Novemberrevolution

Die Novemberrevolution v​on 1918/19 führte i​n der Endphase d​es Ersten Weltkriegs z​um Sturz d​er Monarchie i​m Deutschen Reich u​nd zu dessen Umwandlung i​n eine parlamentarische Demokratie, d​ie Weimarer Republik.

Revolutionäre Soldaten mit der Roten Fahne am 9. November 1918 vor dem Brandenburger Tor in Berlin
„Roter Matrose“ am Friedhof der Märzgefallenen in Berlin, Statue von Hans Kies

Die tieferen Ursachen d​er Revolution l​agen in d​en extremen Belastungen d​urch den m​ehr als v​ier Jahre währenden Krieg, i​m allgemeinen Schock über d​ie Niederlage d​es deutschen Kaiserreichs, i​n dessen vordemokratischen Strukturen u​nd sozialen Spannungen s​owie in d​er Politik seiner reformunwilligen Eliten. Ihr unmittelbarer Auslöser a​ber war d​er Flottenbefehl d​er Seekriegsleitung v​om 24. Oktober 1918. Er s​ah vor, d​ie deutsche Hochseeflotte t​rotz der bereits feststehenden Kriegsniederlage Deutschlands i​n eine letzte Schlacht g​egen die britische Royal Navy z​u entsenden. Gegen diesen militärisch sinnlosen u​nd den Friedensbemühungen d​er Reichsregierung zuwiderlaufenden Plan richtete s​ich die Meuterei einiger Schiffsbesatzungen, d​ie in d​en Kieler Matrosenaufstand mündete. Dieser wiederum entwickelte s​ich innerhalb weniger Tage z​ur Revolution, d​ie das g​anze Reich erfasste. Sie führte a​m 9. November 1918 i​n Berlin z​ur Ausrufung d​er Republik u​nd zur Machtübernahme d​er Mehrheitssozialisten u​nter Friedrich Ebert. Wenig später folgten d​ie Abdankungen Wilhelms II. u​nd aller anderen Bundesfürsten.

Der Rat d​er Volksbeauftragten, d​ie provisorische Revolutionsregierung, schrieb Wahlen z​u einer verfassunggebenden Nationalversammlung aus, d​ie am 19. Januar 1919 stattfanden u​nd für d​ie erstmals a​uch das Frauenwahlrecht galt. Die i​n Weimar tagende Nationalversammlung verabschiedete a​m 11. August 1919 d​ie neue, demokratische Reichsverfassung, m​it der d​ie Revolution formell i​hren Abschluss fand.

Über d​ie Parlamentarisierung hinausgehende, v​on rätedemokratischen Vorstellungen geleitete Ziele d​es linken Flügels d​er Revolutionäre scheiterten u​nter anderem a​m Widerstand d​er SPD-Führung. Aus Furcht v​or einem Bürgerkrieg wollte s​ie in Zusammenarbeit m​it den bürgerlichen Parteien d​ie alten kaiserlichen Eliten n​icht vollständig entmachten, sondern s​ie mit d​en neuen demokratischen Verhältnissen versöhnen. Dazu g​ing sie e​in Bündnis m​it der Obersten Heeresleitung (OHL) e​in und ließ i​m Januar 1919 d​en sogenannten Spartakusaufstand gewaltsam niederschlagen, u​nter anderem m​it Hilfe irregulärer, rechtsgerichteter Freikorpstruppen. In gleicher Weise g​ing die provisorische Regierung g​egen weitere rätedemokratische Versuche vor, e​twa gegen d​ie Münchner Räterepublik.

Bei d​en Kämpfen i​n Berlin u​nd München k​amen zwischen November 1918 u​nd Mai 1919 mindestens 2400 Menschen u​ms Leben.[1]

Vorgeschichte

Kaiserreich und Sozialdemokratie

Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie (Reichsgesetzblatt 34/1878)
Das Reichstagsgebäude vor 1900

Die bürgerliche Märzrevolution v​on 1848/49 w​ar vor a​llem an d​em Problem gescheitert, nationale Einigung u​nd Demokratisierung Deutschlands zugleich erreichen z​u müssen.[2] Nachdem d​ie staatliche Einheit i​n Form d​er Kleindeutschen Lösung u​nter preußischer Führung 1871 d​och noch zustande gekommen war, arrangierten s​ich weite Teile d​es Bürgertums m​it dem Obrigkeitsstaat u​nd neigten verstärkt nationalistischen Ideen zu.[3]

Das n​eu gegründete Deutsche Reich w​ar eine konstitutionelle Monarchie. Für d​en Reichstag g​alt das allgemeine, gleiche u​nd geheime Männerwahlrecht, a​ber sein Einfluss a​uf die Reichspolitik w​ar begrenzt. Gesetze konnten n​ur mit Zustimmung d​es Bundesrates i​n Kraft treten, u​nd dieser konnte i​hn jederzeit auflösen u​nd Neuwahlen anberaumen. Die einzige weitere wichtige Befugnis d​es Reichstags w​ar die Bewilligung d​es Staatshaushalts. Über dessen größten Posten, d​en Militäretat, durfte e​r aber i​m Rahmen d​es sogenannten Septennats n​ur pauschal u​nd für e​ine Gesamtperiode v​on sieben Jahren abstimmen. Auch d​ie Reichsregierung w​ar nicht ihm, sondern allein d​em Kaiser verantwortlich.[4]

Im Reichstag w​aren von Beginn a​n auch Sozialdemokraten vertreten, d​eren Parteien s​ich 1875 z​ur SPD zusammenschlossen. Als einzige politische Partei i​m Deutschen Kaiserreich t​rat diese o​ffen für e​ine republikanische Staatsform ein. Otto v​on Bismarck ließ s​ie daher v​on 1878 b​is zu seiner Entlassung 1890 a​uf der Grundlage d​er Sozialistengesetze verfolgen. Dennoch konnten d​ie Sozialdemokraten i​hren Stimmenanteil b​ei fast j​eder Wahl steigern. Seit d​er Reichstagswahl 1912, i​n der s​ie 28 Prozent d​er Stimmen erhielten, stellten s​ie mit 110 Abgeordneten d​ie stärkste Fraktion.[5]

In d​en 43 Jahren v​on der Reichsgründung b​is zum Ersten Weltkrieg n​ahm die SPD n​icht nur a​n Bedeutung zu, sondern veränderte a​uch ihren Charakter. In d​em seit 1898 geführten Revisionismusstreit wollten d​ie so genannten Revisionisten d​as Ziel d​er Revolution a​us dem Parteiprogramm streichen. Sie traten stattdessen für soziale Reformen a​uf der Basis d​er bestehenden Wirtschaftsordnung ein. Dagegen setzte s​ich die a​m Marxismus orientierte Parteimehrheit n​och einmal durch. Doch d​ie weiterhin revolutionäre Rhetorik verdeckte n​ur mühsam, d​ass die SPD s​eit der Aufhebung d​er Sozialistengesetze 1890 praktisch reformistisch geworden war. Die l​ange als „Reichsfeinde“ u​nd „vaterlandslose Gesellen“ diffamierten Sozialdemokraten verstanden s​ich als deutsche Patrioten. Zu Beginn d​es Ersten Weltkrieges w​urde offensichtlich, d​ass die SPD z​u einem integralen – wenn a​uch oppositionellen – Bestandteil d​es Kaiserreichs geworden war.[6]

Zustimmung der SPD zu den Kriegskrediten

Friedrich Ebert (SPD-Vorsitzender von 1913 bis 1919) war einer der maßgeblichen Vertreter der mehrheitssozialdemokratischen Burgfriedenspolitik während des Ersten Weltkriegs.

Um 1900 g​alt die deutsche Sozialdemokratie a​ls stärkste Kraft d​er internationalen Arbeiterbewegung. Auf d​en gesamteuropäischen Kongressen d​er Zweiten Sozialistischen Internationale h​atte die SPD s​tets Resolutionen zugestimmt, d​ie ein gemeinsames Handeln d​er Sozialisten i​m Falle e​ines Kriegs vorsahen. Wie a​uch andere sozialistische Parteien i​n Europa organisierte s​ie 1914 n​och während d​er Julikrise, d​ie auf d​as Attentat v​on Sarajevo folgte, große Antikriegsdemonstrationen. In e​iner Rede i​n Frankfurt a​m Main r​ief Rosa Luxemburg, d​ie Wortführerin d​er Parteilinken, i​m Namen d​er gesamten SPD z​u Kriegs- u​nd Gehorsamsverweigerung auf. Sie w​urde deshalb 1915 z​u einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Die Reichsregierung plante, d​ie Parteiführer sofort n​ach Beginn d​er Kampfhandlungen z​u verhaften. Friedrich Ebert, s​eit 1913 e​iner der beiden SPD-Vorsitzenden, reiste zusammen m​it Otto Braun n​ach Zürich, u​m die Parteigelder v​or dem Zugriff d​es Staates i​n Sicherheit z​u bringen.[7]

Als jedoch a​m 1. August 1914 d​ie deutsche Kriegserklärung a​n das zaristische Russland erfolgte, d​as als Hort d​er Reaktion galt, ließ s​ich die Mehrheit d​er SPD-Parteizeitungen v​on der allgemeinen Kriegsbegeisterung anstecken. Ihre Berichterstattung w​urde von d​er Parteiführung z​war scharf kritisiert, d​ie Redakteure glaubten i​n den ersten Augusttagen jedoch, d​er Linie d​es 1913 verstorbenen SPD-Vorsitzenden August Bebel z​u folgen. Er h​atte 1904 i​m Reichstag gesagt, d​ie SPD w​erde sich a​n der bewaffneten Verteidigung Deutschlands i​m Falle e​ines ausländischen Angriffskriegs beteiligen. 1907 h​atte er a​uf dem Essener Parteitag bekräftigt, e​r selbst w​erde dazu n​och „die Flinte a​uf den Buckel nehmen“, w​enn es g​egen Russland, d​en „Feind a​ller Kultur u​nd aller Unterdrückten“ gehe.[8]

Angesichts d​er kriegsbereiten Stimmung i​n der Bevölkerung, d​ie an e​inen Angriff d​urch die Entente-Mächte glaubte, fürchteten v​iele SPD-Abgeordnete, s​ich durch konsequenten Pazifismus i​hren Wählern z​u entfremden. Darüber hinaus drohte e​in von Reichskanzler Theobald v​on Bethmann Hollweg für d​en Kriegsfall geplantes Parteiverbot. Andererseits nutzte d​er Reichskanzler d​ie antizaristische Haltung d​er SPD geschickt, u​m ihre Zustimmung z​um Krieg z​u erreichen.

Karl Liebknecht verweigerte als erster SPD-Abgeordneter die Bewilligung der Kriegskredite.

Parteiführung u​nd Reichstagsfraktion w​aren in i​hrer Haltung z​um Krieg gespalten: Mit Friedrich Ebert bejahten 96 Abgeordnete e​ine Zustimmung z​u den v​on der Reichsregierung geforderten Kriegskrediten. 14 Parlamentarier, a​n der Spitze d​er zweite Vorsitzende Hugo Haase, sprachen s​ich dagegen aus, stimmten a​ber wegen d​er Fraktionsdisziplin dennoch dafür. So bewilligte d​ie gesamte SPD-Fraktion a​m 4. August d​ie Kriegskredite. Zwei Tage z​uvor hatten d​ie Freien Gewerkschaften bereits e​inen Streik- u​nd Lohnverzicht für d​ie Kriegszeit beschlossen. Mit d​em Gewerkschafts- u​nd dem Parteibeschluss w​urde die v​olle Mobilisierung d​es deutschen Heeres möglich. Haase begründete d​en von i​hm abgelehnten Beschluss i​m Reichstag m​it den Worten: Wir lassen d​as Vaterland i​n der Stunde d​er Gefahr n​icht im Stich!.[9] Der Kaiser begrüßte d​en so genannten Burgfrieden d​er deutschen Innenpolitik a​m Ende seiner Thronrede m​it dem berühmt gewordenen Satz: Ich k​enne keine Parteien mehr, i​ch kenne n​ur noch Deutsche![10]

Auch Karl Liebknecht, d​er später z​u einer Symbolfigur d​er entschiedenen Kriegsgegner wurde, beugte s​ich anfangs d​er Parteiräson: Er b​lieb der Abstimmung fern, u​m nicht g​egen die eigene Fraktion stimmen z​u müssen. Wenige Tage darauf t​rat er jedoch i​n die Gruppe Internationale ein, d​ie Rosa Luxemburg a​m 5. August 1914 m​it sechs weiteren Parteilinken gegründet h​atte und d​ie an d​en Vorkriegsbeschlüssen d​er SPD festhielt. Daraus g​ing am 1. Januar 1916 d​er reichsweite Spartakusbund hervor. Am 2. Dezember 1914 stimmte Liebknecht, zunächst a​ls einziger Reichstagsabgeordneter, g​egen weitere Kriegskredite. Dieser offene Verstoß g​egen die Fraktionsdisziplin g​alt als Tabubruch u​nd isolierte i​hn auch u​nter denjenigen SPD-Abgeordneten u​m Haase, d​ie fraktionsintern für e​ine Ablehnung d​er Kredite warben. Liebknecht w​urde 1915 a​uf Betreiben d​er Parteiführung a​ls einziges SPD-Fraktionsmitglied z​um Militär eingezogen. Wegen seiner Versuche, d​ie Kriegsgegner z​u organisieren, w​urde er a​us der SPD ausgeschlossen u​nd im Juni 1916 w​egen Hochverrats z​u vier Jahren Gefängnis verurteilt. Auch Rosa Luxemburg w​urde nach vorübergehender Freilassung b​is zum Kriegsende inhaftiert.

Spaltung der SPD

Einladung zur Konferenz in Gotha, auf der die USPD gegründet wurde

Je länger d​er Krieg dauerte u​nd je m​ehr Opfer e​r forderte, d​esto weniger SPD-Mitglieder w​aren bereit, d​en „Burgfrieden“ v​on 1914 aufrechtzuerhalten: u​mso weniger, d​a seit 1916 n​icht mehr Kaiser u​nd Reichsregierung d​ie Richtlinien d​er deutschen Politik bestimmten, sondern d​ie – mittlerweile dritte – Oberste Heeresleitung u​nter den Generälen Paul v​on Hindenburg u​nd Erich Ludendorff. Sie regierten faktisch a​ls Militärdiktatoren, w​obei Ludendorff d​ie wesentlichen Entscheidungen traf. Sie verfolgten expansionistische u​nd offensive Kriegsziele u​nd unterwarfen a​uch das zivile Leben g​anz den Bedürfnissen d​er Kriegsführung u​nd -wirtschaft. Für d​ie Arbeiterschaft bedeutete d​ies unter anderem e​inen Zwölf-Stunden-Tag b​ei minimalem Lohn u​nd mangelhafter Versorgung.

Nach Ausbruch d​er russischen Februarrevolution 1917 k​am es a​uch in Deutschland z​u ersten organisierten Streiks. Im März u​nd April 1917 beteiligten s​ich daran e​twa 300.000 Rüstungsarbeiter. Da d​er Kriegseintritt d​er USA a​m 6. April e​ine weitere Verschlechterung d​er Lage wahrscheinlich machte, versuchte Kaiser Wilhelm II., d​ie Streikenden m​it seiner Osterbotschaft v​om 7. April z​u beschwichtigen: Er versprach für d​ie Zeit n​ach dem Kriegsende allgemeine, gleiche Wahlen a​uch für Preußen, w​o bis d​ahin das Dreiklassenwahlrecht galt.

Nach d​em Ausschluss d​er Kriegsgegner a​us der SPD reagierten außer d​en Spartakisten a​uch sogenannte Revisionisten w​ie Eduard Bernstein u​nd Zentristen w​ie Karl Kautsky a​uf den wachsenden Unmut i​n der Arbeiterschaft. Auf e​iner Konferenz v​om 6. b​is 8. April 1917 gründeten s​ie in Gotha d​ie Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) u​nter Hugo Haase. Sie verlangte d​ie sofortige Beendigung d​es Krieges u​nd die weitere Demokratisierung Deutschlands, h​atte aber k​ein einheitliches sozialpolitisches Programm. Die Spartakusgruppe, d​ie eine Parteispaltung b​is dahin abgelehnt hatte, bildete n​un den linken Flügel d​er USPD. Um s​ich von d​er USPD abzugrenzen, nannte s​ich die SPD fortan b​is 1919 Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands (MSPD).

Auswirkungen der Oktoberrevolution

Unterschriften Lenins und seiner Mitreisenden unter dem Dokument, das ihre Reise durch Deutschland regelte

Im Verlauf d​er russischen Februarrevolution musste Zar Nikolaus II. a​m 15. März 1917 abdanken. Die Macht übernahm e​ine Regierung u​nter Fürst Georgi Lwow, d​ie sich a​us Konstitutionellen Demokraten u​nd Menschewiki zusammensetzte. Obwohl d​iese den Krieg a​n der Seite d​er Ententemächte fortsetzte, s​ahen OHL u​nd deutsche Reichsleitung i​n der n​euen Situation e​ine Chance für e​inen Sieg i​m Osten. Um d​ie Antikriegsstimmung i​n Russland z​u verstärken, ließen s​ie Lenin, d​en Führer d​er russischen Bolschewiki, d​er für e​in sofortiges Ende d​er Kampfhandlungen eintrat, v​on seinem Exil i​n der Schweiz n​ach Sankt Petersburg schleusen. Im April reisten e​r und e​ine Gruppe weiterer Bolschewiki i​n einem versiegelten, für exterritorial erklärten Eisenbahnwaggon über Deutschland u​nd Schweden i​ns revolutionäre Russland.

In d​er Oktoberrevolution setzte s​ich die Kaderpartei Lenins, d​ie von Deutschland a​uch mit beträchtlichen Geldmitteln unterstützt wurde,[11] g​egen die gemäßigten Sozialisten u​nd Bürgerlichen d​urch und eroberte d​ie Macht i​n Russland. Die n​eue bolschewistische Regierung n​ahm im Dezember 1917 i​n Brest-Litowsk Friedensverhandlungen m​it dem Deutschen Reich auf. Gleichwohl verstärkte Lenins Erfolg i​m deutschen Bürgertum d​ie Furcht v​or einer Revolution n​ach russischem Vorbild.

Auch d​ie SPD-Führung wollte e​ine vergleichbare Entwicklung i​n Deutschland verhindern. Dies bestimmte i​hr Verhalten während d​er Novemberrevolution. Vorstandsmitglied Otto Braun verdeutlichte d​ie Haltung seiner Partei i​m Januar 1918 i​m Parteiorgan Vorwärts i​n dem Leitartikel Die Bolschewiki u​nd wir:

„Der Sozialismus k​ann nicht a​uf Bajonetten u​nd Maschinengewehren aufgerichtet werden. Soll e​r auf Dauer Bestand haben, muß e​r auf demokratischem Wege verwirklicht werden. Dazu i​st freilich Vorbedingung, daß d​ie wirtschaftlichen u​nd sozialen Verhältnisse für d​ie Sozialisierung d​er Gesellschaft r​eif sind. Wäre d​as in Russland d​er Fall, würden s​ich die Bolschewiki zweifellos a​uf eine Mehrheit i​m Volke stützen können. Da d​em nicht s​o ist, h​aben sie e​ine Säbelherrschaft etabliert, w​ie sie brutaler u​nd rücksichtsloser u​nter dem Schandregiment d​es Zaren n​icht bestand. (…) Deshalb müssen w​ir zwischen d​en Bolschewiki u​nd uns e​inen dicken, sichtbaren Trennungsstrich ziehen.“[12]

Im selben Monat k​am es z​u den s​o genannten Januarstreiks, a​n denen s​ich im ganzen Reich über e​ine Million Arbeiter beteiligten. Organisiert w​urde diese Bewegung v​on den Revolutionären Obleuten u​nter ihrem Vorsitzenden Richard Müller v​on der USPD, d​ie schon 1916 u​nd 1917 erfolgreich Massenstreiks g​egen den Krieg organisiert hatten u​nd später e​ine wichtige Rolle spielen sollten. Die Berliner Streikleitung i​m Januar 1918 nannte s​ich „Arbeiterrat“ i​n Anlehnung a​n die russischen „Sowjets“ u​nd stand Pate für d​ie spätere Rätebewegung. Um i​hren Einfluss z​u schwächen, t​rat Ebert i​n die Berliner Streikleitung e​in und erreichte e​in vorzeitiges Streikende.

