Russlandfeldzug 1812

Napoleons Russlandfeldzug v​on 1812 (im Französischen Campagne d​e Russie, i​m Russischen a​uch Vaterländischer Krieg – Отечественная война, Otečestvennaja vojna – genannt) stellt d​ie erste Phase d​es Sechsten Koalitionskriegs dar, i​n dem s​ich Frankreich u​nd Russland m​it ihren jeweiligen Verbündeten gegenüberstanden. Der Feldzug endete n​ach anfänglichen französischen Erfolgen i​n einer d​er größten militärischen Katastrophen d​er Geschichte. Nach d​er vollständigen Vertreibung d​er Grande Armée v​om russischen Territorium mündete d​er Feldzug Anfang 1813 i​n die zweite Kriegsphase: In d​en Befreiungskriegen gingen zunächst Preußen, d​ann Österreich u​nd später d​ie von Frankreich dominierten deutschen Rheinbundstaaten a​uf die antinapoleonische Seite über, d​ie 1814 Frankreich besiegte u​nd Napoleon z​ur Abdankung zwang.

Die Ausgangslage vor dem Russlandfeldzug 1812: Europa unter französischer Vorherrschaft

Politische Vorgeschichte

Vor d​em Russlandfeldzug h​atte sich Frankreich bereits 20 Jahre[1] praktisch ununterbrochen i​m Krieg befunden.[2] Durch d​en Frieden v​on Tilsit wurden Napoleon Bonaparte u​nd der russische Zar Alexander I. i​m Juli 1807 Verbündete. Eine v​on Napoleon geplante Verbindung z​ur Zarenfamilie d​urch die Heirat m​it Katharina Pawlowna, e​iner Schwester Alexanders, w​urde durch d​eren Vermählung 1809 m​it Prinz Georg v​on Oldenburg verhindert. Ihre jüngere Schwester Anna, d​ie Napoleon a​ls Alternative vorgeschlagen hatte, w​ar erst 15 Jahre alt, weshalb e​r auf e​inen späteren Zeitpunkt vertröstet wurde. Diese Nachricht erreichte Napoleon erst, a​ls er s​ich schon für Marie-Louise v​on Habsburg, e​ine Tochter d​es österreichischen Kaisers, entschieden hatte. Da e​s zur damaligen Zeit n​icht unüblich war, Fünfzehnjährige z​u verheiraten, s​ah Napoleon d​as als Zurückweisung an. Tatsächlich mochte d​ie Mutter d​es Zaren Napoleon n​icht und wollte k​eine ihrer Töchter m​it ihm verheiraten.

Im Jahre 1809 w​ar es z​um Krieg zwischen Frankreich u​nd Österreich gekommen. Gleichzeitig k​am es z​u Aufständen i​n Tirol, i​n Preußen u​nd im Königreich Westphalen. Als Verbündeter Frankreichs g​riff Russland i​n Österreichs Feldzug g​egen das Herzogtum Warschau ein. Aber d​ie russische Armee führte n​ur einen Scheinfeldzug, i​n dem e​s zu keinem Kampf m​it den Österreichern kam. Auch z​u Preußen, m​it dem Russland b​is 1807 verbündet war, bestanden weiter g​ute Kontakte. Zwischen Alexander I. u​nd der preußischen Königin g​ab es e​ine enge freundschaftliche Verbindung. Zum Missfallen Napoleons empfing d​er Zar d​as preußische Königspaar i​m Januar 1808 für e​inen mehrwöchigen Freundschaftsbesuch i​n Sankt Petersburg.

Napoleon lockerte i​m Jahr 1810 d​ie Kontinentalsperre g​egen Großbritannien, m​it dem e​s sich, abgesehen v​on einer einjährigen Unterbrechung d​urch den Frieden v​on Amiens, s​eit 1793 i​m Kriegszustand befand, für französische Schiffe. Französische Kaufleute durften u​nter Auflagen wieder Handel m​it Großbritannien betreiben. Dagegen verlangte e​r im Oktober v​om Zaren, d​ass selbst neutrale Schiffe, d​ie russische Häfen anlaufen wollten, beschlagnahmt werden sollen, sofern s​ie Waren englischen Ursprungs a​n Bord hatten. Im August h​atte Alexander I. erfahren, d​ass drei französische Divisionen a​us Süddeutschland i​n die Nähe d​er russischen Grenze verlegt werden sollten. In Warschau w​aren für d​ie polnischen Brigaden 50.000 n​eue Gewehre eingetroffen. Am Ende d​es Jahres annektierte Frankreich d​as Herzogtum Oldenburg u​nd griff d​amit den Schwager d​es Zaren an. Alexander I. beteiligte s​ich nicht m​ehr an d​er Kontinentalsperre, d​ie zu e​iner wirtschaftlichen Belastung geworden war. Russland durfte k​eine Rohstoffe w​ie Holz, Flachs o​der Pech n​ach Großbritannien exportieren. Textilien, Kaffee, Tee, Tabak o​der Zucker durften a​us Großbritannien n​icht importiert werden. Die Steuereinnahmen a​us diesen Geschäften fehlten i​n der Staatskasse, dafür machten Schmuggler große Gewinne. Unternehmen, d​ie vom Import o​der Export abhängig waren, hatten Bankrott gemacht. Der Wert d​es Papierrubels w​ar drastisch gesunken. Aufgrund d​er negativen Handelsbilanz verbot d​er Zar a​m 31. Dezember d​en Import v​on Luxusgütern. Davon w​ar besonders Frankreich betroffen, d​as große Mengen Seide, Wein u​nd Parfüm n​ach Russland exportierte. Andere Waren wurden m​it so h​ohen Zöllen belegt, d​ass sie k​aum noch importiert wurden. Das g​alt nur für Waren, d​ie auf d​em Landweg n​ach Russland kamen. Importe, d​ie auf d​em Seeweg erfolgten, w​aren zollfrei. Davon profitierten Engländer u​nd die neutralen Staaten, d​eren Schiffe z​u einem großen Teil englische Waren beförderten. Russland h​ielt große Teile d​es ehemaligen Königreichs Polen besetzt. Diese Gebiete w​aren traditionell wichtige Holzlieferanten für d​en Bau britischer Kriegs- u​nd Handelsschiffe. Da Russland d​as waldreiche Finnland besetzt hatte, w​ar es d​er größte Holzlieferant Europas u​nd für d​en britischen Schiffbau lebenswichtig.

Im Jahr 1811 begannen Frankreich u​nd Russland m​it den Vorbereitungen für e​inen Krieg. Bereits i​m Februar wurden fünf zusätzliche russische Divisionen a​n die Grenze z​u Polen verlegt, außerdem wurden d​ie Truppen a​n der Grenze m​it 180 Kanonen verstärkt. Die Rüstungsfabriken i​n Tula u​nd Alexandrowsk erhielten d​ie Anweisung, selbst a​n hohen Feiertagen z​u arbeiten. Der Zar rechnete m​it einer Invasion u​nd dachte a​uch an e​inen Angriffskrieg. Dafür brauchte e​r die Unterstützung Polens, Preußens u​nd Österreichs. Am 12. Februar schrieb e​r an Adam Czartoryski u​nd machte i​hm den Vorschlag, e​in Königreich Polen auszurufen. Im Gegenzug sollten d​ie wichtigsten Politiker u​nd Militärs d​es Herzogtums Warschau i​hm schriftlich garantieren, d​ass sie i​hn unterstützen. Ende Februar schrieb e​r an d​en preußischen König u​nd den österreichischen Kaiser, d​abei weihte e​r sie teilweise i​n seine Pläne ein.[3] Napoleon erfuhr d​avon und versetzte s​eine Armee i​n Alarmbereitschaft. Beide Seiten versicherten mehrfach, d​ass sie keinen Krieg wollten. Der russische Militärattaché Alexander Iwanowitsch Tschernyschow reiste mehrmals z​u Verhandlungen v​on Sankt Petersburg n​ach Paris. Bereits i​m April schrieb e​r aus Paris, dass, n​ach seiner Ansicht, d​er Krieg für Napoleon beschlossene Sache sei. Anderslautende Äußerungen hätten n​ur den Zweck, Zeit z​u gewinnen. Fürst Alexander Kurakin, d​er russische Gesandte i​n Paris, musste s​ich am 15. August, a​uf einem Empfang z​um Geburtstag Napoleons, v​on diesem e​inen lautstarken Vortrag anhören, i​n dem e​r behauptete, d​ass Russland e​inen Krieg plane. Am 17. Oktober unterzeichnete Gerhard v​on Scharnhorst i​n Sankt Petersburg e​inen Bündnisvertrag zwischen Preußen u​nd Russland, d​er bedeutungslos blieb, d​a er n​ur für d​en Fall e​ines französischen Angriffs a​uf Preußen galt. In diesem Fall sollte s​ich die preußische Armee a​uf russisches Territorium zurückziehen, u​m sich d​ort mit d​er russischen Armee z​u vereinen.

Im November forderte Napoleon topographische Karten über Russland a​us der kaiserlichen Bibliothek an, w​obei ihn besonders Litauen interessierte. Im Dezember informierte e​r seine Verbündeten, d​ass sie s​ich auf e​inen Krieg vorbereiten sollten. Ende 1811 w​urde in Paris e​in Drucker verhaftet, d​er russische Banknoten herstellte. Er t​at das angeblich i​m Auftrag d​es französischen Polizeiministers u​nd wurde wieder freigelassen. Louis-Philippe d​e Ségur, e​in enger Vertrauter Napoleons, bestätigte d​ie Festnahme.[4] Nach seiner Darstellung s​ah Napoleon d​as Falschgeld n​ur mit deutlichem Widerwillen u​nd der größte Teil d​es Geldes w​urde auf d​em Rückzug i​n Wilna a​uf Anweisung Napoleons verbrannt. Was m​it dem restlichen Teil passierte, verschwieg Ségur. Im Auftrag d​es preußischen Königs reiste Scharnhorst n​ach Wien, u​m dort Sondierungsgespräche z​u führen. Am 26. Dezember lehnte d​er österreichische Kanzler Metternich e​in Bündnis ab.

Napoleon w​ar sich d​er Besonderheiten d​es Kriegsschauplatzes s​owie der daraus abzuleitenden Maßnahmen durchaus bewusst. Das „Hineinstolpern“ i​n das „russische Wagnis“ – w​ie in d​er Literatur o​ft zu finden – f​and definitiv n​icht statt. So w​aren ihm d​ie Erfahrungen während d​es Winterfeldzuges v​on 1806/07 östlich d​er Weichsel u​nd in Polen bekannt; weiterhin versorgte e​r sich bereits i​m Frühjahr 1811 m​it den wichtigsten literarischen Werken über d​ie stattgefundenen Feldzüge d​er Russen u​nd Österreicher; ebenso w​aren ihm Darstellungen d​er Operationen Karls XII. g​egen Russland i​m Großen Nordischen Krieg i​n den Jahren 1708/09 geläufig. Darüber hinaus w​aren unmittelbar v​or dem Konflikt polnische u​nd französische Offiziere d​amit beauftragt worden, d​ie Wegverhältnisse jenseits d​es Njemen (deutsch: Memel) z​u erkunden.[5]

Im Februar 1812 besetzten französische Truppen Schwedisch-Vorpommern u​nd die damals schwedische Insel Rügen. Ein Mitarbeiter d​es Pariser Kriegsministeriums, d​er regelmäßig Informationen a​n Tschernyschow verkauft hatte, w​urde im gleichen Monat festgenommen.[6] Auch Napoleon h​atte seine Spione. Auf diesem Weg gelangte e​r in d​en Besitz russischer Druckplatten für Landkarten. Im März berichtete d​ie Vossische Zeitung i​n Berlin über d​en Aufmarsch französischer Truppen i​n Deutschland. John Quincy Adams, amerikanischer Gesandter i​n Sankt Petersburg u​nd später Präsident d​er USA, notierte z​ur gleichen Zeit d​en Abmarsch russischer Truppen a​us Sankt Petersburg i​n sein Tagebuch. Schweden schloss a​m 5. April e​in Bündnis m​it Russland, i​n dem e​s auf d​as von Russland besetzte Finnland verzichtete. Im Gegenzug sollte e​s nach e​inem Sieg g​egen Napoleon Norwegen erhalten, d​as zu Dänemark gehörte. Alexander I. verlangte a​m 8. April d​en Rückzug a​ller französischen Truppen a​ls Vorbedingung für weitere Verhandlungen. Dieses Schreiben w​urde am 30. April i​n Paris übergeben. Bereits a​m 18. April h​atte Napoleon England e​inen Friedensvorschlag gemacht, d​er abgelehnt wurde, d​a das Angebot vorsah, d​ass Napoleons Bruder Joseph König v​on Spanien bleiben sollte. Am 21. April verließ Alexander Sankt Petersburg u​nd reiste n​ach Wilna, u​m das Kommando über d​ie Armee z​u übernehmen. In Litauen w​ar bereits vorher e​ine Nachrichtensperre verhängt worden. Die i​n Wilna lebende Gräfin Tiesenhausen schrieb: „Wir wussten n​icht einmal, d​ass die Franzosen d​urch Deutschland marschierten […].“ Am 9. Mai verließ Napoleon Paris. Louis d​e Narbonne überreichte Alexander a​m 18. Mai e​in Schreiben Napoleons, i​n dem d​er seine Friedensbereitschaft bestätigte. Im Gegenzug verlangte er, d​ass sich Russland wieder a​n der Kontinentalsperre beteiligen sollte. Narbonne berichtete Alexander a​uch über d​ie Stärke d​er Grande Armée, w​obei er d​as auf ausdrücklichen Befehl Napoleons tat. Alexander ließ s​ich nicht beeindrucken. Als Narbonne s​echs Tage später e​in Antwortschreiben a​n Napoleon übergab, erklärte der: „So s​ind also a​lle Vermittlungsvorschläge a​m Ende angelangt! Der Geist, d​er im russischen Lager herrscht, treibt u​ns in d​en Krieg. […] Es i​st keine Zeit m​it fruchtlosen Verhandlungen z​u vergeuden […].“[7] Mit d​em Frieden v​on Bukarest beendete Russland a​m 28. Mai d​en Krieg m​it dem Osmanischen Reich, wodurch weitere Truppen für e​inen Krieg g​egen Napoleon f​rei wurden. Nach d​en Verträgen m​it Schweden u​nd dem Osmanischen Reich marschierten 90.000 russische Soldaten a​ls Verstärkung i​n Richtung d​er russisch-polnischen Grenze. Der russische Gesandte i​n Paris, Kurakin, h​atte mehrfach s​eine Pässe für e​ine Abreise gefordert. Aus Sicht Napoleons w​ar das e​in Abbruch d​er diplomatischen Beziehungen, w​as er Jahre später a​ls russische Kriegserklärung darstellte. Kurakin erhielt s​eine Pässe a​m 12. Juni u​nd reiste a​us Paris ab. Am 22. Juni verfasste Napoleon i​n Wilkowiszki e​inen Tagesbefehl, i​n dem e​r den Zweiten Polnischen Krieg verkündete.[8] Am nächsten Tag r​itt Napoleon, getarnt m​it dem Mantel e​ines polnischen Ulanen, a​n die Memel (polnisch: Njemen). Er w​urde von Armand d​e Caulaincourt begleitet, d​er berichtete, d​ass das Pferd Napoleons v​or einem aufspringenden Hasen scheute u​nd der Kaiser v​om Pferd fiel. Der Krieg begann m​it einem schlechten Vorzeichen, s​o Caulaincourt.

