Potsdamer Konferenz
Die Potsdamer Konferenz (Codename Terminal), offiziell als Dreimächtekonferenz von Berlin bezeichnet, war die letzte der Konferenzen der Alliierten während des Zweiten Weltkriegs. Sie fand vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 im Schloss Cecilienhof bei Potsdam statt und versammelte die Regierungschefs der drei Hauptalliierten des Zweiten Weltkriegs, die nach dem Ende der Kampfhandlungen in Europa das weitere Vorgehen berieten.
Die Ergebnisse wurden im Protokoll der Verhandlungen der Berliner Konferenz, dem sogenannten Potsdamer Abkommen festgehalten. Soweit es Gesamtdeutschland betraf, wurde von den Alliierten eine verkürzte Inhaltsangabe unter der Bezeichnung Mitteilungen über die Konferenz der drei Mächte herausgegeben. Hinsichtlich Japans gaben die Regierungschefs der Vereinigten Staaten von Amerika, Nationalchinas und des Vereinigten Königreichs die Potsdamer Erklärung heraus.
Ort und Bezeichnung
Churchill hatte eine Konferenz der „Großen Drei“ nach dem Ende der Kampfhandlungen in Europa vorgeschlagen. Da Stalin erfahrungsgemäß keine Konferenzorte außerhalb des sowjetischen Machtbereichs akzeptierte, wählte man Berlin als Konferenzort, so dass die Delegationen im jeweiligen eigenen Sektor untergebracht werden konnten. Potsdam bot aus logistischen Gründen und weil es weniger stark zerstört war als die Berliner Innenstadt mit dem Cäcilienhof eine naheliegende Alternative. Als zweite Residenz der preußischen Könige und des deutschen Kaisers hatte Potsdam Symbolkraft, zumal es als Wiege des deutschen Militarismus galt und auch an den Tag von Potsdam erinnerte. Der Codename für die Konferenz lautete «Terminal».[1]
Für die Potsdamer Konferenz gibt es unterschiedliche Bezeichnungen. Der Titel des Treffens lautet in der Kopfzeile vom Originaldokument des 1945 verabschiedeten Abkommens „Berlin Conference of the Three Heads of Government of the U.S.S.R., U.S.A., and U.K.“. In der Übersetzung der „Mitteilung über die Dreimächtekonferenz von Berlin“[2] wird die Konferenz Dreimächtekonferenz von Berlin genannt.
Im englischen Sprachgebrauch gibt es neben der Bezeichnung The Berlin Conference[3] auch The Berlin (Potsdam) Conference.[4]
Vorgeschichte
Beginnend mit der Konferenz von Teheran 1943 hatten sich die Hauptalliierten der Anti-Hitler-Koalition des Zweiten Weltkriegs bereits mehrfach auf unterschiedlichen Ebenen getroffen, um eine Einigung über das Vorgehen für die Zeit nach dem Sieg über das nationalsozialistische Deutsche Reich zu erzielen. Zuvor wurde in der Konferenz von Casablanca ebenfalls 1943 die Forderung nach einer bedingungslosen Kapitulation erhoben. In der Konferenz von Jalta vom Februar 1945 wurde eine Einteilung in Besatzungszonen sowie eine koordinierte Verwaltung und Kontrolle durch eine Zentrale Kontrollkommission beschlossen.
Nach dem militärischen Zusammenbruch des Großdeutschen Reiches, einhergehend mit dem Inkrafttreten der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Streitkräfte am 8. Mai 1945 und der Verhaftung der Geschäftsführenden Reichsregierung unter Karl Dönitz und Lutz von Krosigk am 23. Mai, hatten die Siegermächte am 5. Juni mit der Berliner Deklaration und der Feststellung der Besatzungszonen sowie der Einsetzung eines alliierten Kontrollrates offiziell die Regierungsgewalt in Deutschland übernommen. Eine Konferenz im Juni, wie von Winston Churchill vorgeschlagen, wurde von Josef Stalin verzögert. Dies geschah im Rahmen sowjetischer Bestrebungen, die Westmächte in Bezug auf die deutsche Ostgrenze vor vollendete Tatsachen (fait accompli) zu stellen.
Teilnehmer
Auf der Konferenz sollten die Grenzziehungen in Europa und die Reparationsleistungen, die Verwaltung des besetzten Deutschlands sowie der noch andauernde Pazifikkrieg besprochen werden.
