Werra
Die Werra ist der rechte, östliche der beiden Hauptquellflüsse der Weser. Mit einem Lauf von 299,6 km[2] ist die Werra der längere der beiden und fließt in Thüringen, Hessen und Niedersachsen. Die linke, westlich fließende Fulda ist nur 220,7 km lang.
Die Werra entspringt im Thüringer Schiefergebirge in der Nähe von Fehrenbach im Süden Thüringens. Nach ihrem obersten Lauf fließt sie meist in nordwestliche Richtungen durch den Westen Thüringens und den Nordosten Hessens. Im Südosten Niedersachsens vereinigt sich die Werra in Hann. Münden mit der Fulda zur Weser, die dann zur Nordsee fließt. Die Werra ist ein nachhaltig durch Salzlaugen geschädigter Fluss, bei dem es strittig ist, ob ein guter ökologischer Zustand jemals wieder erreicht werden kann. Vom zuständigen Umweltministerium wird dies als unmöglich eingeschätzt.[6]
Namensherkunft
Noch im ersten Jahrtausend wurden Werra und Weser namentlich nicht unterschieden und die Werra wurde als „eigentlicher“ Quellfluss der Weser angesehen. Die Namensgeschichte belegt, dass die Werra der eigentliche Weseroberlauf ist, da die Namen Werra und Weser etymologisch identisch sind (siehe hierzu auch Absatz Namensherkunft des Artikels Weser).
775 ist der Name Uiserra für die Werra bei Salzungen belegt, 933 kommt die Form Viseraha vor, bei der das germanische -aha „Wasser“ an den Flussnamen angehängt wurde. 1014 ist daraus Werraha und schließlich gekürzt Werra geworden, indem /sr/ zu /rr/ angeglichen wurde. Damit ist der Werra-Name etymologisch identisch mit dem Namen der Weser, für die althochdeutsch Wesera, Wisara, Wisura und auch – mit angehängtem -aha – Wiseraha belegt ist. Erst neuhochdeutsch wurden die Namen Werra und Weser deutlich getrennt und als Bezeichnung für Ober- bzw. Unterlauf desselben Flusses verwendet.
Die latinisierte Form Visurgis bei Tacitus lässt germanisch *Visuri mit dem Genitiv *Visurjos erschließen. Dieser Name stammt wie der der französischen Vézère (Nebenfluss der Dordogne) und der Weser/Vesdre in Belgien (Nebenfluss der Ourthe, 915 auch als Wesere belegt) letztlich aus der indogermanischen Wurzel *u̯eis- „fließen, zerfließen“, die in fast allen indogermanischen Sprachgruppen – insbesondere im Keltischen, Germanischen, Romanischen und Baltischen – belegt ist (Pokorny S. 1134). Weitere Flussnamen derselben Herkunft wie Weser/Werra sind La Vis in Frankreich, Wear (von *Visuria) in Nordengland, Vesouze (Nebenfluss der Meurthe), Wiesaz in Württemberg, Vesonze im Wallis, Visance in Frankreich, Dep. Orne, Bisenzio in Etrurien, Besançon (dt. Bisanz) in Frankreich, Viešintà in Litauen, Vismund in Norwegen und die Vistula „Weichsel“ (siehe Krahe S. 51). (Das früher hier etymologisch angeschlossene deutsche Wort Wiese wird heute auf eine andere indogermanische Wurzel zurückgeführt. Siehe Kluge S. 989.)
Geographie
Erste Werraquelle (Eselsberg)
Die erste gefasste Werraquelle von 1897 liegt auf dem Südhang des Eselsbergs bzw. auf dem Südosthang von dessen Nachbar Sommerberg (800,5 m) nahe Fehrenbach auf etwa 797 m ü. NHN[1] (⊙ ). Auf diese Quelle bezieht sich die Flusskilometrierung.
Diese auch als Schrödersche Quellfassung bekannte Werraquelle wurde am 14. August 1898 mit einem Waldfest feierlich eingeweiht. Forstmeister Georg Schröder aus Heubach war der Namensgeber. Maurermeister Elias Traut aus Fehrenbach fasste die Quelle in heimischen Naturstein, aus dem Rachen eines Löwenhauptes fließt seitdem das Wasser. Zwei Gedenktafeln an der Fassung erinnern an Forstmeister Schröder und Maurermeister Traut. Das Taufwasser für den Lufthansa-CRJ 700 Eschwege wurde hier abgefüllt. Im Jahr 2006 gab es eine umfangreiche Sanierung des Quellstocks und des umgebenden Terrains. Auch 2018 wurde die Umgebung der Quelle umgestaltet. Die alte Werrahütte wurde abgerissen und an gleicher Stelle eine neue und größere gebaut. Auch ein hölzerner Aussichtsturm im oberen Werrateich wurde hinzugefügt.
Zweite Werraquelle (Bleßberg)
Die zweite gefasste Werraquelle von 1910 liegt knapp 7 km südöstlich der ersten Quelle wenige Hundert Meter westsüdwestlich von Siegmundsburg auf etwa 805 m[1] Höhe (⊙ ) auf dem Nordwesthang der Dürren Fichte, einem Nordostausläufer des Bleßbergs. Der hier entspringende Quellbach Saar verfügt über ein knapp größeres Einzugsgebiet als die „eigentliche“ Werraquelle am Eselsberg. Die Saar ist der äußerste Zufluss der Werra, da sie sich in nächster Nähe sowohl zur Rhein-Weser- als auch zur Elbe-Weser-Wasserscheide befindet.
Oberlauf
Vom Zusammenfluss der beiden Quellbäche am Südwesthang des Thüringer Schiefergebirges aus, unmittelbar oberhalb des Ortsteils Schwarzenbrunn der Gemeinde Sachsenbrunn auf 491 m über NN, verlässt die Werra das Gebirge und fließt nach Südwesten. Nach nur wenigen Kilometern erreicht sie Eisfeld und unterquert dort die A 73. Von dort aus fließt die Werra nach Nordwesten und passiert die südlich angrenzenden Langen Berge und wenig später die südwestlich aufragenden, etwa 6 km entfernten Gleichberge. In diesem Bereich fließt die Werra durch Hildburghausen.