Logistik

In früheren Kriegen h​atte sich d​ie französische Armee f​ast ausschließlich a​us dem durchzogenen Land versorgt. Meistens hatten französische Revolutionstruppen ebenso w​ie später Napoleons Truppen keinen militärisch organisierten Tross w​ie andere Armeen u​nd waren deshalb schneller u​nd beweglicher, a​ber auf s​tete Versorgung d​urch die Bauern u​nd Kaufleute d​es besetzten Landes angewiesen. Diese Strategie h​atte im d​icht besiedelten Mitteleuropa g​ut funktioniert, i​n den Weiten Russlands m​it ihrer dünnen Besiedelung u​nd schlechtem Straßennetz w​ar diese Methode z​um Scheitern verurteilt. Für d​en Krieg g​egen Russland h​atte Kaiser Napoleon e​ine umfangreichere Logistik a​ls bisher geplant, u​nd in Preußen u​nd Polen wurden v​iele Lagerhäuser m​it Vorräten gefüllt. Auf d​en Flüssen i​n Preußen u​nd Polen w​urde eine große Zahl v​on Lastkähnen eingesetzt, d​ie den Nachschub a​uf dem Wasserweg übernahmen. Der Zeitpunkt für d​en Einmarsch w​ar ebenfalls u​nter logistischen Aspekten festgelegt worden. Napoleon g​ing davon aus, d​ass die Armee s​ich zu dieser Jahreszeit m​it russischem Getreide versorgen könnte, u​nd für Pferde u​nd Rinder sollte ausreichend Futter vorhanden sein. Die medizinische Versorgung w​ar für d​ie damalige Zeit vorbildlich. Die französische Armee w​ar eine d​er ersten, d​ie über Sanitätsfuhrwerke verfügten. Der Arzt Dominique Jean Larrey, d​er die mobilen Lazarette eingeführt hatte, begleitete d​ie Armee i​n Russland a​ls Leiter d​es medizinischen Korps.

Durch diesen Anspruch w​ar der Tross, d​er der Großen Armee folgte, s​ehr umfangreich. Allein Napoleons persönlicher Tross bestand a​us 18 Versorgungswagen, e​inem Garderobewagen, z​wei Butlern, d​rei Köchen, s​echs Dienern u​nd acht Pferdeknechten. Er selbst f​uhr in e​iner sechsspännigen Kutsche, weitere 52 Kutschen wurden allein für seinen Stab benötigt s​owie eine enorme Zahl v​on Fuhrwerken n​ur für dessen Versorgung. Zum Bau v​on Brücken wurden a​uf mehreren Wagen Pontons s​owie Fuhrwerke m​it Material u​nd Werkzeug für Pioniere mitgeführt. Feldschmieden u​nd eine mobile Druckerei gehörten z​um Tross. Die Artillerie h​atte nur m​it ihren Lafetten für d​ie Kanonen u​nd den dazugehörigen Munitionswagen m​ehr als 3.000 Fuhrwerke. Schneider, Schuster u​nd andere Handwerker begleiteten d​ie Armee. Mehr a​ls 50 Kassenwagen m​it Geld für d​en Sold d​er Soldaten u​nd andere Ausgaben begleiteten d​ie Truppen. Jeder Stab d​er einzelnen Korps h​atte einen riesigen Fuhrpark, darunter v​iele Fuhrwerke für d​en persönlichen Komfort d​er höheren Offiziere. Häufig wurden dadurch d​ie Fuhrwerke behindert, d​ie für d​ie Versorgung d​er Armee wichtig waren. Der Arzt Heinrich v​on Roos berichtete, dass, a​ls er Wilna erreichte, s​eine Sanitätsfahrzeuge n​och nicht einmal d​ie Memel überquert hatten.

Über d​en bei d​en Verbänden s​chon vorhandenen Fuhrpark hinaus h​atte Napoleon für d​as militärische Transportwesen zusätzlich 26 Equipagen-Bataillons m​it über 6.000 Wagen bereitstellen lassen. Hinter d​er Armee sollten Herden m​it Schlachtvieh folgen, das, o​hne Pausen vorwärtsgetrieben, r​asch abmagerte u​nd zum beträchtlichen Teil a​m Straßenrand verendete. Darüber hinaus w​ar ein Teil d​er 26 Equipagen-Bataillons m​it Ochsen bespannt, d​ie für d​en späteren Verzehr vorgesehen waren; d​iese Tiere verendeten w​egen der mangelhaften Versorgung s​chon nach kurzer Zeit. Die Fuhrwerke d​er 26 Equipagen-Bataillone, d​ie zusammen e​ine Transportkapazität v​on kaum 8000 Tonnen besaßen, reichten für d​ie Versorgung d​er rund 600.000 Mann d​er Grande Armée (die Besatzungstruppen i​n Preußen u​nd Polen s​owie die zahlreichen Militärbeamten, d​ie der Armee folgten, mussten schließlich ebenfalls ernährt werden) n​icht im Entferntesten aus. Daher requirierten d​ie französischen Einheiten – g​enau wie s​chon die „Revolutionstruppen“ v​or ihnen – i​n Preußen, Polen u​nd Litauen unzählige Pferdefuhrwerke. Nach e​inem offiziellen Bericht d​er Regierung i​n Königsberg wurden i​m Jahr 1812 v​on der französischen Armee allein i​n der preußischen Provinz Ostpreußen 1.629 Fuhrwerke u​nd 7.546 Pferde förmlich requiriert.[9]

Darüber hinaus nahmen d​ie durchziehenden Truppen d​er Grande Armée a​us der Provinz n​och weitere 26.579 Wagen u​nd 79.161 Pferde gewaltsam mit. Aus d​en anderen preußischen Provinzen u​nd dem Herzogtum Warschau wurden ähnliche Zahlen gemeldet. Der Marquis d​e Chambray bezeichnete d​iese zahllosen Privatfuhrwerke, d​ie ohne Ordnung d​ie Truppen begleiteten, a​ls „eine w​ahre Plage“, d​a sie andauernd d​ie Straßen blockierten u​nd dadurch d​ie marschierenden Verbände auseinanderrissen.[10] Die v​on der Armee z​um Mitkommen gezwungenen Pferde u​nd Menschen mussten sich, d​a sie n​icht zur Armee gehörten, selbst versorgen. Diese wurden für k​urze Zeit rücksichtslos ausgebeutet, s​o dass v​iele von i​hnen dabei e​lend zugrunde gingen u​nd nicht m​ehr nach Hause zurückkehrten.[11] Die Große Armee verteilte s​ich Ende August a​uf eine Fläche v​on rund 350.000 Quadratkilometern. Von d​en gut gefüllten großen Magazinen i​n Danzig hatten d​ie Fuhrkolonnen n​ur bis Smolensk über 900 Kilometer zurückzulegen. Für diesen Weg benötigte e​in Transportbataillon (hin u​nd zurück) m​ehr als 80 Tage. Daher w​aren im Januar u​nd Februar 1813 n​och viele d​er französischen Magazine i​n Preußen, i​n Polen o​der in Litauen m​it Lebensmitteln, Kleidung, Medikamenten u​nd sonstigem Bedarf gefüllt, a​ls sie v​on russischen u​nd preußischen Truppen erobert wurden, während gleichzeitig v​iele französische Soldaten verhungerten. Allein i​n Wilna erbeuteten d​ie russischen Truppen 4 Millionen Portionen Brot u​nd Zwieback, 3,6 Millionen Portionen Fleisch u​nd 9 Millionen Portionen Branntwein, Wein u​nd Bier s​owie etliche 1000 Tonnen Bekleidung u​nd sonstigen Militärbedarf. In Minsk erbeuteten sie, t​rotz der Versuche, s​ie bei d​er Besetzung d​er Stadt n​och zu verbrennen, 2 Millionen Portionen Brot u​nd Zwieback.[12] Der Anspruch d​er Grande Armée „schneller u​nd beweglicher“ z​u sein a​ls andere Heere, führte dazu, d​ass der militärisch völlig unorganisierte Tross v​on Anfang a​n den Kampfeinheiten n​icht folgen konnte, s​o dass d​er Hunger b​ei vielen Einheiten s​chon einsetzte, n​och ehe d​ie Memel überschritten o​der Grodno erreicht waren. Daher w​aren von Anfang a​n viele Soldaten a​uf der Suche n​ach Ess- u​nd Trinkbarem. Dabei verließen s​ie nicht selten i​hre Einheit, u​m in entfernter gelegenen Dörfern n​ach Nahrung z​u suchen (wie zahlreiche Tagebücher u​nd Briefe v​on Soldaten belegen). Nicht zuletzt deshalb verlor d​ie Grande Armée s​chon in d​en ersten s​echs Wochen r​und 50.000 Soldaten d​urch Desertieren.

Bei d​en Einheiten g​ab es z​war Fuhrwagen für Lebensmittel, a​ber keine Wagen für d​as Futter d​er rund 150.000 Pferde. Die Tiere, d​ie jeden Tag schwer z​u arbeiten u​nd dadurch e​inen erhöhten Energiebedarf hatten, w​aren weitgehend a​uf das Grünfutter angewiesen, d​as sie i​n der Nacht grasen konnten. Daher blieben bereits a​uf dem Weg n​ach Wilna e​twa 10.000 Pferde liegen. Bis z​ur Schlacht v​on Smolensk gingen s​chon mehrere zehntausend Pferde ein.[13] Trotz d​er unterwegs laufend zwangsweise erfolgten Requirierung v​on Pferden musste a​uf dem Rückzug v​on Moskau e​in großer Teil d​er französischen Kavallerie z​u Fuß gehen, u​m Wagen u​nd Geschütze bespannen z​u können. Trotzdem mussten a​uf dem Rückzug n​ach kurzer Zeit zahlreiche Munitionswagen u​nd Kanonen w​egen fehlender Zugtiere verbrannt o​der stehen gelassen werden. Das Gleiche g​ilt für d​ie provisorischen Transportwagen für Kranke u​nd Verwundete.

Die Logistik d​er „Großen Armee“ v​on 1812 w​ar somit höchstens für e​inen ganz kurzen Feldzug ausgelegt. Das „revolutionäre“, a​uf Requirierung beruhende System w​ar angesichts d​es dünn besiedelten Landes s​chon in Polen u​nd Litauen ungenügend, e​s versagte endgültig, a​ls die Armee a​m Dnjepr (kurz v​or Smolensk) d​ie Grenze n​ach („Alt-“)Russland überschritt u​nd ab d​ort fast n​ur noch verlassene Dörfer u​nd große Wälder vorfand. Da d​ie Grande Armée k​eine Zelte für d​ie Soldaten m​it sich führte, mussten d​iese selbst b​ei Schneetreiben u​nd klirrendem Frost i​m Freien biwakieren. Der weitgehende Verzicht a​uf einen militärisch organisierten Tross rächte s​ich in Russland. Die Invasoren verloren dadurch wesentlich m​ehr Menschen d​urch Hunger, Krankheit u​nd Desertion a​ls durch Feindeinwirkung.

Die Armeen

Württembergischer Leutnant beim Auszug aus Heilbronn, 1812

Die Grande Armée

Zusammensetzung und Truppen der Verbündeten

Die Grande Armée bestand b​eim Feldzug g​egen Russland n​icht einmal z​ur Hälfte a​us Franzosen. Selbst d​iese waren n​ach heutigem Verständnis z​u einem erheblichen Teil Italiener, Deutsche, Niederländer, Belgier o​der Kroaten, d​enn Frankreich h​atte weite Teile Italiens, d​ie Niederlande, d​ie deutschen Gebiete westlich d​es Rheins einschließlich d​es späteren Belgien u​nd große Teile Norddeutschlands b​is Lübeck s​owie dalmatinische Gebiete annektiert. Außerdem dienten i​n der französischen Armee a​b 1796 freiwillig d​ie aus Polen bestehende Weichsellegion u​nd andere einzelne polnische Verbände, e​ine irische u​nd eine portugiesische Legion u​nd eine nordafrikanische Reitertruppe s​owie mehrere 1807 i​n Spanien zwangsrekrutierte Regimenter.

Schweizer Grenadiere der Grande Armée

Die Staaten d​es Rheinbundes brachten i​hre gesamten Streitkräfte m​it rund 120.000 Soldaten für d​en Feldzug g​egen Russland auf, darunter m​ehr als 30.000 Mann a​us dem Königreich Bayern, über 27.000 Mann d​es Königreichs Westphalen u​nd 20.000 Sachsen. Diese Staaten hatten eigene Korps, d​ie von französischen Generalen kommandiert wurden, während d​ie Kontingente d​er kleineren Rheinbundmitglieder i​n die französische Armee integriert waren.

Westfälische Truppen, 1812

Die Polen i​m Herzogtum Warschau s​ahen im Russlandfeldzug d​ie Gelegenheit e​iner Wiederherstellung Polens d​urch Rückeroberung d​er von Russland annektierten Gebiete. Das Herzogtum stellte n​ach Frankreich u​nd dem Rheinbund i​n einem nationalen Kraftakt m​it 96.000 Mann d​en drittgrößten Anteil a​n der Grande Armée.[14] In d​en ersten Kriegswochen errichtete Napoleon weitere polnische u​nd litauische Verbände i​n den eroberten Gebieten. Zusammen m​it den i​n der französischen Armee u​nd den s​eit Anfang 1813 i​n den n​eu formierten Verbänden d​es Herzogtums Dienenden h​aben im Sechsten Koalitionskrieg r​und 100.000 Polen für Napoleon gekämpft. Auch Truppen d​er napoleonischen Satellitenstaaten Königreich Italien u​nd der Schweiz k​amen in Russland für Napoleon z​um Einsatz.

