Attribut (Grammatik)
Attribut, deutsch auch Beifügung oder Satzgliedteil, ist ein Begriff aus der Grammatik und bezeichnet im engen Sinn einen Ausdruck, der von einem Substantiv grammatisch abhängt. In diesem Sinn nennt man das Adjektiv schnell in schnelles Auto ein attributives Adjektiv, im Gegensatz zum prädikativen Gebrauch in dem Satz Das Auto ist schnell. Dieser enge Sinn des Begriffs ist vor allem auch in der Wendung attributive Konstruktion gemeint.
In einem weiteren Sinn ist von Attributen jedoch auch mit anderen Arten von Bezugswörtern die Rede, nämlich für Konstruktionen mit einem Pronomen, Adjektiv oder Adverb. Nur Ausdrücke, die von einem Verb abhängen, werden nicht als Attribute bezeichnet, weil dies genau die Elemente sind, die als Satzglieder bezeichnet werden.
Manche Grammatiken setzen die Bezeichnung (Satz-)Gliedteil mit Attribut gleich, wogegen andere (etwa die Dudengrammatik[1]) dies ausdrücklich vermeiden. Zunächst einmal soll nicht jeder beliebige Teil eines Satzglieds Attribut heißen, sondern meist nur Ergänzungen oder Angaben zum Kern eines Satzglieds. In dem Satz Der Hund bellt ist „der Hund“ ein Satzglied, aber keines seiner Teile ist ein Attribut. In dem Satz Direkt vor dem Fenster wächst ein Baum ist „direkt vor dem Fenster“ ein Satzglied (Ortsadverbial), der Bestandteil „direkt“ ist aber kein Attribut, wenn „Attribut“ im engen Sinn als Beifügung zu einem Substantiv verstanden wird (denn „direkt“ hängt von der Präposition ab: direkt davor).
Attribute beim Substantiv
Abgrenzungen
Attribute sind im engeren Sinn Ausdrücke, die von einem Substantiv abhängen. In der Regel sind es Zusätze, die vom Substantiv als grammatische Ergänzung verlangt werden oder als freie Zusätze (Angaben) nähere Beschreibungen enthalten.[2][3] (Die Rolle eines beschreibenden Zusatzes steht in Übereinstimmung mit der Wortherkunft aus dem philosophischen Begriff Attribut).
Funktionswörter sind in der Regel keine Attribute, insbesondere der Artikel ist keines. Allerdings wird die Einordnung von Fokuspartikeln wie sogar nicht einheitlich gesehen, auch sie gelten aber eher nicht als Attribute.[4]
- Beispiel:
- Der Satz
- Sogar die neueren Teile des Ortes auf dem Hügel wurden von der Flut getroffen
- enthält als ein Satzglied (als sein Subjekt) einen Ausdruck mit dem Substantiv Teile als Kern. Dieses Satzglied enthält folgende Attribute und andere Bestandteile:
(Partikel) | (Artikel) | Attribut: Adjektiv | (Kern) | Attribut: Genitiv-Ergänzung | Attribut: Ortsangabe |
---|---|---|---|---|---|
Sogar | die | neueren | Teile | des Ortes | auf dem Hügel |
Einfache und zusammengesetzte Attribute
Ein adjektivisches Attribut kann seinerseits zusammengesetzt sein, zum Beispiel:
- unerwartet heftige Flut.
Hier ist unerwartet eine nähere Bestimmung zum Adjektiv heftig, der gesamte Ausdruck unerwartet heftige ist das Attribut zum Substantiv (als eine Adjektivphrase). Das Adjektiv unerwartet ist selbst kein Attribut zum Substantiv Flut, daher wird es hier nicht flektiert (gebeugt). Werden beide Adjektive in flektierter Form gesetzt, entsteht stattdessen eine andere Konstruktion, nämlich eine Reihung aus zwei Attributen: unerwartete, [und] heftige Flut. Diese Konstruktion hat dann auch eine andere Bedeutung.