In Kloster Veßra fließt die Werra mit der von rechts kommenden Schleuse zusammen. Das fächerförmige Flusssystem der Schleuse entwässert zu Teilen das Thüringer Schiefergebirge, zu noch größeren Teilen den eigentlichen Thüringer Wald. Zu dieser Flusshochzeit trägt die Schleuse 60 % der Wassermenge bei, die Werra nur 40 %. Die Bezeichnung „Nebenfluss der Werra“ trifft auf die Schleuse daher nur bedingt zu.[7]
Bei Themar wird die Werra im Hochwasserrückhaltebecken Grimmelshausen aufgestaut. Sie unterquert dann die A 71 und nimmt ihren zweiten größeren Nebenfluss aus dem Thüringer Wald, die Hasel, auf.
Mittellauf
Im oberen Mittellauf passiert die Werra das Stadtgebiet von Meiningen, wo ihr Wasser mittels Wehren in mehrere Flussarme und Wassergräben aufgeteilt wird. Die Wassergräben umfließen hierbei die gesamte historische Altstadt. Der Hauptflusslauf wird in Meiningen von sieben Straßen- und Fußgängerbrücken, die Nebenarme werden von Dutzenden weiteren Brücken überspannt. Ab diesem Abschnitt umfließt sie östlich bis nordöstlich die Rhön. Im Osten und Nordosten liegt weiterhin der Thüringer Wald nur etwa 20 km entfernt. Zwischen beiden Gebirgen ragt der markante Berg Dolmar 6 km rechts der Werra auf.
In Bad Salzungen ändert die bis hierhin nach Norden fließende Werra ihre Fließrichtung vorübergehend nach Westen. In diesem Abschnitt fließen der Werra mit Felda (bei Dorndorf) und Ulster (bei Philippsthal unmittelbar unterhalb Vachas) die beiden wichtigsten inneren Flüsse der Rhön von links zu. In Philippsthal erreicht die Werra erstmals Osthessen.
Unterlauf
Unterhalb der Ulstermündung schwenkt die Werra in nordöstliche Richtung um. Sie überquert unterhalb Heringen-Widdershausen erneut die Grenze nach Thüringen und passiert den westlich aufragenden Seulingswald. Bei Gerstungen nähert sie sich wieder Hessen an und fließt parallel zur Landesgrenze. Die Werra passiert östlich das Richelsdorfer Gebirge und fließt nach Norden weiter. Sie erreicht bei Herleshausen-Wommen zum zweiten Mal Hessen.
Parallel zur Bundesautobahn 4 bildet die Werra für einige Kilometer die Grenze der beiden Bundesländer. Wiederum in Thüringen tangiert sie das Stadtgebiet von Eisenach und steuert in nordöstliche Richtung auf den Nationalpark Hainich zu. Auf dem Weg unterquert sie die A 4 (Werratalbrücke Hörschel) und fließt an Creuzburg vorbei. Die Werra weicht dem Hainich westlich aus und knickt bei Mihla in Richtung Nordwesten nach Treffurt ab. Sie erreicht wieder (das nordöstliche) Hessen bei Wanfried-Heldra, das unterhalb des Heldrasteins liegt.
Die Werra fließt unmittelbar westlich an der Stadt Wanfried vorbei. Durch eine recht breite Flussniederung passiert der Fluss nördlich den Schlierbachswald bei Eschwege, direkt südlich den Werratalsee und dann den auf dem Großen Leuchtberg stehenden Eschweger Bismarckturm. Als Nächstes erreicht die Werra Bad Sooden-Allendorf und lässt den Hohen Meißner im (Süd-)Westen liegen. Hinter Bad Sooden-Allendorf bildet der Fluss unterhalb des Höhebergs bis kurz nach Lindewerra letztmals die hessisch-thüringische Landesgrenze. Die Werra fließt dabei zwischen der Burg Hanstein (Thüringen) und der Burg Ludwigstein (Hessen). Wieder in Nordost-Hessen befindet sich südlich der Werra zunächst der Naturraum Nördliche Meißnervorberge. Anschließend erreicht die Werra die Stadt Witzenhausen. Vom Ortsteil Witzenhausen-Gertenbach bis nach Hedemünden bildet der Fluss für einige Kilometer die Grenze von Hessen und Niedersachsen.
Nach endgültigem Überqueren dieser Landesgrenze unterquert die Werra jeweils im Abschnitt Kassel–Göttingen die Brücken der A 7 und der ICE-Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg. In diesem Bereich durchfließt das Wasser der Werra den Naturpark Münden und gelangt ins niedersächsische Hann. Münden. Dort trifft die Werra auf 116,5 m Höhe (dies ergibt 683,5 m Höhenunterschied) mit der hier aus Richtung Südwesten kommenden Fulda zusammen. Diese „Flusshochzeit“ liegt unterhalb der Berge des Reinhardswalds wenige hundert Meter östlich der hessischen Landesgrenze. Gemeinsam bilden beide Flüsse fortan die Weser, die bei Bremerhaven in die Nordsee fließt.
- Werrabrücke Creuzburg
- Bei Creuzburg
- Bei Treffurt
- Bei Eschwege im Herbst
- Zugefrorene Werra bei Eschwege
- Bei Werleshausen
- Zusammenfluss von Werra (links) und Fulda (rechts) zur Weser (vorn)
Weserstein und Weserliedanlage
Am Zusammenfluss von Werra und Fulda, durch den in Hann. Münden die Weser entsteht, steht seit 1899 der (alte) Weserstein und seit 2000 der (neue) Weserstein. Hoch oben über der Stadt befindet sich jenseits der Werra über der B 80 auf dem Questenberg die Weserliedanlage.
Der (alte) Weserstein trägt diese weithin bekannte Inschrift:
- Wo Werra sich und Fulda küssen
- Sie ihre Namen büssen müssen,
- Und hier entsteht durch diesen Kuss
- Deutsch bis zum Meer der Weser Fluss.
Einzugsgebiet und Zuflüsse
Das Einzugsgebiet der Werra umfasst 5.497 km².[3]
Nachfolgend sind beide Quellbäche sowie alle Nebenflüsse ab 30 km² Einzugsgebiet aufgelistet.
Sofern Einzugsgebiet und Abfluss nicht dem gesamten Fluss, sondern nur seinem untersten Pegel entsprechen (Flüsse mit Mündung in Thüringen), ist dieses per Fußnote am Flussnamen vermerkt.