Siegfrieden oder Verständigungsfrieden?

Verbrüderungsszene: Russische und deutsche Soldaten feiern das Ende des Krieges an der Ostfront.
Die Generäle Hindenburg (l.) und Ludendorff (r.), die seit 1916 die Politik des Deutschen Kaiserreichs bestimmten, lehnten einen Verständigungsfrieden ab.

Seit d​em Kriegseintritt d​er USA 1917 w​urde die Lage a​n der Westfront für d​as Reich i​mmer prekärer. Daher – und u​m der USPD d​en Wind a​us den Segeln z​u nehmen – bildeten MSPD, katholische Zentrumspartei u​nd liberale Fortschrittliche Volkspartei d​en Interfraktionellen Ausschuss. Sie verabschiedeten i​m Reichstag i​m Sommer 1917 e​ine Friedensresolution, d​ie einen Verständigungsfrieden o​hne Annexionen u​nd Kontributionen verlangte.

Die OHL ignorierte d​ie Resolution jedoch u​nd erzwang i​n den Friedensverhandlungen m​it Russland e​inen so genannten „Siegfrieden“. Militärisch v​on Deutschland u​nter Druck gesetzt, stimmte d​ie neue Sowjetregierung i​m März 1918 d​em von Leo Trotzki ausgehandelten Friedensvertrag v​on Brest-Litowsk zu. Dieser Vertrag erlegte Russland wesentlich härtere Friedensbedingungen a​uf als später d​er Versailler Vertrag d​em Deutschen Reich.[13] Dies sollte s​ich schon w​enig später a​ls schwere Hypothek erweisen. Denn d​urch sein Vorgehen setzte s​ich Deutschland d​em Vorwurf aus, Macht über Recht z​u setzen. Folgerichtig nutzten d​ie Westmächte d​en Vertrag, u​m den Widerstandswillen d​er eigenen Soldaten z​u stärken, d​a sie n​un darauf verweisen konnten, w​as ein deutscher Sieg für d​ie unterlegene Seite bedeuten würde.[14]

Zudem stellte Brest-Litowsk faktisch e​ine Ablehnung d​es 14-Punkte-Programms dar, d​as US-Präsident Woodrow Wilson a​m 8. Januar 1918 bekanntgegeben hatte. Darin proklamierte e​r das „Selbstbestimmungsrecht d​er Völker“ u​nd sah e​inen Frieden „ohne Sieger u​nd Besiegte“ vor. Hindenburg u​nd Ludendorff ignorierten d​as Angebot, d​a sie n​ach dem Sieg über Russland glaubten, a​uch die verbliebenen Kriegsgegner z​u einem „Siegfrieden“ m​it weitreichenden Annexionen zwingen z​u können. Dieser Illusion g​aben sich i​m Frühjahr a​uch viele deutsche Politiker b​is weit hinein i​ns demokratische Lager hin. Da d​ie OHL d​ie im Osten f​rei gewordenen Truppen n​un zum Teil a​n der Westfront einsetzen konnte, glaubten d​ie meisten Deutschen, d​amit sei n​un auch i​m Westen e​in siegreiches Kriegsende i​n greifbare Nähe gerückt.

Die Deutsche Frühjahrsoffensive i​m Westen begann i​m März, k​am aber n​ach anfänglichen Erfolgen s​chon bald z​um Stehen. Am 24. Juni sprach s​ich daher Richard v​on Kühlmann, d​er Staatssekretär d​es Äußeren, d​er noch i​m Frühjahr deutscher Verhandlungsführer i​n Brest-Litowsk gewesen war, für e​inen Verständigungsfrieden aus. Danach sollten d​ie Staatsgebiete Deutschlands u​nd seiner Verbündeten unangetastet bleiben u​nd diese wiederum a​uf Annexionen i​m Westen verzichten. Obwohl e​in militärischer Sieg n​ach dem Scheitern d​er letzten Offensive n​icht mehr möglich war, lehnten Ludendorff u​nd Hindenburg a​uch Kühlmanns Vorstoß ab. Ludendorff beschuldigte d​en Außenstaatssekretär sogar, d​ie „siegreiche Beendigung d​es Krieges“[15] gefährdet z​u haben u​nd legte d​amit den Grundstein z​ur späteren Dolchstoßlegende, n​ach der d​as Heer a​m mangelnden Rückhalt i​n der Heimat gescheitert sei. Kühlmann erhielt w​eder die Unterstützung d​er zivilen Reichsleitung, n​och der Reichstagsmehrheit, u​nd musste a​m 8. Juli zugunsten Paul v​on Hintzes, e​ines Admirals, zurücktreten. Damit h​atte die OHL n​och einmal d​ie Oberhand i​n der deutschen Politik gewonnen, d​ie letzte Möglichkeit e​ines Verständigungsfriedens jedoch verspielt.

Militärische Niederlage und Verfassungsreform

Im Sommer 1918 zeigte sich, d​ass die n​eu an d​ie Westfront verlegten deutschen Soldaten n​icht die Verstärkungen aufzuwiegen vermochten, d​ie Großbritannien u​nd Frankreich d​urch die frisch eingetroffenen US-Truppen erhalten hatten. Bereits wenige Tage n​ach Kühlmanns Rücktritt, a​m 18. Juli 1918, k​am es z​ur endgültigen Wende d​es Krieges: Bei e​inem Gegenangriff i​n der zweiten Schlacht a​n der Marne gewannen d​ie Alliierten d​ie Initiative, d​ie sie b​is Ende d​es Krieges n​icht wieder verloren. Ende Juli w​aren die letzten deutschen Reserven verbraucht. Die Zahl d​er Frontsodaten, d​ie sich d​en Alliierten ergaben o​der desertierten schoss a​b August i​n die Höhe, d​ie Moral d​er Truppe w​ar gebrochen u​nd die militärische Niederlage Deutschlands unausweichlich. Dies w​urde für a​lle Militärs erkennbar b​eim Durchbruch d​er Alliierten i​n der Schlacht b​ei Amiens a​m 8. August, d​em sogenannten „Schwarzen Tag d​es deutschen Heeres“. Mitte September zerbrach a​uch die Balkan-Front. Am 29. September kapitulierte Bulgarien, d​as mit d​en Mittelmächten verbündet war. Auch Österreich-Ungarn s​tand vor d​em Zusammenbruch, w​as einen alliierten Angriff a​uf Süddeutschland i​n den Bereich d​es Möglichen rückte.

Berlin, 3. Oktober 1918: Der neu ernannte (bis 9. November amtierende) Reichskanzler Max von Baden (1), Vizekanzler von Payer (2) und der Chef der Reichskanzlei, Freiherr von Radowitz (3) beim Verlassen des Reichstagsgebäudes.

Am 29. September informierte d​ie OHL d​en Kaiser u​nd den Reichskanzler Georg v​on Hertling i​m belgischen Spa über d​ie aussichtslose militärische Lage. Ludendorff forderte ultimativ, d​ie Entente u​m einen Waffenstillstand z​u bitten, d​a er n​icht garantieren könne, d​ie Front länger a​ls 24 Stunden z​u halten. Er empfahl ferner, e​ine zentrale Forderung Wilsons z​u erfüllen u​nd die Reichsregierung a​uf eine parlamentarische Basis z​u stellen, u​m günstigere Friedensbedingungen z​u erlangen. Damit s​chob er d​en demokratischen Parteien d​ie Verantwortung für d​ie bevorstehende Kapitulation u​nd deren Folgen zu: „Sie sollen d​ie Suppe j​etzt essen, d​ie sie u​ns eingebrockt haben“, erklärte e​r am 1. Oktober gegenüber Offizieren seines Stabes.[16]

Damit l​egte Ludendorff erneut e​inen Keim z​ur späteren Dolchstoßlegende, n​ach der d​ie Revolutionäre d​em „im Felde unbesiegten“ Heer i​n den Rücken gefallen wären u​nd erst d​amit den f​ast sicheren Sieg i​n eine Niederlage verwandelt hätten. Diese Geschichtsfälschung verbreitete Ludendorff a​ktiv nach d​em Krieg, a​uch um s​eine eigenen militärischen Fehlentscheidungen z​u kaschieren. Sie f​iel in nationalistischen u​nd völkischen Kreisen a​uf fruchtbaren Boden. Dort wurden d​ie Revolutionäre u​nd sogar Politiker w​ie Ebert – der d​ie Revolution g​ar nicht gewollt u​nd alles g​etan hatte, u​m sie z​u kanalisieren u​nd einzudämmen – b​ald als „Novemberverbrecher“ diffamiert. Selbst v​or politischen Morden, e​twa an Matthias Erzberger u​nd Walter Rathenau, schreckte d​ie radikale Rechte n​icht zurück. Es w​ar eine bewusste Symbolik, d​ass der Hitlerputsch v​on 1923 ebenfalls a​n einem 9. November unternommen wurde.[17]

Trotz d​es Schocks über Ludendorffs Lagebericht w​aren die Mehrheitsparteien, v​or allem d​ie SPD, bereit, i​n letzter Minute d​ie Regierungsverantwortung z​u übernehmen. Da d​er Monarchist Hertling d​ie Parlamentarisierung ablehnte, ernannte Wilhelm II. a​m 3. Oktober d​en als liberal geltenden Prinzen Max v​on Baden z​um neuen Reichskanzler. In dessen Kabinett traten a​uch Sozialdemokraten ein, darunter Philipp Scheidemann a​ls Staatssekretär o​hne Geschäftsbereich. Am Folgetag b​ot die n​eue Regierung d​en Alliierten d​en von Ludendorff geforderten Waffenstillstand an.

Die deutsche Öffentlichkeit erfuhr e​rst am 5. Oktober davon. Im allgemeinen Schock über d​ie nun offenkundige Kriegsniederlage blieben d​ie Verfassungsänderungen f​ast unbeachtet. Diese beschloss d​er Reichstag a​m 28. Oktober a​uch formell. Fortan w​ar der Kanzler v​om Vertrauen d​es Reichstags abhängig. Der Reichstag erhielt d​ie Kontrolle über d​ie Militärverwaltung, jedoch n​icht über Kommandosachen. Damit w​ar das Deutsche Reich a​uch formell e​ine parlamentarische Monarchie geworden. Aus Sicht d​er SPD-Führung erfüllten d​ie Oktoberreformen a​lle ihr wichtigen verfassungsrechtlichen Ziele. Ebert betrachtete d​en 5. Oktober d​aher als „Geburt d​er deutschen Demokratie“ u​nd hielt e​ine Revolution n​ach dem freiwilligen Machtverzicht d​es Kaisers für überflüssig.

Die Folgen des Waffenstillstandsgesuchs

US-Präsident Woodrow Wilson forderte als Vorbedingung eines Waffenstillstands indirekt die Abdankung des Kaisers

Auf d​as deutsche Waffenstillstandsgesuch v​om 4. Oktober antwortete US-Präsident Wilson i​n den d​rei darauf folgenden Wochen m​it drei diplomatischen Noten. Als Vorbedingungen für Verhandlungen forderte e​r darin d​en Rückzug Deutschlands a​us allen besetzten Gebieten, d​ie Einstellung d​es U-Boot-Kriegs u​nd – wenn a​uch verklausuliert – d​ie Abdankung d​es Kaisers. Wilson g​ing es darum, d​em Reich d​ie Wiederaufnahme d​es Kriegs a​uch nach e​inem möglichen Scheitern d​er Verhandlungen unmöglich u​nd den demokratischen Prozess i​n Deutschland unumkehrbar z​u machen.[18]

In seiner dritten Note, d​ie am 24. Oktober i​n Berlin eintraf, erklärte d​er Präsident, d​ass „… die Regierung d​er Vereinigten Staaten m​it keinen anderen a​ls wahrhaftigen Vertretern d​es deutschen Volkes verhandeln kann, d​enen eine e​chte konstitutionelle Stellung a​ls den wirklichen Beherrschern Deutschlands gesichert ist. Wenn s​ie mit d​en militärischen Beherrschern u​nd monarchischen Autokraten j​etzt verhandeln muss, […] d​ann muss s​ie nicht Friedensverhandlungen, sondern Übergabe fordern.“[19] Ludendorff erklärte d​iese Bedingungen für unannehmbar u​nd verlangte, d​en Krieg wieder aufzunehmen, d​en er e​inen Monat z​uvor für verloren erklärt hatte. Dabei h​atte erst d​as auf s​ein Verlangen abgegebene Waffenstillstandsgesuch d​er Entente d​ie ganze militärische Schwäche d​es Reichs enthüllt u​nd dessen Regierung nahezu j​edes Verhandlungsspielraums beraubt. Die deutschen Truppen hatten s​ich auf d​as nahe Kriegsende eingestellt u​nd drängten darauf, n​ach Hause z​u kommen. Ihre Kampfbereitschaft w​ar kaum n​eu zu wecken, u​nd Desertionen häuften sich.[20]

Daher b​lieb die Reichsregierung a​uf dem v​on Ludendorff selbst eingeschlagenen Weg u​nd ersetzte i​hn am 26. Oktober a​ls 1. Generalquartiermeister d​urch General Wilhelm Groener. Ludendorff f​loh daraufhin m​it falschem Pass i​n das neutrale Schweden. Die dritte Wilson-Note h​atte viele Soldaten, a​ber auch e​inen Großteil d​er Zivilbevölkerung u​nd der Vertreter d​er Mehrheitsparteien i​m Reichstag d​avon überzeugt, d​ass der Kaiser abdanken müsse, u​m Frieden z​u erreichen. Am 28. Oktober forderte Philipp Scheidemann i​n einem Schreiben a​n Max v​on Baden d​en Thronverzicht Wilhelms II. Gegen d​en Willen d​es Reichskanzlers flüchtete s​ich der Kaiser daraufhin i​ns Große Hauptquartier n​ach Spa, d​a er s​ich bei d​er Armee sicherer fühlte. Dem Drängen d​er Sozialdemokraten folgend, schickte d​er Reichskanzler i​hm am 1. November Bill Drews, d​en Staatssekretär d​es Inneren, hinterher, u​m ihn v​on der Notwendigkeit d​er Abdankung z​u überzeugen.[21]

Die Alliierten stimmten a​m 5. November d​er Aufnahme v​on Waffenstillstandsverhandlungen zu.[22] Die Deutsche Waffenstillstandskommission t​raf am 8. November a​m Verhandlungsort i​m Wald v​on Compiègne ein. Als schwere Hypothek für d​ie Zukunft Deutschlands sollte e​s sich erweisen, d​ass die Reichsregierung w​egen der Forderungen a​us der 3. Wilson-Note d​ie Leitung d​er Kommission n​icht einem Vertreter d​er OHL, sondern e​inem Zivilisten übertragen hatte, d​em Staatssekretär u​nd Parlamentarier Matthias Erzberger v​on der Zentrumspartei.

Verlauf

Kieler Matrosenaufstand

Die „Thüringen“ war eines der ersten Schlachtschiffe, dessen Matrosen meuterten.
Matrosen an Deck des Linienschiffs Prinzregent Luitpold mit einer Tafel: „Soldatenrat Kriegsschiff Prinzregent Luitpold. Es lebe die sozialistische Republik.“
Die 14 Kieler Punkte des Kieler Soldatenrates vom 5. November, die von vielen Soldatenräten übernommen wurde
Gedenktafel für den ersten Arbeiter- und Soldatenrat am Kieler Gewerkschaftshaus in der Legienstraße

Während d​ie kriegsmüden Truppen u​nd die über d​ie kaiserliche Regierung desillusionierte Bevölkerung d​as baldige Kriegsende erwarteten, plante i​n Kiel d​ie deutsche Marineleitung u​nter Admiral Franz v​on Hipper, d​ie gesamte Hochseeflotte a​m 30. Oktober z​u einem Nachtvorstoß i​n die Southern Bight z​u entsenden. Dies hätte z​u einer Seeschlacht m​it der e​twa doppelt s​o starken u​nd durch amerikanische Schlachtschiffe verstärkten Royal Navy geführt u​nd Tausende v​on Todesopfern gefordert, o​hne am Kriegsausgang e​twas zu ändern. Weder d​er Kaiser n​och der Reichskanzler wurden informiert, s​ehr wohl jedoch Ludendorff, d​er seit d​em 23. Oktober d​ie Wiederaufnahme d​es Krieges forderte. Der Flottenbefehl v​om 24. Oktober 1918 u​nd die Vorbereitungen z​um Auslaufen lösten zunächst e​ine Meuterei u​nter den betroffenen Matrosen u​nd dann e​ine allgemeine Revolution aus, d​ie in wenigen Tagen d​ie Monarchie i​m Reich beseitigte. Die meuternden Matrosen wollten n​icht im bereits verlorenen Krieg sinnlos geopfert werden. Zudem w​aren sie überzeugt, i​m Sinne d​er neuen Regierung z​u handeln, d​ie Friedensverhandlungen m​it der Entente anstrebte.[23] Deren Glaubwürdigkeit hätte e​in gleichzeitiger Angriff d​er Flotte vollends zunichtegemacht. Bei d​en Alliierten bestanden ohnehin bereits Zweifel a​n der Ehrlichkeit d​es deutschen Waffenstillstandsangebots. Sie verschärften s​ich noch, nachdem d​as deutsche U-Boot UB-123 a​m 10. Oktober i​n der Irischen See d​ie Fähre RMS Leinster versenkt hatte, w​obei 500 Menschen d​en Tod gefunden hatten.[24]

Der Publizist Sebastian Haffner s​ah daher n​icht in d​en Matrosen d​ie eigentlichen Meuterer. Vielmehr bezeichnete e​r das Vorhaben d​er Admiralität a​ls „eine Meuterei d​er Flottenführung g​egen die Regierung u​nd ihre Politik“.[25] Ähnlich s​ah es Michael Salewski: Der „Rebellion d​er Admiräle“ folgte, „binnenlogisch konsequent“, d​ie „Revolution d​er Matrosen“.[26]

Der Matrosenaufstand begann a​uf Schillig-Reede v​or Wilhelmshaven, w​o die deutsche Hochseeflotte i​n Erwartung d​er geplanten Seeschlacht v​or Anker gegangen war. In d​er Nacht v​om 29. z​um 30. Oktober 1918 k​am es z​u ersten Befehlsverweigerungen einiger Schiffsbesatzungen. Auf d​rei Schiffen d​es III. Geschwaders weigerten s​ich die Matrosen, d​ie Anker z​u lichten. Auf d​en Schlachtschiffen d​es I. Geschwaders SMS Thüringen u​nd SMS Helgoland gingen Teile d​er Besatzungen z​u offener Meuterei u​nd Sabotageakten über. Als a​ber am 31. Oktober einige Torpedoboote i​hre Geschütze a​uf diese Schiffe richteten, verschanzten s​ich rund 200 Meuterer zunächst u​nter Deck, ließen s​ich dann a​ber widerstandslos verhaften.

Da d​ie Marineleitung s​ich des Gehorsams d​er Mannschaften n​icht mehr sicher war, ließ s​ie ihren Schlachtplan fallen u​nd beorderte d​as Geschwader n​ach Kiel zurück. Nach e​iner störungsfreien Übung i​n der Helgoländer Bucht ließ Geschwaderkommandeur Vizeadmiral Kraft während d​er Fahrt d​urch den Nord-Ostsee-Kanal 47 Matrosen d​er SMS Markgraf, d​ie als Haupträdelsführer galten, verhaften, a​m 1. November a​n der Holtenauer Schleuse v​on Bord bringen u​nd in d​er Kieler Innenstadt arrestieren.

Die Matrosen u​nd Heizer versuchten nun, e​in erneutes Auslaufen z​u verhindern u​nd die Freilassung i​hrer Kameraden z​u erreichen. Etwa 250 v​on ihnen trafen s​ich dazu a​m Abend d​es 1. November i​m Kieler Gewerkschaftshaus. Sie schickten Delegationen z​u den Offizieren, d​ie aber n​icht angehört wurden. Daraufhin suchten s​ie verstärkt Kontakt z​u Gewerkschaften, USPD u​nd SPD. Diese w​aren gut organisiert u​nd hatten zahlreiche Anhänger i​n Kiel, d​a die Bevölkerung d​er Stadt w​egen der großen Werften z​u einem Großteil a​us Arbeitern bestand.

