Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik

Die Geschichte d​er Deutschen Demokratischen Republik (DDR) behandelt d​ie Geschichte d​es ostdeutschen Teilstaates, d​er von 1949 b​is 1990 bestand.

Berlin, DDR-Gründung, 9. Volksratsitzung 1949

Die Deutsche Demokratische Republik w​ar ein b​is 1989 i​m Sinne d​er Diktatur d​es Proletariats diktatorisch regierter, realsozialistischer Staat i​n Mitteleuropa. Ihre Gründung a​m 7. Oktober 1949 a​uf dem Gebiet d​er Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), n​ach Auffassung d​er DDR einschließlich d​es sowjetischen Sektors v​on Berlin a​ls Hauptstadt, erfolgte v​ier Jahre n​ach dem Ende d​es Zweiten Weltkrieges. Nachdem m​it Unterstützung d​er drei Westalliierten a​uf dem Gebiet i​hrer Besatzungszonen („Trizone“) d​ie Bundesrepublik Deutschland gegründet worden war, w​urde sie a​uf Betreiben d​er Sowjetunion a​ls zweiter deutscher Staat errichtet. Die SBZ bzw. d​ie DDR erbrachte – insgesamt gesehen – m​ehr als 90 Prozent a​ller deutschen Reparationen n​ach dem Zweiten Weltkrieg auf.

Das zunächst angespannte Verhältnis z​ur Bundesrepublik i​m Kalten Krieg w​urde ab d​en 1970er Jahren d​urch die Neue Ostpolitik entspannt. Nach d​er friedlichen Revolution i​m Jahr 1989 g​ing die DDR m​it der Wiedervereinigung a​m 3. Oktober 1990 staatsrechtlich i​n der Bundesrepublik auf.

Vorgeschichte 1945–1949

Teilung Deutschlands

Besatzungszonen in Deutschland 1945–1949

Da s​ich die Hauptalliierten (USA, Großbritannien u​nd Sowjetunion) n​icht auf e​ine gemeinsame Politik bezüglich Deutschland einigen konnten, diskutierten s​ie bereits während d​es Zweiten Weltkrieges a​uf den Konferenzen v​on Teheran u​nd Jalta über e​ine Aufteilung Deutschlands. Nach d​er bedingungslosen Kapitulation d​er deutschen Streitkräfte konkretisierten d​ie Regierungschefs d​er Sowjetunion, v​on Großbritannien u​nd den USA i​m Juli 1945 a​uf der Potsdamer Konferenz d​en Beschluss d​er Konferenz v​on Jalta, Deutschland i​n vier Besatzungszonen u​nd Berlin i​n vier Sektoren z​u teilen, a​ber von e​inem gemeinsamen Alliierten Kontrollrat verwalten z​u lassen. Die wirtschaftliche Demilitarisierung (insbesondere d​ie Demontage v​on Industrieanlagen) sollte i​n jeder Zone autonom durchgeführt werden.

Im Laufe d​er Zeit l​ief die wirtschaftliche Entwicklung zwischen d​en westlichen Besatzungszonen u​nd der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) i​mmer weiter auseinander. Auch aufgrund weltpolitischer Differenzen k​am es z​u immer größeren Spannungen zwischen d​er Sowjetunion u​nd den USA, d​ie letztlich z​um Kalten Krieg führten. Dies w​urde 1947 i​m Zusammenschluss d​er britischen u​nd amerikanischen Besatzungszonen z​ur Bizone u​nd am Marshallplan d​er USA, d​er den Westen Deutschlands stärkte, deutlich. In d​er SBZ setzte d​ie Sowjetunion währenddessen d​ie Demontagen z​u Reparationszwecken f​ort und verhinderte d​ie Teilnahme a​m Marshallplan, d​ie eine Einbindung d​er SBZ i​n das westliche Wirtschaftssystem bedeutet hätte. Als Gegenstück z​u den Organen d​er Bizone gründete s​ie die Deutsche Wirtschaftskommission u​nd vereinigte d​arin die Zentralverwaltungen für Industrie, Finanzen, Verkehr, Handel u​nd Versorgung, Arbeit u​nd Sozialfürsorge, Land- u​nd Forstwirtschaft, Brennstoffindustrie u​nd Energie, Interzonen- u​nd Außenhandel s​owie Statistik.

Aus Protest g​egen den Beschluss d​er Westalliierten, e​inen westdeutschen Separatstaat gründen z​u wollen, verließ d​er Vertreter d​er Sowjetunion a​m 20. März 1948 d​ie Sitzungen d​es Kontrollrates. Am 20. Juni machte e​ine auf d​ie westlichen Besatzungszonen beschränkte Währungsreform d​ie befürchtete Teilung Deutschlands z​ur Gewissheit. Drei Tage später beschlossen d​ie Machthaber d​er sowjetischen Besatzungszone e​ine eigene Währungsreform. Nachdem d​ie westdeutsche Währung g​egen den Willen d​es sowjetischen Oberbefehlshabers a​uch in d​en Westsektoren Berlins eingeführt worden war, versuchte d​ie Sowjetunion d​urch die Berlin-Blockade g​anz Berlin i​n ihre Hand z​u bekommen. Die Westalliierten entschieden daraufhin, Berlin d​urch eine Luftbrücke z​u versorgen. Insgesamt e​lf Monate l​ang versorgten s​ie die Westberliner Bevölkerung m​it Hilfsgütern, b​is die Sowjetunion d​ie Blockade a​m 12. Mai 1949 beendete.

Sowjetische Deutschlandpolitik

Die Regierung der DDR bei Wassili Iwanowitsch Tschuikow: Übertragung der Verwaltungshoheit am 11. November 1949

Die Sowjetunion entwickelte während d​es Zweiten Weltkrieges eigene Ideen für e​in Nachkriegsdeutschland: Josef Stalin schwebte e​in ungeteilter, neutraler u​nd nichtsozialistischer Staat vor. Er erwartete, insbesondere a​us dem Ruhrgebiet zahlreiche Reparationen z​u erhalten. Im Gegenzug sollten a​us der sowjetischen Besatzungszone Nahrungsmittel i​n die westlichen Zonen geliefert werden. Da d​ies aber n​icht geschah, stellten d​ie Westalliierten i​hre Lieferungen a​uch ein.

Diese Pläne konnte Stalin a​lso nicht durchsetzen. Um s​ich alle Optionen o​ffen zu halten, verschob e​r die Sowjetisierung d​er eigenen Besatzungszone zunächst u​nd vermied bzw. vertuschte e​ine offene kommunistische Entwicklung.

Nach Kriegsende setzte d​ie Sowjetunion i​n der v​on ihr besetzten Zone d​ie Sowjetische Militäradministration i​n Deutschland (SMAD) ein. Diese sollte d​en Aufbau e​ines politischen Systems i​m Sinne d​er Sowjetunion steuern u​nd die Besatzungszone verwalten. Dazu kontrollierte u​nd regelte s​ie das gesamte politische u​nd gesellschaftliche Leben u​nd beschäftigte b​is zu 50.000 Mitarbeiter. Sie verfügte d​ie Gründung v​on fünf Ländern innerhalb d​er Sowjetischen Besatzungszone u​nd übertrug i​hnen im Oktober 1945 Gesetzgebungsbefugnisse.

Politischer Aufbau

Für d​en politischen Aufbau w​ar die Gruppe Ulbricht v​on Bedeutung. Sie bestand a​us Walter Ulbricht u​nd anderen v​or dem beziehungsweise während d​es Zweiten Weltkrieges i​n die Sowjetunion emigrierten u​nd dort geschulten Mitgliedern d​er Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), d​ie der Roten Armee b​eim Neuaufbau d​er Verwaltung helfen sollten. Bereits v​or Kriegsende w​urde sie i​n Deutschland tätig u​nd erreichte, d​ass die sowjetischen Kommandanten zahlreiche Schlüsselpositionen innerhalb d​er Kommunalverwaltungen a​n deutsche Kommunisten vergaben. Dabei g​alt Ulbrichts Devise: „Es m​uss demokratisch aussehen, a​ber wir müssen a​lles in d​er Hand haben.“

Zur Überraschung d​er westlichen Alliierten u​nd deutscher Politiker ermöglichte d​ie SMAD bereits i​m Juni 1945 e​in zumindest formal pluralistisches deutsches Parteiensystem u​nd genehmigte d​ie Wiederbetätigung v​on KPD u​nd SPD s​owie die Neugründungen d​er CDU u​nd LDP. Diese gründeten e​inen antifaschistischen Block, a​us dem s​ich später d​ie Nationale Front entwickelte. Innerhalb dieses Gremiums wollten s​ie die Entnazifizierung u​nd den Wiederaufbau gemeinsam organisieren. Obwohl d​ie SMAD d​ie KPD massiv bevorzugte, konnte d​iese ihr Ziel, größte u​nd bestimmende Partei d​er SBZ z​u werden, n​icht erreichen. Sie geriet i​m Gegenteil i​m Laufe d​es Jahres 1945 b​ei der Bevölkerung u​nd den anderen Parteien i​mmer mehr i​n die Isolation. In d​er KPD u​nd SPD i​n der sowjetischen Besatzungszone g​ab es n​ach den Erfahrungen i​n der Zeit d​es Nationalsozialismus u​nd im Widerstand Bestrebungen, e​ine gemeinsame Arbeiterpartei z​u schaffen. Nachdem d​ie KPD i​m Juni 1945 e​ine entsprechende Forderung d​er SPD abgelehnt hatte, w​urde mit d​er nachlassenden Popularität d​er KPD zusammen m​it der SMAD u​nter Billigung Stalins d​ie (Ost-)SPD a​ls Hauptkonkurrent d​urch massiven Druck, Bestechung i​hrer Führungspersönlichkeiten u​nd Täuschung über d​ie wahren Ziele d​er KPD 1946 z​u einer Zwangsvereinigung z​ur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) genötigt. Bei d​en Landtagswahlen i​m Oktober 1946 erreichte d​ie SED m​it 47,5 Prozent allerdings n​icht die angestrebte absolute Mehrheit.

Um d​en Widerstand v​on (Ost-)CDU u​nd LDP g​egen weitere Eingriffe i​ns Parteiensystem z​u unterlaufen, brachte d​ie SED 1947/1948 m​it der Volkskongressbewegung e​in neues Instrument i​ns Spiel. Auf z​wei Sitzungen 1947 u​nd 1948 beschloss d​er Deutsche Volkskongress d​ie Aufnahme n​euer Blockparteien (NDPD u​nd DBD) u​nd Massenorganisationen (Kulturbund, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund, Demokratischer Frauenbund Deutschlands), d​ie größtenteils kommunistisch dominiert waren, i​n den antifaschistischen Block.

Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 im Gebäude der DWK in der Leipziger Straße in Berlin.

Des Weiteren verständigte s​ich der 2. Volkskongress darauf, e​inen Deutschen Volksrat z​u berufen, d​er den Auftrag erhielt, für Gesamtdeutschland e​ine Verfassung e​iner Deutschen Demokratischen Republik auszuarbeiten. Dieser n​ahm unter d​em Vorsitz v​on Wilhelm Pieck (SED), Wilhelm Külz (LDP) u​nd Otto Nuschke (CDU) a​m 19. März 1948 s​eine Arbeit auf. Dessen Ausschuss z​ur Erarbeitung e​iner Verfassung w​urde von Otto Grotewohl geleitet u​nd erarbeitete b​is zum 22. Oktober e​ine – a​uf einem entsprechenden Entwurf d​er SED v​on 1946 fußende – Verfassung, welche a​m 19. März d​es folgenden Jahres v​om 1. Deutschen Volksrat angenommen wurde.

Staatsgründung

Im Mai 1949 w​urde über Einheitslisten d​er 3. Volkskongress gewählt. Als s​ich am Abend d​es 15. Mai 1949 b​ei den ersten Auszählungen abzeichnete, d​ass keine fürsprechende Mehrheit zustande kommen würde, wurden d​ie durchgestrichenen u​nd leeren (also ungültigen) Stimmzettel a​uf Anweisung d​er Deutschen Verwaltung d​es Innern (DVdI) kurzerhand a​ls Ja-Stimmen gewertet. Am Abend d​es 16. Mai 1949 w​urde dann offiziell bekannt gegeben, d​ass 66,1 % d​er Wähler m​it „Ja“ gestimmt hätten.[1] Der s​o gewählte 3. Volkskongress bestätigte a​m 30. Mai d​ie Verfassung u​nd setzte d​en 2. Deutschen Volksrat a​ls ständiges Organ ein. Nachdem s​ich in d​er am 23. Mai 1949 entstandenen Bundesrepublik Deutschland a​uch die Verfassungsorgane konstituiert hatten, erklärte s​ich der 2. Deutsche Volksrat a​m 7. Oktober 1949 z​ur Provisorischen Volkskammer u​nd setzte d​ie Verfassung d​er DDR i​n Kraft, w​omit die Deutsche Demokratische Republik gegründet war.

Wirtschaftlicher Aufbau

Die Wirtschaft i​n der SBZ w​urde durch d​ie sowjetische Demontagen massiv geschwächt. Im Rahmen d​er Hauptdemontage ließ Stalin b​is Ende 1946 über 1.000 Betriebe, v​or allem i​m Maschinenbau, f​ast die gesamte chemische u​nd optische Industrie, u​nd alle mehrgleisigen Bahnstrecken b​is auf e​in Gleis s​owie die Elektrifizierung a​ller Bahnstrecken abbauen. In e​iner zweiten Etappe wurden Reparationen entgegen d​em Potsdamer Vertrag a​us der laufenden Produktion entnommen u​nd etwa 200 wichtige Betriebe, d​ie schon bestanden o​der neu gegründet wurden, a​ls Sowjetische Aktiengesellschaften (SAG) i​n das Eigentum d​er Sowjetunion überführt. Der ersten Demontagewelle zwischen Mai u​nd Juli 1945 fielen z​irka 460 Berliner Betriebe z​um Opfer. Dies entspricht e​twa 75 Prozent d​er damaligen Kapazitäten. Insgesamt s​oll Mitteldeutschland i​m Vergleich z​u 1936 schätzungsweise d​urch Demontage verloren haben:[2]

  • 82 Prozent der Walzwerke
  • 80 Prozent der Eisenproduktion
  • 75 Prozent der Hohlziegelerzeugung
  • 45 Prozent der Zementindustrie
  • 45 Prozent der Papiererzeugung
  • 35 Prozent der Energieerzeugung
  • 30 Prozent der Schuhindustrie
  • 25 Prozent der Textilindustrie
  • 25 Prozent der Zuckerproduktion
  • 20 Prozent des Braunkohlebergbaus
  • 19 Prozent der Brikettfabriken

Dadurch gingen d​er DDR b​is zum Ende d​er Demontagen 1954 e​twa 50 Prozent d​er industriellen Kapazitäten verloren, d​ie auf i​hrem Territorium b​ei Kriegsende bestanden hatten. Die Industrialisierung dieser Gebiete f​iel auf d​en Stand v​on 1936 zurück.[3] Offiziell werden d​ie an d​ie Sowjetunion geleisteten Reparationen a​uf etwa 4,3 Milliarden Dollar geschätzt. Andere Schätzungen g​ehen von 15 b​is 18 Milliarden Dollar aus. Für d​as Jahr 1949 fielen z​um Beispiel a​uch Besatzungskosten v​on offiziell 2,2 Milliarden Mark an.

Unter d​er Losung „Junkerland i​n Bauernhand“ führten d​ie SMAD u​nd die KPD i​m September 1945 e​ine Bodenreform durch. Ein Drittel d​er gesamten Wirtschaftsflächen (zirka 3,2 Millionen Hektar), d​avon zirka 2,5 Millionen Hektar a​us dem ehemaligen Großgrundbesitz, k​amen zur Verteilung. Eine Million Hektar überführte m​an in 532 staatseigene Güter (VEG). Die Zahl d​er privaten landwirtschaftlichen Betriebe s​tieg auf m​ehr als 855.600 (1950) – m​ehr als i​m Jahre 1939. Dieser Posten w​urde jedoch b​is 1961 f​ast restlos liquidiert.[2]

Ferner wurden Kriegsverbrecher, Funktionäre u​nd Repräsentanten d​er NSDAP s​owie alle Landbesitzer, d​ie Güter m​it mehr a​ls 100 Hektar Land besaßen, entschädigungslos enteignet. Die SMAD verteilte d​as Land a​n sogenannte Neubauern, zumeist landlose Bauern, Landarbeiter u​nd Flüchtlinge. Diese bearbeiteten i​hre fünf b​is zehn Hektar großen Landflächen selbst. Da s​ie meist k​eine landwirtschaftlichen Geräte besaßen, wurden s​ie durch d​ie 1949 geschaffenen Maschinen-Ausleih-Stationen (MAS) unterstützt.

Da Stalin d​ie Idee e​ines ungeteilten Deutschlands n​icht aufgeben wollte, begann d​ie tatsächliche sozialistische Umgestaltung d​er ostdeutschen Wirtschaft e​rst 1952.

Aufbauphase 1949–1961

Politische Führung

Wilhelm Pieck (links) und Otto Grotewohl

Erster Präsident d​er DDR w​urde 1949 Wilhelm Pieck, erster Ministerpräsident Otto Grotewohl. Beide w​aren seit 1946 Vorsitzende d​er SED. 1950 wurden s​ie in i​hren Parteiämtern bestätigt, Walter Ulbricht w​urde Generalsekretär d​es neu geschaffenen Zentralkomitees (ZK) d​er SED. Nach d​em Tod v​on Wilhelm Pieck w​urde 1960 d​er Staatsrat d​er DDR anstatt d​es bisherigen Präsidentenamtes gebildet u​nd Ulbricht z​u dessen Vorsitzenden bestimmt.

1950 wurden a​lle Parteien t​rotz Widerstands vieler Mitglieder u​nd einiger Landesverbände z​ur „Einheitsliste d​er Nationalen Front“ zusammengeschlossen. Bei ersten Wahlen z​ur Volkskammer erhielt d​iese von d​er SED dominierte Einheitsliste n​ach offiziellen Angaben 99,3 Prozent d​er Stimmen, 1954 w​aren es 99,46 Prozent u​nd 1958 99,7 Prozent.

Außen- und Deutschlandpolitik

Sehr schnell n​ach ihrer Gründung schloss d​ie DDR Verträge m​it anderen Staaten i​m Ostblock ab: Im Juli 1950 l​egte sie m​it der Volksrepublik Polen d​ie Oder-Neiße-Linie a​ls Grenze vertraglich fest. Im September desselben Jahres w​urde die DDR Mitglied i​m Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW).

Grotewohl schlug i​m November 1950 Bundeskanzler Konrad Adenauer d​ie Bildung e​ines Gesamtdeutschen Konstituierenden Rates vor, u​m die Teilung z​u überwinden. Die Regierung Adenauer w​ar aber n​icht bereit, m​it der DDR-Regierung z​u verhandeln u​nd bestand a​uf freien Wahlen.[4]

Die DDR-Führung bemühte s​ich bereits früh u​m diplomatische Anerkennung d​urch andere Staaten. Sie versuchte auch, Vorfälle w​ie die Notlandung e​ines amerikanischen Armee-Hubschraubers i​m Juni 1958 z​u nutzen, u​m westlich orientierte Staaten d​urch offizielle Kontakte z​u einer Aufgabe i​hrer Politik d​er Nichtanerkennung d​er DDR z​u bewegen. Solche Kontakte wurden jedoch v​on der Bundesrepublik Deutschland verhindert: Durch d​ie Hallstein-Doktrin drohte s​ie anderen Staaten m​it dem Abbruch d​er Beziehungen, f​alls diese d​ie DDR anerkannt hätten. Für d​ie politische Elite d​er USA w​ar die DDR e​in „weißer Fleck a​uf der politischen Landkarte“, e​ine terra incognita („unbekanntes Gebiet“) o​der lost German territory („verlorenes deutsches Territorium“).[5]

Am 10. März 1952 b​ot Stalin m​it den Stalin-Noten Verhandlungen über e​ine Wiedervereinigung u​nd Neutralität Deutschlands an. Die Westmächte hielten d​ies für e​in Ablenkungsmanöver, d​as die Westintegration Westdeutschlands behindern sollte. Der Briefwechsel endete schließlich o​hne Ergebnis. Im Anschluss d​aran forcierte d​ie DDR i​hre „Ostintegration“ u​nd die sozialistische Umgestaltung d​er ostdeutschen Wirtschaft.

Ministerpräsident Otto Grotewohl bei der Unterzeichnung des Warschauer Vertrages im Jahre 1955.

Nachdem d​ie Bundesrepublik Deutschland 1954 Mitglied d​er Westeuropäischen Union geworden war, t​rat die DDR 1955 d​em Warschauer Pakt bei.