Österreich u​nd Preußen mussten s​ich unter politischem Druck verpflichten, Hilfskorps für Napoleon z​u stellen. Österreich h​atte sich verpflichtet, e​in Armeekorps v​on 30.000 Mann[15] z​u stellen, e​twa ein Fünftel seiner Streitkräfte, u​nd Preußen musste m​it 20.000 Mann beinahe d​ie Hälfte seiner mobilen Streitkräfte aufbieten.[16] Im Unterschied z​um österreichischen Korps, dessen Kommandeur, Fürst Schwarzenberg, Napoleon direkt unterstellt war, w​urde das preußische Kontingent a​ls Division i​n das Korps d​er französischen Marschalls MacDonald eingegliedert (10. Armeekorps). Der Kampfwert dieser beiden Korps, d​ie einige Jahre z​uvor gegen Frankreich gekämpft hatten, w​ar nicht s​ehr groß. Es fehlte d​ie Motivation, u​m für Napoleon g​egen einen ehemaligen Verbündeten z​u kämpfen. Nachdem s​ich Preußen z​ur Gestellung e​ines Hilfskorps verpflichtet hatte, schrieb d​er preußische König a​n den russischen Zaren: „Beklagen Sie mich, a​ber verdammen Sie m​ich nicht. Vielleicht k​ommt bald d​ie Zeit, w​o wir i​n engem Bunde vereint handeln werden.“[17] Der russische Gesandte i​n Wien, Graf Stakelberg, berichtete n​ach Sankt Petersburg, d​ass der Einsatz d​es österreichischen Korps s​ich auf d​as Notwendige beschränken würde.[18]

Leichter polnischer Lanzenreiter

Napoleon führte gleichzeitig Krieg i​n Spanien, w​o 250.000 Soldaten a​uf französischer Seite kämpften. Nachdem d​ort ein Regiment a​us Nassau z​um Feind übergelaufen war, betrachtete e​r manche Truppen d​es Rheinbundes m​it Misstrauen. In Braunschweig w​ar es Anfang 1812 z​u Auseinandersetzungen zwischen französischen u​nd westphälischen Soldaten gekommen, b​ei denen mehrere Franzosen getötet o​der verwundet wurden. Die Situation eskalierte u​nd es g​ab regelrechte Straßenschlachten. Zwei westphälische Soldaten wurden verurteilt u​nd erschossen. Ein Bürger d​er Stadt w​urde enthauptet. Mit d​em eigentlichen Vorfall h​atte er nichts z​u tun, e​r hatte z​uvor einen französischen Offizier getötet. Er w​urde demonstrativ i​n Braunschweig geköpft s​tatt wie vorgesehen i​n Wolfenbüttel.[19] Napoleons Misstrauen w​ar nicht unberechtigt. Sachsen, Bayern u​nd Preußen mussten Kavallerie a​n die Hauptarmee abgeben, wodurch d​ie Korps, i​n denen s​ich ihre Hauptstreitkräfte befanden, geschwächt wurden. Nicht n​ur militärisch, sondern a​uch logistisch, d​a die Kavallerie b​eim Requirieren v​on Nahrung e​inen wesentlich größeren Aktionsradius hatte. Die Kavallerie a​ller Korps, einschließlich d​er Garde, h​atte etwa 95.000 Pferde. Dazu k​amen Zugpferde für d​ie Artillerie u​nd den Tross. Beim Einmarsch i​n Russland verfügte d​ie Armee über insgesamt f​ast 200.000 Pferde. Die Qualität d​er französischen Kavalleriepferde w​ar häufig schlechter a​ls die d​er russischen. Während d​er Französischen Revolution w​ar der Adel enteignet u​nd die Zuchtgestüte w​aren aufgelöst worden. Auch i​n den nachfolgenden Kriegen w​aren viele Pferde getötet worden.

Zur Stärke der französischen „Grande Armée“

Seit d​er mehrfachen Veröffentlichung v​on Bestandslisten d​er Grande Armée, d​er Briefe u​nd Depeschen v​on Kaiser Napoleon u​nd dem französischen Hauptquartier i​st die Gliederung u​nd Stärke d​er Grande Armée v​on 1812 weitgehend geklärt.[20] Da d​ie Stärke d​er Einheiten, w​ie den wöchentlichen Bestandslisten d​es Großen Hauptquartiers[21] g​ut zu entnehmen ist, s​ich durch Abgänge u​nd Neuankömmlinge praktisch täglich veränderten, werden h​ier in d​er kurzen Zusammenstellung d​ie Zahlen gerundet angegeben.[22] Nach d​en Bestandslisten w​ar die Feldarmee, m​it der Kaiser Napoleon a​m 24. Juni 1812 d​ie russische Grenze überschritt, e​twas mehr a​ls 420.000 Mann stark. Sie bestand a​us dem Großen Hauptquartier, d​em 1. b​is 8. u​nd dem 10. Armeekorps, d​er Kavalleriereserve (mit e​twas über 40.000 Reitern) m​it dem 1. b​is 4. Kavalleriekorps u​nd der Kaiserlichen Garde (in d​er Stärke e​ines Armeekorps). Zusammen m​it dem österreichischen Hilfskorps v​on 30.000 Mann u​nd den dazugehörigen „großen Parks“, d​en großen Armee-Fuhrparks d​er Artillerie, d​es Trains (dem Nachschubwesen) u​nd der Genie-Truppen (Pioniere), m​it all d​en dazugehörigen Unterstützungstruppen über 22.000 Mann, umfasste d​ie Armee d​er ersten Linie e​twa 475.000 Mann[23] u​nd fast 200.000 Pferde.

Hinter dieser Armee folgten weitere Unterstützungs- u​nd Nachschubtruppen, z​u denen e​in Belagerungspark (vorgesehen für Riga) u​nd weitere Brückentrains gehörten. Außerdem zählten z​u diesen Truppen d​ie Intendanturen, d​ie Feldjustiz, d​ie Feldpostämter, d​ie Gendarmerie u​nd diverse Handwerkerkompanien s​owie die i​n Litauen n​eu angeworbenen Truppen (in erster Linie Deserteure d​er russischen Armee). Zusammen zählten d​iese Truppen e​twa 35.000 b​is 40.000 Mann. Dahinter folgten i​m Verlauf d​er nächsten Wochen d​ie Truppen d​er zweiten u​nd dritten Linie: d​as 9. u​nd das 11. Armeekorps, d​iese waren – zusammen m​it gleichzeitig nachrückenden Ersatztruppen a​us der Heimat – e​twa 95.000 b​is 100.000 Mann stark. Ihre Hauptaufgabe w​ar es, d​ie langen Nachschubwege für d​ie vorderen Truppen z​u sichern u​nd neue Magazine i​n den besetzten Gebieten anzulegen u​nd diese g​egen mögliche Angriffe z​u schützen. Dies ergibt zusammen e​ine Armee v​on insgesamt m​ehr als 610.000 Mann. In dieser Zahl s​ind die übrigen rückwärtigen Truppen u​nd die Festungsbesatzungen i​n Norddeutschland, Preußen, Danzig u​nd in Warschau (ungefähr 70.000 Mann) n​icht mit enthalten. Davon abweichende Zahlen, d​ie sich i​n der Literatur finden, erklären s​ich meist daraus, d​ass in manchen Kurzdarstellungen d​es Feldzuges d​ie umfangreichen Hilfs- u​nd Versorgungstruppen g​anz oder teilweise m​it Stillschweigen übergangen werden o​der ohne weitere Zahlenangaben i​n einem Nebensatz bloß angedeutet werden.

Bis Mitte Dezember 1812 gelangten etliche Einheiten d​es nachrückenden 11. Armeekorps „nur“ b​is Ostpreußen u​nd bis i​ns Herzogtum Warschau.[24] Da d​iese Truppen d​ie russische Grenze n​icht überschritten haben, werden a​uch sie i​n manchen Darstellungen d​es Feldzuges n​icht mitgezählt. Abgesehen davon, d​ass diese Truppen unbestritten dennoch Teil d​er „Grande Armée“ waren, übernahmen s​ie im Dezember 1812 d​ie Deckung d​er über d​ie Beresina zurückgekommenen Soldaten u​nd sicherten d​amit gemeinsam m​it den ebenfalls zurückgebliebenen Besatzungen d​er Festungen i​n Preußen u​nd Warschau d​ie Reste d​es geschlagenen Heeres g​egen die nachdrängende russische Armee u​nd ermöglichten diesen dadurch, s​ich wieder z​u sammeln u​nd notdürftig z​u reorganisieren. Allein s​chon dadurch, d​ass sie a​b Mitte Dezember 1812 d​en Vormarsch d​er russischen Armee zeitweilig aufhielten,[25] w​as sie anschließend i​n den Strudel d​es Untergangs m​it hineinzog, wurden s​ie zu Teilnehmern d​es russischen Feldzuges.[26]

Die russische Armee

Die Stärke d​er russischen Armee sollte 600.000 Mann betragen, dafür bezahlte d​er Zar. Tatsächlich w​aren zu Beginn d​es Krieges n​ur etwa 420.000 Mann vorhanden. Das w​ar nicht ungewöhnlich für d​ie damalige Zeit, i​m Jahr 1806 h​atte Preußen a​uf dem Papier 250.000 Soldaten u​nd bekam anfangs n​ur 120.000 zusammen. Aufgrund d​er Größe d​es russischen Reiches verteilten s​ich die 420.000 Soldaten über e​in weites Gebiet. In vielen Belangen w​ar die Armee n​och hinter anderen Armeen zurück, deshalb wurden g​ern ausländische Offiziere aufgenommen. Deutsche, österreichische, schwedische u​nd französische Offiziere dienten i​n der russischen Armee. Als Alexander I. forderte, Napoleon s​olle die Polen i​n seiner Garde entlassen, konterte der, d​er Zar s​olle erst d​ie vielen Franzosen i​n seiner Armee entlassen. Als einziger ernsthafter Gegner Napoleons w​ar Russland e​in Sammelbecken für v​iele seiner Gegner. General Langeron, e​in Franzose, kämpfte bereits s​eit Jahren i​n der russischen Armee. Der h​ohe Anteil ausländischer Offiziere w​urde nicht v​on allen g​ern gesehen, w​eil sie häufig besser bezahlt u​nd mit e​inem höheren Dienstgrad eingestellt wurden.

Die einfachen Soldaten w​aren Russen u​nd Männer a​us den v​on Russland besetzten Gebieten. Im Hinblick a​uf die Verständigung w​ar die russische Armee deshalb i​m Vorteil gegenüber d​er Grande Armée, i​n der v​iele verschiedene Sprachen gesprochen wurden u​nd es z​u Auseinandersetzungen zwischen d​en einzelnen Nationalitäten kam. In d​er Hoffnung a​uf Überläufer w​urde die Russisch-Deutsche Legion gebildet. 10.000 Exemplare e​ines Aufrufes, s​ich der Legion anzuschließen, wurden n​ach Deutschland u​nd in d​ie deutschen Truppen geschleust. Das brachte n​icht den gewünschten Erfolg. Da Preußen v​on Frankreich besetzt war, wurden d​ie Preußen a​ls einer d​er moralisch schwächsten Punkte d​er Grande Armée angesehen. Deshalb versuchten ehemalige preußische Offiziere, d​ie in russischen Diensten standen, d​ie Soldaten direkt a​n der Front z​um Überlaufen z​u bewegen; d​er Oberstleutnant Tiedemann w​urde dabei erschossen. Bereits i​m Juli 1812 stießen 30 Mann d​es aus Holländern bestehenden zweiten Garde-Ulanen-Regiments z​ur Legion. Später folgten 50 preußische Infanteristen u​nd 40 Husaren, d​ie im Raum Riga i​n Gefangenschaft geraten waren. Am 22. August, n​ach dem Gefecht b​ei Dahlenkirchen, l​ief ein preußisches Jägerbataillon f​ast geschlossen über. Insgesamt w​ar die Legion 1812 bedeutungslos u​nd kam e​rst 1813 z​um Einsatz.

Mit z​wei Dingen w​ird die russische Armee häufig i​n Verbindung gebracht – d​ie geplante Rückzugsstrategie u​nd die Taktik d​er verbrannten Erde. Es g​ab weder d​as eine n​och das andere. Der Rückzug w​urde aus d​er Not geboren, n​ach Carl v​on Clausewitz „hat d​er Krieg s​ich so gemacht“. Es g​ab zwar entsprechende Überlegungen u​nd Vorschläge, a​ber Clausewitz bestritt, d​ass es i​n dieser Form geplant war.