Die Teilnehmer waren:
- die USA, vertreten durch Präsident Harry S. Truman und seinen Außenminister James F. Byrnes;
- die Sowjetunion, vertreten durch den Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare und Generalissimus Josef Stalin (unter anderem „Generalsekretär der WKP (B)“ und Oberbefehlshaber der Roten Armee) und seinen Außenminister Wjatscheslaw Molotow;
- Großbritannien, vertreten zunächst durch Premierminister Winston Churchill und seinen Außenminister Anthony Eden, nach Bekanntgabe der Wahlniederlage der Konservativen Partei in den britischen Unterhauswahlen vom 3. Juli dann ab 28. Juli durch Churchills Nachfolger Clement Attlee und dessen Außenminister Ernest Bevin.
Churchill und Truman trafen sich bereits am Montag, den 16. Juli in dessen Quartier in Babelsberg. Stalin besuchte Truman am 17. Juli 1945 um 12:00 Uhr. Die erste Sitzung der Großen Drei begann um 17:00 Uhr in Schloss Cecilienhof. Die letzte Sitzung fand am Mittwoch, den 1. August 1945 statt; sie endete am 2. August um 00:30 Uhr.[5]
Zu den Delegationen gehörten außerdem der jeweilige Generalstab sowie weitere Berater, die ihre zeitweiligen Unterkünfte unweit des Tagungsortes in einigen Neubabelsberger Villen am Griebnitzsee nahmen. Die US-amerikanische Delegation wurde im „Haus Erlenkamp“ untergebracht.
Verlauf
Der Westen war verstimmt über die Plünderungen, den Abtransport von Gütern, die Massenverhaftungen und schließlich die sexuellen Übergriffe während des Vormarsches sowjetischer Truppen; auf der Konferenz kam es zu keiner Einigung über die Einflusszonen in Europa.[6]
Erste Phase vom 17. bis 25. Juli 1945
In der Periode vom 17. bis 25. Juli fanden neun Sitzungen statt. Darauf wurde die Konferenz für zwei Tage unterbrochen, an denen in Großbritannien die Wahlergebnisse verkündet wurden.[7]
Beginn
Als die „Großen Drei“ sich am 17. Juli 1945 um 17 Uhr am Tisch niederließen, machte Stalin seinen ersten geschickten taktischen Zug: Er schlug Truman als Vorsitzenden der Konferenz vor und brachte ihn damit in die Position eines Vermittlers zwischen der Sowjetunion und Großbritannien. Dieser trug daraufhin die wichtigsten amerikanischen Punkte vor:
- Die Einrichtung eines „Rates der Außenminister“, die den Weg zu einer allgemeinen Friedenskonferenz ebnen sollten.
- Klare Richtlinien für den Alliierten Kontrollrat.
- Ein amerikanisches Memorandum, das das Abkommen von Jalta in Bezug auf die Behandlung der osteuropäischen Staaten infrage stellte.
- Die politische Unabhängigkeit Italiens und seines wirtschaftlichen Wiederaufbaus.
- Entnazifizierung, Demokratisierung, Entmilitarisierung; die Umgestaltung des gesamten gesellschaftlichen Lebens in Deutschland.
- Gewährung der Grundrechte.
- Gleichbehandlung der Bevölkerung Deutschlands in den verschiedenen Bereichen, soweit durchführbar.
Stalin fügte weitere Diskussionspunkte hinzu:
- Die Aufteilung der Bestände der deutschen Kriegs- und Handelsmarine,
- die deutschen Reparationsleistungen,
- das Schicksal der deutschen Industrieregionen und eine sowjetische Beteiligung an deren Verwaltung,
- die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit Deutschlands ehemaligen Satellitenstaaten.
Churchill machte keine konkreten Vorschläge.
Neuordnung Deutschlands
Die Errichtung des Rates der Außenminister wurde einstimmig akzeptiert. Die Grundprinzipien, von denen sich die Siegermächte bei der Potsdamer Konferenz leiten ließen, waren die „4 großen D“ – zuweilen wird auch von „5 D“ gesprochen (siehe Politische Grundsätze).
