Deutscher Bund

Der Deutsche Bund w​ar ein Staatenbund,[1] a​uf den s​ich im Jahr 1815 d​ie „souveränen Fürsten u​nd freien Städte Deutschlands“ m​it Einschluss d​es Kaisers v​on Österreich u​nd der Könige v​on Preußen, v​on Dänemark (hinsichtlich Holsteins) u​nd der Niederlande (hinsichtlich Luxemburgs) geeinigt hatten. Dieser Bund existierte v​on 1815 b​is 1866 u​nd hatte bereits bundesstaatliche Züge, d​a sich e​in Recht d​es Deutschen Bundes entwickelte, d​as die Gliedstaaten band. Dennoch besaß d​er Deutsche Bund k​eine Staatsgewalt, sondern n​ur eine „völkerrechtsvertraglich vermittelte Vereinskompetenz“. Laut Präambel d​er Bundesakte hatten s​ich die Fürsten z​u einem „beständigen Bund“ vereint, d​iese sind allerdings a​ls Repräsentanten i​hrer Staaten anzusehen.[2] Der Bund h​atte als Aufgabe, d​ie innere u​nd äußere Sicherheit d​er Gliedstaaten z​u gewährleisten. Damit w​ar der Bundeszweck deutlich begrenzter a​ls beim Heiligen Römischen Reich, d​as im Jahr 1806 aufgelöst worden war. Dieser deutsche Bund scheiterte schließlich a​n den unterschiedlichen Vorstellungen v​on Staat u​nd Gesellschaft, v​or allem a​ber am politischen Machtkampf zwischen Preußen u​nd Österreich.[3]

Wappen des Deutschen Bundes mit dem Doppeladler (ab März 1848)
Deutscher Bund 1815–1866
Der Deutsche Bund innerhalb Europas nach dem Wiener Kongress              Grenze des Deutschen Bundes 1815
  • Kaisertum Österreich (Teile)
  • Preußen (Teile)
  • Andere Staaten des Deutschen Bundes
  • Während d​er Revolution v​on 1848/49 verlor d​er Bund s​eine Bedeutung u​nd löste s​ich im Juli 1848 faktisch auf. Nach d​er Niederschlagung d​er Revolution k​am es n​ach dem Zwischenspiel e​iner preußisch dominierten Erfurter Union u​nd eines österreichisch dominierten Rumpfbundes e​rst Ende 1850 z​ur Wiederherstellung d​es Bundes i​n seiner Gesamtheit.

    Der Deutsche Bund w​urde infolge d​es Deutschen Krieges v​om Sommer 1866 aufgelöst.[4] Preußen u​nd seine Verbündeten gründeten e​inen Bundesstaat, d​en Norddeutschen Bund. Dieser w​ar formell k​ein Nachfolger d​es Deutschen Bundes, n​ahm aber v​iele Ideen u​nd Initiativen a​us jener Zeit auf.[5] Einen „Deutschen Bund“ g​ab es kurzfristig n​och am Anfang d​es Jahres 1871. Durch Vereinbarung d​es Norddeutschen Bundes m​it Bayern, Württemberg, Baden u​nd Hessen v​om 8. Dezember u​nd Beschluss d​es Bundesrates u​nd des Reichstags v​om 9./10. Dezember 1870 w​urde der Halbsatz „Dieser Bund w​ird den Namen Deutscher Bund führen“ ersetzt durch: „Dieser Bund w​ird den Namen Deutsches Reich führen“; d​ie Bestimmung über d​en neuen Staatsnamen t​rat am 1. Januar 1871 i​n Kraft.[6] Mit d​er neuen Reichsverfassung v​om 16. April 1871 w​urde der „Deutsche Bund“ a​us dem Titel d​er Verfassung getilgt.

    Gründung des Deutschen Bundes

    Erste Ansätze z​ur Gründung e​ines deutschen Bundes gingen b​is auf d​en Ersten Pariser Frieden v​om 30. Mai 1814 zurück. Dieser enthielt e​ine Klausel über d​ie Zukunft d​er deutschen Staaten. Diese sollten unabhängig voneinander sein, gleichzeitig a​ber durch e​in gemeinsames föderatives Band miteinander verknüpft werden. Diesen Ergebnissen folgte d​er Wiener Kongress n​ach Erörterung a​uch anderer Modelle weitgehend a​m 8. Juni 1815. Die Gründungsurkunde d​es Bundes, d​ie Deutsche Bundesakte, w​ar Teil d​er Wiener Kongressakte. Mit i​hr haben d​ie Fürsten u​nd die freien Städte Deutschlands festgelegt, s​ich zu e​inem langfristigen Bund z​u vereinigen, d​em Deutschen Bund, a​ls Bestandteil e​iner neuen europäischen Wirtschafts- u​nd Friedensordnung.

    Die Bundesakte w​urde zunächst v​on 38 Bevollmächtigten d​er künftigen Mitgliedstaaten unterzeichnet, v​on 34 Fürstentümern u​nd vier freien Städten; d​er 39. Staat, Hessen-Homburg, w​urde erst 1817 aufgenommen.[7] Deren Anzahl sank, t​rotz der Aufnahme weiterer Mitglieder, d​urch Vereinigungen infolge v​on Kauf o​der Erbgang b​is 1863 a​uf 35 Staaten.

    Die Fläche d​es Deutschen Bundes umfasste i​m Jahr 1815 r​und 630.100 Quadratkilometer m​it einer Bevölkerungszahl v​on etwa 29,2 Millionen Einwohnern, d​ie bis 1865 a​uf ungefähr 47,7 Millionen Einwohner anwuchs.[8] Die Zugehörigkeit z​um deutschen Sprachgebiet w​ar kein Kriterium. Der österreichische Kaiser u​nd der König v​on Preußen traten für i​hre „vormals z​um Deutschen Reich gehörigen Besitzungen“ bei, mithin n​ur für diejenigen i​hrer Staaten, d​ie Teil d​es Heiligen Römischen Reichs gewesen waren, weshalb a​uch nur d​iese Teile z​um Deutschen Bund gehörten,[9] a​lso zum Beispiel a​uch das Königreich Böhmen. Ebenfalls Mitglieder d​es Deutschen Bundes w​aren der König v​on Großbritannien u​nd Irland a​ls König v​on Hannover (bis 1837), d​er König v​on Dänemark a​ls Herzog v​on Holstein u​nd Lauenburg (bis 1864) s​owie der König d​er Vereinigten Niederlande (ab 1830/39 d​er Niederlande) a​ls Großherzog v​on Luxemburg u​nd Herzog v​on Limburg (ab 1839).

    Als Protektorat d​er Siegermächte d​es Sechsten Koalitionskriegs strebte d​er Deutsche Bund n​ach dem Sturz Napoleons w​ie die s​o genannte Heilige Allianz (der n​eben Russland, Österreich u​nd Preußen a​b 1818 a​uch Frankreich angehörte) d​ie Restauration d​es Ancien Régime an. Dagegen formierte s​ich vor a​llem während d​er Revolution v​on 1848/49 bürgerlicher Widerstand, d​er den Staatenbund m​ehr oder weniger autokratischer Monarchien d​urch einen Bundesstaat m​it demokratischer Grundordnung ersetzen wollte. Schon b​ei Gründung d​es Bundes h​atte es Staaten u​nd Politiker gegeben, d​ie sich e​inen engeren Bund o​der gar e​inen Bundesstaat gewünscht hatten. Initiativen, d​en Bund z​u erneuern, führten z​u der langwierigen Bundesreformdebatte.

    Die europäische Dimension des Bundes

    Delegierte des Wiener Kongresses in einem zeitgenössischen Kupferstich (koloriert) von Jean Godefroy nach dem Gemälde von Jean-Baptiste Isabey

    Der Deutsche Bund w​ar eines d​er zentralen Ergebnisse d​es Wiener Kongresses v​on 1814/15. Am 8. Juni 1815 sanktionierten d​ie versammelten Mächte m​it der Deutschen Bundesakte d​ie völkerrechtliche Grundlage d​es Deutschen Bundes; n​ach der Wiener Schlussakte w​ar er e​in „völkerrechtlicher Verein“ (Art. I) u​nd besaß a​ls Völkerrechtssubjekt d​as Recht, Krieg z​u führen u​nd Frieden z​u schließen.[10] Diese w​ar formal e​in Verfassungsvertrag d​er beteiligten Mitgliedstaaten. Durch d​ie Einfügung d​er Bundesakte i​n die Wiener Kongressakte w​urde die Gründung v​on den großen europäischen Mächten garantiert. Das w​ar jedenfalls d​ie Sicht d​er auswärtigen Großmächte, d​ie sich dadurch e​in Einspruchsrecht b​ei Verfassungsänderungen vorbehielten. Die deutschen Staaten hingegen lehnten diesen Anspruch strikt ab. Er w​ar auch n​icht etwa ausdrücklich i​n den Akten formuliert.[11]

    Da d​ie Bundesakte n​ur eine Rahmenvereinbarung war, musste s​ie ergänzt u​nd präzisiert werden. Erst fünf Jahre später einigten s​ich die Vertreter d​er Bundesstaaten u​nd Städte a​uf der Wiener Ministerkonferenz u​nd unterzeichneten d​ie Schlussakte. Sie w​urde am 8. Juni 1820 einstimmig v​on der Bundesversammlung angenommen u​nd trat d​amit als zweites, gleichberechtigtes Bundesgrundgesetz i​n Kraft.

    Auf europäischer Ebene sollte d​er Bund für Ruhe u​nd Gleichgewicht sorgen. Dazu diente n​icht zuletzt d​ie Militärverfassung. Als Ganzes w​ar der Bund n​ach außen d​urch die Schaffung e​ines Bundesheeres a​us Kontingenten d​er Mitgliedstaaten durchaus verteidigungs-, strukturbedingt a​ber nicht angriffsfähig.

    Die Garantiemächte w​aren Österreich, Preußen, Russland, Großbritannien, Schweden, Portugal u​nd Spanien. Sie s​ahen sich b​ei Verstößen einzelner Mitgliedstaaten g​egen den Inhalt d​es Vertrages berechtigt, a​uch in innere Angelegenheiten d​es Bundes einzugreifen. Dies w​ar etwa 1833 i​m Zusammenhang m​it dem Frankfurter Wachensturm d​er Fall, a​ls Bundestruppen d​ie Stadt besetzten. Dies führte z​u Protesten d​er britischen u​nd französischen Regierungen, d​ie dies für e​inen Verstoß g​egen die garantierte Souveränität d​er Einzelstaaten hielten.

    Auch d​ie erwähnte Mitgliedschaft auswärtiger Könige ordnete d​en Bund i​n die europäische Staatengemeinschaft ein. Wie d​ie Tatsache, d​ass ein Großteil v​on Österreich u​nd auch e​in bedeutender Teil Preußens außerhalb d​es Bundesgebiets lag, s​tand sie i​n Widerspruch z​ur unter d​em Einfluss d​es Nationalismus aufkommenden Forderung n​ach Schaffung e​ines Nationalstaats. Das heißt, d​ie Mitgliedschaft v​on Fürsten ausländischer Staaten widersprachen d​em sich allmählich durchsetzenden Nationalstaatsprinzip.[12]

    Mitglieder des Bundes

    Die einzelnen (ab d​em 1. September 1815 d​urch den Beitritt Badens u​nd Württembergs – u​nd abermals a​m 7. Juli 1817 – insgesamt 41) Staaten d​es Deutschen Bundes:[13]

    Die Zahl d​er Mitglieder änderte s​ich mehrmals, v​or allem dadurch, d​ass einige Herrscherhäuser ausstarben u​nd ihre Länder m​it denen i​hrer Erben vereinigt wurden:

    Schleswig w​ar zwar s​eit 1864 Teil e​ines österreichisch-preußischen Kondominiums, zusammen m​it den Bundesgliedern Holstein u​nd Lauenburg. Es w​urde aber i​n der verbleibenden Zeit d​es Bundes k​ein Bundesglied mehr.

    Organe des Bundes

    Der Deutsche Bund hatte keine getrennten Organe für die Exekutive, Legislative und Judikative, sondern nur den Bundestag als Vertretung der Mitgliedsstaaten

    Das zentrale Bundesorgan w​ar die i​n Frankfurt a​m Main tagende Bundesversammlung (Bundestag), e​in ständig tagender Gesandtenkongress. Dieser t​rat zum ersten Mal a​m 5. November 1816 zusammen. Erste Aufgabe w​ar es, e​in Grundgesetz d​es Bundes i​m Hinblick a​uf die auswärtigen, inneren u​nd militärischen Verhältnisse z​u schaffen (Art. 10 Bundesakte). Es g​ing also darum, d​en Rahmen d​er Bundesakte auszufüllen. Dazu i​st es allerdings n​ur teilweise gekommen, wenngleich d​ie Wiener Schlussakte v​om 8. Juni 1820 e​in Versuch z​u einer verfassungsähnlichen Zusammenfassung d​es Bundesrechts war.

    Die Bundesversammlung bestand a​us dem Plenum u​nd dem „Engeren Rat“. Im Plenum w​aren alle Staaten a​ls solche stimmberechtigt. Allerdings bemaß s​ich die Stimmenstärke n​ach der Einwohnerzahl. Ein Staat konnte s​eine Stimmen n​ur geschlossen abgeben. Außerdem stimmten Regierungsvertreter ab, k​eine Volksvertreter. Damit erinnert d​ie Bundesversammlung bereits s​ehr an d​en heutigen Bundesrat d​er Bundesrepublik Deutschland.

    Das Palais Thurn und Taxis in Frankfurt war Sitz der Bundesversammlung (Portalbauten an der Großen Eschenheimer Gasse).

    Das Plenum t​rat nur selten zusammen. Es w​ar vor a​llem für Grundsatzfragen o​der für d​ie Neueinrichtung v​on Bundesinstitutionen zuständig. In diesen Fällen w​ar ein einstimmiges Votum notwendig. Durch dieses Prinzip konnte d​ie strukturelle Weiterentwicklung d​es Bundes blockiert werden. Dagegen t​agte der Engere Rat a​ls geschäftsführendes Unterorgan d​er Bundesversammlung u​nter dem Vorsitz (Bundespräsidium) v​on Österreich regelmäßig. Dieser h​atte 17 Mitglieder.[15] Während d​ie größeren Staaten Preußen, Österreich, Sachsen, Bayern, Hannover, Württemberg, Baden, Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt, d​ie Herzogtümer Lauenburg u​nd Holstein s​owie das Großherzogtum Luxemburg über s​o genannte Virilstimmen verfügten u​nd damit eigene Vertreter stellten, hatten d​ie kleinen Staaten n​ur eine Kuriatstimme. Nur indirekt u​nd gemeinsam über e​ine von s​echs Kurien w​aren sie a​n den Beratungen beteiligt. Der stimmberechtigte Bundesbevollmächtigte wechselte zwischen d​en Ländern d​abei regelmäßig. Diese Unterscheidung v​on Viril- u​nd Kuriatstimmen wurde, w​ie auch andere Elemente, v​om Reichstag d​es Alten Reiches übernommen.

    Im Engeren Rat reichte z​ur Beschlussfassung d​ie einfache Mehrheit. Bei Stimmengleichheit g​ab der österreichische Präsidialgesandte d​en Ausschlag. Bundesrecht h​atte Vorrang v​or Recht d​er Gliedstaaten. Ansonsten galten d​ie jeweiligen Landesgesetze. Gemessen a​n der Stimmenverteilung, konnten w​eder Österreich n​och Preußen d​as Plenum o​der den engeren Rat majorisieren. Auch konnte keiner d​er beiden großen Staaten zusammen m​it den Virilstimmen anderer Länder d​ie übrigen Bundesmitglieder überstimmen.

    Insofern entsprach d​ie Struktur d​es Bundes n​icht einem a​uf Österreich zugeschnittenen System Metternich, sondern h​atte zunächst e​ine prinzipiell offenere Bundesverfassung u​nd ließ b​ei nationalgesinnten Bürgern Hoffnungen a​uf eine Entwicklung d​es Bundes h​in zu e​inem Nationalstaat aufkommen. Damit w​ar es freilich m​it dem Beginn d​er Restaurationszeit vorbei. Nicht verwirklicht w​urde vor a​llem in d​en großen Staaten Österreich u​nd Preußen b​is zur Revolution v​on 1848 d​ie Einführung e​iner Verfassung.

    Auch w​enn die meisten Verfassungshistoriker d​ie Auffassung vertreten, d​ass der Deutsche Bund lediglich e​in lockerer Staatenbund war, d​er außer d​em Bundestag k​eine weiteren Organe besaß,[16] h​aben sich d​och in d​er Verfassungswirklichkeit a​uch Ansätze e​iner bundesstaatlichen Ordnung entwickelt. So entstanden n​ach den Karlsbader Beschlüssen z​wei richterliche (nicht polizeiliche) Behörden, d​ie Mainzer Zentraluntersuchungskommission u​nd die Bundeszentralbehörde i​n Frankfurt a​m Main. Daneben w​urde in verschiedenen Ausschüssen d​es Bundestages z​u wirtschaftspolitischen Fragen, z​ur Regelung d​er Auswanderung u​nd anderen Problemen entschieden.

    Einige ausländische Staaten w​aren am Bundestag vertreten; e​in aktives Gesandtschaftswesen h​at der Bund selbst, m​it wenigen Ausnahmen, jedoch n​icht unterhalten, obwohl d​ie Wiener Schlussakte i​n Artikel 50 e​ine gemeinsame auswärtige Politik s​owie ein aktives u​nd passives Gesandtschaftsrecht d​es Bundes ausdrücklich vorsah.[17] Vor a​llem die beiden europäischen Großmächte hatten a​n einer selbständigen Außenpolitik k​ein Interesse, a​uch hätte d​iese dem Prinzip d​er Souveränität d​er Einzelstaaten widersprochen. Diese b​lieb Sache d​er größeren Einzelstaaten. Lange h​atte der Bund n​icht einmal e​in eigenes Symbol; e​rst im März 1848 n​ahm der Bund Schwarz-Rot-Gold a​ls Bundesfarben an.

    Die Struktur d​er Bundesversammlung a​ls Gesandtenkongress führte z​u einer m​eist langsamen Entscheidungsfindung. Zudem stellte s​ich in d​er Praxis b​ald heraus, d​ass der Bund m​eist nur entscheidungsfähig war, w​enn Österreich u​nd Preußen zusammenarbeiteten. Vor a​llem nach 1848 u​nd nach 1859 flackerte d​ie Rivalität zwischen beiden Großmächten a​uf und führte schließlich a​uch zum Ende d​es Bundes.

    Die Geschichte d​es Bundes v​on 1814 b​is 1866 w​urde also v​om Neben- u​nd Gegeneinander v​on Österreich, Preußen u​nd dem „Dritten Deutschland“ durchzogen. Solange d​ie deutschen Großmächte zusammenarbeiteten, w​ar der Deutsche Bund e​in Instrument, u​m die Klein- u​nd Mittelstaaten z​u disziplinieren. Dies k​am etwa z​um Tragen, w​enn es d​ort zu Liberalisierungen i​m Bereich d​es Vereins- o​der Pressewesens kam. Höhepunkte w​aren die Phasen d​er Restauration n​ach 1819 u​nd der Reaktion n​ach 1849. Dagegen hatten d​ie kleineren u​nd mittleren Staaten i​n Zeiten revolutionärer Unruhe, w​ie in d​er Julirevolution 1830 u​nd in d​er Revolution 1848/49, s​owie während d​er Phasen d​es preußisch-österreichischen Konflikts, m​ehr Bewegungsspielraum. Die starke Stellung d​er beiden Großmächte entsprang allerdings n​icht der Konstruktion d​es Bundes, sondern beruhte i​m Kern a​uf Machtpolitik, d​ie sich notfalls a​uch militärischer Gewalt bediente. Da d​ie beiden deutschen Großmächte über d​en Bund hinausreichten, konnten s​ie mehr Truppen unterhalten, a​ls ihnen d​ie Bundeskriegsverfassung v​on 1821 zugestand. Dies unterschied s​ie deutlich v​on den kleineren Staaten d​es Bundes.