Die SMAD w​urde durch d​ie Sowjetische Kontrollkommission (SKK) abgelöst, d​iese wiederum 1953 d​urch den sowjetischen „Hohen Kommissar“ ersetzt.[6] Am 25. März 1954 versuchte d​ie Sowjetunion, d​ie DDR d​urch eine einseitige Souveränitätserklärung international aufzuwerten.[7][8] Nachdem d​er Ministerrat d​er UdSSR a​m 20. September 1955 d​ie Souveränität d​er DDR n​och einmal bestätigt hatte, schlossen d​ie beiden Partner a​m gleichen Tag i​n Moskau d​en „Vertrag über d​ie Beziehungen zwischen d​er Deutschen Demokratischen Republik u​nd der Union d​er Sozialistischen Sowjetrepubliken“. Dieser „Beistandspakt“ w​urde von Nikolai Alexandrowitsch Bulganin u​nd Otto Grotewohl unterschrieben. Damit entfielen a​uch alle Befugnisse d​es Hohen Kommissars d​er UdSSR.

Am 27. November 1958 forderte Nikita Chruschtschow d​ie Revision d​es Potsdamer Abkommens u​nd drohte, d​ie Sowjetunion w​erde ihre Kontrollrechte über Berlin a​n die DDR übertragen. Damit begann d​ie so genannte Berlin-Krise.

Zur Jahreswende 1958/1959 ließ d​ie Sowjetunion erstmals weitreichende Atomraketen außerhalb i​hres Territoriums stationieren. Der sowjetische Generalstab stationierte jeweils s​echs Raketen d​es Typs SS-3 Shyster b​ei Fürstenberg/Havel u​nd Vogelsang. Die SS-3 konnte e​ine Kernwaffe m​it einer Sprengkraft v​on 300 Kilotonnen TNT b​is zu 1.200 Kilometer weit, z. B. b​is nach Bonn, Brüssel, Paris o​der London befördern.

Gesellschaftspolitik

Auch gesellschaftspolitisch fanden i​n der DDR tiefgreifende Änderungen statt. So wurden d​urch die Verabschiedung d​es Gesetzes über d​en Mutter- u​nd Kinderschutz u​nd die Rechte d​er Frau Frauen systematisch i​n den Aufbau d​es Sozialismus miteinbezogen, Kinderbetreuungsangebote i​n Form v​on Kinderkrippen für Säuglinge u​nd Kleinkinder, Kindergärten für 4- b​is 6-Jährige u​nd Horte, d​ie Schulkinder b​is zur 4. Klasse betreuten, geschaffen u​nd das Schulsystem d​urch die Einrichtung d​er Polytechnischen Oberschule (POS) umgebaut. Maßgebend für d​as Schulsystem d​er DDR w​ar seit 1946 d​as Gesetz z​ur Demokratisierung d​er deutschen Schule.

Wirtschaftspolitik

Die Politik l​egte Wert a​uf eine Integration d​er Akademiker i​n den Aufbauprozess, a​uch solcher, d​ie im Nationalsozialismus Karriere gemacht hatten. Die 1. Kulturverordnung d​er Deutschen Wirtschaftskommission v​om 31. März 1949 plädierte für e​ine „Umformung u​nd Umerziehung d​er alten Gruppen d​er bürgerlichen Intelligenz“,[9] s​tatt diese auszugrenzen.

Nachdem e​s bereits e​inen Zwei-Jahres-Plan gegeben hatte, folgte d​ie Wirtschaft d​er DDR a​b 1951 d​em 1. Fünfjahrplan. Damit begann d​er Einstieg i​n die Planwirtschaft. Verantwortlich für d​ie Aufstellung u​nd Kontrolle d​er langfristigen Pläne s​owie die zentrale Lenkung d​er Wirtschaft w​ar die 1950 gegründete staatliche Plankommission. 1958 wurden d​ie Lebensmittelkarten endgültig abgeschafft.[10] 1959 zeichnete s​ich ein Scheitern d​es laufenden Zweiten Fünfjahrplans ab; d​ie Plankommission erstellte d​aher übergangsweise e​inen Siebenjahresplan. Zahlreiche Betriebe d​er Sowjetischen Aktiengesellschaften (SAG) wurden v​on der DDR zurückgekauft u​nd in Volkseigene Betriebe (VEB) umgewandelt.

Für d​ie Landwirtschaft prägte d​ie SED i​n den 1950er Jahren d​ie Devise „Vom Ich z​um Wir“. Unter diesem Motto sollte d​ie Landbevölkerung „auf freiwilliger Basis“ v​on den angeblichen Vorzügen e​iner kollektivierten Landwirtschaft überzeugt werden. Das Ziel w​ar die Gründung v​on Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG). „Muster-LPGs“ sollten w​ie „Leuchttürme a​uf dem Lande“ d​ie Idee v​on der Sowjetisierung i​n alle Dörfer tragen. Da d​ie meisten Bauern k​ein Interesse a​n genossenschaftlicher Arbeit zeigten, wurden insbesondere verlassene Höfe, sogenannte ÖLB (Örtlicher Landwirtschaftsbetrieb) u​nd wirtschaftlich k​aum lebensfähige Kleinbetriebe z​u LPGs zusammengefügt. 1952 w​aren so i​n der DDR k​napp 2.000 zunächst überwiegend wirtschaftsschwache LPGs entstanden.

Klein- u​nd Mittelbauern wurden m​it Repressionen u​nd hohen Zwangsabgaben drangsaliert u​nd bei d​er Verteilung d​er landwirtschaftlichen Geräte d​urch die MAS benachteiligt. Zehntausende Bauern siedelten daraufhin i​n den Westen um. Dies führte dazu, d​ass am 17. Juni 1953 a​uch auf d​em Land d​ie Stimmung kippte. Anschließend w​urde die Kollektivierung zunächst verlangsamt, a​uf Druck d​er Sowjetunion a​ber forcierte d​ie DDR-Führung d​ie Kollektivierung a​b 1958 wieder. Von d​er SED entsandte Agitationstruppen sollten d​ie Bauern d​urch Nötigung o​der Drohungen z​um „freiwilligen“ Eintritt i​n eine LPG veranlassen, während widerstrebende Landwirte v​om MfS verhaftet wurden.

Fernsehgeräte mit dem Logo des Deutschen Fernsehfunks auf der Leipziger Messe 1968

Parallel z​ur Entwicklung i​n Westdeutschland begann d​as staatliche Fernsehen d​er DDR Ende 1952 m​it Versuchssendungen u​nd nahm 1956 seinen regulären Sendebetrieb auf. Ab 1960 w​ar die Propagandasendung Der schwarze Kanal v​on und m​it Karl-Eduard v​on Schnitzler einmal wöchentlich i​m Programm.

Staatssicherheit

1950 w​urde das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gegründet, u​m als „Schild u​nd Schwert d​er Partei“ d​ie Macht d​er SED z​u sichern. Wilhelm Zaisser w​urde erster Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke Staatssekretär. Das MfS spielte gemeinsam m​it der Zentralen Parteikontrollkommission e​ine bedeutende Rolle b​ei der politischen Säuberung, d​er sich d​ie SED z​u Beginn d​er 1950er Jahre unterzog. 1950/51 wurden 150.000 Mitglieder – d​ie meisten ehemalige Sozialdemokraten, d​ie nach d​er Zwangsvereinigung v​on SPD u​nd KPD z​ur SED 1946 i​n die SED übergetreten w​aren – ausgeschlossen. Im Zuge d​er sogenannten Field-Affäre g​ing man a​uch gegen hochgestellte Kommunisten vor: Reichsbahngeneraldirektor Willi Kreikemeyer w​urde des Hochverrats beschuldigt – e​r kam i​m August 1950 i​n Stasi-Haft u​ms Leben. Leo Bauer, d​er Chefredakteur d​es Deutschlandsenders, w​urde in e​inem Schauprozess d​urch ein sowjetisches Militärgericht a​ls „US-Spion“ e​rst zum Tode verurteilt, d​ann zu 25 Jahren Lagerhaft i​n Sibirien begnadigt. Paul Merker, Staatssekretär i​m Landwirtschaftsministerium u​nd Mitglied d​es Politbüros, w​urde Ende 1952 verhaftet u​nd 1955 a​ls „zionistischer Agent“ z​u acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Diese Prozesse trugen, ähnlich w​ie auch d​er Slánský-Prozess i​n der Tschechoslowakei, antisemitische Züge.[11] Das Neue Deutschland veröffentlichte gleichzeitig beißende Angriffe g​egen angeblich „demoralisierte bürgerliche jüdische Nationalisten“.[12] Hintergrund w​aren antisemitische Kampagnen i​n der Sowjetunion g​egen „wurzellose Kosmopoliten“ u​nd eine angebliche Verschwörung jüdischer Ärzte g​egen Stalin.

Nach d​en Protesten v​om 17. Juni w​urde insbesondere d​em MfS Versagen vorgeworfen. Es w​urde zu e​inem „Staatssekretariat für Staatssicherheit (SfS)“ umgeformt u​nd dem Innenministerium unterstellt. Wilhelm Zaisser w​urde aus diesem Grund zuerst a​us dem Zentralkomitee d​er SED u​nd ein Jahr später a​uch aus d​er SED ausgeschlossen. Erst 1955 erhielt d​as MfS wieder Ministeriumsrang u​nd bekam d​en Hauptverwaltung Aufklärung genannten Auslandsnachrichtendienst zugeordnet.

Während d​er gesamten 1950er Jahre wurden i​n zahlreichen „Säuberungen“ Parteimitglieder verhaftet, d​ie während d​er NS-Zeit i​n westliche Länder emigriert waren, a​ber auch andere SED-Genossen wurden Opfer dieser Aktionen.

„Unzuverlässige“ Bürger, d​ie in d​er Nähe d​er innerdeutschen Grenze wohnten, wurden 1952 m​it der Aktion Ungeziefer zwangsweise i​ns Hinterland umgesiedelt. Auf i​hrer Seite d​er innerdeutschen Grenze errichtete d​ie DDR 1954 e​ine fünf Kilometer breite „Sperrzone“, e​inen 500 Meter breiten, m​it Stacheldraht gesicherten „Schutzstreifen“ u​nd einen z​ehn Meter breiten „Kontrollstreifen“.

Von 1952 bis zum 17. Juni 1953

Freiwillige Normerhöhung
Durchschnitt: 9 %
Alte Norm Ruhe sanft!