Das Kernanliegen der Grundsätze war die Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen. Jede der vier Mächte (USA, UdSSR, Großbritannien und Frankreich) sollte jeweils politische Handlungsfreiheit in ihrer Zone erhalten. In Verbindung mit dem Prinzip der Einstimmigkeit der Entscheidungen im Alliierten Kontrollrat bedeutete diese Formulierung, dass die einzelnen Besatzungsmächte in ihren jeweiligen Zonen in der Lage waren, eine völlig eigenständige Politik zu betreiben, ohne dass der Kontrollrat sie daran hindern konnte.
Iran
Am 21. Juli 1945 wurde die Frage des Truppenrückzugs aus dem Iran diskutiert. Im Zuge der anglo-sowjetischen Invasion des Iran waren im August 1941 britische und sowjetische Truppen in den neutralen Iran einmarschiert, um einen Versorgungskorridor, den sogenannten Persischen Korridor, zur Versorgung der Sowjetunion mit kriegswichtigem Material zu sichern. Zwischen den Alliierten und der iranischen Regierung war im November 1943 anlässlich der Teheran-Konferenz vereinbart worden, dass alle fremden Truppen den Iran sechs Monate nach Ende der Kampfhandlungen verlassen sollten. Eden schlug vor, dass die britischen und sowjetischen Truppen zunächst aus Teheran und später aus ganz Iran abziehen sollten. Stalin stimmte dem Truppenabzug aus der Hauptstadt Teheran zu, bestand aber darauf, dass die Truppen sechs Monate bis zum Kriegsende mit Japan im Iran stationiert blieben.
Churchill hatte gegen den Vorschlag Stalins nichts einzuwenden, da er mit den britischen Truppen die Ölfelder im Süden des Iran kontrollieren wollte. Die Frage des Truppenabzugs aus dem Iran wurde bei der Londoner Außenministerkonferenz im September 1945 geklärt.[8]
Polen
Churchill und Truman lehnten die von Stalin und Polen geforderte Übertragung der Gebiete östlich der Oder und Lausitzer Neiße ab. Als die Beratung in Potsdam begann, befanden sich neben den Millionen von Ostflüchtlingen auch schon 200.000–300.000 auf dem Westufer von Oder und Lausitzer Neiße, die aus den neuen polnischen Woiwodschaften vertrieben worden waren.[10] Bei der fünften Sitzung am 21. Juli 1945 wies Truman auf den deutschen Charakter der Gebiete östlich von Oder und Neiße und auf die neun Millionen Deutschen hin, die dort ihre Heimat hatten. Churchill erklärte ebenfalls klar und deutlich, dass es für Polen nicht gut sei, „so viel deutsches Gebiet zu übernehmen“. Wie in Jalta betonte Churchill in der sechsten Sitzung am 22. Juli die moralischen Bedenken Großbritanniens gegen umfangreiche Bevölkerungsumsiedlungen. Man könne sich lediglich eine Ausweisung von ebenso vielen Deutschen vorstellen, wie Polen östlich der Curzon-Linie übersiedelten, das heißt zwei bis drei Millionen; doch eine Ausweisung von acht oder neun Millionen Deutschen, wie sie die polnischen Forderungen mit sich brächten, seien zu viel und völlig falsch.[11] Stalin behauptete, dass die deutsche Bevölkerung aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches „fortgegangen“ sei. Um diese Behauptung glaubwürdig erscheinen zu lassen, hatte er jedoch im Juni in einem Streifen von 100 bis 200 km östlich von Oder und Neiße alle Deutschen vertreiben lassen. Churchill schätzte die Zahl der in den Ostgebieten verbliebenen Deutschen auf 2–2,5 Millionen, die Zahl der Sudetendeutschen auf 2,5 Millionen.[10]
