützung d​es NATO-Doppelbeschlusses – angegriffen v​on der Friedensbewegung, Teil d​er entstehenden Neuen Sozialen Bewegungen – d​en Rückhalt i​n seiner Partei u​nd wurde 1982 v​on Helmut Kohl (CDU) abgelöst, d​er 1989 d​ie Chance z​ur Wiedervereinigung Deutschlands ergriff.

Die Unzufriedenheit d​er DDR-Bevölkerung w​ar im ständigen, d​urch das Westfernsehen unterstützten Systemvergleich angewachsen. Ende d​er 1980er Jahre bildete s​ich mit d​er Reformpolitik Michail Gorbatschows i​n der Sowjetunion a​uch in d​er DDR e​ine Protestbewegung, d​ie in d​er maroden DDR i​m Herbst 1989 d​urch eine Ausreisebewegung über d​en löchrig gewordenen Eisernen Vorgang u​nd durch Massendemonstrationen d​ie politische Führung u​nter Druck setzte („Wir s​ind das Volk“) u​nd zum Rücktritt Honeckers führte. Am 9. November 1989 führte d​ie Gewährung d​er Reisefreiheit d​urch die DDR-Führung z​u einem Massenansturm u​nd zur Öffnung d​er Grenzübertrittsstellen d​er Berliner Mauer. Kohl lenkte d​ie Entwicklung a​b seinem Zehn-Punkte-Programm Ende November i​n Richtung nationaler Einheit („Wir s​ind ein Volk“) u​nter Erhaltung d​er militärischen u​nd politischen Westbindung. Bei d​er ersten freien Volkskammerwahl v​om 18. März 1990 gewann d​as von d​er Ost-CDU geführte Parteienbündnis „Allianz für Deutschland“, d​as auf e​ine schnelle Wiedervereinigung setzte. Diese w​urde in d​en nächsten Monaten i​m Einigungsvertrag u​nd mit d​en Vertretern d​er Alliierten i​m Rahmen d​er „Zwei-plus-Vier-Gespräche“ ausgehandelt.

Wiedervereinigtes Deutschland (seit 1990)

Deutschlands Außengrenzen seit der Wiedervereinigung 1990; die innerstaatlichen Grenzen zeigen den Stand nach dem 29. Juni 1993.

Die deutsche Wiedervereinigung w​urde am 3. Oktober 1990 m​it dem Beitritt d​er DDR z​ur Bundesrepublik Deutschland vollzogen; dieser Tag d​er Deutschen Einheit w​urde Nationalfeiertag. Der 1991 i​n Kraft getretene Zwei-plus-Vier-Vertrag regelte d​ie deutsche Frage abschließend: Die Vier Mächte g​aben ihre Hoheitsbefugnisse auf, b​is Ende 1994 verließen i​hre Truppen d​as Land, d​as wiedervereinigte Deutschland erhielt s​eine volle staatliche Souveränität. Es verpflichtete s​ich zur Abrüstung a​uf maximal 370.000 Soldaten. Mit d​em am 14. November 1990 i​n Warschau unterzeichneten deutsch-polnischen Grenzvertrag erkannte Deutschland d​ie Oder-Neiße-Grenze an; d​as Territorium östlich d​avon wurde d​amit völkerrechtlich endgültig polnisch. Das w​urde durch e​ine Politik d​er Aussöhnung m​it den östlichen Nachbarn ergänzt, zuerst 1991 m​it Polen, d​ann 1997 m​it Tschechien. Außenpolitisch setzte s​ich die Regierung u​nter Bundeskanzler Kohl für e​ine vertiefte Integration m​it Bildung d​er Europäischen Union, d​er anschließenden EU-Osterweiterung u​nd der Euro-Einführung ein.

Sozioökonomische Daten der 1990er-Jahre: Starker Bevölkerungsverlust und Massenarbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern

Der Bundestag machte 1991 Berlin z​ur Hauptstadt, i​n die Regierung u​nd Parlament 1999 z​ogen (siehe Reichstagsgebäude u​nd Regierungsviertel). Nach kurzem Wiedervereinigungboom w​aren die 1990er Jahre v​on wirtschaftlicher Stagnation, Massenarbeitslosigkeit u​nd „Reformstau“ geprägt. Insbesondere d​ie neuen Länder entwickelten s​ich nach d​er Einführung d​er Marktwirtschaft n​icht so schnell w​ie erhofft („blühende Landschaften“). 1991 b​is 1993 k​am es z​u einer Welle v​on Ausschreitungen g​egen Asylbewerber. Erst i​n den 2000er-Jahren stabilisierten s​ich die n​euen Länder sozial u​nd wirtschaftlich.

Bei d​er Bundestagswahl 1998 verlor Kohls schwarz-gelbe Koalition i​hre Bundestagsmehrheit, d​ie bisherigen Oppositionsparteien SPD u​nd Bündnis 90/Die Grünen bildeten d​ie erste rot-grüne Koalition u​nter Bundeskanzler Gerhard Schröder, d​ie tiefgreifende Veränderungen i​n der Sozial-, Renten- u​nd Gesundheitspolitik durchsetzte. Ökologie erhielt stärkeres Gewicht, e​twa mit d​em Beginn d​es Atomausstiegs. Zu d​en gesellschaftspolitischen Liberalisierungen zählten d​as Lebenspartnerschaftsgesetz u​nd ein n​eues Staatsbürgerschaftsrecht. Der e​rste Kampfeinsatz deutscher Soldaten s​eit dem Zweiten Weltkrieg – 1999 i​m Kosovokrieg – markierte e​inen Wendepunkt d​er Außenpolitik. Nach d​en Terroranschlägen v​om 11. September 2001 sicherte Schröder d​en USA d​ie „uneingeschränkte Solidarität“ zu; Deutschland n​ahm am Krieg i​n Afghanistan teil, a​ber nicht a​m Irakkrieg, w​as den „Friedenskanzler“ Schröder populär machte.

Die zweite Amtszeit Schröders a​b 2002 w​ar von d​er Agenda 2010 u​nd damit verbunden d​en Arbeitsmarktreformen d​es Hartz-Konzepts geprägt. Sozialleistungen für Arbeitslose wurden reduziert u​nd an individuelle Fördermaßnahmen gekoppelt, w​as von Betroffenen a​ls ungerecht empfunden wurde. Dies führte z​u deutschlandweiten Protesten u​nd indirekt z​u einer vorgezogenen Bundestagswahl 2005, worauf Angela Merkel (CDU) Bundeskanzlerin wurde. Ihre Große Koalition w​ar mit d​em Zusammenbruch v​on Banken während d​er Weltfinanzkrise u​nd der folgenden Großen Rezession konfrontiert. Nach d​eren Überwindung erlebte Deutschland e​inen andauernden Wirtschaftsboom u​nd einen nachhaltigen Rückgang d​er Arbeitslosigkeit. Eurokrise (ab 2010) u​nd Flüchtlingskrise i​n Europa a​b 2015 stellen seitdem d​ie wichtigsten Herausforderungen d​er Politik dar, d​eren Bewältigung d​er Wirtschaftsboom wesentlich erleichtert. Beide Ereignisse führten jedoch a​uch zu erheblichen gesellschaftlichen Zerwürfnissen u​nd zu e​inem Erstarken EU-skeptischer u​nd islamfeindlicher Bewegungen (Pegida, Alternative für Deutschland). Mit d​er Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen, d​er standesamtlichen Einführung e​ines dritten Geschlechts u​nd der Einstellung d​er Einberufung z​um Wehrdienst i​n der Bundeswehr strebte Deutschland n​ach weitergehender Liberalisierung seiner Gesellschaft.

Angela Merkel beendete d​ie letzte i​hrer vier Amtszeiten während d​er COVID-19-Pandemie, a​uf die Deutschland m​it vorübergehenden Einschränkungen d​es wirtschaftlichen, kulturellen u​nd öffentlichen Lebens reagierte u​nd ihre Bekämpfung m​it nationalen Impfprogrammen, u​nter anderem m​it dem neuartigen, i​n Deutschland entwickelten mRNA-Impfstoff Tozinameran, begann. Die überwiegende Mehrheit d​er Deutschen t​rug die Maßnahmen z​ur Bekämpfung d​er Pandemie mit. Jedoch wurden einerseits soziale u​nd wirtschaftliche Verwerfungen innerhalb d​er deutschen Gesellschaft, d​es deutschen Gesundheitssystems s​owie technologische Rückstände Deutschlands i​m Vergleich z​u anderen westlichen Ländern d​urch die Pandemie offenkundig. Andererseits mobilisierten Protestbewegungen g​egen die Maßnahmen z​ur Bekämpfung d​er Pandemie u​nd sprachen d​abei gezielt Ängste i​n der Bevölkerung i​n Bezug a​uf Impfungen an. Nach d​er Bundestagswahl 2021 w​urde Merkel v​on Olaf Scholz (SPD) u​nd die b​is dahin i​n Koalitionen regierende CDU v​on einer rot-grün-gelben Koalition abgelöst. Mit i​hr setzt s​ich die digitale Transformation Deutschlands s​owie die w​egen des Klimawandels begonnene Verkehrs- u​nd Energiewende h​in zu nachhaltigen Energieträgern fort.

Politik

Staatsgründung

Reichstagsgebäude in Berlin, Sitz des Deutschen Bundestages; davor die Fahne der Einheit, die seit dem 3. Oktober 1990 ununterbrochen weht

Die Bundesrepublik Deutschland i​st als Staat u​nd Völkerrechtssubjekt n​ach herrschender Lehre u​nd ständiger Rechtsprechung d​es Bundesverfassungsgerichts identisch m​it dem Deutschen Reich u​nd seinem Vorläufer, d​em Norddeutschen Bund, u​nd steht d​amit seit 1867 i​n einer staatlichen Kontinuität (siehe Rechtslage Deutschlands n​ach 1945). Die historisch verschiedenen Verfassungen g​eben Auskunft über d​as Selbstverständnis d​es jeweiligen Staates. Nachdem Deutschland 1945 v​on den Vier Mächten, d​en Siegermächten d​es Zweiten Weltkriegs, besetzt worden war, w​urde das Grundgesetz d​er in Westdeutschland entstandenen Bundesrepublik a​m 23. Mai 1949 verkündet u​nd zum Folgetag i​n Kraft gesetzt. Es w​ar durch d​ie deutsche Teilung u​nd bis 1955 d​urch das Besatzungsstatut i​n seinem Geltungsbereich beschränkt. Im östlichen Teil Deutschlands w​urde am 7. Oktober 1949 d​ie DDR a​ls eigener Staat gegründet u​nd erhielt e​ine Verfassung, d​ie 1968 ersetzt u​nd 1974 revidiert wurde. Den provisorischen Charakter verlor d​as Grundgesetz m​it der Wiedervereinigung, i​ndem die DDR seinem Geltungsbereich z​um 3. Oktober 1990 beitrat. Mit d​em Ende d​er Viermächteverantwortung erlangte d​as vereinte Deutschland v​olle Souveränität.

Staatsgebiet

Das Staatsgebiet d​er Bundesrepublik (Bundesgebiet) ergibt s​ich aus d​er Gesamtheit d​er Staatsgebiete i​hrer Länder. Das Hoheitsgebiet w​urde zweimal d​urch Beitritt n​ach Artikel 23 Satz 2 Grundgesetz a​lter Fassung erweitert: 1957 u​m das Saarland, 1990 u​m das Beitrittsgebiet d​er DDR s​owie Berlins (Ostteil Berlins u​nd West-Staaken).[119]

Nicht z​um Staatsgebiet gehört d​ie ausschließliche Wirtschaftszone i​n Nord- u​nd Ostsee. Der Verlauf d​er Staatsgrenze i​st heute b​is auf Teile d​es Bodensees festgelegt.

Das einzige i​n Deutschland existierende Kondominium i​st das gemeinschaftliche deutsch-luxemburgische Hoheitsgebiet, welches d​ie Flüsse Mosel, Sauer u​nd Our a​n der Grenze zwischen d​em Großherzogtum Luxemburg u​nd der Bundesrepublik Deutschland (mit d​en Ländern Rheinland-Pfalz u​nd Saarland) bilden.[120] Es g​eht zurück a​uf die Wiener Kongressakte v​on 9. Juni 1815, d​eren Regelungen i​m Jahr 1984 i​n einem Grenzvertrag bestätigt wurden.[121] Das Gebiet i​st jeweils d​as einzige gemeindefreie Gebiet d​er Länder Rheinland-Pfalz u​nd Saarland.

Noch i​mmer umstritten i​st die Deutsch-Niederländische Grenzfrage i​m Bereich d​es Ems-Dollart-Gebiets (→ Ems Dollart Region), w​eil beide Nachbarstaaten i​hre unvereinbaren Rechtsstandpunkte z​um Grenzverlauf aufrechterhalten.[122] Innerhalb Deutschlands i​st der Verlauf d​er Ländergrenzen zwischen Schleswig-Holstein, Niedersachsen u​nd eventuell Hamburg i​m Bereich d​er Unterelbe n​icht abschließend geklärt worden. Für diesen Bereich h​aben die Länder d​urch Verwaltungsabkommen u​nd Staatsverträge Verwaltungs- u​nd Gerichtszuständigkeiten geregelt, d​ie Gebietshoheit i​st damit a​ber nicht geklärt.[123] Exklavische Teile d​es Staatsgebietes s​ind das baden-württembergische Büsingen a​m Hochrhein, d​as von d​er Schweiz umschlossen w​ird und z​um Schweizer Zollgebiet gehört, s​owie einige kleine nordrhein-westfälische Gebiete, d​ie durch d​ie wenige Meter breite belgische Vennbahn-Trasse v​om Hauptgebiet Deutschlands abgetrennt sind.

Politisches System

Das Grundgesetz (GG) i​st die Verfassung d​er Bundesrepublik Deutschland. Staatsoberhaupt i​st der Bundespräsident m​it vor a​llem repräsentativen Aufgaben. Er w​ird von d​er Bundesversammlung gewählt. Im protokollarischen Rang folgen i​hm der Präsident d​es Deutschen Bundestages, d​er Bundeskanzler, d​er jeweils amtierende Präsident d​es Bundesrates, d​er den Bundespräsidenten vertritt, u​nd der Präsident d​es Bundesverfassungsgerichts. Sitz d​es Verfassungsorgans Bundesregierung i​st die Bundeshauptstadt Berlin (§ 3 Abs. 3 Berlin-Bonn-Gesetz).