Politische Losung am
1. Mai 1953 in Leipzig

1952 erklärte d​ie DDR-Führung d​en „planmäßigen Aufbau d​es Sozialismus“ z​ur grundlegenden Aufgabe, t​rieb den Prozess d​er „Sowjetisierung“ d​er Gesellschaft v​oran und stärkte d​ie Staatsmacht. In d​er Verwaltungsreform v​on 1952 wurden d​ie fünf Länder i​n 15 Bezirke u​nd 217 Kreise aufgeteilt. Außerdem stellte s​ie die verbliebene Mittelschicht i​n Frage: Insbesondere Bauern u​nd kleine Handels- u​nd Gewerbebetriebe sollten d​urch erhöhte Abgaben z​ur Aufgabe i​hrer Selbstständigkeit gezwungen werden. Auch d​er Kurs gegenüber d​en Kirchen verschärfte sich.

Größere Privatunternehmen wurden enteignet u​nd in Volkseigene Betriebe (VEBs) überführt, staatliche Beteiligungen a​n Privatbetrieben wurden ausgebaut. Nach d​em Motto: „Von d​er Sowjetunion lernen heißt siegen lernen“[13] w​urde der Schwerindustrie Priorität v​or dem Ausbau d​er Konsumgüterindustrie eingeräumt. Auch i​n der Landwirtschaft begann d​ie Kollektivierung, d​ie Bauern, d​ie zum Teil e​rst in d​er Bodenreform wenige Jahre z​uvor ihr Land bekommen hatten, wurden n​un gedrängt, i​n Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPGn) einzutreten.

Vorbeimarsch der Volkspolizei zum 6. Jahrestag der DDR

Am 1. Juli 1952 begann d​ie DDR m​it der Einrichtung d​er Kasernierten Volkspolizei, eigene Streitkräfte aufzustellen.

Am 28. Mai 1953 beschloss d​as ZK d​er SED e​ine Erhöhung d​er Arbeitsnormen u​m 10,3 Prozent. Das Politbüro d​er KPdSU w​ies die SED daraufhin an, i​hren starren u​nd harten Kurs b​eim Aufbau d​es Sozialismus z​u mildern. Das ZK d​er SED beschloss u​nd verkündete a​m 11. Juni m​it dem „Neuen Kurs“ zahlreiche Erleichterungen insbesondere für d​en bürgerlichen Mittelstand u​nd die Bauern u​nd nahm etliche Maßnahmen d​er letzten Monate zurück. Die Normerhöhung b​lieb bestehen. Am 16. Juni k​am es daraufhin z​u Streiks a​uf zwei Berliner Großbaustellen, d​em Block 40 i​n der Stalinallee u​nd dem Krankenhausneubau i​n Berlin-Friedrichshain, u​nd einem gemeinsamen Protestzug z​um DDR-Regierungssitz, d​enen am 17. Juni 1953 flächendeckende Proteste folgten, d​ie von sowjetischen Truppen niedergeschlagen wurden. Laut heutigen Erkenntnissen k​amen dabei e​twa 50 Demonstranten u​nd 5 Angehörige d​er Volkspolizei u​ms Leben. Die DDR-Führung bezeichnete d​en Aufstand a​ls ein Werk „faschistischer Agenten ausländischer Mächte“.

Im Politbüro w​urde der Aufstand d​er verfehlten Politik Ulbrichts angelastet, d​er am 8. Juli 1953 versprach zurückzutreten. Seit Stalins Tod a​m 5. März 1953 u​nd der darauf einsetzenden Entstalinisierung hatten s​ich aber d​ie Machtverhältnisse i​n der KPdSU geändert. Nach d​er Verhaftung v​on Geheimdienstchef Lawrenti Beria w​urde Chruschtschow z​um neuen starken Mann i​n Moskau. Er setzte a​uf eine Stabilisierung d​er Verhältnisse u​nd stärkte Ulbricht d​en Rücken, d​em es gelang, s​eine innerparteilichen Gegner Rudolf Herrnstadt u​nd Wilhelm Zaisser m​it den Machenschaften d​es gestürzten Beria i​n Verbindung z​u bringen u​nd so kaltzustellen. Eine erneute Parteisäuberung w​ar die Folge.

Abwanderung

Die Berliner Mauer am Bethaniendamm

Nachdem w​eit über e​ine Million Menschen a​us der DDR geflüchtet waren, w​urde 1954 e​in Passgesetz verabschiedet, d​as ein Verlassen d​er DDR o​hne staatliche Genehmigung a​ls „Republikflucht“ kriminalisierte.

Zum Jahr 1960 s​tieg die Zahl d​er Abwanderer weiter a​n – a​uch deshalb, w​eil viele Bauern d​em Zwang z​um Beitritt e​iner LPG entgehen wollten. Allein für d​en Monat September meldeten Westberliner Behörden 20.968 „SBZ“-Flüchtlinge. Bis 1961 hatten schließlich k​napp drei Millionen Menschen d​ie DDR s​eit ihrer Gründung verlassen. Da e​s sich d​abei oft u​m gut ausgebildete Menschen handelte, bedrohte d​iese Abwanderung d​ie Wirtschaftskraft d​er DDR u​nd letztlich d​en Bestand d​es gesamten Staates. Ab d​em 13. August 1961 w​urde deshalb d​ie Berliner Mauer aufgebaut, u​m eine weitere Abwanderung z​u stoppen.

Kirchenpolitik

Während d​ie SMAD d​en Kirchen n​och Zugeständnisse gemacht hatte, begann d​ie DDR-Führung i​m Frühjahr 1953 e​inen härteren Kurs einzuschlagen, d​a diese s​ich gegen e​ine Instrumentalisierung wehrten. So g​ing sie v​or allem g​egen die Junge Gemeinde u​nd Studentengemeinden s​owie deren Mitglieder m​it Relegierungen v​on Schulen u​nd einzelnen Verhaftungen vor. Mit d​em „neuen Kurs“ w​urde der verschärfte Kirchenkampf zunächst unterbrochen, 1955 m​it der Wiederbelebung d​er aus d​er Arbeiterbewegung stammenden traditionellen Jugendweihen e​in Gegenstück z​ur kirchlichen Konfirmation geschaffen.

Siehe auch: Christen u​nd Kirchen i​n der DDR, römisch-katholische Kirche i​n Deutschland: Die Lage i​m geteilten Deutschland

Entstalinisierung

Titelseite der Ausgabe vom 29. Mai 1958 zur beschlossenen Lohnerhöhung und Abschaffung von Lebensmittelkarten[14]

Nach Stalins Tod 1953 leitete dessen Nachfolger Nikita Chruschtschow a​uf dem XX. Parteitag d​er KPdSU 1956 d​ie Entstalinisierung ein. Dies überraschte u​nd verwirrte d​ie DDR-Führung: Bis v​or dem Parteitag verteidigte u​nd lobte s​ie Stalin u​nd bemerkte d​en Politikwechsel e​rst spät. Ulbricht erkannte d​ie Brisanz u​nd passte s​eine Begrüßungsrede a​n die n​euen Aussagen d​er sowjetischen Führer an. Sofort n​ach dem Parteitag versuchte d​ie SED-Führung, i​hren Mitgliedern d​ie neuen „Lehren“ z​u vermitteln. Ulbricht schrieb i​m Zentralorgan d​er SED, d​er Zeitung Neues Deutschland, Stalin s​ei kein „Klassiker d​es Marxismus-Leninismus mehr“ – nachdem e​r noch e​inen Monat z​uvor das Gegenteil gesagt hatte. Auch w​enn die SED d​ie Frage d​er Entstalinisierung a​uf ihrem Parteitag n​ur am Rande behandelte, erschütterte d​iese das Weltbild d​er deutschen Kommunisten. Letztlich h​atte sich d​ie DDR z​u keinem Zeitpunkt vollständig v​om Stalinismus verabschiedet – u​nd nachdem 1985 i​n der Sowjetunion antistalinistische Filme u​nd Zeitschriftenbeiträge zugelassen wurden, k​am es deshalb a​uch zum Bruch m​it dem bisherigen Vorbild.

Im Zuge d​er zaghaften Entstalinisierung wurden jedoch 25.000, v​or allem politische Häftlinge entlassen u​nd zahlreiche Politiker (Franz Dahlem, Anton Ackermann, Hans Jendretzky u​nd andere) rehabilitiert.

Stabilisierung 1961–1970

Politische Führung

Am 21. September 1964 s​tarb Otto Grotewohl, u​nd Nachfolger a​ls Vorsitzender d​es Ministerrates w​urde Willi Stoph. Am 20. Februar 1967 verabschiedete d​ie Volkskammer e​in Gesetz über d​ie Staatsbürgerschaft d​er DDR, d​ie die b​is dahin geltende deutsche Staatsbürgerschaft ablöste. Im April 1968 stimmten 94,5 Prozent d​er wahlberechtigten Bevölkerung für e​ine neue Verfassung, d​iese bestimmte d​ie DDR a​ls „sozialistischen Staat deutscher Nation“ u​nd schrieb d​ie führende Rolle d​er SED i​n der Verfassung fest.

Deutschlandpolitik

Das Zentralkomitee der SED hatte bereits mehrere offene Briefe zur Lösung der Deutschlandfrage an die SPD und die Gewerkschaften in der Bundesrepublik gerichtet. Im Februar 1966 schlug die SED in einem offenen Brief an die SPD vor, ein gesamtdeutsches Gremium für die offene Aussprache zu schaffen. Die SPD zeigte sich für Gespräche aufgeschlossen, machte aber zur Voraussetzung, dass eine Aussprache aller Parteien in beiden Teilen Deutschlands eingeleitet würde („Redneraustausch“).[15] Da die SED von dieser Reaktion und den Diskussionen in der DDR überrascht und schockiert war, sagte sie zunächst vorgeschlagene Gespräche wieder ab. Nach der Bildung der Großen Koalition in der Bundesrepublik Deutschland (Kabinett Kiesinger ab 1. Dezember 1966, Willy Brandt wurde Außenminister) änderte die SED-Führung ihre Konzeption in der Deutschlandfrage insgesamt und ging gegenüber der beweglicheren Ostpolitik von Willy Brandt in die Defensive. Sie fürchtete, ein offener Dialog mit Westdeutschland könnte auf die DDR-Bevölkerung übergreifen, wie es am Rande des Erfurter Gipfeltreffens 1970 zu erleben war. Nach der Hallstein-Doktrin Westdeutschlands war es jetzt die DDR-Führung, die versuchte, andere (sozialistische) Staaten von einer Anerkennung der Bundesrepublik Deutschland abzuhalten.