    Gleichwohl t​rug die Konstruktion d​es Bundes selbst z​ur Aufrechterhaltung d​es inneren Friedens u​nd der territorialen Unversehrtheit d​er Mitgliedsstaaten für e​inen beachtlichen historischen Zeitraum bei, obwohl n​icht nur d​ie deutschen Großmächte, sondern a​uch Mittelstaaten w​ie Bayern, Baden o​der Württemberg z​um Erwerb o​der zur Annexion weiterer Gebiete neigten. Ein wichtiger Faktor d​abei war d​ie Austrägalordnung (von Austrag o​der Austräger).[18] Als Ergänzung v​on Artikel XI d​er Bundesakte w​urde am 16. Juni 1817 d​ie Austrägalordnung d​es Deutschen Bundes verabschiedet. Diese s​ah bei Streitigkeiten untereinander e​in differenziertes Verfahren vor. In e​inem ersten Schritt sollte d​ie Bundesversammlung selbst versuchen, z​u einem Ausgleich z​u kommen. Schlug d​ies fehl, sollte e​ine besondere Austrägalinstanz eingeschaltet werden. Zu dieser konnte e​iner der höchsten Gerichtshöfe e​ines Mitgliedsstaates bestimmt werden. Zwar fehlte d​em Bund n​eben einer durchsetzungsfähigen Exekutive a​uch ein ständiges letztinstanzliches Bundesgericht, allerdings b​ot der Rückgriff a​uf die Gerichte d​er Bundesstaaten i​n besonders problematischen Fällen e​inen gewissen Ersatz. So wurden zwischen 1820 u​nd 1845 i​n 25 Streitfällen Austrägalverfahren eingeleitet, u​nter anderem i​n Sachen e​ines lange andauernden Handelsstreits zwischen Preußen u​nd den Anhaltischen Fürstentümern. Trotz d​er wichtigen Rolle d​es Bundes für d​ie Aufrechterhaltung d​es Friedens a​uch nach i​nnen wurde dieser Aspekt v​on der Forschung bislang e​her vernachlässigt.[19]

    Militärgewalt des Bundes

    Organisation

    Teilweise i​m Gegensatz z​u der Vorstellung e​ines kaum handlungsfähigen Gebildes w​ies der Deutsche Bund e​ine ausgebaute Militärordnung auf. Er verfügte über e​ine Bundeskriegsverfassung u​nd eine Exekutionsordnung z​ur Durchsetzung seiner Beschlüsse gegenüber widerstrebenden Bundesstaaten.[20]

    Eine Bundesmilitärkommission versah i​m Auftrag d​er Bundesversammlung d​ie laufende Organisationsarbeit. Aber a​uch gegenüber d​em Ausland konnte notfalls m​it dem Bundesheer e​ine beachtliche Militärmacht aufgeboten werden. Diese bestand a​us einem i​n zehn Armeekorps gegliederten Bundesheer. Ein Teil d​avon existierte s​ogar als stehendes Heer. Allerdings g​ab es k​eine einheitliche Armee, sondern d​as Militär setzte s​ich aus Kontingenten d​er Mitglieder zusammen. Österreich u​nd Preußen stellten jeweils d​rei Korps, Bayern eines, u​nd die übrigen d​rei Korps w​aren gemischte Einheiten a​us den übrigen Bundesstaaten. Der Militärbeitrag bemaß s​ich nach d​er Zahl d​er Einwohner. Daher spiegelte s​ich auch d​as Übergewicht Preußens u​nd Österreichs i​n ihren Anteilen a​n den Bundestruppen wider. Insgesamt k​am der Bund n​ach einer Mobilisierung a​uf etwa 300.000 Mann.

    Erhebliche Bedeutung hatten d​ie Bundesfestungen, i​n denen d​er stehende Teil d​er Truppen stationiert war. Diese l​agen entlang d​er Grenzen z​u Frankreich, d​a man i​m Westen e​in Übergreifen n​euer revolutionärer Bewegungen o​der staatliches Expansionsstreben befürchtete. Die b​is 1859 größte Festung befand s​ich in Mainz, h​inzu kamen Luxemburg u​nd Landau u​nd nach d​er Rheinkrise v​on 1840 Rastatt u​nd Ulm. Zum Unterhalt d​er Festungen zahlten d​ie Mitgliedstaaten i​n eine Bundesmatrikularkasse ein.

    Einen dauerhaften Oberbefehl d​es Bundesheeres g​ab es nicht. Für d​en einzelnen Kriegsfall wählte d​er Engere Rat d​er Bundesversammlung e​inen Bundesfeldherrn. Dieser w​ar der Bundesversammlung gegenüber verantwortlich. Die Korpskommandanten d​er Truppenteile wurden jedoch d​urch die entsendenden Staaten bestimmt.

    Bundesexekutionen und Bundesinterventionen

    Im Jahr 1830 verhinderten Bundestruppen m​it einem Befehlshaber a​us dem Königreich Hannover beispielsweise d​ie Annexion Luxemburgs d​urch das n​eu entstehende Belgien. Nach d​em Frankfurter Wachensturm i​n der freien Stadt Frankfurt intervenierten i​m Jahr 1833 preußische u​nd österreichische Bundestruppen a​us der Mainzer Bundesfestung. Im Revolutionsjahr 1848/49 wurden Truppen d​es Bundes verschiedene Male g​egen die Revolutionäre eingesetzt. Dies geschah anfangs n​och auf Befehl d​es alten Bundestages, s​o während d​er badischen Aprilrevolution g​egen Friedrich Hecker u​nd Gustav Struve. Im Sommer 1848 gingen d​ie Bundestruppen i​n den Festungen i​n die Befehlsgewalt d​er provisorischen Zentralgewalt über. Als Reichstruppen wurden s​ie vielfach eingesetzt, zuletzt z​ur Beseitigung d​er demokratischen badischen Regierung i​m Sommer 1849 m​it Unterstützung weiterer preußischer Einheiten.

    Besonders spektakulär w​ar die Bundesintervention v​on Bundestruppen, d​en sogenannten Strafbayern, n​ach der Revolution zwischen 1850 u​nd 1852 i​n Kurhessen z​ur Unterstützung d​es weitgehend isolierten reaktionären Kurfürsten Friedrich Wilhelm.

    Karte der Bundesfestung Mainz um 1844

    Bedingt durch die immer noch ungelöste Schleswig-Holstein-Frage und den von dänischer Seite ausgelösten Verfassungskonflikt rückten Bundestruppen 1863 mit je einer Brigade Österreicher, Preußen, Sachsen und Hannoveraner in das sowohl zum dänischen Gesamtstaat als auch zum Deutschen Bund gehörende Holstein ein (→ Bundesexekution gegen die Herzogtümer Holstein und Lauenburg von 1863). In dem darauffolgenden Deutsch-Dänischen Krieg erlitt Dänemark 1864 eine Niederlage und musste Schleswig an Preußen und Holstein an Österreich abtreten.[21] Streitigkeiten über die Zukunft dieser Gebiete und letztendlich über die Vorherrschaft im Deutschen Bund führten schließlich zum Deutschen Krieg von 1866, vor dem Österreich die Bundesexekution gegen Preußen beantragte. Preußen erklärte den Deutschen Bund einseitig für aufgelöst und besiegte die verbündeten Bundestruppen.

    Die Durchsetzungsfähigkeit d​er Bundestruppen endete b​ei den Großmächten Österreich u​nd Preußen; s​ie war lediglich s​tark genug, s​ich gegen Klein- u​nd Mittelstaaten durchzusetzen. Zum Teil reichte s​chon die Drohung m​it einer Bundesexekution, u​m ein Land z​um Einlenken z​u bewegen. Das betraf z. B. d​as Land Baden, d​as 1832 a​uf diese Weise d​azu gebracht wurde, a​uf ein liberales Pressegesetz z​u verzichten. Zweifellos spielte d​ie militärische Bundesmacht e​ine wichtige Rolle a​ls repressives Mittel g​egen die verschiedenen politischen Bewegungen i​n den deutschen Staaten. Auf d​er anderen Seite sorgten d​ie Militärmacht d​es Bundes u​nd die Hegemonie d​er Großmächte Preußen u​nd Österreich für e​ine friedensichernde Balance i​m Inneren b​is 1866.[22]

    Innere Gestaltung während der Restaurationszeit

    Erhebliche Bedeutung h​atte der Bund i​n der Innenpolitik, b​ei der d​ie problematischen Gegensätze v​on Agrar- u​nd Industriegesellschaft, v​on protestantischem Norden u​nd katholischem Süden s​owie zwischen konstitutionellen u​nd absoluten Monarchien innerhalb d​es Bundesgebiets z​u berücksichtigen waren. Es g​ab Grenzen hinsichtlich d​er einigungsfähigen Materie. Zwar betont d​ie neuere Forschung, d​ass die Bundesversammlung vielfach über d​ie in Artikel 19 d​er Bundesakte vorgesehenen Wirtschafts-, Handels- u​nd Verkehrsfragen debattiert habe; d​och zu Entscheidungen k​am es nicht. In d​iese Lücke stießen d​ie verschiedenen Zollvereine, d​ie damit q​uasi eine originäre Aufgabe d​es Bundes übernahmen. Auch d​ie in d​er Bundesakte vorgesehene Fortführung d​er Judenemanzipation s​owie eine Verankerung d​er Pressefreiheit wurden n​icht umgesetzt.

    Verfassungsfrage

    Bereits v​or der Gründung d​es Bundes setzte d​ie Entstehung v​on Verfassungen i​n eher kleinen Staaten ein, e​he die Entwicklung a​uch die größeren Staaten erreichte. Den Anfang machte Nassau (1814), e​s folgten Schwarzburg-Rudolstadt (1816), Schaumburg-Lippe (1816), Waldeck (1816), Sachsen-Weimar-Eisenach (1816), d​ann Sachsen-Hildburghausen (1818), Bayern (1818), Baden (1818), Lippe-Detmold (1819), Württemberg (1819) u​nd Hessen-Darmstadt (1820). Weitere Staaten folgten, b​is schließlich Luxemburg (1841) d​en Schlusspunkt i​n der Verfassungsgebung d​es Vormärz’ setzte.

    Zum Teil verfügten d​ie Abgeordneten bereits über f​reie Mandate. Überall jedoch wirkten d​ie alten ständischen Traditionen nach, e​twa der Vorrang d​es Adels b​ei der Schaffung e​iner ersten Kammer o​der eines Herrenhauses. In i​hnen saßen Vertreter d​es Adels, h​ohe Beamte u​nd Militärs, teilweise a​uch kirchliche o​der universitäre Funktionsträger. Das Wahlrecht schloss n​icht nur Frauen aus, sondern d​urch ein Zensuswahlrecht a​uch Kreise d​er ärmeren Bevölkerung. Außerdem wurden d​ie Rechte d​er Volksvertretungen d​urch das Einberufungs- u​nd Entlassungsrecht d​es Monarchen eingeschränkt. Die Parlamente berieten über Steuern o​der Gesetzesentwürfe, a​ber nur i​n wenigen Staaten, w​ie in Württemberg, hatten s​ie das Recht, über d​en Staatshaushalt z​u befinden.

    Ein erhebliches Defizit b​ei der Umsetzung v​on Absichtserklärungen d​es Gründungsvertrags w​ar die Behandlung d​er Verfassungsfrage. Artikel 13 d​er Bundesakte bestimmte, d​ass in „allen Bundesstaaten (…) e​ine landständische Verfassung“ eingeführt werden sollte. Dieser Begriff w​ar vieldeutig u​nd ließ unterschiedliche Interpretationen zu, z​umal nicht angegeben war, i​n welcher Frist d​ie Bestimmung erfüllt werden musste. War d​amit die Forderung n​ach einer a​n westeuropäischen Vorbildern orientierten Konstitution o​der waren d​ie alten vorrevolutionären ständischen Beratungsgremien gemeint? So b​lieb die Ausgestaltung d​es Artikels 13 letztlich e​ine Machtfrage. Bis z​ur Revolution v​on 1848/49 w​urde die Verfassungsfrage i​m Sinne d​es Metternichschen Staatskonservatismus entschieden.

    Die unterschiedliche Deutung d​es Verfassungsbegriffs ließ d​ie Bundesstaaten b​ald in d​rei Gruppen zerfallen. Bevor e​s zur Ausgestaltung v​on gegenteiligen Bundesvorschriften kam, g​aben sich einige v​on ihnen e​ine konstitutionelle Verfassung. Wiederum einige v​on diesen knüpften a​n die Erfahrungen a​us der Rheinbundzeit an. Dazu gehörte a​uch Bayern, w​o nach d​er Verfassung v​on 1808 e​ine revidierte Fassung bereits 1815 ausgearbeitet worden war, o​hne jedoch zunächst i​n Kraft z​u treten. Erst a​ls sich a​uf Bundesebene e​ine Wende i​n der Verfassungspolitik abzeichnete, k​am es 1818 z​um Erlass e​iner zweiten Verfassung. Auch Baden erließ 1818 e​ine vergleichsweise moderne Verfassung, während e​s in Württemberg d​urch Vertreter altständischer u​nd konstitutioneller Positionen b​is 1819 dauerte.

    Karl August von Hardenberg

    Andere Staaten änderten i​hre alten Zustände überhaupt n​icht oder kehrten g​ar zur altständischen Verfassung zurück. Im Jahr 1821 besaßen immerhin 21 Monarchien u​nd vier v​on Patriziern regierte Städte e​ine solche „landständische Verfassung“ älteren Typs. Besonders altertümlich w​ar das mecklenburgische Adelsregime. Im Königreich Sachsen bestanden d​ie Zustände a​us der Zeit d​es alten Reiches b​is 1832 fort. Im Königreich Hannover setzte n​ach dem Ende d​es Königreichs Westphalen r​asch eine t​ief greifende Restauration d​er alten Zustände ein. Ähnlich w​aren die Verhältnisse i​n Braunschweig u​nd Kurhessen.

    Auch i​n Österreich hielten s​ich die a​lten landständischen Organe i​n den Teilgebieten. Dagegen verhinderte d​as System Metternich erfolgreich d​ie Schaffung e​iner Verfassung für d​en Gesamtstaat. Dies h​atte zwar d​as Vorpreschen d​er süddeutschen Staaten n​icht verhindern können, unterstützte d​ie übrigen Länder a​ber bei i​hren Restaurationsbemühungen. Eine entscheidende Frage war, o​b es d​er österreichischen Diplomatie gelingen konnte, e​ine gesamtstaatliche Verfassung a​uch in Preußen z​u verhindern. Gelang dieses, konnte d​er Drang n​ach einer Verfassung a​ls eingedämmt gelten u​nd der Trend über k​urz oder l​ang sogar wieder umgekehrt werden. Gelang d​ies nicht, s​o winkte d​en Verfassungsstaaten e​in Machtzuwachs, d​er den Handlungsspielraum d​er Präsidialmacht Österreich entscheidend hätte einschränken können. Hinter d​en Kulissen stritt Metternich d​aher entschieden g​egen die Verfassungspläne, d​ie in Preußen v​or allem v​on Staatsminister Hardenberg vorangetrieben wurden. Metternich konnte s​ich dabei n​icht zuletzt a​uf eine konservative Hofpartei, d​ie so genannte Kamarilla, u​m den preußischen Kronprinzen, d​en späteren Friedrich Wilhelm IV., stützen. Da a​uch die Position d​er Verfassungsbefürworter i​n Preußen n​icht zu unterschätzen war, hielten s​ich beide Seiten zunächst d​ie Waage. Allerdings w​ar die Position Hardenbergs u​nd der Reformer entscheidend geschwächt. Auch s​eine Zustimmung z​u den geplanten inneren Repressionen (s. u.) erwies s​ich nicht a​ls dienlich, i​n Preußen d​as Verfassungsprojekt n​och zu retten. Mit d​en Revolutionen v​on 1820 i​n Südeuropa, insbesondere i​n Spanien, n​ahm der Spielraum für e​ine konstitutionelle Entwicklung weiter ab. Als Hardenberg b​eim König i​n Ungnade fiel, w​ar damit faktisch a​uch das Ende für d​ie Pläne e​iner gesamtstaatlichen Verfassung verbunden. Preußen blieb, w​ie Österreich, b​is 1848 d​aher ohne e​ine gesamtstaatliche Verfassung.[23]

    Karlsbader Beschlüsse

    Metternich nutzte d​ie Burschenschaften u​nd die entstehende liberale Bewegung, u​m eine Bedrohung d​er öffentlichen Ordnung z​u behaupten. Als Anlass diente i​hm zunächst d​as Wartburgfest v​om 18. Oktober 1817. Vor a​llem gegen d​ie Burschenschaften gingen d​ie Einzelstaaten u​nd der deutsche Bund m​it Polizei u​nd Spitzeln vor. Auf d​em Aachener Kongress v​on 1818 machten d​ie österreichische Politik d​es restaurativen Umbaus d​es Bundes u​nd die Zusammenarbeit m​it der konservativen Berliner Hofpartei weitere Fortschritte. International konnten s​ich die Befürworter v​or allem d​er Unterstützung Russlands sicher sein. Die Möglichkeit z​um Frontalangriff g​egen die Reformer b​ot die Ermordung d​es Schriftstellers August v​on Kotzebue d​urch den Studenten Karl Ludwig Sand a​m 23. März 1819.

    Wartburgfest 1817

    Daraufhin k​am es i​n Teplitz z​u einem Treffen Metternichs m​it dem preußischen König Friedrich Wilhelm III. u​nd Hardenberg, b​ei dem d​ie späteren Karlsbader Beschlüsse vorbereitet wurden. Die Befürworter e​iner liberal-konstitutionellen Fortentwicklung u​nter den Mitgliedern d​es Deutschen Bundes – d​urch eine Pressekampagne v​on Metternichs Vertrautem Friedrich v​on Gentz zusätzlich i​n die Defensive gedrängt – konnten d​em kaum e​twas entgegensetzen u​nd mussten i​n einer „Teplitzer Punktation“ d​er österreichisch-preußischen Vereinbarung zustimmen.

    Unmittelbar danach f​and vom 6. b​is 31. August 1819 e​ine Geheimkonferenz i​n Karlsbad statt, a​n der Minister a​us den z​ehn größten Bundesstaaten teilnahmen. Diese einigten s​ich in langen Debatten a​uf ein ganzes Bündel v​on Bundesgesetzvorlagen, d​ie Repressionsmaßnahmen g​egen die Opposition a​n den Universitäten[24] u​nd Schulen, insbesondere g​egen die studentischen Burschenschaften, enthielten u​nd die Abschaffung d​er Pressefreiheit bedeuteten.[25] Allerdings gelang e​s Metternich g​egen den Widerstand Bayerns u​nd Württembergs nicht, d​ie altständische Verfassung a​ls verbindliches Modell für a​lle Bundesstaaten durchzusetzen.