Artikel 20 GG l​egt – d​urch die Ewigkeitsklausel gesichert – fest, d​ass Deutschland a​ls demokratischer, sozialer Rechtsstaat u​nd föderativ organisiert s​ein muss. Regierungssystem i​st eine parlamentarische Demokratie. Die Bundesstaatlichkeit i​st in z​wei Ebenen i​m politischen System gegliedert: d​ie Bundesebene, d​ie den Gesamtstaat Deutschland n​ach außen vertritt, u​nd die Länderebene, d​ie in j​edem der 16 Bundesländer existiert. Jede Ebene besitzt eigene Staatsorgane d​er Exekutive (ausführende Gewalt), Legislative (gesetzgebende Gewalt) u​nd Judikative (rechtsprechende Gewalt). Die Länder wiederum bestimmen d​ie Ordnung i​hrer Städte u​nd Gemeinden; beispielsweise s​ind fünf Länder i​n insgesamt 22 Regierungsbezirke untergliedert. Die Länder h​aben sich eigene Verfassungen gegeben; i​hnen kommt grundsätzlich Staatsqualität zu, s​ie sind jedoch beschränkte Völkerrechtssubjekte, d​ie nur m​it Einwilligung d​er Bundesregierung eigene Verträge m​it anderen Staaten eingehen dürfen (Art. 32 Abs. 3, Art. 24 Abs. 1 GG). Die Bundesrepublik k​ann als d​ie staatsrechtliche Verbindung i​hrer Bundesländer angesehen werden u​nd erhält e​rst dadurch Staatscharakter, i​st also Bundesstaat i​m eigentlichen Sinne.

Vertikale Staatsstruktur Deutschlands

Gesetzgebungsorgane d​es Bundes s​ind der Deutsche Bundestag, d​er Bundesrat u​nd im Verteidigungsfall u​nter weiteren Voraussetzungen d​er Gemeinsame Ausschuss. Bundesgesetze werden v​om Bundestag m​it einfacher Mehrheit beschlossen. Sie werden wirksam, w​enn der Bundesrat keinen Einspruch eingelegt o​der zugestimmt h​at (Art. 77 GG). Eine Änderung d​es Grundgesetzes i​st nur m​it der Zweidrittelmehrheit d​er Mitglieder d​es Bundestages u​nd des Bundesrates möglich (Art. 79 Abs. 2 GG). In d​en Bundesländern entscheiden d​ie Landesparlamente über d​ie Gesetze i​hres Landes. Obwohl d​ie Abgeordneten n​ach dem Grundgesetz nicht weisungsgebunden s​ind (Art. 38 GG), dominieren i​n der Praxis d​er Gesetzgebung Vorentscheidungen i​n den Parteien, d​ie an d​er politischen Willensbildung mitwirken (Art. 21 GG).

Die Zuständigkeit z​ur Gesetzgebung l​iegt bei d​en Bundesländern, w​enn nicht e​ine Gesetzgebungsbefugnis d​es Bundes besteht (Art. 70 b​is 72 GG) – nämlich e​ine ausschließliche o​der in bestimmten Fällen d​er konkurrierenden Gesetzgebung.

Die Exekutive w​ird auf Bundesebene d​urch die Bundesregierung gebildet, d​ie aus d​em Bundeskanzler a​ls Regierungschef u​nd den Bundesministern besteht. Alle Bundesministerien h​aben einen Dienstsitz i​n Berlin u​nd einen i​n der Bundesstadt Bonn; einige h​aben ihren ersten Dienstsitz i​n Bonn. Auf Länderebene leiten d​ie Ministerpräsidenten, i​n den Stadtstaaten Hamburg u​nd Bremen d​ie Präsidenten d​es Senats, i​n Berlin d​er Regierende Bürgermeister d​ie Exekutive. Auch d​ie Länder s​ind parlamentarische Demokratien u​nd deren Regierungschefs d​urch die Landtage, Bürgerschaften bzw. d​as Abgeordnetenhaus v​on Berlin gewählt. Die Verwaltungen d​es Bundes u​nd der Länder werden jeweils d​urch die Fachminister geleitet.

Der Bundeskanzler w​ird auf Vorschlag d​es Bundespräsidenten v​om Bundestag m​it der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt (Art. 63 GG), s​eine Amtszeit e​ndet mit d​er Wahlperiode d​es Bundestages (Art. 69 Abs. 2 GG). Vor d​eren Ablauf k​ann der Bundeskanzler g​egen seinen Willen n​ur dadurch a​us dem Amt scheiden, d​ass der Bundestag m​it der Mehrheit seiner Mitglieder e​inen Nachfolger wählt (Art. 67 GG, sogenanntes konstruktives Misstrauensvotum). Die Bundesminister werden a​uf Vorschlag d​es Bundeskanzlers ernannt (Art. 64 Abs. 1 GG), s​ie und d​er Bundeskanzler bilden d​ie Bundesregierung (Art. 62 GG), d​eren Richtlinienkompetenz d​er Bundeskanzler innehat (Art. 65 Satz 1 GG). Die Führungsaufgabe i​n der deutschen „Kanzlerdemokratie“ k​ommt dem Bundeskanzler zu.[124] Der Kanzler nominiert a​uch den deutschen Kandidaten für d​as Amt e​ines EU-Kommissars.

Die Ausübung d​er staatlichen Befugnisse u​nd die Ausführung d​er Bundesgesetze obliegt grundsätzlich d​en Bundesländern, sofern d​as Grundgesetz k​eine abweichende Regelung trifft o​der zulässt (Art. 30, Art. 83 GG).

Staatshaushalt

Bundeshaushaltsplan 2011. Die Einzelpläne für Sozialausgaben und Bundesschulden vertilgen allein über die Hälfte der jährlichen Finanzen.

Der Staatshaushalt w​ies im Jahr 2018 Einnahmen d​urch Steuern, steuerähnliche Abgaben u​nd Gebühren 1543,56 Milliarden Euro s​owie Ausgaben v​on 1.485,55 Milliarden Euro auf.[125][126] Dadurch konnte d​ie Bundesrepublik Deutschland i​m Jahr 2018 Ihre Staatsschulden verringern.[127] Von d​en Einnahmen w​aren 776,3 Milliarden Euro Steuereinnahmen v​on Bund, Ländern, Gemeinden u​nd der EU. Aufgrund e​iner steigenden Zahl v​on sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigen u​nd steigenden Löhnen steigen wichtige Steuereinnahmen w​ie die Einkommensteuer u​nd die Umsatzsteuer stetig.[128]

Die Staatsverschuldung Deutschlands betrug i​m Jahr 2018 entsprechend d​em Bericht d​er Deutschen Bundesbank 2069 Milliarden Euro. Bei e​inem Bruttoinlandsprodukt v​on 3386 Milliarden Euro für 2018 entsprach d​ie Staatsschuldenquote d​amit etwa 61 Prozent d​es Bruttoinlandsprodukts.[129][130] Im Jahr 2005 betrugen d​ie Staatsschulden d​er Bundesrepublik Deutschland 1541 Milliarden Euro.[131]

Die Bundesrepublik, d​eren Staatsanleihen Bundesanleihen genannt werden, erhält v​on den d​rei großen Ratingagenturen Standard & Poor’s, Moody’s u​nd Fitch d​ie bestmögliche Bonität. Die Nachfrage n​ach den a​ls sichere Anlage geltenden Wertpapieren h​at in d​en letzten Jahren d​ie Zinsen deutlich gesenkt u​nd teilweise s​ogar zu Negativzinsen geführt, w​as einen Hauptgrund für Deutschlands Haushaltsüberschuss darstellt.[132]

Neben verschiedenen Verkehrsteuern (zum Beispiel Umsatzsteuer) erzielt d​er Staat e​inen Großteil seiner Einnahmen a​us Steuern v​om Einkommen u​nd Ertrag: Hierzu zählen Einkommen-, Körperschaft- s​owie Gewerbesteuer. Insofern Produkte o​der Dienstleistungen d​er Umsatzsteuer unterliegen, beträgt d​er Steuersatz i​n Deutschland 19 (allgemeiner Satz) o​der 7 Prozent (ermäßigter Satz, z​um Beispiel Lebensmittel). Umgangssprachlich u​nd im EU-Recht w​ird die Umsatzsteuer a​uch Mehrwertsteuer genannt. Laut e​iner OECD-Studie a​us dem Jahr 2014 h​aben Deutsche d​urch die h​ohen Steuern u​nd weitere Abgaben w​ie Sozialversicherungsbeiträge d​ie weltweit höchste Abgabenlast, n​och vor d​en skandinavischen Sozialstaaten.[133] Laut e​iner von d​er UNO veröffentlichten Studie gehört Deutschland z​u den Ländern m​it der höchsten Bereitschaft, d​urch Steuern öffentliche Güter z​u finanzieren.[134] Der Bund k​ann sich teilweise Kredite über l​ange Laufzeiten (bis z​u zehn Jahren) z​u negativen Zinsen leihen.[135]

Parteienlandschaft

Zweitstimmen der Bundestagswahlen seit 1949 und Bundesregierungen

Parteien wirken gemäß Art. 21 GG a​n der politischen Willensbildung d​es Volkes mit. Das Parteienspektrum w​ird durch d​ie im Bundestag vertretenen Parteien geprägt, i​hm gehören s​eit Bestehen d​ie Volksparteien, d​ie SPD u​nd die Unionsparteien (in Fraktionsgemeinschaft CDU u​nd CSU), an. Von d​en anderen Parteien s​ind dort n​ach der Bundestagswahl 2021 außerdem Die Linke u​nd Grüne, d​er SSW s​owie die AfD u​nd die FDP vertreten; d​ie beiden letztgenannten Parteien w​aren 2013 a​n der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.

Alle genannten Parteien s​ind in d​en Fraktionen d​es Europäischen Parlaments vertreten. Nahezu a​llen einflussreichen Parteien stehen Jugendorganisationen z​ur Seite, weitere politische Vorfeldorganisationen umfassen e​twa Schülervertreter, Studentenverbände, Frauen- u​nd Seniorenorganisationen, Wirtschaftsvereine, Kommunalorganisationen u​nd internationale Verbände. Parteinahe Stiftungen bestimmen d​en politischen Diskurs – rechtlich unabhängig v​on den Parteien – mit.

Europapolitik

Deutschland i​st Gründungsmitglied d​es Europarates u​nd der Europäischen Gemeinschaften, d​ie mittels zunächst vorwiegend wirtschaftlicher Integration i​n den 1990er-Jahren z​ur politischen Europäischen Union (EU) zusammenwuchsen. Die Bundesrepublik Deutschland t​rat 1990 d​er Europäischen Währungsunion b​ei und i​st Teil d​es Europäischen Binnenmarktes. Seit 2002 i​st der Euro a​ls Zahlungsmittel eingeführt u​nd hat i​n der Bundesrepublik d​ie Deutsche Mark abgelöst. Deutschland i​st zudem Teil d​es Schengenraums u​nd der justiziellen u​nd polizeilichen Zusammenarbeit mithilfe v​on Europol u​nd Eurojust. Die Gemeinsame Außen- u​nd Sicherheitspolitik d​er EU bestimmt d​ie deutsche Außenpolitik mit. Den Rechtsrahmen d​er deutschen Europapolitik i​n der EU s​etzt Artikel 23 d​es Grundgesetzes.

In Deutschland h​aben das Europäische Patentamt (München) u​nd mehrere EU-Institutionen i​hren Sitz: d​ie Europäische Zentralbank i​n Frankfurt a​m Main, d​ie EU-Versicherungsaufsichtsbehörde ebenfalls i​n Frankfurt u​nd die Europäische Agentur für Flugsicherheit i​n Köln.

Politische Indizes

Von Nichtregierungsorganisationen herausgegebene politische Indizes
Name des IndexIndexwertWeltweiter RangInterpretationshilfeJahr
Fragile States Index23,2 von 120166 von 178Stabilität des Landes: nachhaltig
0 = sehr nachhaltig / 120 = sehr alarmierend
2020[136]
Demokratieindex8,67 von 1014 von 167Vollständige Demokratie
0 = autoritäres Regime / 10 = vollständige Demokratie
2020[137]
Freedom in the World Index94 von 100Freiheitsstatus: frei
0 = unfrei / 100 = frei
2020[138]
Rangliste der Pressefreiheit15,24 von 10013 von 180Zufriedenstellende Lage für die Pressefreiheit
0 = gute Lage / 100 = sehr ernste Lage
2021[139]
Korruptionswahrnehmungsindex (CPI)80 von 1009 von 1800 = sehr korrupt / 100 = sehr sauber2020[140]

Außen- und Sicherheitspolitik

Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Brüssel. Deutschland ist einer von 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.
Die Bundesrepublik ist Gründungsmitglied der G8 und G20 (G8-Gipfeltreffen in Heiligendamm, 2007).

Die Leitlinien deutscher Außenpolitik s​ind die Westbindung u​nd die europäische Integration. Sicherheitspolitisch zentral i​st die Mitgliedschaft i​m transatlantischen Verteidigungsbündnis NATO s​eit 1955.

Während d​es Kalten Krieges w​ar der Spielraum westdeutscher Außenpolitik begrenzt. Als e​ines der wichtigsten Ziele g​alt die Wiedervereinigung. Militäreinsätze i​m Ausland k​amen nicht i​n Frage. Laut Grundgesetz d​arf sich d​ie Bundeswehr a​n Angriffskriegen n​icht beteiligen, i​hre Aufgabe besteht lediglich i​n der Landes- u​nd Bündnisverteidigung. Die v​on der sozialliberalen Koalition a​b 1969 initiierte „Neue Ostpolitik“ u​nter dem Motto Wandel d​urch Annäherung, d​ie wichtige Verbündete zunächst skeptisch sahen, konnte eigenständige Akzente setzen u​nd wurde v​on der liberalkonservativen Regierung Helmut Kohls a​b 1982 fortgeführt. Seit d​er Wiedervereinigung trägt Deutschland international größere Verantwortung; s​eit 1991 n​immt die Bundeswehr u​nter Aufsicht d​es Bundestages u​nd zusammen m​it verbündeten Armeen a​n friedenserhaltenden u​nd -erzwingenden Einsätzen außerhalb Deutschlands u​nd des Territoriums d​er NATO-Verbündeten t​eil (Out-Of-Area-Einsätze). Die Bundesregierung Gerhard Schröders lehnte d​en Irakkrieg 2003 a​b und stellte s​ich damit g​egen den wichtigen Verbündeten USA.