Typen und Stellung von Attributen
Attribute können nach ihrer Stellung unterschieden werden in vorangestelltes Linksattribut und nachgestelltes Rechtsattribut. Die Position ist vor allem abhängig von der Wortart des Attributs. Die folgenden Beispiele verdeutlichen die möglichen Konstruktionen (die Attribute sind durch Kursivschrift, die Bezugswörter durch Fettschrift markiert):
- Adjektivische Attribute: in der Regel Linksattribute
- Das kleine Kind schreibt eine Klassenarbeit. (Adjektiv, Linksattribut)
- Ein schlafender Hund liegt auf der Wiese. (adjektivisches Partizip, Linksattribut)
- Ich arme Jungfer zart, ach, hätt ich genommen den König Drosselbart! (Adjektiv als Rechtsattribut, altertümlich)
- Das Kind, klein und ängstlich, schreibt eine Klassenarbeit. (nicht-einschränkende, „appositive“ Adjektive, Rechtsattribut)
- Zu den Flexionsformen bei attributiven Adjektiven siehe unter Deutsche Deklination#Adjektive und Ordinalia.
- Substantivische Attribute: Links- oder Rechtsattribute
- Substantive als Attribute können Genitiv-Ergänzungen sein, siehe unter Genitiv#Genitiv zur Markierung von Attributen.
- Peters Fahrrad ist in der Werkstatt. (Substantiv als Genitivattribut, Linksattribut)
- Das Bellen des Hundes weckte mich. (Substantivgruppe als Genitivattribut, Rechtsattribut)
- Im heutigen Deutsch kommen vor allem nur Eigennamen als Genitiv-Linksattribut vor. Im älteren Deutsch wurden Genitivergänzungen genereller als Linksattribut benutzt, vgl. die Wendung „Des Menschen Wille ist sein Himmelreich.“
- Ein weiterer Typ von substantivischem Attribut ist die Apposition, die keine Ergänzung oder Beschreibung ist, sondern einer genaueren Bestimmung des Bezugs dient:
- Herr Gehrig, unser Lehrer, ermahnt uns oft. (sogenannte „lockere“ Apposition, Rechtsattribut)
- Herr Gehrig / Professor Müller (sogenannte „enge“ Apposition, Linksattribut; das obige Beispiel enthält insofern eine Verschachtelung von Appositionen)
- die Autobahnausfahrt Karlsruhe-Nord (enge Apposition, Rechtsattribut)
- Der Kasus von Appositionen ist uneinheitlich, siehe den verlinkten Artikel.
- Adverbien als Attribute: Rechtsattribute
- Das Haus dort wird verkauft. (Adverb, Rechtsattribut)
- Das Haus dort hinten wird verkauft. (Adverbgruppe, Rechtsattribut)
- Siehe auch: Adverb#Nicht-adverbiale Verwendungen von Adverbien
- Siehe außerdem den Begriff adverbielles Attribut unter: Adverbiale Bestimmung#Adverbial und Attribut.
- Präpositionale Attribute: Rechtsattribute
- Die Uhr am Turm schlug zehn. (Präpositionalgruppe, Rechtsattribut)
- Attributsätze Rechtsattribute oder ans Satzende ausgelagert (siehe am Ende des nächsten Abschnitts)
- Die Frau, die ich dort sehe, trägt einen roten Hut. (Relativsatz, Rechtsattribut)
- Die Behauptung, dass die Erde eine Scheibe ist … (Inhaltssatz, Rechtsattribut)
- Das Risiko, enttarnt zu werden, war zu groß. (Infinitivgruppe, Rechtsattribut)
Umstellprobe
Attribute sind Wortgruppen, die bei der Umstellprobe meistens ihre Stellung bezüglich eines Substantivs nicht verändern, sondern nur zusammen mit dem ganzen Satzglied im Satz umgestellt werden. Zum Beispiel kann die ganze Wortgruppe „Ein rotes Tuch“ im Satz vorangestellt werden, und so als Satzglied erwiesen werden; das Adjektiv kann jedoch als Attribut nicht aus dem Satzglied herausgezogen und allein vorangestellt werden:
Sarah trägt ein rotes Tuch. ↔ Ein rotes Tuch trägt Sarah. *nicht: Rotes trägt Sarah ein Tuch.