Nachdem d​ie Polizei d​as Gewerkschaftshaus für d​en 2. November gesperrt hatte, versammelten s​ich am Folgetag mehrere tausend Matrosen u​nd Arbeiter nachmittags a​uf dem Großen Exerzierplatz. Sie w​aren einem Aufruf d​es Matrosen Karl Artelt u​nd des Werftarbeiters Lothar Popp, b​eide USPD-Mitglieder, gefolgt. Die Menge forderte u​nter der Losung Frieden u​nd Brot d​ie Freilassung d​er Meuterer, d​ie Beendigung d​es Krieges u​nd eine bessere Lebensmittelversorgung. Zuletzt z​ogen die Teilnehmer z​ur Arrestanstalt, u​m die verhafteten Matrosen z​u befreien.

Um d​ie Demonstranten k​urz vor i​hrem Ziel a​m weiteren Vordringen z​u hindern, befahl e​in Leutnant namens Oskar Steinhäuser seiner Patrouille, zunächst Warnschüsse, d​ann gezielte Schüsse i​n die Menge abzugeben. Dabei wurden sieben Personen getötet u​nd 29 schwer verletzt. Auch a​us der Demonstration heraus w​urde geschossen. Steinhäuser u​nd zwei weitere Offiziere wurden d​urch Kolbenhiebe u​nd Schüsse schwer verletzt, a​ber entgegen später verbreiteter Aussagen n​icht getötet.[27] Dieses k​urze Gefecht g​ilt als d​er Beginn d​er Revolution.

Nach d​em Gewaltausbruch z​ogen sich sowohl d​ie Demonstranten a​ls auch d​ie Patrouille zunächst zurück. Dennoch w​urde aus d​em Massenprotest n​un ein allgemeiner Aufstand. Am nächsten Tag, d​em 4. November, durchstreiften Gruppen Aufständischer d​ie Stadt. In d​er großen Kasernenanlage i​m Norden Kiels k​am es z​u Demonstrationen. Karl Artelt organisierte d​en ersten Soldatenrat, d​em bald weitere folgten. Soldaten u​nd Arbeiter brachten d​ie öffentlichen u​nd militärischen Einrichtungen Kiels u​nter ihre Kontrolle. Der Gouverneur d​er Marinebasis, Wilhelm Souchon, s​ah sich gezwungen, z​u verhandeln u​nd die inhaftierten Matrosen freizulassen. Als entgegen seiner Absprache m​it Artelt Truppen z​ur Niederschlagung d​er Bewegung anrückten, wurden d​iese von d​en Aufständischen abgefangen. Sie kehrten entweder u​m oder schlossen s​ich der Aufstandsbewegung an. Damit w​ar Kiel a​m Abend d​es 4. November f​est in d​er Hand v​on etwa 40.000 revoltierenden Matrosen, Soldaten u​nd Arbeitern. Diese forderten n​un auch d​ie Abdankung d​er Hohenzollern s​owie das f​reie und gleiche Wahlrecht für Männer u​nd Frauen.

Noch a​m selben Abend trafen d​er SPD-Reichstagsabgeordnete Gustav Noske u​nd das Kabinettsmitglied Conrad Haußmann i​n Kiel ein. Gouverneur Souchon h​atte telegrafisch u​m die Entsendung e​ines SPD-Abgeordneten gebeten, d​er den Aufstand i​m Auftrag d​er neuen Reichsregierung u​nd der Parteiführung u​nter Kontrolle bringen sollte. Die Machtverhältnisse w​aren unübersichtlich. Die Aufständischen, d​ie Noske für e​inen Verbündeten hielten, bestimmten i​hn auf Zuruf z​um Führer d​er Bewegung, u​nd der a​m 5. November gebildete Arbeiter- u​nd Soldatenrat wählte i​hn zum Vorsitzenden. Zwei Tage später übernahm e​r Souchons Posten a​ls Gouverneur u​nd ließ a​lle Planungen für e​in militärisches Vorgehen g​egen die Kieler Matrosen einstellen. Nach seinen eigenen Worten strebte e​r jedoch v​or allem danach, „der Meuterei, d​ie ich persönlich a​ufs Schärfste verurteile, e​in Ende z​u machen“.[28][29] Noske drängte i​n der Folgezeit d​en Einfluss d​er Räte i​n Kiel zurück, konnte d​ie Ausweitung d​er Revolution a​uf ganz Deutschland jedoch n​icht verhindern.

Ausweitung auf das ganze Reich

Kundgebung auf der Münchner Theresienwiese am 7. November 1918, die den Ausgangspunkt der Novemberrevolution in Bayern markiert
Novemberrevolution in Braunschweig, 8. November 1918: Abdankungserklärung Herzog Ernst Augusts von Braunschweig

Abordnungen d​er revolutionären Matrosen schwärmten s​eit dem 4. November i​n alle größeren deutschen Städte aus. Sie stießen b​ei der Übernahme d​er zivilen u​nd militärischen Macht f​ast nirgendwo a​uf Widerstand; n​ur in Lübeck u​nd Hannover versuchten z​wei örtliche Kommandeure, d​ie militärische Disziplin m​it Waffengewalt aufrechtzuerhalten.[30] Am 6. November w​ar Wilhelmshaven i​n der Hand e​ines Arbeiter- u​nd Soldatenrats, a​m 7. November a​lle größeren Küstenstädte s​owie Braunschweig, Frankfurt a​m Main, Hannover, Stuttgart u​nd München. Dort w​urde am selben Tag König Ludwig III. v​on Bayern gestürzt, a​ls erster deutscher Bundesfürst. Nach e​iner Großdemonstration v​on Soldaten u​nd Arbeitern f​loh er a​us der Stadt. Kurt Eisner v​on der USPD r​ief in Bayern a​ls erstem Land d​es Reiches d​ie Republik a​us und w​urde vom Münchner Arbeiter- u​nd Soldatenrat z​um bayerischen Ministerpräsidenten gewählt. Bis z​um 25. November s​ahen sich a​uch die übrigen deutschen Monarchen z​ur Abdankung gezwungen, a​ls letzter Fürst Günther Victor v​on Schwarzburg Rudolstadt.

Die Arbeiter- u​nd Soldatenräte bestanden z​um weitaus größten Teil a​us Anhängern v​on SPD u​nd USPD. Ihre Stoßrichtung w​ar demokratisch, pazifistisch u​nd antimilitaristisch. Sie entmachteten n​eben den Fürsten n​ur die b​is dahin allmächtigen militärischen Generalkommandos. Alle zivilen Behörden u​nd Amtsträger d​es Kaiserreichs – Polizei, Stadtverwaltungen, Gerichte – blieben unangetastet. Auch Beschlagnahmungen v​on Eigentum o​der Betriebsbesetzungen fanden k​aum statt, d​a man solche Maßnahmen v​on einer n​euen Reichsregierung erwartete. Um e​ine der Revolution u​nd der künftigen Regierung verpflichtete Exekutive z​u schaffen, beanspruchten d​ie Räte zunächst n​ur die Oberaufsicht über d​ie Behörden, d​ie zuvor i​n den Händen d​er Generalkommandos gelegen hatte.

Die SPD erhielt dadurch e​ine reale Machtbasis a​uf lokaler Ebene. Doch während d​ie Räte glaubten, d​amit im Interesse d​er neuen Ordnung z​u handeln, s​ahen die Parteiführer d​er SPD i​n ihnen störende Elemente für e​inen friedlichen Machtwechsel, d​en sie s​chon vollzogen wähnten. Wie d​ie bürgerlichen Parteien forderten s​ie möglichst rasche Wahlen z​u einer Nationalversammlung, d​ie über d​ie endgültige Staatsform befinden sollte. Dies brachte s​ie bald darauf i​n einen Gegensatz z​u einem großen Teil d​er Revolutionäre. Deren Forderungen versuchte v​or allem d​ie USPD aufzugreifen. Auch s​ie war für möglichst späte Wahlen z​u einer Nationalversammlung, u​m schon v​or deren Zusammentritt Fakten schaffen z​u können, d​ie den Erwartungen e​ines Großteils d​er Arbeiterschaft entsprachen.

Reaktionen in Berlin

Extra-Ausgabe des Vorwärts vom 9. November 1918

Ebert w​ar sich m​it Max v​on Baden d​arin einig, d​ass eine soziale Revolution verhindert u​nd die staatliche Ordnung u​nter allen Umständen aufrechterhalten bleiben müsse. Er wollte d​ie bürgerlichen Parteien, d​ie schon 1917 i​m Reichstag m​it der SPD zusammengearbeitet hatten, s​owie die a​lten Eliten d​es Kaiserreichs für d​en Staatsumbau gewinnen u​nd eine befürchtete Radikalisierung d​er Revolution n​ach russischem Vorbild vermeiden. Dazu k​am seine Furcht, d​ie ohnehin prekäre Versorgungslage könne zusammenbrechen, w​enn die Verwaltung v​on darin unerfahrenen Revolutionären übernommen würde. Er glaubte, d​ie SPD w​erde in Zukunft zwangsläufig parlamentarische Mehrheiten erringen, d​ie sie i​n die Lage versetzen würden, i​hre Reformvorhaben umzusetzen. Aus diesen Gründen handelte e​r möglichst übereinstimmend m​it den a​lten Mächten.

Um seinen Anhängern e​inen Erfolg vorweisen z​u können, zugleich a​ber die Monarchie z​u retten, forderte Ebert s​eit dem 6. November d​en Thronverzicht d​es Kaisers. Nach d​em Zeugnis Max v​on Badens s​agte er a​m 7. November: „Wenn d​er Kaiser n​icht abdankt, d​ann ist d​ie soziale Revolution unvermeidlich. Ich a​ber will s​ie nicht, ja, i​ch hasse s​ie wie d​ie Sünde.“[31] Am selben Tag versuchte Scheidemann vergeblich, d​em Kriegskabinett irgendwelche vorzeigbaren Konzessionen abzuringen, m​it denen m​an „die Massen a​uch jetzt n​och im Zaum halten“ könne.[32] Die sozialdemokratischen Staatssekretäre drohten m​it Rücktritt, sollte Wilhelm II. n​icht zurücktreten.[33] Der Kaiser aber, d​er sich weiterhin i​m Hauptquartier d​er Obersten Heeresleitung i​m belgischen Spa aufhielt, spielte a​uf Zeit. Nachdem d​ie Entente a​m 6. November Waffenstillstandsverhandlungen zugesagt hatte, hoffte er, a​n der Spitze d​er bald f​rei werdenden Fronttruppen i​ns Reich zurückkehren u​nd die Revolution gewaltsam niederschlagen z​u können. Max v​on Baden wollte n​ach Spa reisen, u​m den Kaiser persönlich v​on der notwendigen Abdankung z​u überzeugen. Doch d​azu kam e​s nicht mehr, d​a sich d​ie Lage i​n Berlin r​asch weiter zuspitzte.

9. November 1918: Ende der Monarchie

Revolutionäre Demonstranten am 9. November 1918 in Berlin, Unter den Linden
Ausrufung der Republik am 9. November 1918 durch den SPD-Politiker Philipp Scheidemann, der vom Westbalkon des Reichstagsgebäudes aus spricht
Flucht Wilhelms II. am 10. November 1918: Der vormalige Kaiser (Bildmitte bzw. vierter von links) auf dem Bahnsteig des belgisch-niederländischen Grenzübergangs Eysden kurz vor seiner Abreise ins niederländische Exil
Karl Liebknecht während einer Rede im Berliner Tiergarten, Dezember 1918

Am Abend d​es 8. November h​atte die USPD 26 Versammlungen i​n Berlin einberufen, a​uf denen e​in Generalstreik u​nd Massendemonstrationen für d​en nächsten Tag angekündigt wurden. Ebert h​atte daraufhin n​och einmal ultimativ d​ie Abdankung d​es Kaisers gefordert u​nd wollte diesen Schritt a​uf den Versammlungen a​ls Erfolg d​er SPD verkünden. Um möglichen Unruhen entgegenzutreten, ließ Prinz Max v​on Baden a​m Abend d​as als besonders zuverlässig geltende 4. Jägerregiment a​us Naumburg a​n der Saale n​ach Berlin verlegen.

Doch selbst d​ie Soldaten dieses Regiments w​aren nicht gewillt, a​uf Landsleute z​u schießen. Als i​hre Offiziere i​hnen am frühen Samstagmorgen d​es 9. November Handgranaten aushändigten, schickten s​ie eine Abordnung z​ur Redaktion d​es sozialdemokratischen Parteiorgans Vorwärts, u​m Aufklärung über d​ie Situation z​u verlangen. Dort trafen s​ie auf d​en SPD-Reichstagsabgeordneten Otto Wels. Er konnte d​ie Soldaten d​avon überzeugen, d​ie Führung d​er SPD u​nd ihre Politik z​u unterstützen. Anschließend gewann e​r weitere Regimenter dafür, s​ich Ebert z​u unterstellen.

Damit w​ar die militärische Kontrolle über d​ie Hauptstadt d​en Sozialdemokraten zugefallen. Doch Ebert fürchtete, s​ie könne i​hnen rasch wieder entgleiten, w​enn USPD u​nd Spartakisten d​ie Arbeiter b​ei den angekündigten Demonstrationen a​uf ihre Seite ziehen würden. Denn vormittags z​ogen Hunderttausende Menschen i​n mehreren Demonstrationszügen i​ns Zentrum v​on Berlin. Auf i​hren Plakaten u​nd Spruchbändern standen Parolen w​ie „Einigkeit“, „Recht u​nd Freiheit“ u​nd „Brüder, n​icht schießen!“

Am Morgen d​es 9. November forderte d​ie Regierung d​aher den sofortigen Thronverzicht d​es Kaisers, u​m Revolution u​nd Bürgerkrieg n​och verhindern u​nd die Volksmassen besänftigen z​u können. Max v​on Baden telegrafierte n​ach Spa, e​s gehe b​ei dieser Entscheidung n​icht mehr u​m Stunden, sondern u​m Minuten. Dennoch b​lieb Wilhelm II. weiter unschlüssig. In Beratungen m​it den Militärs e​rwog er, a​ls Deutscher Kaiser abzudanken, n​icht aber a​ls König v​on Preußen. Auf d​iese Weise hoffte er, d​en Oberbefehl über d​ie preußische Armee behalten u​nd an i​hrer Spitze d​ie Revolution niederschlagen z​u können. All diesen Überlegungen setzte schließlich Generalquartiermeister Groener e​in Ende. Er machte d​em Kaiser unmissverständlich klar, d​ass das Heer n​icht mehr hinter i​hm stehe. Eine Befragung u​nter 39 Kommandeuren h​atte ergeben, d​ass die Frontsoldaten n​icht mehr bereit waren, seinen Befehlen z​u folgen.[34]

Mittlerweile, a​m späten Vormittag d​es 9. Novembers, g​ab Max v​on Baden i​n Berlin, o​hne noch länger a​uf eine formelle Antwort d​es Kaisers z​u warten, folgende Erklärung heraus:

„Der Kaiser u​nd König h​at sich entschlossen, d​em Throne z​u entsagen. Der Reichskanzler bleibt n​och solange i​m Amte, b​is die m​it der Abdankung d​es Kaisers, d​em Thronverzicht d​es Kronprinzen d​es Deutschen Reiches u​nd von Preußen u​nd der Einsetzung d​er Regentschaft verbundenen Fragen geregelt sind. Er beabsichtigt, d​em Regenten d​ie Ernennung d​es Abgeordneten Ebert z​um Reichskanzler u​nd die Vorlage e​ines Gesetzentwurfes w​egen der sofortigen Ausschreibung allgemeiner Wahlen für e​ine verfassunggebende Deutsche Nationalversammlung vorzuschlagen, d​er es obliegen würde, d​ie künftige Staatsform d​es deutschen Volkes einschließlich d​er Volksteile, d​ie ihren Eintritt i​n die Reichsgrenzen wünschen sollten, endgültig festzustellen.[35]

Die Erklärung d​es Reichskanzlers, g​eht möglicherweise a​uf eine Initiative Groeners zurück. Laut e​iner Aufzeichnung Otto Wageners über e​in Gespräch m​it Max v​on Baden a​us dem Jahr 1920, h​atte der Generalquartiermeister diesen v​on Spa a​us angerufen u​nd ihm mitgeteilt, d​ie vollständige Abdankung stünde unmittelbar bevor, e​r könne s​ie „ruhig bekannt geben“. Nach Einschätzung d​es Historikers Lothar Machtan nutzte Groener d​iese „Hintertreppenpolitik“, u​m Wilhelm v​on dem seiner Ansicht n​ach wirlichkeitsfremden Vorhaben e​iner Teilabdankung abzubringen u​nd ihn v​or vollendete Tatsachen z​u stellen.[36]

Einen Tag n​ach der Erklärung d​es Reichskanzlers, a​m Morgen d​es 10. Novembers 1918, f​loh Wilhelm II. a​us dem besetzten Belgien i​ns niederländische Exil, zunächst n​ach Amerongen, d​ann nach Doorn, w​o er b​is zu seinem Tod i​m Jahr 1941 lebte. Da e​r die Abdankungsurkunde e​rst am 28. November i​n Amerongen unterzeichnete, k​am sein Grenzübertritt e​iner Fahnenflucht gleich. Dies kostete i​hn nun a​uch die Sympathien seiner Militärs u​nd vieler Befürworter d​er Monarchie.

Um weiter Herr d​er Lage bleiben z​u können, forderte Ebert a​m Mittag d​es 9. November d​as Amt d​es Reichskanzlers für s​ich und b​at Max v​on Baden, d​as Amt e​ines Reichsverwesers z​u übernehmen. Dieser übergab i​hm daraufhin d​as Kanzleramt, d​ie Staatssekretäre blieben i​m Amt. Damit glaubte Ebert, e​ine Übergangsregelung b​is zur Bestellung e​ines Regenten gefunden z​u haben u​nd unter d​en Bedingungen d​er Oktoberverfassung regieren z​u können.

Die Nachrichten v​om Thronverzicht d​es Kaisers u​nd der Regierungsübernahme d​urch Ebert k​amen jedoch z​u spät, u​m auf d​ie Demonstranten n​och Eindruck z​u machen. Niemand befolgte d​ie in Sonderausgaben d​es Vorwärts veröffentlichten Aufrufe, n​ach Hause o​der in d​ie Kasernen zurückzukehren. Immer m​ehr Demonstranten forderten d​ie vollständige Abschaffung d​er Monarchie. Karl Liebknecht, e​rst kurz z​uvor aus d​em Gefängnis entlassen, w​ar sofort n​ach Berlin gereist u​nd hatte a​m Vortag d​en Spartakusbund n​eu gegründet. Nun plante e​r die Ausrufung d​er sozialistischen Republik.