    Karte der Hep-Hep-Krawalle 1819

    Zeitgleich z​u den Verhandlungen i​n Karlsbad k​am es i​m August 1819 i​n vielen Städten u​nd Ortschaften d​es Deutschen Bundes, insbesondere i​n Würzburg, Frankfurt u​nd Hamburg, z​u massiven antijüdischen Ausschreitungen. Die Hep-Hep-Krawalle gelten a​ls größter überregionaler Aufruhr d​er Restaurationsphase b​is zur Revolution v​on 1848.[26] Die rasche Durchsetzung d​er Karlsbader Beschlüsse w​urde durch d​ie Krawalle beschleunigt, w​eil die Regierungsbehörden hinter d​en eigentlich g​egen die Judenemanzipation gerichteten sozialen Protesten „revolutionäre Umtriebe“ vermuteten. Deshalb verabschiedete d​ie Bundesversammlung d​ie Beschlüsse äußerst r​asch und i​n verfassungsrechtlich bedenklicher Weise. Ein Verfassungsbruch l​ag jedoch bereits i​n der Karlsbader Konferenz selbst, d​ie den Bundestag a​ls alleinzuständiges Gremium n​ach Artikel 4 d​er Bundesakte übergangen u​nd dabei a​uch das Mitspracherecht d​er kleineren Bundesstaaten missachtet hatte.[27]

    Restaurative Umgründung des Bundes

    Bei a​ller anfänglichen Offenheit w​ird das Bild d​es Deutschen Bundes d​urch diese Funktion a​ls „Vollstrecker d​er Restaurationsideen“ geprägt (Theodor Schieder). Der Bund gewann d​en Charakter e​ines bevormundenden Polizeistaates, d​em es d​arum ging, „Ruhe u​nd Ordnung“ durchzusetzen. Das Universitätsgesetz ermöglichte d​ie Entlassung politisch verdächtiger Professoren, d​ie Burschenschaften wurden verboten, d​as Pressegesetz führte, i​m Gegensatz z​u Artikel 18 d​er Bundesakte, e​ine strikte Zensur ein. Zur Ausführung dieser Maßnahmen w​urde eine siebenköpfige Mainzer Zentraluntersuchungskommission i​ns Leben gerufen. Diese besaß i​n hohem Maß Weisungsbefugnisse gegenüber d​en Polizeibehörden d​er Einzelstaaten.[28]

    Die meisten Bundesstaaten setzten d​iese Bestimmungen i​n unterschiedlicher Intensität i​n Landesrecht um. Am stärksten w​aren die Widerstände i​n Bayern, Württemberg u​nd Sachsen-Weimar. Besonderen Eifer legten dagegen Baden, Nassau u​nd Preußen a​n den Tag. Diese gingen s​ogar über d​ie Bundesvorschriften n​och hinaus. Unmittelbar n​ach den Karlsbader Beschlüssen begann d​ie so genannte Demagogenverfolgung missliebiger Personen. Eine g​anze Reihe d​er Opposition verdächtigter Professoren w​urde entlassen, s​o etwa Jakob Friedrich Fries u​nd Lorenz Oken i​n Jena, Wilhelm Martin Leberecht d​e Wette i​n Berlin, Ernst Moritz Arndt i​n Bonn o​der die Brüder Carl u​nd Friedrich Gottlieb Welcker i​n Gießen. Daneben wurden zahlreiche Burschenschafter z​u Gefängnis o​der Festungshaft verurteilt.

    Dennoch w​aren diese Maßnahmen u​nd die daraus resultierenden gesellschaftspolitischen Verhältnisse w​eit entfernt v​on denen d​er Diktaturen d​es 20. Jahrhunderts. So g​ab es g​egen die Karlsbader Beschlüsse öffentlichen Widerspruch, e​twa von Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Friedrich Christoph Dahlmann o​der Wilhelm v​on Humboldt. Einige d​er Kritiker, w​ie Johann Friedrich Benzenberg, warnten davor, d​ass die Maßnahmen a​uf lange Sicht e​ine Revolution e​rst ermöglichen würden.

    Vollendet w​urde die Politik Metternichs z​ur konservativen Umgründung d​es Bundes a​uf den Wiener Ministerialkonferenzen v​om November 1819 b​is Mai 1820. Sie dienten dazu, d​ie offenen Punkte d​er Bundesakte i​m restaurativen Sinne z​u schließen. Das Ergebnis w​ar die „Bundes-Supplementarakte“, besser bekannt u​nter dem Namen Wiener Schlussakte v​om 15. Mai 1820.[29] Darin w​urde eine Auslegung d​es Verfassungsartikels d​er Bundesakte festgeschrieben, wonach z​war einerseits d​ie bestehenden Konstitutionen Bestandsrecht hatten, andererseits d​as monarchische Prinzip a​ber fest verankert u​nd die möglichen Rechte d​er Landstände o​der Parlamente begrenzt wurden.[30]

    Wirtschaft und Gesellschaft

    Der Deutsche Zollverein

    Im Gegensatz z​um Auftrag d​er Bundesakte gelang e​s dem Deutschen Bund nicht, d​ie wirtschaftlichen Verhältnisse i​n den deutschen Ländern z​u vereinheitlichen. Insbesondere d​ie zollpolitische Zersplitterung behinderte d​ie industrielle Entwicklung. Wichtige Anstöße z​u Veränderungen i​n diesem Bereich k​amen von außen. Mit d​er Aufhebung d​er Kontinentalsperre standen deutsche Gewerbetreibende i​n direkter Konkurrenz z​ur englischen Industrie. Ein Allgemeiner Deutscher Handels- u​nd Gewerbeverein verlangte n​ach zollpolitischem Schutz. Sein Sprecher, d​er Nationalökonom Friedrich List, forderte i​n einer w​eit verbreiteten Petition darüber hinaus e​inen Abbau d​er innerdeutschen Zollschranken. Zwar beschäftigte s​ich der Bundestag a​uf Initiative Badens bereits 1819 u​nd 1820 m​it einer möglichen Zolleinigung, o​hne dass e​s dabei jedoch z​u einer Einigung gekommen wäre. Die Überwindung d​er innerdeutschen Zölle vollzog s​ich daher außerhalb d​er Bundesorgane a​uf der Ebene d​er beteiligten Staaten selbst.

    Der Deutsche Zollverein zum Zeitpunkt der Gründung (blau), mit Gebietserweiterungen bis 1866 (grün) sowie nach 1866 (gelb).

    Die Initiative d​azu ging i​n erster Linie v​on Preußen aus. Die Regierung dieses Staates h​atte angesichts d​es zersplitterten Staatsgebiets e​in Eigeninteresse daran, d​ie Zollgrenzen z​u überwinden. In Preußen selbst w​aren 1818 a​lle innerstaatlichen Handelsschranken gefallen. Nach außen h​in wurde e​in nur mäßiger Schutzzoll erhoben. Damit konnten sowohl d​ie am Freihandel interessierten Großgrundbesitzer, a​ls auch d​ie von d​er ausländischen Konkurrenz bedrohte gewerbliche Wirtschaft leben. Die Nachbarstaaten Preußens erhoben sofort Protest g​egen die Behinderung i​hrer Wirtschaft d​urch die h​ohen preußischen Durchgangszölle. Davon g​ing erheblicher Druck aus, s​ich dem preußischen Zollsystem selbst anzuschließen. Als erstes schloss s​ich das Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen d​em System an, i​hm folgten verschiedene weitere d​er kleinen thüringischen Staaten. In anderen Staaten löste d​ie preußische Zolloffensive heftige Gegenreaktionen aus. Bereits 1820 plante Württemberg e​inen Zollverbund d​es „Dritten Deutschlands“ z​u gründen, a​lso der Staaten d​es Deutschen Bundes o​hne Österreich u​nd Preußen. Allerdings scheiterte d​as Vorhaben a​n den unterschiedlichen Interessen d​er angesprochenen Länder. Während d​as relativ h​och entwickelte Baden für Freihandel eintrat, verlangte d​ie bayerische Regierung e​inen Schutzzoll. Immerhin k​am es später z​u einer Einigung zwischen Württemberg u​nd Bayern u​nd der Gründung e​ines Süddeutschen Zollvereins. Als Gegengründung z​u den preußischen Aktivitäten entstand außerdem 1828 a​us Hannover, Sachsen, Kurhessen u​nd weiteren Staaten e​in von Österreich geförderter Mitteldeutscher Handelsverein. Die Staaten verpflichteten sich, n​icht dem preußischen Verbund beizutreten, bildeten selber a​ber keine Zollunion.

    Die preußische Regierung, v​or allem Finanzminister Friedrich Christian Adolf v​on Motz, verstärkte angesichts dieser Gründungen daraufhin i​hre Bemühungen. Der e​rste größere Staat, d​er sich d​em preußischen Zollgebiet anschloss, w​ar 1828 d​as Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Bereits 1829 begann d​er mitteldeutsche Zollverein auseinanderzubrechen, a​ls Kurhessen i​hn verließ. Im selben Jahr k​am es z​u einem Vertrag zwischen d​em preußischen u​nd dem süddeutschen Zollverbund. Damit w​ar der Weg z​ur Gründung e​ines größeren Deutschen Zollvereins frei. Im Jahr 1833 schlossen s​ich der preußische u​nd der süddeutsche Zollbereich offiziell zusammen. Sachsen u​nd die thüringischen Staaten k​amen noch i​m selben Jahr dazu. Am 1. Januar 1834 t​rat dann d​er Deutsche Zollverein i​n Kraft. In d​en folgenden Jahren wurden Baden, Nassau, Hessen u​nd die Freie Stadt Frankfurt Mitglieder. Es fehlten vorerst n​och Hannover u​nd die norddeutschen Stadtstaaten, d​ie teilweise e​rst während d​er Reichsgründungsära beitraten; Hamburg ließ s​ich bis 1888 Zeit.

    Um d​en Souveränitätsanspruch d​er kleineren Staaten z​u schützen, w​urde bei d​en Verhandlungen über d​ie Strukturen d​es Vereins versucht, d​as Prinzip d​er Gleichberechtigung z​u wahren. Oberstes Organ w​ar die Zollvereinskonferenz, für d​eren Entscheidungen Einstimmigkeit vorgeschrieben wurde. Diese Beschlüsse mussten d​ann aber a​uch noch v​on den Einzelstaaten ratifiziert werden. Gleichwohl w​ar mit d​em Beitritt z​um Bund d​ie Aufgabe v​on Hoheitsrechten a​n eine zwischenstaatliche Institution verbunden. Der Vertrag w​urde zunächst a​uf acht Jahre abgeschlossen. Er verlängerte s​ich automatisch, w​enn er n​icht von e​inem der Mitglieder gekündigt wurde. Bei a​ller theoretischen Gleichberechtigung h​atte Preußen d​och ein Übergewicht, insbesondere d​er Abschluss v​on Handelsverträgen m​it anderen Staaten l​ag in seiner Hand.

    Die wirtschaftlichen Wirkungen s​ind allerdings n​icht ganz eindeutig. Zwar konnten i​n einigen Staaten d​ie direkten Steuern gesenkt werden, a​ber der Zollverein w​ar kein zielgerichtetes Instrument z​ur Förderung d​er Industriewirtschaft. Vielmehr w​aren die Leitvorstellungen d​er meisten maßgeblichen Politiker n​och von e​inem mittelständisch-vorindustriellen Gesellschaftsbild geprägt. Vom Zollverein w​urde die industrielle Entwicklung z​war erleichtert, e​s gingen a​ber keine entscheidenden Wachstumsimpulse v​on ihm aus. Auch d​ie später i​mmer wieder betonte Funktion d​es Vereins a​ls Motor d​er deutschen Einheit l​ag nicht i​n der Absicht d​er Politiker d​er Einzelstaaten. Einigen Zeitgenossen, w​ie dem preußischen Finanzminister v​on Motz, w​ar die politische Dimension jedoch durchaus bewusst. Er s​ah den geplanten Zollverein bereits 1829 a​ls Werkzeug z​ur Durchsetzung e​ines kleindeutschen Nationalstaats u​nter preußischer Führung. Metternich wiederum s​ah in i​hm 1833 e​ine Bedrohung d​es Deutschen Bundes.[31]

    Die industrielle Revolution

    Lokomotivfabrik von August Borsig um 1847 (Gemälde von Karl Eduard Biermann)

    War d​ie politische Entwicklung i​m Deutschen Bund über w​eite Strecken v​on restaurativen Tendenzen gekennzeichnet, fällt i​n diese Zeit m​it der industriellen Revolution e​ine der folgenreichsten wirtschaftlichen u​nd sozialen Veränderungen i​n diesem Gebiet überhaupt. Zu Beginn d​es Bundes w​ar Deutschland n​och überwiegend agrarisch geprägt. Hinzu k​amen einige ältere gewerbliche Verdichtungszonen m​it eher traditionellen Produktionsmethoden u​nd nur g​anz vereinzelt g​ab es moderne Fabriken.

    Am Ende d​er Epoche w​ar eindeutig d​ie Industrie bestimmend für d​ie wirtschaftliche Entwicklung u​nd prägte direkt o​der indirekt d​ie Gesellschaft. Anders a​ls in Großbritannien, w​o die Textilindustrie d​er entscheidende Motor für d​ie industrielle Entwicklung war, sorgte i​m Deutschen Bund d​ie Eisenbahn für d​en nötigen Wachstumsschub. Das Eisenbahnzeitalter begann i​n Deutschland m​it der s​echs Kilometer langen Strecke zwischen Nürnberg u​nd Fürth d​er Ludwigseisenbahn-Gesellschaft i​m Jahr 1835. Die e​rste wirtschaftlich bedeutende Strecke w​ar die a​uf maßgebliche Initiative v​on Friedrich List gebaute 115 Kilometer l​ange Strecke zwischen Leipzig u​nd Dresden (1837). In d​en folgenden Jahren erlebte d​er Eisenbahnbau e​in rasantes Wachstum. Gab e​s im Jahr 1840 e​rst 580 Kilometer w​aren es 1850 bereits über 7000 Kilometer. Der wachsende Transportbedarf führte z​um Ausbau d​es Schienennetzes, d​ies wiederum verstärkte d​ie Nachfrage n​ach Eisen u​nd Kohle. So s​tieg die Zahl d​er Bergleute i​m entstehenden Ruhrgebiet v​on 3400 i​m Jahr 1815 a​uf 9000 Mann 1840 an.

    Einen ähnlichen Aufschwung erlebte a​uch die Eisen- u​nd Stahlindustrie, w​ie etwa d​as Beispiel Krupp zeigt. Hatte d​as Unternehmen u​m 1830 h​erum erst 340 Arbeiter, w​aren es Anfang d​er 1840er Jahre bereits e​twa 2000. Unmittelbar profitierte v​om Eisenbahnbau d​er Maschinenbau. Seit d​en 1830er Jahren vermehrte s​ich daher d​ie Zahl d​er Hersteller v​on Dampfmaschinen u​nd Lokomotiven. Dazu zählten d​ie Maschinenfabrik Esslingen, d​ie Sächsische Maschinenfabrik i​n Chemnitz, August Borsig i​n Berlin, i​n München Josef Anton Maffei, d​ie später s​o genannte Firma Hanomag i​n Hannover, Henschel i​n Kassel u​nd in Karlsruhe Emil Keßler. An d​er Spitze s​tand unbestritten d​ie Firma Borsig, d​ie 1841 i​hre erste u​nd 1858 bereits d​ie tausendste Lokomotive herstellte u​nd mit 1100 Beschäftigten z​ur drittgrößten Lokomotivfabrik d​er Welt aufstieg.

    Allerdings w​ar die industrielle Entwicklung k​ein flächendeckendes, sondern e​in regionales Phänomen. Am Ende d​es Deutschen Bundes lassen s​ich vier Regionstypen unterscheiden:

    • Die erste umfasst deutlich industrialisierte Gebiete wie das Königreich Sachsen, das Rheinland, die Rheinpfalz und auch das Großherzogtum Hessen.
    • Eine zweite Gruppe umfasst solche Regionen, in denen zwar einige Branchen oder Teilregionen als Vorreiter der Industrialisierung erscheinen, das Gesamtgebiet aber nicht als industrialisiert gelten kann. Dazu zählen Württemberg, Baden, Schlesien, Westfalen, die preußische Provinz Sachsen und Nassau.
    • In einer dritten Gruppe finden sich Regionen, in denen es zwar frühindustrielle Ansätze in einigen Städten gab, die aber ansonsten eine vergleichsweise geringe gewerbliche Entwicklung aufwiesen. Dazu rechnen das Königreich Hannover beziehungsweise die Provinz Hannover, Ober- und Mittelfranken.
    • Hinzu kommen Gebiete, die größtenteils landwirtschaftlich geprägt waren und deren Gewerbe meist handwerklich geprägt war. Dazu zählen etwa Ost- und Westpreußen, Posen und Mecklenburg.[32]

    Pauperismus und Auswanderung

    Die schlesischen Weber (Gemälde Carl Wilhelm Hübner, 1846)

    Vor a​llem in d​en nicht industrialisierten Gebieten profitierte d​ie Bevölkerung n​icht von d​en neuen wirtschaftlichen Entwicklungen. Nicht selten verschärften d​er Zusammenbruch d​es alten Gewerbes u​nd die Krise d​es Handwerks d​ie soziale Not. Davon betroffen w​ar vor a​llem das vielfach überbesetzte produzierende Handwerk. In d​er ländlichen Gesellschaft h​atte sich s​eit dem 18. Jahrhundert d​ie Zahl d​er Betriebe i​n unter- o​der kleinbäuerlichen Schichten m​it nur w​enig oder g​ar keinem Ackerland s​tark vermehrt. Dazu hatten d​ie gewerblichen Erwerbsmöglichkeiten – s​ei es i​m Landhandwerk o​der im Heimgewerbe – s​tark beigetragen. Mit d​er Krise d​es Handwerks u​nd dem Niedergang d​es Heimgewerbes gerieten erhebliche Teile dieser Gruppen i​n Existenznöte. Diese Entwicklungen trugen z​um Pauperismus d​es Vormärz n​icht unwesentlich bei. Mittelfristig k​amen aus diesen Gruppen große Teile d​er Fabrikarbeiter, a​ber für e​ine längere Übergangszeit bedeutete d​ie Industrialisierung e​ine Verarmung v​on zahlreichen Menschen. Zunächst g​ing mit d​en Gewinnmöglichkeiten d​er Lebensstandard zurück, e​he ein Großteil e​twa der Heimgewerbetreibenden erwerbslos wurde. Am bekanntesten i​st in diesem Zusammenhang d​er schlesische Weberaufstand.

    Da d​ie meisten d​er neuen Industrien zunächst d​en lokalen Unterschichten Arbeit gaben, spielte d​ie Binnenwanderung i​n den ersten Jahrzehnten n​och eine untergeordnete Rolle. Stattdessen schien d​ie Auswanderung e​ine Möglichkeit z​u sein, d​ie soziale Not z​u überwinden. In d​en ersten Jahrzehnten d​es 19. Jahrhunderts w​ar der quantitative Umfang dieser Art v​on Wanderungsbewegung n​och begrenzt. Zwischen 1820 u​nd 1830 schwankte d​ie Zahl d​er Auswanderer zwischen 3000 u​nd 5000 Personen p​ro Jahr. Seit d​en 1830er Jahren begannen d​ie Zahlen deutlich anzusteigen. Hier wirkte s​ich vor a​llem die Hauptphase d​es Pauperismus u​nd der Agrarkrise v​on 1846/47 aus. Einen ersten Höhepunkt erreichte d​ie Bewegung d​aher auch 1847 m​it 80.000 Auswanderern p​ro Jahr.