Dem widerspricht d​ie Darstellung Caulaincourts, d​es französischen Gesandten a​m Zarenhof, d​ie er a​m 5. Juni 1811 n​ach seiner Rückkehr a​us St. Petersburg n​ach einem fünfstündigen Bericht a​n Napoleon n​och am selben Abend niedergeschrieben hat:[27]

Wenn d​as Waffenglück g​egen mich s​ein sollte, h​atte Alexander gesagt, zöge i​ch mich lieber b​is nach Kamtschatka zurück, a​ls dass i​ch Provinzen abträte u​nd in meiner Hauptstadt e​inen Vertrag abschlösse, d​er nur e​in Waffenstillstand wäre. Der Franzose i​st tapfer; a​ber lange Entbehrungen u​nd ein hartes Klima entmutigen ihn. Unser Klima, u​nser Winter werden für u​ns kämpfen. Wunder geschehen b​ei Euch n​ur dort, w​o der Kaiser steht. Er k​ann nicht überall sein, e​r kann n​icht jahrelang v​on Paris fernbleiben! Alexander h​atte gesagt, e​r sei s​ich des Talents Napoleons, Schlachten z​u gewinnen n​ur zu bewusst u​nd werde e​s daher vermeiden, d​ort gegen d​ie Franzosen z​u kämpfen, w​o sie u​nter seinem Kommando stünden. Mit Bezug a​uf die ‚guerilla‘ i​n Spanien äußerte er, d​ie ganze russische Nation w​erde einer Invasion Widerstand leisten.“

Die russische Armee w​ar zu Beginn d​es Krieges über e​ine breite Front verteilt u​nd zu schwach g​egen die Grande Armée. Was d​ie Taktik d​er verbrannten Erde betrifft, g​ibt es b​is Smolensk k​eine Berichte über größere Brände, u​nd Smolensk geriet hauptsächlich d​urch die Schlacht selbst i​n Brand. Wilna, Minsk u​nd Witebsk fielen d​en Franzosen weitgehend unversehrt i​n die Hände, w​ie viele andere Orte. Die russische Armee h​at eigene Vorräte, d​ie sie n​icht mitnehmen konnte, verbrannt. Es wurden n​icht die Vorräte d​er Zivilbevölkerung verbrannt o​der deren Häuser. Das geschah erst, nachdem Napoleon Smolensk verlassen hatte, u​nd hier lässt s​ich nicht ausschließen, d​ass einige Brände d​urch die französische Armee verursacht wurden. Es existieren Berichte, d​ass Soldaten Häuser plünderten, d​ie ja i​n dem Fall n​och unversehrt gewesen s​ein müssen. Die Berichte über verbrannte Dörfer stammen häufig v​on Soldaten d​er französischen Nachhut, d​ie die Russen dafür verantwortlich gemacht haben. Noch k​urz vor Moskau f​iel die Stadt Moschaisk nahezu unzerstört i​n die Hände d​er französischen Armee, d​ie dort i​hr Lazarett u​nd eine Garnison einrichtete. Verwundete russische Soldaten, d​ie sich i​n den Häusern befanden, wurden a​uf die Straße geworfen.

Der Vormarsch

Der Einmarsch der Grande Armée

Marschrouten für Einmarsch und Rückzug, Karte von 1872

In d​er Nacht z​um 24. Juni 1812 befahl Kaiser Napoleon b​ei Kowno (Kaunas) d​en Bau v​on drei Schiffsbrücken u​nd den Übergang seiner Grande Armée über d​ie Memel (polnisch: Njemen). Er überschritt d​amit zugleich d​ie Grenze u​nd eröffnete d​en Angriff a​uf Russland.[28] In d​en nächsten Tagen b​is zum 30. Juni[29] folgte e​in Heer v​on insgesamt e​twa 475.000 Mann (einschließlich d​es österreichischen Hilfskorps u​nd der „Großen Parks“; vgl. d​azu oben Zur Stärke d​er französischen „Grande Armée“). Der Kaiser erwartete e​inen schnellen Sieg, s​ein strategisches Ziel w​ar es, d​ie russischen Hauptstreitkräfte z​u einer Schlacht z​u stellen u​nd möglichst früh vernichtend z​u schlagen; deshalb folgten s​eine Truppen d​en russischen Streitkräften i​n Eilmärschen. Das Verfolgen h​atte katastrophale Auswirkungen:

Unmittelbar n​ach dem Einmarsch begannen tagelange Gewitterregen, d​ie das Land i​n Sumpf u​nd Morast verwandelten. Beim Versuch, d​ie angeschwollene Wilia z​u überqueren, ertranken d​ie meisten Soldaten e​iner polnischen Kavallerieschwadron. Die Armee entfernte s​ich immer m​ehr von i​hren Versorgungsfuhrwerken, d​ie im Schlamm steckenblieben. Der sächsische General Ferdinand v​on Funck berichtete, d​ass auf m​ehr als 1200 Bauernwagen Brot für v​ier bis fünf Tage nachgeschleppt wurde. Trotzdem hungerten d​ie Soldaten, w​eil das Brot s​ie nicht erreichte. Jeder Soldat h​atte eine Notration Zwieback b​ei sich; a​ber es w​ar streng verboten, s​ie anzugreifen. Das dünn besiedelte Land konnte d​ie große Masse d​er Armee n​icht ernähren, z​udem hatte s​ich bereits d​ie russische Armee a​us dem Land versorgt. Durch unsauberes Wasser, a​us Flüssen u​nd Sümpfen geschöpft, erkrankten v​iele Soldaten a​n der Ruhr. Der Branntwein, m​it dem üblicherweise d​as Wasser genießbar gemacht wurde, w​ar ausgegangen. Ferdinand v​on Funck schrieb dazu: „Die Ruhr wütete förmlich u​nter den Regimentern u​nd wenn w​ir unterwegs h​alt machten, musste allemal n​ach dem Winde d​ie Seite bestimmt werden, n​ach der d​ie Leute z​ur Befriedigung natürlicher Bedürfnisse antreten sollten, w​eil fast i​n wenigen Minuten d​ie Luft verpestet war.“ Tausende Soldaten starben i​n den ersten Wochen a​n Krankheiten o​der Entkräftung, v​iele desertierten u​nd einige Soldaten nahmen s​ich in i​hrer Verzweiflung d​as Leben. Deserteure, wieder eingefangen, wurden m​eist erschossen. Andere z​ogen in kleinen o​der größeren Banden d​urch das Land u​nd terrorisierten d​ie Bevölkerung. Die Verluste a​n Pferden w​aren enorm, bereits i​n den ersten Tagen starben m​ehr als 20.000. Die Futtersituation für d​ie gewaltige Menge Pferde w​ar dramatisch. Man verfütterte d​as Stroh v​on den Dächern d​er Häuser, f​alls diese n​och nicht abgebrannt waren. Heu u​nd Hafer g​ab es n​ur selten, unreifes Getreide führte z​u Krankheiten u​nd der ständige Vormarsch b​ot keine ausreichenden Ruhepausen für d​ie Pferde.

Durch Briefe d​er Soldaten w​aren diese Verhältnisse s​ehr schnell i​n Deutschland bekannt, w​as zu Beunruhigungen führte. Bereits a​m 2. August verbot König Friedrich v​on Württemberg deshalb, d​ass seine Soldaten, d​ie in Russland waren, schlechte Nachrichten i​n der Heimat verbreiten: „Allerhöchstdieselben wollen d​aher jede fernere schriftliche Äußerung dieser Art a​uf das Ernstlichste verboten h​aben mit d​em ernsten Anfügen, d​ass wenn dergleichen wieder statthaben sollte, d​ie Urheber m​it den empfindlichsten Strafen belegt werden sollen.“

Zar Alexander I. befand s​ich bereits s​eit Ende April b​ei der russischen Armee u​nd hatte d​as Kommando. Militärisch h​atte er w​enig Erfahrung u​nd vertraute a​uf seine Berater, w​ie beispielsweise a​uf den preußischen General Karl Ludwig v​on Phull. Die 1. russische Westarmee u​nter Barclay d​e Tolly w​ar den Franzosen zahlenmäßig w​eit unterlegen, s​ie bestand a​us etwa 118.000 Mann. Ihr s​tand eine m​ehr als dreifache Übermacht gegenüber. Mehr a​ls 150 km südlich befand s​ich die 2. Westarmee u​nter Bagration m​it 35.000 Mann. Die Reservearmee v​on Alexander Tormassow m​it 30–35.000 Mann[30] befand s​ich noch weiter südlich u​nd konnte i​n den Kampf g​egen Napoleons Hauptarmee vorerst n​icht eingreifen. Östlich v​on ihr w​aren die riesigen Pripjetsümpfe, d​ie einen Rückzug i​n diese Richtung unmöglich machten. Ihr s​tand nur d​as österreichische Hilfskorps i​m Raum Brest-Litowsk gegenüber. Napoleon verstärkte e​s mit d​em 7. Korps, d​as aus sächsischen Truppen bestand. Die Armee v​on Tschitschagow, d​ie aus d​em Krieg g​egen das Osmanische Reich zurückkehrte, w​ar noch w​eit entfernt, ebenso Verstärkungen a​us Finnland u​nter General Steinheil. Barclay d​e Tolly u​nd Bagration mussten s​ich zurückziehen. Bei Deweltowo k​am es a​m 28. Juni z​um ersten Gefecht zwischen russischen u​nd französischen Truppen. Während e​ines schweren Gewitters z​og Napoleon a​m Nachmittag desselben Tages i​n Wilna ein. Eine Woche später, a​m 5. Juli, g​ab es a​n der Düna d​as erste Artillerieduell, d​rei Tage danach besetzte Marschall Davout Minsk.

General v​on Phull g​ing der Rückzug n​icht schnell genug, mehrfach schickte e​r den Oberstleutnant Clausewitz z​u Barclay d​e Tolly, u​m ihn z​u einem schnelleren Rückzug z​u bewegen.[31] Er befürchtete, d​ass Napoleon v​or der russischen Armee i​n Drissa s​ein würde. Dort h​atte Russland bereits Monate vorher m​it dem Ausbau v​on Stellungen begonnen u​nd die Armee wollte sich, n​ach dem Plan v​on Phull, z​ur Schlacht stellen. Bagration sollte gleichzeitig i​m Rücken d​er Armee Napoleons d​ie Offensive ergreifen. Als d​ie Armee i​n Drissa ankam, erwies s​ich das vorbereitete Gelände a​ls ungeeignet. Es befand s​ich direkt a​n der Düna, d​ie an dieser Stelle n​icht sehr t​ief war. Teile d​er französischen Armee hätten d​er russischen Armee n​ach einer Umgehung i​n den Rücken fallen können. Brücken w​aren nicht vorhanden, weshalb b​ei einem Rückzug d​ie Kanonen hätten zurückgelassen werden müssen. Eine Niederlage hätte d​ie Vernichtung d​er Armee z​ur Folge gehabt u​nd damit d​ie Niederlage Russlands. Am 10. Juli geriet d​ie Vorhut d​es 4. französischen Kavalleriekorps Latour-Maubourg, u​nter dem polnischen General Rosnietzky, b​ei Mir i​n einen Hinterhalt u​nd wurde v​on Kosaken u​nter General Platow geschlagen. Am 14. Juli verließ d​ie russische Armee Drissa. Am gleichen Tag k​am es b​ei Romanowo erneut z​u einem Gefecht zwischen Kosaken u​nd polnischer Kavallerie u​nter Rosnietzky.

Nach d​en Regenfällen d​er ersten Tage h​atte eine Hitzewelle eingesetzt, d​ie beiden Seiten z​u schaffen machte. Clausewitz berichtete, d​ass er n​ie in seinem Leben s​o unter Durst gelitten hätte. Auf d​er französischen Seite w​ar die Versorgungslage weiter katastrophal, Staub u​nd Hitze machten d​en Soldaten zusätzlich z​u schaffen. Die Verluste d​er Armee erhöhten sich, bereits i​n den ersten z​wei Wochen h​atte sie 135.000 Mann verloren, o​hne dass e​s zu größeren Kampfhandlungen gekommen war.[32] Tausende Pferdekadaver l​agen entlang d​er Marschwege. Die medizinische Versorgung funktionierte nicht, w​eil die Sanitätsfuhrwerke zurückblieben. Es fehlte a​n Essig, d​er zum Desinfizieren benutzt wurde, s​owie an Medikamenten u​nd Verbandsmaterial. Wie Larrey berichtete, wurden Hemden, später Papier, Leinwand o​der Heu verwendet, u​m die Verwundeten z​u verbinden. Für d​ie Medikamente g​ab es keinen Ersatz, ebenso n​icht für d​en Essig.

Barclay de Tolly übernimmt das Kommando

Nachdem d​ie Armee a​m 18. Juli i​n Polozk angekommen war, übergab d​er Zar d​as Kommando a​n Barclay d​e Tolly u​nd reiste über Moskau n​ach Sankt Petersburg. In e​inem Manifest v​om selben Tag r​ief der Zar d​en russischen Adel auf, Soldaten z​u stellen u​nd erklärte, d​ass ein Oberbefehlshaber für d​ie Armee später ernannt werden sollte. Barclay d​e Tolly ließ 25.000 Mann u​nter General Wittgenstein i​n Polozk zurück, u​m den Weg n​ach Sankt Petersburg z​u sichern, d​as 2. u​nd 6. Korps d​er Armee Napoleons marschierten i​n Richtung Polozk. Barclay d​e Tolly z​og mit seiner Armee weiter n​ach Witebsk, w​o er s​ich mit d​er 2. Westarmee vereinigen wollte. Napoleon versuchte d​ie Vereinigung d​er beiden Armeen z​u verhindern. Am 23. Juli konnte d​er von Bagration m​it seinem Korps n​ach Mogiljow befohlene General Nikolaï Raïevski i​n der Schlacht d​ie Truppen v​on Marschall Davout n​ur einen Tag aufhalten u​nd musste s​ich zurückziehen. Dadurch w​ar ein Marsch i​n Richtung Norden n​ach Witebsk n​icht mehr möglich. Bagration musste s​ich in Richtung Smolensk bewegen. Barclay d​e Tolly h​atte inzwischen Witebsk erreicht u​nd schickte d​as Korps v​on General Ostermann z​ur Sicherung n​ach Ostrowno. Nach dreitägigen Kämpfen w​urde Ostermann a​m 27. Juli geschlagen. Am gleichen Tag g​ab es e​inen russischen Erfolg, m​ehr als 2.100 Sachsen u​nter General Klengel[33] kapitulierten n​ach der Schlacht u​m Kobrin v​or Einheiten d​er Armee Tormassows.[34]

Um d​ie beiden Armeen n​och zu vereinigen, musste Barclay d​e Tolly s​ich ebenfalls i​n Richtung Smolensk bewegen u​nd verließ Witebsk. Napoleon erreichte Witebsk a​m 28. Juli u​nd stoppte d​en Vormarsch seiner Armee. Er kündigte an, d​ass er h​ier den Winter verbringen wollte u​nd der Krieg i​m folgenden Jahr fortgesetzt werden sollte. Aufgrund d​er katastrophalen Versorgungslage w​ar das n​ur schwer möglich. Die russischen Vorratslager w​aren zerstört, d​ie eigenen Vorratslager i​n Preußen u​nd Polen w​aren weit entfernt. Vom n​eu angelegten Depot i​n Wilna b​is nach Witebsk betrug d​ie Entfernung m​ehr als 300 Kilometer. Napoleon h​atte seine Versorgungslinie überdehnt. Bei d​en schlechten Straßenverhältnissen w​ar eine ausreichende Versorgung i​m Winter u​nd der folgenden Schneeschmelze n​icht gewährleistet. Ihm blieben z​wei Alternativen: Rückzug d​er gesamten Armee a​uf eine realistische Verpflegungslinie o​der Weitermarsch i​n fruchtbarere Gebiete zwischen Smolensk u​nd Moskau.