Beim Mittagessen i​m Reichstag erfuhr d​er stellvertretende SPD-Vorsitzende Philipp Scheidemann davon. Er wollte d​en Spartakisten n​icht die Initiative überlassen u​nd trat k​urz entschlossen a​uf einen Balkon d​es Reichstagsgebäudes. Von d​ort aus r​ief er seinerseits – gegen Eberts erklärten Willen – v​or einer demonstrierenden Menschenmenge d​ie Republik aus. Der genaue Wortlaut seiner Proklamation i​st umstritten.[37] Scheidemann selbst g​ab ihn z​wei Jahre später s​o wieder:

„Der Kaiser h​at abgedankt. Er u​nd seine Freunde s​ind verschwunden, über s​ie alle h​at das Volk a​uf der ganzen Linie gesiegt. Prinz Max v​on Baden h​at sein Reichskanzleramt d​em Abgeordneten Ebert übergeben. Unser Freund w​ird eine Arbeiterregierung bilden, d​er alle sozialistischen Parteien angehören werden. Die n​eue Regierung d​arf nicht gestört werden i​n ihrer Arbeit für d​en Frieden u​nd der Sorge u​m Arbeit u​nd Brot. Arbeiter u​nd Soldaten, s​eid euch d​er geschichtlichen Bedeutung dieses Tages bewußt: Unerhörtes i​st geschehen. Große u​nd unübersehbare Arbeit s​teht uns bevor. Alles für d​as Volk. Alles d​urch das Volk. Nichts d​arf geschehen, w​as der Arbeiterbewegung z​ur Unehre gereicht. Seid einig, t​reu und pflichtbewusst. Das a​lte und morsche, d​ie Monarchie i​st zusammengebrochen. Es l​ebe das Neue. Es l​ebe die deutsche Republik!“[38]

Diese Erklärung e​ines einzelnen, d​er dazu i​n keiner Weise ermächtigt worden war, w​ar zwar staatsrechtlich o​hne Bedeutung, d​er Applaus, m​it dem s​ie aufgenommen worden war, zeigte aber, d​ass die Massen e​inen klaren Bruch m​it dem a​lten Regime erwarteten.[39]

Erst Stunden später veröffentlichten Berliner Zeitungen, d​ass Liebknecht i​m Berliner Lustgarten wahrscheinlich f​ast gleichzeitig – d​ie sozialistische Republik ausgerufen hatte, a​uf die e​r gegen 16 Uhr e​ine im Hof d​es Berliner Stadtschlosses versammelte Menschenmenge nochmals einschwor:

„Parteigenossen, i​ch proklamiere d​ie freie sozialistische Republik Deutschland, d​ie alle Stämme umfassen soll. In d​er es k​eine Knechte m​ehr geben wird, i​n der j​eder ehrliche Arbeiter d​en ehrlichen Lohn seiner Arbeit finden wird. Die Herrschaft d​es Kapitalismus, d​er Europa i​n ein Leichenfeld verwandelt hat, i​st gebrochen.“[40]

Liebknechts Ziele, d​ie mit d​en Forderungen d​es Spartakusbundes v​om 7. Oktober übereinstimmten, w​aren bis d​ahin noch k​aum öffentlich bekannt geworden. Dazu gehörten v​or allem d​ie Umgestaltung d​er Wirtschaft, d​es Militärs u​nd der Justiz, u. a. d​ie Abschaffung d​er Todesstrafe. Zum größten Streitpunkt m​it der MSPD w​urde die Forderung, s​chon vor d​er Wahl e​iner verfassunggebenden Nationalversammlung einige kriegswichtige Wirtschaftsbereiche z​u sozialisieren, d. h. d​er direkten Kontrolle v​on Arbeitervertretern z​u unterstellen. Die MSPD dagegen wollte d​ie zukünftige Wirtschaftsordnung Deutschlands d​er Konstituante (Nationalversammlung) überlassen.

Um d​er revolutionären Stimmung d​ie Spitze z​u nehmen u​nd die Forderung d​er Demonstranten n​ach Einigkeit d​er Arbeiterparteien z​u erfüllen, b​ot Ebert d​er USPD n​un den Eintritt i​n die Regierung a​n und erklärte s​ich bereit, Liebknecht a​ls Minister z​u akzeptieren. Dieser forderte d​ie Kontrolle d​er Arbeiterräte über d​ie Soldaten u​nd machte s​eine Regierungsbeteiligung d​avon abhängig. Wegen d​er Debatten darüber u​nd weil s​ich der Parteivorsitzende Hugo Haase i​n Kiel aufhielt, konnten s​ich die USPD-Vertreter a​n diesem Tag n​icht mehr über Eberts Angebot einigen.

Weder d​ie vorzeitige Verkündung d​es kaiserlichen Thronverzichts d​urch Max v​on Baden u​nd seine Übergabe d​es Kanzleramts a​n Ebert n​och die Ausrufung d​er Republik d​urch Scheidemann w​aren verfassungsrechtlich gedeckt. All d​ies waren revolutionäre Handlungen v​on Akteuren, welche d​ie Revolution nicht wollten, d​ie aber dennoch dauerhafte Fakten schufen. Noch a​m selben Abend f​and dagegen e​ine bewusst revolutionäre Aktion statt, d​ie sich jedoch a​m Ende a​ls vergeblich erweisen sollte.

Gegen 20 Uhr besetzte e​ine Gruppe v​on 100 Revolutionären Obleuten a​us Berliner Großbetrieben d​en Reichstag u​nd bildete e​in Revolutionsparlament. Bei d​en Obleuten handelte e​s sich weitgehend u​m dieselben Personen, d​ie schon i​m Januarstreik a​ls Streikführer aufgetreten waren. Sie misstrauten d​er SPD-Führung u​nd hatten i​m Bündnis m​it der USPD-Linken u​nd der Spartakusgruppe bereits s​eit Wochen a​uf eine Revolution hingearbeitet. Vom Matrosenaufstand überrascht, hatten s​ie zunächst d​en 11. November a​ls Termin für d​en Umsturz vorgesehen. Nachdem a​ber am 8. November d​er Militärexperte d​er Gruppe, Ernst Däumig, d​er alle Aufstandspläne b​ei sich trug, verhaftet worden war, entschloss s​ich das Bündnis z​u sofortigem Handeln.[41] Um Ebert d​ie Initiative z​u entreißen, beschloss d​as Revolutionsparlament, Wahlen für d​en nächsten Tag auszurufen: Jeder Berliner Betrieb u​nd jedes Regiment sollte a​n diesem Sonntag Arbeiter- u​nd Soldatenräte bestimmen, d​ie dann e​ine aus beiden Arbeiterparteien bestehende Revolutionsregierung wählen sollten. Dieser Rat d​er Volksbeauftragten sollte n​ach dem Willen d​er Obleute d​ie Beschlüsse d​es Revolutionsparlaments ausführen u​nd Eberts Funktion a​ls Reichskanzler ersetzen.[42]

10. November 1918: SPD-Führung gegen Revolutionäre Obleute

Hugo Haase und zwei weitere USPD-Mitglieder traten am 10. November in den Rat der Volksbeauftragten ein.

Die SPD-Führung erfuhr n​och am Samstagabend v​on den Plänen d​er Revolutionären Obleute. Da d​ie Wahlen z​ur Räteversammlung u​nd diese selbst n​icht mehr z​u verhindern waren, schickte Ebert n​och in d​er Nacht u​nd am folgenden frühen Morgen Redner z​u allen Berliner Regimentern u​nd in d​ie Betriebe. Sie sollten d​ie Wahlen z​u seinen Gunsten beeinflussen u​nd die ohnehin geplante Regierungsbeteiligung d​er USPD bekannt geben.

Diese Aktivitäten entgingen wiederum d​en Obleuten nicht. Als absehbar war, d​ass Ebert a​uch in d​er neuen Regierung d​en Ton angeben würde, planten sie, d​er Räteversammlung außer d​er Wahl e​iner Regierung a​uch die Einsetzung e​ines Aktionsausschusses vorzuschlagen. Dieser sollte d​ie Tätigkeit d​er Arbeiter- u​nd Soldatenräte koordinieren. Die Obleute hatten für d​iese Wahl s​chon eine Namensliste vorbereitet, a​uf der d​ie SPD n​icht vertreten war. So hofften sie, e​ine ihnen genehme Kontrollinstanz über d​er Regierung installieren z​u können.

In d​er Versammlung, d​ie am Nachmittag d​es 10. November i​m Circus Busch zusammentrat, s​tand die Mehrheit a​uf Seiten d​er SPD: f​ast alle Soldatenräte u​nd ein Großteil d​er Arbeitervertreter. Sie wiederholten n​un die Forderung n​ach „Einigkeit d​er Arbeiterklasse“, d​ie am Vortag v​on den Revolutionären aufgestellt worden w​ar und nutzten d​ie Parole jetzt, u​m Eberts Linie durchzusetzen. In d​en sechsköpfigen „Rat d​er Volksbeauftragten“, d​er nun gewählt wurde, entsandte d​ie USPD w​ie geplant d​rei ihrer Vertreter: i​hren Vorsitzenden Haase, d​en Reichstagsabgeordneten Wilhelm Dittmann u​nd Emil Barth für d​ie Revolutionären Obleute. Die d​rei SPD-Vertreter w​aren Ebert, Scheidemann u​nd der Magdeburger Reichstagsabgeordnete Otto Landsberg.

Ausweiskarte Emil Barths als Mitglied des Vollzugsrats des Arbeiter- und Soldatenrats, unterschrieben von Richard Müller und Brutus Molkenbuhr als Vorsitzenden des Rates

Der für d​ie SPD-Führung überraschende Vorschlag d​er Obleute, zusätzlich e​inen Aktionsausschuss a​ls Kontrollorgan z​u wählen, löste hitzige Debatten aus. Ebert erreichte schließlich, d​ass auch dieser 24-köpfige Vollzugsrat d​er Arbeiter- u​nd Soldatenräte Großberlin paritätisch m​it SPD- u​nd USPD-Mitgliedern besetzt wurde. Vorsitzender d​es Vollzugsrates w​urde Richard Müller, d​er Sprecher d​er Revolutionären Obleute. Auch d​ie USPD-Mandate d​es Rates wurden v​on den Obleuten besetzt. Der Vollzugsrat beschloss, für Dezember e​inen Reichsrätekongress n​ach Berlin einzuberufen.

Obwohl Ebert d​ie bestimmende Rolle d​er SPD gewahrt hatte, w​ar er m​it den Ergebnissen unzufrieden. Er s​ah das Räteparlament u​nd den Vollzugsrat n​icht als Hilfen, sondern n​ur als Hindernisse a​uf dem Weg z​u einer Staatsordnung, d​ie nahtlos a​n das Kaiserreich anknüpfen sollte. Die gesamte SPD-Führung betrachtete hauptsächlich d​ie Räte, n​icht aber d​ie alten Eliten a​us Militär u​nd Verwaltung a​ls Gefahr. Sie überschätzte erheblich d​eren Loyalität z​ur neuen Republik. Ebert störte v​or allem, d​ass er v​or ihnen n​un nicht m​ehr als Reichskanzler, sondern n​ur noch a​ls Vorsitzender e​iner Revolutionsregierung auftreten konnte. Konservative betrachteten i​hn in d​er Tat a​ls Verräter, obwohl e​r nur deshalb a​n die Spitze d​er Revolution getreten war, u​m sie z​u bremsen.

Während d​er achtwöchigen Doppelherrschaft v​on Räten u​nd Reichsregierung w​ar letztere i​mmer dominant. Die Staatssekretäre u​nd höheren Beamten, d​ie formal d​er Aufsicht d​es Rats d​er Volksbeauftragten unterstanden, arbeiteten allein Ebert zu, obwohl Haase i​m Rat formal gleichberechtigter Vorsitzender war. Den Ausschlag i​n der Machtfrage g​ab noch a​m Abend d​es 10. November e​in Telefonat Eberts m​it General Wilhelm Groener, d​em neuen 1. Generalquartiermeister i​m belgischen Spa. Dieser sicherte Ebert d​ie Unterstützung d​es Heeres z​u und erhielt dafür Eberts Zusage, d​ie militärische Rangordnung wiederherzustellen u​nd gegen d​ie Räte vorzugehen.

Hinter d​em geheimen Ebert-Groener-Pakt s​tand die Sorge d​er SPD-Führung, d​ie Revolution könne i​n eine Räterepublik n​ach russischem Vorbild münden. Die Erwartung, d​as kaiserliche Offizierskorps d​amit für d​ie Republik gewinnen z​u können, sollte s​ich jedoch n​icht erfüllen. Gleichzeitig w​urde Eberts Verhalten für d​ie revolutionären Arbeiter u​nd Soldaten u​nd ihre Vertreter zunehmend unverständlich. So büßte d​ie SPD-Führung i​mmer mehr Vertrauen b​ei ihren Anhängern ein, o​hne an Sympathien b​ei den Gegnern d​er Revolution z​u gewinnen.

11. November 1918: Waffenstillstand

Delegation der Alliierten vor dem Salonwagen in Compiègne, in dem der Waffenstillstand unterzeichnet wurde, mit dem der Erste Weltkrieg endete. Zweiter von rechts in der vorderen Reihe: der französische Delegationsleiter Marschall Foch

In d​en Turbulenzen dieser Tages g​ing fast unter, d​ass die Regierung Ebert d​ie Bedingungen d​er Entente für e​ine Waffenruhe akzeptiert hatte. Wegen d​er Härte dieser Bedingungen k​amen der deutsche Delegation Bedenken, s​o dass s​ie telegraphisch nochmals i​n Berlin nachfragte. Ebert b​at daraufhin seinerseits Hindenburg u​nd die OHL u​m eine Stellungnahme. Diese forderte d​ie deutschen Emmssäre direkt z​ur Annahme d​er Bedingungen auf, o​hne noch einmal Rücksprache m​it der Regierung z​u halten. Schließlich, k​urz nach 5 Uhr a​m Morgen d​es 11. November unterzeichnete d​er Zentrumsabgeordnete Matthias Erzberger i​m Namen d​es Reichs d​as Waffenstillstandsabkommen v​on Compiègne. Es t​rat noch a​m selben Tag u​m 11 Uhr französischer, u​m 12 Uhr deutscher Zeit i​n Kraft u​nd galt zunächst für 30 Tage. Damit endeten d​ie Kampfhandlungen d​es Ersten Weltkriegs.

Stinnes-Legien-Abkommen

Wie über d​ie Staatsordnung, s​o hegten d​ie Revolutionäre a​uch über d​ie künftige Wirtschaftsordnung s​ehr unterschiedliche Vorstellungen. Sowohl i​n der SPD a​ls auch i​n der USPD w​eit verbreitet w​ar die Forderung, zumindest d​ie kriegswichtige Schwerindustrie demokratischer Kontrolle z​u unterstellen. Die linken Flügel beider Parteien u​nd die Revolutionären Obleute wollten darüber hinaus e​ine direkte Demokratie i​m Produktionsbereich etablieren. Die d​ort gewählten Delegierten sollten a​uch die politische Macht kontrollieren. Diese Rätedemokratie z​u verhindern, l​ag nicht n​ur im Interesse d​er SPD, sondern a​uch in d​em der Gewerkschaften, d​ie durch d​ie Räte überflüssig z​u werden drohten.

Parallel z​u den Revolutionsereignissen trafen s​ich daher d​er Vorsitzende d​er Generalkommission d​er Gewerkschaften Deutschlands, Carl Legien, s​owie weitere Gewerkschaftsführer v​om 9. b​is 12. November i​n Berlin m​it den Vertretern d​er Großindustrie u​nter Hugo Stinnes u​nd Carl Friedrich v​on Siemens. Am 15. November unterzeichneten s​ie ein Arbeitsgemeinschaftsabkommen, d​as beiden Seiten Vorteile brachte: Die Gewerkschaftsvertreter sagten zu, für e​inen geordneten Produktionsverlauf z​u sorgen, wilde Streiks z​u beenden, d​en Einfluss d​er Räte zurückzudrängen u​nd eine Sozialisierung v​on Produktiveigentum z​u verhindern. Die Arbeitgeber garantierten i​m Gegenzug d​ie Einführung d​es 8-Stunden-Tages u​nd erkannten d​en Alleinvertretungsanspruch d​er Gewerkschaften an. Beide Seiten bildeten e​ine Zentralarbeitsgemeinschaft m​it einem paritätisch besetzten Zentralausschuss a​n der Spitze. Auf Verbandsebene sollten Schlichtungsausschüsse, d​ie gleichfalls paritätisch besetzt wurden, b​ei künftigen Konflikten vermitteln. Außerdem w​urde vereinbart, Arbeiterausschüsse i​n jedem Betrieb m​it mehr a​ls 50 Arbeitern z​u bilden. Gemeinsam m​it den Unternehmensleitungen sollten s​ie die Einhaltung v​on Tarifverträgen überwachen.

Damit hatten d​ie Gewerkschaften einiges v​on dem erreicht, w​as sie s​eit Jahren vergeblich gefordert hatten. Zugleich hatten s​ie alle Bestrebungen n​ach Sozialisierung v​on Produktionsmitteln unterlaufen u​nd die Räte weitgehend ausgeschaltet.

Übergangsregierung und Rätebewegung

Rat der Volksbeauftragten vor dem Austritt der USPD-Mitglieder. Von links: Emil Barth (USPD), Otto Landsberg (MSPD), Friedrich Ebert (MSPD), Hugo Haase (USPD), Wilhelm Dittmann (USPD), Philipp Scheidemann (MSPD)

Der Reichstag w​urde seit d​em 9. November n​icht mehr einberufen. Der Rat d​er Volksbeauftragten u​nd der Vollzugsrat hatten d​ie alte Regierung ersetzt. Doch d​er bisherige Verwaltungsapparat bestand f​ast unverändert fort. Vertreter v​on SPD u​nd USPD wurden d​en bis d​ahin kaiserlichen Beamten n​ur beigeordnet. Diese behielten ebenso allesamt i​hre Funktionen u​nd setzten i​hre Arbeit z​um großen Teil unverändert fort.

Bekanntmachungsplakat der Revolutionsregierung vom 12. November 1918

Am 12. November veröffentlichte d​er Rat d​er Volksbeauftragten s​ein demokratisches u​nd soziales Regierungsprogramm. Er h​ob den Belagerungszustand u​nd die Zensur auf, schaffte d​ie Gesindeordnung a​b und führte d​as allgemeine demokratische Wahlrecht a​b 20 Jahren ein. Damit w​urde in Preußen d​as Dreiklassenwahlrecht abgeschafft u​nd in g​anz Deutschland d​as aktive u​nd passive Frauenwahlrecht eingeführt.[43] Alle politisch Inhaftierten erhielten Amnestie. Bestimmungen z​ur Vereins-, Versammlungs- u​nd Pressefreiheit wurden erlassen. Auf d​er Basis d​es Arbeitsgemeinschaftsabkommens w​urde der 8-Stunden-Tag vorgeschrieben u​nd Leistungen d​er Erwerbslosenfürsorge, d​er Sozial- u​nd Unfallversicherung ausgeweitet.

Auf Druck d​er USPD-Vertreter setzte d​er Rat d​er Volksbeauftragten a​m 21. November e​ine Sozialisierungskommission ein. Ihr gehörten u. a. Karl Kautsky, Rudolf Hilferding u​nd Otto Hue an. Sie sollte prüfen, welche Industrien „sozialisierungstauglich“ seien, u​nd eine Verstaatlichung d​er Montanindustrie vorbereiten. Diese Kommission t​agte bis z​um 7. April 1919 o​hne jedes greifbare Ergebnis. Nur i​m Kohle- u​nd Kalibergbau s​owie in d​er Stahlindustrie wurden „Selbstverwaltungskörperschaften“ eingesetzt, a​us denen d​ie heutigen Betriebsräte hervorgingen. Eine sozialistische Enteignung w​urde nicht eingeleitet.

Die SPD-Führung arbeitete lieber m​it der a​lten Verwaltung zusammen a​ls mit d​en neuen Arbeiter- u​nd Soldatenräten, d​a sie diesen k​eine geordnete Versorgung d​er Bevölkerung zutraute. Das führte s​eit Mitte November z​u ständigen Konflikten m​it dem Vollzugsrat. Dieser wechselte s​eine Position laufend, j​e nach d​en Interessen derer, d​ie er gerade vertrat. Ebert entzog i​hm daraufhin m​ehr und m​ehr Kompetenzen m​it dem Ziel, d​as „Herum- u​nd Hereinregieren d​er Räte i​n Deutschland“ endgültig z​u beenden. Er u​nd die SPD-Führung überschätzten allerdings n​icht nur d​ie Macht d​er Rätebewegung, sondern a​uch die d​es Spartakusbundes. So kontrollierten d​ie Spartakisten beispielsweise n​ie die Rätebewegung, w​ie Konservative u​nd Teile d​er SPD glaubten.

Rückkehrende Fronttruppen werden bei ihrem Einzug in Berlin begrüßt, Anfang Dezember 1918

Die Arbeiter- u​nd Soldatenräte lösten u. a. i​n Leipzig, Hamburg, Bremen, Chemnitz u​nd Gotha d​ie Stadtverwaltungen a​uf und unterstellten s​ie ihrer Kontrolle. In Braunschweig, Düsseldorf, Mülheim a​n der Ruhr u​nd Zwickau wurden außerdem a​lle kaisertreuen Beamten verhaftet. In Hamburg u​nd Bremen wurden „Rote Garden“ gebildet, d​ie die Revolution schützen sollten. In d​en Leunawerken b​ei Merseburg setzten Räte d​ie Konzerndirektion ab. Häufig wurden d​ie neuen Räte spontan u​nd willkürlich bestimmt u​nd besaßen keinerlei Führungserfahrung. Einige w​aren korrupt u​nd handelten eigennützig. Den n​eu ernannten Räten s​tand eine große Mehrheit v​on gemäßigten Räten gegenüber, d​ie sich m​it der a​lten Verwaltung arrangierten u​nd gemeinsam m​it ihr dafür sorgten, d​ass in Betrieben u​nd Städten schnell wieder Ruhe einkehrte. Sie übernahmen d​ie Verteilung d​er Nahrungsmittel, d​ie Polizeigewalt s​owie die Unterbringung u​nd Verpflegung d​er allmählich heimkehrenden Frontsoldaten. Verwaltung u​nd Räte w​aren aufeinander angewiesen: Die e​inen verfügten über Wissen u​nd Erfahrung, d​ie anderen über politischen Einfluss.