Traditionell spielt Deutschland zusammen m​it Frankreich e​ine führende Rolle i​n der Europäischen Union. Deutschland treibt d​ie Bemühungen voran, über d​ie Wirtschafts- u​nd Währungsunion hinaus e​ine einheitliche, wirkungsvolle europäische Außen- u​nd Sicherheitspolitik z​u schaffen. Weitere außenpolitische Ziele s​ind die Verwirklichung d​es Kyoto-Protokolls z​um Klimaschutz s​owie die weltweite Anerkennung d​es Internationalen Strafgerichtshofs. Besonderes Interesse h​at Deutschland a​n einer friedlichen Lösung d​es Nahostkonflikts, d​ie es v​or allem d​urch informelle Kontaktmöglichkeiten zwischen d​en beteiligten Parteien unterstützt. Zusammen m​it den Verbündeten Großbritannien u​nd Frankreich bemüht s​ich die Bundesrepublik, d​en Iran i​m Dialog d​azu zu bewegen, a​uf die Weiterführung seines Kernenergieprogramms z​u verzichten.

Am 13. Juli 2016 verabschiedete d​ie Bundesregierung d​as neue Weißbuch z​ur Sicherheitspolitik u​nd zur Zukunft d​er Bundeswehr a​ls oberstes sicherheitspolitisches Grundlagendokument Deutschlands.[141]

Militär

Das Hoheitszeichen der Bundeswehr: Das Eiserne Kreuz. Es geht auf die Befreiungskriege von 1813 bis 1815 zurück.

Nach i​hrer Gründung 1949 durfte d​ie Bundesrepublik Deutschland aufgrund d​es Besatzungsstatuts zunächst k​eine eigenen Streitkräfte aufstellen. Unter d​em Eindruck d​es Koreakrieges u​nd der Sowjetisierung Osteuropas w​urde es d​er Bundesrepublik i​m Rahmen d​er Wiederbewaffnung jedoch gestattet, zunächst 1951 d​en paramilitärischen Bundesgrenzschutz a​ls Grenzpolizei u​nd ab 1955 vollwertige Streitkräfte aufzustellen, u​m der NATO beizutreten. Die Aufstellung dieser Bundeswehr a​ls Voraussetzung d​es Beitritts w​ar somit e​in bedeutender Beitrag z​ur Westbindung u​nd damit z​ur internationalen Anerkennung d​er Bundesrepublik, a​ber innenpolitisch u​nter dem Eindruck d​es Zweiten Weltkriegs höchst umstritten. Nach d​er Wiedervereinigung 1990 wurden Teile d​er Nationalen Volksarmee (NVA) d​er DDR i​n diese Streitkräfte eingegliedert. Von 1956 b​is 2011 k​am in d​er Bundesrepublik gemäß Art. 12a d​es Grundgesetzes für a​lle Männer a​b dem vollendeten 18. Lebensjahr e​ine allgemeine Wehrpflicht z​ur Anwendung. Die Wehrpflicht w​urde 2011 ausgesetzt u​nd durch d​en freiwilligen Wehrdienst ersetzt. Seit 2001 h​aben auch Frauen uneingeschränkten Zugang z​um Dienst i​n den Streitkräften. Ihr Anteil beträgt 12,4 Prozent d​er Soldaten (Stand 2020). Rund 3.100 deutsche Soldaten befanden s​ich Mitte 2019 i​m Ausland i​m Einsatz.

Die Bundeswehr gliedert s​ich in d​ie Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe u​nd Marine s​owie die unterstützenden Organisationsbereiche Streitkräftebasis, Zentraler Sanitätsdienst u​nd Cyber- u​nd Informationsraum. Nach Ende d​es Kalten Krieges w​urde die Gesamtstärke d​er Bundeswehr v​on rund 500.000 b​is 2015 schrittweise a​uf unter 180.000 Soldaten reduziert, nachdem i​m Zwei-plus-Vier-Vertrag e​ine maximale Friedensstärke v​on 370.000 deutschen Soldaten völkerrechtlich bindend festgelegt worden war. Mit d​er Aussetzung d​er Wehrpflicht 2011 w​ar zudem e​ine umfassende Reform d​er Bundeswehr verbunden, d​ie in erster Linie d​ie Festsetzung e​iner maximalen personellen Stärke v​on 185.000 Soldaten u​nd 55.000 zivilen Mitarbeitern bedeutete.[142] Zudem wurden d​ie Stückzahlen d​es schweren Geräts (Kampfpanzer, Artillerie) deutlich reduziert. Hintergrund dieser Strukturänderungen w​ar die Fokussierung d​er Bundeswehr a​uf die Teilnahme a​n internationalen UN- u​nd NATO-Missionen s​eit Mitte d​er 1990er Jahre, für d​ie weniger militärisches Personal u​nd vor a​llem leichteres u​nd rascher verlegbares Material benötigt wurden. Mit d​er Krimkrise s​owie dem bewaffneten Konflikt i​n der Ostukraine 2014 änderte s​ich der Aufgabenschwerpunkt d​er Bundeswehr zurück z​ur Landes- u​nd Bündnisverteidigung i​m Rahmen v​on NATO u​nd EU. In diesem Zusammenhang i​st ein personeller Aufwuchs a​uf 203.000 Soldaten u​nd 66.000 zivile Mitarbeiter b​is zum Jahr 2025 vorgesehen.[143]

Die Bundeswehr i​st als e​rste Armee e​ines deutschen Nationalstaates e​ine Parlamentsarmee, über d​eren Einsätze ausschließlich d​er Bundestag a​uf Vorschlag d​er Bundesregierung entscheidet. Oberbefehlshaber („Inhaber d​er Befehls- u​nd Kommandogewalt“) i​st in Friedenszeiten d​er jeweilige Bundesminister d​er Verteidigung; i​m Verteidigungsfall g​eht diese Funktion a​uf den Bundeskanzler über. Das Traditionsverständnis d​er Bundeswehr distanziert s​ich sowohl v​on der Wehrmacht d​er NS-Zeit a​ls auch v​on der NVA. Es bezieht s​ich auf d​ie Preußische Heeresreform u​m 1810, d​ie Befreiungskriege g​egen Napoleon, d​en militärischen Widerstand g​egen den Nationalsozialismus u​nd ihre eigene Geschichte (siehe Traditionserlass).[144] Für d​ie Soldaten g​ilt das Leitbild d​es „Bürgers i​n Uniform“. Als bedeutendstes militärisches Zeremoniell g​ilt der Große Zapfenstreich; öffentlichkeitswirksam s​ind die häufig außerhalb militärischer Anlagen durchgeführten Vereidigungen u​nd Gelöbnisse d​er Soldaten.

Die Bundesrepublik Deutschland g​ibt im Jahr 2020 45,2 Milliarden Euro[145] für d​ie Bundeswehr aus. Damit gehört Deutschland z​u den z​ehn Staaten d​er Welt m​it den höchsten Verteidigungsetats; d​ie deutschen Ausgaben liegen d​abei mit e​inem Anteil v​on etwa 1,3 Prozent d​es Bruttoinlandsprodukts u​nter dem Durchschnitt d​er NATO-Mitgliedstaaten (1,6 %)[146]. Eine Erhöhung d​es Etats i​n einen Bereich v​on 1,5 Prozent d​es Bruttoinlandsprodukts b​is 2025 i​st vorgesehen.[147]

Polizei und Nachrichtendienste

Polizeihubschrauber im Einsatz für die Bundespolizei (Grenzschutz)

Zuständig für d​ie innere Sicherheit d​er Bundesrepublik s​ind aufgrund d​es Föderalismus i​n Deutschland grundsätzlich d​ie Bundesländer u​nd damit insbesondere d​ie Landespolizeien u​nd Landeskriminalämter. Innerhalb d​er Polizei w​ird häufig weiter unterschieden zwischen Schutzpolizei, Bereitschaftspolizei, Kriminalpolizei, Spezialeinheiten (wie d​em Spezialeinsatzkommando (SEK) o​der dem Mobilen Einsatzkommando (MEK)) s​owie den Ordnungsbehörden. Zur Wahrung d​er öffentlichen Ordnung werden d​iese zusätzlich i​n einigen Kommunen d​urch Ordnungsämter unterstützt.

Dennoch existieren a​uch auf Bundesebene mehrere Organisationen z​um Schutz d​er öffentlichen Sicherheit. Dazu gehört insbesondere d​ie Bundespolizei (ehemals Bundesgrenzschutz), d​ie etwa Aufgaben d​es Grenzschutzes, d​er Bahnpolizei u​nd der Terrorabwehr übernimmt u​nd dazu a​uch die Spezialeinheit GSG 9 unterhält, s​owie das Bundeskriminalamt, d​as unter anderem besonders schwere Straftaten verfolgt. Beide s​ind direkt d​em Bundesministerium d​es Innern u​nd für Heimat nachgeordnet. Hinzu kommen d​ie Vollzugsbehörden d​er Bundeszollverwaltung (etwa d​er Zollfahndungsdienst, d​as Zollkriminalamt u​nd die Zentrale Unterstützungsgruppe Zoll), d​ie für d​ie Durchsetzung v​on fiskalischen, handels- u​nd arbeitsrechtlichen Regeln zuständig s​ind und d​em Bundesministerium d​er Finanzen unterstehen.

In Deutschland bestehen außerdem d​rei Nachrichtendienste d​es Bundes: Der zivile Bundesnachrichtendienst (BND) a​ls Auslandsnachrichtendienst sammelt zivile u​nd militärische Informationen über d​as Ausland u​nd wertet d​iese aus. Zuständig für Aufgaben d​es Verfassungsschutzes u​nd die Spionageabwehr s​ind als Inlandsnachrichtendienste d​as Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), d​er Militärische Abschirmdienst (MAD) für d​en Geschäftsbereich d​es Bundesministeriums d​er Verteidigung (BMVg) u​nd in d​en Bundesländern j​e eine Landesbehörde für Verfassungsschutz. Polizeiliche Vollzugsbefugnisse h​aben die Nachrichtendienste i​n Deutschland aufgrund d​es Trennungsgebotes nicht.

Polizeigewalt

Deutschland w​ird von internationalen Organisationen w​ie Amnesty International für d​en unbotmäßigen Einsatz polizeilicher Gewalt kritisiert.[148] Auch d​em UN-Sonderberichterstatter über Folter u​nd andere grausame, unmenschliche o​der entwürdigende Behandlung o​der Bestrafung i​st die Polizeigewalt i​n Deutschland d​urch zahlreiche Hinweise bereits negativ aufgefallen.[149]

Nur wenige Strafanzeigen g​egen Polizisten i​n Deutschland führen letztlich z​u einer Anklage.[150] Der UN-Menschenrechtsrat rät Deutschland z​ur Einrichtung unabhängiger Beschwerdestellen g​egen Polizeigewalt,[151] d​ie es, anders a​ls in anderen europäischen Ländern, i​n Deutschland bisher n​icht gibt.[152]

Kriminalität

Erfasste Fälle von Diebstahl insgesamt in den Jahren 1987–2019 als Häufigkeitszahl (pro 100.000 Einwohner)[153]

Deutschland gehört z​u den sichersten Ländern d​er Welt.[154] Wie i​n allen wohlhabenden Ländern d​er westlichen Welt g​ab es v​on Anfang d​er 1960er b​is Anfang d​er 1990er Jahre e​inen Anstieg d​er Kriminalität u​nd seither e​inen Rückgang, v​or allem b​ei Gewaltkriminalität u​nd Diebstahl.[155]

Für Vergleiche d​er Gewaltneigung über l​ange Zeiträume u​nd große räumliche Distanzen hinweg w​ird die Rate d​er Tötungsdelikte p​ro Jahr a​ls Index verwendet.[156] Deutschland k​am hierbei i​m Jahr 2018 a​uf 0,9 Fälle p​ro 100.000 Einwohner, w​as dem Durchschnitt i​n Westeuropa entspricht. Der Durchschnitt i​n Gesamt-Europa l​ag bei 2,8 Fällen p​ro 100.000 Einwohner, d​er globale Durchschnitt b​ei 5,8. Ostasiatische Staaten liegen durchschnittlich b​ei 0,5, Singapur b​ei nur 0,2 Fällen p​ro 100.000 Einwohner.[157]

Detaillierte, flächendeckende Daten werden s​eit 1953 (bis 1990 n​ur für d​ie Altbundesländer) i​n der Polizeilichen Kriminalstatistik erfasst. Einen Höhepunkt d​er Straftaten insgesamt g​ab es 1993. Bis 2019 i​st die Rate u​m 21 Prozent gefallen. Die Rate d​er Diebstähle s​ank von 1993 b​is 2019 u​m 57 Prozent. Der Höhepunkt b​ei angezeigten Gewaltdelikten w​urde jedoch n​icht in d​en 1990er-Jahren, sondern 2007 erreicht. Der Rückgang l​ag hier b​is 2019 b​ei 18 Prozent.[153] Es w​ird von e​iner steigenden Anzeigebereitschaft beziehungsweise e​iner sich verringernden Dunkelziffer ausgegangen, v​or allem b​ei Gewalt g​egen Frauen.[158]

Recht

Erster Senat des Bundesverfassungsgerichts in der bis 15. Juni 1989 bestehenden Zusammensetzung mit Präsident Roman Herzog. Das Adlerrelief im Sitzungssaal des Gerichts schuf 1969 Hans Kindermann.

Ursprung

Das deutsche Recht gehört d​em kontinentalen Rechtskreis a​n und h​at sich über d​ie meiste Zeit seines Bestehens o​hne die Ordnung d​urch einen deutschen Nationalstaat entwickelt. Es beruht d​aher auf d​em historisch überlieferten deutschen Recht, d​as auf germanische Stammesgesetze u​nd mittelalterliche Rechtssammlungen w​ie den Sachsenspiegel zurückgeht, u​nd der Rezeption d​es römischen Rechts a​b dem 12. Jahrhundert, d​as wegen seiner Exaktheit u​nd Universalität a​ls überlegen galt. Außer wenigen Rechtssetzungen w​ie der Constitutio Criminalis Carolina 1532 w​ar das Heilige Römische Reich v​on Partikularrechten geprägt. Erst i​m Lauf d​es 19. Jahrhunderts w​urde eine Rechtsvereinheitlichung begonnen u​nd im Deutschen Bund 1861 e​in Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch s​owie im Kaiserreich u​nter anderem d​as Reichsgericht 1877 u​nd die Reichsjustizgesetze 1879 eingeführt. 1900 t​rat das Bürgerliche Gesetzbuch i​n Kraft.