Name | Seite | Länge (km) [8] |
EZG (km²) [8][3] |
Abfluss (MQ; l/s) [8][9] |
Mündungs- höhe (m ü. NHN)[1] |
Mündungs- ort (bei) |
DGKZ [10] |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Werra (rechter Quellbach) | rechts | 8 | 10,7 | 491 | Schwarzenbrunn | 41-11 | |
Saar (linker Quellbach) | links | 6,5 | 12,8 | 491 | Schwarzenbrunn | 41-12 | |
Schwaba | rechts | 9,1 | 32,5 | 396 | Harras | 41–138 | |
Habergrund | links | 10,0 | 37,0 | 385 | Veilsdorf | 41-14 | |
Schleuse[11] | rechts | 34,2 | 282,9 | 4460 | 333 | Kloster Veßra | 41-16 |
Hasel[12][13] | rechts | 26,4 | 330,9 | 4620 | 295 | Einhausen | 41-2 |
Jüchse (Parthe) | links | 14,5 | 106,1 | 293 | Obermaßfeld-Grimmenthal | 41-32 | |
Sülze | links | 12,4 | 52,1 | 292 | Untermaßfeld | 41–332 | |
Herpf | links | 21,7 | 95,3 | 277 | Walldorf | 41-34 | |
Katza | links | 15,1 | 61,3 | 269 | Wasungen | 41–354 | |
Schwarzbach | links | 11,1 | 39,5 | 264 | oberh. Schwallungens | 41–356 | |
Schmalkalde[14] | rechts | 24,9 | 156,4 | 2140 | 252 | Niederschmalkalden | 41-36 |
Rosabach | links | 13,0 | 39,7 | 251 | Wernshausen | 41–372 | |
Truse | rechts | 18,4 | 46,2 | 245 | Breitungen | 41–374 | |
Fischgraben (Moorbach) | rechts | 10,3 | 32,1 | 240 | Barchfeld | 41–376 | |
Pfitzbach (Polsambach) | links | 12,3 | 34,4 | 239 | Bad Salzungen | 41–378 | |
Felda[15] | links | 42,2 | 216,7 | 2300 | 225 | Dorndorf | 41-38 |
Oechse | links | 16,0 | 61,6 | 223 | Vacha | 41–394 | |
Ulster | links | 57,2 | 421,0 | 5279 | 221 | Philippsthal | 41-4 |
Herfabach | links | 11,3 | 40,0 | 245 | 216 | Wölfershausen | 41–52 |
Suhl | rechts | 21,8 | 91,3 | 206 | Berka | 41–54 | |
Weihe | links | 11,5 | 64,0 | 344 | 206 | Untersuhl | 41–56 |
Elte | rechts | 23,5 | 81,0 | 200 | Lauchröden | 41–58 | |
Hörsel[16] | rechts | 55,2 | 784,0 | 6260 | 194 | Hörschel | 41-6 |
Ifta | links | 8,9 | 30,7 | 190 | Creuzburg | 41–72 | |
Lauterbach | rechts | 9,4 | 42,4 | 184 | Mihla | 41–734 | |
Lempertsbach (Grundbach) | rechts | 9,0 | 30,3 | 182 | oberh. Ebenshausens | 41–736 | |
Frieda | rechts | 18,4 | 171,8 | 1339 | 161 | Frieda | 41–78 |
Wehre | links | 36,4 | 451,7 | 4147 | 153 | Jestädt | 41-8 |
Berka | links | 9,8 | 37,3 | 363 | 153 | Albungen | 41–92 |
Walse | rechts | 11,3 | 31,9 | 144 | Wahlhausen | 41–94 | |
Gelster | links | 23,0 | 60,6 | 771 | 132 | Witzenhausen | 41–96 |
Eine Besonderheit weist der Farnbach auf. Der Bach fält teilweise trocken (Farnbachversickerung) und entwässert unterirdisch über die Grumbach und die Schweina.
Ortschaften
Flussabwärts gesehen liegen an der Werra diese Ortschaften:
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Wasserführung
Trotz ihrer größeren Länge führt die Werra etwas weniger Wasser als die Fulda, die das größere Einzugsgebiet aufweisen kann. Die Situation ist allerdings ähnlich der beim Zusammenfluss von Rhein und Aare. Letztere nimmt kurz vor ihrer Mündung zwei stattliche Nebenflüsse auf, nämlich die Reuss und die Limmat, und führt nur auf ihren letzten Kilometern etwas mehr Wasser als der Rhein. Die Fulda erreicht ihre stattliche Größe ebenfalls erst kurz vor ihrem Zusammenfluss mit der Werra, als sie oberhalb von Kassel mit der Eder, die die Fulda an Wasserführung hier sogar übertrifft, ihren größten Nebenfluss aufnimmt.
Die Werra kann im Jahresmittel einen Abfluss von 51,2 m³/s aufweisen, gemessen am Pegel "Letzter Heller" kurz vor Hann. Münden. Der Erhebungszeitraum lag in 64 Jahren zwischen 1941 und 2005 bei zwei Ausfalljahren (Kalenderjahr 2001, Abflussjahr 2002, das heißt 1. November 2001 bis 31. Oktober 2002). Der niedrigste Abfluss wurde am 2. November 1949 mit 5,1 m³/s gemessen. Die höchsten gemessenen Werte liegen recht lange zurück: am 10. Februar 1946 flossen 605 m³/s ab, am 16. März 1947 563 m³/s und am 20. März 1942 528 m³/s. Ein Wert aus jüngster Zeit folgt erst auf Rang sieben: 440 m³/s wurden am 5. Januar 2003 erreicht.