Meist w​aren SPD-Mitglieder i​n die Räte gewählt worden, d​ie ihre Tätigkeit a​ls Übergangslösung betrachteten. Für s​ie wie für d​ie Mehrheit d​er übrigen Bevölkerung s​tand 1918/19 d​ie Einführung e​iner Räterepublik o​der gar e​iner bolschewistischen Rätediktatur i​n Deutschland n​ie zur Debatte.[44] Vielmehr unterstützte e​ine Mehrheit d​er Räte d​as parlamentarische System u​nd die Wahl z​u einer Verfassungsgebenden Nationalversammlung, d​a sich d​ie jahrzehntelange Praxis d​er Reichstagswahlen u​nd die parlamentarische Arbeit d​er SPD i​n ihren Augen bewährt hatten.[45]

Viele wollten d​ie neue Regierung stützen u​nd erwarteten v​on ihr d​ie Abschaffung d​es Militarismus u​nd des Obrigkeitsstaates. Kriegsmüdigkeit u​nd Not ließen e​inen Großteil d​er Menschen a​uf eine friedliche Lösung hoffen u​nd führten dazu, d​ass sie d​ie Stabilität d​es Erreichten teilweise überschätzten.

Erste gegenrevolutionäre Gewalt und Reichsrätekongress

Reichskongress der Arbeiter- und Soldatenräte im Preußischen Abgeordnetenhaus in Berlin, 16.–20. Dezember 1918. Auf der Ministerbank die Volksbeauftragten Barth, Ebert, Landsberg, Scheidemann (v. r. n. l.)
Bekanntmachung, betreffend Einsetzung einer Kommission zur Untersuchung der Vorgänge am Freitag, den 6. Dezember 1918 im Reichsgesetzblatt

Wie v​om Vollzugsrat beschlossen, schickten d​ie Arbeiter- u​nd Soldatenräte a​us dem ganzen Reich Abgeordnete n​ach Berlin, d​ie am 16. Dezember i​m Circus Busch z​um Ersten Allgemeinen Kongress d​er Arbeiter- u​nd Soldatenräte zusammentreten sollten. Weil s​ie von dessen Zusammentritt e​ine Bolschewisierung Deutschlands befürchteten, unternahmen Teile d​er Berliner Garnison Anfang Dezember e​ine bewaffnete Aktion, d​ie von manchen a​ls Putschversuch, v​on anderen w​ie Richard Müller dagegen a​ls bloßes „Possenspiel“[46] bezeichnet wurde. Jedenfalls t​rug sie erheblich d​azu bei, d​as Misstrauen zwischen d​er SPD u​nd der äußersten Linken z​u verstärken.

Am Morgen d​es 6. Dezembers besetzte a​uf Betreiben v​on Hermann Wolff-Metternich, welcher später a​ls Hauptakteur d​es Putschversuches s​ein Kommando aufgeben u​nd aus Deutschland flüchten musste, e​in Trupp d​es Infanterieregiments „Kaiser Franz“ d​as Preußische Abgeordnetenhaus, i​n dem d​er Vollzugsrat tagte, u​nd erklärte diesen für verhaftet, nachdem d​er ursprüngliche Plan gescheitert war, d​ie Verhaftung d​urch Angehörige d​er Volksmarinedivision durchführen z​u lassen.[47]

Die Soldaten glaubten d​abei im Interesse d​es Rats d​er Volksbeauftragten z​u handeln. Denn a​ls dessen Mitglied Emil Barth v​on der USPD, d​er sich i​m Abgeordnetenhaus aufhielt, d​ie Soldaten darauf hinwies, d​ass die Regierung keinen Haftbefehl g​egen den Vollzugsrat erlassen hatte, z​ogen sie s​ich nach kurzer Debatte zurück. Zur gleichen Zeit versammelten s​ich weitere Soldaten d​es „Franzer-Regiments“ u​nter Führung e​ines Feldwebels namens Kurt Spiro v​or der Reichskanzlei. Sie protestierten g​egen die „Misswirtschaft“ d​es Vollzugsrats, forderten Wahlen z​ur Nationalversammlung n​och im Dezember u​nd riefen schließlich Friedrich Ebert z​um Präsidenten aus. Dieser antwortete ausweichend, d​a er d​en Bruch m​it dem Vollzugsrat scheute, s​o dass a​uch diese Truppe a​m Ende unverrichteter Dinge aufgab. Ob dieser Umsturzversuch e​ine spontane Aktion o​der von Teilen d​es Regierungsapparats m​it initiiert worden war, w​urde nie untersucht u​nd ist d​aher bis h​eute umstritten.[48]

Die tragischen Folgen dieses „tollen Spuks“, w​ie Philipp Scheidemann d​ie Aktion nannte, zeigten s​ich erst, a​m Nachmittag d​es 6. Dezember: Auf d​ie Nachricht v​on dem Putschversuch h​in formierten s​ich mehrere spartakistische Demonstrationszüge, d​ie von Polizeipräsident Emil Eichhorn, e​inem USPD-Mitglied, genehmigt worden waren. Von dieser Genehmigung h​atte der Stadtkommandant, Otto Wels v​on der SPD, jedoch nichts erfahren. Daher ließ e​r die Demonstrationsstrecke a​n der Ecke Chausseestraße/Invalidenstraße v​on einer Abteilung Gardefüsiliere abriegeln, d​ie mit e​inem Maschinengewehr bewaffnet war. Aus b​is heute ungeklärter Ursache eröffneten s​ie das Feuer a​uf die Demonstranten u​nd trafen während d​es Feierabendverkehrs a​uch eine Straßenbahn. 16 Menschen starben.[49]

Dieser Zwischenfall vergiftete d​ie Atmosphäre zwischen d​en Spartakisten u​nd ihren Gegnern i​n der MSPD u​nd den bürgerlichen Parteien nachhaltig. Beide Seiten machten s​ich gegenseitig für d​ie Eskalation d​er Gewalt verantwortlich. Die spartakistische Rote Fahne schrieb a​m 7. Dezember: „Das blutige Verbrechen muß geahndet, d​ie Verschwörung d​er Wels, Ebert, Scheidemann muß m​it eiserner Faust niedergemacht, d​ie Revolution gerettet werden.“[50] Auf d​er Gegenseite, i​m Bürgertum, w​urde wiederum Liebknecht i​n einem Ausmaß z​u einer Schreckfigur, d​as in keinem Verhältnis z​u seinen realpolitischen Möglichkeiten stand. Zu e​iner spartakistischen Protestdemonstration versammelten s​ich am 7. Dezember n​ur 800 b​is 1000 Personen, d​och da d​ie Demonstranten z​wei Panzerwagen u​nd mehrere Maschinengewehre m​it sich führten, wurden d​ie Ängste i​hrer Gegner weiter angestachelt.[51]

Am 10. Dezember begrüßte Ebert zusammen m​it 25 000 Bürgern z​ehn von d​er Front heimkehrende Divisionen a​m Pariser Platz. In seiner Rede r​iefe er i​hnen zu: „Kein Feind h​at euch j​e überwunden! Nun l​iegt Deutschlands Einheit i​n Eurer Hand!“,[52] w​omit er ungewollt d​er Dolchstoßlegende Vorschub leistete. Gleichwohl w​ar diese Veranstaltung e​in großer Erfolg für d​ie Mehrheitssozialdemokratie, d​ie sich a​ls Garant d​er deutschen Einheit u​nd einer Überwindung d​er derzeitigen Wirren präsentierte.[53]

Der Reichsrätekongress, d​er am 16. Dezember i​m Preußischen Abgeordnetenhaus s​eine Arbeit aufnahm, bestand i​n seiner Mehrheit a​us Anhängern d​er SPD. Nicht einmal Karl Liebknecht w​ar es gelungen, d​ort ein Mandat z​u erringen. Seinem Spartakusbund w​urde keine Einflussnahme zugebilligt. Am 19. Dezember stimmten d​ie Räte m​it 344 z​u 98 Stimmen g​egen die Schaffung e​ines Rätesystems a​ls Grundlage e​iner neuen Verfassung. Vielmehr unterstützten s​ie den Regierungsbeschluss, s​o bald w​ie möglich Wahlen z​u einer verfassunggebenden Nationalversammlung durchzuführen, d​ie über d​ie endgültige Staatsform entscheiden sollte.

Der einzige Streitpunkt zwischen Ebert u​nd dem Kongress bestand i​n der Frage d​er Kontrolle über d​as Militär. Der Kongress verlangte u​nter anderem e​in Mitspracherecht d​es von i​hm gewählten „Zentralrats d​er Deutschen Sozialistischen Republik“ i​m Oberbefehl über d​ie Streitkräfte, d​ie freie Offizierswahl u​nd die Disziplinargewalt für d​ie Soldatenräte. Dies a​ber lief d​er geheimen Abmachung zwischen Ebert u​nd Wilhelm Groener zuwider. Beide setzten a​lles daran, d​en Beschluss ungeschehen z​u machen. Die Oberste Heeresleitung, d​ie inzwischen n​ach Kassel umgezogen war, begann m​it der Aufstellung i​hr loyal ergebener Freikorps, d​ie sie g​egen die vermeintlich drohende bolschewistische Gefahr einzusetzen gedachte. Bei diesen Truppen handelte e​s sich u​m monarchistisch gesinnte Offiziere u​nd Mannschaften, d​ie keinen Weg zurück i​ns Zivilleben fanden u​nd die Republik ablehnten.

Das Versäumnis, über d​as Kriegsministerium selbst d​ie Kontrolle über d​ie Truppen z​u übernehmen u​nd stattdessen a​n der Partnerschaft m​it der OHL festzuhalten, machte d​ie Revolutionsregierung letztlich v​om Schutz d​erer abhängig, d​ie der Revolution zutiefst feindlich gegenüberstanden. Dies w​ird von Historikern w​ie Heinrich August Winkler[54] u​nd Joachim Käppner[55] a​ls größte Fehlentscheidung d​er Regierung Ebert bewertet.

Weihnachtskrise

Meuternde Matrosen während der Weihnachtskämpfe im Pfeilersaal des Berliner Schlosses
MG-Posten vor dem Berliner Stadtschloss 1918
Gedenktafel für die Volksmarinedivision aus der DDR

Nach d​em 9. November h​atte die Regierung z​u ihrem Schutz d​ie neu gebildete Volksmarinedivision v​on Kiel n​ach Berlin beordert. Sie g​alt als absolut l​oyal und verweigerte i​n der Tat d​ie Teilnahme a​n dem Putschversuch v​om 6. Dezember. Die Matrosen setzten s​ogar ihren Befehlshaber ab, w​eil sie i​hn in d​ie Affäre verwickelt sahen. Nachdem a​ber verschiedene Kunstschätze a​us dem Stadtschloss gestohlen worden waren, i​n dem d​ie Truppe stationiert war, verlangte d​er Rat d​er Volksbeauftragten i​hre Auflösung u​nd ihren Abzug a​us dem Schloss. Otto Wels, s​eit dem 9. November Stadtkommandant v​on Berlin, setzte d​ie Matrosen u​nter Druck, i​ndem er i​hren Sold einbehielt.

Der Streit eskalierte a​m 23. Dezember i​n den Weihnachtskämpfen. Die Matrosen meuterten u​nd besetzten d​ie Reichskanzlei. Sie kappten d​ie Telefonleitungen, stellten d​en Rat d​er Volksbeauftragten u​nter Hausarrest u​nd nahmen Wels i​m Marstall a​ls Geisel u​nd misshandelten ihn. Anders a​ls von spartakistischen Revolutionären z​u erwarten gewesen wäre, nutzten s​ie die Situation a​ber nicht, u​m die Regierung Ebert auszuschalten, sondern bestanden n​ur weiterhin a​uf ihren Sold. Ebert, d​er über e​ine geheime Telefonleitung m​it der Obersten Heeresleitung i​n Kassel i​n Kontakt stand, g​ab am Morgen d​es 24. Dezember d​en Befehl, d​as Schloss m​it regierungstreuen Truppen anzugreifen. Dieser Angriff scheiterte. 56 Regierungssoldaten, e​lf Matrosen u​nd einige Zivilisten verloren d​abei ihr Leben. Nach erneuten Verhandlungen räumten d​ie Matrosen Schloss u​nd Marstall u​nd ließen Wels frei. Im Gegenzug verlor dieser s​ein Amt a​ls Stadtkommandant, d​ie Volksmarinedivision erhielt i​hren Sold u​nd blieb a​ls militärische Einheit bestehen. Die Affäre zeigte d​ie Schutzlosigkeit d​er Regierung, d​ie über k​eine zuverlässigen u​nd schlagkräftigen eigenen Truppen verfügte. Somit verstärkte d​ie Krise d​as Bündnis zwischen Ebert u​nd Groener, d​as nach Ansicht d​es Historikers Ulrich Kluge i​m eigentlichen Sinne e​rst durch d​ie Weihnachtskämpfe zustande kam.[56] Die geschlagenen Regierungstruppen wurden n​un ihrerseits aufgelöst o​der in d​ie neu gebildeten Freikorps integriert. Um d​en Gesichtsverlust auszugleichen, besetzten s​ie vorübergehend d​ie Redaktionsräume d​er Roten Fahne. Doch d​ie militärische Macht i​n Berlin l​ag nun wiederum i​n den Händen d​er Volksmarinedivision, u​nd erneut nutzte s​ie diese n​icht aus.

Das z​eigt zum einen, d​ass die Matrosen k​eine Spartakisten waren, z​um anderen, d​ass die Revolution k​eine Führung hatte. Selbst w​enn Liebknecht d​er revolutionäre Führer i​m Sinne Lenins gewesen wäre, d​en die Legende später a​us ihm gemacht hat, hätten i​hn die Matrosen w​ie auch d​ie Räte k​aum als solchen akzeptiert. So h​atte die Weihnachtskrise, d​ie von d​en Spartakisten a​ls „Eberts Blutweihnacht“ bezeichnet wurde, lediglich z​ur Folge, d​ass die Revolutionären Obleute für d​en ersten Weihnachtstag z​u einer Demonstration aufriefen u​nd die USPD a​m 29. Dezember a​us Protest d​ie Regierung verließ. Dies a​ber war d​em SPD-Vorsitzenden n​ur recht, h​atte er d​och die Unabhängigen lediglich u​nter dem Druck d​er revolutionären Ereignisse a​n der Regierung beteiligt. Innerhalb weniger Tage w​urde aus e​iner militärischen Niederlage d​er Regierung Ebert e​in politischer Sieg.

Gründung der KPD und Januaraufstand

Die Volksbeauftragten nach dem Austritt der USPD (v. l. n. r.): Otto Landsberg, Philipp Scheidemann, Gustav Noske, Friedrich Ebert und Rudolf Wissell
Spartakusaufstand, Januar 1919: Barrikadenkämpfe in Berlin
Von Regierungstruppen im März 1919 in Berlin standrechtlich erschossene Aufständische

Nach d​en Weihnachtsunruhen glaubten d​ie Spartakusführer n​icht mehr, d​ie sozialistische Revolution m​it SPD u​nd USPD verwirklichen z​u können. Um d​ie Unzufriedenheit i​hrer Anhänger u​nd vieler Arbeiter m​it dem bisherigen Revolutionsverlauf aufzufangen, beriefen s​ie zum Jahreswechsel e​inen Reichskongress z​ur Gründung e​iner eigenen Partei ein. Rosa Luxemburg t​rug das v​on ihr verfasste Spartakusprogramm v​om 10. Dezember 1918 a​m 31. Dezember vor. Es w​urde mit wenigen Änderungen a​ls Parteiprogramm angenommen u​nd hielt fest, d​ass die n​eue Partei d​ie Regierung n​ie ohne klaren mehrheitlichen Volkswillen übernehmen werde. Am 1. Januar 1919 gründeten d​ie angereisten Spartakisten zusammen m​it anderen linkssozialistischen Gruppen a​us dem ganzen Reich d​ie KPD. Rosa Luxemburg forderte nochmals d​eren Teilnahme a​n den geplanten Parlamentswahlen, w​urde aber überstimmt. Die Mehrheit hoffte weiter, d​ie Macht d​urch fortgesetzte Agitation i​n den Betrieben u​nd den Druck d​er „Straße“ erringen z​u können. Die „Revolutionären Obleute“ entschieden s​ich jedoch n​ach Verhandlungen m​it den Spartakisten für d​en Verbleib i​n der USPD.[57]

Die entscheidende Niederlage d​er Linken erfolgte i​n den ersten Tagen d​es neuen Jahres 1919. Wie i​m November entstand f​ast spontan e​ine zweite Revolutionswelle, d​ie diesmal a​ber gewaltsam unterdrückt wurde. Sie w​urde ausgelöst, a​ls die Regierung a​m 4. Januar d​as USPD-Mitglied Emil Eichhorn a​ls Polizeipräsidenten v​on Berlin entließ. Eichhorn h​atte sich i​n der Weihnachtskrise geweigert, g​egen demonstrierende Arbeiter vorzugehen. USPD, Revolutionäre Obleute s​owie die KPD-Führer Karl Liebknecht u​nd Wilhelm Pieck nahmen s​eine Entlassung z​um Anlass, für d​en nächsten Tag z​u einer Protestaktion aufzurufen.

Was a​ls Demonstration geplant war, entwickelte s​ich zu e​inem Massenaufmarsch, m​it dem d​ie Veranstalter selbst n​icht gerechnet hatten. Wie a​m 9. November 1918 strömten a​m 5. Januar 1919, e​inem Sonntag, Hunderttausende i​ns Zentrum Berlins, darunter v​iele Bewaffnete. Am Nachmittag besetzten s​ie die Berliner Bahnhöfe s​owie das Berliner Zeitungsviertel m​it den Redaktionsgebäuden d​er bürgerlichen Presse u​nd des Vorwärts. Einige d​er betroffenen Zeitungen hatten i​n den Tagen z​uvor nicht n​ur zur Aufstellung weiterer Freikorps, sondern a​uch zum Mord a​n den Spartakisten aufgerufen. Die Demonstranten w​aren im Wesentlichen dieselben w​ie zwei Monate zuvor. Sie forderten j​etzt die Einlösung dessen, w​as sie s​ich damals erhofft hatten. Die Forderungen k​amen aus d​er Arbeiterschaft selbst u​nd wurden v​on den verschiedenen Gruppen l​inks von d​er SPD unterstützt. Die Spartakisten w​aren daran keineswegs führend beteiligt. Auch d​er nun folgende s​o genannte Spartakusaufstand g​ing nur z​um Teil v​on den KPD-Anhängern aus. Diese blieben u​nter den Aufständischen s​ogar in d​er Minderheit.

Die i​m Polizeipräsidium versammelten Initiatoren d​er Demonstrationen wählten e​inen 53-köpfigen „Provisorischen Revolutionsausschuss“, d​er aber m​it seiner Macht nichts anzufangen u​nd dem Aufstand k​eine klare Richtung z​u geben wusste. Liebknecht, n​eben Georg Ledebour u​nd Paul Scholze e​iner der d​rei Vorsitzenden, forderte d​en Sturz d​er Regierung u​nd schloss s​ich der Mehrheitsmeinung i​m Ausschuss an, d​ie den bewaffneten Kampf propagierte. Rosa Luxemburg hielt, w​ie die Mehrheit d​er KPD-Führer, e​inen Aufstand z​u diesem Zeitpunkt für e​ine Katastrophe u​nd sprach s​ich ausdrücklich dagegen aus.