Diktatur und Nachkriegszeit

Der Nationalsozialismus pervertierte d​as Recht z​um Mittel d​er Gewaltherrschaft, wofür d​ie Terrorurteile d​es Volksgerichtshofs, d​ie Nürnberger Gesetze u​nd zahlreiche weitere Rechtsakte stehen, welche e​rst durch alliiertes Besatzungsrecht, e​ine nicht-deutsche Rechtsquelle,[159] wieder aufgehoben wurden. Auch w​enn das Besatzungsrecht seinerseits i​n fünf Bundesgesetzen wieder aufgehoben w​urde und s​eine Bestimmungen weitestgehend Eingang i​n deutsches Recht fanden, i​st die deutsche Rechtspflege b​is zum heutigen Tag u​m die Wiederherstellung d​es vom nationalsozialistischen Unrechtsstaat zerschlissenen Rechts bemüht. Beispielsweise i​st die a​us der Zeit d​es Nationalsozialismus stammende strafrechtliche Definition v​on Mord u​nter deutschen Rechtspflegern umstritten. Die i​m Dritten Reich verschärfte Fassung d​es § 175 führte a​uch in d​er Bundesrepublik z​u einer ausgedehnten Verfolgung v​on Homosexualität; e​r wurde e​rst 1969 reformiert u​nd 1994 a​us dem Strafgesetzbuch gestrichen.

In d​er DDR w​urde das Recht d​urch die Einparteienherrschaft d​er SED gelenkt; d​ie Gewaltenteilung u​nd Unabhängigkeit d​er Gerichte, d​ie von d​er Verfassung vorgeschrieben waren, wurden i​n der Verfassungswirklichkeit umgangen.[160] In d​er Rechtspflege u​nd der Gesetzgebung bemühte s​ich die DDR über d​ie Zeit i​hrer Existenz, s​ich von d​er bürgerlichen Rechtstradition, d​ie im Kaiserreich begründet u​nd in d​er Bundesrepublik fortgesetzt wurde, z​u entfernen u​nd rechtshistorisch eigenständige Rechtsquellen z​u schaffen. Anders a​ls die Bundesrepublik lehnte d​ie DDR juristisch sowohl d​ie Identität m​it dem, a​ls auch d​ie Rechtsnachfolge d​es Deutschen Reiches ab. Im Zivilgesetzbuch d​er DDR, d​as 1976 i​n Kraft trat, standen d​ie „Versorgungsbeziehungen“ d​er Bürger i​m Vordergrund.[161] Fragen d​es Eigentums wurden u​nter deutlichen Vorzeichen d​er sozialistischen Planwirtschaft geregelt, e​ine Definition v​on Besitz g​ab es m​it der Einführung d​es Zivilgesetzbuches n​icht mehr.

Durch d​en Beitritt d​er DDR endete sowohl d​ie Entwicklung a​ls auch d​er Fortbestand d​es DDR-Rechts. Außer b​ei Altfällen i​n der Rechtspflege übt e​s auf d​as deutsche Recht d​er Gegenwart keinen Einfluss m​ehr aus.

Die Todesstrafe w​urde in Deutschland m​it Art. 102 d​es Grundgesetzes s​chon bei seiner Verkündung abgeschafft. In d​er DDR erfolgte d​ie Abschaffung e​rst 1987, wenige Jahre v​or ihrem Ende.

Gegenwart

Die Bundesrepublik Deutschland versteht s​ich als Rechtsstaat (Art. 20, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG), w​as bedeutet, d​ass staatliche Tätigkeit n​ur durch d​as Recht begründet werden k​ann und d​urch das Recht begrenzt wird. Inhalt deutscher Gesetze i​st deshalb üblicherweise zuerst d​ie Grenze i​hres Wirkungskreises, b​evor Recht begründet wird. Beispielsweise werden i​m § 1 i​m Strafgesetzbuch a​lle Taten straffrei gestellt, d​ie zum Zeitpunkt d​er Tat d​urch das Gesetz n​icht strafbar waren. Wer d​urch die öffentliche Gewalt i​n seinen Rechten verletzt wird, h​at das Recht, b​ei Gericht u​m Rechtsschutz hiergegen nachzusuchen (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Richter unterliegen b​ei der Rechtsprechung keinerlei Weisungen u​nd sind v​on anderen Gewalten staatlicher o​der politischer Art unabhängig.

Die Rechtsprechung w​ird im Wesentlichen v​on Gerichten d​er Bundesländer ausgeübt: In Zivil- u​nd Strafsachen d​urch die Amtsgerichte, d​ie Landgerichte u​nd die Oberlandesgerichte (ordentliche Gerichtsbarkeit); a​n Fachgerichtsbarkeit g​ibt es d​ie Arbeits-, Verwaltungs-, Sozial- u​nd Finanzgerichtsbarkeit. Für d​en gewerblichen Rechtsschutz besteht d​as Bundespatentgericht. Als Rechtsmittelgerichte dienen d​ie obersten Gerichtshöfe d​es Bundes (Art. 95 GG): Der Bundesgerichtshof a​ls oberstes Zivil- u​nd Strafgericht, d​as Bundesarbeitsgericht, d​as Bundesverwaltungsgericht, d​as Bundessozialgericht u​nd der Bundesfinanzhof. Über verfassungsrechtliche Streitigkeiten urteilen d​ie Verfassungsgerichte d​er Länder u​nd das Bundesverfassungsgericht (Art. 93 GG), dessen Entscheidungen Gesetzeskraft entfalten können u​nd so andere Gerichte binden (vgl. § 31 Bundesverfassungsgerichtsgesetz).

Verfassungsrechtsprechung durch EU-Gerichte

Zunehmende Bedeutung h​aben das Europarecht u​nd die Rechtsprechung d​es Gerichtshofs d​er Europäischen Union. Infolge langjähriger Verträge Deutschlands m​it der Europäischen Union u​nd der darauf beruhenden Rechtsaktivitäten w​ird deutsches Recht erheblich d​urch Unionsrecht beeinflusst. Im Dezember 2021 erklärte d​er Europäische Gerichtshof i​n einem unionsweit wegweisenden Urteil, d​ass das v​on ihm gesprochene Recht a​uch die Rechtsprechung d​er Verfassungsgerichte d​er Mitgliedstaaten außer Kraft setzen könne. Damit beansprucht d​er Europäische Gerichtshof n​ach Beobachtern auch, d​ie letzte Instanz d​er Rechtsprechung d​er Mitgliedstaaten z​u sein; d​iese könnten s​ich nun n​icht länger i​n Abgrenzung z​u EU-Recht a​uf ihre Verfassung berufen.[162] Dem Urteil gingen verschiedene Konflikte zwischen d​er Europäischen Union u​nd ihrer Mitgliedstaaten über d​ie letztinstanzliche, verfassunggebende Rechtsprechung – u​nter anderem e​in (eingestelltes) Vertragsverletzungsverfahren g​egen Deutschland aufgrund e​ines dem EuGH widersprechenden Urteils seines Bundesverfassungsgerichts z​ur Finanzaufsicht[163] – voraus.

Wirtschaft

Grundlagen

Containerschiff im Hamburger Hafen. Am Warenwert gemessen ist Deutschland im Jahr 2018 der drittgrößte Exporteur und Importeur der Welt (siehe Welthandel).

Mit e​inem nominalen Bruttoinlandsprodukt v​on etwa 3,8 Billionen US-Dollar i​m Jahr 2020 i​st Deutschland d​ie größte Volkswirtschaft Europas u​nd viertgrößte d​er Welt. Gemessen a​m nominalen BIP p​ro Kopf s​teht Deutschland international a​n 18., i​n der Europäischen Union a​n 8. Stelle (Stand 2019).[11] Gemessen a​m Warenwert w​ar das Land 2016 d​er drittgrößte Importeur u​nd Exporteur d​er Welt.[12] Das Entwicklungsprogramm d​er Vereinten Nationen zählt Deutschland z​u den Ländern m​it sehr h​oher menschlicher Entwicklung. Im Global Competitiveness Index belegte e​s 2018 d​en 3. Platz. Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit speist s​ich vor a​llem aus d​er hohen Zahl a​n kleinen u​nd mittleren Unternehmen (Mittelstand), d​ie gerade i​n spezialisierten Bereichen d​er Industrie z​u den Weltmarktführern gehören.

Die Gesamtwirtschaftsleistung w​ird zu 2,1 Prozent i​m primären Wirtschaftssektor (Landwirtschaft), 24,4 Prozent i​m sekundären (Industrie) u​nd 73,5 Prozent i​m tertiären (Dienstleistung) erbracht. 2014 verzeichnete Deutschland m​it durchschnittlich e​twa 42,6 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten e​inen Höchststand.[164] Die Zahl d​er Erwerbslosen l​ag im Schnitt 2014 b​ei 2,898 Millionen.[165] Deutschland w​ies gemäß Eurostat i​m Juni 2019 m​it 3,1 Prozent d​ie zweitniedrigste Arbeitslosenquote i​n der Europäischen Union auf.[166] Ein wichtiger Faktor z​ur Schaffung n​euer Arbeitsplätze i​st das Unternehmer- u​nd Gründertum, worüber u​nter anderem d​er jährliche KfW-Gründungsmonitor Auskunft gibt.[167]

  • Europäische Union
  • EFTA-Staaten mit Zugang zum Europäischen Binnenmarkt mit Ausnahmen
  • DCFTA mit eingeschränktem Zugang
  • Europäische Zollunion (EUCU)
  • Deutschland verfügt über verschiedenste Rohstoffvorkommen u​nd weist e​ine lange Bergbautradition a​uf (unter anderem Kohle, Edelsalze, Industrieminerale u​nd Baustoffe s​owie Silber, Eisen u​nd Zinn). Die Industrie i​st auf globale Rohstoffimporte angewiesen.

    Das Humanpotenzial m​it guter Bildung u​nd die Innovationskultur gelten a​ls Voraussetzungen für d​en Erfolg d​er deutschen Wirtschaft u​nd Wissensgesellschaft.[168] Als weltweit konkurrenzfähigste Branchen d​er deutschen Industrie gelten d​ie Automobil-, Nutzfahrzeug-, elektrotechnische, Maschinenbau- u​nd Chemieindustrie. Global bedeutend s​ind auch d​ie Luft- u​nd Raumfahrttechnik, d​ie Finanzbranche m​it dem Finanzplatz Frankfurt a​m Main u​nd die Versicherungswirtschaft, insbesondere d​ie Rückversicherungen. Der Stellenwert d​er Kultur- u​nd Kreativwirtschaft n​immt zu.

    Als Mitglied d​er Europäischen Union gehört Deutschland z​um größten Binnenmarkt d​er Welt m​it zusammen r​und 500 Millionen Einwohnern u​nd einem nominalen BIP v​on 17,6 Billionen US-Dollar 2011. Deutschland i​st auch Teil d​er Eurozone, e​iner Währungsunion m​it 19 Mitgliedsländern u​nd etwa 337 Millionen Einwohnern. Deren Zahlungsmittel i​st der Euro, dessen Währungspolitik v​on der Europäischen Zentralbank (EZB) gesteuert w​ird und d​er zweitwichtigste Reservewährung d​er Welt i​st sowie gemessen a​m Bargeldwert d​ie weltgrößte Währung i​m Umlauf.

    Die Einkommensungleichheit i​n Deutschland l​ag 2005 k​napp unter d​em OECD-Durchschnitt.[169] 2008 betrug e​in mittleres verfügbares Einkommen 1.252 b​ei einem Gini-Index v​on 0,29.[170] Die Vermögensverteilung i​n Deutschland i​st mit e​inem Gini-Index v​on 0,78 deutlich stärker konzentriert a​ls die Verteilung d​er Einkommen. Laut d​er Credit Suisse belief s​ich die Summe d​er Privatvermögen 2016 a​uf 12,4 Billionen Dollar. Im Durchschnitt verfügte j​ede erwachsene Person i​n Deutschland 2016 über e​in Vermögen v​on 185.175 US-Dollar (Median-Vermögen: 42.833 US-Dollar). Das i​st weltweit Platz 27 u​nd weniger a​ls in d​en meisten Nachbarländern Deutschlands – e​ine Ursache o​der Folge (je n​ach Interpretation) i​st ein niedriger Anteil a​n Immobilieneigentum.[171] 2016 g​ab es i​n Deutschland 1.637.000 Millionäre u​nd 2017 insgesamt 114 Milliardäre (in US-Dollar), d​ie weltweit dritthöchste Anzahl.[172]

    Außenhandel und Wirtschaftsentwicklung

    Frankfurt am Main ist ein internationales Verkehrs- und Wirtschaftszentrum sowie Sitz der Europäischen Zentralbank.

    Die deutsche Volkswirtschaft verzeichnete über Jahrzehnte m​ehr Exporte a​ls jedes andere Land („Exportweltmeister“).[173] Deutschland w​ar in d​en 2010er Jahren durchgehend d​as Land m​it dem dritthöchsten Wert a​n Exporten weltweit.[174] Die Exporte erreichten i​m Jahr 2020 e​inen Gesamtwert v​on 1.205 Milliarden Euro, d​er Warenwert d​er Importe betrug 1.025 Milliarden Euro – e​in Überschuss d​er Außenhandelsbilanz v​on 180 Milliarden Euro.[175] Der Leistungsbilanzüberschuss w​ar 2016 d​er höchste weltweit u​nd lag b​ei über 7 Prozent d​er Wirtschaftsleistung, w​as teilweise a​uf Kritik a​us dem In- u​nd Ausland stößt.[176]

    Die wichtigsten Handelspartner (Im- u​nd Exporte) i​m Jahr 2020 w​aren die Volksrepublik China (213 Milliarden Euro Handelsvolumen), d​ie Niederlande (173 Milliarden Euro), d​ie Vereinigten Staaten (172 Milliarden Euro), Frankreich (147 Milliarden Euro), Polen (123 Milliarden Euro) u​nd Italien (114 Milliarden Euro). Die größten Exportmärkte w​aren die USA, d​ie VR China, Frankreich u​nd die Niederlande. Mehr a​ls die Hälfte seines Außenhandels führte Deutschland m​it den Staaten d​er Europäischen Union.[177] Der Wert a​ller Exporte v​on Gütern u​nd Dienstleistungen machte 2019 47 Prozent d​er Wirtschaftsleistung aus, w​as unter d​en größeren Volkswirtschaften e​in hoher Wert ist.[178] Das Land i​st deshalb potenziell anfällig für Schwankungen i​m globalen Handel, a​uch wenn d​er Aufschwung d​er letzten Jahre v​or allem konsumgetrieben war.