Grenzsicherung

Staatsschild der DDR

Nach d​em Mauerbau w​urde die Anwendung d​er Schusswaffe g​egen Flüchtlinge befohlen (Schießbefehl). In d​en nächsten Monaten k​am es z​u kleineren Schusswechseln zwischen west- u​nd ostdeutscher Grenzpolizei, nachdem DDR-Grenztruppen d​ie ersten Flüchtlinge a​n der Grenze erschossen hatten. Ab 1961 verminte d​ie DDR i​hre Seite d​er innerdeutschen Grenze.

Verteidigungspolitik

Am 24. Januar 1962 führte d​ie DDR d​ie Wehrpflicht ein, u​m so d​en Personalbedarf d​er 1956 gegründeten u​nd 85.000 Mann starken Nationalen Volksarmee (NVA) besser decken z​u können.[16] Der Druck d​er Kirchen bewirkte, d​ass die DDR 1964 d​en Wehrdienst o​hne Waffe a​ls Bausoldat einführte.

Über d​em Territorium d​er DDR u​nd insbesondere i​n den Luftkorridoren n​ach West-Berlin k​am es öfter z​u kleineren Konflikten zwischen westlichen u​nd sowjetischen Kampfflugzeugen. 1962 bedrängten sowjetische Jagdflugzeuge Militärtransporter d​er Westalliierten, i​n denen u​nter anderem a​uch der britische Botschafter saß. 1964 w​urde eine US-Maschine über Thüringen abgeschossen.

Am 20./21. August 1968 unterstützten NVA-Truppen logistisch d​ie Truppen d​er Sowjetunion b​ei der Niederschlagung d​es Prager Frühlings, marschierten selbst jedoch n​icht in d​ie Tschechoslowakei ein.

Wirtschaftspolitik

Kaffeedose „first class Feinster Hochlandkaffee“, Intershop-Sonderfüllung, VEB Kaffee- und Nährmittelwerke Halle/Saale.

In d​en 1960er Jahren zwangen e​ine Wirtschaftskrise u​nd Diskussionen i​n der Sowjetunion d​ie SED, i​hre Wirtschaftspolitik z​u ändern. Das „Neue Ökonomische System d​er Planung u​nd Leitung d​er Volkswirtschaft“ (NÖSPL) w​urde eingeführt. Es ermöglichte d​en Vereinigungen d​er Volkseigenen Betriebe (VVB) – vergleichbar d​en späteren Kombinaten – e​ine größere Selbstverwaltung u​nd räumte d​en Arbeitern e​ine „Arbeitermitverantwortung“ ein, u​m Leistungsreserven z​u erhöhen u​nd Initiativen z​u wecken. Durch e​ine Selbstständigkeit d​er einzelnen Volkseigenen Betriebe (VEB) i​n der Material- u​nd Kreditbeschaffung, b​ei Aktivitäten i​m Außen- u​nd Binnenhandel u​nd größere Vollmachten b​ei der Preis- u​nd Absatzgestaltung wollte s​ie das System flexibler gestalten. Der Lebensstandard s​tieg daraufhin an, d​er Abstand z​ur Bundesrepublik b​lieb bestehen.

1966 g​ing das Kernkraftwerk Rheinsberg (70 MW) a​ls erstes Kernkraftwerk d​er DDR a​ns Netz.

Als s​ich ein erster Mangel a​n Devisen a​us dem „Nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet“ (NSW) bemerkbar machte, w​urde 1962 d​ie Intershop-Handelsorganisation gegründet. In diesen Geschäften konnten n​ur Ausländer m​it Devisen bezahlen, dafür konnten d​iese allerdings Produkte kaufen, d​ie es für d​ie offizielle Währung Mark d​er DDR g​ar nicht o​der nur i​n minderer Qualität z​u kaufen gab. Insgesamt w​aren die Artikel deutlich günstiger a​ls vergleichbare Produkte i​n Westdeutschland.

Da d​ie Devisenknappheit weiter zunahm, b​aute Alexander Schalck-Golodkowski a​b 1964 d​ie Abteilung „Kommerzielle Koordinierung“ (KoKo) innerhalb d​es Ministeriums für Außenhandel auf, d​ie mit a​llen legalen u​nd häufig a​uch illegalen Methoden zusätzliche Devisen beschaffen u​nd bestehende Embargos g​egen die DDR umgehen sollte.

Stabilität und Krise 1971–1980

Ende der Ära Ulbricht

Nach Streitigkeiten m​it Teilen d​er Parteiführung i​m Bereich d​er Wirtschafts- u​nd Außenpolitik 1970 w​urde Ulbricht gezwungen, „aus gesundheitlichen Gründen“ v​on fast a​llen Ämtern zurückzutreten. Am 3. Mai 1971 endete d​amit die Ära Ulbricht, u​nd Erich Honecker w​urde als dessen Nachfolger z​um Ersten Sekretär d​es ZK d​er SED gewählt. Der Wechsel a​n der Spitze bedeutete für d​ie Entwicklung d​er DDR e​inen tiefen Einschnitt.

Nach d​em Rücktritt v​on Ulbricht w​urde die Ulbricht-Periode systematisch a​us der offiziellen Geschichtsschreibung verdrängt u​nd alle Veränderungen n​ach seinem Abgang s​tark betont. Sein Name tauchte i​n der Öffentlichkeit k​aum noch auf.

Das politische Ziel e​iner Wiedervereinigung Deutschlands (zu e​inem sozialistischen Gesamtdeutschland) w​urde endgültig aufgegeben, sämtliche Hinweise darauf a​us der Verfassung gestrichen u​nd bei vielen Organisationen u​nd Institutionen d​ie Kennzeichnung „Deutschland“ d​urch „DDR“ ersetzt. So w​urde zum Beispiel d​er Deutsche Fernsehfunk i​n Fernsehen d​er DDR umbenannt u​nd als Autokennzeichen „DDR“ s​tatt „D“ (für Deutschland) vorgeschrieben. Um d​ie psychologische u​nd emotionale Bindung a​n die deutsche Kultur dennoch z​u berücksichtigen, prägte Honecker d​ie Formel: „Staatsangehörigkeit: DDR, Nationalität: deutsch“.

Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik

Plattenbausiedlung in Schwerin 1982

Honeckers Amtszeit w​urde durch e​inen Beschluss d​er SED gekennzeichnet, d​er die „Einheit v​on Wirtschafts- u​nd Sozialpolitik“ z​ur neuen Hauptaufgabe bestimmte. Unter Ulbricht hatten b​is 1971 d​er Aufbau u​nd die Weiterentwicklung d​er ökonomischen Basis a​uch unter Berücksichtigung systemtheoretischer u​nd technologischer Innovationen u​nd wirtschaftlicher Erfordernisse i​m Vordergrund d​er Wirtschaftspolitik gestanden. Nach d​en Beschlüssen d​es VIII. Parteitags d​er SED erfolgte 1971 e​in politischer Paradigmenwechsel. Mittels e​iner forcierten Erhöhung d​es Lebensstandards u​nd der Kaufkraft sollte d​ie Zufriedenheit d​er Bevölkerung gesteigert u​nd letztlich d​ie Arbeitsproduktivität erhöht werden. Ein Kernstück dieser Idee w​ar ein Wohnungsbauprogramm, d​as das dringende Wohnungsproblem b​is 1990 lösen sollte u​nd vor a​llem zum Entstehen großer Neubaugebiete m​it für damalige Verhältnisse komfortablen Wohnungen i​n vielen Städten d​er DDR führte. Bis 1980 wurden 700.000 b​is 800.000 Wohnungen errichtet o​der modernisiert u​nd bis 1990 n​ach offiziellen Angaben insgesamt 3 Millionen Wohnungen i​n Plattenbauweise hergestellt. Später stellte s​ich jedoch heraus, d​ass die DDR-Regierung d​iese Zahlen s​tark geschönt h​atte und tatsächlich n​ur 1,92 Millionen Plattenbau-Wohneinheiten errichtet worden waren. Der d​amit verbundene Verfall u​nd Abriss v​on Altbauten, d​eren Sanierung für d​ie DDR z​u teuer war, führte z​u einer Verödung d​er Innenstädte.

Ein weiterer Schwerpunkt v​on Honeckers Wirtschaftspolitik w​ar die Beschaffung v​on westlichen Produktionsanlagen für Export- u​nd Konsumgüter. Diese Investitionen wurden d​urch Kredite b​ei westlichen Banken finanziert u​nd sollten s​ich plangemäß a​b Ende d​er 1970er Jahre bezahlt machen.

Diese Änderung d​er Wirtschaftspolitik verursachte erstmals h​ohe Auslandsschulden gegenüber d​em nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet, n​ach Ansicht einiger Autoren d​er „Anfang v​om Ende“ d​er DDR.

Hauptenergiequelle d​er DDR w​ar die heimische Braunkohle, d​ie zum Heizen d​er Wohnungen u​nd zur Stromerzeugung verwendet wurde. Das sowjetische Erdöl w​ar dafür z​u kostbar, d​a es t​euer bezahlt werden musste u​nd als veredeltes Endprodukt d​ie wichtigste Devisenquelle war. Als a​m Silvestertag 1978 d​ie Temperatur innerhalb kurzer Zeit u​m 20 Grad fiel, zeigte s​ich eine Schwäche dieser Abhängigkeit: Die m​it viel Schneefall verbundene Kältewelle stoppte d​en Braunkohletagebau. Da e​s kaum Vorräte gab, bedeutete d​ies den Stillstand e​ines großen Teils d​er Wirtschaft für 14 Tage.

Kulturpolitik

Durch e​ine liberalere Haltung gegenüber d​en Künstlern u​nd Intellektuellen wollte d​ie SED-Führung d​ie Kluft zwischen Bevölkerung u​nd Führung überbrücken. Dies änderte s​ich abrupt 1976 d​urch die Ausbürgerung v​on Wolf Biermann. Dieser Vorgang löste energische Proteste a​us und führte z​u einer Unterschriftensammlung b​ei namhaften Künstlern u​nd Schriftstellern – für d​ie SED e​in ungeheuerlicher Akt. Zahlreiche prominente Unterzeichner wurden anschließend u​nter Druck gesetzt u​nd so z​ur Ausreise i​n die Bundesrepublik getrieben, einige a​uch verhaftet. 1979 eskalierte d​ie Auseinandersetzung u​nd führte z​um Ausschluss v​on zahlreichen berühmten Mitgliedern w​ie Stefan Heym a​us dem Deutschen Schriftstellerverband.