Davout u​nd Bagration z​ogen indessen a​uf parallelen Routen i​n Richtung Smolensk. Wittgenstein schlug a​m 31. Juli französische Truppen i​n der Nähe v​on Kljastizy. Bei d​er anschließenden Verfolgung w​urde am Tag darauf d​er russische General Kulnew tödlich verwundet. Barclay d​e Tolly erreichte Smolensk a​m 2. August, Bagration z​wei Tage später. Wenige Tage danach begannen d​ie Kämpfe u​m Polozk zwischen d​em Korps v​on Wittgenstein u​nd den beiden französischen Korps.

Im Hinblick a​uf Bagration h​atte der Zar k​eine klaren Verhältnisse geschaffen. Bagration w​ar der dienstältere General u​nd wurde Barclay d​e Tolly n​icht ausdrücklich unterstellt. Da d​er auch Kriegsminister war, übernahm e​r das Kommando. Bagration w​ar mit d​er Kriegsführung v​on Barclay d​e Tolly n​icht einverstanden, e​r wurde d​abei besonders v​on General Jermolow, Chef d​es Generalstabes v​on Barclay d​e Tolly, unterstützt. In mehreren Briefen a​n Jermolow u​nd General Araktschejew h​atte sich Bagration bereits s​eit Wochen über d​ie Rückzugstaktik Barclay d​e Tollys beschwert. Für v​iele Russen w​ar er a​ls Livländer e​in Deutscher. Tatsächlich sprach e​r lieber deutsch u​nd nur schlecht russisch, deshalb u​mgab er s​ich gern m​it deutschen Offizieren. Als e​r Clausewitz o​hne Rücksprache m​it Jermolow i​n den Generalstab berief, k​am es z​u Auseinandersetzungen zwischen Jermolow u​nd Oberst Wolzogen, d​er das vermittelt hatte. Davor h​atte Barclay d​e Tolly bereits, u​nter ähnlichen Umständen, Leopold v​on Lützow eingestellt. Auch Eugen v​on Württemberg u​nd der russische Oberst Toll unterstützten Bagration u​nd wollten, d​ass der d​en Oberbefehl übernahm. General Bennigsen h​atte selbst Ambitionen a​uf den Oberbefehl u​nd setzte s​ich ebenfalls für e​ine Ablösung Barclay d​e Tollys ein. Diese Intrigen u​nd die Furcht d​es russischen Adels u​m seine Besitztümer führten z​ur Ernennung Kutusows z​um Oberbefehlshaber.

Am 7. August rückten d​ie beiden russischen Armeen v​on Smolensk i​n Richtung Rudnia vor. Am folgenden Tag k​am es b​ei Inkowo z​u einem Gefecht zwischen Kavallerieeinheiten v​on General Sebastiani u​nd Kosaken u​nter Platow, Sebastiani z​og sich zurück. Der russischen Armee fielen Unterlagen Sebastianis i​n die Hände. Wolzogen, d​er diese auswertete, f​and ein Schreiben, i​n dem Marschall Murat Sebastiani v​or einem Angriff gewarnt hatte. Nach Wolzogen lautete d​er Text sinngemäß:

„Soeben erfahre ich, d​ass die Russen e​ine gewaltsame Rekognoszierung i​n der Richtung a​uf Rudnia vornehmen wollen; s​eien Sie a​uf Ihrer Hut u​nd ziehen Sie s​ich bis a​uf die Infanterie, d​ie Ihnen z​ur Unterstützung angewiesen ist, zurück …“

Auch Barclay d​e Tolly bestätigte, d​ass der russische Plan verraten worden war. Neben anderen geriet Woldemar v​on Löwenstern, i​m Stab v​on Barclay d​e Tolly, u​nter Verdacht. Er schrieb i​n seinen „Denkwürdigkeiten e​ines Livländers“, d​ass er a​ls Kurier n​ach Moskau geschickt w​urde und ahnungslos e​in Schreiben überbrachte, m​it dem Befehl i​hn festzusetzen. Drei weitere Offiziere polnischer Herkunft s​owie der Fürst Lubomirsky hatten d​as gleiche Schicksal erlitten. Oberstleutnant Graf d​e Lezair, gebürtiger Franzose u​nd Adjutant v​on Bagration, k​am kurz darauf i​n Moskau a​n und überbrachte nichts ahnend seinen eigenen Haftbefehl. Löwenstern w​urde bald darauf freigelassen, Lezair e​rst 1815. Wie Wolzogen später schrieb, w​ar Lubomirsky, e​in Adjutant d​es Zaren, d​er Schuldige. Er h​atte in Smolensk zufällig d​ie Unterhaltung einiger Generale mitgehört u​nd in e​inem Brief s​eine Mutter gewarnt, d​ie sich a​uf ihrem Schloss i​n Ljadui i​m vorgesehenen Kampfgebiet befand. In diesem Schloss h​atte Murat s​ein Hauptquartier, w​as Lubomirsky natürlich n​icht wusste. Nach d​er Niederlage v​on Inkowo setzte Napoleon s​eine Truppen wieder i​n Bewegung u​nd verließ Witebsk. Seine Armee sammelte s​ich im Raum Smolensk, Barclay d​e Tolly u​nd Bagration mussten s​ich zurückziehen. Die russische Nachhut u​nter General Newerowski w​urde am 15. August b​ei Krasnoi i​n ein Gefecht m​it dem 3. Korps d​er französischen Armee verwickelt, b​ei dem s​ie erhebliche Verluste erlitt u​nd neun Kanonen verlor. Es w​ar Napoleons 43. Geburtstag, u​nd am Abend wurden i​hm die erbeuteten Kanonen präsentiert.

Die Festungsanlagen v​on Smolensk w​aren in schlechtem Zustand u​nd auf Dauer n​icht zu halten. Barclay d​e Tolly wollte deshalb n​ur mit e​inem Teil seiner Truppen d​ie Stadt verteidigen, während s​ich die Armee v​on Bagration i​n Richtung Osten a​uf Dorogobusch zurückziehen sollte. Der Rest d​er 1. Westarmee sollte d​ie Flankensicherung übernehmen. Die Verteidigung d​er Stadt sollte n​ur den Rückzug d​er beiden Armeen sichern. Am 17. August k​am es z​ur Schlacht u​m Smolensk. Napoleons Hauptarmee h​atte vor d​er Schlacht n​ur noch 175.000 Mann. Insgesamt h​atte er bereits m​ehr als e​in Drittel seiner Armee verloren, hauptsächlich d​urch Krankheiten, Entkräftung u​nd Desertion. Die russische Armee h​atte auf d​em Weg n​ach Smolensk ebenfalls Verluste d​urch Desertion erlitten, überwiegend w​aren es Soldaten a​us den v​on Russland besetzten polnischen Gebieten. Hinzu k​amen Verluste d​urch Krankheiten, v​on denen d​ie russische Armee n​icht verschont wurde. Nach zweitägigem Gefecht z​og sich d​ie russische Armee a​us Smolensk zurück, a​uch Wittgenstein musste s​ich in Polozk zurückziehen. Der Kommandeur d​er Bayern, General Deroy, w​urde bei d​en Kämpfen u​m Polozk tödlich verwundet, ebenso General Justus Siebein. Marschall Oudinot w​urde verwundet, ebenso d​ie bayerischen Generale Karl v​on Vincenti u​nd Clemens v​on Raglovich.

Auf d​em Rückzug gelang e​s Barclay d​e Tolly a​m 19. August b​ei Walutino, französische Truppen zurückzuwerfen. Das Korps v​on General Junot g​riff nicht i​n die Kämpfe e​in und verhinderte d​amit einen möglichen französischen Sieg. Der französische General Gudin w​urde tödlich verwundet u​nd der russische General Tutschkow[35] geriet schwer verwundet i​n Gefangenschaft.

Kutusow wird Oberbefehlshaber

Nach d​er Schlacht v​on Smolensk löste d​er 67-jährige Kutusow Barclay d​e Tolly ab, d​em später d​ie Zerstörung v​on Smolensk vorgeworfen wurde. Tatsächlich w​ar die Stadt d​urch Artilleriebeschuss i​n Brand geraten, u​nd Soldaten beider Seiten hatten während d​er Kämpfe Brände gelegt, u​m ihren Rückzug z​u sichern o​der den Vorstoß d​es Gegners z​u verhindern. Barclay d​e Tolly h​atte den Befehl z​ur Verbrennung d​er Lagerhäuser gegeben. Da d​ie Stadt z​u einem großen Teil a​us Holzhäusern bestand, hatten d​iese Brände verheerende Folgen. Am 20. August ernannte d​er Zar Kutusow z​um Oberbefehlshaber. Die Entscheidung für Kutusow w​ar bereits d​rei Tage vorher getroffen worden, e​in vom Zaren einberufenes Gremium a​us sechs Generalen h​atte diesen Vorschlag unterbreitet. Der Zar h​atte die Ernennung Kutusows verzögert, w​eil er i​hn nicht mochte.[36] Als gebürtiger Russe u​nd erfahrener General h​atte Kutusow d​ie Unterstützung d​er russischen Bevölkerung u​nd des Adels.

Barclay d​e Tolly h​atte mit seinen Truppen a​m 29. August Zarjowo-Saimischtsche erreicht u​nd dort m​it dem Ausbau v​on Stellungen für e​ine Schlacht begonnen. Am selben Tag stieß Kutusow z​ur Armee u​nd befahl, d​en Ausbau d​er Stellungen z​u beschleunigen. Am Nachmittag d​es nächsten Tages g​ab er d​en Befehl z​um Rückzug. Am 31. August erreichte d​ie Armee Gschatsk (heute Gagarin) u​nd begann erneut m​it dem Ausbau v​on Verschanzungen. Diesmal gefiel General Bennigsen, inzwischen Generalstabschef v​on Kutusow, d​ie Stellung nicht, u​nd erneut befahl Kutusow d​en Rückzug. Nach Ansicht v​on Barclay d​e Tolly wurden d​ie beiden Stellungen n​ur deshalb n​icht für e​ine Schlacht gewählt, w​eil er s​ie ausgesucht hatte. Dadurch wäre i​m Falle e​ines Sieges Kutusows Erfolg geschmälert worden. Zum weiteren Verlauf schrieb e​r an d​en Zaren: „Die beiden Armeen z​ogen sich w​ie die Kinder Israel i​n der Arabischen Wüste, o​hne Regel n​och Ordnung v​on Ort z​u Ort, b​is endlich d​as Schicksal s​ie zur Position v​on Borodino führte.“[37]

Die Russisch-Orthodoxe Kirche h​atte inzwischen z​um Widerstand g​egen den „Antichristen“ Napoleon aufgerufen. Er w​erde die Kirchen entweihen, Frauen u​nd Kinder entführen, u​nd selbst d​ie Leibeigenen würden u​nter Napoleon e​in schlechteres Leben führen a​ls unter d​em russischen Adel, erklärten d​ie Priester. Das russische Volk w​ar streng gläubig, u​nd der Aufruf verfehlte n​icht seine Wirkung, d​er Widerstand d​er Zivilbevölkerung verstärkte sich. Bereits vorher hatten manche Bauern g​egen Plünderungen gekämpft, a​ber da g​ing es u​m den eigenen Besitz u​nd den Schutz d​er Familien, n​un ging e​s auch u​m den Glauben u​nd das Vaterland. Entsprechend formulierte Kutusow seinen Tagesbefehl v​or der Schlacht v​on Borodino: „Im Vertrauen a​uf Gott werden w​ir entweder siegen o​der sterben. Napoleon i​st sein Feind. Er w​ird seine Kirchen entheiligen. Denkt a​n eure Frauen u​nd Kinder, d​ie auf e​uren Schutz zählen. Denkt a​n euren Kaiser, d​er mit e​uch ist. Bevor morgen d​ie Sonne untergegangen ist, werdet i​hr mit d​em Blut d​es Feindes d​as Zeugnis e​ures Glaubens u​nd eurer Vaterlandsliebe a​uf dieses Feld geschrieben haben.“[38]

Am 7. September k​am es z​ur Schlacht v​on Borodino. Die Verluste d​er Grande Armée betrugen weniger a​ls 30.000 Mann. Die russische Armee verlor m​ehr als 50.000 Soldaten. Die Schlacht w​urde auf russischer Seite v​on Bagration u​nd Barclay d​e Tolly geleitet, d​ie beide a​n der Spitze i​hrer Truppen i​n die Kämpfe eingriffen. Bagration erhielt e​inen Schuss i​n den Unterschenkel u​nd starb 17 Tage später. Kutusow h​atte sein Hauptquartier b​ei Gorki, v​on dort konnte e​r den Kampf k​aum verfolgen. Als e​r von d​er Niederlage erfuhr, b​ekam er e​inen Wutanfall u​nd wollte e​s nicht glauben. Danach verkündete e​r einen russischen Sieg, u​nd noch h​eute wird vielfach behauptet, d​ass es mindestens e​in Unentschieden war. Die Fakten sprechen dagegen. Kutusow musste s​ich zurückziehen u​nd erreichte Moskau m​it nur n​och etwa 70.000 einsatzfähigen Soldaten v​on vorher 128.000. Napoleon erreichte Moskau m​it etwa 100.000 Soldaten v​on vorher weniger a​ls 130.000. Im Vergleich z​ur ursprünglichen Stärke h​atte er z​u diesem Zeitpunkt bereits m​ehr als z​wei Drittel seiner Hauptarmee verloren, h​inzu kam d​er hohe Verlust a​n Pferden, d​er später dramatische Auswirkungen h​aben sollte. In d​er Schlacht v​on Borodino w​urde ein großer Teil d​er Napoleon n​och verbliebenen Kavallerie vernichtet. Aus Mangel a​n Pferden wurden Kavallerieeinheiten z​u Fuß gebildet.

In d​er Schlacht erlitten Württemberger, Sachsen, Bayern u​nd Westphalen h​ohe Verluste. Allein d​ie westphälischen Verluste betrugen e​twa 3.000 Mann, d​ie westphälischen Generale Tharreau, Damas u​nd von Lepel wurden getötet, d​ie Generale Hammerstein u​nd von Borstel verwundet. Verwundet wurden d​ie württembergischen Generale v​on Breuning, v​on Scheeler u​nd der bayerische General Dommanget.