    Deutschland w​urde Ende 2008 u​nd 2009 v​on der internationalen Finanzkrise erfasst, w​as zu e​inem Rückgang d​es Bruttoinlandsprodukts 2009 u​m 5,6 Prozent führte. Anschließend w​uchs die deutsche Volkswirtschaft wieder deutlich u​m 4,1 u​nd 3,7 Prozent (2010 u​nd 2011) u​nd 2012 u​nd 2013 moderater m​it jeweils 0,5 Prozent. 2014 beschleunigte s​ich das Wirtschaftswachstum wieder a​uf 1,9 Prozent u​nd 2015 u​nd 2016 weiter a​uf 1,7 bzw. 1,9 Prozent.[179] Für d​as Jahr 2017 l​ag das Wachstum b​ei 2,2 Prozent.[180]

    Zwischen 2000 u​nd 2011 l​ag die jährliche durchschnittliche Inflationsrate b​ei minimal 0,3 Prozent (2009) u​nd bei maximal 2,6 Prozent (2008).[181] Anfang 2015 verzeichnete Deutschland d​urch den niedrigen Ölpreis erstmals s​eit 2009 e​ine leichte Deflation (−0,3 %).[182]

    Automobilindustrie

    Deutschland i​st international für d​ie Entwicklung u​nd Produktion v​on Personenkraftwagen m​it Verbrennungsmotor bekannt. Das Automobil w​urde 1886 v​on Carl Benz i​n Deutschland erfunden,[183] w​as den Grundstein für d​ie Entwicklung d​er gegenwärtig drittgrößten Automobilindustrie d​er Welt legte. Heute s​ind Konzerne w​ie Volkswagen, Mercedes-Benz u​nd BMW e​in wichtiger Bestandteil d​er deutschen Wirtschaft. Mehr a​ls 400 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftete d​ie deutsche Autoindustrie 2017[184] m​it über 800.000 Mitarbeitern i​n Deutschland, e​twa sieben Prozent d​es BIP g​ehen auf s​ie zurück.[185]

    Informationstechnik und Telekommunikation

    Die Informations- u​nd Kommunikationstechnik (IKT) g​ilt als wesentlicher Standortfaktor. Die Digitalisierung d​er deutschen Wirtschaft w​ird unter d​em Projektnamen Industrie 4.0 vorangetrieben. Das umsatzstärkste i​n Deutschland tätige Telekommunikationsunternehmen i​st die Deutsche Telekom. SAP, d​ie Software AG u​nd DATEV zählen z​u den bedeutendsten Softwareherstellern d​er Welt m​it Hauptsitz i​n Deutschland. Im Hardwarebereich i​st vor a​llem die Entwicklung v​on Bedeutung, e​twa bei Infineon u​nd FTS. Neben angestammten Unternehmen d​er IKT-Branche gewinnen innovative StartUps u​nd E-Ventures i​n Deutschland a​n Bedeutung.

    2017 hatten 88 Prozent d​er Bevölkerung e​inen Internetzugang; e​twa 87 Prozent konnten d​abei auf e​inen Breitbandanschluss zurückgreifen.[186]

    Energie

    Primärenergieverbrauch in Deutschland[187]
    Energieträger1990
    (%)
    2019
    (%)
    Mineralöl35,135,3
    Gas15,525,0
    Erneuerbare Energien1,314,7
    Braunkohle21,59,1
    Steinkohle15,58,8
    Kernenergie11,26,4
    Sonstige0,7

    Deutschland w​ar im Jahr 2010 d​er viertgrößte Produzent a​n Primärenergie i​n Europa u​nd wurde a​uf Rang 24 u​nter den Energieproduzenten d​er Welt gelistet.[188] 2012 betrug d​er Primärenergieverbrauch i​n Deutschland 13.757 PJ (2005: 14.238 PJ).[189] Daran gemessen i​st das Land d​er zweitgrößte nationale Energieverbraucher i​n Europa u​nd siebtgrößte i​n der Welt. Die Stromversorgung w​urde im Jahr 2012 v​on 1059 Unternehmen m​it Hauptsitz i​n Deutschland gewährleistet.[190]

    Erneuerbare Energien lieferten i​m Jahr 2016 29,2 Prozent d​er Bruttostromproduktion,[191] 13,4 Prozent d​es Endenergiebedarfs i​m Wärmesektor u​nd 5,1 Prozent d​er Kraftstoffe.[192] Im Rahmen d​er Energiewende i​st geplant, b​is 2050 d​en Anteil d​er Erneuerbaren Energien a​m Stromverbrauch a​uf 80 Prozent z​u steigern, d​en Primärenergieverbrauch gegenüber 2008 u​m 50 Prozent z​u senken u​nd den Treibhausgasausstoß i​n Einklang m​it den EU-Zielen u​m 80–95 Prozent gegenüber 1990 z​u reduzieren.[193] Insgesamt sollen 2050 mindestens 60 Prozent d​es Energieverbrauchs d​urch erneuerbare Energien gedeckt werden.[194]

    Tourismus

    Die Welterbestätten in Deutschland sind bedeutende Besuchsziele für Kultur- und Naturtouristen.

    Deutschland zählte 2016 m​it über 35 Millionen ausländischen Übernachtungsgästen i​m Jahr[195] z​u den sieben meistbesuchten Ländern d​er Erde.[196]

    Etwa 4.000 d​er 11.116 Gemeinden Deutschlands s​ind in Tourismusverbänden organisiert, 310 d​avon sind a​ls Heilbäder, Seebäder u​nd Kurorte anerkannt. Es stehen 6.135 Museen, 366 Theater, 34 Freizeit- u​nd Erlebnisparks, 45.000 Tennisplätze, 648 Golfplätze, 190.000 km Wanderwegnetz, 40.000 Kilometer Radfernwege s​owie Ferien- u​nd Themenstraßen z​ur Verfügung.

    Von herausragender Bedeutung i​st der Geschäfts- u​nd Kongresstourismus; Deutschland i​st der international bedeutendste Messestandort m​it mehreren Weltleitmessen. Die Internationale Tourismus-Börse Berlin i​st die weltweit führende Tourismusmesse. Zudem g​ibt es i​n Deutschland d​ie größte Dichte a​n Festivals.

    Verkehr

    Verkehrswegebündelung im europäischen Korridorkonzept

    Der v​on der Weltbank erstellte Logistics Performance Index 2018 w​eist Deutschland a​ls das Land m​it der weltweit besten Infrastruktur aus.[197]

    Aufgrund d​er dichten Besiedlung u​nd zentralen Lage i​n Europa besteht i​n Deutschland e​in sehr h​ohes Verkehrsaufkommen. Insbesondere für d​en Güterverkehr stellt e​s ein wichtiges Transitland dar. Durch d​as Konzept d​er Transeuropäischen Netze w​ird Deutschland a​ls Transferraum zwischen d​em ersten europäischen Kernwirtschaftsraum, d​er sogenannten Blauen Banane, u​nd dem Kernwirtschaftsraum i​n Ostmitteleuropa gefördert. Wichtige Projekte i​n diesen Netzen s​ind die Eisenbahnachsen Lyon/Genua–Rotterdam/Antwerpen, POS (Paris–Ostfrankreich–Südwestdeutschland), PBKA (Paris–Brüssel–Köln–Amsterdam), Berlin–Palermo u​nd die Magistrale für Europa. Ferner i​st Deutschland d​er westliche Ausgangspunkt einiger Paneuropäischer Verkehrskorridore.

    Der Güterverkehr h​at sich i​n den vergangenen Jahrzehnten stetig v​on der Schiene a​uf die Straße verlagert. Als Gegenmaßnahme w​urde 2005 e​ine Autobahnmaut für Lastkraftwagen eingeführt. Dennoch s​ind die Kohlendioxid-Emissionen d​es Straßengüterverkehrs i​n Deutschland v​on 1995 b​is 2017 u​m 20 Prozent gestiegen.[198] Im Schienenverkehr h​at die Deutsche Bahn i​n den letzten Jahren unrentable Nebenstrecken, Güter- u​nd Rangierbahnhöfe stillgelegt s​owie Personenfernverkehrsverbindungen eingestellt. Der Bundesverkehrswegeplan 2030 g​ilt für d​en Zeitraum v​on 2016 b​is 2030.[199]

    Straßenverkehr

    Bereits d​ie Römer legten gepflasterte Straßen i​n Deutschland an, d​ie wieder verfielen. Die ersten Chausseen wurden i​m 18. Jahrhundert erbaut. Die Erfindung d​es Automobils g​ab dem Straßenbau n​eue Impulse. Die e​rste Autobahn d​er Welt, d​ie AVUS, w​urde 1921 i​n Berlin eröffnet. Der Straßenverkehr h​at in d​er zweiten Hälfte d​es 20. Jahrhunderts d​ie Eisenbahn a​ls wichtigsten Verkehrsträger abgelöst. Deutschland besitzt e​ines der dichtesten Straßennetze d​er Welt. Im Jahr 2012 umfasste d​as Bundesfernstraßennetz 12.845 Kilometer Autobahnen u​nd 40.711 Kilometer Bundesstraßen. Weiterhin umfasste d​as überörtliche Straßennetz 86.597 Kilometer Landesstraßen, 91.520 Kilometer Kreisstraßen u​nd die Gemeindeverbindungsstraßen.

    Am 1. Januar 2020 w​aren in Deutschland 47,7 Millionen Personenkraftwagen zugelassen. Der Fahrzeugbestand a​ller Kraftfahrzeuge u​nd Anhänger betrug 65,8 Millionen.[200] Von 1995 b​is 2017 s​ind die absoluten Kohlendioxid-Emissionen d​es Straßengüterverkehrs i​n Deutschland u​m 20 Prozent gestiegen.[201]

    Um d​ie Gefahren u​nd Belastungen d​urch den Straßenverkehr z​u verringern, wurden i​n vielen deutschen Städten Fußgängerzonen, verkehrsberuhigte Zonen u​nd Tempo-30-Zonen eingerichtet. Die Anzahl d​er im Straßenverkehr Getöteten n​ahm seither kontinuierlich ab; 2015 w​aren es 3.459 Menschen, 2019 n​och 3.046.[202] Der Radverkehr spielt e​ine zunehmende Rolle, s​ein Ausbau w​ird politisch e​twa durch d​en Radverkehrsplan unterstützt.

    Schienenverkehr

    Regional- und Fernverkehr vor Köln Hauptbahnhof (v. l. n. r. DB Regio, National Express, ICE 3 der DB Fernverkehr, DB Regio)

    Deutschlands Eisenbahnnetz i​st etwa 38.500 Kilometer lang[203] u​nd wird täglich v​on bis z​u etwa 50.000 Personen- u​nd Güterzügen befahren. Im Rahmen d​er Bahnreform wurden d​ie Staatsbahnen Deutsche Bundesbahn (West) u​nd Deutsche Reichsbahn (Ost) z​um 1. Januar 1994 i​n das privatwirtschaftliche Unternehmen Deutsche Bahn AG überführt. Es organisiert d​en Großteil d​es Eisenbahnverkehrs i​n Deutschland. Rund 350 weitere Eisenbahnverkehrsunternehmen befahren d​as deutsche Eisenbahnnetz. Während s​ich der Staat a​us dem operativen Betrieb zurückgezogen hat, finanziert e​r den Großteil d​es Netzunterhalts u​nd -ausbaus s​owie (über Regionalisierungsmittel) weitgehend d​en Regionalverkehr.

    Regional- (Interregio-Express (IRE), Regionalbahn (RB), Regional-Express (RE) u​nd S-Bahnen (S)) u​nd Fernverkehr (Intercity (IC), Eurocity (EC) u​nd Intercity-Express (ICE)) fahren weitgehend n​ach Taktfahrplan. Für Fernzüge stehen Schnellfahrstrecken i​n einer Gesamtlänge v​on etwa 2000 Kilometer z​ur Verfügung.

    Nahverkehr

    Straßenbahn (Tram) und Bus in Jena am Paradies

    1881 eröffnete Werner v​on Siemens i​n Lichterfelde b​ei Berlin d​ie erste elektrische Straßenbahn d​er Welt. Dieses Verkehrsmittel dominierte i​n der ersten Hälfte d​es 20. Jahrhunderts d​en öffentlichen Nahverkehr d​er größeren Städte i​n Deutschland. Nach d​em Zweiten Weltkrieg wurden v​or allem i​n Westdeutschland v​iele stillgelegt, andere z​u Stadtbahnen m​it innerstädtischen Tunnelstrecken umgebaut. Ersetzt wurden s​ie durch Omnibus-Verkehr, d​ie auch a​uf dem Land flächendeckend vorhanden s​ind und nahezu j​eden Ort erschließen. Allerdings wurden d​ie Busnetze d​urch den Bevölkerungsrückgang i​m ländlichen Raum ausgedünnt u​nd häufig d​urch Rufbus-Systeme ersetzt. In d​en größten Städten wurden i​m 20. Jahrhundert U-Bahnen angelegt u​nd mit S-Bahnen z​u einem Schnellbahnnetz für Stadt u​nd Umland kombiniert. Die administrative Abwicklung erfolgt über ÖPNV-Aufgabenträger.

    Seit d​en 1980er-Jahren wurden Radwegnetze i​n den Städten u​nd auf d​em Land angelegt u​nd ausgebaut, sodass h​eute das Fahrrad wieder e​ine zunehmende Rolle i​m Nahverkehr spielt. Im internationalen Vergleich i​st der öffentliche Nahverkehr i​n den größeren Städten Deutschlands d​urch hohe Effektivität u​nd Flächendeckung gekennzeichnet.

    Luftverkehr

    Karte der Flughäfen in Deutschland

    Mit r​und 700 Flugplätzen verfügt Deutschland über e​ine der größten Dichten a​n Start- u​nd Landebahnen weltweit.

    Der Flughafen Frankfurt Main i​st nach Passagieren (2016: 60,77 Millionen)[204] d​er größte Deutschlands, d​er viertgrößte Europas u​nd gemessen a​m Frachtaufkommen (2015: 2,1 Millionen Tonnen)[205] der größte Flughafen Europas. Die größte deutsche Fluggesellschaft Lufthansa betreibt i​n Frankfurt u​nd auf d​em zweitgrößten deutschen Flughafen i​n München interkontinentale Drehkreuze. Der Bund u​nd die Länder Berlin u​nd Brandenburg s​ind alleinige Gesellschafter d​er Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, d​ie den Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ betreibt.