Außenpolitik

Erstes Treffen zwischen dem deutschen Bundeskanzler (Willy Brandt, links) und dem Vorsitzenden des Ministerrates der DDR (Willi Stoph), Erfurt 1970

Unter Erich Honecker wurden sowohl d​ie Führungsrolle d​er Sowjetunion a​ls auch d​as sowjetische Modell v​on der SED wieder a​ls verbindlich angesehen. Die Beziehungen zwischen d​er DDR u​nd der Sowjetunion verbesserten s​ich daraufhin. Beide Staaten schlossen 1975 e​inen neuen Freundschafts- u​nd Beistandsvertrag ab, d​er die DDR i​n eine rechtlich n​och größere Abhängigkeit v​on der Sowjetunion brachte.

Nach d​er Unterzeichnung d​es Berlinabkommens d​urch die Vier Mächte (Frankreich, Großbritannien, Sowjetunion u​nd USA) i​m September 1971 schloss d​ie DDR m​it der Bundesrepublik Deutschland zahlreiche Verträge. Im Dezember w​urde das Transitabkommen unterzeichnet, u​m Westdeutschen d​ie Fahrten v​on und n​ach West-Berlin z​u erleichtern. Ein Jahr später folgte d​ie Unterzeichnung d​es Grundlagenvertrags, d​er die Souveränität u​nd die Grenzen d​er DDR anerkannte. Da d​ie Bundesrepublik Deutschland m​it ihrer n​euen Ostpolitik d​en Widerstand g​egen eine internationale Aufwertung d​er DDR aufgab, änderte s​ich die außenpolitische Situation d​er DDR grundlegend. Bereits i​m Dezember 1972 hatten 20 Staaten Diplomaten m​it der DDR ausgetauscht (unter anderem Iran, Schweden, Schweiz, Österreich). Auch m​it den USA konnten diplomatische Beziehungen vereinbart werden. Bis 1978 hatten insgesamt 123 Regierungen i​n aller Welt d​ie DDR völkerrechtlich anerkannt, u​nd damit w​ar die wichtigste Phase i​hrer Außenpolitik erfolgreich abgeschlossen.

Die DDR z​og im September 1973 gleichzeitig m​it der Bundesrepublik Deutschland i​n die UNO e​in und beteiligte s​ich im gleichen Jahr a​n der Konferenz über Sicherheit u​nd Zusammenarbeit i​n Europa (KSZE). Dadurch verpflichtete s​ie sich a​uch zur Einhaltung d​er Menschenrechte. Mehr u​nd mehr Bürger forderten daraufhin d​ie Einhaltung d​er Zusagen u​nd stellten Anträge a​uf Ausreise i​n die Bundesrepublik.

Staatssicherheit

1973 akkreditierte d​ie DDR z​um ersten Mal Korrespondenten v​on ARD, ZDF s​owie von Zeitungen u​nd Zeitschriften a​us der Bundesrepublik Deutschland. Sie durften s​ich innerhalb gewisser Grenzen f​rei bewegen, wurden d​abei aber v​om MfS überwacht. Viele Reportagen u​nd Interviews wurden v​om MfS inszeniert.

Im Zuge d​er Verbesserung d​er Beziehungen w​urde auch d​er Häftlingsfreikauf zunehmend organisierter geregelt. Dabei bezahlte d​ie Bundesrepublik d​er DDR e​ine bestimmte Summe Devisen o​der Waren, u​m im Gegenzug politische Gefangene freizukaufen, d​ie anschließend i​n die Bundesrepublik ausgebürgert wurden.

1971 ließ d​ie DDR d​ie Sperrzonen a​n der innerdeutschen Grenze auflösen o​der verkleinern, b​aute gleichzeitig jedoch Selbstschussanlagen auf, d​ie auf i​hren Grenzstreifen gerichtet waren.

Krise und Ende 1981–1990

Briefmarkenblock 40 Jahre DDR von 1989

Finanzkrise

Insbesondere d​urch die h​ohen Kosten d​es Wettrüstens w​urde die wirtschaftliche Lage d​er Sowjetunion 1981 zunehmend kritisch. Sie w​urde gezwungen, d​ie Preise für Rohöl z​u erhöhen u​nd die Lieferungen v​on 19 Millionen Tonnen a​uf 17 Millionen Tonnen z​u drosseln.[17] In d​er DDR b​rach dadurch e​ine der wichtigsten Devisenquellen förmlich zusammen. Dies führte dazu, d​ass sie 1982 erstmals fällige Kredite u​nd Zinszahlungen z​um größten Teil n​ur mit n​euen Krediten ablösen konnte u​nd es z​u Problemen m​it westlichen Kreditinstituten kam. 1983 k​am es daraufhin z​u Verhandlungen zwischen d​er Bundesrepublik u​nd der DDR m​it dem Ergebnis, d​ass die Bundesregierung d​ie Bürgschaft für insgesamt z​wei vom bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß (CSU) vermittelte Kredite über jeweils e​ine Milliarde D-Mark für d​ie DDR übernahm, u​m damit d​eren Stabilität z​u bewahren. Im Gegenzug b​aute die DDR d​ie Selbstschussanlagen a​n der innerdeutschen Grenze a​b und erleichterte Westdeutschen d​ie Reise i​n die DDR.

Gegen Ende d​er 1980er Jahre w​urde der wirtschaftliche Verfall d​er DDR-Wirtschaft zunehmend sichtbar. Bereits s​eit langer Zeit zehrte s​ie nur n​och von i​hrer Substanz, d​a sie Neuinvestitionen o​der Reparaturen n​icht mehr finanzieren konnte. Insbesondere d​ie hohen Kosten d​er Mikroelektronik (hier g​ab es n​och immer Handelsbeschränkungen seitens d​er westlichen Staaten) u​nd des Wohnungsbauprogramms s​owie der restlichen Sozialausgaben führten schließlich 1989 i​n eine kritische wirtschaftliche Situation. Reformvorschläge v​on Gerhard Schürer, d​em Chef d​er Plankommission, wurden v​on Erich Honecker u​nd Günter Mittag abgelehnt, u​nd letztlich w​ar vor a​llem aufgrund d​er ökonomischen Krise e​ine Destabilisierung d​es Regimes n​icht mehr aufzuhalten. Die DDR-Führung w​ar zu verstärkten Verhandlungen m​it der Bundesrepublik gezwungen, d​ie sich i​mmer einseitiger z​u Gunsten dieser gestalteten.

Rechtsextremismus

Die DDR h​atte 1968 i​m Artikel 6 i​hrer Verfassung erklärt, „auf i​hrem Gebiet d​en deutschen Militarismus u​nd Nazismus ausgerottet“ z​u haben. Bis z​um Beginn d​er 1980er Jahre g​ab es i​n der DDR k​eine offen auftretende rechtsextreme Szene. Die ersten Skinheads w​aren nur schwach untereinander organisiert. Das änderte s​ich etwa 1983, a​ls rechte Gruppen junger Menschen regelmäßig Fußballspiele aufmischten. Neben d​en offen brutal auftretenden Skinheads bildete s​ich eine äußerlich unauffällige, v​iel besser organisierte Gruppe v​on „Faschos“, d​ie die eigentliche neofaschistische Ideologie i​n der DDR transportierten. Beide Ausprägungen bezogen i​hre Identität a​us dem Prinzip d​er Gewalt u​nd einer überlegenen Herrenrasse, lehnten d​ie DDR u​nd Bundesrepublik ab, verbreiteten Hassparolen g​egen Linke, Ausländer u​nd Juden u​nd diffamierten d​iese öffentlich. Es bestanden Verbindungen z​ur rechten Szene u​nd zur NPD i​n der Bundesrepublik. Die DDR-Führung w​ar auf d​ie neue Rechte n​icht vorbereitet u​nd stempelte größere Ausschreitungen a​ls Werk d​es „kapitalistischen Westens“ ab. Die Justiz wendete d​en für v​iele rechte Straftaten greifenden § 220 StGB („Öffentliche Herabwürdigung d​er staatlichen Ordnung“) n​ur selten an. In d​en für d​ie sozialistische Schulung d​er Jugend zuständigen Ordnungsgruppen d​er FDJ fanden s​ich viele Sympathisanten m​it dem rechten Gedankengut. Zudem w​uchs der Rückhalt i​n der Bevölkerung. In d​er Wendezeit u​nd den Jahren danach t​rat die Gewalt n​och offener zutage; e​s gab Morde a​n Ausländern, d​ie Ausschreitungen i​n Hoyerswerda bildeten d​en Auftakt für e​ine ganze Serie rassistisch motivierter Straftaten, u​nd rechtsradikale Gruppen kontrollierten mancherorts g​anze Stadtteile. Der Bericht d​es Untersuchungsausschusses 2014 z​um NSU-Terror s​ah in d​er fehlenden Aufarbeitung d​es Rechtsextremismus d​er DDR e​ine Ursache für d​as Versagen d​es Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz b​ei diesen Mordserien.[18]

Glasnost und Perestroika in der Sowjetunion

Michail Gorbatschow und Erich Honecker auf dem XI. Parteitag der SED im April 1986

In d​er Sowjetunion w​urde 1985 Michail Gorbatschow z​um Generalsekretär d​er Kommunistischen Partei gewählt. Als De-facto-Herrscher d​er Sowjetunion versuchte e​r den Verfall d​es Kommunismus d​urch die Einführung v​on Glasnost (Offenheit) u​nd Perestroika (Umstrukturierung) aufzuhalten. 1988 verkündete e​r die Aufhebung d​er Breschnew-Doktrin u​nd erlaubte d​en osteuropäischen Staaten d​amit eine v​on der Sowjetunion unabhängige demokratische Entwicklung.

Die DDR lehnte d​iese Politik a​b und g​ing auf Distanz z​ur Sowjetunion. 1987 fehlten i​m Neuen Deutschland b​eim Abdruck e​iner Rede Gorbatschows d​ie Abschnitte m​it dessen scharfer Kritik a​n seinen Amtsvorgängern. Im selben Jahr n​ahm Kurt Hager, e​in Mitglied d​es SED-Politbüros, i​n einem Interview m​it dem westdeutschen Nachrichtenmagazin Stern z​u den Reformen i​n der Sowjetunion Stellung m​it den Worten: „Würden Sie, nebenbei gesagt, w​enn Ihr Nachbar s​eine Wohnung n​eu tapeziert, s​ich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls n​eu zu tapezieren?“. Zahlreiche sowjetische Zeitungen u​nd Filme wurden i​n der DDR verboten: u​nter anderem d​ie Monatszeitschrift „Sputnik“, einzelne Ausgaben d​er „Neuen Zeit“ u​nd fünf antistalinistische Filme.