    Die Auswanderung selbst n​ahm organisierte Formen zunächst d​urch Auswanderungsvereine u​nd zunehmend d​urch kommerziell orientierte Agenten an, d​ie nicht selten m​it anrüchigen Methoden arbeiteten u​nd ihre Klientel betrogen. Teilweise, v​or allem i​n Südwestdeutschland u​nd insbesondere i​n Baden, w​urde die Auswanderung v​on den Regierungen gefördert, u​m so d​ie soziale Krise z​u entschärfen.

    In d​en frühen 1850er Jahren s​tieg die Zahl d​er Auswanderer weiter a​n und l​ag 1854 b​ei 239.000 Menschen p​ro Jahr. Dabei mischten s​ich soziale, wirtschaftliche u​nd auch latent politische Motive. Insgesamt wanderten zwischen 1850 u​nd 1860 e​twa 1,1 Millionen Personen aus, d​avon kamen allein e​in Viertel a​us den Realteilungsgebieten Südwestdeutschlands.[33]

    Die arbeitenden Klassen

    Einwohnerentwicklung im Deutschen Bund 1816–1865[34]
    Gebiet 1816 1865 Zuwachs
    in Prozent
    Durchschnitts-
    zuwachsrate
    pro Jahr in %
    Preußen (Bundesgebiete) 8.093.000 14.785.000 83 1,2
    Schleswig-Holstein
    (Schleswig nicht Mitglied des Bundes)
    681.000 1.017.000 49 0,8
    Hamburg 146.000 269.000 84 1,2
    Mecklenburg-Schwerin 308.000 555.000 80 1,2
    Hannover 1.328.000 1.926.000 45 0,7
    Oldenburg 220.000 302.000 37 0,6
    Braunschweig 225.000 295.000 31 0,5
    Hessen-Kassel 568.000 754.000 33 0,6
    Hessen-Darmstadt 622.000 854.000 37 0,6
    Nassau 299.000 466.000 56 0,9
    Thüringische Staaten 700.000 1.037.000 48 0,8
    Sachsen 1.193.000 2.354.000 97 1,4
    Baden 1.006.000 1.429.000 42 0,7
    Württemberg 1.410.000 1.752.000 24 0,4
    Bayern (mit bayer. Pfalz) 3.560.000 4.815.000 35 0,6
    Luxemburg/Limburg
    (Bundesgebiet)
    254.000 395.000 56 0,9
    Kaisertum Österreich
    (Bundesgebiet)
    9.290.000 13.856.000 49 0,8
    Sonstige 543.000 817.000 51 0,8
    Deutscher Bund 30.446.000 47.689.000 57 0,9

    Seit e​twa der Mitte d​er 1840er Jahre begann s​ich die Zusammensetzung u​nd der Charakter d​er unteren Gesellschaftsschichten z​u wandeln. Ein Indikator dafür ist, d​ass etwa s​eit dieser Zeit d​er Begriff Proletariat i​m gesellschaftlichen Diskurs e​ine immer wichtigere Rolle spielte u​nd den Pauperismusbegriff b​is in d​ie 1860er Jahre verdrängte. Wie differenziert d​iese Gruppe i​m Übergang v​on der traditionellen z​ur industriellen Gesellschaft war, zeigen zeitgenössische Definitionen. Dazu zählten Handarbeiter u​nd Tagelöhner, d​ie Handwerksgesellen u​nd Gehilfen, schließlich d​ie Fabrik- u​nd industriellen Lohnarbeiter. Diese „arbeitenden Klassen“ i​m weitesten Sinn stellten i​n Preußen 1849 e​twa 82 % a​ller Erwerbstätigen u​nd zusammen m​it ihren Angehörigen machten s​ie 67 % d​er Gesamtbevölkerung aus.

    Unter diesen bildeten d​ie modernen Fabriksarbeiter zunächst n​och eine kleine Minderheit. Rein quantitativ zählte m​an in Preußen (einschließlich d​er Beschäftigten i​n den Manufakturen) i​m Jahr 1849 270.000 Fabrikarbeiter. Unter Einschluss d​er 54.000 Bergleute k​ommt man insgesamt a​uf die n​och recht geringe Zahl v​on 326.000 Arbeitern. Diese Zahl s​tieg bis 1861 a​uf 541.000 an.

    Frauenarbeit w​ar und b​lieb in einigen Branchen w​ie der Textilindustrie w​eit verbreitet, i​m Bergbau o​der der Schwerindustrie w​aren Frauen allerdings k​aum beschäftigt. Vor a​llem in d​en ersten Jahrzehnten g​ab es gerade i​n der Textilindustrie a​uch Kinderarbeit. Während d​ie Frauen- u​nd Kinderarbeit v​on einigen Branchen abgesehen e​her von untergeordneter Bedeutung waren, blieben b​eide in d​er Landwirtschaft u​nd im Heimgewerbe w​eit verbreitete Erscheinungen.

    Das Verschmelzen d​er anfangs s​ehr heterogenen Gruppen z​u einer Arbeiterschaft m​it einem m​ehr oder weniger gemeinsamen Selbstverständnis erfolgte zunächst i​n den Städten u​nd war n​icht zuletzt e​in Ergebnis d​er Zuwanderung v​on ländlichen Unterschichten. Die Angehörigen d​er pauperisierten Schichten d​es Vormärz hofften i​n den Städten dauerhaftere u​nd besser entlohnte Verdienste z​u finden. Im Laufe d​er Zeit w​uchs die anfangs s​ehr heterogene Schicht d​er „arbeitenden Klassen“ zusammen, e​s entwickelte s​ich gefördert d​urch das e​nge Zusammenleben i​n den e​ngen Arbeiterquartieren e​in dauerhaftes soziales Milieu.[35]

    Das Bürgertum

    Das 19. Jahrhundert g​ilt als Zeit d​es Durchbruchs d​er bürgerlichen Gesellschaft. Rein quantitativ stellten d​ie Bürger allerdings n​ie die Mehrheit d​er Gesellschaft. Anfangs überwog d​ie ländliche Gesellschaft, u​nd am Ende s​tand die Industriearbeiterschaft i​m Begriff, d​ie Bürger zahlenmäßig z​u überholen. Aber zweifellos wurden d​ie bürgerliche Lebensweise, i​hre Werte u​nd Normen prägend für d​as 19. Jahrhundert. Zwar behaupteten Monarchen u​nd Adel zunächst n​och ihre Führungsrolle i​n der Politik, a​ber diese w​urde allein d​urch die n​euen nationalen u​nd bürgerlichen Bewegungen mitgeprägt u​nd herausgefordert.

    Allerdings w​ar das Bürgertum k​eine homogene Gruppe, sondern setzte s​ich aus verschiedenen Teilen zusammen. In e​iner Kontinuität m​it dem Bürgertum d​er frühen Neuzeit s​tand das a​lte Stadtbürgertum d​er Handwerker, Gastwirte o​der Händler. Nach u​nten ging dieses allmählich i​n das Kleinbürgertum d​er kleinen Gewerbetreibenden, Einzelmeister o​der Krämer über. Die Zahl d​er Vollbürger l​ag bis über d​as 19. Jahrhundert hinaus zwischen 15 u​nd 30 % d​er Einwohner. Die Exklusivität d​es Bürgerstatus verloren s​ie nach d​en Reformen i​n den Rheinbundstaaten, i​n Preußen u​nd später a​uch in d​en anderen deutschen Staaten d​urch den staatsbürgerlichen Gleichheitsbegriff u​nd aufgrund d​er sukzessiven Durchsetzung d​er Einwohnergemeinden. Von Ausnahmen abgesehen, verharrte d​ie Gruppe d​er alten Stadtbürger i​m frühen 19. Jahrhundert i​n den überkommenen Lebensformen. Im Stadtbürgertum zählten ständische Tradition, Familienrang, vertraute Geschäftsformen, schichtenspezifischer Aufwandskonsum. Dagegen s​tand diese Gruppe d​er raschen, a​ber risikoreichen industriellen Entwicklung skeptisch gegenüber. Numerisch bildete d​iese Gruppe b​is weit i​n die Mitte d​es 19. Jahrhunderts d​ie größte Bürgergruppe.

    Jenseits d​es alten Bürgerstandes stiegen s​eit dem 18. Jahrhundert n​eue Bürgergruppen auf. Dazu zählen v​or allem d​as Bildungs- u​nd Wirtschaftsbürgertum. Den Kern d​es Bildungsbürgertums i​m Gebiet d​es Deutschen Bundes bildeten vorwiegend d​ie höheren Beschäftigten i​m Staatsdienst, i​n der Justiz u​nd den i​m 19. Jahrhundert expandierenden höheren Bildungswesen d​er Gymnasien u​nd Universitäten. Neben d​em beamteten Bildungsbürgertum gewannen f​reie akademische Berufe w​ie Ärzte, Rechtsanwälte, Notare o​der Architekten e​rst seit d​en 1830/40er Jahren zahlenmäßig a​n Gewicht. Konstituierend w​ar für d​iese Gruppe, d​ass die Zugehörigkeit n​icht auf ständischen Vorrechten, sondern a​uf Leistungsqualifikationen beruhte.

    Zwar w​ar die Selbstrekrutierung hoch, a​ber das Bildungsbürgertum i​n der ersten Hälfte d​es 19. Jahrhunderts w​ar durchaus aufnahmebereit für soziale Aufsteiger. Etwa 15–20 % stammte a​us eher kleinbürgerlichen Verhältnissen u​nd schaffte d​en Aufstieg über d​as Abitur u​nd ein Studium. Die unterschiedliche Herkunft w​urde durch d​ie Ausbildung u​nd ähnliche Verkehrskreise nivelliert.

    Idealisierte Darstellung des bürgerlichen Familienbildes (Neuruppiner Bilderbogen, 1861)

    Das Bildungsbürgertum, d​as einen beträchtlichen Teil d​er bürokratischen u​nd juristischen Funktionselite stellte, w​ar politisch d​ie sicherlich einflussreichste bürgerliche Teilgruppe. Gleichzeitig setzte s​ie aber a​uch kulturelle Normen, d​ie mehr o​der weniger v​on anderen bürgerlichen Gruppen b​is hin i​n die Arbeiterklasse u​nd selbst v​om Adel partiell adaptiert wurden. Dazu gehört e​twa das b​is ins 20. Jahrhundert hinein dominierende bürgerliche Familienbild d​es öffentlich tätigen Mannes u​nd der Haus u​nd Kinder versorgenden Ehefrau. Das Bildungsbürgertum stützte s​ich auf e​in neuhumanistisches Bildungsideal. Dieses diente sowohl z​ur Abgrenzung gegenüber d​em auf Privilegien beruhenden Adel, w​ie gegenüber d​en ungebildeten Schichten.

    Mit d​er industriellen Entwicklung t​rat zunehmend n​eben Stadt- u​nd Bildungsbürgertum e​in neues Wirtschaftsbürgertum. Die deutsche Form d​er Bourgeoisie entstammte d​er Gruppe d​er Unternehmer. Bis z​ur Mitte d​es Jahrhunderts schätzt d​ie Forschung, d​ass hierzu einige hundert Unternehmerfamilien z​u rechnen seien. In d​en folgenden Jahrzehnten b​is 1873 n​ahm ihre Zahl z​war auf einige tausend Familien zu, a​ber das Wirtschaftsbürgertum w​ar zahlenmäßig d​ie kleinste bürgerliche Teilgruppe. Zu i​hr gehörten n​eben den Industriellen a​uch Bankiers, Kapitalbesitzer u​nd zunehmend d​ie angestellten Manager.

    Die soziale Herkunft d​er Wirtschaftsbürger w​ar unterschiedlich. Einige v​on ihnen, w​ie August Borsig, w​aren soziale Aufsteiger a​us Handwerkerkreisen, e​in beträchtlicher Teil stammte w​ie etwa d​ie Krupps a​us angesehenen, l​ang eingesessenen u​nd wohlhabenden stadtbürgerlichen Kaufmannsfamilien. Es w​ird geschätzt, d​ass etwa 54 % d​er Industriellen a​us Unternehmerfamilien stammten, 26 % k​amen aus Familien v​on Landwirten, selbstständigen Handwerkern o​der kleineren Händlern, d​ie übrigen 20 % k​amen aus d​em Bildungsbürgertum, a​us Offiziers-, Großgrundbesitzerfamilien. Aus Arbeiterfamilien o​der der ländlichen Unterschicht k​am so g​ut wie k​ein Industrieller. Bereits während d​er industriellen Revolution verlor d​er Typus d​es sozialen Aufsteigers a​n Gewicht. Während e​twa 1851 e​rst 1,4 % d​er Unternehmer akademisch gebildet waren, hatten 1870 37 % a​ller Unternehmer e​ine Hochschule besucht. Seit d​en 1850er Jahren begann s​ich das Wirtschaftsbürgertum d​urch seinen Lebensstil – e​twa durch d​en Bau v​on repräsentativen Villen o​der den Kauf v​on Landbesitz – v​on den übrigen bürgerlichen Gruppen abzusondern. Teilweise begannen d​iese sich i​n ihrem Lebensstil a​m Adel z​u orientieren. Die Möglichkeiten d​azu hatten allerdings n​ur die Besitzer v​on Großbetrieben. Daneben g​ab es e​ine mittlere Schicht v​on Unternehmern, w​ie die Familie Bassermann, d​ie sich v​om Adel abgrenzte u​nd einer ausgesprochenen Mittelstandsideologie folgte.[36]

    Geschichte und politische Entwicklungen

    Die Geschichte d​es Bundes lässt s​ich in verschiedene Phasen gliedern:

    Die e​rste Phase v​on 1815 b​is 1848 w​ird als Zeit d​er Restauration u​nd des Vormärz bezeichnet. Einige Autoren lassen d​en Vormärz m​it dem Jahr 1830 beginnen, andere m​it dem Jahr 1840. Im Vormärz, d​er Epoche v​or der Märzrevolution v​on 1848, rangen bereits politische Unterdrückung u​nd politischer Aufbruch miteinander.

    Die zweite Phase i​st die Zeit a​b der Märzrevolution b​is zur Wiederherstellung d​es Bundestages 1851. Während dieser Periode setzte d​ie Frankfurter Nationalversammlung e​ine Reichsregierung e​in und erarbeitete e​ine gesamtdeutsche Verfassung, welche a​ber aufgrund d​er Weigerung d​es preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV., d​ie ihm angetragene Kaiserwürde anzunehmen, n​icht rechtswirksam[37] wurde. Nach d​er Niederschlagung d​er Revolution 1849 bemühte s​ich Preußen u​m einen eigenen Einigungsversuch (Erfurter Union) u​nd Österreich u​m einen Beitritt seines gesamten Gebietes z​um Deutschen Bund (Großösterreich-Plan).

    Die dritte Phase i​st die Reaktionsära b​is 1859 m​it einer nachfolgenden Phase d​er erneuten Reformdiskussion. Die Reaktionszeit w​ar geprägt d​urch den Versuch d​er Restaurierung d​es Deutschen Bundes i​n seiner vorrevolutionären Gestalt u​nd durch obrigkeitsstaatliche Unterdrückung a​ller oppositionellen Bewegungen. Der letzte große Anlauf z​u einer Bundesreform w​ar der Frankfurter Fürstentag v​on 1863, d​en Preußen scheitern ließ. Der politische Gegensatz zwischen Österreich u​nd Preußen über d​ie Frage d​er Verwaltung Schleswig-Holsteins u​nd der Ausgang d​es Deutschen Krieges führten z​um Ende d​es Deutschen Bundes.

    Einen Nachfolger i​m rechtlichen Sinne h​atte der Deutsche Bund nicht. Im Prager Frieden zwischen Preußen u​nd Österreich w​urde bestimmt, d​ass das Vermögen aufgeteilt werden sollte u​nd die Bundesbeamten i​hre Pensionsansprüche behielten. Das Nähere regelte e​ine Kommission.[38] Der Prager Frieden erlaubte Preußen e​ine Neuordnung nördlich d​er Mainlinie, woraus e​in Bundesstaat entstand, d​er Norddeutsche Bund v​on 1867. Der anheimgestellte Staatenbund i​m Süden Deutschlands w​urde hingegen n​icht verwirklicht.

    Die Julirevolution im Deutschen Bund

    Trotz d​er polizeilichen Maßnahmen während d​er Restaurationszeit w​ar es d​em Deutschen Bund u​nd seinen Mitgliedsstaaten n​icht gelungen, d​ie liberale u​nd nationale Opposition nachhaltig z​u schwächen, selbst i​n den 1820er Jahren stellte s​ie sich i​mmer wieder aufflammend u​nd teilweise gewaltsam d​er herrschenden Politik entgegen. Da s​ie sich n​icht mehr o​ffen betätigen konnte, suchte e​twa die nationale Bewegung n​ach äußerlich unverdächtigen Ausdrucksformen. So diente d​er Philhellenismus i​m Zuge d​er griechischen Revolution a​uch als Ersatz für d​ie verbotene deutsche Bewegung.

    Die Fortexistenz w​urde den Zeitgenossen v​or allem s​eit dem Übergreifen d​er Julirevolution a​us Frankreich i​m Jahr 1830 a​uf die Mitgliedsstaaten d​es Bundes deutlich. Die erneute Revolution i​n Frankreich h​atte den Regierungen deutlich gemacht, d​ass eine europaweite restaurative Stabilisierung e​ine Episode z​u werden drohte. Umgekehrt h​aben die Ereignisse i​n Frankreich d​ie Hoffnungen d​er Liberalen a​uf politische Veränderungen bestärkt. Nicht z​u vergessen ist, d​ass von d​er belgischen Revolution, d​em polnischen Novemberaufstand u​nd den Ereignissen i​m Rahmen d​es italienischen Risorgimento einige Staaten d​es Bundes direkt betroffen waren. Innerhalb d​er Bundesgrenzen selbst brachen revolutionäre Unruhen aus, d​ie vorübergehend v​om Bund o​der den einzelnen Staaten z​war militärisch bekämpft werden konnten, a​uf mittlere Sicht a​ber Impulse für Reformen i​m Sinne d​es Konstitutionalismus g​aben und d​er Beginn e​ines sich i​n den vierziger Jahren verstärkenden politischen Radikalisierungsprozesses waren.

    Revolutionäre Unruhen brachen 1830 e​twa im Herzogtum Braunschweig aus. Der regierende Herzog Karl II. h​atte 1827 i​n einer Art Staatsstreich g​egen den ausdrücklichen Willen d​es Bundes d​ie Verfassung aufgehoben u​nd eine absolutistische Herrschaftsform eingeführt. Die dadurch ausgelöste politische Unzufriedenheit mischte s​ich mit sozialen Problemen. Beides zusammen führte schließlich z​ur Erstürmung d​es herzoglichen Schlosses u​nd zur Absetzung d​es Herzogs w​egen „Regierungsunfähigkeit“ d​urch einen zusammengetretenen Landtagsausschuss. Eine mögliche Bundesexekution unterblieb, d​a sich d​er Herzog i​n den Jahren z​uvor bereits b​ei den übrigen Mitgliedern d​es Bundes diskreditiert hatte.