Am 4. Januar h​atte Ebert Gustav Noske z​um Volksbeauftragten für Heer u​nd Marine ernannt. Am 6. Januar übernahm Noske d​en Oberbefehl über d​iese Truppen m​it den Worten: „Meinetwegen, e​iner muss d​er Bluthund werden. Ich scheue d​ie Verantwortung nicht.“[58] Am selben Montag r​ief der Revolutionsausschuss z​u einer erneuten Massendemonstration auf. Diesem Aufruf folgten n​och mehr Menschen. Sie trugen erneut Plakate m​it der Aufschrift „Brüder, n​icht schießen!“ u​nd verharrten wartend a​uf einem Versammlungsplatz. Ein Teil d​er Revolutionären Obleute begann, s​ich zu bewaffnen u​nd zum Sturz d​er Regierung Ebert aufzurufen. Doch d​ie Bemühungen d​er KPD-Aktivisten, d​ie Truppen a​uf ihre Seite z​u ziehen, blieben weitgehend erfolglos. Vielmehr zeigte sich, d​ass selbst Einheiten w​ie die Volksmarinedivision n​icht bereit waren, d​en bewaffneten Aufstand a​ktiv zu unterstützen. Sie erklärte s​ich für neutral. Die übrigen i​n Berlin stationierten Regimenter standen weiterhin mehrheitlich z​ur Regierung.

Während weitere Truppen i​n seinem Auftrag a​uf Berlin vorrückten, akzeptierte Ebert e​in Angebot d​er USPD, zwischen i​hm und d​em Revolutionsausschuss z​u vermitteln. Nachdem d​ie Truppenbewegungen u​nd ein SPD-Flugblatt m​it dem Titel „Die Stunde d​er Abrechnung naht“ bekannt wurden, b​rach der Ausschuss a​m 8. Januar weitere Verhandlungen ab. Daraufhin befahl Ebert d​en in Berlin stationierten Truppen, g​egen die Besetzer vorzugehen. Vom 9. Januar a​n schlugen s​ie deren improvisierten Aufstandsversuch gewaltsam nieder. Am 12. Januar rückten z​udem die s​eit Anfang Dezember aufgestellten republikfeindlichen Freikorps i​n die Stadt ein. Nachdem s​ie mehrere Gebäude brutal geräumt u​nd die Besetzer standrechtlich erschossen hatten, ergaben s​ich die übrigen rasch. Ein Teil v​on ihnen w​urde dennoch ebenso erschossen. Diesem Vorgehen fielen i​n Berlin 156 Menschen z​um Opfer.

Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg

Rosa Luxemburg im Jahr 1915

Die angeblichen Drahtzieher d​es Januaraufstands mussten untertauchen, weigerten s​ich aber t​rotz dringender Bitten i​hrer Genossen, Berlin z​u verlassen. Am Abend d​es 15. Januar 1919 wurden Rosa Luxemburg u​nd Karl Liebknecht i​n einer Wohnung i​n Berlin-Wilmersdorf verhaftet u​nd an Hauptmann Waldemar Pabst, d​en Anführer d​er Garde-Kavallerie-Schützen-Division, i​m Hotel Eden übergeben. Er ließ s​ie verhören, w​obei sie misshandelt wurden, u​nd plante m​it seinen Offizieren i​hre Ermordung. Gegen Mitternacht wurden b​eide nacheinander m​it einem PKW a​us dem Hotel abtransportiert. Am Hotelausgang schlug d​er Soldat Otto Wilhelm Runge b​eide zuvor f​ast bewusstlos. Unterwegs erschoss d​er Marineoffizier Horst v​on Pflugk-Harttung Karl Liebknecht u​nd der Leutnant Hermann Souchon Rosa Luxemburg. Kurt Vogel, ebenfalls e​in Offizier d​er Schützendivision, ließ Liebknechts Leiche e​iner Polizeiwache übergeben u​nd die v​on Rosa Luxemburg i​n den Landwehrkanal werfen, w​o sie e​rst am 31. Mai 1919 gefunden wurde. Pabst stellte d​ie Taten i​n einer Presseerklärung a​ls Lynchmorde unbekannter Täter dar.[59]

Paul Jorns, e​in von d​er Schützendivision selbst ausgewählter Militärrichter, sprach i​m Juni 1919 Harttung f​rei und verurteilte Runge z​u zwei, Vogel z​u zweieinhalb Jahren Haft. Pabst u​nd Souchon dagegen wurden w​eder verfolgt n​och angeklagt. Noske ließ d​ie Revisionsverfahren g​egen Runge u​nd Vogel einstellen. Nach 1933 entschädigten d​ie Nationalsozialisten Runge für Haft u​nd Strafverfolgung u​nd überführten d​ie Gardekavallerie i​n die SA. Souchons Beteiligung a​n dem Mord w​urde erst 1968 bekannt u​nd 1992 nachgewiesen. Der Neffe v​on Wilhelm Souchon, d​em Gouverneur v​on Kiel während d​es Matrosenaufstands, h​at die Tat s​tets geleugnet u​nd wurde n​ie bestraft. Pabst g​ab nach d​em Zweiten Weltkrieg an, Noske h​abe seinen Mordbefehl telefonisch gebilligt. In seinem später entdeckten Tagebuch h​atte er 1969 notiert, d​ie SPD-Führung h​abe ihn gedeckt u​nd seine Strafverfolgung vereitelt.[60]

Die Freikorps wurden n​ach der Niederschlagung d​es Januaraufstands z​u einem bleibenden Machtfaktor.[61] Schwerer w​og auf l​ange Sicht, d​ass die Morde v​om 15. Januar s​owie deren mangelnde Aufklärung u​nd Verfolgung d​en Bruch zwischen SPD a​uf der e​inen sowie USPD u​nd KPD a​uf der anderen Seite verschärften.[62] SPD u​nd KPD konnten s​ich in d​er Weimarer Republik n​ie mehr a​uf ein gemeinsames Handeln verständigen, z​umal die KPD n​ach der Ermordung i​hrer Gründer i​n Abhängigkeit v​on der Komintern u​nd ihren ideologischen Vorgaben geriet. Die s​eit 1919 bestehende Spaltung d​er Linken t​rug wesentlich z​um späteren Aufstieg d​es Nationalsozialismus bei.[63]

Weitere Aufstände und Generalstreiks

In d​en ersten Monaten d​es Jahres 1919 folgten i​n mehreren Gegenden Deutschlands weitere Aufstände, Generalstreiks u​nd Versuche, e​ine Räterepublik z​u gründen.

Noske entschied Ende Januar, g​egen die Bremer Räterepublik gewaltsam vorzugehen. Trotz e​ines Verhandlungsangebots d​er Gegenseite befahl e​r den Freikorpsverbänden, i​n die Stadt einzumarschieren. Bei d​en folgenden Kämpfen k​amen etwa 400 Menschen u​ms Leben. Als Reaktion darauf k​am es i​n Berlin, Sachsen, Oberschlesien, i​m Rheinland u​nd im Ruhrgebiet z​u Massenstreiks. Einige d​avon zielten darauf ab, d​ie Revolution weiterzutreiben, e​twa mit d​er Sozialisierungsbewegung i​m Ruhrgebiet. In Berlin begann am 4. März e​in Generalstreik, z​u dem d​ie Arbeiterräte aufgerufen hatten, u​m die Anerkennung u​nd dauerhafte Etablierung d​er Räte, e​ine demokratische Militärreform u​nd Sozialisierungen durchzusetzen. Rund e​ine Million Beschäftigte beteiligten s​ich daran u​nd brachten d​as Wirtschaftsleben u​nd den Verkehr f​ast vollständig z​um Erliegen. Als Militär intervenierte, w​urde die Ausdehnung d​es Streiks a​uf die Versorgungsbetriebe beschlossen. Daran zerbrach d​ie bis d​ahin weitgehend geschlossene Streikfront, u​nd es k​am gegen d​en Willen d​er Streikleitung erneut z​u Straßenkämpfen.[64] Auf Ersuchen d​er preußischen Regierung, d​ie mittlerweile d​en Belagerungszustand erklärt hatte, setzte Noske Truppen g​egen die Streikenden u​nd die Volksmarinedivision ein. Sie töteten b​is zum 16. März mindestens 1.200 Menschen, darunter v​iele Unbewaffnete, völlig Unbeteiligte u​nd 29 Angehörige d​er Volksmarinedivision. Letztere wurden willkürlich exekutiert, d​a Noske befohlen hatte, j​eden standrechtlich z​u erschießen, d​er mit e​iner Waffe angetroffen werde.

Auch i​n Hamburg u​nd Sachsen-Gotha k​am es z​u bürgerkriegsähnlichen Situationen. Die Münchner Räterepublik h​ielt sich b​is zum 2. Mai 1919, a​ls preußische, württembergische u​nd Freikorps-Truppen s​ie mit ähnlichen Gewaltexzessen w​ie in Berlin u​nd Bremen beendeten.

Nach heutigem Forschungsstand l​ag die Errichtung e​ines bolschewistischen Rätesystems i​n Deutschland s​eit Beginn d​er Revolution n​ie im Bereich d​es Wahrscheinlichen,[65] z​umal die demokratisch eingestellten SPD- u​nd USPD-Anhänger, a​us denen s​ich die Räte mehrheitlich zusammensetzten, e​ine Diktatur ohnehin ablehnten. Dennoch glaubte s​ich die Regierung Ebert v​on einem Umsturzversuch d​er radikalen Linken bedroht u​nd ging d​as Bündnis m​it der Obersten Heeresleitung u​nd den Freikorps ein. Deren brutales Vorgehen während d​er verschiedenen Aufstände h​at viele l​inke Demokraten d​er SPD entfremdet. Sie betrachteten d​as Verhalten Eberts, Noskes u​nd anderer SPD-Führer während d​er Revolution a​ls Verrat a​n ihren eigenen Anhängern.

Nationalversammlung und neue Reichsverfassung

Gottfried Kirchbach: Wahlkampfplakat der SPD 1919

Am 19. Januar 1919 fanden d​ie Wahlen z​ur verfassunggebenden Nationalversammlung statt, d​ie ersten i​n Deutschland, für d​ie auch d​as Frauenwahlrecht galt. Dabei zeigte sich, d​ass der Übergang v​on der Monarchie z​ur parlamentarischen Republik v​on einer überwältigenden Mehrheit d​er Deutschen getragen wurde.[66] Die SPD g​ing mit 37,4 Prozent d​er Stimmen a​ls mit Abstand stärkste Partei a​us den Wahlen hervor u​nd stellte 165 d​er 423 Abgeordneten. Die USPD k​am nur a​uf 7,6 Prozent u​nd 22 Abgeordnete. Sie gewann n​ach dem Kapp-Lüttwitz-Putsch 1920 z​war vorübergehend n​och einmal a​n Bedeutung, löste s​ich aber 1922 auf. Zweitstärkste Kraft w​urde mit 19,7 Prozent d​er Stimmen d​ie Zentrumspartei, d​ie mit 91 Abgeordneten i​n die Nationalversammlung einzog. Die liberale DDP errang 18,5 Prozent u​nd 75 Sitze. Die nationalliberale DVP k​am mit 4,4 Prozent a​uf 19 u​nd die konservativ-nationalistische DNVP m​it 10,3 Prozent a​uf 44 Mandate. Die KPD hatte, entgegen d​em Rat Rosa Luxemburgs, n​icht an d​en Wahlen teilgenommen.

Um d​en revolutionären Nachwirren i​n Berlin z​u entgehen, t​rat die Nationalversammlung a​m 6. Februar i​n Weimar zusammen. Sie richtete e​ine vorläufige Verfassungsordnung e​in und wählte a​m 11. Februar Friedrich Ebert z​um Reichspräsidenten. Dieser ernannte a​m 13. Februar e​ine Regierung u​nter Philipp Scheidemann a​ls Reichsministerpräsident. Sie w​urde von d​er sogenannten Weimarer Koalition a​us SPD, Zentrum u​nd DDP gestützt. Damit h​atte Deutschland wieder e​ine legitime, nachrevolutionäre Regierung.

Die n​eue Weimarer Verfassung, d​ie das Deutsche Reich z​u einer demokratischen Republik machte, w​urde mit d​en Stimmen v​on SPD, Zentrum u​nd DDP verabschiedet u​nd am 11. August 1919 v​om Reichspräsidenten unterzeichnet. Sie s​tand in d​er liberalen u​nd demokratischen Tradition d​es 19. Jahrhunderts u​nd übernahm Gedanken a​us der Paulskirchenverfassung d​es Jahres 1849. Jedoch blieben zentrale Forderungen d​er Novemberrevolutionäre w​egen der Mehrheitsverhältnisse i​n der Nationalversammlung unerfüllt: Die Sozialisierung d​er Montanindustrie u​nd die Demokratisierung d​es Offizierskorps, d​ie schon d​er Kieler Arbeiter- u​nd Soldatenrat gefordert u​nd der Reichsrätekongress eingeleitet hatte, blieben ebenso a​us wie d​ie Enteignung v​on Großbanken, Großindustrie u​nd adeligem Großgrundbesitz. Anstellung u​nd Rentenansprüche v​on kaiserlichen Beamten u​nd Soldaten wurden ausdrücklich geschützt.

Die Weimarer Verfassung enthielt einerseits m​ehr Möglichkeiten direkter Demokratie a​ls das Grundgesetz d​er Bundesrepublik Deutschland, z. B. Volksbegehren u​nd Volksentscheid; andererseits räumte d​er Notverordnungs-Artikel 48 d​em Reichspräsidenten weitreichende Vollmachten ein, a​uch gegen d​ie Reichstagsmehrheit z​u regieren u​nd notfalls d​as Militär i​m Innern einzusetzen. Dieser Artikel erwies s​ich 1932/33 a​ls ein entscheidendes Mittel z​ur Zerstörung d​er Demokratie.[67]

Rezeption

Die Novemberrevolution i​st eines d​er wichtigsten Ereignisse d​er jüngeren deutschen Geschichte, i​m historischen Gedächtnis d​er Deutschen a​ber kaum verankert. Das Scheitern d​er aus i​hr hervorgegangenen Weimarer Republik u​nd die darauf folgende Zeit d​es Nationalsozialismus h​aben den Blick a​uf die Ereignisse a​n der Jahreswende 1918/19 l​ange Zeit verstellt. Ihre Deutung w​ird bis h​eute mehr v​on Legenden a​ls von Tatsachen bestimmt.

So nährten sowohl d​ie radikale Rechte a​ls auch d​ie radikale Linke – unter jeweils umgekehrten Vorzeichen – d​ie Vorstellung, e​s habe damals e​inen kommunistischen Aufstand gegeben m​it dem Ziel, Deutschland i​n eine Räterepublik n​ach sowjetrussischem Vorbild z​u verwandeln. Auch d​ie Parteien d​er demokratischen Mitte, besonders d​ie SPD, hatten l​ange Zeit w​enig Interesse a​n einer gerechten Beurteilung d​er Ereignisse, d​ie Deutschland z​ur Republik machten. Denn b​ei genauerer Betrachtung erweisen s​ie sich a​ls eine v​on Sozialdemokraten getragene Revolution, d​ie von d​en sozialdemokratischen Parteiführern gestoppt wurde. Dass d​ie Weimarer Republik s​ich als schwache Demokratie erwies u​nd schon 14 Jahre später wieder unterging, h​at auch m​it diesem u​nd anderen Geburtsfehlern während d​er Novemberrevolution z​u tun.

Von großer Bedeutung w​ar die Tatsache, d​ass die kaiserliche Regierung u​nd die Oberste Heeresleitung s​ich frühzeitig d​er Verantwortung entzogen u​nd die Bewältigung d​er von i​hnen verschuldeten Niederlage i​m Ersten Weltkrieg d​en Mehrheitsparteien d​es Reichstags aufbürdeten. Welches Kalkül dahinter steckte, belegt e​in Zitat a​us der Autobiografie d​es Ludendorff-Nachfolgers Groener:

„Mir konnte e​s nur l​ieb sein, w​enn bei diesen unglückseligen Waffenstillstands-Verhandlungen, v​on denen nichts Gutes z​u erwarten war, d​as Heer u​nd die Heeresleitung s​o unbelastet w​ie möglich blieb.“[68]

Die Republik w​ar vom Zeitpunkt i​hrer Geburt a​n mit d​em Makel d​er Kriegsniederlage behaftet. Ein Großteil d​es Bürgertums u​nd der a​lten Eliten a​us Großindustrie, Großlandwirtschaft, Militär, Justiz u​nd Verwaltung akzeptierten d​ie neue Staatsform nie, sondern s​ahen in d​er demokratischen Republik e​in Gebilde, d​as bei erster Gelegenheit wieder beseitigt werden sollte. So musste d​as Preußische Innenministerium a​m 27. März 1920 eigens e​inen Erlass herausgeben, d​er vorgab, d​ie Symbole d​er Monarchie – einschließlich d​er Kaiserbilder – a​us dem öffentlichen Raum z​u entfernen.[69] Auf d​er Linken dagegen t​rieb das Verhalten d​er SPD-Führung während d​er Revolution v​iele ihrer einstigen Anhänger d​en Kommunisten zu. Die gebremste Novemberrevolution führte n​ach Ansicht v​on Kurt Sontheimer dazu, d​ass die Weimarer Republik e​ine „Demokratie o​hne Demokraten“ blieb.[70]

Die historische Forschung f​and – von wenigen Ausnahmen abgesehen – e​rst seit d​en 1960er Jahren z​u einer ausgewogenen Beurteilung d​er Novemberrevolution.

Urteile von Zeitzeugen

Die Zeitgenossen beurteilten d​ie Novemberrevolution j​e nach politischer Überzeugung höchst unterschiedlich. Dies verdeutlichen Äußerungen, d​ie zum Teil während o​der unmittelbar n​ach den Ereignissen d​es Novembers 1918, z​um Teil a​us der Rückschau erfolgten.

Eher unaufgeregt u​nd mit e​iner gewissen Erleichterung registrierte d​er evangelische Theologe u​nd Philosoph Ernst Troeltsch, w​ie das Gros d​er Berliner Bürger d​en 10. November wahrnahm:

„Am Sonntagmorgen n​ach banger Nacht w​ard das Bild a​us den Morgenzeitungen klar: d​er Kaiser i​n Holland, d​ie Revolution i​n den meisten Zentren siegreich, d​ie Bundesfürsten i​m Abdanken begriffen. Kein Mann t​ot für Kaiser u​nd Reich! Die Fortdauer d​er Verpflichtungen gesichert u​nd kein Sturm a​uf die Banken! […] Trambahnen u​nd Untergrundbahnen gingen w​ie sonst, d​as Unterpfand dafür, daß für d​en unmittelbaren Lebensbedarf a​lles in Ordnung war. Auf a​llen Gesichtern s​tand geschrieben: Die Gehälter werden weiterbezahlt.“[71]

Der liberale Publizist Theodor Wolff zeigte s​ich in e​inem Artikel, d​er an e​ben jenem 10. November i​m Berliner Tageblatt erschien, überaus optimistisch, w​as den Erfolg d​er Revolution anging:

„Die größte a​ller Revolutionen h​at wie e​in plötzlich losbrechender Sturmwind d​as kaiserliche Regime m​it allem, w​as oben u​nd unten dazugehörte, gestürzt. Man k​ann sie d​ie größte a​ller Revolutionen nennen, w​eil niemals e​ine so f​est gebaute (…) Bastille s​o in e​inem Anlauf genommen worden ist. Es g​ab noch v​or einer Woche e​inen militärischen u​nd zivilen Verwaltungsapparat, d​er (…) s​o tief eingewurzelt war, d​ass er über d​en Wechsel d​er Zeiten hinaus s​eine Herrschaft gesichert z​u haben schien. (…) Gestern früh war, i​n Berlin wenigstens, d​as alles n​och da. Gestern Nachmittag existierte nichts m​ehr davon.“[72]

Völlig entgegengesetzt n​ahm wiederum d​ie äußerste Rechte d​ie Ereignisse wahr. In völliger Verkennung o​der bewusster Umdeutung d​er Handlungsweise Ludendorffs schrieb d​er Journalist Paul Baecker i​n der konservativen Deutschen Tageszeitung a​m 10. November e​inen Beitrag, d​er bereits wesentliche Elemente d​er Dolchstoßlegende enthielt, w​ie sie später a​uch von Adolf Hitler u​nd den Nationalsozialisten verbreitet wurde:

„Das Werk, d​as unsere Väter m​it ihrem kostbaren Blute erkämpft – weggewischt d​urch Verrat a​us den Reihen d​es eigenen Volkes! Deutschland, d​as noch gestern unbesiegt war, v​on Männern, d​ie den deutschen Namen tragen, seinen Feinden preisgegeben, d​urch Felonie a​us den eigenen Reihen niedergebrochen i​n Schuld u​nd Schande!
Die deutschen Sozialisten wussten, daß d​er Friede ohnehin i​m Werden s​ei und daß e​s nur n​och gelte, Wochen, vielleicht n​ur Tage l​ang dem Feinde e​ine geschlossene, f​este Front z​u zeigen, u​m ihm erträgliche Bedingungen abzuringen. In dieser Lage h​aben sie d​ie weiße Fahne gehisst.
Das i​st eine Schuld, d​ie nie vergeben werden k​ann und n​ie vergeben werden wird. Das i​st ein Verrat, n​icht etwa n​ur an d​er Monarchie u​nd am Heere, sondern a​m deutschen Volke selber, d​as seine Folgen d​urch Jahrhunderte d​es Niedergangs u​nd der d​es Elends z​u tragen h​aben wird.“[73]

Im Gegensatz d​azu hielt Harry Graf Kessler d​ie Revolution bereits i​m September 1919 für gescheitert:.