Am 24. Juli erschien die polnische Delegation mit dem Vorsitzenden des Landesnationalrates, dem Stalinisten Bolesław Bierut, dem ebenfalls in Moskau geschulten Ministerpräsidenten Edward Osóbka-Morawski, Außenminister Wincenty Rzymowski und Landwirtschaftsminister Stanisław Mikołajczyk, der bis 1944 Ministerpräsident der aufgelösten polnischen Exilregierung in London gewesen war, bei einem Treffen der Außenminister. In ihren Stellungnahmen minimierten die Polen die Zahl der Deutschen in den umstrittenen Gebieten auf höchstens anderthalb Millionen. Die polnische Delegation vertrat ihren Anspruch auf Ostdeutschland bis zur Oder und westlichen Neiße trotz Gegenargumenten; von den verbliebenen Deutschen erwartete man, dass sie „freiwillig“ gehen würden. Tatsächlich lebten zur Zeit der Potsdamer Konferenz noch rund fünf Millionen Deutsche östlich von Oder und Neiße, während weitere Hunderttausende, die vor den Kampfhandlungen nach Westen geflüchtet waren, von polnischen Grenztruppen und sowjetischen Einheiten an der Rückkehr in ihre Heimatorte gehindert wurden.[12]
Churchill und Truman widersprachen am nächsten Tag in der Vollversammlung den polnischen und sowjetischen Forderungen: Um Raum für zwei bis drei Millionen Polen zu schaffen, die im Zuge der Westverschiebung Polens aus Ostpolen vertrieben wurden, brauche Polen nicht ein Gebiet, in dem vorher acht bis neun Millionen Deutsche gelebt hatten. Sie fürchteten, ein territorial so stark beschnittenes Deutschland würde die Vertriebenen nicht aufnehmen können, von denen sie gegen Stalins Behauptung weiterhin annahmen, sie würden noch zu einem großen Teil östlich der Oder-Neiße-Linie leben. Außerdem wollten sie verhindern, dass die Sowjetunion ihr Machtgebiet so weit nach Westen ausdehnte.[13]
Die Konferenz musste hier unterbrochen werden, da in Großbritannien die Wahlen zum Unterhaus anstanden. Churchill verlor die Wahl. Sein Nachfolger im Amt des Premierministers wurde Clement Attlee.
Indochina
Nachdem Japan die dem Vichy-Regime unterstellten französischen Kolonialtruppen in Indochina am 9. März 1945 entmachtet hatte, drängten die europäischen Alliierten den US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt, Frankreich im Kampf gegen Japan zu unterstützen. Roosevelt starb im April 1945. Sein Nachfolger Truman ließ die Dekolonisierung Indochinas fallen und erkannte im Mai 1945 Frankreichs Souveränität über Indochina an. Im Juli 1945 vereinbarte er auf der Potsdamer Konferenz mit den übrigen Alliierten die Entwaffnung der Japaner durch die Briten. Die Entwaffnung der japanischen Truppen nördlich des 16. Breitengrades sollte durch die Nationalchinesen erfolgen. Während sie bis 1946 im Norden die französischen Rückeroberungspläne behinderten, verkündete Ho Chi Minh die staatliche Unabhängigkeit Vietnams und rief die Demokratische Republik Vietnam aus.[14]
Atombombe
Truman informierte Stalin am 24. Juli 1945 über die Atombombe, kurz nach dem sie erfolgreich getestet worden war. Stalin war aber schon längst über die Möglichkeit einer solchen Waffe informiert gewesen. Er äußerte nur seine Hoffnung, die Amerikaner würden von ihr guten Gebrauch gegen Japan machen. Er interpretierte diese Information als Versuch der USA, Druck auszuüben und eine dominierende Verhandlungsposition zu erreichen. Igor Wassiljewitsch Kurtschatow ließ er anweisen, das sowjetische Entwicklungsprogramm für eine sowjetische Atombombe zu beschleunigen.[15]
Zweite Phase vom 28. Juli bis 2. August 1945
Am 28. Juli kehrte Attlee in der Eigenschaft als britischer Premierminister in Begleitung des neuen Außenministers, Ernest Bevin, zu der Konferenz zurück. Es wurden noch vier Sitzungen abgehalten. Während der Konferenz fanden regelmäßige Begegnungen der Häupter der drei Regierungen, von den Außenministern begleitet, und regelmäßige Beratungen der Außenminister statt.[7]
Mit dem neuen Premierminister Attlee begann am 28. Juli ein neuer Abschnitt in der Potsdamer Konferenz. Churchills Abwahl stellte eine Schwächung des britischen Standpunktes dar.
Endphase der Konferenz
In Bezug auf die Westgrenze Polens ergab sich ein Problem: „Wie könne sie geregelt werden, wenn ein Teil des deutschen Gebietes schon vergeben ist, bevor wir uns geeinigt haben, was überhaupt als Reparationen gelten soll?“, fragte Truman.