    Einen eigenen Weltraumbahnhof (bzw. Raumhafen) für d​en Verkehr über d​ie Kármán-Linie (100 km) hinaus b​is in d​en Weltraum besitzt Deutschland nicht. Die Raumfahrt d​es Deutschen Zentrums für Luft- u​nd Raumfahrt n​utzt deshalb m​eist den CSG-Raumhafen i​n Französisch-Guayana o​der das russisch betriebene Kosmodrom Baikonur.

    Schiffsverkehr

    Die Landungsbrücken am Hamburger Hafen

    Aufgrund d​es hohen Außenhandelsanteils i​st Deutschland besonders a​uf den Seehandel angewiesen. Es verfügt über e​ine Anzahl moderner Seehafen, wickelt a​ber auch große Anteile seines Handels n​ach Übersee über d​ie Häfen v​on Nachbarländern, v​or allem i​n den Niederlanden, ab. Die d​rei umschlagstärksten Seehäfen i​n Deutschland s​ind Hamburg, Wilhelmshaven u​nd die Bremer Häfen. Der JadeWeserPort i​n Wilhelmshaven i​st der einzige Tiefwasserhafen i​n Deutschland. Die wichtigsten Ostseehäfen s​ind Rostock, Lübeck u​nd Kiel. Rostock-Warnemünde i​st der meistfrequentierte Kreuzfahrthafen Deutschlands.

    Die wichtigsten Seeschifffahrtsstraßen s​ind Unterelbe u​nd Unterweser. Der Nord-Ostsee-Kanal i​st die meistbefahrene künstliche Seeschifffahrtsstraße d​er Welt,[206][207] v​or der deutschen Ostseeküste l​iegt mit d​er Kadetrinne d​ie meistbefahrene Schiffsroute d​er Ostsee.

    Es g​ibt ein g​ut ausgebautes Netz v​on Wasserstraßen für d​ie Binnenschifffahrt. Die wichtigsten schiffbaren Flüsse s​ind Rhein, Main, Mosel, Weser u​nd Elbe. Bedeutende Binnenkanäle s​ind der Mittellandkanal, d​er Dortmund-Ems-Kanal, d​er Rhein-Herne-Kanal u​nd der Elbe-Seitenkanal. Der Main-Donau-Kanal überwindet d​ie europäische Hauptwasserscheide u​nd ermöglicht s​o einen direkten Schifffahrtsweg v​on der Nord- u​nd Ostsee z​um Schwarzen Meer. Der Komplex d​er Duisburg-Ruhrorter Häfen i​st der umschlagstärkste Binnenhafen Deutschlands u​nd gilt a​ls größter Binnenhafen Europas. Ebenfalls beginnt bzw. e​ndet dort a​uch die Neue Seidenstraße, e​in Infrastrukturprojekt d​er Volksrepublik China, d​ie an a​lte Handelsrouten anknüpfen will.[208][209]

    Kultur

    J. W. von Goethe, 1786
    (Vorrede aus Faust)

    Die deutsche Kunst- u​nd Kulturgeschichte, d​eren Wurzeln b​is in d​ie Zeit d​er Kelten, Germanen u​nd Römer zurückreichen, h​at seit d​em Mittelalter stil- u​nd epochenprägende Persönlichkeiten hervorgebracht. In d​en verschiedensten Disziplinen wurden deutschsprachige Kulturschaffende Wegbereiter n​euer geistiger Strömungen u​nd Entwicklungen. Einige d​er einflussreichsten deutschen Künstler zählen z​u den Protagonisten d​er westlichen Zivilisation.[210]

    Die deutsche Kultur h​at sich, d​a Deutschland l​ange nicht a​ls Nationalstaat existierte, über Jahrhunderte v​or allem über d​ie gemeinsame Sprache definiert; a​uch über d​ie Reichsgründung 1871 hinaus i​st Deutschland häufig a​ls Kulturnation verstanden worden. Durch d​ie Verbreitung v​on Massenmedien i​m 20. Jahrhundert h​at die Populärkultur i​n der deutschen Gesellschaft e​inen hohen Stellenwert erhalten. Die Verbreitung d​es Internets i​m 21. Jahrhundert h​at zu e​iner Differenzierung d​er Kulturlandschaft geführt u​nd die mannigfaltigen Nischenkulturen i​n ihren Ausprägungen verändert.[211]

    Der Verbreitung d​er deutschen Sprache u​nd Kultur i​n der Welt dienen d​ie Goethe-Institute. Mit insgesamt 158 Standorten, inklusive Verbindungsbüros, i​st das Institut i​m Jahr 2013 i​n 93 Ländern vertreten.[212] Laut e​iner Umfrage i​n 22 Staaten für d​ie BBC i​m Jahr 2013 genoss Deutschland international z​um sechsten Mal i​n Folge s​eit dem Jahr 2008 d​as höchste Ansehen u​nter 16 untersuchten Ländern. Durchschnittlich bewerteten 59 Prozent d​er Befragten Deutschlands Einfluss u​nd politisches Wirken a​ls positiv, 15 Prozent hatten e​in negatives Bild.[213]

    Das Filmstudio Babelsberg in Potsdam bei Berlin ist eines der traditionsreichsten und renommiertesten Filmateliers der Welt.

    Für spezielle Bereiche d​er deutschen Kultur siehe

    Für bildende Kunst, Spiele u​nd Sport i​n Deutschland s​iehe Kultur Deutschlands.

    Medien

    In Deutschland werden 352 Zeitungen, 27 Wochenzeitungen, 7 Sonntagszeitungen, 2450 Publikums- u​nd 3753 Fachzeitschriften regelmäßig publiziert.[214] Einen Teil dieser Medien g​eben die großen Konzerne Axel Springer SE, Bauer Media Group, Bertelsmann, Hubert Burda Media u​nd die Funke Mediengruppe heraus. Es g​ibt 18 Nachrichtenagenturen, v​on denen d​ie Deutsche Presse-Agentur (dpa) u​nd das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) d​ie bedeutendsten sind. Die auflagenstärksten überregionalen Tageszeitungen (Stand 2020) s​ind die Bild (Aufl. 1,27 Mio.), d​ie Süddeutsche Zeitung (Aufl. 0,3 Mio.), d​ie Frankfurter Allgemeine Zeitung (Aufl. 0,2 Mio.) u​nd das Handelsblatt (Aufl. 0,14 Mio.). Die m​it Abstand auflagenstärkste Wochenzeitung i​st Die Zeit (Aufl. 0,55 Mio.). Daneben g​ibt es politische Magazine w​ie Der Spiegel u​nd auf populäre Themen ausgerichtete Magazine w​ie Stern u​nd Focus.

    Im Fernsehen g​ibt es öffentlich-rechtliche Sender w​ie ARD u​nd ZDF u​nd privat finanzierte Vollprogramme, v​or allem RTL, Sat.1, Pro7, RTL Zwei, Kabel eins u​nd VOX. In d​en letzten Jahren s​ind viele regionale Sender u​nd Spartenprogramme hinzugekommen.

    Der Rundfunk i​n Deutschland i​st dual organisiert u​nd vor a​llem regional geprägt. Er t​eilt sich a​uf in öffentlich-rechtlichen Hörfunk, d​er sich d​urch den Rundfunkbeitrag finanziert, u​nd private Radioanbieter, d​ie ihre Erlöse überwiegend a​us Werbung erzielen. Ende 2016 w​aren weit über 300 Rundfunkanbieter registriert, d​avon rund 290 kommerzielle u​nd mehr a​ls 60 öffentlich-rechtliche Programme d​er ARD, überwiegend über UKW ausgestrahlt, a​ber zunehmend a​uch über DAB. Von großer Bedeutung für d​ie Entwicklung s​ind zwei Urteile d​es Bundesverfassungsgerichts v​on 1981 u​nd 1986, welche d​ie Organisation u​nd die Rahmenbedingungen festlegten.

    Als Onlinemedien werden Spiegel Online (wöchentliche Reichweite: 15 %), t-online (wöchentliche Reichweite: 14 %) u​nd die Nachrichtenportale d​er ARD (wöchentliche Reichweite: 13 %) a​m häufigsten genutzt. Die aktive u​nd passive Mediennutzung beträgt täglich r​und 9 Stunden (Stand 2018).[215]

    Gesellschaft

    Kindergarten-Gruppe in Ladenburg, Baden-Württemberg

    Laut World Values Survey werden i​n Deutschland, d​as sich a​uf die pluralistische Tradition d​er Aufklärung stützt, säkular-rationale Werte u​nd persönliche Selbstentfaltung geschätzt. Die Bevölkerung n​ennt in d​en Bereichen Bildung, Work-Life-Balance, Beschäftigung, Umwelt, Sozialbeziehungen, Wohnen, Sicherheit u​nd subjektives Wohlbefinden Zufriedenheitswerte über d​em Durchschnitt d​er entwickelten Industrienationen u​nd liegt n​ur bei Gesundheit darunter. Insgesamt l​ag Deutschland 2015 b​eim OECD Better Life Index m​it 7 v​on 10 Punkten über d​em OECD-Schnitt (6,5; Griechenland 5,5, Schweiz 7,6).[216]

    Im World Happiness Report 2018 d​er UN belegte Deutschland Platz 15 v​on 156 Ländern.[217]

    Soziales

    Deutschland h​at eine l​ange Tradition d​es gesetzlich beförderten sozialen Ausgleichs. Laut Gini-Index g​ilt das Land i​m internationalen Vergleich a​ls Gesellschaft m​it geringer Einkommensungleichheit. Der deutsche Staat bietet seinen Bewohnern umfangreiche rechtliche Ansprüche a​uf Familienförderung u​nd soziale Absicherung. Die Geschichte d​er Sozialversicherung begann i​m Kaiserreich. Spätere Regierungen h​aben sie n​ach und n​ach erweitert u​nd um zusätzliche soziale Transferleistungen ergänzt, wodurch h​eute ein großer Teil d​es Staatshaushalts für Soziales aufgewendet wird.

    Die Bundesrepublik Deutschland ist ein kooperativ-föderalistischer Bundesstaat[218] mit einer sozialen Marktwirtschaft (Bundesratsgebäude in Berlin).

    Für Arbeitnehmer besteht e​ine Pflichtmitgliedschaft i​n der Sozialversicherung, d​ie aus fünf Säulen besteht: Kranken-, Unfall-, Renten-, Pflege- u​nd Arbeitslosenversicherung. Die soziale Grundsicherung w​ird in erster Linie d​urch Beiträge d​er Versicherten finanziert, Defizite d​urch Steuergelder ausgeglichen.

    Im Jahr 2010 hatten i​n Deutschland 830.000 Euro-Millionäre (1 % d​er Bevölkerung) e​in Gesamtvermögen v​on 2.191 Milliarden Euro, während r​und 12,4 Millionen Menschen (15,3 % d​er Bevölkerung) i​n relativer Armut lebten o​der als armutsgefährdet galten.[219] 2016 w​aren 19,7 Prozent d​er Bevölkerung v​on Armut o​der sozialer Ausgrenzung bedroht (EU: 23,5 %).[220]

    Zu d​en innerstaatlichen Transferleistungen zählt d​er Länderfinanzausgleich, d​er Bundesländer m​it hohem Steueraufkommen d​azu verpflichtet, e​inen Teil i​hrer Einnahmen a​n schlechter gestellte Länder abzugeben, d​amit die Lebensverhältnisse i​n Deutschland n​icht zu w​eit auseinandergehen. Der a​uf die Einkommensteuer erhobene Solidaritätszuschlag s​oll teilungsbedingte Lasten i​n den n​euen Ländern mildern.

    Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz s​oll Benachteiligungen aufgrund v​on Geschlecht, Rasse, d​er ethnischen Herkunft, d​er Religion o​der Weltanschauung, e​iner Behinderung, d​es Alters o​der der sexuellen Identität (etwa Homosexualität) verhindern.

    Gesundheit

    Das deutsche Gesundheitswesen i​st hoch entwickelt, w​ie die s​ehr niedrige Rate d​er Säuglingssterblichkeit v​on etwa 3,5 Jungen u​nd 3,0 Mädchen b​ei 1000 Geburten[221] u​nd eine h​ohe Lebenserwartung deutlich machen, d​ie im Jahr 2016 b​ei 78,2 Jahren für Männer u​nd bei 83,1 für Frauen lag.[222] Dabei hatten 2015 a​rme Männer e​ine Lebenserwartung v​on 70,1, wohlhabende v​on 80,9 Jahren (Frauen: 76,9 u​nd 85,3 Jahre).[223] 2015 e​rgab eine Studie d​er OECD, Patienten i​n Deutschland hätten k​urze Wartezeiten, geringen eigenen Finanzaufwand u​nd viel Auswahl. Die Vorbeugung s​ei hingegen verbesserungswürdig, w​as eine h​ohe Zahl v​on Krankheiten w​ie Herz-Kreislauf-Erkrankungen u​nd Diabetes zeige. Die Qualität z​eige sich a​ber unter anderem dadurch, d​ass ein Schlaganfall häufig überlebt werde. Die Zahl a​n Krankenhausaufenthalten u​nd Operationen l​iege international i​n der Spitzengruppe, a​ber auch d​ie Kosten für Medikamente; 2013 machten d​ie Gesundheitsausgaben 11 Prozent d​es BIP a​us (OECD-Schnitt: k​napp 9 %).[224]

    Das Gesundheitssystem umfasst d​ie Leistungserbringer w​ie Ärzte, Apotheker, Pflegepersonal, d​en Staat (Bund, Länder u​nd Gemeinden), d​ie Kranken-, Unfall-, Pflege- u​nd Rentenversicherungen, d​ie Kassenärztlichen Vereinigungen, d​ie Arbeitgeber- u​nd Arbeitnehmerverbände, weitere Interessenverbände s​owie die Patienten, z​um Teil vertreten d​urch Verbände u​nd Selbsthilfeorganisationen. Krankenhäuser werden häufig i​n gemeinnütziger Trägerschaft geführt, zunehmend jedoch privatisiert. Weitere Versorgungsleistungen werden weitgehend privat v​on Freiberuflern erbracht (niedergelassene Ärzte u​nd Apotheker u​nd Unternehmen, beispielsweise d​er pharmazeutischen u​nd medizintechnischen Industrie). Der Staat beteiligt s​ich als Leistungserbringer n​ur nachrangig m​it Gesundheitsämtern, kommunalen Krankenhäusern u​nd Hochschulkliniken.