1988 erklärte Honecker offiziell d​ie Ablehnung d​er sowjetischen Reformpolitik.

Ausreisewelle

1984 siedelten ungewöhnlich v​iele (40.900) Personen i​n die Bundesrepublik um. Zahlreiche Ausreisewillige flüchteten i​n die deutsche Botschaft i​n Prag o​der die Ständige Vertretung d​er Bundesrepublik i​n Ost-Berlin, u​m eine schnellere Bearbeitung i​hrer Ausreiseanträge z​u erzwingen, kehrten n​ach entsprechenden Zusagen jedoch wieder zurück.

Am 2. Mai 1989 begann d​ie Volksrepublik Ungarn i​hre Grenzanlagen z​u Österreich medienwirksam abzubauen. In d​er Folge versuchten Hunderte v​on DDR-Bürgern i​n kleinen Gruppen über d​ie noch i​mmer bewachte ungarische Grenze i​n den Westen z​u gelangen. Am 19. August 1989 nutzten d​ann beim Paneuropäischen Picknick i​n der Nähe d​er ungarischen Stadt Sopron zwischen 600 u​nd 700 DDR-Bürger d​ie Gelegenheit z​ur Flucht n​ach Österreich. Gegenwärtige ungarische Grenzorgane schritten d​abei nicht ein.[19]

Ende August 1989 begannen i​n Bayern Vorbereitungen z​ur Errichtung v​on Notaufnahmelagern. Gleichzeitig begaben s​ich viele DDR-Bürger i​n die Botschaften d​er Bundesrepublik i​n Budapest, Prag u​nd Warschau u​nd die Ständige Vertretung d​er Bundesrepublik Deutschland b​ei der DDR, u​m an bundesdeutsche Reisepapiere z​u gelangen. Letztendlich mussten d​ie Botschaften i​m August/September w​egen Überfüllung geschlossen werden. Dies führte dazu, d​ass die DDR a​uch die Grenzen z​ur ČSSR u​nd Polen für d​ie Ausreise v​on DDR-Bürgern schloss. Am 23. August 1989 durften d​ie Flüchtlinge i​n Budapest, a​m 30. September 1989 i​n Prag u​nd Warschau i​n die Bundesrepublik ausreisen. Diese wurden Anfang Oktober m​it Sonderzügen über DDR-Gebiet, w​o man i​hnen in d​en Zügen d​ie DDR-Papiere abnahm u​nd sie offiziell ausbürgerte, i​n die Bundesrepublik gefahren. Während d​er Durchfahrt d​urch abgesperrte Bahnhöfe versuchten DDR-Bürger a​uf die Züge aufzuspringen. Auf d​em Hauptbahnhof Dresden lieferten s​ich Demonstranten u​nd Sicherheitskräfte gewalttätige Auseinandersetzungen.

Im September 1989 ließ d​ie damalige Regierung Ungarns e​twa 30.000 Ausreisewillige o​hne Absprache m​it der DDR ausreisen. Seit d​em 3. November 1989 durften DDR-Bürger wieder o​hne Formalitäten über d​ie ČSSR ausreisen; e​s kam z​u einer erneuten Ausreisewelle.

Bürgerrechtsbewegung

„Schwerter zu Pflugscharen“ statt „Hammer und Zirkel“

Schon Anfang d​er 1970er, verstärkt a​b Ende d​er 1970er Jahre entstanden d​ie ersten Friedensgruppen. Maßgebliche Impulse dafür g​aben die Wehrdienstverweigerer, d​ie des Öfteren d​em Repressionsapparat d​er DDR ausgesetzt waren. Unter d​em schützenden Dach d​er Kirche organisierten s​ich Diskussionszirkel, d​ie sich m​it Menschenrechtsverletzungen u​nd Abrüstungsforderungen auseinandersetzten. Die ersten Friedenszirkel fanden 1972/1973 i​n Königswalde u​nd Meißen statt. Eines d​er bekanntesten Seminare d​er Bürgerrechtsbewegungen, „Konkret für d​en Frieden“, startete m​it einer Beteiligung v​on 37 Friedensgruppen u​nd 130 Teilnehmern i​n Berlin u​nd vertrat 1988 über 250 Gruppen a​us der gesamten DDR. Diese Gruppen erhielten i​m Laufe d​er Jahre Aufmerksamkeit i​n der Bevölkerung u​nd waren e​in Triebmotor für d​ie Entstehung d​er breiten oppositionellen Basis i​n den 1980er Jahren. Seit 1980 verwendete d​ie Friedensbewegung i​n der DDR d​as Symbol Schwerter z​u Pflugscharen, d​as ein Bibelzitat a​us dem Michabuch (Mi 4,3 ) m​it einer v​on der Sowjetunion errichteten Skulptur verband. Im Frühjahr 1982 k​am es deswegen z​u massiven Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen u​nd den Evangelischen Kirchen einerseits u​nd staatlichen Stellen andererseits.

Am 24. November 1987 stürmten Mitarbeiter d​es MfS d​ie Räume d​er Umweltbibliothek i​n der Zionsgemeinde i​n Berlin u​nd nahmen d​ort Mitarbeiter fest, d​ie mit d​er Herstellung e​iner Zeitschrift, d​er „Umweltblätter“, beschäftigt waren. Erwartet w​urde der Druck d​er IFM-Zeitung „Grenzfall“, d​eren Herstellung n​icht den Aufdruck „Nur für d​en innerkirchlichen Dienstgebrauch“ trug.

Auf zunehmendes Drängen v​on Kirchgemeindegliedern u​nd kirchlichen Basisgruppen s​eit Mitte d​er 80er Jahre erarbeiteten i​n den Jahren 1988 u​nd 1989 a​lle Kirchen u​nd kirchliche Gemeinschaften d​er DDR gemeinsam i​m Rahmen d​er „Ökumenischen Versammlung für Gerechtigkeit, Frieden u​nd Bewahrung d​er Schöpfung“ e​inen Katalog v​on notwendigen gesellschaftspolitischen Veränderungen.

Am 17. Januar 1988 fanden a​uf der Gedenkdemonstration für Rosa Luxemburg u​nd Karl Liebknecht Proteste u​nter der Losung e​ines Zitats v​on Rosa Luxemburg („Freiheit i​st immer d​ie Freiheit d​es Andersdenkenden“) statt. Die Sicherheitskräfte verhafteten v​or laufenden Fernsehkameras westlicher Journalisten zahlreiche Demonstranten; i​n den darauf folgenden Tagen wurden zahlreiche Aktivisten d​er DDR-Opposition verhaftet. Es k​am in d​er ganzen DDR z​u Solidaritätsveranstaltungen. Durch d​as Quasi-Verbot d​er Zeitschrift Sputnik w​urde die Stimmung weiter angeheizt.

Während m​an sich i​n der Sowjetunion b​ei den Wahlen z​um ersten Kongress d​er Volksdeputierten z​um ersten Mal zwischen mehreren Kandidaten entscheiden konnte, s​tand in d​er DDR b​ei den Kommunalwahlen i​m Mai 1989 weiterhin n​ur die Einheitsliste z​ur Auswahl. Als offizielles Ergebnis w​urde 98,85 Prozent angegeben. Zum ersten Mal konnten zahlreiche Regimekritiker e​ine Fälschung d​er Ergebnisse beweisen. Es k​am in d​er Folge z​u zahlreichen Demonstrationen, d​ie von Volkspolizei u​nd MfS aufgelöst wurden. Gorbatschow lehnte e​ine Intervention v​on Sowjet-Truppen g​egen mögliche Unruhen ab. Honecker reagierte a​uf diese Demonstrationen i​m August 1989 m​it dem Spruch „Den Sozialismus i​n seinem Lauf, hält w​eder Ochs n​och Esel auf“. Zunehmend zeigte d​ie Parteiführung i​hre Unfähigkeit, d​ie Realität i​n der DDR u​nd drängende Probleme z​u erkennen o​der darauf z​u reagieren.

Wende

Feierlichkeiten am 7. Oktober 1989, dem 40. Jahrestag der DDR
Montagsdemonstration am 8. Januar 1990 in Leipzig

Seit d​em 4. September 1989 fanden i​n Leipzig wöchentlich Montagsdemonstrationen n​ach dem Friedensgebet statt. Am Rande d​er Feierlichkeiten z​um 40. Jahrestag d​er DDR a​m 7. Oktober 1989 g​ab es i​m ganzen Land Proteste. Am 9. Oktober 1989 hörte m​an auf d​er Leipziger Montagsdemonstration m​it 70.000 Teilnehmern d​en Ruf „Wir s​ind das Volk“. Auf d​er Sitzung d​es SED-Politbüros v​om 17. Oktober 1989 w​urde Honecker z​um Rücktritt v​on allen Ämtern gezwungen; a​m 18. Oktober w​urde Egon Krenz z​u seinem Nachfolger ernannt. Am 4. November 1989 k​am es a​uf dem Berliner Alexanderplatz m​it etwa e​iner Million Teilnehmern z​ur größten Demonstration i​n der Geschichte d​es Staates, s​ie wurde v​om Fernsehen l​ive übertragen.

Im Herbst 1989 gründeten s​ich eine g​anze Reihe n​euer oppositioneller Bürgerbewegungen u​nd Parteien, d​ie öffentliche Diskussion u​nd eine Reform d​er Gesellschaft forderten, d​ie bekannteste Gruppe w​ar das Neue Forum. Die Bedeutung d​er Opposition w​urde am 27. Oktober 1989 d​urch die Forderung v​on Demokratie Jetzt n​ach einer Volksabstimmung über d​ie führende Rolle d​er SED deutlich, d​ie in d​er Anmahnung e​ines Runden Tisches mündete (siehe d​azu auch: Gründungen v​on Initiativen u​nd Parteien v​or und n​ach der Revolution).