Bis zum Konferenzende wurde über die polnische Westgrenze diskutiert.
Nachdem ein Kompromiss in der Frage der Reparationen und der Westgrenze Polens erreicht worden war, stimmten die Westmächte auch der Verwaltung der deutschen Ostgebiete durch Polen zu. Während sie die Vertreibung zuvor aus praktischen und moralischen Gründen abgelehnt hatten, akzeptierten sie sie nun sofort. Ein Unterausschuss erarbeitete den Artikel XIII des Potsdamer Protokolls über die ordnungsgemäße Überführung deutscher Bevölkerungsteile aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn. Wie der britische Vertreter der Kommission später berichtete, hätten die Westmächte sich nicht in der Lage gesehen, den Massentransfer zu verhindern, es sei ihnen deswegen darum gegangen, die Austreibung wenigstens so menschlich und geordnet wie möglich durchzuführen.[16]
Ergebnisse
Die Konferenz endete am 2. August 1945 um 0:30 Uhr mit der Unterzeichnung des Protokolls der Verhandlungen der Berliner Konferenz durch Truman, Stalin und Attlee, das als „Potsdamer Abkommen“ in den allgemeinen Sprachschatz fand. Die Alliierten gaben im Anschluss eine verkürzte Inhaltsangabe unter der Bezeichnung Mitteilungen über die Konferenz der drei Mächte heraus, die man für 30 Pfennige kaufen konnte.[17]
Frankreich war an der Potsdamer Konferenz nicht beteiligt, stimmte allerdings den in der ‚Mitteilung‘ niedergelegten Grundsätzen und Gedanken unter bestimmten, in sechs Noten vom 7. August 1945 formulierten Vorbehalten zu.
Die Europäische Beratende Kommission wurde aufgelöst.[18]
Zu den wichtigsten Beschlüssen zählen die Legitimierung des „geordneten und humanen Transfers“ deutscher „Bevölkerungsteile“ Polens, der Tschechoslowakei und Ungarns sowie Polens Verwaltungshoheit über die deutschen Gebiete östlich von Oder und Neiße.
Rat der Außenminister
Während der Konferenz wurde ein Rat der Außenminister der „fünf wesentlichen Mächte“ geschaffen (Vereinigtes Königreich, Sowjetunion, China, Frankreich, Vereinigte Staaten), der nach der Konferenz über zusätzliche Fragen verhandeln sollte, vordringlich über Friedensverträge für die Satellitenstaaten Deutschlands (Italien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien) und über deren Zulassung zu den Vereinten Nationen. Danach könne der Rat mit der Ausarbeitung eines Friedensvertrages für Deutschland beginnen. An den Entwürfen sollten aber immer nur die Außenminister jener Staaten teilnehmen, deren Vertreter die Kapitulation des betreffenden Staates unterzeichnet hatten. Stalin willigte ein, dass auch Frankreich an den Friedensverträgen für Italien und Deutschland mitwirken könne.
Zwischen 1945 und 1947 fanden fünf Konferenzen statt:[19] in London 1945 und 1947, in Paris im April/Mai und im Juni/Juli 1946, in New York im November/Dezember 1946 und in Moskau im März/April 1947.
Atombombe und Potsdamer Erklärung
Die drei Regierungschefs der Vereinigten Staaten, Chinas und des Vereinigten Königreiches formulierten die Potsdamer Erklärung zum Krieg gegen Japan. Darin forderten sie unter Androhung der völligen Zerstörung Japans die Kapitulation Japans und nannten die Bedingungen. Am 21. Juli 1945 wurde Präsident Truman über den gelungenen Atomwaffentest informiert und gab am 24. Juli den Befehl, den Abwurf einer Atombombe für den 3. August vorzubereiten. Aus dem Entwurf der Potsdamer Erklärung ließ er die Garantie für den Fortbestand des japanischen Kaiserhauses, die die Annahme der Kapitulation erleichtert hätte, streichen. Den Vorschlag von Kriegsminister Stimson, die Japaner mit einer Probeexplosion vorzuwarnen, lehnte er ab.[20][21] Chinas Präsident Chiang Kai-shek gab seine Zustimmung auf radiotelefonischem Weg. Der japanische Premierminister Kantaro Suzuki erklärte am 28. Juli die Potsdamer Erklärung wäre nur eine Neuauflage der Kairoer Erklärung, auf die man nicht eingehen werde. Vom Ergebnis her lieferte er den USA damit die Rechtfertigung für den Atombombenabwurf auf Hiroshima.[22]
Auslegung und Vollzug
Die Anwendung des Potsdamer Abkommens vom 2. August 1945 führte schon im September zu Meinungsverschiedenheiten, sowohl im Alliierten Kontrollrat als auch auf der ersten Sitzung des Rates der Außenminister in London. Frankreich, das nicht zur Konferenz eingeladen worden war, erhob im Oktober 1945 vor dem Kontrollrat Einwände gegen die Errichtung der im Abkommen vorgesehenen deutschen Zentralinstanzen.