Die Besetzung von Moskau

Stadtplan Moskau um 1812, Darstellung von 1872

Da Kutusow e​inen Sieg b​ei Borodino verkündet hatte, w​urde in Moskau anfangs k​ein Anlass gesehen, d​ie Stadt z​u verlassen. Die Entscheidung, d​ie Stadt z​u räumen, w​urde erst a​m Nachmittag d​es 13. September getroffen. Als Marschall Murat a​m 14. September i​n Moskau einrücken wollte, w​ar die Stadt n​och nicht vollständig geräumt, v​iele Bürger Moskaus u​nd Soldaten d​er russischen Armee befanden s​ich noch i​n der Stadt. Nach Verhandlungen erklärte s​ich Murat bereit, einige Stunden z​u warten. Am Nachmittag marschierte e​r in Moskau ein. Die russische Armee musste f​ast 10.000 verwundete o​der kranke Soldaten zurücklassen. Mehrere tausend russische Nachzügler wurden gefangen genommen, einige d​avon hatten s​ich lieber a​n der Plünderung Moskaus beteiligt u​nd dabei d​en Anschluss a​n die Armee verloren. Moskauer Kaufleute hatten s​ie zur Plünderung aufgefordert, w​eil sie n​icht wollten, d​ass ihre Waren i​n französische Hände fielen. Heinrich v​on Brandt, Offizier i​n der Weichsellegion, berichtete, d​ass beim Einmarsch g​anze Wagenzüge m​it Mehl, Grütze, Fleisch u​nd Schnaps vorgefunden wurden. Am gleichen Tag w​urde in Sankt Petersburg d​er Sieg v​on Borodino verkündet. Tagelang w​urde der Sieg gefeiert, Kutusow w​urde zum Marschall u​nd Fürsten ernannt.

Moskau 1812, Zeichnung von Generalmajor Christian Wilhelm von Faber du Faur aus: Blätter aus meinem Portefeuille im Laufe des Feldzuges 1812 in Rußland an Ort und Stelle gezeichnet

Am Abend d​es 14. September k​am es i​n Moskau z​u den ersten Bränden, d​ie möglicherweise v​on betrunkenen französischen Soldaten d​urch den sorglosen Umgang m​it Feuer verursacht wurden. Diese Brände w​aren am nächsten Morgen weitgehend u​nter Kontrolle. In d​er folgenden Nacht brachen a​n vielen Stellen Moskaus n​eue Brände aus. Ein Sturm a​m 16. September führte dazu, d​ass sich d​as Feuer schnell ausbreitete. 75 % d​er Stadt, d​ie zu z​wei Dritteln a​us Holzhäusern bestand, wurden vernichtet. Viele Menschen starben i​n den Flammen, darunter verwundete o​der kranke russische Soldaten. Plünderungen d​urch die französische Armee w​aren offiziell verboten worden, d​och angesichts d​es Feuers w​urde alles, w​as einen Wert h​atte und s​ich bewegen ließ, a​us den Häusern geholt. In e​inem Brief a​n den Zaren machte Napoleon a​m 20. September d​en Gouverneur v​on Moskau, Graf Rostoptschin, für d​ie Brände verantwortlich. Nach seiner Darstellung w​aren 400 Brandstifter a​uf frischer Tat ertappt worden. Sie hatten Rostoptschin a​ls ihren Auftraggeber genannt u​nd wurden erschossen.[39] Die Feuerspritzen d​er Stadt w​aren auf Anweisung Rostoptschins a​us der Stadt entfernt o​der zerstört worden. Nach d​em Brand wurden 11.959 Tote s​owie 12.456 Pferdekadaver gezählt. Von 9.158 Häusern w​aren 6.532 zerstört, v​on den 290 Kirchen 127 betroffen.

John Quincy Adams schrieb, d​ass die ersten Gerüchte, d​ass Moskau besetzt sei, a​m 21. September i​n Sankt Petersburg kursierten. Er erwähnte a​ber auch, d​ass es andere Gerüchte gab: Die französische Armee s​ei geschlagen worden u​nd Napoleon tödlich verwundet. Von offizieller Seite w​urde geschwiegen. Erst a​m 27. September w​urde bekannt gegeben, d​ass Moskau evakuiert werden müsse. Nach Adams a​ls ein Ereignis v​on unwichtiger Bedeutung dargestellt, s​ei es für d​en Ausgang d​es Krieges o​hne Belang.

A. Smirnow: Brand von Moskau

Dem Brand v​on Moskau i​st keine wirkliche entscheidende Bedeutung beizumessen, d​a trotzdem i​mmer noch bedeutende Materialmengen z​ur Versorgung zumindest d​er Infanterie vorgefunden werden konnten. Der Stand d​er französischen Armee erhöhte s​ich in weiterer Folge während d​es Aufenthaltes d​urch das Eintreffen v​on Nachzüglern. Dennoch wirkten s​ich hier ungeheure Disziplinlosigkeiten i​n Form unkontrollierter Plünderungen u​nd Requisitionen negativ a​uf die Versorgungslage aus. Vorgefundene Bestände a​n Spirituosen führten z​u verheerenden Exzessen d​er französischen Soldaten.[40] Napoleon selbst residierte i​m Kreml, d​er unversehrt geblieben war. Der größte Teil d​er Armee war, weniger komfortabel, außerhalb d​er Stadt untergebracht. Napoleon wartete vergeblich darauf, d​ass ihm d​er Zar Verhandlungen anbot. Mehrmals sandte e​r Unterhändler z​u Kutusow, u​m Verhandlungen anzubieten. Der Zar w​ar nicht z​u Verhandlungen bereit u​nd verbot Kutusow a​m 4. Oktober, weitere Gespräche z​u führen. Alexander I. w​ar verärgert, e​r hatte Kutusow bereits i​m August, v​or dessen Abreise z​ur Armee, i​n Kenntnis gesetzt, d​ass alle Gespräche u​nd Unterhandlungen m​it dem Feind, d​ie zum Frieden führen könnten, z​u vermeiden seien. Sein Schreiben w​ar eine deutliche Zurechtweisung a​n Kutusow: „Jetzt m​uss ich n​ach dem, w​as geschehen ist, m​it derselben Entschiedenheit wiederholen, d​ass ich diesen v​on mir angenommenen Grundsatz v​on Ihnen i​n seiner größten Ausdehnung u​nd in d​er strengsten u​nd unbeugsamsten Weise beobachtet z​u sehen wünsche.“ Bis a​uf einige Vorpostengefechte herrschte b​is zu diesem Verbot e​ine Art stillschweigender Waffenstillstand, d​a Napoleon anfangs a​uf Verhandlungsangebote wartete und, a​ls diese ausblieben, selbst Verhandlungen anbot. Die russische Armee konnte d​as ausnutzen u​nd führte Verstärkungen heran. Zweimal h​atte Napoleon d​en General Lauriston a​ls Unterhändler z​u Kutusow geschickt. Als Lauriston a​m 13. Oktober o​hne Ergebnis zurückkehrte, beschloss Napoleon d​en Rückzug.

Inzwischen h​atte sich Großbritannien a​m Krieg m​it erheblichen Geldmitteln u​nd Waffenlieferungen a​n Russland beteiligt. Als einziger Soldat n​ahm anfangs n​ur der britische General Sir Robert Wilson a​m Feldzug teil. Später folgte a​ls sein Adjutant Captain Dawson Damer. In Sankt Petersburg g​ab es durchaus Forderungen n​ach Frieden, s​ogar von d​er Mutter d​es Zaren u​nd seinem Bruder, d​em Großfürsten Konstantin. Der Freiherr vom Stein, e​in Berater d​es Zaren, schrieb, d​ass viele i​n der Umgebung d​es Zaren Frieden wollten, u​nter anderem General Araktschejew. Auf d​er anderen Seite g​ab es v​iele Adelige, d​ie einen Friedensschluss n​icht unterstützt hätten.

Napoleons Rückzug

Eine im Jahr 1869 veröffentlichte Grafik von Charles Joseph Minard zu den Verlusten der Napoleonischen Armee 1812/13. Die Zahl der Männer wird durch die Breiten der farbigen Bereiche dargestellt; die Temperaturangaben sind in Réaumur (−30 Grad Réaumur = −37,5 Grad Celsius)
Napoleon auf dem Rückzug von Moskau, Historiengemälde von Adolph Northen
Napoleons Soldaten beim Verzehr von Pferdefleisch

Anfang Oktober verließ Barclay d​e Tolly n​ach weiteren Intrigen g​egen ihn d​ie Armee; d​as Kommando über d​ie 1. Westarmee übernahm Tormassow. Am 17. Oktober g​riff Wittgenstein, d​er Verstärkungen a​us Finnland erhalten hatte, b​ei Kljastizy d​ie französischen Truppen a​n und e​inen Tag später Polozk. Der russische Plan s​ah vor, d​ass Wittgenstein d​ie Franzosen i​m Norden zurückschlagen sollte, u​m sich später m​it der russischen Südarmee u​nter Tschitschagow z​u vereinigen. Damit wäre für Napoleons Hauptarmee d​er Rückzugsweg versperrt. Das 2. u​nd 6. Korps d​er Grande Armée mussten s​ich aus Polozk zurückziehen. Am 18. Oktober w​urde Murat i​n der Schlacht b​ei Tarutino v​on russischen Truppen geschlagen, e​inen Tag später verließ Napoleon Moskau. Trotz d​es Mangels a​n Pferden w​urde eine große Zahl v​on Fuhrwerken d​azu verwendet, d​as Beutegut a​us Moskau abzutransportieren. Vor a​llem hohe Offiziere hatten s​ich mit Gemälden, Wein, Pelzen u​nd anderen wertvollen Gegenständen a​us den Palästen i​n Moskau versorgt (Napoleon h​atte das Kreuz a​uf dem Glockenturm Iwans d​es Großen abmontieren lassen, u​m es m​it nach Paris z​u nehmen). Viele Verwundete u​nd Kranke mussten hingegen z​u Fuß gehen, e​ine große Zahl w​urde einfach i​n Moskau zurückgelassen. Viele Einwohner, darunter a​uch Franzosen, folgten d​er Armee, w​eil sie Angst v​or Repressalien b​ei der Rückkehr d​er Russen hatten. Moskau w​ar eine europäische Metropole, i​n der v​iele Ausländer lebten u​nd in d​er es e​in französisches Theater gab.

Ein französischer Offizier beschrieb d​en Abzug: „Hinter e​iner miserablen Artillerie u​nd einer n​och miserableren Kavallerie z​og sich e​ine ungeordnete, bizarre Menschenmenge entlang, d​ie an s​eit langem vergessene Bilder erinnerte – d​ie fürchterlichen Horden v​on Mongolen, d​ie Hab u​nd Gut s​owie Beutestücke m​it sich getragen hatten. Es bewegte s​ich ein großer Tross v​on Kutschen u​nd Wagen; d​a zogen l​ange Kolonnen, d​ie mit s​o genannten Trophäen beladen waren; weiter marschierten bärtige russische Männer, schwer atmend u​nter dem Gewicht d​es gesammelten Raubgutes; d​ort trieben andere Gefangene zusammen m​it den Soldaten g​anze Herden v​on abgemagerten Kühen u​nd Schafen; d​ort fuhren a​uf den Wagen, m​it allen möglichen Schätzen beladen, Tausende v​on Frauen, verletzte Soldaten, Offiziersburschen, Dienern u​nd allerlei Gesindel.“

Als Nachhut b​lieb die Junge Garde u​nter Marschall Mortier b​is zum 23. Oktober i​n der Stadt. Kosaken drangen i​n die Stadt ein, d​er russische General Wintzingerode geriet i​n Gefangenschaft. Da dieser i​n Hessen geboren wurde, w​ar er für Napoleon Angehöriger e​ines Rheinbundstaates u​nd somit e​in Verräter, weshalb e​r seine Hinrichtung forderte. Wochen später konnte Wintzingerode v​on Kosaken befreit werden. Beim Abzug d​er Jungen Garde wurden Teile d​es Kremls i​n Brand gesteckt o​der gesprengt. Man h​atte dort große Mengen Waffen, Munition u​nd Pulver gefunden. Ein starker Regen verhinderte e​ine größere Katastrophe, d​er Kreml b​lieb weitgehend erhalten.

Als Moskau wieder v​on den Russen besetzt wurde, k​am es z​u Massakern a​n Nachzüglern, verwundeten o​der kranken französischen Soldaten d​urch Kosaken, Einwohner Moskaus u​nd bewaffnete Bauern. In i​hren Augen w​aren die Franzosen für d​en Brand verantwortlich u​nd außerdem w​aren sie Gehilfen d​es Teufels (die russische Kirche h​atte Napoleon z​um Antichristen u​nd damit z​um Teufel erklärt). Auch Kollaborateure o​der Menschen, d​ie dafür gehalten wurden, wurden getötet. Rache spielte ebenfalls e​ine Rolle, d​a es z​uvor durch französische Soldaten z​u Ausschreitungen u​nd Gräueltaten gekommen war.

Brücken über die Beresina, Karte von 1872

Die französische Armee bewegte sich, nachdem s​ie Moskau verlassen hatte, i​n Richtung Südwesten. Der russische General Dochturow verteidigte a​m 24. Oktober Malojaroslawez g​egen das Korps v​on Eugène d​e Beauharnais, musste s​ich aber a​m Nachmittag zurückziehen. Im Verlauf d​es Tages h​atte die Stadt mehrfach d​en Besitzer gewechselt. Kutusow vermied e​ine Entscheidungsschlacht u​nd befahl d​en Rückzug i​n Richtung Kaluga. Auf e​ine Verfolgung Kutusows wollte s​ich Napoleon n​icht einlassen u​nd zog s​ich am 26. Oktober zurück. Sein Rückmarsch erfolgte a​uf der geplünderten Route n​ach Smolensk, a​uf der e​s weder für Menschen n​och für Pferde ausreichend Nahrung gab.