→ Siehe auch: Werrahochwasser 1909
Bekannte Brücken
- Georgsbrücke (Meiningen), älteste noch stehende Stahlbetonbrücke in Deutschland von 1899
- Werrabrücke Vacha, mittelalterliche Steinbogenbrücke mit insgesamt 14 Bögen
- Werrabrücke Creuzburg, Steinbogenbrücke mit 7 Halbkreisbögen aus dem Jahre 1223
- Werratalbrücke Hörschel, 13-feldrige Spannbeton-Talbrücke der Bundesautobahn 4, 732 m Länge
- Werratalbrücken Hedemünden, zwei parallele Talbrücken für die A 7 und die Eisenbahn-Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg
- Alte Werrabrücke in Hann. Münden, Steinbogenbrücke aus dem 13. Jahrhundert
Wirtschaftliche Nutzung
Kalibergbau und Werraversalzung
{ Folgeabschnitt überarbeitet. Aktualisiert mit Erkenntnissen aus Quelle Feb 2022}
Die Werra ist der heute am stärksten mit Salzen belastete Industriefluss in Mitteleuropa,[18] eine Folge des Abbaus von Salzen im Einzugsgebiet der Werra. Schon in der Zeit vor 1900 wurde hier der Abbau von Salzen betrieben, mit damals nur geringen, örtlich begrenzten Auswirkungen auf die Gewässer. Seit etwa 100 Jahren jedoch werden am Mittel- und Unterlauf der Werra Kalisalze im industriellen Maßstab abgebaut. Die benötigten Gruben wurden in den Bundesländern Thüringen und Hessen angelegt. Das Kalisalz (KCl und auch das Salz MgSO4) sind Grundstoffe für die Düngemittelindustrie und werden weltweit nachgefragt. Sie kommen in der Natur zusammen mit anderen löslichen Salzen und schwerlöslichen Mineralien vor, weil sich bei den erdgeschichtlichen Vorgängen der Bildung von Lagerstätten im Verlauf der Meerwassereindampfung alle enthaltenen Salze in der Reihenfolge ihrer Löslichkeiten abscheiden, beginnend mit den schwer löslichen Salzen zu den leicht löslichen Salzen. Für die Herstellung von Düngemitteln sind jedoch nur die zwei genannten Kalium- bzw. Magnesium-Salze von Interesse. Alle übrigen Salze gelten als Abfall und werden auf drei Arten entsorgt: durch Aufhaldung (wie z. B. beim Monte Kali), durch unterirdische Verklappung im Plattendolomit oder durch die Einleitung der gelösten Abfallsalze in die Werra. Zwar stammt ein Teil der Salzfracht der Werra aus nicht vermeidbaren natürlichen Auswaschungen, jedoch wird der größere Teil der Salzfracht eingeleitet, derzeit bei Unterbreizbach (Ulster), Dorndorf (Werra) und bei Heringen (Werra). Die Einleitungen begannen mit der industriellen Nutzung der Lagerstätten und gefährdeten schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Trinkwasserversorgung der flussabwärts liegenden Orte, darunter auch die Wasserversorgung der Stadt Bremen. Daraufhin führte das Land Bremen in den 1920er Jahren einen Rechtsstreit gegen die Länder Preußen, Thüringen und gegen den Freistaat Braunschweig vor dem Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich.
Nach den Prozessen wurden Grenzwerte für den Salzgehalt in der Werra festgelegt, damit die Stadt Bremen Wasser annähernd in Trinkwasserqualität fassen konnte. Bis zum Jahr 1942 wurden die Grenzwerte für die Salzfracht der Werra wiederholt gelockert, was einen Anstieg des Salzgehalts zur Folge hatte. Daraufhin wurde festgelegt, dass am Pegel Gerstungen die Salzfracht den Wert von 2500 mg/ l Chlorid nicht überschreiten darf.
seit Beginn der 1960er Jahre beendete die DDR die Verbringung und Lagerung der Salz-Rückstände unter Tage und alle Salz-Rückstände der Kalisalz-Aufbereitung wurden in die Werra eingeleitet, was katastrophale Folgen hatte. Der bedeutsamste Schadstoff war damals so wie heute gelöstes Natriumchlorid. Hinzu kamen andere Kationen wie die Kationen von Calcium und Magnesium und nicht vollständig abgetrennte Kationen des Kaliums sowie Anionen wie Sulfat. Die sich einstellende starke Versalzung zerstörte das Süßwasserökosystem nahezu vollständig. Die Wirbellosenfauna von natürlicherweise etwa 60 bis 100 Arten wurde auf eine Biozönose von 3 Arten reduziert. Als Grundlage der Nahrungspyramide blieben in der Werra noch eine eingeschleppte neuseeländische Schnecke (Potamopyrgus antipodarum), ein Bachflohkrebs (Gammarus tigrinus), der im Brackwasser beheimatet ist und 1952 gezielt in die versalzte Werra eingebracht wurde, sowie ein Strudelwurm.[19]
Der ehemals erwünschte und festgelegte Höchstwert von 2500 mg/ l Chlorid wurde in den Jahren vor der politischen Wende in der DDR weit überschritten. Als Folge der Überschreitung wurde nach der politischen Wende in der DDR der ehemalige Wunschwert im November 2003 als zukünftig tolerierbarer Grenzwert festgelegt, mit dem - laut Regierungspräsidium - keine Verschlechterung gegenüber dem vorhergehenden Zustand erfolgt. Weiterhin wies die Behörde darauf hin, dass bereits 2011 Gerichte festgestellt hätten, dass die Einleitungen keine neuen Gefahrenlagen begründen. Die Auffassungen von Umweltschutzverbänden, Bürgerinitiativen und einigen politischen Parteien, dass für die Bürger nachteilige Auswirkungen im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes zu erwarten seien, trifft laut Regierungspräsidium nicht zu, weil angeblich gar keine Umweltschäden vorlägen. Auch eine Berufung auf das von der EU erlassene Umwelthaftungsgesetz wurde von der Behörde nicht befürwortet, weil der genannte Verursacher des Schadens, die Betreiberfirma K + S keinen Umweltschaden verursacht hätte, der zu einer Verschlechterung der Situation geführt hat.[20]
Durch Anpassung entwickelte sich in der Werra ein Lebensraum, der eher einem Salzwasser- als einem Süßwasserökosystem gleicht. Nach der deutschen Einheit wurde der Kalibergbau in Thüringen eingestellt und die Werra erholte sich, ohne aber den Zustand eines nicht salzbelasteten Gewässers zu erreichen. Bei Untersuchungen der letzten Jahre konnten anstelle von vorher drei nun zehn Arten gefunden werden.[21][22] Nicht salzbelastete Abschnitte der Werra bieten demgegenüber Lebensraum für dreißig bis vierzig Arten.