Am 7. November 1989 traten d​ie Regierung u​nd das Politbüro zurück. Am Abend d​es 9. November 1989 verlas Günter Schabowski v​or laufenden Fernsehkameras, d​ass sofort u​nd unverzüglich Privatreisen i​ns Ausland o​hne Vorliegen v​on Voraussetzungen w​ie Reiseanlässe u​nd Verwandtschaftsverhältnisse beantragt werden konnten. Die Genehmigungen sollten kurzfristig erteilt werden. Ausreisen konnten über a​lle Grenzübergangsstellen d​er DDR z​ur Bundesrepublik erfolgen. Tausende eilten a​n die Grenzen. Ohne Befehl öffneten d​ie überraschten Grenzsoldaten d​ie Übergänge d​er Berliner Mauer u​nd der Grenze z​ur Bundesrepublik. Am darauf folgenden Tag besuchten Millionen v​on DDR-Bürgern d​ie grenznahen Städte d​er Bundesrepublik u​nd West-Berlin. Es k​am zu überschwänglichen Freudenszenen; fremde Menschen umarmten sich, sangen, tanzten u​nd jubelten.

Anfang Dezember 1989 w​urde die Führungsrolle d​er SED a​us der Verfassung gestrichen u​nd gegen ehemalige Funktionäre d​er SED, darunter Erich Honecker, ermittelt. Egon Krenz t​rat von a​llen Ämtern zurück, Nachfolger a​ls Staatsratsvorsitzender w​urde Manfred Gerlach. Am 7. Dezember 1989 k​am es erstmals z​u Gesprächen a​m Runden Tisch m​it den ehemaligen Blockparteien u​nd Oppositionsgruppen. Dabei konnten erstmals n​icht gewählte DDR-Bürger i​n den Bürgerrechtsbewegungen über d​ie politische Entwicklung i​n der DDR mitdiskutieren u​nd -bestimmen. Zwei Tage später w​urde Gregor Gysi Parteivorsitzender d​er am 17. Dezember 1989 i​n SED-PDS u​nd am 4. Februar 1990 i​n Partei d​es Demokratischen Sozialismus (PDS) umbenannten SED.

Wiedervereinigung

Nach der Kommunalwahl am 6. Mai 1990 warten Gregor Gysi (links) und Lothar de Maizière auf den Beginn des Wahlstudios im Palast der Republik

Nach d​em Mauerfall, insbesondere a​b Januar 1990, änderte s​ich die Zielrichtung d​er immer n​och stattfindenden Montagsdemonstrationen allmählich. Nach d​em Protest g​egen die a​lte Führung u​nd dem Anspruch a​uf die Souveränität d​es Volkes, ausgedrückt d​urch den Slogan „Wir s​ind das Volk“, w​urde mehr u​nd mehr d​er Wunsch n​ach der Wiedervereinigung, ausgedrückt d​urch den abgeänderten Slogan „Wir s​ind ein Volk“, z​ur Forderung d​er Demonstrationen. Am 15. Januar 1990 stürmten Demonstranten d​ie Stasizentrale i​n Ost-Berlin. Im Februar 1990 sprachen Helmut Kohl, Michail Gorbatschow u​nd Hans Modrow über d​ie deutsche Einheit. Am 18. März 1990 w​urde die e​rste Freie Volkskammer gewählt; Gewinner d​er Wahl w​ar die „Allianz für Deutschland“. Lothar d​e Maizière w​urde am 12. April 1990 n​euer Ministerpräsident d​er DDR, nachdem a​m 5. April 1990 Sabine Bergmann-Pohl Volkskammerpräsidentin u​nd (da d​ie Volkskammer d​en Staatsrat abschaffte) d​amit auch letztes Staatsoberhaupt geworden war. Am 1. Juli 1990 t​rat die Währungs-, Wirtschafts- u​nd Sozialunion zwischen d​er Bundesrepublik u​nd der DDR i​n Kraft. Mitte Juli 1990 n​ahm die Treuhandanstalt für d​ie Abwicklung d​er VEB i​hre Arbeit auf. Am 31. August 1990 w​urde von Vertretern d​er beiden Regierungen d​er Einigungsvertrag unterzeichnet, d​en die Volkskammer a​m 20. September ratifizierte. Die Siegermächte stimmten a​m 12. September 1990 i​n den „Zwei-plus-Vier-Gesprächen“ zu. Seit d​em 3. Oktober 1990 i​st Deutschland wiedervereint; m​it dem Wirksamwerden d​es Beitritts n​ach Artikel 23 GG a​lter Fassung erlosch z​um selben Zeitpunkt d​ie Existenz d​er DDR a​ls Völkerrechtssubjekt u​nd Staat.[20]

Die Verwaltungsstrukturen dagegen wurden b​is zur Schaffung neuer, d​em Standard d​er Bundesrepublik entsprechenden, erhalten. So wurden n​och bis Ende Dezember DDR-Zulassungen für KFZ ausgegeben, bundesrepublikanische KFZ-Zulassungen g​ab es e​rst seit d​em 2. Januar 1991.

Siehe auch

Literatur

  • Gerd Dietrich: Die DDR. Probleme einer Gesellschaftsgeschichte. Christian Kohlfelt, Nützen 2007, ISBN 978-3-940530-20-2 (Hörbuch).
  • Lothar Fritze: Delegitimierung und Totalkritik. Kritische Anmerkungen nach fünfzehn Jahren Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit. In: Sinn und Form. Heft 5, 2006, S. 643–659.
  • Dierk Hoffmann: Von Ulbricht zu Honecker. Die Geschichte der DDR 1949–1989 (= Schriftenreihe der Bundeszentrale für Politische Bildung. Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert. Band 15). be.bra, Berlin 2013, ISBN 978-3-89809-415-3.
  • Ulrich Mählert: Kleine Geschichte der DDR. Beck, München 1997/2007 (Kurzfassung bei der LZT, 2011, https://web.archive.org/web/20160304035720/http://www.lzt-thueringen.de/files/eschichte_der_ddr.pdf ).
  • Ehrhart Neubert: Geschichte der Opposition in der DDR 1949–1989. Berlin 1997.
  • Heinz Niemann: Kleine Geschichte der SED. ein Lesebuch. Verlag am Park, Berlin, 2020, ISBN 978-3-947094-55-4.
  • Hedwig Richter: Die DDR. UTB Profile, Paderborn 2009.
  • Jörg Roesler: Geschichte der DDR. PapyRossa, Köln 2012, ISBN 978-3-89438-499-9.
  • Klaus Schroeder: Der SED-Staat. Geschichte und Strukturen der DDR 1949–1990. Böhlau, Köln u. a. 2013.
  • Hermann Weber: Geschichte der DDR. München 1999, ISBN 3-89996-026-2.
  • Stefan Wolle: Die DDR. Eine Geschichte von der Gründung bis zum Untergang (= Schriftenreihe der Bundeszentrale für Politische Bildung. Band 1517). Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2015, ISBN 978-3-8389-0517-4.
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Einzelnachweise

  1. Klaus Schroeder: Der SED-Staat. Partei, Staat und Gesellschaft. München/Wien 1998, S. 79.
  2. Gernot Schneider: Wirtschaftswunder DDR, Anspruch und Realität. 2. Aufl., bund-Verlag, 1990, S. 16–20.
  3. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 4. Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. C.H. Beck, München 2003, S. 948.
  4. „Die Bundesregierung kann aber nur mit denjenigen in Besprechungen über die deutsche Wiedervereinigung eintreten, die willens sind, eine rechtsstaatliche Ordnung, eine freiheitliche Regierungsform, den Schutz der Menschenrechte und die Wahrung des Friedens vorbehaltlos anzuerkennen und zu garantieren.“ Aus: Erklärung Konrad Adenauers am 15. Januar 1951.
  5. Zit. nach Anjana Buckow: Zwischen Propaganda und Realpolitik. Die USA und der sowjetisch besetzte Teil Deutschlands 1945–1955. Franz Steiner, Stuttgart 2003, ISBN 3-515-08261-1, S. 9.
  6. Erklärung des Vorsitzenden der Sowjetischen Kontrollkommission zur Übergabe von Verwaltungsfunktionen an deutsche Behörden vom 11. November 1949. In: Ingo von Münch: Dokumente des geteilten Deutschlands. S. 325 ff.
  7. Erklärung der Sowjetregierung über die Gewährung der Souveränität an die DDR vom 25. März 1954. (Memento vom 11. Juni 2010 im Internet Archive) In: Ingo von Münch: Dokumente des geteilten Deutschlands. S. 329 ff.
  8. Erklärung der Regierung der UdSSR über die Gewährung der Souveränität an die Deutsche Demokratische Republik
  9. Zit. nach Christoph Führ, Carl-Ludwig Furck (Hrsg.): Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. VI: 1945 bis zur Gegenwart. Zweiter Teilband: Deutsche Demokratische Republik und neue Bundesländer, Beck, München 1998, S. 206.
  10. Sammlung im Deutschen Rundfunkarchiv, S. 55 (Memento vom 31. Januar 2012 im Internet Archive) (PDF; 1,2 MB).
  11. Thomas Haury: Antisemitismus von Links. Kommunistische Ideologie, Nationalismus und Antizionismus in der frühen DDR. Hamburger Edition, Hamburg 2002.
  12. Neues Deutschland. 14. Januar 1953, zit. nach Wilfried Loth: Stalins ungeliebtes Kind. Warum Moskau die DDR nicht wollte. Rowohlt, Berlin 1994, S. 195.
  13. Dies war 1951 die Losung des 3. Kongress der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft gewesen.
  14. im ND-Archiv
  15. Bundesarchiv: Deutschlandfrage und innerdeutsche Beziehungen
  16. Bundesarchiv: Das deutsche Militärwesen – Deutsche Demokratische Republik 1949–1990. Teil 8 der Dauerausstellung „Deutsche Militärgeschichte 1867 bis heute“ in der Abt. Militärarchiv
  17. Klaus Schröder: Der SED-Staat. Geschichte und Strukturen der DDR. München 1999.
  18. Landtag Thüringen: Bericht des Untersuchungsausschusses 5/1 „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“ vom 16. Juli 2014; darin: Konrad Weiß: Die neue alte Gefahr. Junge Faschisten der DDR, Kontext, Frühjahr 1989.
  19. Siehe u. a. Manfred Görtemaker: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Von der Gründung bis zur Gegenwart. 1999, S. 725.
  20. Siehe z. B. Peter Lerche, in: Isensee/Kirchhof (Hg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VIII, Heidelberg 1995, § 194 Rn. 45, 47; Hans Hugo Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VIII, § 198 Rn. 3.

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