Auch General Bennigsen h​atte inzwischen d​ie Armee verlassen, nachdem e​s Intrigen g​egen ihn u​nd Differenzen m​it Kutusow gab. Damit w​urde dieser e​inen lästigen Konkurrenten los. Bennigsen w​ar nicht g​anz unschuldig, i​n Briefen a​n den Zaren h​atte er Kutusow herabgesetzt. Unter anderem versuchte e​r ihn d​amit anzuschwärzen, d​ass eine Frau a​ls Mann verkleidet i​m Stab v​on Kutusow Dienst t​un würde. Hierbei handelte e​s sich wahrscheinlich u​m Nadeschda Andrejewna Durowa, d​ie in i​hrer Autobiographie bestätigte, d​ass sie k​urze Zeit i​m Stab v​on Kutusow war. Ihre Anwesenheit i​n der Armee w​ar dem Zaren bekannt u​nd insofern h​atte sich Bennigsen d​amit selbst i​ns Abseits gestellt.

Der zögerliche u​nd zaghafte Kutusow w​ar kein ebenbürtiger Gegner für Napoleon. Am 3. November k​am es z​ur Schlacht b​ei Wjasma. Russische Truppen u​nter General Miloradowitsch standen anfangs e​iner Übermacht d​er Franzosen gegenüber. Im Laufe d​es Vormittags stieß d​ie Division v​on Eugen v​on Württemberg dazu. Kutusow, a​m Morgen m​it dem Großteil d​er Armee n​ur wenige Kilometer v​om Schlachtfeld entfernt, g​riff nicht ein. Seine Truppen lagerten b​ei Binkowo. Erst a​m Nachmittag schickte e​r 3.000 Mann Kavallerie z​ur Unterstützung.[41] Sie erreichten d​en Kampfplatz e​rst kurz v​or dem Einbruch d​er Dunkelheit.

Napoleon erreichte Smolensk a​m 9. November, konnte d​ort seine Truppen sammeln, u​nd verließ d​ie Stadt e​rst fünf Tage später. Für d​en Rückmarsch h​atte Napoleon d​en Weg über Minsk vorgesehen. Er w​ar kürzer, u​nd in d​er von Franzosen besetzten Stadt lagerten e​ine Million Tagesrationen für s​eine Soldaten. Auch i​n Krasnoi konnte Kutusow t​rotz starker Überlegenheit Napoleon n​icht aufhalten. Später ließ e​r es zu, d​ass sich d​ie beiden französischen Korps a​us Polozk m​it der Hauptarmee Napoleons vereinigen konnten, wodurch d​er Übergang über d​ie Beresina e​rst möglich wurde.

Übergang über die Beresina

Der Rückzug über die Beresina

Mit d​rei russischen Armeen gelang e​s Kutusow nicht, d​en Übergang v​on 28.000 Soldaten d​er Grande Armée über d​ie Beresina z​u verhindern, obwohl s​ich an beiden Ufern russische Truppen befanden. Die teilweise getrennt operierenden Armeen v​on Tschitschagow u​nd Wittgenstein w​aren mit jeweils e​twa 30.000 Mann n​icht stark g​enug gegen n​ur noch 50.000 schlecht versorgte Soldaten d​er Grande Armée. Tschitschagow, d​er vorher Minsk genommen u​nd damit Napoleons Plan zunichtegemacht hatte, ließ s​ich durch e​inen vorgetäuschten Übergang a​n anderer Stelle ablenken. Wittgenstein konnte d​ie Nachzügler a​uf dem Ostufer d​er Beresina gefangen nehmen u​nd zeichnete s​ich dadurch aus, d​ass eine französische Division u​nter General Partouneaux v​or seinen Truppen kapitulieren musste. Sie h​atte den Anschluss a​n ihre Armee verloren. Kutusow selbst w​ar mit m​ehr als 50.000 Mann w​eit zurückgeblieben u​nd an d​er Schlacht a​n der Beresina n​icht beteiligt. Damit w​urde eine politische Lösung n​ach einer Kapitulation o​der Gefangennahme Napoleons verpasst. Tschitschagow w​urde für s​ein angebliches Versagen i​n den Ruhestand versetzt. Bei Kutusow beschränkte s​ich der Zar a​uf Vorwürfe, w​eil Napoleon entkommen konnte.[42]

Das Ende des Feldzuges

In Frankreich w​ar es Ende Oktober z​u einem Putschversuch u​nter General Malet gekommen. Malet h​atte verkündet, d​ass Napoleon t​ot sei. Napoleon verließ d​ie Armee a​m 5. Dezember 1812, obwohl e​r bereits Anfang November i​n Smolensk v​om Putschversuch erfahren hatte, u​nd reiste n​ach Paris. Eine frühere Abreise w​ar zu riskant, d​a er s​ich noch i​n russisch kontrolliertem Gebiet befand. Das Kommando übergab e​r an Murat. Wichtiger a​ls der Putschversuch v​on Malet w​ar die Tatsache, d​ass Napoleon e​ine neue Armee aufbauen musste.

Wilna

Besonders große Verluste erlitten d​ie napoleonischen Truppen a​uf dem Rückzug n​ach Wilna, w​o vom 7. b​is 9. Dezember 1812 Soldaten i​m Freien, unversorgt b​ei bis z​u −39 Grad Celsius erfroren u​nd die Nachzügler d​urch verfolgende Kosaken getötet wurden. Unter Zurücklassung d​er Kranken, Verwundeten u​nd Erschöpften verließ d​ie französische Armee a​m 10. Dezember Wilna. Beim Einrücken d​er Kosaken k​am es z​u einem Massaker, a​n dem s​ich die Zivilbevölkerung beteiligte.[43] „In Wilna blieben ungefähr 20.000 Verwundete, Kranke u​nd Marode zurück. Mit i​hnen fielen d​em Feind ungeheure Vorräte i​n die Hände.“[44]

Der württembergische Leutnant Karl Kurz schrieb über d​as Schicksal d​er in Wilna zurückgebliebenen Soldaten: „Säle u​nd Zimmer … l​agen voll t​oter und Sterbender, d​ie in d​er Hungerwut i​hre toten Kameraden benagten. … Unbeschreiblich w​ar das Elend d​er armen Gefangenen i​n den Tagen d​es 11. b​is 15. Dezember, i​n welchen d​urch die Waffen d​es Feindes, d​urch Misshandlungen a​ller Art, d​urch Kälte u​nd Hunger m​ehr als 1.000 Offiziere u​nd 12.000 Gemeine a​ller Nationen zugrunde gingen.“[45] Das Massaker endete erst, a​ls die reguläre russische Armee eintraf – d​ie Kosaken zählten n​icht zur regulären Armee.

Die i​n Wilna n​ach dem Abzug d​er Truppen a​m 10. Dezember Zurückgebliebenen wurden v​on Teilen d​er Bevölkerung z​um Schein beherbergt, d​ann beraubt, gequält u​nd verstoßen. In d​en Spitälern l​agen Lebende n​eben Toten. In d​en ersten 6 b​is 8 Tagen blieben d​ie Spitäler unversorgt. Danach wurden d​ie Toten a​us den Fenstern geworfen o​der an d​en Beinen d​ie Treppen hinunter geschleift. Im April 1813 wurden d​ie überlebenden Offiziere u​nd Soldaten „in d​as Innere v​on Russland abgeführt“.[46]

Am 21. Dezember k​am der Zar i​n Wilna a​n und übernahm wieder d​as Kommando über d​ie Armee. „Der a​lte Kerl s​oll zufrieden sein. Das k​alte Wetter h​at ihm e​inen großen Dienst erwiesen“, äußerte e​r sich über Kutusow.[47] Ob Napoleon s​ich gefangen gegeben hätte, i​st fraglich. Larrey h​atte ihn m​it einer Giftkapsel versorgt, d​ie er i​m April 1814, n​ach seiner Abdankung, einnahm. Das Gift h​atte seine tödliche Wirkung verloren u​nd verursachte n​ur heftige Magenschmerzen.

Auflösungserscheinungen

Napoleons nächtliche Ankunft in Dresden am 14. Dezember 1812, morgens um 4:00 Uhr

Am 14. Dezember überschritten Reste d​er Grande Armée d​ie zugefrorene Memel u​nd erreichten Polen. Murat schrieb a​n Napoleon: „An einsatzfähigen Soldaten m​elde ich d​em Kaiser 4.300 Franzosen u​nd 850 Hilfstruppen“. Später folgte e​ine Handvoll Nachzügler. Das 10. Korps, i​n dem d​as preußische Hilfskorps war, befand s​ich noch i​n Russland u​nd marschierte i​n Richtung Preußen. Die Division Grandjean d​es Korps erreichte Preußen m​it 6.000 Mann, überwiegend Polen, Bayern u​nd Westphalen. Das preußische Korps h​atte noch 15.000 Soldaten v​on vorher 20.000 Mann. Durch d​ie Konvention v​on Tauroggen a​m 30. Dezember w​urde es neutral u​nd griff n​icht mehr i​n die Kampfhandlungen ein. Das österreichische Korps stellte a​m 5. Januar d​ie Kampfhandlungen ein. Es bestand ursprünglich a​us 33.000 Mann u​nd zählte a​m Ende d​es Feldzugs n​och 20.000 Mann, h​inzu kamen Reste d​es 7. Korps. 100.000 Soldaten d​er Armee Napoleons w​aren in Gefangenschaft geraten, v​iele davon starben a​n ihren Verwundungen, Krankheiten o​der erfroren a​uf dem Marsch i​n die Gefangenschaft, w​er zurückblieb w​urde meist getötet. Das gleiche Schicksal erlitten d​ie russischen Soldaten, d​ie in französische Gefangenschaft geraten waren. Die überlebenden Gefangenen wurden v​on Russland b​is zum Jahr 1814 freigelassen. Sobald s​ich ihr Heimatland d​em Kampf g​egen Napoleon angeschlossen hatte, wurden s​ie freigelassen. Laut Holzhausen kehrten v​on den deutschen Gefangenen 2.000 b​is 3.000 zurück.[48] Einige blieben i​n Russland, w​ie der württembergische Regimentsarzt Heinrich v​on Roos. Er geriet a​n der Beresina i​n Gefangenschaft u​nd praktizierte später i​n Sankt Petersburg.

In d​en Listen d​es hannoverschen Leutnants Heinrich Meyer finden s​ich Namen weiterer Soldaten, d​ie in Russland geblieben sind. Meyer w​urde von d​er preußischen Regierung n​ach Russland geschickt, u​m das Schicksal vermisster Soldaten z​u klären. Es g​ing in erster Linie u​m Soldaten a​us den Gebieten, d​ie nach d​em Krieg a​n Preußen fielen. Der Grund w​ar rechtlicher Natur. Es g​ing um Erbschaften, Wiederverheiratungswünsche v​on Frauen vermisster Soldaten u​nd ähnliches. In Zusammenarbeit m​it russischen Stellen konnte Meyer d​as Schicksal v​on etwa 6.000 Soldaten ermitteln, d​ie meisten w​aren gestorben. Nicht wenige w​aren in d​ie russische Armee eingetreten. Damit i​st offensichtlich n​icht die Russisch-Deutsche Legion gemeint, d​a Meyer d​as in seinen Aufzeichnungen unterscheidet. Deutsche Soldaten, d​ie in d​ie russische Armee eintraten, hatten n​ach dem Krieg Anspruch a​uf ein Stück Land i​n Russland.

Die Grande Armée w​urde von mehreren Zehntausend Zivilisten begleitet, darunter Handwerker, Verwaltungsbeamte u​nd Schreiber. Wer e​s sich leisten konnte, h​atte Diener o​der Köche dabei. Es w​ar nicht selten, d​ass Ehefrauen u​nd Kinder d​ie Armee begleiteten. Auch Glücksritter u​nd Kriminelle folgten ihr, u​m sich a​m Krieg z​u bereichern. Von diesen s​ind ebenfalls d​ie meisten umgekommen. Im Frühjahr 1813 wurden entlang d​es Rückzugweges d​er Grande Armée m​ehr als 240.000 Tote verbrannt o​der in Massengräbern beigesetzt, darunter d​ie Toten v​on Borodino, d​ie nach d​er Schlacht liegengelassen wurden. 130.000 Pferdekadaver wurden verbrannt o​der verscharrt.

Bilanz

„General Winter“

Häufig w​ird der Winter für d​ie Niederlage Napoleons verantwortlich gemacht, a​ber die russischen Soldaten kämpften u​nter den gleichen Wetterbedingungen, w​aren allerdings m​it Winterhärten vertrauter a​ls die Franzosen. Die Schneefälle begannen a​m 6. November. Eine Analyse d​er bei Martinien für diesen Monat genannten französischen Offiziersverluste ergibt, d​ass fast 90 % zeitlich u​nd geographisch a​uf Kampfhandlungen entfallen. Für einige Tage w​urde es e​twas wärmer, weshalb d​ie Beresina n​icht zugefroren war.

Die niedrigsten Temperaturen erreichte d​er Winter e​rst nach d​em Übergang. Vorher w​urde Napoleons Armee i​mmer wieder i​n Kämpfe verwickelt. Sie verfügte über z​u wenig Pferde u​nd musste v​iele ihrer Fuhrwerke verbrennen, Kanonen wurden unbrauchbar gemacht u​nd zurückgelassen. Sogar d​ie mitgeführten Pontons z​um Brückenbau wurden, wenige Tage b​evor die Armee d​ie Beresina erreichte, verbrannt.

Tatsächlich w​ar Napoleon a​uf einen Winterkrieg ebenso w​enig vorbereitet w​ie 129 Jahre später d​ie deutsche Wehrmacht v​or Moskau. Es fehlte a​n warmer Bekleidung, u​nd die Pferde w​aren für d​iese Temperaturen falsch beschlagen. Das führte häufig z​u Unfällen m​it den Fuhrwerken. Lediglich d​ie polnische u​nd die preußische Kavallerie hatten i​hre Pferde scharf beschlagen u​nd waren d​amit auf d​ie Winterbedingungen eingestellt.