Das Kasseler Bergbau-Unternehmen K+S AG leitet seit Pfingsten 2007 zusätzlich salzbelastete Abwässer der Halde des Bergwerks Neuhof-Ellers an der Fulda in die Werra ein. Die zusätzliche Salzeinleitung sei aber noch im Rahmen der gesetzlichen Grenzwerte, so eine Unternehmenssprecherin. Umweltschützer kritisieren den zusätzlichen Salzeintrag, der über die Werra in die Weser fließt. Auf Initiative der Länder Hessen und Thüringen und des Unternehmens K+S AG konstituierte sich am 18. März 2008 der Runde Tisch „Gewässerschutz Werra/Weser und Kaliproduktion“.[23] Er soll eine Lösung für das Problem der Werraversalzung erarbeiten. Da bisher 6 Mio. Kubikmeter (m³) in tiefe geologische Schichten versenkt wurden, die Genehmigungsbehörden aber ein Verbot dieses Entsorgungsweges angekündigt haben, muss auch deren Verbleib gelöst werden, nicht nur der Menge, die bislang in die Werra geleitet wird.
Am Runden Tisch sitzen 25 Vertreter (Bundesländer, Gemeinden, Städte und Landkreise an Werra und Weser, Umweltverbände, Bürgerinitiativen, Gewerkschaften, Weserbund, IHK, K+S AG). Die Leitung hat Hans Brinckmann inne, ehedem Präsident der Universität Kassel. Bis zum Herbst 2009 sollte ein Konzept für eine Lösung vorgelegt werden, davor sollten alle denkbaren Maßnahmen auf ihre Machbarkeit und ihre Wirksamkeit hin untersucht werden. Außer Änderungen bei der Produktion, die den Anfall von zu entsorgendem Salz vermeiden oder vermindern könnten, sollten auch bessere Entsorgungswege erwogen werden, etwa durch deren direkte Einleitung in die Nordsee über eine Pipeline, den untertägigen Versatz und die Eindampfung der Abfalllaugen vor Ort. Letzteres ist aus Sicht des Unternehmens nicht machbar.[24] Die Fernleitung zur Nordsee stieß bei Politikern aus Hessen, Nordrhein-Westfalen und vor allem aus Niedersachsen, welches für die Einleitung in die Nordsee die wasserrechtliche Erlaubnis erteilen müsste, auf Widerstand.[25] Im September 2014 legte das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz eine Studie vor, wonach die Forderung von Errichtung und Betrieb der Abwasserfernleitung wirtschaftlich nicht vertretbar und damit unverhältnismäßig sei.[26] Der K+S wurde am 30. November 2012 vom Regierungspräsidium Kassel eine neue wasserrechtliche Erlaubnis für die Einleitung von salzhaltigen Abwässern in die Werra erteilt. In der Erlaubnis sollen die Abwassermengen und -parameter bis 2020 schrittweise reduziert werden. Unter anderem soll der seit 1942 unverändert geltende Grenzwert für Chlorid ab 2015 auf 1.700 mg/l, die Abwassermenge auf acht Millionen Kubikmeter im Jahr reduziert werden. Kritiker sehen auch mit den strengeren Grenzwerten das Erreichen der Qualitätsziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie bis zum Jahre 2020 als unmöglich an.[27] Eine Lösung des Problems könnte in der Zwischenlagerung der salzigen Abwässer in alten, tief gelegenen Grubenbauen bestehen. Dieses "Einstapelung" genannte Verfahren soll es der K+S ermöglichen, ihren Betrieb auch bei geringer Wasserführung des Flusses weitgehend aufrechtzuerhalten, ohne die Grenzwerte zu überschreiten. Das Grundwasser sei nicht gefährdet, da die Gruben unter den Aquiferen lägen.[28]
Schifffahrt
Die Werra (Wr) ist in ihrer Mündungsstrecke von km 89,0 (Mündung in die Weser) bis 84,0[5] (Staustufe „Letzter Heller“) eine nicht klassifizierte Bundeswasserstraße, von da ab bis km 0,78[5] (Staustufe Falken) eine sog. „sonstige Binnenwasserstraße des Bundes“,[29] für die das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Weser zuständig ist. Auf dieser Strecke bestehen heute 7 Staustufen in Falken, Wanfried, Eschwege, Bad Sooden-Allendorf, Hedemünden, „Letzter Heller“ und in Hann. Münden vornehmlich zur Wasserkraftnutzung. Zur Erhaltung der Schiffbarkeit gibt es in Eschwege, Bad Sooden-Allendorf und Hann. Münden je eine kleine Kammerschleuse; die Schleuse „Letzter Heller“ ist außer Betrieb. Die Werra wird nur noch von der Sportschifffahrt benutzt.
Anstöße für eine Werraschifffahrt gaben bereits im frühen Mittelalter Klöster. Im 14. Jahrhundert kam durch den Mühleneinbau die Schifffahrt oberhalb Wanfried zum Erliegen. Unterhalb Wanfried waren die Mühlenstaue so gering, dass die Schiffe offene Schiffsgassen, die zugleich Floßgassen waren, oder Stauschleusen benutzen konnten. Praktisch gab es nur eine Schifffahrt zu Tal, die leichten Boote wurden in Münden verkauft. Befördert wurden u. a. Waid, eine zur Herstellung blauer Farbe benutzte Pflanze, und Keramikwaren wegen des billigen und bruchsicheren Transports sowie in großem Umfang Getreide für Holland.[30]
Zahlreiche Planungen ab dem 17. Jahrhundert, die Werra auch oberhalb Wanfried wieder zu nutzen und durch einen Main-Werra-Kanal sogar eine Verbindung zum Main herzustellen, wurden 1961 endgültig aufgegeben. Um aber die Bergfahrt zu ermöglichen, ließ Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel an den Mühlen in Eschwege (1735) und (Bad Sooden-) Allendorf (1756) Schleusen bauen. Der Beseitigung eines jahrhundertealten Schifffahrtshindernisses, einer Felsbarre, diente der Bau der Staustufe Hann. Münden 1877–1881 mit einem Nadelwehr und einer Kammerschleuse. Der erhoffte Aufschwung der Güterschifffahrt blieb aber aus und wurde mit dem Ersten Weltkrieg ganz eingestellt.
1921 bis 1924 entstand die Staustufe am „Letzten Heller“ zur Wasserkraftgewinnung. Ab 1926 gab es neue Planungen für einen Werra-Ausbau in erster Linie für die Beförderung von Kali zum Überseehafen Bremen. Der Zweite Weltkrieg verhinderte die Verwirklichung endgültig.