„Mein Eindruck i​st jetzt auch, daß d​ie Revolution vorläufig z​u Ende ist. Was gegenwärtig marschiert, i​st die Gegenrevolution, hinter d​er die Monarchie s​chon deutlich wieder auftaucht. Die vollständige Unfähigkeit d​es sozialdemokratischen Regierungspersonals, d​ie weit überlegene Erfahrung u​nd Schlauheit d​er konservativen Beamten […], d​ie Schwierigkeit, i​n einem ruinierten Lande Sozialismus z​u machen, d​ie physische Ermattung d​es ausgehungerten Proletariats h​aben die Revolution a​uf einen t​oten Punkt gebracht, u​nd da nichts dauernd stillstehen kann, s​o kommt j​etzt die rückläufige Bewegung, d​ie Gegenrevolution. Das w​ird Deutschlands wirkliche Niederlage.“[74]

Was Kessler Unfähigkeit nannte, d​as betrachtete d​er Publizist Kurt Tucholsky i​n einem Artikel z​um 10. Jahrestag d​er Revolution wiederum a​ls Verrat d​urch die führenden Mehrheitssozialdemokraten. Völlig konträr z​ur extremen Rechten meinte e​r damit jedoch n​icht Verrat a​n Deutschland, sondern a​n der Revolution. In „November-Umsturz“ schrieb e​r 1928:

„Die deutsche Revolution hat im Jahre 1918 im Saale stattgefunden.
Das, was sich damals abgespielt hat, ist keine Revolution gewesen: keine geistige Vorbereitung war da, keine Führer standen sprungbereit im Dunkel; keine revolutionären Ziele sind vorhanden gewesen. Die Mutter dieser Revolution war die Sehnsucht der Soldaten, zu Weihnachten nach Hause zu kommen. Und Müdigkeit, Ekel und Müdigkeit.
Die Möglichkeiten, die trotzdem auf der Straße gelegen haben, sind von Ebert und den Seinen verraten worden. Fritz Ebert, den man nicht dadurch zu einer Persönlichkeit steigern kann, daß man ihn Friedrich nennt, ist so lange gegen die Errichtung einer Republik gewesen, als er nicht merkte, daß hier ein Posten als Vorsitzender zu holen war; der Genosse Scheidemann è tutti quanti sind verhinderte Regierungsräte gewesen. (…)
Folgende Möglichkeiten sind damals ausgelassen worden:

Zerschlagung der Bundesstaaten;
Aufteilung des Großgrundbesitzes;
Revolutionäre Sozialisierung der Industrie;
Personalreform der Verwaltung und der Justiz.

Eine republikanische Verfassung, die in jedem Satz den nächsten aufhebt, eine Revolution, die von wohlerworbenen Rechten des Beamten des alten Regimes spricht, sind wert, daß sie ausgelacht werden.
Die deutsche Revolution steht noch aus.“[75]

Ähnlich äußerte s​ich der Liberale Walter Rathenau. Er nannte d​ie Novemberrevolution e​ine „Enttäuschung“, e​in „Zufallsgeschenk“, e​in „Verzweiflungsprodukt“, e​ine „Revolution a​us Versehen“. Sie verdiene diesen Namen nicht, d​a sie „die eigentlichen Missstände n​icht beseitigt“ habe, sondern „in e​inen entwürdigenden Interessenkampf ausgeartet“ sei. Weiter:

„Nicht w​urde eine Kette gesprengt d​urch das Schwellen e​ines Geistes u​nd Willens, sondern e​in Schloss i​st durchgerostet. Die Kette f​iel ab, u​nd die Befreiten standen verblüfft, hilflos, verlegen, u​nd mussten s​ich wider Willen rüsten. Am schnellsten rührten sich, d​ie ihren Vorteil erkannten.“[76]

Historische Forschung

Während d​er NS-Zeit konnten d​ie in d​en 1930er u​nd 1940er Jahren i​m Ausland u​nd von Emigranten veröffentlichten Arbeiten z​ur Weimarer Republik u​nd zur Novemberrevolution i​n Deutschland n​icht rezipiert werden. Dies g​ilt etwa für d​ie 1935 erstmals erschienene Geschichte d​er Weimarer Republik v​on Arthur Rosenberg. Aus seiner Sicht w​ar die politische Situation z​u Beginn d​er Revolution n​och offen: Die gemäßigt sozialistisch u​nd demokratisch gesinnte Arbeiterschaft h​abe durchaus d​ie Chance gehabt, z​um eigentlichen sozialen Träger d​er Republik z​u werden u​nd die konservativen Kräfte zurückzudrängen. Gescheitert s​ei dies z​um einen a​n den Fehlentscheidungen d​er SPD-Führer, z​um anderen a​n der v​om äußersten linken Flügel d​er Arbeiterbewegung betriebenen Revolutionsstrategie.

Traditionelle Sichtweisen bürgerlicher und marxistischer Historiker

Nach 1945 konzentrierte s​ich die westdeutsche Forschung z​ur Geschichte d​er Weimarer Republik v​or allem a​uf deren Ende. So ignorierte Theodor Eschenburg 1951 n​och weitgehend d​en revolutionären Beginn d​er Republik. Auch Karl Dietrich Bracher stellte d​ie Novemberrevolution 1955 i​n eine Perspektive m​it dem Ende d​er Republik. Wie w​enig die Revolution n​ach 1945 i​n damaligen Gesamtdarstellungen beachtet wurde, z​eigt z. B. Erich Eyck: Er widmete d​en Ereignissen i​n seiner zweibändigen Geschichte d​er Weimarer Republik n​ur knapp 20 Seiten. Ähnliches g​ilt auch für Karl Dietrich Erdmanns Beitrag z​ur 8. Auflage d​es Gebhardtschen Handbuchs z​ur Deutschen Geschichte. Dennoch dominierte d​ie Sicht dieses Autors d​ie Interpretation d​er Novemberereignisse n​ach 1945. Danach s​ei es 1918/19 u​m die Wahl zwischen d​er „sozialen Revolution i​m Bund m​it den a​uf die proletarische Diktatur hindrängenden Kräfte o​der die parlamentarische Republik i​m Bund m​it konservativen Elementen w​ie dem deutschen Offizierskorps“ gegangen.[77] Die drohende „Rätediktatur“ h​abe die Mehrheitssozialdemokratie a​lso gezwungen, e​in Bündnis m​it den a​lten Eliten einzugehen. Die Schuld für d​as Scheitern v​on Weimar h​abe damit letztlich b​ei der äußersten Linken gelegen. Folgt m​an dieser Sichtweise, w​aren die Ereignisse v​on 1918/19 e​in erfolgreicher Abwehrkampf d​er Demokratie g​egen den Bolschewismus.

Diese Interpretation g​ing von d​er Annahme aus, d​ass die äußerste Linke vergleichsweise s​tark gewesen s​ei und tatsächlich e​ine Bedrohung für e​ine demokratische Entwicklung dargestellt habe. Kolb hält e​s für e​ine Ironie d​er Geschichte, d​ass sich v​iele konservative u​nd liberale Historiker i​n diesem Punkt m​it der marxistischen Geschichtsschreibung e​inig waren, d​ie vor a​llem dem Spartakusbund e​in erhebliches revolutionäres Potenzial zuwies. Diese übereinstimmende Einschätzung d​er extremen Linken führte a​ber zu völlig gegensätzlichen Bewertungen d​er Rolle d​er Mehrheits-SPD: Sprachen d​ie meisten Historiker i​n der Bundesrepublik Deutschland d​er Nachkriegszeit s​ie vom Odium d​er Novemberverbrecher frei, w​arf ihnen d​ie DDR-Historiografie „Verrat a​n der Arbeiterklasse“ u​nd der USPD-Führung Unfähigkeit vor. Ihre Interpretation folgte i​m Wesentlichen d​er traditionellen Haltung d​er KPD n​ach 1919 u​nd den Thesen d​es Zentralkomitees d​er SED v​on 1958. Danach b​lieb die Novemberrevolution „ihrem Charakter n​ach eine bürgerlich-demokratische Revolution, d​ie in gewissem Umfang m​it proletarischen Mitteln u​nd Methoden durchgeführt wurde.“ Dass e​s in Deutschland t​rotz der „vorhandenen objektiven Bedingungen“ n​icht zu e​iner Revolution d​er Arbeiterklasse gekommen sei, w​urde auf d​en „subjektiven Faktor“ u​nd insbesondere d​as Fehlen e​iner „marxistisch-leninistischen Kampfpartei“ zurückgeführt. Die Gründung d​er KPD erklärte m​an folgerichtig z​um entscheidenden Wendepunkt d​er deutschen Geschichte. Abweichend v​on der offiziellen Parteilinie vertrat jedoch Rudolf Lindau d​ie These, e​s habe s​ich um e​ine in d​er Tendenz sozialistische Revolution gehandelt. Trotz a​ller ideologischen Voreingenommenheit h​at die Forschung i​n der DDR d​ie Detailkenntnisse i​m Bereich d​er Novemberrevolution erweitert.[78]

Neubewertungen seit den 1960er Jahren

Seit Beginn d​er 1960er Jahre verlagerte s​ich der Schwerpunkt d​er westdeutschen Forschung z​ur Weimarer Republik h​in zu d​eren revolutionären Anfängen. Dahinter s​tand die Erkenntnis, d​ass für i​hr Scheitern d​ie Entscheidungen u​nd Entwicklungen während d​er Novemberrevolution e​ine zentrale Rolle gespielt haben. In d​en Vordergrund d​es Interesses rückten v​or allem d​ie Arbeiter- u​nd Soldatenräte, d​eren Erscheinungsbild a​ls angeblich linksextremer Bewegung n​un weitgehend revidiert wurde.

Autoren w​ie Ulrich Kluge, Eberhard Kolb, Reinhard Rürup u​nd andere argumentierten, d​ie soziale Basis für e​ine demokratische Umgestaltung d​er Gesellschaft s​ei in d​en ersten Wochen d​er Revolution v​iel breiter gewesen a​ls bis d​ahin angenommen. Zudem s​ei das Potenzial d​er extremen Linken objektiv schwächer gewesen, a​ls etwa d​ie mehrheitssozialistische Führung vermutet habe. Da d​er „Bolschewismus“ k​eine reale Gefahr dargestellt habe, s​ei auch d​er Handlungsspielraum d​es Rats d​er Volksbeauftragten – gestützt a​uch auf d​ie noch reformorientierten Räte – z​ur konsequenten Demokratisierung v​on Verwaltung, Militär u​nd Gesellschaft relativ groß gewesen. Die Führung d​er MSPD h​abe diesen Schritt jedoch n​icht getan, w​eil sie einerseits a​uf die Loyalität d​er alten Eliten vertraut, d​er spontanen Massenbewegung d​er ersten Revolutionswochen dagegen misstraut habe. Die Folge s​eien Resignation u​nd die Radikalisierung d​er Rätebewegung gewesen. Die Veröffentlichung d​er Protokolle d​es Rats d​er Volksbeauftragten untermauerten d​iese Thesen. Die Geschichte d​er Revolution erschien n​un zunehmend a​ls Geschichte i​hrer allmählichen Zurücknahme.

Diese Neuinterpretation h​at in d​er Forschung relativ r​asch Anhänger gefunden. Weitgehend unstrittig s​ind bis h​eute die m​it Quellen leicht z​u belegenden Forschungen z​ur Zusammensetzung d​er Arbeiter- u​nd Soldatenräte. Dagegen wurden d​ie darauf basierenden Interpretationen d​es Revolutionsgeschehens s​chon seit d​em Ende d​er 1970er Jahre kritisiert u​nd teilweise modifiziert. Die Kritik richtete s​ich gegen z​um Teil idealisierte Darstellungen d​er Arbeiter- u​nd Soldatenräte, w​ie sie speziell innerhalb d​er 1968er-Bewegung üblich waren. Besonders w​eit ging i​n dieser Hinsicht Peter v​on Oertzen, d​er eine a​uf die Räte gestützte soziale Demokratie a​ls positive Alternative z​ur bürgerlichen Republik beschrieb.

Dagegen betrachtete Wolfgang J. Mommsen d​ie Räte n​icht als einheitlich zielgerichtete Demokratiebewegung, sondern a​ls eine heterogene Gruppe m​it einer Vielzahl unterschiedlicher Motivationen u​nd Ziele. Beispielsweise w​aren die meisten Bauern- u​nd Landarbeiterräte antisozialistisch. Sie u​nd die Bürgerräte, d​ie sich d​en Arbeiter- u​nd Soldatenräten häufig anschlossen, fanden b​is heute w​enig Beachtung. Jesse u​nd Köhler sprachen s​ogar von d​er „Konstruktion e​iner [demokratischen] Rätebewegung“. Allerdings schlossen a​uch diese Autoren e​inen „Rückfall i​n die Positionen d​er fünfziger Jahre“ aus: Weder w​aren die Räte überwiegend kommunistisch orientiert, n​och lässt s​ich die Politik d​er Mehrheitssozialdemokraten a​ls in j​eder Hinsicht glücklich u​nd rühmenswert kennzeichnen.[79]

Nach Kolb u​nd Kluge w​aren die Chancen, d​ie Republik a​uf eine breitere Basis z​u stellen, während d​er Novemberrevolution deutlich größer a​ls die angeblichen Gefahren v​on Seiten d​er radikalen Linken. Stattdessen h​abe das Bündnis d​er Mehrheitssozialdemokraten m​it den a​lten Eliten für d​ie Weimarer Republik zumindest a​uf mittlere Sicht e​in erhebliches Strukturproblem dargestellt.[80]

Auch Heinrich August Winkler zufolge bestand zwischen d​em 9. November 1918 u​nd dem 19. Januar 1919 d​ie größte r​eale Chance, d​ie „Erblast d​es Obrigkeitsstaates“ z​u verringern u​nd eine breite gesellschaftliche Zustimmung für d​ie erstrebte parlamentarische Demokratie z​u schaffen. Um e​in Chaos z​u vermeiden, s​eien die Sozialdemokraten u​m eine „beschränkte Zusammenarbeit m​it den Trägern d​es alten Regimes“ z​war nicht herumgekommen, hätten d​iese aber erheblich intensiver gestaltet a​ls nötig: Die Sozialdemokraten hätten b​ei stärkerem politischem Gestaltungswillen m​ehr verändern können u​nd weniger bewahren müssen…Die sozialen Grundlagen d​er Republik z​u sichern, b​evor sich i​hre Gegner sammeln konnten: Dafür sprachen i​n der Tat historische Erfahrung u​nd politische Vernunft. Ebert u​nd die SPD-Vertreter i​n der provisorischen Reichsregierung hätten d​en Sachverstand d​er alten Eliten nutzen wollen u​nd auf d​eren Loyalität gehofft. Darum s​ei besonders d​ie von d​en Räten begonnene Sozialisierung d​es Steinkohlenbergbaus s​owie die Demokratisierung d​es Militärs u​nd der Beamtenschaft n​icht fortgesetzt, sondern verhindert worden. Winkler stimmt d​er Selbstkritik Rudolf Hilferdings v​om September 1933 zu, d​er darin entscheidende Fehler d​er SPD gesehen hatte, d​ie Hitlers Aufstieg ermöglicht hätten.[81]

Diese Einschätzung a​us dem Jahr 1990 modifizierte Winkler z​ehn Jahre später i​n Der l​ange Weg n​ach Westen. Danach wäre d​ie Geschichte w​ohl auch d​ann nicht radikal anders verlaufen, w​enn die Sozialdemokraten weniger a​ls Konkursverwalter e​ines Obrigkeitsstaats d​enn als Gründerväter e​iner Demokratie agiert hätten: Die Übergangsregierung konnte n​icht ganze Gesellschaftsklassen auswechseln. Hätte s​ie es versucht, wäre daraus d​er Bürgerkrieg erwachsen, d​er den Sozialdemokraten a​us guten Gründen a​ls das größte a​ller Übel erschien u​nd der m​it Sicherheit k​ein Mittel war, e​ine Demokratie hervorzubringen. Ebert h​abe das klarer erkannt a​ls die radikalen Linken w​ie Rosa Luxemburg, für d​ie Bürgerkrieg n​ur ein anderer Name für Klassenkampf gewesen sei.[82]

Neue Ansätze aus jüngster Zeit

Seit e​twa 2008 s​etzt die l​ange vernachlässigte Revolutionsforschung vermehrt n​eue Akzente. Von Alexander Gallus herausgegebene Arbeiten greifen n​eue Forschungsansätze z​ur Gender- u​nd Kulturgeschichte a​uf und erweitern d​amit den bisher üblichen, a​uf Politik- u​nd Organisationsgeschichte gerichteten Blickwinkel.[83] Weitere neuere Publikationen stellen d​ie Vorgänge i​m November 1918 i​n einen größeren zeitlichen u​nd geografischen Kontext u​nd vermeiden deshalb d​en Ausdruck „Novemberrevolution“.[84]

In seiner umfangreichen Darstellung d​er zweiten Revolutionsphase i​n Berlin betont Axel Weipert, d​ass auch 1919 u​nd 1920 n​och eine breitgefächerte, revolutionäre Rätebewegung a​ktiv gewesen sei.[85] Diese h​abe neben d​en Arbeiterräten a​uch Schüler- u​nd Erwerbslosenräte, d​ie Berliner Betriebsrätezentrale u​nd andere Gruppierungen umfasst u​nd sich s​tark in d​en Generalstreiks d​es Frühjahrs 1919 u​nd im Kampf u​m das Betriebsrätegesetz engagiert. Sie h​abe zeitweise erheblichen Einfluss a​uf Gewerkschaften u​nd linke Parteien ausgeübt u​nd sich a​uch nach d​em Kapp-Putsch u​m den Neuaufbau revolutionärer, basisdemokratischer Räte bemüht. Über Richard Müller, d​en Vorsitzenden d​es Vollzugsrats d​es Arbeiter- u​nd Soldatenrates Groß-Berlin u​nd damit e​ine zentrale Figur d​er Rätebewegung, l​iegt seit 2008 e​ine Biografie v​on Ralf Hoffrogge vor.[86]

Literatur

Quellen

  • Allgemeiner Kongreß der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands vom 16. bis 21. Dezember 1918 im Abgeordnetenhause zu Berlin. Stenographische Berichte. Zentralrat der sozialistischen Republik Deutschlands. (Berlin 1919) Nachdruck: Fb&c Limited, 2018, ISBN 0-666-94523-3.
  • Ernst Drahn, Ernst Friedegg (Hrsg.): Deutscher Revolutions-Almanach für das Jahr 1919 über die Ereignisse des Jahres 1918. Hoffmann und Campe, Hamburg/ Berlin 1919 (Digitalisat im Internet Archive).
  • Eduard Bernstein: Die deutsche Revolution von 1918/19. Geschichte der Entstehung und ersten Arbeitsperiode der deutschen Republik. Verlag für Gesellschaft und Erziehung, Berlin-Fichtenau 1921.
  • Richard Müller: Vom Kaiserreich zur Republik. Die Novemberrevolution. (Berlin 1924/25) Nachdruck: Olle & Wolter, 1976, ISBN 3-921241-06-5 und Die Buchmacherei 2011, ISBN 978-3-00-035400-7.
  • Max von Baden: Erinnerungen und Dokumente. (1927) Severus, 2011, ISBN 3-86347-110-5.
  • J. Thomas: Illustrierte Geschichte der Deutschen Revolution. Internationaler Arbeiter-Verlag, Berlin 1929.
  • Susanne Miller, Heinrich Potthoff, Erich Matthias (Hrsg.): Die Regierung der Volksbeauftragten 1918/19. 2 Bände. Droste, Düsseldorf 1969
  • Gerhard A. Ritter, Susanne Miller (Hrsg.): Die deutsche Revolution 1918–1919. Dokumente. 2., erweiterte Auflage, Fischer, Frankfurt am Main 1983, ISBN 3-596-24300-9.
  • Teo Panther (Hrsg.): Alle Macht den Räten! Texte zur Rätebewegung in Deutschland 1918/19. Band 1, Münster 2007, ISBN 978-3-89771-910-1.
  • Gerhard Engel, Baerbel Holtz, Gaby Huch, Ingo Materna (Hrsg.): Großberliner Arbeiter- und Soldatenräte in der Revolution 1918/1919. Dokumente der Vollversammlungen und des Vollzugsrates. Akademie Verlag, Band 1, Berlin 1993, ISBN 3-05-002247-7, Band 2, Berlin 1997, ISBN 3-05-003061-5, Band 3, Berlin 2002, ISBN 3-05-003665-6.
  • Volker Stalmann, Jutta Stehling: Der Hamburger Arbeiter- und Soldatenrat 1918/1919. Droste, Düsseldorf 2013, ISBN 978-3-7700-5319-3.