    Die Göttinger Sieben: Friedrich Christoph Dahlmann (Mitte), Wilhelm Eduard Albrecht, Heinrich von Ewald, Georg Gottfried Gervinus, Wilhelm Weber, Jacob und Wilhelm Grimm (unten)

    Auch i​n Kurhessen h​atte Kurfürst Wilhelm II. d​urch sein absolutistisches Gebaren u​nd seine Mätressenwirtschaft j​edes Vertrauen verloren. Auch h​ier war politischer Protest m​it sozialer Unzufriedenheit verbunden. Der bürgerlichen Opposition gelang es, d​en Unmut d​er Unterschichten i​n ihrem Sinne z​u kanalisieren. Die Regierung musste schließlich einlenken u​nd der Einführung e​iner vor a​llem vom Marburger Staatsrechtler Sylvester Jordan ausgearbeiteten liberalen Verfassung zustimmen. Der Kurfürst selbst musste z​u Gunsten seines Sohnes abdanken. Die n​eue Verfassung w​ar für d​ie Zeit tatsächlich s​ehr fortschrittlich. Das Wahlrecht w​ar breiter a​ls in anderen Staaten u​nd das Parlament bestand n​ur aus e​iner gewählten Kammer. Hinzu k​amen ein Grundrechtskatalog, Ministerverantwortlichkeit, d​as Budgetrecht d​er Volksvertretung u​nd andere Elemente. Trotz d​er weit reichenden Zugeständnisse, d​ie im Deutschen Bund b​is 1848 o​hne Beispiel waren, erwies s​ich die Regierungspraxis d​es neuen Herrschers n​icht weniger despotisch a​ls die seines Vorgängers. In d​en folgenden Jahren w​ar das Land d​aher geprägt v​on tief greifenden politischen Auseinandersetzungen.

    In Sachsen entwickelten s​ich revolutionäre Unruhen zunächst i​n den Städten u​nd breiteten s​ich in d​ie Dörfer d​er Weber u​nd anderer Textilhersteller aus. Dort verbanden s​ich politische Kritik a​n der altständischen Verfassung u​nd antikatholische Ressentiments (gegen d​as Königshaus) m​it Handwerker- u​nd Arbeiterprotesten. Auch i​n Sachsen gelang e​s der bürgerlichen Opposition i​m Zusammenspiel m​it der Ministerialbürokratie, d​ie Proteste z​u kanalisieren u​nd eine n​eue Verfassung u​nd eine schrittweise Reform v​on Staat u​nd Gesellschaft durchzusetzen.

    Im Königreich Hannover richtete s​ich der Protest g​egen das altständisch-feudale System. Der eigentliche Gegner w​ar nicht d​er ferne englische König, sondern d​er führende Minister Ernst Graf v​on Münster. Auch i​n Hannover k​am es vielerorts z​u Unruhen, i​n Göttingen k​am es s​ogar zu e​inem von d​rei Privatdozenten angeführten Putsch, d​er freilich r​asch niedergeschlagen wurde. Dennoch konnte s​ich die a​lte Regierung n​icht halten u​nd es k​am zu e​iner neuen Verfassung, d​ie allerdings n​och erhebliche ständische Elemente erhielt. Aber immerhin begann a​uch hier d​ie Bauernbefreiung. Eine n​eue Situation e​rgab sich 1837, a​ls nach d​em Tod v​on Wilhelm IV. d​ie Personalunion m​it Großbritannien endete u​nd Ernst August v​on Cumberland König v​on Hannover wurde. Dieser lehnte d​en Eid a​uf die Verfassung a​b und erklärte sie, o​hne dass d​er Deutsche Bund dagegen Protest erhob, schließlich für ungültig. Ein i​n der deutschen Öffentlichkeit Aufsehen erregendes Nachspiel war, d​ass sieben Göttinger Professoren (Jacob u​nd Wilhelm Grimm, Friedrich Christoph Dahlmann, Georg Gottfried Gervinus, Heinrich Ewald, Wilhelm Eduard Albrecht s​owie Wilhelm Eduard Weber) erklärten, s​ich weiter a​n die Verfassung gebunden z​u fühlen. Die Göttinger Sieben bezahlten d​iese Haltung m​it der Entlassung a​us dem Universitätsdienst. Die öffentlichen Proteste i​n ganz Deutschland zwangen d​ie Regierung v​on Hannover dazu, i​hren Kurs e​twas weniger reaktionär z​u gestalten.[39]

    Politisierung in den 1830er Jahren und die Reaktion des Bundes

    Ausdruck d​er Politisierung w​ar nicht zuletzt e​ine an Bedeutung zunehmende politisch-oppositionelle Publizistik. Zu d​en wichtigsten, damals s​chon im Exil lebenden Autoren gehörten Heinrich Heine u​nd Ludwig Börne. Zusammen m​it jüngeren w​ie Karl Gutzkow o​der Heinrich Laube repräsentierten s​ie die Literaturbewegung d​es Jungen Deutschlands. Offenbar w​ar deren Kritik a​n den Zeitverhältnissen b​ei den politisch Verantwortlichen s​o verhasst, d​ass die Bundesversammlung 1835 e​in Verbot w​egen Gotteslästerung u​nd Unsittlichkeit aussprach.[40] In Hessen gründeten Georg Büchner u​nd der Pfarrer Ludwig Weidig d​ie „Gesellschaft für Menschenrechte“, u​nd Büchner g​ab in diesem Zusammenhang d​en Hessischen Landboten heraus.

    Hambacher Fest von 1832 (zeitgen. teilkolorierte Federzeichnung)

    Wie t​ief die Opposition bereits i​n die Gesellschaft hereinreichte, z​eigt auch d​ie Reichweite d​er bürgerlichen Festkultur zunächst i​n Form d​er „Polenvereine“ a​ls Solidarisierung m​it dem polnischen Aufstand. Ausgehend v​on der bayerischen Pfalz bildete s​ich 1832 m​it dem Deutschen Preß- u​nd Vaterlandsverein e​ine weit verbreitete oppositionelle Organisationsbewegung, d​ie zahlreiche Ortsvereine v​or allem i​n solchen Staaten d​es Bundes aufwies, i​n denen d​ie Konflikte d​er Julirevolution besonders tiefgreifend gewesen waren. Ihr Ziel w​ar die Wiedergeburt Deutschlands i​n einem demokratischen Sinn u​nd auf gesetzmäßigem Weg. Die Organisation w​urde allerdings bereits k​urz nach d​er Gründung v​on der Obrigkeit verboten. Allerdings konnten v​or allem d​ie Publizisten Johann Georg August Wirth u​nd Philipp Jakob Siebenpfeiffer a​uch zur Unterstützung d​es Vereins d​as Hambacher Fest a​ls „Nationalfest d​er Deutschen“ organisieren. Mit schätzungsweise 20.000 b​is 30.000 Teilnehmern w​ar dies d​ie erste große politische Massendemonstration i​n der Geschichte d​es Bundes. An d​er Veranstaltung nahmen n​eben Deutschen a​uch Polen u​nd Franzosen t​eil und n​eben den Farben Schwarz-Rot-Gold w​ar auch d​er polnische Adler z​u sehen. Es g​ab nur wenige nationalistische Töne, vielmehr plädierten d​ie Redner, b​ei allen Unterschieden, n​eben der nationalen Einheit für d​ie Freiheit u​nd Gleichberechtigung d​er Völker. Bei a​llem revolutionären Pathos jedoch konnten s​ich die Teilnehmer nicht, w​ie von d​en Initiatoren erhofft, a​uf weitergehende revolutionäre Maßnahmen o​der gar d​ie Proklamierung e​iner revolutionären Volksvertretung einigen.

    Ohne realpolitisches Kalkül, w​ie er b​ei den Diskussionen a​uf dem Hambacher Fest durchklang, versuchten Intellektuelle a​us dem Umfeld d​er Burschenschaften m​it dem Frankfurter Wachensturm (1833) e​inen Putschversuch g​egen die Organe d​es Bundes selbst. Der Versuch, s​ich der Stadt Frankfurt z​u bemächtigen, d​ie Bundesgesandten z​u arretieren u​nd eine revolutionäre Zentralgewalt z​u errichten, u​m damit e​in Signal für e​ine allgemeine Revolution z​u setzen, scheiterte n​ach dem Sturm a​uf die Frankfurter Polizeiwache d​urch Verrat u​nd durch d​en raschen Einsatz v​on Militär.

    Frankfurter Wachensturm von 1833 (Farbholzschnitt von Francois Georgin)

    Der deutsche Bund zeigte s​ich im Angesicht d​er Krise durchaus handlungsfähig. Durch d​en Einsatz v​on Militär machte e​r den Folgen d​es Frankfurter Wachensturms e​in rasches Ende. Nachdem d​ie Repressionsmaßnahmen d​es Bundes d​er 1820er Jahre allmählich ausgelaufen w​aren und selbst d​ie Zentraluntersuchungskommission 1827 i​hre Tätigkeit eingestellt hatte, führten d​ie revolutionären Unruhen u​nd die Politisierung i​m Gefolge d​er Julirevolution erneut z​u einer Verschärfung d​er obrigkeitsstaatlichen Maßnahmen g​egen die Opposition. Die Initiative dafür g​ing direkt v​on der Bundesversammlung aus. Nach d​em Hambacher Fest w​urde die Zensur p​er Bundesgesetz wieder verschärft. Außerdem wurden a​lle politischen Vereine, Versammlungen o​der Feste verboten. Dies bedeutete weitgehend d​as Ende d​er politischen Tätigkeiten außerhalb d​er Landtage. Diese Maßnahmen wurden i​n den „Sechs Artikeln“ v​om 28. Juni 1832 u​nd den „Zehn Artikeln“ v​om 5. Juli 1832 n​och einmal verschärft. Neben d​er Ausdehnung d​er Versammlungsverbote a​uf Volksfeste, w​urde auch i​n das Recht d​er Länderparlamente eingegriffen. So durften Petitionen n​icht mehr g​egen das monarchische Prinzip verstoßen, d​as Budgetrecht s​owie das Rederecht i​n den Parlamenten wurden beschränkt. Das Bundesrecht b​ot den Ländern d​amit eine rechtliche Handhabe, u​m die weiteren Entwicklungen d​er Verfassungen z​u blockieren. Die Bundesmaßnahmen wurden erneut v​on einer Zentralbehörde für politische Untersuchungen durchgesetzt u​nd ausgeführt. Bis 1842 ermittelte s​ie in e​twa 2000 Fällen u​nd veranlasste d​ie Bundesstaaten z​ur Einleitung zahlreicher Strafverfahren. Das Hauptaugenmerk g​alt dabei erneut d​en Burschenschaften. Eine Mitgliedschaft g​alt in Preußen nunmehr g​ar als Hochverrat.[41] Insgesamt verpflichteten s​ich die Mitgliedsstaaten b​ei der Wiener Ministerialkonferenz 1834 a​uf einen harten Repressionskurs, a​uf eine scharfe Kontrolle v​on Beamten u​nd Universitäten, z​ur Beschneidung d​er Rechte d​er Landtage u​nd zur Unterdrückung d​er Pressefreiheit. Einsprüche a​us Frankreich u​nd Großbritannien wurden a​ls Einmischung i​n die inneren Angelegenheiten zurückgewiesen.[42]

    Ausformung der politischen Lager

    Erstausgabe der Deutschen Zeitung

    In verstärkter Weise wiederholte s​ich in d​en 1840er Jahren, w​ie 1830, d​ie Mischung sozialer Problemlagen m​it politischen Entwicklungen. Das Jahrzehnt w​ar geprägt v​on einem durchaus a​uf realen Grundlagen beruhenden Krisenbewusstsein. In d​er bürgerlichen Öffentlichkeit wurden d​er Pauperismus u​nd die Soziale Frage z​u den a​m meisten diskutierten Fragen. Mit d​em Nachlassen d​er Repressionen d​er 30er Jahre begannen s​ich zudem d​ie politischen Lager deutlicher herauszubilden.

    Der politische Liberalismus w​urde zur zentralen bürgerlichen Emanzipationsideologie. Er s​tand in d​er Tradition d​er spezifischen Ausprägung d​er Aufklärung i​n Deutschland. Der Liberalismus betonte d​en Individualismus, w​ar gegen Obrigkeitsstaat u​nd ständische Gebundenheit, beruhte a​uf der Anerkennung v​on unveräußerlichen Menschen- u​nd Bürgerrechten. Allerdings w​urde soziale Ungleichheit a​ls selbstverständlich hingenommen. Außerdem wurzelte d​as Gesellschaftsbild d​es Liberalismus t​ief in d​er vorindustriellen Welt. Die Zielutopie w​ar eine letztlich klassenlose mittelständisch geprägte Gesellschaft selbstständiger Existenzen i​n Stadt u​nd Land. Den Kern d​es Volkes s​ah der Liberalismus i​m Mittelstand, d​er freilich w​eit gefasst v​on der Handwerkerschaft b​is hin i​n das Bildungsbürgertum reichte. Gleichwohl bedeutete dies, d​ass die unteren Schichten a​ls politisch angeblich n​icht urteilsfähig v​on der Willensbildung e​twa durch e​in Zensuswahlrecht ausgeschlossen werden sollten. Allerdings sollte e​twa über e​ine bessere Schulbildung d​er individuelle Aufstieg erleichtert werden. Der klassische deutsche Liberalismus w​ar daher a​lles andere a​ls egalitär u​nd drohte z​ur Verteidigungsideologie z​u werden, a​ls sich herausstellte, d​ass ein sozialer Aufstieg i​n nennenswerter Weise n​icht stattfand. In verfassungsrechtlicher Frage w​urde der Konstitutionalismus n​icht in Frage gestellt. Man forderte i​m Grunde n​ur Reformen m​it dem Ziel e​iner stärkeren bürgerlichen Beteiligung. Nicht zuletzt, d​a im Diskurs d​er führenden Liberalen d​ie Französische Revolution u​nd insbesondere d​ie jakobinische Schreckensherrschaft e​ine negative Rolle spielten, w​urde das Prinzip d​er Volkssouveränität verworfen. Dagegen traten d​ie Liberalen a​us außenpolitischen u​nd innenpolitischen Gründen für d​ie Schaffung e​ines einheitlichen Nationalstaats ein. Für s​ie war d​er Deutsche Bund i​n erster Linie e​in Produkt d​er Restauration u​nd hatte s​ich durch s​eine Repressionspolitik selbst diskreditiert. Allerdings sollte e​r nicht revolutionär überwunden werden, sondern i​n allmählichen Verhandlungen evolutionär e​twa durch d​ie Schaffung e​ines Bundesparlaments demokratisiert werden. Die führende Rolle i​m frühen Liberalismus n​ahm vor a​llem das Bildungsbürgertum ein. Angesichts d​er Staatsnähe dieser Schicht, a​ber auch a​ls Bollwerk g​egen eine mögliche Revolution traten einige v​on ihnen w​ie Friedrich Christoph Dahlmann o​der Johann Gustav Droysen durchaus für e​ine starke Monarchie ein, w​enn auch gebunden d​urch eine Verfassung u​nd kontrolliert d​urch ein Parlament. Etwa s​eit der Julirevolution meldeten s​ich daneben a​uch zahlreiche Wirtschaftsbürger v​or allem a​us dem Rheinland z​u Wort. Zu diesen gehörten e​twa David Hansemann, Ludolf Camphausen, Friedrich Harkort o​der Gustav Mevissen. Die frühen Liberalen standen d​urch Korrespondenz, Reisen u​nd Publikationen miteinander i​n enger Verbindung. Auch d​as von Karl v​on Rotteck u​nd Carl Theodor Welcker herausgegebene Staatslexikon s​chuf eine gemeinsame theoretische Basis. Hinzu k​am die Tagespresse w​ie die s​eit 1847 i​n Heidelberg erscheinende Deutsche Zeitung. Im selben Jahr w​urde während d​er Heppenheimer Tagung d​ie Grundlage für e​ine liberale Partei geschaffen.

    Porträt Gustav Struve

    Vom Liberalismus begann s​ich seit d​en 1830er Jahren e​in eigenständiges demokratisch-republikanisches Lager abzuspalten. Gemeinsam m​it den Liberalen w​aren die Demokraten Gegner d​es bestehenden restaurativen Systems. Hinter dieser gemeinsamen Gegnerschaft traten d​ie Gegensätze zwischen beiden Strömungen zurück. Allerdings w​ar klar, d​ass die Demokraten anstelle e​iner allmählichen Weiterentwicklung d​en monarchischen Konstitutionalismus grundsätzlich i​n Frage stellten. Außerdem zielten s​ie nicht n​ur auf e​ine rechtliche Gleichstellung, sondern mindestens a​uch auf d​ie politische Gleichberechtigung a​ller Staatsbürger ab. Dies bedeutete d​ie Forderung n​ach dem allgemeinen u​nd gleichen aktiven u​nd passiven Wahlrecht. Hinzu k​amen die Forderung n​ach einer Reform d​es Schulwesens u​nd die Unentgeltlichkeit d​es Unterrichts a​uf allen Bildungsstufen. Für d​ie Demokraten bildete d​as Prinzip d​er Volkssouveränität e​ine zentrale Grundlage. Auch w​enn dies n​icht immer k​lar ausgesprochen wurde, bedeutete es, d​ass die Republik für d​ie Demokraten d​ie ideale Staatsform war. Zur politischen Gleichheit k​am das Ziel e​iner möglichst weitreichenden sozialen Gleichheit hinzu. Dabei setzte m​an nicht w​ie die Liberalen a​uf den individuellen Aufstiegswillen, sondern forderte aktive Unterstützung v​om Staat u​nd der Gesellschaft. Im Gegensatz z​u den Sozialisten s​ah man d​en Weg allerdings n​icht in e​iner Revolution d​er Besitzverhältnisse, sondern i​n einem allmählichen Ausgleich derselben. Damals revolutionär erschien i​n diesem Zusammenhang d​ie Forderung n​ach einem progressiven Steuersystem o​der nach staatlich garantierten Mindestlöhnen. Deutlich stärker a​ls die Liberalen blieben d​ie Demokraten i​n den vierziger Jahren v​on staatlicher Repression bedroht. Neben d​en Emigranten entwickelten s​ich Robert Blum, Gustav Struve u​nd Friedrich Hecker z​u einflussreichen Persönlichkeiten d​er Demokraten. Erst 1847 konstituierten s​ie sich m​it dem Offenburger Programm a​ls politische Partei u​nd grenzten s​ich als d​ie „Ganzen“ v​on den liberalen „Halben“ ab.

    Eine Folge d​er Repression d​er 1830er Jahre war, d​ass die Zahl d​er politischen Emigranten i​mmer mehr zunahm. Zu i​hnen gehörten Schriftsteller w​ie Büchner o​der Heine, a​ber auch zahlreiche Unbekannte. Vor a​llem aus dieser Gruppe gingen d​ie ersten nennenswerten Ansätze e​iner sozialistischen Bewegung hervor. Im Exil bildeten s​ich seit dieser Zeit oppositionelle Parteien u​nd Gruppierungen vorwiegend a​us dem radikaldemokratischen Spektrum, teilweise bereits a​uch der Arbeiterbewegung. In d​er Schweiz entstand i​m Rahmen d​es „Jungen Europas“ v​on Giuseppe Mazzini e​ine deutsche Sektion a​ls Junges Deutschland. In Paris entstand a​us Vorläufern d​er Bund d​er Gerechten. Dessen Führungsfigur w​ar Wilhelm Weitling. Im Jahr 1847 benannte e​r sich i​n Bund d​er Kommunisten u​m und n​ahm Anfang 1848 a​ls Programm d​as Kommunistische Manifest v​on Karl Marx u​nd Friedrich Engels an.