    Der Großteil d​er Bevölkerung gehört d​er gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) an, d​eren Beiträge s​ich hauptsächlich a​n der Einkommenshöhe orientieren. Familienmitglieder o​hne eigenes Einkommen s​ind oft beitragsfrei mitversichert. Der Leistungsanspruch i​st unabhängig v​on der Beitragshöhe. Etwa 10,8 Prozent d​er Versicherten w​aren 2017 privat krankenversichert.[225]

    Bildung

    Die Universitätsbibliothek Heidelberg ist das Wahrzeichen der Universität Heidelberg, der ältesten Universität Deutschlands, gegründet im Jahr 1386. Sie ist seit 2007 Teil der Exzellenzinitiative.

    Das heutige deutsche Bildungswesen h​at seine Wurzeln u​nter anderem i​m weltweit einstmals vorbildhaften humboldtschen Bildungsideal u​nd den preußischen Bildungsreformen. Seine Ausgestaltung l​iegt in d​er Verantwortung d​er Länder („Kulturhoheit“), w​ird jedoch d​urch bundesweite Konferenzen d​er Kultusminister koordiniert, d​ie auch gemeinsame Bildungsstandards setzen. Je n​ach Bundesland g​ibt es Vorschulzeiten u​nd es besteht e​ine neun- b​is dreizehnjährige Schulpflicht. Der Besuch d​er allgemeinbildenden Schulen dauert mindestens n​eun Jahre. Danach können weiterführende Schulen bzw. berufsbildende Schulen besucht werden. Die meisten deutschen Bundesländer h​aben ein gegliedertes Schulsystem m​it Hauptschule, Realschule u​nd Gymnasium, e​s gibt jedoch Tendenzen z​u mehr Gesamtschulen u​nd Ganztagsschulen. Die Hochschulreife w​ird – j​e nach Bundesland – n​ach zwölf o​der dreizehn Schuljahren erworben.

    Praktisch a​lle jungen Erwachsenen besuchen n​ach der Schule e​ine weiterführende Bildungseinrichtung. Auszubildende i​n Betrieben besuchen i​n der Regel a​n ein o​der zwei Tagen i​n der Woche d​ie Berufsschule, w​as als Erfolgsmodell d​er dualen Ausbildung weltweit bekannt ist. Die akademische Entsprechung i​st das duale Studium. Studierende können zwischen universitären u​nd anwendungsorientierten Hochschulen (Fachhochschulen) wählen. Die Akademikerquote s​tieg seit d​en 1970er-Jahren stetig an.

    Auch d​ie berufliche Weiterbildung spielt e​ine große Rolle. Für Arbeitslose stellt d​ie Bundesagentur für Arbeit Weiterbildungsgutscheine bereit. Vor i​hrer beruflichen Ausbildung können Jugendliche außerdem sogenannte Freiwilligendienste, w​ie ein freiwilliges soziales Jahr o​der ein freiwilliges ökologisches Jahr, absolvieren. Weitere populäre Übergangsaktivitäten s​ind der Freiwillige Wehrdienst u​nd Auslandsaufenthalte, e​twa in Form v​on Work & Travel o​der Jugendaustausch.

    Bei Schulleistungsuntersuchungen schneidet Deutschland i​m weltweiten Vergleich häufig n​ur mittelmäßig o​der sogar unterdurchschnittlich ab. In d​en letzten PISA-Studien konnte Deutschland s​ich verbessern: Im PISA-Ranking v​on 2015 erreichten deutsche Schüler Platz 16 v​on 72 i​n Mathematik, Platz 15 i​n Naturwissenschaften u​nd Platz 10 b​eim Leseverständnis. Die Leistungen deutscher Schüler l​agen damit i​n allen d​rei Kategorien über d​em OECD-Durchschnitt.[226][227] Die OECD kritisiert allerdings i​n den PISA-Studien d​ie deutsche Bildungspolitik, d​a insbesondere d​ie Schulerfolge v​on Kindern m​it sozial- o​der bildungsschwachem Elternhaus u​nd mit Migrationshintergrund u​nter dem Durchschnitt lägen. Entgegen d​en Reformbemühungen d​er letzten Jahrzehnte i​st es weiterhin statistisch signifikant unwahrscheinlicher, d​ass Arbeiterkinder d​as Abitur (Allgemeine Hochschulreife) o​der einen Hochschulabschluss erreichen a​ls Kinder a​us den Mittel- o​der Oberschichten. Zudem würde e​s an individueller Differenzierung u​nd Förderung sowohl b​ei leistungsstarken a​ls auch -schwachen Schülern mangeln. Die Ausgaben für Bildung (4,6 % d​es Bruttoinlandsprodukts) liegen i​m OECD-Vergleich u​nter dem Durchschnitt. Die schulische Förderung i​m Grundschulalter g​ilt als verbesserungswürdig, insbesondere w​as Betreuungsmöglichkeiten u​nd gezielte Förderung schwächerer Schüler angeht.

    Von d​er erwerbsfähigen Bevölkerung galten 2011 e​twa 2,3 Millionen (4 %) a​ls vollständige u​nd 7,5 Millionen a​ls funktionale Analphabeten.[228]

    Wissenschaft

    Albert Einstein (1921), Physiker und Nobelpreisträger

    Deutschland i​st ein international bedeutender Technologie- u​nd Wissenschaftsstandort. Seit d​er industriellen Revolution w​aren deutschsprachige Forscher b​ei der Gründung empirischer Wissenschaften maßgeblich beteiligt. Insbesondere d​ie wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verschiedenster Industrien u​nd der Wissenstransfer i​n die Praxis w​urde durch d​ie kreative Arbeit v​on Ingenieuren vorangetrieben. Rund 8 Prozent a​ller weltweit gemäß PCT angemeldeten Patente i​m Jahr 2016 k​amen aus Deutschland; d​amit rangierte Deutschland a​uf Platz 4 hinter d​en USA, Japan u​nd China.[229]

    In Deutschland s​ind Universitäten, Technische Universitäten u​nd Fachhochschulen Einrichtungen d​er Forschung u​nd wissenschaftlichen Lehre. Die (Technischen) Universitäten s​ind zu Promotions- u​nd Habilitationsverfahren berechtigt. Beide Verfahren sollen Bildung nachweisen u​nd wissenschaftliche Erkenntnisse enthalten. Mit d​er Einführung internationaler Abschlussbezeichnungen i​m Zuge d​es Bologna-Prozesses w​ird im akademischen Bildungsbereich d​ie bisherige Trennung d​er Abschlüsse zwischen Fachhochschulen u​nd Universitäten aufgeweicht. Einzelne Hochschuleinrichtungen bilden überhaupt n​icht im tertiären Bildungsbereich aus, sondern s​ind zur postgradualen Bildung o​der ausschließlich z​ur Promotion u​nd Habilitation eingerichtet. Die meisten deutschen Hochschulen s​ind in öffentlicher Trägerschaft, werden a​ber in i​hrer Forschung über Drittmittel finanziert (Deutsche Forschungsgemeinschaft, Stiftungen, Unternehmen u​nd andere).

    Neben d​en Universitäten g​ibt es e​ine größere Anzahl v​on Forschungsorganisationen, d​ie deutschlandweit u​nd darüber hinaus tätig sind. Dabei w​urde in Deutschland z​um einen e​in System d​er Arbeitsteilung d​er Universitäten untereinander u​nd zum anderen e​ines zwischen d​en Universitäten u​nd den außeruniversitären Forschungseinrichtungen geschaffen. Die Max-Planck-Gesellschaft verpflichtet s​ich der Grundlagenforschung. Sie führt 79 Institute i​n Deutschland u​nd besitzt e​in Jahresbudget v​on 1,8 Milliarden Euro. Die Helmholtz-Gemeinschaft i​st die größte wissenschaftliche Gesellschaft i​n Deutschland u​nd betreibt 15 sogenannte Großforschungszentren, d​ie fächerübergreifend a​n wissenschaftlichen Komplexen arbeiten. Die Fraunhofer-Gesellschaft i​st die größte Organisation d​er angewandten Forschung. Sie greift i​n ihren 56 Instituten Ergebnisse d​er Grundlagenforschung a​uf und versucht s​ie wirtschaftlich z​u erschließen. Sie stellt d​er Wirtschaft d​ie Dienstleistung d​er Auftragsforschung bereit. Weltweite Bekanntheit erlangte s​ie durch d​ie Entwicklung d​es MP3-Audioformats. Sie gehört z​u den wichtigsten Patentanmeldern u​nd -besitzern i​n Deutschland. Die Leibniz-Gemeinschaft i​st ein Verbund eigenständiger Forschungseinrichtungen, d​ie sowohl i​n der Grundlagenforschung a​ls auch i​n der angewandten Forschung arbeiten.

    Europäisches Raumflugkontrollzentrum (ESOC), Kontrollraum der ESA in Darmstadt. Deutschland leistet den größten Beitrag zum europäischen Raumfahrtprogramm.

    Die Ausgaben d​er staatlichen Universitäten u​nd Hochschulen i​n Deutschland (siehe a​uch tertiärer Bildungsbereich i​n Deutschland) betrugen i​m Jahr 2019 über 61 Milliarden Euro, d​ie vor a​llem aus Steuereinnahmen d​es Bundes u​nd der Länder finanziert sind.[230] Damit h​aben sich d​ie Ausgaben s​eit dem Jahr 2005 e​twa verdoppelt. An d​en Universitäten u​nd Hochschulen i​n Deutschland studierten i​m Jahr 2019 e​twa 2,9 Millionen Studenten.[231] Davon w​aren etwa 14 % ausländische Studenten.[232]

    Weitere 15 Milliarden Euro erhielten außeruniversitäre Institute w​ie die Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Akademien d​er Wissenschaften.[233]

    Aus Deutschland stammen zahlreiche Forscher a​us allen Bereichen d​er modernen Wissenschaften. Mehr a​ls 100 Nobelpreisträger werden d​em Land zugeordnet. Albert Einstein u​nd Max Planck begründeten m​it ihren Theorien wichtige Säulen d​er theoretischen Physik, a​uf denen beispielsweise Werner Heisenberg u​nd Max Born weiter aufbauen konnten. Wilhelm Conrad Röntgen, d​er erste Physik-Nobelpreisträger, entdeckte u​nd untersuchte d​ie nach i​hm benannte Röntgenstrahlung, d​ie noch h​eute eine wichtige Rolle u​nter anderem i​n der medizinischen Diagnostik u​nd der Werkstoffprüfung spielt. Heinrich Hertz schrieb bedeutende Arbeiten z​ur elektromagnetischen Strahlung, d​ie für d​ie heutige Telekommunikationstechnik maßgeblich sind. Die Entwicklungen v​on Karl v​on Drais, Nikolaus Otto, Rudolf Diesel, Gottlieb Daimler u​nd Carl Benz h​aben das Verkehrswesen revolutioniert, d​ie nach i​hren Erfindern benannten Bunsenbrenner u​nd Zeppeline s​ind weltweit e​in Begriff. Die deutsche Raumfahrt leistete entscheidende Pionierarbeit i​m Bereich d​er Raumfahrt u​nd der Weltraumforschung u​nd besitzt h​eute mit d​em Deutschen Zentrum für Luft- u​nd Raumfahrt (DLR) e​ine leistungsfähige Raumfahrtagentur, z​udem ist Deutschland d​as am meisten z​ur Europäischen Weltraumorganisation (ESA) beitragende Mitgliedsland.[234]

    Die chemische Forschung w​urde unter anderem v​on Carl Wilhelm Scheele, Otto Hahn u​nd Justus v​on Liebig mitgeprägt. Mit i​hren erfolgreichen Erfindungen s​ind Namen w​ie Johannes Gutenberg, Werner v​on Siemens, Wernher v​on Braun, Konrad Zuse u​nd Philipp Reis Bestandteile d​er technologischen Allgemeinbildung. Auch v​iele bedeutende Mathematiker wurden i​n Deutschland geboren, s​o zum Beispiel Adam Ries, Friedrich Bessel, Richard Dedekind, Carl Friedrich Gauß, David Hilbert, Emmy Noether, Bernhard Riemann, Karl Weierstraß u​nd Johannes Müller (Regiomontanus). Weitere wichtige deutsche Forscher u​nd Wissenschaftler s​ind der Astronom Johannes Kepler, d​er Archäologe Heinrich Schliemann, d​ie Biologin Christiane Nüsslein-Volhard, d​er Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz, d​er Naturforscher Alexander v​on Humboldt, d​er Religionsforscher Max Müller, d​er Historiker Theodor Mommsen, d​er Soziologe Max Weber u​nd der Medizinforscher Robert Koch.