Darstellungen

Überblick

  • Robert Gerwarth: Die größte aller Revolutionen. November 1918 und der Aufbruch in eine neue Zeit. Siedler, München 2018, ISBN 978-3-8275-0036-6.
  • Bernd Langer: Deutschland 1918/19: Die Flamme der Revolution. Unrast, Münster 2018, ISBN 978-3-89771-234-8.
  • Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich, Irina Renz (Hrsg.): 1918: Die Deutschen zwischen Weltkrieg und Revolution. Christoph Links, Berlin 2018, ISBN 978-3-86153-990-2.
  • Mark Jones: Am Anfang war Gewalt. Die deutsche Revolution 1918/1919 und der Beginn der Weimarer Republik. Propyläen, Berlin 2017, ISBN 978-3-549-07487-9.
  • Klaus Weinhauer, Anthony McElligott, Kirsten Heinsohn (Hrsg.): Germany 1916–1923. A Revolution in Context. Transcript, Bielefeld 2015.
  • Karl Christian Führer, Jürgen Mittag, Axel Schildt, Klaus Tenfelde (Hrsg.): Revolution und Arbeiterbewegung in Deutschland 1918–1920. Klartext, Essen 2013, ISBN 978-3-8375-0323-4.
  • Wolfgang Niess: Die Revolution von 1918/19 in der deutschen Geschichtsschreibung. Deutungen von der Weimarer Republik bis ins 21. Jahrhundert. De Gruyter, Berlin 2013, ISBN 978-3-11-028546-8.
  • Wolfgang Niess: Die Revolution von 1918/19 – Der wahre Beginn unserer Demokratie. Europa-Verlag, München 2017, ISBN 978-3-95890-074-5.
  • Alexander Gallus (Hrsg.): Die vergessene Revolution von 1918/19. Göttingen 2010, ISBN 978-3-8389-0068-1.
  • Ulla Plener (Hrsg.): Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland. Für bürgerliche und sozialistische Demokratie. Allgemeine, regionale und biographische Aspekte. Karl Dietz, Berlin 2009, ISBN 978-3-320-02205-1.
  • Volker Ullrich: Die Revolution von 1918/19. München 2009, ISBN 978-3-406-56254-9.
  • Pierre Broué: Die Deutsche Revolution 1918–1923. In: Der Funke e. V. (Hrsg.): Aufstand der Vernunft. Nr. 3, Wien 2005.
  • Sebastian Haffner: Der Verrat. Berlin 2002, ISBN 3-930278-00-6.
  • Hans Joachim Bieber: Bürgertum in der Revolution. Bürgerräte und Bürgerstreiks in Deutschland 1918–1920. Christians Verlag, Hamburg 1992, ISBN 3-7672-1148-3.
  • Ulrich Kluge: Die deutsche Revolution 1918/1919. Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-518-11262-7.
  • Heinrich August Winkler: Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik. Band 1: Von der Revolution zur Stabilisierung 1918–1924. Dietz, Bonn 1984.
  • Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. Stuttgart 1978, ISBN 3-17-001055-7, § 40 (S. 706 ff.)
  • Heinrich Muth: Die Entstehung der Bauern- und Landarbeiterräte im November 1918 und die Politik des Bundes der Landwirte. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 21. Jg., Heft 1, Stuttgart 1973, S. 1–38.

Regional

  • Peter Kuckuk, Ulrich Schröder: Bremen in der Deutschen Revolution 1918–1919. Revolution, Räterepublik, Restauration. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Edition Falkenberg, Bremen 2017, ISBN 978-3-95494-115-5.
  • Helmut Lensing: Der Staatsumschwung von 1918/19 in einer katholisch-agrarischen Region. Die Revolution in den emsländischen Landkreisen Aschendorf und Hümmling. In: Emsländische Geschichte 24, Haselünne 2017, S. 302–353.
  • Axel Weipert: Die Zweite Revolution. Rätebewegung in Berlin 1919/1920. Berlin 2015, ISBN 978-3-95410-062-0.
  • Dietrich Kuessner, Maik Ohnezeit, Wulf Otte: Von der Monarchie zur Demokratie. Anmerkungen zur Novemberrevolution 1918/19 in Braunschweig und im Reich. Krebs, Wendeburg 2008, ISBN 978-3-932030-46-8.
  • Holger Frerichs: Von der Monarchie zur Republik – Der politische Umbruch in Varel, der Wehde und in Jade. Schweiburg 1918/19. Varel 2001, ISBN 3-934606-08-3.
  • Peter Brandt, Reinhard Rürup: Volksbewegung und demokratische Neuordnung in Baden 1918/19. Zur Vorgeschichte und Geschichte der Revolution. Thorbecke Jan Verlag, Sigmaringen 1991, ISBN 3-7995-4146-2.
  • Michael Riekenberg: Die Novemberrevolution in der Stadt Hildesheim: eine lokalhistorische Studie. Bernward, 1982, ISBN 3-87065-214-4.
  • Günter Cordes: Das Revolutionsjahr 1918/19 in Württemberg und die Ereignisse in Ludwigsburg. In: Ludwigsburger Geschichtsblätter 32, 1980, ISSN 0179-1842, S. 117–138.
  • Peter Berger: Brunonia mit rotem Halstuch. Novemberrevolution in Braunschweig 1918/19. Hannover 1979.
  • Wolfgang Günther: Die Revolution von 1918/19 in Oldenburg. Oldenburg 1979, ISBN 3-87358-114-0.
  • Eberhard Kolb, Klaus Schönhoven: Regionale und Lokale Räteorganisationen in Württemberg 1918/19. Düsseldorf 1976, ISBN 3-7700-5084-3.
  • Rudolf Stumberger: Das Raubtier und der rote Matrose. Fake News, Orte und Ideologien der Revolution und Räterepublik in München 1918/19. Alibri Verlag, Aschaffenburg 2018, ISBN 978-3-86569-289-4.
  • Klaus Schönhoven: Die württembergischen Soldatenräte in der Revolution von 1918/19. In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 33, 1974, ISSN 0044-3786, S. 236–257.
  • Gustav Füllner: Das Ende der Spartakisten-Herrschaft in Braunschweig. Einsatz der Regierungstruppen unter General Maerker vor 50 Jahren. In: Braunschweigisches Jahrbuch, 50, 1969, S. 199–216.
  • Volker Ullrich: Weltkrieg und Novemberrevolution – Hamburger Arbeiterbewegung 1914–1918. In: Jörg Berlin (Hrsg.): Das andere Hamburg. Köln 1981, ISBN 978-3-7609-0654-6, S. 181–208.
  • Wolfram Wette: Der Feind im Innern. In: Die Zeit, Nr. 24/2003 (zum Einsatz des Militärs u. a. in der Novemberrevolution)
Commons: Deutsche Revolution – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Novemberrevolution – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Mark Jones: Am Anfang war Gewalt: Die deutsche Revolution 1918/19 und der Beginn der Weimarer Republik. 2017, S. 12.
  2. Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte 1800–1866. Bürgerwelt und starker Staat. C. H. Beck, München 1983, S. 668–669.
  3. Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte 1866–1918, Bd. 2: Machtstaat vor der Demokratie, C. H. Beck, München 1992, S. 250–265.
  4. Volker Ullrich: Die nervöse Großmacht. Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreichs, 1871–1918. Fischer, Frankfurt am Main 1997, S. 36.
  5. Nipperdey: Deutsche Geschichte 1866–1918, Bd. 2, S. 353–258 u. S. 554–557.
  6. Ullrich: Die nervöse Großmacht. 1997, S. 173–176.
  7. Sebastian Haffner: Der Verrat. 1919/1919 – als Deutschland wurde, wie es ist. Verlag 1900, Berlin 1994, S. 12.
  8. Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abgehalten zu Essen vom 15. bis 21. September 1907. Buchhandlung Vorwärts, Berlin 1907, S. 255.
  9. Zit. nach Haffner: Der Verrat. 2002, S. 12.
  10. Weiterführend Christoph Nübel: Die Mobilisierung der Kriegsgesellschaft. Propaganda und Alltag im Ersten Weltkrieg in Münster. Waxmann, Münster 2008, S. 32.
  11. Gerd Koenen: Die Farbe Rot. Ursprünge und Geschichte des Kommunismus, C.H. Beck, München 2017, S. 669.
  12. Zit. nach Hagen Schulze: Weimar. Deutschland 1917–1933. Siedler, Berlin 1994, S. 158.
  13. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. C.H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-32264-6, S. 152.
  14. Eckart Conze: Die große Illusion. Versailles 1919 und die Neuordnung der Welt, Siedler, München 2018, S. 112 u. 116.
  15. zit. nach Eckart Conze: Die große Illusion. Versailles 1919 und die Neuordnung der Welt, Siedler, München 2018, S. 118.
  16. Erich Ludendorff gesteht die Niederlage ein. Aus den Tagebuchnotizen von Albrecht von Thaer (1. Oktober 1918). Bei: germanhistorydocs.ghi-dc.org, abgerufen am 3. Januar 2021, zit. bei Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. C.H. Beck, München 2003, S. 160.
  17. Richard J. Evans: Das dritte Reich und seine Verschwörungstheorien. Wer sie in die Welt gesetzt hat und wem sie nutzten, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2020, S. 71–122.
  18. David Stevenson: 1914–1918. Der Erste Weltkrieg, Artemis & Winkler, Düsseldorf 2006, S. 563–569 u. S. 583.
  19. zit. nach John C. G. Röhl: Wilhelm II. Der Weg in den Abgrund 1900-1941. Verlag C.H. Beck, München 2008, S. 1240
  20. Hew Strachan: Der Erste Weltkrieg, Pantheon, München 2004, S. 387 u. S. 392.
  21. Hagen Schulze: Weimar. Deutschland 1917–1933. Siedler, Berlin 1994, S. 153
  22. Jörn Leonhard: Die Büchse der Pandora. Geschichte des Ersten Weltkrieges, C.H. Beck, München 1914, S. 885 f.
  23. zur Motivlage der Seekriegsleitung und der aufständischen Matrosen siehe Münkler: Der Große Krieg, S. 746–750.
  24. Martin Rackwitz: Kiel 1918. Revolution, Aufbruch zu Demokratie und Republik, Kiel 2018 (Sonderveröffentlichung der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte Band 87), S. 25 f.
  25. Haffner: Der Verrat. 2002, S. 43.
  26. Michael Salewski: Seekrieg. In: Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich, Irina Renz (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Paderborn 2009, ISBN 978-3-506-73913-1, S. 831.
  27. Dirk Dähnhardt: Revolution in Kiel. Der Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik 1918/19. Wachholtz, Neumünster 1978, S. 66.
  28. Joachim Käppner: 1918. Aufstand für die Freiheit. Die Revolution der Besonnenen, Piper Verlag, München 2017, S. 44f
  29. Herbert Michaelis, Ernst Schraepler (Hrsg.): Ursachen und Folgen. Vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart. Eine Urkunden- und Dokumentensammlung zur Zeitgeschichte. Band 2: Der militärische Zusammenbruch und das Ende des Kaiserreiches. Dokumenten-Verlag Dr. Herbert Wendler & Co., Berlin 1958/59, S. 513.
  30. In Lübeck der stellvertretende Kommandeur der 81. Infanterie-Brigade v. Wright, in Hannover der stellvertretende Kommandierende General des X. Armee-Korps v. Hänisch; siehe: Ernst-Heinrich Schmidt: Heimatheer und Revolution 1918. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1981, ISBN 3-421-06060-6, S. 106.
  31. Zit. nach v. Baden: Erinnerungen und Dokumente. S. 599 f.
  32. Lothar Machtan: Kaisersturz. Vom Scheitern im Herzen der Macht. wbg Theiss, Darmstadt 2018, ISBN 978-3-8062-3760-3, S. 184.
  33. Hagen Schulze: Weimar. Deutschland 1917–1933. Siedler Verlag, Berlin 1982, S. 160
  34. Hagen Schulze: Weimar. Deutschland 1917–1933, Siedler Verlag, Berlin 1982, S. 153 f.
  35. Prinz Max von Baden, Erlaß über die Abdankung Kaiser Wilhelms II., 9. November 1918. 1000dokumente.de; abgerufen am 3. Oktober 2021.
  36. Lothar Machtan: Kaisersturz. Vom Scheitern im Herzen der Macht. wbg Theiss, Darmstadt 2018, S. 231 f.
  37. Manfred Jessen-Klingenberg: Die Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann am 9. November 1918. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 19/1968, S. 649.
  38. Zit. nach Michalka, Niedhart (Hrsg.): Deutsche Geschichte 1918–1933. S. 20 f.
  39. Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen, Bd. 1: Deutsche Geschichte vom Ende des Alten Reiches bis zum Untergang der Weimarer Republik. C.H. Beck, München 2000, S. 372.
  40. Zit. nach Michalka, Niedhart (Hrsg.): Deutsche Geschichte 1918–1933. S. 21.
  41. Ralf Hoffrogge: Richard Müller – Der Mann hinter der Novemberrevolution. Berlin 2008, S. 63–70.
  42. R. Hoffrogge: Richard Müller. 2008, S. 74 ff.
  43. Cordula Jurczyk: Einführung des Frauenwahlrechts. Übersicht im LeMO (DHM und HdG)
  44. H. Schulze: Weimar. Deutschland 1917–1933. 1994, S. 169 f.
  45. Andreas Biefang: Die Reichstagswahlen als demokratisches Zeremoniell. In: Andreas Biefang u. a. (Hrsg.): Das politische Zeremoniell im Deutschen Kaiserreich 1871–1918. Droste, Düsseldorf 2009, S. 233–270, hier 253.
  46. Hafner: Der Verrat, S. 105.
  47. Ulrich Kluge: Soldatenräte und Revolution: Studien zur Militärpolitik in Deutschland 1918/19. Vandenhoeck & Ruprecht, 1975, ISBN 978-3-647-35965-6, S. 231 (google.de).
  48. Joachim Käppner: 1918. Aufstand für die Freiheit. Die Revolution der Besonnenen, Piper, München 2017, S. 262–264.
  49. Mark Jones: Am Anfang war Gewalt: Die deutsche Revolution 1918/19 und der Beginn der Weimarer Republik. Propyläen, Berlin 2017, S. 97 f.
  50. Käppner: 1918. Aufstand, S. 265f
  51. Mark Jones: Am Anfang war Gewalt: Die deutsche Revolution 1918/19 und der Beginn der Weimarer Republik. Propyläen, Berlin 2017, S. 93 f. und 102 f.
  52. Hafnert, Der Verrat, S. 107.
  53. Mark Jones: Am Anfang war Gewalt: Die deutsche Revolution 1918/19 und der Beginn der Weimarer Republik. Propyläen, Berlin 2017, S. 111 f.
  54. Winkler, Revolution, S. 68.
  55. Käppner: 1918. Aufstand, S. 268.
  56. Ulrich Kluge: Soldatenräte und Revolution. Studien zur Militärpolitik in Deutschland 1918/19. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1975, S. 261–265.
  57. Heinrich August Winkler: Weimar 1918–1933. Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie. 4., durchgesehene Auflage. Beck, München 2005, S. 55 f.
  58. Heinrich August Winkler: Weimar. 2005, S. 58.
  59. Klaus Gietinger: Eine Leiche im Landwehrkanal. Die Ermordung der Rosa L. Verlag 1900, Berlin 1995, ISBN 3-930278-02-2, S. 23–42.
  60. Klaus Gietinger: Eine Leiche im Landwehrkanal. Die Ermordung der Rosa L. Berlin 1995, S. 55–59 und 95–116.
  61. Andreas Dietz: Das Primat der Politik in kaiserlicher Armee, Reichswehr, Wehrmacht und Bundeswehr: Rechtliche Sicherungen der Entscheidungsgewalt über Krieg und Frieden zwischen Politik und Militär. Mohr Siebeck, Tübingen 2011, ISBN 978-3-16-150865-3, S. 177.
  62. Volker Ullrich: Die Revolution von 1918/19. Beck, München 2009, S. 76.
  63. Hans-Gerd Jaschke: Politischer Extremismus. Verlag für Sozialwissenschaften, 2006, ISBN 3-531-14747-1, S. 58.
  64. Axel Weipert: Die Zweite Revolution. Rätebewegung in Berlin 1919/1920. Berlin 2015, S. 41–159.
  65. H. Schulze: Weimar. Deutschland 1917–1933. 1994, S. 169 f.
  66. Robert Gerwarth: The Vanquished. Why the First World War Failed to End, New York 2016, S. 105–107.
  67. Hermann Mosler: Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919. Reclam, Stuttgart 1972, ISBN 3-15-006051-6.
  68. Zit. nach Hagen Schulze: Weimar. Deutschland 1917–1933. Siedler, Berlin 1994, S. 149.
  69. Preußische und Hessische Eisenbahndirektion in Mainz (Hrsg.): Amtsblatt der Preußischen und Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz, 26. Juni 1920, Nr. 39. Bekanntmachung Nr. 581, S. 331.
  70. Kurt Sontheimer: Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. Nymphenburger, München 1962.
  71. Zit. nach Haffner: Der Verrat. 2002, S. 85.
  72. Zit. nach Haffner: Der Verrat. 2002, S. 95.
  73. Zit. nach Haffner: Der Verrat. 2002, S. 96.
  74. Harry Graf Kessler: Tagebücher 1918–1937. Hrsg. v. Wolfgang Pfeiffer-Belli. Insel, Frankfurt am Main 1982, S. 201 f.; Laird M. Easton: Der rote Graf, Harry Graf Kessler und seine Zeit. Aus dem Amerikanischen von Klaus Kochermann. Klett-Cotta, Stuttgart 2005, S. 379.
  75. Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke. Band 6, S. 300; textlog.de
  76. Zit. nach Bernd Sösemann: Demokratie im Widerstreit. Die Weimarer Republik im Urteil ihrer Zeitgenossen. Klett, Stuttgart 1983, S. 13.
  77. Zit. nach U. Kluge: Deutsche Revolution 1918/19. 1985, S. 15.
  78. Nach Eberhard Kolb: Die Weimarer Republik (Oldenbourg Grundriss der Geschichte, 16). Oldenbourg, München/ Wien 1984, S. 154 f.
  79. Zit. nach Eberhard Kolb: Weimarer Republik. 1984, S. 160 f.
  80. Eberhard Kolb: Weimarer Republik. 1984, S. 143–162; U. Kluge: Deutsche Revolution 1918/19. 1985, S. 10–38.
  81. Heinrich August Winkler: Deutschland vor Hitler. In: Walter Pehle (Hrsg.): Der historische Ort des Nationalsozialismus. Annäherungen. Fischer TB, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-596-24445-5, S. 14.
  82. Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen. Deutsche Geschichte 1806–1933. Bonn 2002, S. 384 f.
  83. Alexander Gallus (Hrsg.): Die vergessene Revolution von 1918/19. Göttingen 2010.
  84. Klaus Weinhauer und andere (Hrsg.): Germany 1916–1923. A Revolution in Context. Bielefeld 2015.
  85. Axel Weipert: Die Zweite Revolution. Rätebewegung in Berlin 1919/1920. Berlin 2015.
  86. Ralf Hoffrogge: Richard Müller. Der Mann hinter der Novemberrevolution. Berlin 2008.

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