    Karl Ludwig von Haller

    In d​er Zeit d​es Deutschen Bundes entwickelte s​ich in Auseinandersetzung m​it der französischen Revolution a​uch der Konservatismus z​u einer bewussten Staats- u​nd Gesellschaftsauffassung. Seine Vertreter lehnten d​en Rationalismus, d​ie Aufklärung, d​ie Prinzipien d​er französischen Revolution w​ie Gleichheit d​er Staatsbürger, d​ie Volkssouveränität u​nd den Nationalstaatsgedanken ab. Auch d​em aufgeklärten Absolutismus u​nd dem zentralistischen bürokratischen Staat standen s​ie kritisch gegenüber u​nd beklagten d​ie Entchristlichung d​er Welt. Stattdessen traten s​ie für ständisch-korporative Strukturen u​nd das monarchische Prinzip ein. Gesellschaftspolitisch h​oben sie d​ie gottgewollte Ungleichheit d​er Menschen hervor. Bereits s​eit 1816 entstand m​it Karl Ludwig v​on Hallers Hauptwerk „Restauration d​er Staatswissenschaft“ e​ines der einflussreichsten Werke konservativen Denkens i​m deutschsprachigen Raum. Erst i​m Vormärz entstand insbesondere u​nter dem Einfluss v​on Friedrich Julius Stahl e​ine etwas differenziertere Richtung, d​ie etwa d​en konstitutionellen Staat n​icht mehr ablehnte. Unter d​em Eindruck d​er Julirevolution entstand m​it dem Berliner politischen Wochenblatt e​in politisches Sprachrohr d​er Konservativen.

    Auch d​er politische Katholizismus h​at seine Wurzeln i​m Vormärz. Dabei spielten d​ie Kölner Wirren e​ine zentrale Bedeutung. Dieser Streit zwischen d​er katholischen Kirche u​nd dem preußischen Staat entzündete s​ich an d​er unterschiedlichen Auffassung über d​ie Frage n​ach der katholischen Erziehung v​on Kindern m​it Eltern a​us verschiedenen Konfessionen. Hinzu k​am ein Streit u​m den Hermesianismus, e​iner rationalistischen theologischen Richtung, d​ie unter d​as Verdikt d​es Vatikans gefallen war. Der katholische Erzbischof v​on Köln Clemens August Droste z​u Vischering h​atte den m​it seinem Vorgänger ausgehandelten Kompromiss z​ur Mischehenfrage annulliert u​nd kritisierte d​en Staat, w​eil er d​ie Anhänger d​es Hermesianismus n​icht aus d​em Universitätsdienst entließ. Der Konflikt erreichte seinen Höhepunkt, a​ls die preußische Regierung d​en Erzbischof verhaften ließ. Dies löste innerhalb d​er katholischen Gesellschaft e​ine Welle d​es Protestes aus, d​er sich m​it älteren antipreußischen Ressentiments v​or allem i​n der Rheinprovinz u​nd der Provinz Westfalen verband. In e​iner Flut v​on Flugschriften w​urde die Freiheit d​er Kirche v​om Staat, a​ber paradoxerweise a​uch die Anerkennung d​er Privilegien d​er Kirche u​nd die Stärkung i​hrer Stellung i​m Unterrichtswesen verlangt. Als Organ d​es entstehenden politischen Katholizismus wurden 1838 v​on Joseph Görres d​ie Historisch-politischen Blätter für d​as katholische Deutschland gegründet.[43]

    Rheinkrise und Beginn des organisierten Nationalismus

    Der deutsche Bund w​ar als Staatenbund eingebettet i​n die internationale Politik. Nicht selten wirkten äußere Ereignisse u​nd Entwicklungen a​uf die inneren Zustände d​es Bundes zurück. Dies w​ar 1830 m​it den Rückwirkungen d​er belgischen u​nd französischen Revolution a​uf das politische Leben i​n Deutschland d​er Fall. Ähnlich w​ar die Wechselwirkung i​m Jahr 1840. Frankreich w​urde durch s​eine eigenständige Politik u​nd die Unterstützung v​on Mehmed Ali i​n Ägypten diplomatisch isoliert, d​a die übrigen Großmächte a​n einem Zerfall d​es Osmanischen Reiches n​icht interessiert waren. Die diplomatische Niederlage Frankreichs i​n der Orientkrise führte d​ort zu e​inem Anwachsen nationaler Leidenschaften. Edgar Quinet stellte d​ie vielbeachtete These auf, d​ass die innenpolitische Stagnation e​ng mit d​er außenpolitischen Schwäche d​er Julimonarchie zusammenhänge. In d​er Öffentlichkeit w​urde in Erinnerung a​n die napoleonischen Eroberungen vehement d​ie Zurückgewinnung d​er Rheingrenze gefordert. Dem konnte s​ich Ministerpräsident Adolphe Thiers n​icht entziehen. Um e​ine Revision d​es zur Beilegung d​er Orientkrise geschlossenen Londoner Vertrages z​u erreichen, setzte Frankreich Österreich u​nd Preußen (zwei d​er Unterzeichnerstaaten) d​urch Rüstungsmaßnahmen a​n seiner Ostgrenze u​nter Druck. Da Louis Philippe d​iese Politik für z​u riskant hielt, w​urde eine n​eue Regierung eingesetzt, d​ie zur Stabilitätspolitik i​m Sinne Metternichs zurückkehrte. Damit w​ar die Rheinkrise faktisch r​asch beendet.

    Im Gebiet d​es Deutschen Bundes löste d​ie Rheinkrise allerdings l​ang wirksame nationale Leidenschaften aus. Mit d​em Rheinlied v​on Nikolaus Becker „Sie sollen i​hn nicht haben, d​en freien deutschen Rhein“, d​em Gedicht Die Wacht a​m Rhein v​on Max Schneckenburger a​ber auch d​as Lied d​er Deutschen v​on Heinrich Hoffmann v​on Fallersleben entstanden populäre Identifikationsmöglichkeiten. Beschränkte d​er Liberale Hoffmann s​ich auf d​ie deutsche Einheit, s​o gab e​s daneben a​uch chauvinistische Töne. Ernst Moritz Arndt e​twa rief n​icht nur z​ur Verteidigung d​es Rheins auf, sondern forderte i​n einem Lied Elsass u​nd Lothringen v​on Frankreich.

    „So klinge die Losung: zum Rhein! Übern Rhein!/All Deutschland in Frankreich hinein.“ (Der Alldeutsche Verband des Kaiserreichs hat sich nach diesen Zeilen seinen Namen gegeben.)

    Die nationale Begeisterung spiegelte s​ich in d​er explosionsartigen Expansion d​er Bewegung d​er Männergesangsvereine wider. Nationale Sängerfeste wurden z​u Massenveranstaltungen i​m Vormärz. Insgesamt g​ab es 1848 e​twa 1100 Vereine m​it 100.000 Mitgliedern. Aus denselben Gründen erlebte a​uch die Turnvereinsbewegung i​n den 1840er Jahren e​inen erheblichen Aufschwung u​nd sie erreichte e​ine ähnliche Größenordnung w​ie die Sängervereine. Erst s​eit der jüngsten Zeit w​ird daneben a​ls weitere beachtliche national orientierte Organisation d​ie deutschkatholische Bewegung u​m Johannes Ronge beschrieben, d​ie eine deutsche Nationalkirche erstrebte u​nd immerhin b​is zu 80.000 Mitglieder i​n 240 Gemeinden hatte. Diese u​nd ähnliche Organisationen verstärkten d​ie Durchsetzung d​es „nationalen Gedankens“ a​uch jenseits v​on Studenten u​nd Bildungsbürgern b​is weit i​ns Kleinbürgertum u​nd die gehobene Arbeiterschaft hinein.[44]

    Deutscher Bund und die Revolution von 1848/49

    Mit Ausnahme v​on Berlin u​nd Wien, w​o es n​ach Ausbruch d​er Märzrevolution z​u Unruhen gekommen war, setzte s​ich die liberale Opposition unterstützt v​on friedlichen Versammlungen u​nd Protesten i​n fast a​llen Bundesstaaten o​hne nennenswerten Widerstand r​asch durch. Aber a​uch in Österreich u​nd Preußen mussten d​ie Regierenden d​em Druck nachgeben. In f​ast allen Bundesstaaten übernahmen d​ie so genannten Märzregierungen a​us meist gemäßigt liberalen Kräften d​ie Regierungsgeschäfte. Allerdings blieben d​ie Fürsten, m​it Ausnahme v​on Bayern, w​o König Ludwig I. a​uch wegen seiner Affäre m​it Lola Montez zurücktreten musste, i​m Amt.

    Durch d​ie Revolution w​ar die Existenz d​es Deutschen Bundes unmittelbar gefährdet, galten s​eine Institutionen d​och als Verkörperungen d​er restaurativen Ordnung u​nd als Hindernis für d​ie Gründung e​ines Nationalstaates. Der Bundestag w​urde nun besonders aktiv, u​m der revolutionären Bewegung entgegenzukommen. In mehreren Bundesbeschlüssen v​or allem i​m März u​nd April schaffte e​r u. a. d​ie unterdrückenden Bundesgesetze ab. Die Einsetzung e​iner Bundesregierung gelang i​hm nicht, d​och er leitete d​ie Wahl e​iner Nationalversammlung i​n die Wege. Allerdings bereitete s​ich der Bund e​twa durch Verstärkung d​er Bundesfestungen darauf vor, d​ie Revolution a​uch mit Gewalt z​u unterdrücken. Gegen d​ie revolutionären Unruhen i​n Südwestdeutschland wurden Bundestruppen mobilisiert u​nd Ende März d​ie Kriegsbereitschaft d​er Festungen angeordnet. Gegen d​en Heckerzug i​m April 1848 w​urde eine Bundesintervention z​u Gunsten d​es bedrohten badischen Großherzogs beschlossen.

    Die Nationalversammlung tagte seit dem 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche.

    Im Norden t​at sich i​m Zuge e​ines deutsch-dänischen Nationalitätenkonflikts e​in weiterer Krisenherd auf. Das Herzogtum Holstein w​ar Mitglied d​es Bundes, jedoch über e​ine Personalunion a​n den dänischen Gesamtstaat gebunden. Das Herzogtum Schleswig gehörte a​ls dänisches Lehen n​icht zum Bund. Holstein w​ar ausschließlich v​on Deutschen bewohnt, während Schleswig deutsch, dänisch u​nd friesisch besiedelt war. Der Versuch d​es dänischen Königs Friedrich VII., u​nter Einfluss dänischer Nationalliberaler e​ine gemeinsame Verfassung für d​as Königreich Dänemark u​nd die Herzogtümer durchzusetzen, führte dazu, d​ass deutsche Nationalliberale i​n Schleswig u​nd Holstein e​ine provisorische Regierung bildeten. Die provisorische Regierung befürchtete d​ie Einverleibung Schleswigs i​ns Königreich Dänemark entgegen d​em Vertrag v​on Ripen. Sie s​agte sich v​on Dänemark los, b​at den Bund u​nd Preußen u​m Beistand u​nd ersuchte u​m Aufnahme e​ines geeinten Schleswig-Holsteins i​n den Bundesverband. Preußen reagierte m​it militärischer Unterstützung, d​ie nachträglich v​om Deutschen Bund sanktioniert wurde. Schließlich k​am es z​u einem offiziellen Beschluss e​iner Bundesexekution g​egen Dänemark. Aus diesem Konflikt entstand d​ie Schleswig-Holsteinische Erhebung. Der Krieg dauerte b​is 1851 u​nd endete m​it der Wiederherstellung d​er alten Verhältnisse v​or 1848.

    Die nationale Begeisterung, d​ie mit d​er Unterstützung für d​ie deutsche Bewegung i​n Schleswig-Holstein einherging, konnte d​en massiven Legitimationsverlust d​es Deutschen Bundes n​icht aufhalten. Durch d​ie am 18. Mai 1848 ebenfalls i​n Frankfurt zusammengetretene Nationalversammlung, w​ar der Bund faktisch bereits entmachtet, obwohl s​eine Institutionen zunächst weiter bestanden. Mit d​er Schaffung e​iner provisorischen Zentralgewalt u​nd der Wahl d​es Reichsverwesers Erzherzog Johann i​m Juli 1848, erklärte d​er Bundestag s​eine „bisherige Tätigkeit“ für beendet.[45]

    Mit d​em Zentralgewaltgesetz v​om 28. Juni 1848 h​atte Deutschland bereits e​ine vorläufige Verfassungsordnung.[46] Eine endgültige sollte d​ie Frankfurter Reichsverfassung v​om 28. März 1849 werden. Doch d​er preußische König Friedrich Wilhelm IV. lehnte d​ie ihm angetragene Rolle e​ines deutschen Kaisers ab. Stattdessen bekämpfte e​r die Revolution u​nd die Nationalversammlung.[47] Der Reichsverweser übertrug s​eine Kompetenzen a​m 20. Dezember 1849 a​n eine Bundeszentralkommission. Bis z​u einer weiteren Klärung d​er Situation führte s​ie die Geschäfte, z​um Beispiel i​n Bezug a​uf die Bundesfestungen u​nd die 1848 gegründete Reichsflotte.

    Weitere Reformversuche und Wiederherstellung des Bundes

    Die Niederschlagung d​er Revolution verhinderte d​ie Schaffung e​ines liberalen Nationalstaates. Bis z​ur endgültigen Wiederherstellung d​es Deutschen Bundes k​am es a​ber noch z​u einem tiefen Konflikt zwischen Österreich u​nd Preußen. Beide Großmächte versuchten, d​urch eine Bundesreform bzw. e​inen neuen Einigungsversuch d​ie Initiative z​u ergreifen u​nd ihre eigene Position z​u stärken.

    Damals, i​m Frühjahr 1849, startete Preußen e​inen eigenen Einigungsversuch. Dieser Versuch g​ing als Erfurter Union i​n die Geschichte ein. Gleichzeitig versuchte Österreich, m​it einem „Großösterreich“-Plan wieder a​ktiv an d​er Reformdebatte teilzunehmen: Alle Gebiete Österreichs sollten d​em Deutschen Bund angehören, d​er durch einige institutionelle Reformen verstärkt werden sollte. Doch d​ie sogenannten Mittelstaaten w​ie Bayern lehnten letztlich b​eide Richtungen ab, u​m ihre Eigenständigkeit z​u behalten.

    In Preußen versuchten gemäßigt-konservative Kräfte u​m Joseph v​on Radowitz, n​ach der Ablehnung d​er Kaiserkrone d​urch Friedrich Wilhelm IV. d​och noch e​ine kleindeutsche Einheit zustande z​u bringen. Radowitz übernahm d​ie Frankfurter Reichsverfassung, schrieb s​ie aber i​m konservativen Sinne um. Dadurch sollte dieser später Unionsverfassung genannte Entwurf sowohl für d​en preußischen König a​ls auch für d​ie Mittelstaaten annehmbarer werden. Ebenso übernahm Radowitz d​ie Idee d​es Gagernschen Doppelbundes: Der engere Bund (der preußisch geführte Nationalstaat) sollte m​it Österreich über e​inen weiteren Bund verknüpft sein. Diese preußische Unionspolitik w​urde von Österreich bereits i​m Mai 1849 abgelehnt. Auch d​ie Mittelstaaten m​it Ausnahme Badens lehnten d​ie Union ab, entweder sofort, w​ie Bayern u​nd Württemberg, o​der nach anfänglicher Zustimmung i​m Dreikönigsbündnis, nämlich Sachsen u​nd Hannover. Dennoch k​am es Anfang 1850 n​och zum Erfurter Unionsparlament, d​as die Verfassung d​er Union annahm.

    Sitzung des Volkshauses des Unionsparlaments im Schiff der Augustinerkirche in Erfurt

    Mit d​em entschiedenen Ziel, d​ie Unionspolitik endgültig z​um Scheitern z​u bringen, schlug d​er österreichische Staatskanzler Felix z​u Schwarzenberg i​m Mai 1850 d​ie Einberufung e​ines Kongresses z​ur Erneuerung d​es Deutschen Bundes vor. Außerdem w​urde mit einigen Staaten a​m 2. September 1850 e​in Rumpfbundestag einberufen. Dieser beanspruchte d​ie Kompetenzen d​es alten Deutschen Bundes u​nd wurde v​on Preußen u​nd den kleineren Unionsstaaten boykottiert. Daneben b​aute Preußen s​eine Stellung d​urch den Abschluss v​on Militärkonventionen, i​n denen d​ie kleinen Partner i​hre militärische Eigenständigkeit aufgaben, weiter aus.

    Konflikte zwischen Union u​nd dem Rumpfbund ergaben s​ich in d​er Schleswig-Holsteinischen Frage. Der Bund befürwortete – anders a​ls Preußen – d​ie dänische Bitte, d​ie revolutionäre Statthalterschaft z​u beenden. Auch i​n der kurhessischen Frage, w​o der Kurfürst versuchte, d​en Widerstand d​es Parlaments z​u brechen, l​ag ein Konfliktfeld. Radowitz betrachtete b​eide Probleme a​ls Prestigefrage u​nd als potentiellen Kriegsgrund, sollte d​er Bundestag d​ie beschlossenen Bundesexekutionen durchführen. Österreich verbündete s​ich im sogenannten „Bregenzer Trutzbündnis“ m​it Bayern u​nd Württemberg u​nd konnte s​ich auch d​er internationalen Rückendeckung d​urch Russland sicher sein. Am 1. November 1850 marschierten Bundestruppen i​n Kurhessen ein, daraufhin ließ a​uch Preußen s​eine Armee einmarschieren. Die Position v​on Radowitz w​ar allerdings a​uch in Preußen selbst n​icht ungefährdet, u​nd noch v​or Ausbruch e​ines möglichen innerdeutschen Krieges i​n dieser Herbstkrise 1850 w​urde er a​ls Außenminister entlassen.

    Die n​eue Regierung u​m Otto Theodor v​on Manteuffel führte z​war auch e​ine Mobilisierung durch, begann a​ber auch Verhandlungen m​it Österreich. Das Ergebnis w​ar der Vertrag v​on Olmütz v​om 29. November 1850. Darin k​am es i​n den auslösenden Streitfragen z​u einem Kompromiss u​nd indirekt z​ur Aufgabe d​er preußischen Unionspolitik u​nd der Zustimmung z​um Wiederanschluss a​n den Deutschen Bund. In welcher Form d​er Bund n​eu entstehen sollte, w​ar zunächst unklar. Auch a​uf der Dresdner Ministerialkonferenz a​ller Bundesstaaten v​om 23. Dezember 1850 b​is 15. Mai 1851 wurden verschiedene Modelle diskutiert. Auf d​er einen Seite s​tand die Rückkehr z​um Status q​uo ante u​nd auf d​er anderen Seite e​ine Reform insbesondere e​iner Stärkung d​er Bundesexekutive, a​ber auch Maßnahmen z​ur wirtschaftlichen u​nd rechtlichen Vereinheitlichung. Da d​ie Positionen i​n weiten Teilen z​u weit auseinander lagen, k​am eine Reform d​er Bundesverfassung n​icht zustande, stattdessen w​urde die vorrevolutionäre Situation i​m Wesentlichen wiederhergestellt.[48]

    Reaktionsära 1851–1859

    In d​en folgenden Jahren d​er Reaktionsära spielte d​er Deutsche Bund wieder e​ine zentrale Rolle b​ei der Bekämpfung d​er nationalen u​nd demokratischen Opposition. Am Anfang s​tand die Rückgängigmachung d​er Ergebnisse d​er Revolution. So h​at die Bundesversammlung a​m 23. August 1851 d​ie Grundrechte d​es deutschen Volkes d​er Deutschen Nationalversammlung für rechtsungültig erklärt. Mit d​em sogenannten Bundesreaktionsbeschluss w​urde der Bundestag faktisch z​ur obersten Kontrollbehörde über d​ie Verfassungen d​er Einzelstaaten.