Teilweise kann allerdings umgekehrt ein Adjektivattribut zurückbleiben, wenn ein Substantiv vorangestellt wird, zumindest bei indefiniten Ausdrücken im Plural (sogenannte „gespaltene Topikalisierung“):
Tücher trägt Sarah nur rote.
Diese Fälle stellen ein Problem für die traditionelle Satzglieddefinition dar.
Außerdem können Relativsätze, Infinitivgruppen und manchmal Präpositionalgruppen im Satz von dem Substantiv getrennt werden, auf das sie sich beziehen, indem sie im Nachfeld erscheinen:[5]
Das Risiko ist groß, entdeckt zu werden. Ich habe eine Frau gesehen, die ein rotes Tuch trug. Relativsätze können von dem Substantiv getrennt werden, auf das sie sich beziehen.
Attribute beim Adjektiv
Traditionell können auch von Adjektiven abhängige Ausdrücke als Attribute zum Adjektiv bezeichnet werden.[6] Meistens wird jedoch der Gebrauch eines Adjektivs, das ein anderes Adjektiv modifiziert, als adverbieller Gebrauch bezeichnet,[7] so dass der Ausdruck „attributives Adjektiv“ in aller Regel ein Adjektiv meint, das ein Substantiv begleitet.
Der Begriff „prädikatives Attribut“
In manchen Grammatiken begegnet die Bezeichnung „prädikatives Attribut“ für im Satz frei stehende Adjektive, die sich auf Subjekt oder Objekt des Satzes beziehen, zum Beispiel: „Gustav kam schweißgebadet an.“[8] Hier liegt kein Attribut im oben dargestellten Sinn vor, weil diese Adjektive gerade nicht von dem Substantiv grammatisch abhängen, auf das sie sich inhaltlich beziehen, sondern vom Verb abhängen. Die Bedeutung ist: „Gustav war schweißgebadet, als er ankam“. Diese Konstruktion wird im Artikel Prädikativum unter der Bezeichnung Freie Prädikativa behandelt.
Weblinks
- mein-deutschbuch.de: Attribute
- Canoonet: Satzgliedbau: Attribute
- Attribut bei grammis
- Anne Schlömer: Erweiterte Nominalgruppen als Merkmal von Wissenschaftssprache. Beitrag in der Sektion G6 (Wissenschaftssprache) der Internationalen Deutschlehrertagung (IDT), Bozen 2013., S. 1–13
- Attributiver Gebrauch des Adjektivs (Lehrvideo)
Einzelnachweise
- Duden. Die Grammatik. 8. Auflage. Dudenverlag, Mannheim 2009, S. 773.
- Siehe z. B. Peter Eisenberg: Grundriss der deutschen Grammatik. Band 2, Metzler, Stuttgart/Weimar 2006, S. 235: Attribute spezifizierten vor allem das Nomen; so sei die primäre Aufgabe der Attribute, das von einem Substantiv Bezeichnete näher zu bestimmen.
- Siehe den Überblick über die Attribute in der Dudengrammatik 2009, S. 800ff.
- Dudengrammatik 2009, S. 804.
- Vgl. Karin Pittner & Judith Berman: Deutsche Syntax. Ein Arbeitsbuch. 4. Auflage. Narr, Tübingen 2010, S. 40–41.
- Christa Dürscheid: Syntax: Grundlagen und Theorien. 4. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, S. 43, verweist auf die Dudengrammatik 1998 für ein Beispiel einer solchen Redeweise, im Gegensatz zu späteren Auflagen der Dudengrammatik.
- Duden: Die Grammatik. 8. Auflage. 2009, S. 355.
- Elke Hentschel (Hrsg.): Deutsche Grammatik ( = De Gruyter Lexikon). Walter de Gruyter, Berlin 2010. Stichwort „prädikatives Attribut“ S. 255f.