Schleusen
Die Schleusen der Werra (siehe hierzu auch obigen Abschnitt Schifffahrt) sind (flussabwärts betrachtet):[31]
Name der Schleuse | Wasserstraßenkilometer | Daten | Baujahr |
---|---|---|---|
Schleuse Wanfried | Wr 20,2 | L 21 m / B 4,30 m / Fallhöhe 2,10 m | 1752 |
Schleuse Eschwege | Wr 29,406 | L 32 m / B 4,60 m / Fallhöhe 2,25 m | 1752 |
Schleuse Bad Sooden-Allendorf | Wr 47,655 | L 38 m / B 4,40 m / Fallhöhe 2,36 m | 1752 |
Schleuse Letzter Heller | Wr 83,943 | L 40 m / B 4,50 m / Fallhöhe 4,80 m | 1923 |
Werraschleuse Hann. Münden | Wr 88,6 | L 85 m / B 10,00 m / Fallhöhe 13,30 m | 1881 |
Flößerei
Auf der Werra wurden seit dem 16. Jahrhundert Flöße vom Thüringer Wald den Fluss herabgebracht; die letzten kamen im Jahr 1939 in den Fluss. Die Thüringer Flöße, die sogenannten Oberländer, waren 18–20 m lang, 3,30–4 m breit, ihr Inhalt lag bei etwa 20 Festmeter Holz. Die Flößerei wurde dadurch behindert, dass die Werra stellenweise Grenzfluss zwischen Sachsen-Meiningen und Hessen war. Häufige Streitigkeiten betrafen die Floßholzabgaben, Uferbeschädigungen und gelegentliche Diebstähle sowie die Öffnungszeiten der Mühlwehre. Hessen durfte von 1567 an nur Floßholz auf der Werra zoll- und geleitsfrei nach Sooden-Allendorf bringen. Dieses Holz sollte jedoch zeitlich nur zwischen 1. Mai und Pfingsten oder Laurentiustag eingeworfen werden. Die Beamten in Creuzburg und Gerstungen mussten 14 Tage vorher benachrichtigt werden, wann und wo der Holzeinwurf stattfinden sollte. Als Ersatz für den angerichteten Schaden hatte die Saline in Sooden jährlich 100 Achtel Salz an den Herzog von Sachsen-Eisenach zu liefern. Das für Sooden-Allendorf bestimmte Holz kam aus den Gebieten der mittleren Werra unterhalb von Bad Salzungen. Genannt wurden in den Verordnungen die Ämter Gerstungen und Kreuzburg. Vor allem aber lieferte der Seulingswald Floßholz. In Sooden befand sich ein mobiler Fangrechen, der nur für die Dauer der Flöße in den Fluss gezogen wurde. Bei der Ankunft wurde das Holz vom Holzvogt abgenommen, der es taxierte und weiter an die Södermeister verkaufte. Mit dem Gelderlös wurden die Holzhauer, Fuhrleute und Floßknechte entlohnt. Die bescheidene Größe der Werraflöße war durch das flache Fahrwasser und die schmalen Floßgassen neben den Wehren bedingt. Die eigentliche Werraflößerei begann in Wernshausen, einem jahrhundertealten Flößerzentrum am Thüringer Wald. Unmittelbar an der Werra gelegen, befand sich vor dem Dorf der Hauptstapel- und Einbindeplatz, hier wurde das ankommende Holz nach Stärkeklassen gelagert, sortiert und die Stämme wurden von Zimmerleuten zum Einbinden vorbereitet. Seit dem 17. Jahrhundert war auch die Creuzburger Saline Wilhelmsglücksbrunn von dem Floßholztransport abhängig. Nach den Salinen waren auch die nach dem Dreißigjährigen Krieg zerstörten Städte von Bauholzlieferungen abhängig, diese wurden in Form von vorgefertigten Balken und Dielenbrettern beliefert. Noch heute erinnert das Hölzerkopfhaus in Mihla an eine einst wohlhabende thüringische Flößerfamilie, diese durften ihre Flöße weiter gegen Bremen fahren lassen.[32]
Werrakraftwerke
aktuelle Wasserkraftanlagen an der Werra sind unter anderem:
Ort | Leistung [MW] | Betreiber | in Betrieb seit |
---|---|---|---|
Wasserkraftanlage „Walkmühle“ Meiningen | Firma Retzer | 2009 | |
Wasserkraftanlage Tiefenort | ??? | ??? | |
Wasserkraftanlage Dorndorf | Wasserkraftwerke Ost-West | 1996 | |
Wasserkraftanlage Heringen | Eberlein GmbH | 1904/2005 | |
Wasserkraftwerk Berka/Werra | ??? | ??? | |
Wasserkraftwerk "Steinmühle", Wommen | ??? | ??? | |
Wasserkraftwerk Spichra | Thüringer Energie | 1925 (1998) | |
Wasserkraftwerk Mihla | Thüringer Energie | 1919 (2006) | |
Wasserkraftwerk Falken | Thüringer Energie | 1912 (1999) | |
Elektrizitätswerk Wanfried[33] | von Scharfenberg KG | 1901 | |
Schlossmühle/Schabe Eschwege | Stadt Eschwege | 1906/1908 | |
Wasserkraftwerk Bad Sooden-Allendorf | Werra Kraftwerk Bad Sooden-Allendorf | ??? | |
Laufwasserkraftwerk Hedemünden[34] | 0,18 | August Hannemann (WKA) | 1963 (2013) |
Hann. Münden, Laufwasserkraftwerk Werrawerk (früher „Letzter Heller“) | 2,60 | Statkraft Markets GmbH | 1924 |
Hann. Münden, Wasserkraftschnecke Blumer Wehr | 0,14 | Versorgungsbetriebe Hann. Münden | 2011 |
Früher befanden sich noch Anlagen in Bad Salzungen, Vacha und Sallmannshausen.