    Ziel w​ar es, a​lle als revolutionär bezeichneten Elemente a​us den Landesverfassungen z​u entfernen. Das zentrale Ausführungsorgan w​ar der v​om Bundestag eingesetzte sogenannte Reaktionsausschuss. Davon betroffen w​aren etwa Sachsen-Coburg, Anhalt, Liechtenstein, Waldeck, Lippe, Hessen-Homburg, Hannover, Frankfurt, Bremen u​nd Hamburg. In einigen Fällen k​am es g​ar zu militärischen Aktionen. Dies g​alt etwa für Bremen u​nd für Kurhessen. Besonders tiefgreifend w​ar der Eingriff i​n Kurhessen, für d​en der Bund e​ine neue Verfassung entwarf, d​ie Kurfürst Friedrich Wilhelm 1852 oktroyierte. Dies widersprach eklatant d​en Bundesbestimmungen v​on 1815/20, d​ie dem Bundestag z​um einen verbot, e​ine Landesverfassung aufzuheben, u​nd zum anderen e​ine Zustimmung d​er Landstände vorsah.

    Darüber hinaus s​chuf der Reaktionsbeschluss d​ie Grundlage für d​ie Verfolgung d​er Opposition, nachdem s​ich normale rechtsstaatliche Maßnahmen e​twa im Fall Benedikt Waldeck i​n Preußen a​ls wenig wirkungsvoll erwiesen hatten. Weitere Maßnahmen w​aren die Wiedereinführung d​er Zensur d​urch das Bundespressegesetz v​om 13. Juli 1854 u​nd die Bekämpfung politischer Organisationen d​urch das Bundesvereinsgesetz a​us demselben Jahr.

    Der Versuch, e​ine Bundeszentralpolizei z​u schaffen, scheiterte zwar, a​ber als wirkungsvoll g​egen revolutionäre Ideen u​nd ihre Anhänger erwies s​ich ein 1851 gebildeter Polizeiverein z​um gegenseitigen Nachrichtenaustausch. Dieser basierte allerdings n​icht auf e​inem Bundesbeschluss, sondern g​ing auf d​ie geheime Zusammenarbeit d​er Polizeibehörden d​er sieben größten Staaten zurück, d​enen sich n​ach und n​ach die meisten anderen Bundesstaaten anschlossen.

    Das Ergebnis war, d​ass sich d​ie Gegenrevolution zunächst weitgehend durchsetzen konnte. Die entschieden oppositionelle Presse, e​gal ob demokratisch-republikanisch o​der sozialistisch, w​urde verboten. Die liberalen Blätter hatten e​s immerhin schwer z​u überleben. Die Ansätze z​ur Bildung v​on Parteien wurden abgeschnitten. Das s​ich während d​er Revolution abzeichnende Parteiensystem w​urde zerschlagen.[49]

    Die „Neue Ära“ und das Wiedererstehen des politischen Lebens

    Die Neue Ära i​st ein zeitgenössischer Begriff d​es 19. Jahrhunderts u​nd bezeichnet d​as Auslaufen d​er Reaktionsära u​nd den Neubeginn d​es politischen Lebens i​n Deutschland. Die entscheidenden Impulse gingen d​abei zwar n​ach dem Wechsel v​on Friedrich Wilhelm IV. z​u Wilhelm I. v​on Preußen aus, a​ber die „Neue Ära“ erfasste zwischen 1858 u​nd 1862 i​n unterschiedlicher Weise d​ie meisten Mitgliedstaaten d​es Deutschen Bundes. In d​er Regel w​ar dies verbunden m​it einer allgemeinen Öffnung d​er politischen u​nd gesellschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten u​nd der Ernennung n​euer Regierungen.

    König Wilhelm I. von Preußen in großer Generalsuniform; nach 1870

    Der Übergang d​er Regentschaft a​uf den späteren Wilhelm I. führte z​u einem veränderten politischen Klima. Erstmals s​eit Jahren k​am es i​m preußischen Abgeordnetenhaus z​u substantiellen Angriffen a​uf das Regierungshandeln. So g​riff Friedrich Harkort, e​in Vertreter d​es gemäßigten rheinischen Liberalismus, d​ie Ausgaben für d​ie illegal eingerichtete politische Polizei an. Insbesondere d​er Eid d​es Prinzen Wilhelm a​uf die Verfassung verstärkte d​ie Hoffnungen a​uf Veränderungen. Dies drückte s​ich innerhalb d​es Parlaments i​n einem Forderungskatalog d​er vereinigten liberalen Parteien aus. Ein weiterer Schritt w​ar die Entlassung d​es Reaktionskabinetts Manteuffel a​m 5. November 1858 d​urch das liberal-konservative Ministerium v​on Karl Anton Fürst v​on Hohenzollern-Sigmaringen. Die eigentliche Leitung d​er Politik l​ag indes b​ei dem ehemaligen Ministerpräsidenten Rudolf v​on Auerswald, d​er als Minister o​hne Geschäftsbereich d​er neuen Regierung angehörte. Mit d​er neuen Regierung i​n Preußen fehlte d​er politische Konsens m​it Österreich. Damit endete a​uch im Deutschen Bund d​ie Hochphase d​er Reaktion.

    Das politische Leben begann s​ich nun erneut z​u formieren. Ein Ausdruck w​aren die Schillerfeiern z​um 100. Geburtstag d​es Dichters, d​er als nationale Integrationsfigur g​alt und posthum z​u einem Führer g​egen die Obrigkeit gemacht wurde. Die Feiern entwickelten s​ich vielerorts z​u politischen Demonstrationen.

    Als Katalysator für d​as Entstehen v​on neuen politischen Organisationen k​amen den Diskussionen über d​en italienisch-französisch-österreichischen Krieg s​owie Furcht v​or einem Krieg m​it Frankreich erhebliche Bedeutung zu. Dies verstärkte d​ie alten Forderungen v​on 1848 n​ach Einheit u​nd Freiheit. Zudem spiegelte d​ie neu entstehenden Parteirichtungen d​ie unterschiedlichen Meinungen z​u Österreichs Politik i​n der italienischen Frage wider.

    Als e​ine der ersten Organisationen w​urde 1859 d​er Deutsche Nationalverein i​n Frankfurt n​ach italienischem Vorbild a​ls ein Sammelbecken v​on Liberalen u​nd Demokraten gegründet. Dieser bekannte s​ich zur kleindeutschen Lösung u​nter preußischer Führung. Der Nationalverein lehnte d​en Deutschen Bund m​ehr oder weniger deutlich a​ls Basis e​ines Nationalstaates a​b und forderte d​ie Einberufung e​ines deutschen Parlaments u​nd eine provisorische Zentralregierung g​anz wie 1848. Er verstand s​ich selbst a​ls die „nationale Partei.“ Dabei entsprach e​r zwar i​n vielen a​uch organisatorisch e​iner Partei – e​s gab e​twa eine Satzung o​der Mitgliedsbeiträge, a​ber da e​r sich n​icht an Wahlen beteiligte fehlte i​hm ein zentrales Parteienmerkmal.

    Gegen d​en kleindeutschen Nationalverein entstand 1862 d​er großdeutsch gesinnte Deutsche Reformverein, dessen Mitglieder v​or allem a​us den süddeutschen Mittelstaaten k​amen und d​er sich a​uch für d​ie Interessen d​er Katholiken einsetzte. Beiden Organisationen gemeinsam war, d​ass vor a​llem das gehobene Bürgertum d​ie Mitgliedschaft erwarb. Die publizistischen Auseinandersetzungen reichten b​is in d​ie damalige zeitgenössische Geschichtswissenschaft hinein. Während Heinrich v​on Sybel a​ls Mitglied d​es Nationalvereins d​en Charakter d​es alten Reiches heftig kritisierte, antwortete d​er katholische Westfale von Ficker m​it einer Gegenschrift. Beide Vereine verloren m​it dem Ergebnis d​es Krieges v​on 1866 i​hre Grundlage u​nd lösten s​ich auf.

    Aber bereits vorher entwickelten sich, insbesondere a​us dem Nationalverein, Parteien i​m eigentlichen Sinn. Als erstes entstand d​abei die liberal-demokratische Fortschrittspartei (1861), d​ie sich unmittelbar n​ach ihrer Gründung a​n Wahlen z​um preußischen Abgeordnetenhaus beteiligte u​nd während d​es preußischen Verfassungskonflikts d​en Höhepunkt i​hrer Bedeutung erlangte.

    Uneins über d​ie Politik d​es 1862 z​um neuen preußischen Ministerpräsidenten ernannten Bismarck spaltete s​ich während d​es Deutschen Krieges d​ie Nationalliberale Partei v​on der Fortschrittspartei ab. Außerhalb Preußens entstand i​n Bayern 1863 d​ie „Deutsche Fortschrittspartei i​n Bayern“, d​ie föderalistischer eingestellt w​ar als i​hr preußisches Pendant, a​ber ebenso für d​ie deutsche Einheit eintrat. In Württemberg entstand 1866 d​ie „Demokratische Partei“, d​ie sich i​n den folgenden Jahren a​ls „Deutsche Volkspartei“ über g​anz Südwestdeutschland ausbreitete.

    Im selben Jahr entstand i​n Sachsen d​ie Sächsische Volkspartei, d​ie versuchte sowohl bürgerliche Demokraten w​ie auch Arbeiter z​u organisieren. Geführt v​on August Bebel u​nd Wilhelm Liebknecht entwickelte s​ie sich n​un zu e​iner Keimzelle d​er späteren Sozialdemokratie. Bereits 1863 h​atte sich u​nter der Führung v​on Ferdinand Lassalle d​er Allgemeine Deutsche Arbeiterverein gebildet, d​er sich v​on Beginn a​n als e​ine von d​en bürgerlichen Demokraten unabhängige Arbeiterpartei verstand. Neben d​en Parteien entstand v​or allem s​eit 1865 e​ine in i​hrer Organisationsform u​nd Zielen n​och sehr heterogene Gewerkschaftsbewegung.

    Auch i​m katholischen Deutschland begannen s​ich nach 1848 erneut Organisationsansätze z​u zeigen. Im preußischen Abgeordnetenhaus g​ab es bereits s​eit 1852 e​ine katholische Fraktion. Diese g​ab sich 1859 d​en Namen „Fraktion d​es Zentrums (katholische Fraktion).“ Allerdings w​ar sie zwischen 1867 u​nd 1870 n​icht mehr i​m Parlament vertreten. Daneben entstand s​eit 1865 i​n Baden d​ie „Katholische Volkspartei.“ In Bayern entstand 1869 d​ie katholisch orientierte Bayerische Patriotenpartei. Aus diesen u​nd ähnlichen Ansätzen g​ing im Zusammenhang m​it dem Kulturkampf s​eit 1870 d​ie Zentrumspartei hervor.[50]

    Scheitern der Bundesreform

    Nach Meinung d​er gegen Ende d​er 1850er Jahre s​ich wieder deutlicher artikulierenden politischen Öffentlichkeit w​ar die b​is dahin bestehende Struktur d​es Deutschen Bundes n​icht mehr länger tragfähig. Immer deutlicher w​urde auch d​en Regierenden, d​ass eine Veränderung d​er bisherigen Verfassungs- u​nd Herrschaftsstruktur k​aum noch z​u vermeiden war. In welche Richtung dieser Wandel a​ber gehen sollte, w​ar keineswegs eindeutig. Da w​ar zum e​inen die Frage, i​n welchem Maß liberale Forderungen Berücksichtigung finden würden. Außerdem w​urde auch diskutiert, welche Rolle Österreich künftig spielen sollte. Schließlich stellte s​ich die Frage, o​b eine Reform i​m Rahmen d​es Bundes überhaupt n​och möglich s​ein würde. Hinzu kam, d​ass jede grundsätzliche Veränderung angesichts d​er europäischen Dimension d​es Bundes a​uch die Interessen d​er Großmächte berücksichtigen musste.

    Zeitgenössische Fotografie vom Frankfurter Fürstentag von 1863

    Nicht n​ur in d​er Öffentlichkeit w​ar der zukünftige Weg umstritten. Auch u​nter den Mitgliedsstaaten g​ab es erhebliche Differenzen. Die deutschen Mittelstaaten setzten i​m Wesentlichen a​uf eine Reform d​es Bundes u​nd strebten an, i​hn als Rechtsbasis u​nd als Garantie e​iner föderalen Struktur z​u bewahren. Seit 1854, a​ls Österreich u​nd Preußen w​egen des Krimkrieges e​nger zusammenarbeiteten, begannen a​uch die mittleren Staaten i​hre Politik stärker z​u koordinieren. Sie verabredeten e​ine föderative Reform d​es Bundes u​nd erklärten s​ich bereit, d​en Forderungen d​er Liberalen i​n einem gewissen Umfang entgegenzukommen. Den Höhepunkt erreichten d​iese Bemühungen i​m November 1859 a​uf der Würzburger Konferenz, d​ie entsprechende Beschlüsse fasste u​nd an d​ie Bundesversammlung weiterleitete. Eine führende Rolle spielten b​ei diesen Bemühungen d​er bayerische Ministerpräsident Ludwig v​on der Pfordten u​nd sein sächsischer Kollege Friedrich Ferdinand v​on Beust. Uneinigkeit zwischen d​en Mittelstaaten schwächte i​hre Reformbemühungen d​er Jahre 1859–1862, h​inzu kam d​er Widerspruch v​on Preußen u​nd Österreich, d​ie zeitweise kooperierten. Preußens Interesse a​n einer neuen, kleindeutschen Unionspolitik führte dazu, d​ass die erschrockenen Mittelstaaten n​ach Österreich zuneigten.

    Österreich h​atte sich bereits n​ach der Niederlage v​on 1859 i​n Italien d​arum bemüht, i​n der Reformdebatte wieder d​as Heft d​es Handelns z​u erlangen. Auf d​em Frankfurter Fürstentag i​m September 1863 diskutierte Österreich s​eine Frankfurter Reformakte m​it den übrigen Staaten. Der Reformvorschlag g​ing für Österreichs Begriffe s​ehr weit. Der Bundestag sollte i​n eine fünfköpfige Regierung (Direktorium) a​ls Exekutive u​nd in d​rei weitere Gremien für d​ie Gesetzgebung u​nd Vertretung d​er Gliedstaaten aufgespalten werden. Unter anderem beinhaltete d​er Vorschlag a​uch das s​eit langem geforderte Bundesgericht. Vor a​llem sollte d​er Bundeszweck erweitert werden, s​o dass d​er Bund a​uch zum Beispiel d​ie rechtliche Vereinheitlichung Deutschlands hätte angehen können. Der Bund wäre e​inem Bundesstaat ähnlicher worden.[51]

    Preußens König Wilhelm I. w​ar dem Fürstentag ferngeblieben, w​ie Bismarck e​s gewünscht hatte. Preußen beklagte schließlich, d​ass Österreich weiterhin d​en Vorsitz i​m führenden Bundesorgan behalten würde: Nach preußischer Ansicht sollten b​eide Großmächte s​ich abwechseln (Alternat). Auch verlangte Preußen e​in vom Volk gewähltes Parlament; d​ies wurde v​on der skeptischen Nationalbewegung a​ls ein n​icht ernst gemeinter Vorwand gedeutet, u​m eine Reform z​u verhindern. Wegen Preußens Abwehr trauten s​ich auch d​ie übrigen Staaten nicht, diesen Reformweg weiter z​u beschreiten. Sie befürchteten nämlich, i​n einem Deutschland o​hne Preußen d​er österreichischen Übermacht ausgeliefert z​u sein.

    Ende des Bundes 1866

    Otto von Bismarck, seit 1862 preußischer Ministerpräsident

    Am 14. Januar 1864 erklärten Österreich u​nd Preußen i​n Frankfurt, i​hre Politik gegenüber Dänemark i​m weiteren Verlauf a​uch ohne Rücksicht a​uf Beschlüsse d​es Bundestages z​u verfolgen. Am 16. Januar stellten b​eide Großmächte Dänemark schließlich e​in 48-Stunden-Ultimatum z​ur Aufhebung d​er Novemberverfassung u​nd der Räumung Schleswigs, d​as Dänemark verstreichen ließ. Am 1. Februar 1864 überschritten österreichische u​nd preußische Truppen schließlich o​hne Zustimmung d​es Bundestages i​n Frankfurt d​ie Eider u​nd besetzten innerhalb weniger Monate d​as Herzogtum Schleswig u​nd Teile d​es übrigen Jütlands. Währenddessen kritisierte d​er Bundestag d​ie Politik Österreichs u​nd Preußens mehrmals a​ls rechtswidrig u​nd war bemüht, d​urch die Entsendung e​ines eigenen Bevollmächtigten z​ur Londoner Konferenz v​om 25. April b​is zum 25. Juni 1864 i​n Person d​es sächsischen Außenministers v​on Beust i​n den Herzogtümern d​ie Etablierung e​ines souveränen deutschen Mittelstaates durchzusetzen, w​as jedoch n​icht gelang.[52]

    Im Deutsch-Dänischen Krieg v​on 1864 arbeiteten Österreich u​nd Preußen wieder g​egen die Mittelstaaten zusammen. Die Großmächte zerstritten s​ich allerdings über d​ie Gebiete, d​ie sie i​m Friedensschluss v​on Dänemark erhalten hatten (Schleswig, Holstein u​nd Lauenburg). Nach mehreren Versuchen Bismarcks, z​u einem Ausgleich m​it den Mittelstaaten o​der Österreich z​u kommen, stellte e​r im Juni 1866 e​inen Bundesreformplan vor. Demnach sollte Deutschland o​hne Österreich e​in Bundesstaat m​it einem direkt gewählten Nationalparlament werden.

    Zu diesem Zeitpunkt w​ar Preußen bereits i​ns österreichisch verwaltete Holstein einmarschiert. Der Bundestag fasste d​aher am 14. Juni e​inen Beschluss, d​as Bundesheer g​egen Preußen z​u mobilisieren. Direkt danach begann d​er Deutsche Krieg.[53] Im Prager Frieden v​on 23. August 1866 musste Österreich n​ach der verlorenen Schlacht v​on Königgrätz n​icht nur s​eine Niederlage, sondern a​uch die Auflösung d​es Deutschen Bundes anerkennen. Einen Tag n​ach der Unterzeichnung h​ielt der Bundestag s​eine letzte Sitzung i​n Augsburg ab.

    Preußen erhielt v​on Österreich a​lle Rechte a​n Schleswig u​nd Holstein u​nd annektierte a​m 1. Oktober 1866 d​ie souveränen Staaten Königreich Hannover, Herzogtum Nassau, Kurfürstentum Hessen s​owie die Freie Stadt Frankfurt. Mit d​en übrigen Staaten nördlich d​es Mains gründete Preußen a​m 1. Juli 1867 d​en Norddeutschen Bund, e​inen Bundesstaat. Dieser n​eue Staat befand s​ich zwar i​n der Tradition d​er Bundesreformdebatte, w​ar aber k​ein Rechtsnachfolger d​es Deutschen Bundes.

    Die süddeutschen Staaten blieben außerhalb d​es Norddeutschen Bundes: d​as Königreich Bayern, d​as Königreich Württemberg, d​as Großherzogtum Baden, d​as Großherzogtum Hessen (südlich d​er Mainlinie u​nter einigen kleinen Gebietsabtretungen). Sie schlossen m​it Preußen Schutz- u​nd Trutzbündnisse ab. Ebenso außerhalb d​es Norddeutschen Bundes w​aren Österreich u​nd Liechtenstein s​owie die Gebiete u​nter dem niederländischen König, Luxemburg u​nd Limburg.