Die Grenze zwischen Polen und Deutschland sollte einer friedensvertraglichen Regelung mit Deutschland vorbehalten bleiben (→ Zwei-plus-Vier-Vertrag, deutsch-polnischer Grenzvertrag). Am 10. Oktober 1945 stellte der britische Außenminister Bevin fest, dass Großbritannien in keiner Weise verpflichtet sei, die Ansprüche Polens auf die Oder-Neiße-Grenze zu unterstützen. Die gleiche Feststellung traf der US-amerikanische Außenminister Byrnes am 6. September 1946 in einer Rede in Stuttgart.
Das Scheitern einer gemeinsamen Besatzungspolitik führte letztendlich zu der über 40 Jahre anhaltenden deutschen Teilung.
Literatur
- Wolfgang Benz: Potsdam 1945. Besatzungsherrschaft und Neuaufbau im Vier-Zonen-Deutschland. 3. Auflage, dtv, München 1994, ISBN 3-423-04522-1.
- James L. Gormly: From Potsdam to the Cold War: Big Three Diplomacy, 1945–1947. Scholarly Resources, 1990 (engl.).
- Christoph Koch (Hrsg.): Das Potsdamer Abkommen 1945–2015: Rechtliche Bedeutung und historische Auswirkungen. Peter Lang, Frankfurt 2017, ISBN 978-3-631-67091-0.
- Jürgen Luh (Hrsg.): Potsdamer Konferenz 1945 – Die Neuordnung der Welt. Begleitband zur Ausstellung zum 75. Jahrestag der Potsdamer Konferenz.
- Charles L. Mee: Die Teilung der Beute. Die Potsdamer Konferenz 1945. Fritz Molden, Wien 1975, ISBN 3-453-48060-0 (englisch: Meeting at Potsdam. Übersetzt von Renata Mettenheimer).
- Niels von Redecker: Die polnischen Vertreibungsdekrete und die offenen Vermögensfragen zwischen Deutschland und Polen (Studien des Instituts für Ostrecht 44), 2. Auflage, Lang, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-631-52869-8.
- J. R. Thackrah: Aspects of American and British Policy Towards Poland from the Yalta to the Potsdam Conferences, 1945. Polish Review 1976 21(4): 3–34, ISSN 0032-2970 (engl.).
- Heiner Timmermann (Hrsg.): Potsdam 1945 – Konzept, Taktik, Irrtum? Duncker & Humblot, Berlin 1997, ISBN 3-428-08876-X.
- Foreign Relations of the United States: Diplomatic Papers. The Conference of Berlin (Potsdam Conference, 1945), 2 vols., United States Government Printing Office, Washington D.C. 1960 (engl.).
Weblinks
- Mitteilung über die Dreimächtekonferenz von Berlin [Konferenz von Potsdam], 2. August 1945. Mit einer Einführung von Rolf Steininger auf 1000dokumente.de
- Potsdamer Konferenz im LeMO-Projekt des Deutschen Historischen Museums
- Alfred de Zayas: Potsdamer Konferenz, 60 Jahre danach, Website des Autors
- 1945: Was soll aus Deutschland werden? Die Potsdamer Konferenz, Video im Youtube-Kanal des Vereins Das Gedächtnis der Nation
- Wolfgang Malanowski: Was bedeutet Deutschland heute?, Artikel über die Potsdamer Konferenz in Spiegel Special, Heft 2/1993
Einzelnachweise
- Stefan Gehlen: Zur Verortung der Berliner Konferenz in Potsdam. In: Potsdamer Konferenz 1945 – Die Neuordnung der Welt. Hrsg. von Jürgen Luh, Begleitband zur Ausstellung zum 75. Jahrestag der Potsdamer Konferenz, S. 21–23.
- Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945, in: documentArchiv.de (Hrsg.)
- Veröffentlichungen des Harry S. Truman Library and Museum, auf: Trumanlibrary.com
- Veröffentlichungen der Yale Law School im Rahmen des Avalon-Projekts. Lillian Goldman Law Library, New Haven 2008.
- Charles L. Mee: Die Teilung der Beute. Die Potsdamer Konferenz 1945. Fritz Molden, Wien/München/Zürich/Innsbruck 1975, ISBN 3-217-00706-9, S. 74 ff., 277, 311 (englisch: Meeting at Potsdam. Übersetzt von Renata Mettenheimer).
- Hans-Joachim Torke: Einführung in die Geschichte Rußlands. Beck, München 1997, ISBN 3-406-42304-3, S. 222.
- Mitteilung über die Dreimächtekonferenz von Berlin („Potsdamer Abkommen“) vom 2. August 1945.
- Kristen Blake, The U.S.-Soviet confrontation in Iran, 1945–1962. University Press of America, 2009, S. 22.
- Foreign relations of the United States: diplomatic papers: the Conference of Berlin (the Potsdam Conference), 1945.
- Wolfgang Benz: Potsdam 1945. Besatzungsherrschaft und Neuaufbau im Vier-Zonen-Deutschland, dtv, München 1986, ISBN 3-423-04522-1, S. 100 ff.
- Alexander Fischer (Hrsg.), Teheran, Jalta, Potsdam. Die sowjetischen Protokolle von den Kriegskonferenzen der „Großen Drei“. 2. Aufl., Köln 1973, S. 265.
- Thomas Urban, Der Verlust. Die Vertreibung der Deutschen und der Polen im 20. Jahrhundert. München 2004, S. 119.
- Detlef Brandes: Konferenz von Potsdam. In: derselbe, Holm Sundhaussen, Stefan Troebst (Hrsg.): Lexikon der Vertreibungen. Deportation, Zwangsaussiedlung und ethnische Säuberung im Europa des 20. Jahrhunderts. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2010, ISBN 978-3-205-78407-4, S. 352.
- Martin Großheim: „1954 verlor der Vater seine Heimat, 1975 verlor der Sohn sein Vaterland“ – Teilung, Flucht und Wiedervereinigung in Vietnam. In: Andreas Hilger, Oliver von Wrochem (Hrsg.): Die geteilte Nation – Nationale Verluste und Identitäten im 20. Jahrhundert. Oldenbourg, München 2013, ISBN 978-3-486-71863-8, S. 97 f.
- John Lewis Gaddis: We know Now. Rethinking Cold War History, Oxford 1997, ISBN 978-0-19-878071-7, S. 95.
- Klaus-Dietmar Henke: Der Weg nach Potsam. Die Alliierten und die Vertreibung. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Ursachen, Ereignisse, Folgen, Fischer, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-596-24329-7, S. 67 f.
- Jürgen Luh: Die Potsdamer Konferenz: Zu diesem Band. In: Potsdamer Konferenz 1945 – Die Neuordnung der Welt. S. 13 f.
- Text der Potsdamer Deklaration in: Charles L. Mee: Die Teilung der Beute. Die Potsdamer Konferenz 1945, Wien 1977, S. 311 ff.
- Hermann Graml: Die Alliierten und die Teilung Deutschlands. Konflikte und Entscheidungen 1941–1948, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-596-24310-6, S. 105–164.
- Wieland Wagner: Tokio und die Stund Null – Der innerjapanische Streit um die Potsdamer Erklärung. In: Potsdam 1945 – Konzept, Taktik, Irrtum? Hrsg. von Heiner Timmermann, Duncker & Humblot, Berlin 1997, S. 182.
- Text der Proklamation in: Charles L. Mee: Die Teilung der Beute. Die Potsdamer Konferenz 1945, Fritz Molden, Wien 1977, ISBN 3-217-00706-9, S. 307 ff.
- Wieland Wagner: Tokio und die Stund Null – Der innerjapanische Streit um die Potsdamer Erklärung. S. 185 f.