- Wasserkraftwerk Berka/Werra
- Wasserkraftwerk Spichra
- Wasserkraftwerk Mihla
- Wasserkraftwerk Sallmannshausen
- Wasserkraftwerk Schabe, Eschwege
- Laufwasserkraftwerk Werrawerk, Hann. Münden
- Doppel-Wasserkraftschnecke, Hann. Münden
Fischfang
Die Werra war im Mittelalter noch eines der wichtigsten Fischfanggebiete in Thüringen. Die Fangrechte waren vom Landesherren abschnittsweise an privilegierte Müller oder adelige Grundherren vergeben. Der Streit um Fangquoten und den Einbau von Fischwehren füllt Bände. Bis in das 18. Jahrhundert waren Lachse in der Werra nachweisbar. Mit der Einleitung ungeklärter Industrieabwässer und den Rückständen der Kali- und Sodaproduktion verschlechterte sich der Fischbestand des Flusses dramatisch. Die in den Zuflüssen noch vorhandenen Fischpopulationen haben zudem durch die kommunalen und landwirtschaftlichen Abwässer und den Einbau von Sperrwehren zu leiden.
Tourismus
An denjenigen Teilabschnitten des Flussverlaufs zwischen Vacha und Witzenhausen, an denen die ehemalige innerdeutsche Grenze im Flussbett der Werra verlief, begleitet das Grüne Band Deutschland, Deutschlands längster Biotopverbund, das Thüringer Flussufer. Die Breite des Bandes ergibt sich aus dem Verlauf des Kolonnenwegs. Diesen kann man zu Fuß ablaufen bzw. mit dem Fahrrad entlangfahren, sofern er erhalten und nutzbar geblieben ist. Allerdings müssen (Rad-)Wanderer damit rechnen, an solchen Stellen in eine Sackgasse zu geraten, an denen die Grenze auf das Gebiet am anderen Werraufer wechselt.
Teils in der Nähe des Grünen Bandes, teils abseits von ihm verläuft neben der Werra seit 1997 der 290 km lange, überregionale und einheitlich markierte Werratal-Radweg. Der Fluss selbst wird von Wasserwanderern stark frequentiert. Bootsverleihe bestehen an mehreren an der Werra gelegenen Orten. Die Wasserwanderstrecke ist mit Bootsanlegestellen und Umtragen sowie Vesperplätzen mit Informationstafeln an Wehranlagen von Themar in Südthüringen bis zur Wesermündung erschlossen.
Von Hann. Münden bis zur Wartburg bei Eisenach begleitet der Fernwanderweg Werra-Burgen-Steig (X5) den Fluss mit einer Thüringer und einer hessischen Strecke, dem vom Verband Deutscher Gebirgs- und Wandervereine zertifizierten Werra-Burgen-Steig Hessen (X5H).
Forschung
Thüringen
Die Untersuchungsprogramme zur Gewässerüberwachung in der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie umfassen die Gewässerbiologie und die Gewässerchemie. Das Artenspektrum der Zuflüsse auf thüringischem Gebiet wurde erstmals im Jahr 2006 und zum Vergleich zuletzt 2010 erfasst. Im Aufbau ist eine zentrale Fischdatenbank als Monitor für die Gewässergüte, in diese sollen die jährlichen Daten einfließen. Berücksichtigt werden sollen auch Daten, die Naturschutzverbände selbst erheben. Das Ergebnis der aktuellen Untersuchung wurde im Juni 2011 bekannt gegeben: Es zeigt eine deutliche Verschlechterung im Fischbesatz als Indiz für eine Verschlechterung der Fließgewässergüte der Werra und deren Hauptzuflüssen Nesse und Hörsel im Wartburgkreis und in der kreisfreien Stadt Eisenach.[35]
Historische Hochwasserereignisse
Hochwasserereignisse richten jährlich enorme Schäden entlang der Flussläufe an. Für den Schutz der Menschen und Sachwerte ist das Risiko einer Hochwasserkatastrophe zu bestimmen, Schutzvorkehrungen und Einsatzpläne sind zu organisieren. Hierzu müssen historische Hochwasserereignisse berücksichtigt werden. Ihr Auftreten ist seit Jahrhunderten in Ortschroniken und beispielsweise durch Markierungen an Bauwerken dokumentiert. Die wissenschaftliche Dokumentation und Auswertung historischer Hochwasserereignisse wird durch eine Forschungsgruppe an der Universität Göttingen für das Stromgebiet der Weser vorgenommen.[36]
Biber
Der Biber breitet sich seit 2012 auch wieder an der Werra und einigen ihrer Zuflüsse in Süd- und Westthüringen aus. Das Thüringer Landesverwaltungsamt als Obere Naturschutzbehörde hat hierzu gemeinsam mit dem Naturschutzbund (NABU) Landesverband Thüringen das Projekt „Bibermanagement in Thüringen 2013/2014“ ins Leben gerufen.[37] In den folgenden Jahren konnten Biber und Biberspuren an mehreren Abschnitten der Werra bis ins hessische Bad Sooden-Allendorf nachgewiesen werden.[38]
Siehe auch
Literatur
- Fritz Kühnlenz: Erlebnisse an der Werra. Heimatgeschichtliche Wanderungen. Greifenverlag, Rudolstadt 1973.
- Werraland – Merian Heft Nr. 33, Hamburg: Hoffmann und Campe (Sonderheft) 1980, Illustrationen und Karten
- Caspar Heinrich Schwendt: Neun vierfarbige Reproduktionen ausgewählter Gemälde (der Stadt Eschwege und ihrer Umgebung im Format 42 × 30 cm mit einer Einführung und Erläuterungen von Klaus Meier-Schomburg), Verlag Peter Kluthe, Eschwege 1976
- Ernst Christopher Metz: Romantik im Werratal. Mit einer Tafel Text und einführenden Erklärungen sowie neun großformatigen, farbigen Bildtafeln (Format 43,5 × 30,5 cm) der Stadt Eschwege und ihrer Umgebung. Verlag A. Roßbach, Eschwege 1986
- Werratal Journal – Von den Werraquellen bis Hannoversch Münden. Bad Salzungen und Eisenach: 1996–1998 (Hefte Nr. 1–3), Nr. 4 (ca. 1999)
- Manfred Lückert: Die Werra. Landschaft und Leben am Fluss zwischen Thüringer Wald und Hann. Münden., Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 2. Auflage 2007, ISBN 978-3-938997-26-0.