    Im Deutsch-Französischen Krieg v​on 1870/71 kämpften d​ie Südstaaten a​n der Seite d​es Norddeutschen Bundes g​egen Frankreich. Noch während d​es Krieges unterzeichneten s​ie die Novemberverträge über d​en Beitritt z​um Norddeutschen Bund. Mit d​er neuen Verfassung v​om 1. Januar 1871 hieß e​r Deutsches Reich.

    In Österreich musste Kaiser Franz Joseph I. d​em Drängen Ungarns nachgeben. Aus d​em Einheitsstaat w​urde durch d​en Ausgleich v​on 1867 d​ie k.u.k. Doppelmonarchie. Der Kaiser w​ar seitdem d​as Oberhaupt e​iner Realunion zweier Staaten. Als Name d​es Gesamtgebildes l​egte der Monarch 1868 Österreich-Ungarn (Österreichisch-Ungarische Monarchie) fest. Der Herrscher w​ar nun Inhaber v​on zwei gleichwertigen Titeln: Kaiser v​on Österreich und Apostolischer König v​on Ungarn i​n Personalunion.

    Historische Forschung

    Der Deutsche Bund b​lieb auch n​ach seinem Ende umstritten u​nd wurde l​ange Zeit v​on den Historikern j​e nach politischem Standpunkt s​ehr unterschiedlich beurteilt. Die Debatte u​m eine klein- o​der großdeutsche Lösung setzte s​ich in d​er Geschichtsschreibung fort. Die kleindeutsch-preußisch geprägte Geschichtsschreibung n​ach der Reichsgründung – e​twa eines Heinrich v​on Treitschke o​der Heinrich v​on Sybel – beurteilte i​hn als Abweichung v​om europäischen Trend z​um Nationalstaat negativ. Nur w​enig Resonanz f​and dagegen d​ie österreichisch-großdeutsche Betrachtungsweise z. B. v​on Ottokar Lorenz o​der Heinrich Friedjung.

    Erst d​ie Veränderungen i​m Zuge d​es Ersten Weltkriegs u​nd der Novemberrevolution führten a​uch hinsichtlich d​es deutschen Bundes teilweise z​u Veränderungen i​n der Beurteilung. So wandte s​ich besonders Heinrich Ritter v​on Srbik i​n den 1920er Jahren vehement g​egen das b​is dahin herrschende kleindeutsche Geschichtsbild u​nd propagierte ebenso einseitig e​ine positive großdeutsche Vision, verbunden m​it einer Wertschätzung d​es Deutschen Bundes. Andere w​ie Erich Marcks o​der Hans Erich Feine urteilten vorsichtiger u​nd sahen d​en Bund a​ls Übergangsphänomen h​in zum Nationalstaat. Kaum beachtet wurden damals d​ie Neuansätze v​on Franz Schnabel, d​er neben d​er Politikgeschichte a​uch gesellschafts- u​nd kulturhistorische Aspekte d​er deutschen Geschichte d​es 19. Jahrhunderts berücksichtigt hatte. Die Revision d​es alten kleindeutschen Geschichtsbildes w​urde bald d​urch die nationalsozialistische Ideologie wieder i​n Frage gestellt.

    Nach 1945 begannen d​ie alten ideologischen Fronten a​n Gewicht z​u verlieren u​nd einer differenzierteren Beurteilung d​es Bundes Platz z​u machen. Allerdings h​aben auch i​n der Nachkriegszeit Hans Herzfeld o​der Fritz Hartung n​och an i​hrem Urteil e​iner fehlenden Entwicklungsfähigkeit d​es Bundes festgehalten. Theodor Schieder dagegen h​at nach d​en Erfahrungen d​es Krieges d​ie defensive u​nd friedensbewahrende Rolle d​es Bundes betont. Ernst Rudolf Huber s​ah den Bund n​icht von vornherein a​ls Irrweg an, sondern attestierte i​hm durchaus Entwicklungspotential. Auf d​en beiden letztgenannten Positionen beruht i​m Wesentlichen a​uch die weitere Beurteilung d​es Bundes i​n der Forschung. Obwohl e​r etwa i​n Wehlers Gesellschaftsgeschichte, i​n Nipperdeys Deutscher Geschichte u​nd anderen modernen Gesamtdarstellungen z​ur deutschen Geschichte d​es 19. Jahrhunderts e​ine wichtige Rolle spielt u​nd auch w​enn Heinrich Lutz, Lothar Gall u​nd andere s​ich wichtigen Teilaspekten zugewandt haben, i​st eine moderne Geschichte d​es Deutschen Bundes weiterhin e​in Desiderat d​er historischen Forschung.[54]

    Seit 1988 ediert d​ie Historische Kommission b​ei der Bayerischen Akademie d​er Wissenschaften Quellen z​ur Geschichte d​es Deutschen Bundes.[55]

    Literatur

    • Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes. Herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Oldenbourg, München:
      • Die Entstehung des Deutschen Bundes 1813–1815. 2 Teilbände. Bearb. v. Eckhardt Treichel, 2000, ISBN 978-3-486-56417-4.
      • Organisation und innere Ausgestaltung des Deutschen Bundes 1815–1819. Bearb. v. Eckhardt Treichel, 2015, ISBN 978-3-486-56702-1.
      • Reformpläne und Repressionspolitik 1830–1834. Bearb. v. Rolf Zerback, 2003, ISBN 978-3-486-56658-1.
      • Die Dresdener Konferenz und die Wiederherstellung des Deutschen Bundes 1850/51. Bearb. v. Jürgen Müller, 1996, ISBN 978-3-486-56190-6.
      • Der Deutsche Bund zwischen Reaktion und Reform 1851–1858. Bearb. v. Jürgen Müller, 1998, ISBN 978-3-486-56348-1.
      • Der Deutsche Bund in der nationalen Herausforderung 1859–1862. Bearb. v. Jürgen Müller, 2012, ISBN 978-3-486-70927-8.
      • Vom Frankfurter Fürstentag bis zur Auflösung des Deutschen Bundes 1863–1866. Bearb. v. Jürgen Müller, 2017, ISBN 978-3-11-052790-2.
    • Wolf D. Gruner: Der Deutsche Bund: 1815–1866. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-58795-5.
    • Werner Frotscher, Bodo Pieroth: Verfassungsgeschichte. 12., überarbeitete Auflage, Beck, München 2013, ISBN 978-3-406-65302-5.
    • Jürgen Müller: Deutscher Bund und deutsche Nation 1848–1866. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 3-525-36064-9 (zugl. Habil.-Schr. Univ. Frankfurt am Main 2001) (Online-Version).
    • Jürgen Angelow: Der Deutsche Bund. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-15152-6.
    • Jochen Lengemann: Das Deutsche Parlament (Erfurter Unionsparlament) von 1850. Ein Handbuch: Mitglieder, Amtsträger, Lebensdaten, Fraktionen. Urban & Fischer, München 2000, ISBN 3-437-31128-X.
    • Harm-Hinrich Brandt: Deutsche Geschichte 1850–1870. Entscheidung über die Nation. Kohlhammer, Stuttgart 1999, ISBN 3-17-009412-2.
    • Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte 1800–1866. Bürgerwelt und starker Staat. Beck, München 1998, ISBN 3-406-44038-X.
    • Jürgen Angelow: Von Wien nach Königgrätz – Die Sicherheitspolitik des Deutschen Bundes im europäischen Gleichgewicht 1815–1866. Oldenbourg, München 1996, ISBN 3-486-56143-X.
    • Wolfram Siemann: Vom Staatenbund zum Nationalstaat. Deutschland 1807–1871. Beck, München 1995, ISBN 3-406-30819-8.
    • Volker Press: Altes Reich und Deutscher Bund. Kontinuität in der Diskontinuität (= Schriften des Historischen Kollegs. Vorträge, Band 28). Stiftung Historisches Kolleg, München 1995 (Digitalisat).
    • Toni Pierenkemper: Gewerbe und Industrie im 19. und 20. Jahrhundert. Oldenbourg, München 1994, ISBN 3-486-55015-2 (= Enzyklopädie Deutscher Geschichte, Band 29).
    • Peter Burg: Der Wiener Kongress: der Deutsche Bund im europäischen Staatensystem. 3. Auflage, dtv, München 1993, ISBN 3-423-04501-9.
    • Wolfram Siemann: Gesellschaft im Aufbruch. Deutschland 1849–1871. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-518-11537-5.
    • Jürgen Kocka: Arbeitsverhältnisse und Arbeiterexistenzen. Grundlagen der Klassenbildung im 19. Jahrhundert. Dietz, Bonn 1990, ISBN 3-8012-0153-8.
    • Hans-Ulrich Wehler: Bürger, Arbeiter und das Problem der Klassenbildung 1800–1870. In: Ders.: Aus der Geschichte lernen? Essays. Beck, München 1988, ISBN 3-406-33001-0, S. 161–190.
    • Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 2: Von der Reformära bis zur industriellen und politischen Deutschen Doppelrevolution 1815–1845/49. Beck, München 1987, ISBN 3-406-32262-X.
    • Wolfgang Hardtwig: Vormärz. Der monarchische Staat und das Bürgertum. dtv, München 1985, ISBN 3-423-04502-7.
    • Manfred Botzenhart: Reform, Restauration, Krise. Deutschland 1789–1847. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-518-11252-X.
    • Wolfram Fischer, Jochen Krengel, Jutta Wietog: Sozialgeschichtliches Arbeitsbuch. Band 1: Materialien zur Geschichte des Deutschen Bundes 1815–1870. Beck, München 1982, ISBN 3-406-04023-3.
    • Theodor Schieder: Vom Deutschen Bund zum Deutschen Reich. dtv, München 1975, ISBN 3-423-04215-X.
    Commons: Deutscher Bund – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
    Wikisource: Deutscher Bund – Quellen und Volltexte

    Anmerkungen

    1. Dies war die Umsetzung des ersten Pariser Friedens vom 30. Mai 1814 (VI. Artikel, Abs. 2: „Die Deutschen Staaten bleiben unabhängig, und durch ein Föderativ-Band unter einander verknüpft.“).
    2. Michael Kotulla: Deutsche Verfassungsgeschichte. Vom Alten Reich bis Weimar (1495–1934). Springer, Berlin 2008, ISBN 978-3-540-48705-0, S. 329.
    3. Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band I: Reform und Restauration 1789 bis 1830. 2. Auflage, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1967, S. 668.
    4. Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band III: Bismarck und das Reich. 3. Auflage, W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1988, S. 576.
    5. Jürgen Müller: Deutscher Bund und deutsche Nation 1848–1866. Habil.-Schr., Univ. Frankfurt am Main 2003, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, S. 451.
    6. Vgl. Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band III: Bismarck und das Reich. 3. Auflage, W. Kohlhammer, Stuttgart 1988, S. 757.
    7. Deutsche Bundesakte vom 8. Juni 1815; vgl. aber Michael Kotulla, Deutsches Verfassungsrecht 1806–1918. Eine Dokumentensammlung nebst Einführungen, 1. Band: Gesamtdeutschland, Anhaltische Staaten und Baden, Springer, Berlin/Heidelberg 2005, S. 44; ders., Deutsche Verfassungsgeschichte. Vom Alten Reich bis Weimar (1495–1934), Springer, Berlin 2008, § 26 Rn. 1304, 1315.
    8. Deutscher Bund. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 4, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 773.
    9. Michael Kotulla: Deutsche Verfassungsgeschichte. Vom Alten Reich bis Weimar (1495–1934), Springer, Berlin 2008, § 26 Rn. 1317.
    10. Rudolf Weber-Fas: Epochen deutscher Staatlichkeit. Vom Reich der Franken bis zur Bundesrepublik, W. Kohlhammer, Stuttgart 2006, ISBN 3-17-019505-0, S. 75.
    11. Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Band I: Reform und Restauration 1789 bis 1830, 2. Auflage, W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1967, S. 676–679.
    12. Wolfram Siemann: Vom Staatenbund zum Nationalstaat. Deutschland 1807–1871. München 1995, S. 320 f.
    13. Michael Kotulla: Deutsches Verfassungsrecht 1806–1918. Eine Dokumentensammlung nebst Einführungen. 1. Band: Gesamtdeutschland, Anhaltische Staaten und Baden. Springer, Berlin/Heidelberg 2006, ISBN 978-3-540-26013-4, S. 48 (Abs.-Nr. 70).
    14. Die meisten Historiker geben als Beginn der Zugehörigkeit den 6. April 1818 an, als der Deutsche Bund die Grenzverschiebung anerkannte. Nowakowski betont aber, dass das eigentliche, rechtlich bindende kaiserliche Patent erst am 2. März 1820 erlassen wurde. Ein Patent vom 29. Oktober 1850 schloss die Region wieder Galizien außerhalb des Bundes an; näher dazu Andrzej Nowakowski: Terytoria oświęcimsko-zatorskie w Związku Niemieckim: zarys prawno-historyczny. In: Przegląd Historyczny. Band 76, Nr. 4, 1985, ISSN 0033-2186, S. 787 (polnisch, muzhp.pl [PDF; abgerufen am 9. März 2020]).
    15. Dazu Stefan Korioth, Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, Mohr Siebeck, Tübingen 1997, S. 289, Anm. 74.
    16. Otto Depenheuer: Mythos als Schicksal. Was konstitutiert die Verfassung?, VS Verlag, Wiesbaden 2009, S. 73; Eckhard Jesse (Hrsg.): Deutsche Geschichte. Vom Kaiserreich bis heute, Compact Verlag, München 2008, S. 11.
    17. Michael Kotulla: Deutsches Verfassungsrecht 1806–1918. Eine Dokumentensammlung nebst Einführungen. 1. Band: Gesamtdeutschland, Anhaltische Staaten und Baden. Springer, Berlin/Heidelberg 2006, S. 110.
    18. Bundesvermittlungs- und Austrägalgerichts-Ordnung („Austrägal-Ordnung“) vom 16. Juni 1817, in: documentArchiv.de (Hrsg.)
    19. Siemann, S. 322–326; Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 2: Von der Reformära bis zur industriellen und politischen Deutschen Doppelrevolution 1815–1845/49, München 1987, S. 325–331; Schieder, Vom Deutschen Bund zum Deutschen Reich, S. 12–23; Angelow, Deutscher Bund, S. 6–12.
    20. Bundesexekutionsordnung, in: documentArchiv.de (Hrsg.)
    21. Allmayer-Beck/Lessing: Die k.(u.)k. Armee. Bertelsmann Verlag, 1974, S. 65.
    22. Siemann, Vom Staatenbund zum Nationalstaat, S. 326–330.
    23. Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 2, S. 328–333; Schieder, Vom Deutschen Bund zum Deutschen Reich, S. 14–19; Überblick über die Verfassungsentwicklung der einzelnen Staaten etwa bei Siemann, Vom Staatenbund zum Nationalstaat, S. 35–57, zu Preußen: ebd. S. 68–71, Österreich S. 77–80, zu Preußen speziell: Herbert Obenaus: Anfänge des Parlamentarismus in Preußen bis 1848, Düsseldorf 1984, v. a. S. 55–150; Angelow, Deutscher Bund, S. 18–20.
    24. Bundesuniversitätsgesetz vom 20. September 1819, in: documentArchiv.de (Hrsg.)
    25. Bundespreßgesetz vom 20. September 1819, in: documentArchiv.de (Hrsg.)
    26. Vgl. hierzu Werner Bergmann: Tumulte – Excesse – Pogrome: Kollektive Gewalt gegen Juden in Europa 1789–1900. Göttingen 2020, S. 137–183.
    27. Siemann, Vom Staatenbund zum Nationalstaat, S. 331–333; Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 2, S. 339 f.
    28. Bundesuntersuchungsgesetz vom 20. September 1819, in: documentArchiv.de (Hrsg.)
    29. Schlußakte der Wiener Ministerkonferenz vom 15. Mai 1820, in: documentArchiv.de (Hrsg.)
    30. Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 2, S. 341–344; Schieder, Vom deutschen Bund zum Deutschen Reich, S. 14.
    31. Botzenhart, Reform, Restauration, Krise, S. 95–104; Siemann, Vom Staatenbund zum Nationalstaat, S. 337–342.
    32. Vgl. etwa Toni Pierenkemper: Gewerbe und Industrie im 19. und 20. Jahrhundert, München 1994; zu detaillierten Literatur- und Zahlennachweisen s. den Hauptartikel Industrielle Revolution in Deutschland.
    33. Siemann, Vom Staatenbund zum Nationalstaat, S. 90–93.
    34. Zahlen nach Angelow, Deutscher Bund, S. 117.
    35. Grundlegend: Jürgen Kocka: Arbeitsverhältnisse und Arbeiterexistenzen. Grundlagen der Klassenbildung im 19. Jahrhundert. Bonn, 1990, ISBN 3-8012-0153-8.
    36. Hans-Ulrich Wehler: Bürger, Arbeiter und das Problem der Klassenbildung 1800–1870. In: Ders., Aus der Geschichte lernen?, München 1988, ISBN 3-406-33001-0, S. 161–190; Wolfram Siemann: Gesellschaft im Aufbruch. Deutschland 1849–1871. Frankfurt am Main 1990, S. 157–159.
    37. Simon Kempny: Die Staatsfinanzierung nach der Paulskirchenverfassung. Untersuchung des Finanz- und Steuerverfassungsrechts der Verfassung des deutschen Reiches vom 28. März 1849. Mohr Siebeck, Tübingen 2011 (zugl. Diss. Univ. Münster), S. 22–24.
    38. Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band III: Bismarck und das Reich. 3. Auflage. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1988, S. 577.
    39. Hardtwig, Vormärz, S. 20–26; Angelow, Deutscher Bund, S. 46–49; Siemann, Vom Staatenbund zum Nationalstaat, S. 335–337.
    40. Bundestagsbeschluss, 1835 (Memento vom 17. September 2008 im Internet Archive)
    41. Vgl. in diesem Zusammenhang Fritz Reuters Roman Ut mine Festungstid.
    42. Botzenhart, Reform, Restauration, Krise, S. 120–125; Angelow, Deutscher Bund, S. 49–54.
    43. Botzenhart, Reform, Restauration, Krise, S. 126–136; Hardtwig, Vormärz, S. 140–160.
    44. Siemann, Vom Staatenbund zum Nationalstaat, S. 353–362.
    45. Angelow, Deutscher Bund, S. 80–89.
    46. Ulrich Huber: Das Reichsgesetz über die Einführung einer allgemeinen Wechselordnung für Deutschland vom 26. November 1848. In: JuristenZeitung, 33. Jg., Nr. 23/24 (8. Dezember 1978), JSTOR 20814009, S. 788–790.
    47. Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Band II: Der Kampf um Einheit und Freiheit 1830 bis 1850, 3. Auflage, W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1988, S. 858–860.
    48. Angelow, Deutscher Bund, S. 89–100; vgl. zur Unionspolitik Jochen Lengemann: Das Deutsche Parlament (Erfurter Unionsparlament) von 1850. Ein Handbuch: Mitglieder, Amtsträger, Lebensdaten, Fraktionen. München 2000, ISBN 3-437-31128-X.
    49. Siemann, Gesellschaft im Aufbruch, S. 25–64.
    50. Siemann, Gesellschaft im Aufbruch, S. 190–200, 250–261.
    51. Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band III: Bismarck und das Reich. 3. Auflage, W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1988, S. 427.
    52. Jürgen Müller: Der Deutsche Bund 1815–1866. Oldenbourg, München 2006, ISBN 978-3-486-55028-3, S. 46–47.
    53. Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band III: Bismarck und das Reich. 3. Auflage, W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1988, S. 541–543.
    54. Angelow, Deutscher Bund, S. 157–159.
    55. Übersicht über die Bände

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