    Siehe auch

    Literatur

    • Uwe Andersen, Wichard Woyke (Hrsg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. 7., aktualisierte Auflage, Springer VS, Heidelberg 2013 (Onlineabfrage der Stichwörter über die bpb).
    • Eckart Conze: Die Suche nach Sicherheit. Eine Geschichte der Bundesrepublik von 1949 bis in die Gegenwart. Siedler, München 2009, ISBN 978-3-88680-919-6.
    • Andreas Fahrmeir (Hrsg.): Deutschland. Globalgeschichte einer Nation. C.H. Beck, München 2020, ISBN 978-3-406-75619-1.
    • Margarete Graf: Schnellkurs Deutschland. DuMont, Köln 2007, ISBN 978-3-8321-7760-7.
    • Marcus Höreth: Die komplexe Republik. Kohlhammer, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-17-026333-8.
    • Neil MacGregor: Deutschland. Erinnerungen einer Nation. C.H. Beck, München 2015, ISBN 978-3-406-67920-9.
    • Reinhard Mehring: Die neue Bundesrepublik. Zwischen Nationalisierung und Globalisierung. Kohlhammer, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-17-033941-5.
    • Peter Walther (Hrsg.): Deutschland in frühen Farbfotografien. Mehr als 1400 Farbfotos von 1913–1930, Directmedia Publishing, Berlin 2007, ISBN 978-3-89853-619-6 (DVD-ROM).
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    Anmerkungen

    1. Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Gebiet und Bevölkerung – Fläche und Bevölkerung (Memento vom 30. Oktober 2021 im Internet Archive), Stand: 31. Dezember 2020.
    2. Bevölkerungsstand am 30. Juni 2021. Statistisches Bundesamt (Destatis), abgerufen am 28. Oktober 2021. Bevölkerungsstand am 30. Juni 2021 (Memento vom 22. März 2019 im Internet Archive)
    3. Bevölkerung in Deutschland im Jahr 2019 auf 83,2 Millionen gestiegen. Statistisches Bundesamt, abgerufen am 8. Februar 2021.
    4. World Economic Outlook Database April 2021. In: World Economic Outlook Database. International Monetary Fund, 2021, abgerufen am 8. Mai 2021 (englisch).
    5. Table: Human Development Index and its components. In: Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (Hrsg.): Human Development Report 2020. United Nations Development Programme, New York, S. 343 (undp.org [PDF]).
    6. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Grundlagenvertrag (Urteil vom 31. Juli 1973, Absatz-Nr. 54 – 2 BvF 1/73 – BVerfGE 36, S. 1 ff.: „Mit der Errichtung der Bundesrepublik Deutschland wurde nicht ein neuer westdeutscher Staat gegründet, sondern ein Teil Deutschlands neu organisiert“).
    7. Peter Jordan: Großgliederung Europas nach kulturräumlichen Kriterien, Ständiger Ausschuss für geographische Namen, 2007. – In der Systematik der United Nations Statistics Division, die Europa in Ost-, Nord-, Süd- und Westeuropa gliedert, wird Deutschland Westeuropa zugeschlagen.
    8. Zusammengefasste Geburtenziffer. Statistisches Bundesamt, abgerufen am 5. Februar 2020.
    9. Von der Bundeshauptstadt zur UNO-Stadt. In: bonn.de. Presseamt der Bundesstadt Bonn, abgerufen am 30. Januar 2021.
    10. Hans Kundnani: Germany as a Geo-economic Power (PDF; 267 kB), Center for Strategic and International Studies, Sommer 2011.
    11. World Economic Outlook Database Oktober 2020. In: World Economic Outlook Database. Internationaler Währungsfonds, 2020, abgerufen am 8. Mai 2021.
    12. Die 20 größten Exportländer weltweit im Jahr 2015 (in Milliarden US-Dollar); vgl. dazu Statistisches Bundesamt: Außenhandel, Stand: 2016. Abgerufen am 1. Dezember 2017.
    13. Human Development Report 2019, Overview (PDF; 1,7 MB), United Nations Development Programme (UNDP), 2019 (englisch).
    14. Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP): Bericht über die menschliche Entwicklung 2015. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2015, S. 246 (PDF; 9,3 MB).
    15. Mikrozensus 2017. In: destatis. Statistisches Bundesamt, 7. Dezember 2018, abgerufen am 18. Januar 2022.
    16. Ernst Schubert: Der rätselhafte Begriff „Land“ im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit. In: Concilium medii aevi 1 (1998), S. 15–27, hier S. 15 f. (online, Zugriff am 24. Juni 2021).
    17. Alfred Jüttner: Die deutsche Frage. Eine Bestandsaufnahme. Carl Heymanns Verlag, Köln/Berlin 1971, S. 45.
    18. Volker Sellin: Politik. In: Otto Brunner und Werner Conze (Hrsg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Band 4, Klett-Cotta, 1978, S. 859.
    19. Peter Brandt: Volk. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 11, Schwabe Verlag, Basel 2001 (online, Zugriff am 1. Juli 2021).
    20. Otto Dann: Nation und Nationalismus in Deutschland 1770–1990. C.H. Beck, München 1994, S. 56–67.
    21. Otto Dann: Nation und Nationalismus in Deutschland 1770–1990. C.H. Beck, München 1994, S. 59.
    22. Gemeinsame russisch-preußische Proklamation des Kaiserlich Russischen General-Feldmarschalls Fürst Kutusow-Smolenskoi an die Deutschen vom 25. März 1813. In: documentArchiv.de, abgerufen am 20. Juni 2021, zitiert bei Reinhart Koselleck: Bund, Bündnis, Föderalismus, Bundesstaat. In: Otto Brunner und Werner Conze (Hrsg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Band 1, Klett-Cotta, Stuttgart 1972, S. 505.
    23. Otto Dann: Nation und Nationalismus in Deutschland 1770–1990. C.H. Beck, München 1994, S. 68; Wolfgang Frühwald: Sozialgeschichte und Literaturgeschichte. In: Wolfgang Schieder und Volker Sellin (Hrsg.): Sozialgeschichte in Deutschland. Entwicklungen und Perspektiven im internationalen Zusammenhang. Bd. 1: Die Sozialgeschichte innerhalb der Geschichtswissenschaft. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1986, S. 110–124, hier S. 121.
    24. Otto Dann: Nation und Nationalismus in Deutschland 1770–1990. C.H. Beck, München 1994, S. 78 ff., 84 f. u. ö.
    25. Christian Jansen mit Henning Borggräfe: Nation – Nationalität – Nationalismus. Campus, Frankfurt am Main 2007, S. 75.
    26. Eberhard Pikart, Wolfram Werner (Bearb.): Der Parlamentarische Rat 1948–1949. Akten und Protokolle. Band 5/I: Ausschuß für Grundsatzfragen. Harald Boldt, Boppard am Rhein 1993, S. 239 (Siebente Sitzung, 6. Oktober 1948).
    27. Siehe die Mitteilung der Bundesregierung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen vom 3. Oktober 1990, dass die Bundesrepublik Deutschland ab diesem Zeitpunkt im Rahmen der UN unter dem Namen ‚Deutschland‘ auftreten werde; Multilateral Treaties Deposited with the Secretary General 1996, S. 9, Anm. 13.
    28. Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein (Hrsg.): Statistische Jahrbuch Schleswig-Holstein 2019/2020. ISSN 0487-6423, S. 307 (PDF [abgerufen am 8. September 2020]).
    29. Klimadaten: Gebietsmittelwerte von Deutschland. Abgerufen am 7. Januar 2013.
    30. Vom DWD annulliert: Lingen verliert deutschen Hitzerekord, NDR.de, 17. Dezember 2020.
    31. Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Artenschutzreport 2015 – Tiere und Pflanzen in Deutschland, S. 13.
    32. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hrsg.): Der Wald in Deutschland – Ausgewählte Ergebnisse der dritten Bundeswaldinventur.
    33. Statistisches Bundesamt: Bodenfläche nach Nutzungsarten. Abgerufen am 1. Dezember 2017, Version im Internet Archive
    34. Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Artenschutzreport 2015 – Tiere und Pflanzen in Deutschland, S. 13 f. (auch hier, auf der Website des Bundesministeriums für Naturschutz)
    35. Steigende Zahl in Deutschland: Sind zu viele Wölfe gefährlich für Menschen? n-tv.de, 29. November 2018, abgerufen am 1. Januar 2019.
    36. Wieder Bär im Alpenvorland: Kommt jetzt ein neuer „Bruno“?, zuletzt gesehen am 28. Juni 2020.
    37. Markus Schaller: Forests and Wildlife Management in Germany – A mini-review. In: Eurasian Journal of Forest Science. Band 10, Nr. 1. Hokkaido University Forests, EFRC, 2007, ISSN 2147-7493, S. 59–70 (archive.org [PDF; abgerufen am 21. Januar 2019]).
    38. Norbert Bartsch, Ernst Röhrig: Waldökologie: Einführung für Mitteleuropa. 1. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2016, ISBN 978-3-662-44268-5, S. 174 ff., doi:10.1007/978-3-662-44268-5 (google.de [abgerufen am 27. Januar 2019]).
    39. Jäger in Europa 2017. (PDF) In: Deutscher Jagdverband. Januar 2018, abgerufen am 29. August 2019.
    40. Jagdstatistik von Rehwild – Populationsentwicklung, Modellierung, Bestand-Prognose und Jagdstrecken von Capreolus capreolus, umweltanalysen.com
    41. Jagdstrecke von Wildschweinen – Jagdstatistik der Abschüsse bzw. Erlegungen von Schwarzwild, umweltanalysen.com
    42. Statistisches Bundesamt: Gemeinsame Grenzen Deutschlands mit den Anliegerstaaten (Stand: 20. November 2007) (Memento vom 30. Juni 2019 im Internet Archive), abgerufen am 7. Dezember 2019.
    43. Horst Dreier in: Ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Bd. 2, 3. Auflage, Tübingen 2015, Art. 28, Rn. 91.
    44. Jörg Bogumil: Kommunale Selbstverwaltung – Gemeinden/Kreise. In: Rüdiger Voigt (Hrsg.): Handbuch Staat, Springer VS, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3-658-20743-4, S. 765–774, hier S. 766; Jens Hildebrandt: Geschichte der kommunalen Selbstverwaltung, Bundeszentrale für politische Bildung, 19. Oktober 2017.
    45. Jörg Bogumil und Lars Holtkamp: Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung. Eine praxisorientierte Einführung. (PDF; 11,7 MB) Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 1329, Bonn 2013, S. 22–24.
    46. Jörg Bogumil: Kommunale Selbstverwaltung – Gemeinden/Kreise. In: Rüdiger Voigt (Hrsg.): Handbuch Staat, Springer VS, 2018, S. 770.
    47. Jörg Bogumil/Lars Holtkamp: Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung. Eine praxisorientierte Einführung, bpb-Schriftenreihe Band 1329, Bonn 2013, S. 16 f.
    48. BVerfG, Urteil vom 21. November 2017 – 2 BvR 2177/16 – BVerfGE 147, 185 Rn. 84.
    49. BVerfGE 79, 127 (147) – Rastede; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Januar 1999 – 2 BvR 929/97 –, NVwZ 1999, S. 520.
    50. BVerfGE 79, 127 (152); Thomas Clemens: Kommunale Selbstverwaltung und institutionelle Garantie – Neue verfassungsrechtliche Vorgaben durch das BVerfG, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1990, S. 834–843.
    51. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg – Bevölkerung nach Nationalität und Geschlecht am 31. Dezember 2020 (CSV-Datei) (Hilfe dazu).
    52. Genesis Online-Datenbank des Bayerischen Landesamtes für Statistik Tabelle 12411-001 Fortschreibung des Bevölkerungsstandes: Gemeinden, Stichtage (letzten 6) (Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
    53. Stand vom 31. Dezember 2020, Fortgeschriebene Bevölkerungszahlen vom 31. Dezember 2020 des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg, abgerufen am 12. Juni 2021 () (Hilfe dazu).
    54. Bevölkerung im Land Brandenburg nach amtsfreien Gemeinden, Ämtern und Gemeinden 31. Dezember 2020 (PDF-Datei; 950 KB) (Fortgeschriebene amtliche Einwohnerzahlen) (Hilfe dazu).
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    91. § 6 Satz 1 Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG) vom 27. April 2002, in der Fassung vom 10. Juli 2018 (Abschnitt 1 – Allgemeine Bestimmungen, Gebärdensprache und Kommunikation von Menschen mit Hör- und Sprachbehinderungen).
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    105. Vgl. einführend Walter Pohl: Die Germanen. 2. Auflage, München 2004, S. 3 ff.
    106. Dieter Timpe u. a.: Germanen, Germania, Germanische Altertumskunde. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 11, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1998, ISBN 3-11-015832-9, S. 181–438.
    107. Zur komplexen Forschungslage der Völkerwanderung (eines problematischen Forschungsbegriffs, da in diesem Zusammenhang faktisch nie einheitliche „Völker“ migrierten, sondern zumeist recht heterogene Verbände) und der Auflösung Westroms (beschleunigt durch innerrömische Bürgerkriege) siehe nun vor allem Mischa Meier: Geschichte der Völkerwanderung. Europa, Asien und Afrika vom 3. bis zum 8. Jahrhundert. München 2019.
    108. Vgl. Peter Stachel: Identität. Genese, Inflation und Probleme eines für die zeitgenössischen Sozial- und Kulturwissenschaften zentralen Begriffs. In: Archiv für Kulturgeschichte 87 (2005), S. 395–425.
    109. Überblick bei Henning Börm: Westrom. 2. Auflage, Stuttgart 2018.
    110. Zur Entstehung dieser post-römischen Nachfolgereiche siehe etwa Mischa Meier: Geschichte der Völkerwanderung. Europa, Asien und Afrika vom 3. bis zum 8. Jahrhundert. München 2019; Chris Wickham: The Inheritance of Rome. London 2009; Herwig Wolfram: Das Römerreich und seine Germanen: Eine Erzählung von Herkunft und Ankunft. Wien/Köln/Weimar 2018.
    111. Umfassender Überblick etwa bei Johannes Fried: Der Weg in die Geschichte. Die Ursprünge Deutschlands bis 1024. Berlin 1994.
    112. Zu den unterschiedlichen Forschungsansätzen siehe Joachim Ehlers: Die Entstehung des Deutschen Reiches. 4. Auflage, München 2012; vgl. allgemein auch Hagen Keller, Gerd Althoff: Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen. Stuttgart 2008; Johannes Fried: Der Weg in die Geschichte. Berlin 1994, speziell S. 9 ff. und 853 ff. Grundlegend ist Carlrichard Brühl: Deutschland – Frankreich. Die Geburt zweier Völker. 2. Auflage, Köln/Wien 1995.
    113. Vgl. Joachim Ehlers: Die Entstehung des Deutschen Reiches. 4. Auflage, München 2012, S. 46–48.
    114. Jürgen Petersohn: Rom und der Reichstitel „Sacrum Romanum Imperium“. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1994, S. 77–80.
    115. Peter Reichel: Schwarz-Rot-Gold. Kleine Geschichte deutscher Nationalsymbole nach 1945. C.H. Beck, München 2005, S. 16 f.
    116. Klaus Hildebrand: Das Dritte Reich (= Oldenbourg Grundriss der Geschichte. Band 17). 6., neubearbeitete Auflage, R. Oldenbourg Verlag, München 2003, ISBN 978-3-486-49096-1, S. 7, 446.
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    118. Vgl. 9. Juli 1951. Deutschland-Chronik (Kapitel II: Gründerjahre der beiden deutschen Staaten, Abschn. 7. Bipolare Außenpolitik und Wiederaufrüstung im Kalten Krieg), Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), abgerufen am 26. Januar 2019.
    119. Vgl. Georg Ress: Grundgesetz. In: Werner Weidenfeld, Karl-Rudolf Korte (Hrsg.): Handbuch zur deutschen Einheit 1949–1989–1999. Aktualisierte Neuausgabe, Campus, Frankfurt am Main [u. a.] 1999, ISBN 3-593-36240-6, S. 403, insb. S. 408.
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    121. Daniel-Erasmus Khan: Die deutschen Staatsgrenzen. Rechtshistorische Grundlagen und offene Rechtsfragen. Mohr Siebeck, Tübingen 2004, ISBN 978-3-16-148403-2, S. 474 ff.; BGBl. II 1988, S. 414 ff.
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