Weblinks
- Literatur von und über Werra im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Karte/Luftbild des kompletten Flusssystems der Werra / Placemarks (Google Earth erforderlich)
- Literatur über Werra nach Stichwort In: Hessische Bibliographie
- Karte Gewässerlängsschnitte, in Wasser, auf tlug-jena.de (PDF, 1,23 MB)
Einzelnachweise und Anmerkungen
- Karten und Daten des Bundesamtes für Naturschutz (Hinweise)
- Messung über Geopfad (kmz, 66 kB). Die Werte von 292,1 km (ohne Quellbäche) bzw. 298,7 km (über Quelle am Eselsberg) wurden um 0,9 km nach oben korrigiert, da laut hessischer Stationierung die Ulstermündung an km 161,6 liegt, im Geopfad jedoch an km 160,7.
- Thüringer Landesanstalt für Umwelt (Hrsg.): Gebiets- und Gewässerkennzahlen Verzeichnis und Karte. Jena 1998; 26 S.
- Deutsches Gewässerkundliches Jahrbuch Weser-Ems 2015. Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, S. 100, 102, 103 & 108, abgerufen am 7. März 2021 (PDF, deutsch, 6395 kB).
- Längen (in km) der Hauptschifffahrtswege (Hauptstrecken und bestimmte Nebenstrecken) der Binnenwasserstraßen des Bundes (Memento vom 21. Januar 2016 im Internet Archive), Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
- "Werra bleibt schwer geschädigt", Pitt von Bebenburg, in Frankfurter Rundschau 4/5 Dez 2021, S. D4 Hessen
- Siehe Abschnitt im Artikel der Schleuse.
- Gewässerkartendienst des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Hinweise)
- Deutsches Gewässerkundliches Jahrbuch Weser-Ems 2014. Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, abgerufen am 4. Oktober 2017 (PDF, deutsch, 8805 kB).
- Zur besseren Übersicht und Sortierung flussabwärts ist pro Fließgewässer in die Gewässerkennzahl (DGKZ) nach der Ziffer „41“, die für die Werra steht, jeweils ein Bindestrich eingefügt.
- Abfluss am Pegel Rappelsdorf (Einzugsgebiet 256 km², 9 km oberhalb der Mündung)
- Abfluss am Pegel Ellingshausen (327 km² Einzugsgebiet), 4 km oberhalb der Mündung
- Die Länge der Hasel über die Lauter beträgt 32,5 km, die über die Schwarza sogar 38,1 km.
- Abfluss am Pegel Mittelschmalkalden (153,0 km² Einzugsgebiet), 3 km oberhalb der Mündung
- Abfluss am Pegel Mittelschmalkalden (Einzugsgebiet: 214 km²), 2 km oberhalb der Mündung
- Abfluss am Pegel Eisenach-Petersberg (10,6 km oberhalb der Mündung) plus Abfluss der Nesse am Pegel Eisenach-Nessemühle (0,3 km oberhalb der Mündung in die Hörsel) – zusammen 731,3 km² Einzugsgebiet
- Der Ortsteil Wanfried-Heldra (ESW/HE) liegt zwischen einzelnen Ortsteilen von Treffurt (WAK/TH).
- Umweltverschmutzung durch K+S – Die dunkle Seite des Börsenstars, vom 27. Juli 2012, auf spiegel.de
- Gunkel: Salz in der Suppe. 2006.
- Pitt von Bebenburg: Angeblich kein Umweltschaden. Die Werra ist mit Salz belastet, doch Hessens Behörden melden das nicht nach Brüssel. In: Frankfurter Rundschau, 20. Februar 2022. Abgerufen am 19. Februar 2022.
- Hübner, Gerd: Ökologisch-faunistische Fliessgewässerbewertung am Beispiel der salzbelasteten unteren Werra und ausgewählter Zuflüsse. Ökologie und Umweltsicherung 27 (2007) Herausgeber: Universität Kassel
- Institut für Gewässerökologie und Fischereibiologie Jena: Der ökologische Zustand des Makrozoobenthos der Mittleren und Unteren Werra und seine Haupteinflussfaktoren. Gutachten, April 2009.
- Runder Tisch Werra (Memento vom 7. Februar 2013 im Internet Archive)
- Kaliwerk ohne Abwasser nicht machbar In: HNA. aufgerufen am 24. September 2014.
- Salz soll bleiben wo es ist In: Mindener Tageblatt. aufgerufen am 24. September 2014.
- Hessen will keine Kali-Pipeline mehr In: HNA. aufgerufen am 24. September 2014.
- Die neuen Grenzwerte. Stellungnahme der Werra-Weser-Anrainerkonferenz e. V. zu der Einleiterlaubnis vom 30. November 2012 Pressemitteilung der Werra-Weser-Anrainerkonferenz, 6. Dezember 2012, abgerufen am 23. Januar 2014 (PDF).
- hersfelder-zeitung.de
- Verzeichnis E, Lfd. Nr. 62 und Verz. F der Chronik (Memento vom 22. Juli 2016 im Internet Archive), Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
- Hans Joachim Bodenbach: Ein Pottwalzahn aus der Werra, in: Das Werraland, Eschwege 38. Jahrgang, Heft 4, Dezember 1986, S. 58–59.
- Verzeichnis der Schleusen von Weser, Werra und Fulda (Memento vom 7. April 2014 im Internet Archive). Eingesehen am 2. April 2014.
- Manfred Lückert: Die Deelenflößer kommen. In: Die Werra. Landschaft und Leben am Fluss zwischen Thüringer Wald und Hann. Münden., Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 2. Auflage 2007, ISBN 978-3-938997-26-0.
- Historie Elektrizitätswerk Wanfried (Memento vom 1. April 2016 im Internet Archive)
- Helmut Krischmann: Neue Turbine entsteht. Brüder Hannemann bauen an der Werra Wasserkraftwerk aus. In: HNA Mündener Allgemeine. 24. Juli 2013, S. 2.
- Norman Meißner, Sascha Willms: Fischfauna im Wartburgkreis gibt Anlass zur Sorge. Hrsg.: Thüringische Landeszeitung. Lokalseite Eisenach 15. Juni 2011.
- M. Deutsch, K.-H. Pörtge: Hochwassermarken in Thüringen. Hrsg.: Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz. Erfurt und Göttingen 2009, Stromgebiet Weser.
- NABU Thüringen, aufgerufen am 11. Februar 2014.
- Stefan Forbert: Der Biber breitet sich aus: An fünf Abschnitten der Werra zeigen sich Aktivitäten. In: Hessisch Niedersächsische Allgemeine. 15. April 2020, abgerufen am 15. April 2020.