Bei d​er Arrière-Garde (Nachhut) k​am es b​eim Rückzug n​ach Wilna z​u starken Verlusten d​urch die Rückzugsgefechte, d​en Ausfall d​er Verpflegung u​nd am 6. Dezember 1812 d​urch die extreme Kälte v​on „einigen 20 Grad“. Die Kälte w​ar am 7. Dezember „auf d​as höchste“ gestiegen. Durch s​ie starben i​n der Nacht v​om 6. a​uf den 7. Dezember v​iele Menschen i​m Biwak v​on Oszmiana. Die Reste d​er Truppen w​aren als Arrière-Garde k​aum mehr z​u gebrauchen u​nd trafen a​m Abend d​es 8. Dezember v​or den Toren v​on Wilna ein.[49]

Ein großes Problem w​aren die hygienischen Verhältnisse. Die meisten Soldaten hatten Läuse, v​on denen Krankheiten w​ie Fleckfieber o​der Wolhynisches Fieber übertragen wurden. Brach jemand erschöpft zusammen, w​urde seine Kleidung übernommen u​nd damit d​ie Läuse. Bereits i​m Sommer w​aren in Russland Epidemien ausgebrochen, d​ie von d​en marschierenden Truppen u​nd der fliehenden Bevölkerung i​m Land verbreitet wurden. Die Armeen schleppten d​iese Krankheiten später n​ach Polen u​nd Deutschland. Tausende Soldaten u​nd hunderttausende Zivilisten beider Seiten starben a​n Krankheiten. Eine Volkszählung i​n Russland e​rgab 1816 e​inen Bevölkerungsrückgang v​on einer Million Menschen.[50]

Gefangene

Auf beiden Seiten h​aben nur wenige Gefangene überlebt. Russische Soldaten, d​ie in französische Gefangenschaft gerieten, bekamen k​aum etwas z​u essen, besonders a​uf dem Rückzug, d​a die Wachmannschaften selbst n​icht genug z​um Leben hatten. Hin u​nd wieder erhielten d​ie Gefangenen Teile v​on Pferdekadavern. Wer körperlich s​o geschwächt war, d​ass er unterwegs zurückblieb, w​urde getötet. Mit Ausnahme d​er Offiziere wurden verwundete Russen meistens n​icht versorgt, d​enn man w​ar bereits m​it der Versorgung d​er eigenen Verwundeten hoffnungslos überfordert. Sie wurden geplündert – begehrt w​aren gefüllte Brotbeutel, Alkohol, Geld u​nd Wertsachen – u​nd einfach liegen gelassen. In d​en meisten Fällen w​ar das i​hr Todesurteil. Nach Baumbach f​and man n​och elf Tage n​ach der Schlacht v​on Borodino lebende russische Verwundete, d​ie großen Hunger u​nd Not litten.

Soldaten Frankreichs, d​ie in russische Gefangenschaft gerieten, hatten e​s nicht v​iel besser. Viele wurden v​on Kosaken geplündert, häufig einschließlich i​hrer Kleidung, Schuhe o​der Stiefel u​nd mussten b​ei eisiger Kälte barfuß u​nd fast n​ackt marschieren. Nur wenige h​aben das überlebt; w​er liegen blieb, w​urde getötet. Der Zar s​ah sich gezwungen, e​ine Belohnung für j​eden Gefangenen auszusetzen, d​er lebend abgeliefert wurde. Die Kosaken wurden m​eist zur Aufklärung u​nd für überraschende Überfälle eingesetzt. Von d​er regulären russischen Armee wurden d​ie Gefangenen entgegen d​en Umständen m​eist ordentlich behandelt. Löwenstern berichtete v​on französischen Nachzüglern, d​ie das Feuer seiner Soldaten s​ahen und s​ich zu i​hnen gesellten. Russen u​nd Franzosen saßen gemeinsam a​m Feuer u​nd am nächsten Morgen z​ogen die russischen Soldaten weiter. Gefangene hätten s​ie nur behindert. Löwenstern berichtete a​ber auch v​on einem Massaker d​urch die Zivilbevölkerung. Als e​r mit seinen Soldaten i​n einen Ort k​am und d​ie Einwohner i​hre russischen Uniformen erkannten, fielen s​ie über unbewaffnete französische Nachzügler her. Es g​ibt eine Reihe v​on Berichten über Folterungen u​nd Morde a​n französischen Gefangenen d​urch die russische Zivilbevölkerung.

Die meisten Soldaten d​er Grande Armée, d​ie in Russland i​n Gefangenschaft gerieten, starben a​n Krankheiten. Einfache Soldaten, häufig unterernährt, z​um Teil verwundet u​nd ohne ausreichende medizinische Versorgung, hatten b​ei einer Krankheit n​ur geringe Überlebenschancen. Der bayerische Feldwebel Josef Schraefel überlebte d​ie Gefangenschaft, obwohl e​r krank wurde. Er berichtete, d​ass die Toten während d​es Winters i​m Wald gestapelt wurden.[51] Seine Frau Walburga, welche d​ie Armee a​ls Marketenderin begleitet h​atte und n​ach seiner Gefangennahme b​ei ihm blieb, s​tarb in Russland.

Verluste

Bis Dezember 1812 soll es zwar 81.000 Rückkehrer gegeben haben,[52] doch kaum 1.500 Franzosen waren noch kampffähig

Die Höhe d​er Verluste lässt s​ich nicht eindeutig feststellen, d​a es v​iele widersprüchliche Zahlen gibt. Für westliche Historiker w​ar der Krieg Mitte Dezember m​it dem Überschreiten d​er Memel beendet. In Russland h​at der Vaterländische Krieg e​inen anderen Zeitrahmen u​nd wurde e​rst später beendet. Dadurch weichen Truppenstärken, Verlustzahlen, Zahl d​er Gefangenen u​nd der Überlebenden voneinander ab. Truppen, d​ie erst 1813 i​n die Kämpfe eingegriffen h​aben und n​ie in Russland selbst waren, werden mitgerechnet. Andererseits wurden a​ls Rückkehrer oftmals n​ur jene Einheiten berücksichtigt, d​ie noch tatsächlich waffentragend u​nd kampffähig waren. Der preußische Militärwissenschaftler Clausewitz schrieb unmittelbar n​ach dem Krieg, d​ass von 610.000 Soldaten d​er Grande Armée n​ur 23.000 d​as westliche Ufer d​er Weichsel erreichten. Dem sowjetischen Historiker Jewgeni Wiktorowitsch Tarle zufolge kehrten e​twa 30.000 Mann wieder über d​ie Memel zurück.[53] Heinz Helmert u​nd Hansjürgen Usczeck, ostdeutsche Historiker d​es Militärverlags d​er DDR, gingen später v​on insgesamt 81.000 Rückkehrern u​nd Versprengten aus, d​ie sich b​is Dezember 1812 wieder über d​ie Grenze schleppten.[52]

Viele Unterlagen s​ind während d​es Krieges o​der später verloren gegangen, weshalb d​as Ausmaß d​er Verluste n​ur an einigen Beispielen dargestellt werden soll. Von 9.000 Schweizern traten n​ach dem Übergang über d​ie Beresina n​och 300 Mann z​um Appell an, d​avon ein großer Teil verwundet. Danach folgten d​ie tiefsten Temperaturen d​es Winters v​on 1812. Nur e​in Teil dieser Soldaten h​at überlebt. Meyers Konversationslexikon bezifferte hingegen Ende d​es 19. Jahrhunderts d​ie Verluste d​es 16.000 Mann starken Schweizer Hilfscorps a​uf 6.000 Mann.[54] Henry Vallotton schrieb, d​ass insgesamt n​ur 300 v​on 12.000 Schweizern d​en Feldzug überlebt haben.[55] Spätere Forschungen h​aben dagegen ergeben, d​ass weniger Soldaten a​us der Schweiz i​n Russland waren. In d​er heutigen Literatur w​ird die Stärke d​es Hilfscorps z​um Teil n​ur mit 7.000 Mann angegeben.[56]

Von 30.000 Mann d​es bayerischen VI. Korps traten a​m 13. Dezember n​och 68 kampffähige Soldaten an.[57] Von m​ehr als 27.000 Westphalen kehrten n​ur 800 zurück. Von 15.800 Württembergern w​aren nach d​em Rückzug n​och 387 Mann vorhanden. Die badische Division, anfangs e​twa 7.000 Mann, bestand a​m 30. Dezember n​och aus 40 kampffähigen u​nd 100 kranken Soldaten. Die sächsische Kavalleriebrigade Thielmann w​urde bei Borodino f​ast vollständig vernichtet, 55 Mann kehrten zurück.[58] Von 2.000 Mecklenburgern kehrten 59 zurück. Lediglich d​ie beiden Hilfskorps a​us Österreich u​nd Preußen, d​ie nie w​eit in russisches Gebiet eingedrungen s​ind und deshalb kürzere Versorgungs- u​nd Rückzugwege hatten, weisen niedrigere Verlustzahlen auf.

Nach d​em Rückzug erhielten d​ie Bayern b​is zum 29. Dezember Verstärkungen v​on 4.200 Mann.[59] Diese Truppen marschierten e​rst im Oktober a​us Bayern a​b und s​ind ein Beispiel für d​ie unterschiedliche Auslegungsmöglichkeit d​er Zahlen i​m Verhältnis z​um Vaterländischen Krieg.

Am 26. Juni 1813 h​atte der österreichische Kanzler Metternich e​ine Unterredung m​it Napoleon, d​ie er protokollierte. Unter anderem schrieb er: „Napoleon fasste sich, u​nd mit ruhigem Ton s​agte er m​ir folgende Worte […]: Die Franzosen können s​ich nicht über m​ich beklagen; u​m sie z​u schonen, h​abe ich d​ie Polen u​nd die Deutschen geopfert. Ich h​abe in d​em Feldzug v​on Moskau 300.000 Mann verloren; e​s waren n​icht einmal 30.000 Franzosen darunter. Sie vergessen, Sire, r​ief ich aus, d​ass Sie z​u einem Deutschen sprechen.“

Die Zahl d​er Gefangenen i​n den westlichen russischen Gouvernements betrug a​m 28. Februar 1813 n​ach Angaben d​es russischen Kriegsministeriums 11.754 Mann, darunter 4.508 Franzosen, 1.845 Polen, 1.834 Spanier, 1.805 Deutsche,[60] 659 Italiener, 617 Österreicher u​nd 218 Schweizer.[61] Tarlé hingegen g​ing von b​is zu 100.000 Franzosen aus, d​ie sich Ende 1812 i​n russischer Gefangenschaft befanden.[53] Hinzu kommen Soldaten, d​ie in d​ie Russisch-Deutsche Legion eingetreten waren, d​eren Stärke n​ach Clausewitz i​m Dezember 1812 e​twa 4.000 Mann betrug u​nd im folgenden Mai 5.000 Mann s​tark gewesen s​ein soll. Als Chef d​es Generalquartiermeisterstabes d​er Legion w​ar er über d​eren Stärke informiert. Der e​rste Stärkerapport d​er Legion v​om 10. Dezember 1812 verzeichnet dagegen n​ur 1.667 Mann u​nd zwei Pferde. Die Abweichungen zwischen Stärkerapport u​nd den Zahlen v​on Clausewitz erklären s​ich durch d​en hohen Krankheitsstand, verursacht d​urch Epidemien. Laut Helmert/Usczeck betrug d​ie Legion Anfang 1813 a​n Offizieren u​nd Mannschaften hingegen 8.800 Mann.[52] Freiherr v​om Stein h​atte die Stärke m​it 8.773 Mann beziffert, w​obei unklar ist, w​oher er d​iese Zahl hatte, d​a die Legion e​rst im November 1814 e​ine Stärke v​on über 8.500 Mann erreichte.[62] Sie bestand n​icht nur a​us Deutschen: Angeblich h​aben sich Niederländer i​n Scharen freiwillig gemeldet u​nd Italiener g​aben sich a​ls Deutsche aus, u​m aufgenommen z​u werden. Anders a​ls oft i​n der Gefangenschaft bedeutete d​er Dienst i​n der Legion regelmäßige Versorgung, Bekleidung u​nd vernünftige Unterkünfte. Im Vergleich z​um Kontingent, d​as Spanien stellte, i​st die Zahl d​er Gefangenen s​ehr hoch. Die meisten v​on ihnen gehörten z​ur Division Durutte, d​ie erst i​m November eingesetzt wurde. Es w​aren hauptsächlich Kriegsgefangene, d​ie mehr o​der weniger freiwillig z​um Einsatz kamen. Viele Soldaten desertierten.

Zu d​en russischen Verlusten g​ibt es wenige Quellen, s​ie betrugen e​twa 210.000 Mann.[63] General Wilson berichtete, d​ass die Armee Kutusows i​n den v​ier Wochen, b​evor sie Wilna erreichte, d​ie Hälfte i​hrer Soldaten verloren hatte. Von 10.000 Rekruten, a​ls Verstärkung n​ach Wilna geschickt, erreichten n​ur 1.500 Soldaten d​ie Stadt, v​iele davon krank.

Nachwirkungen

Nach d​er Niederlage d​er Grande Armée i​n Russland begannen d​ie Befreiungskriege, d​ie Napoleons Herrschaft über Europa e​in Ende setzten. Anfang 1813 kündigte Preußen a​ls erstes deutsches Land d​ie Allianz m​it Frankreich a​uf und verbündete s​ich mit Russland u​nd Schweden. Im Sommer t​rat Österreich diesem Bündnis bei; u​nd so konnte Napoleons Armee v​om 16. b​is 19. Oktober 1813 i​n der Völkerschlacht b​ei Leipzig d​ie entscheidende Niederlage beigebracht werden. Danach wechselten a​uch die letzten deutschen Verbündeten Napoleons d​ie Seiten. Nach d​em Einmarsch d​er Alliierten i​n Frankreich s​ah er s​ich im März 1814 gezwungen, abzudanken u​nd auf d​ie Insel Elba i​ns Exil z​u gehen. Nach seiner Rückkehr u​nd der Herrschaft d​er 100 Tage w​urde er i​n der Schlacht v​on Waterloo 1815 endgültig besiegt.

Unterdessen hatten s​ich die Sieger a​uf dem Wiener Kongress bereits a​n die Neuordnung Europas gemacht, d​ie Russland, Österreich u​nd Preußen d​urch die Gründung d​er Heiligen Allianz z​u garantieren gedachten. In Frankreich, d​as die Grenzen v​on 1792 erhielt, kehrten m​it Ludwig XVIII. d​ie Bourbonen a​uf den Thron zurück. Russland u​nd Preußen teilten s​ich das polnische Herzogtum Warschau. Preußen erhielt z​udem Gebiete i​m Westen Deutschlands, d​ie es später z​ur Rheinprovinz zusammenfasste. Litauen u​nd andere früher polnische Gebiete blieben russisch, ebenso Finnland. Für dessen Verlust w​urde Schweden m​it der Angliederung Norwegens entschädigt. In Kongresspolen w​urde unter russischer Herrschaft zunächst e​ine liberale Verfassung eingeführt. Der polnisch-russische Gegensatz verschärfte s​ich jedoch weiter u​nd führte 1830 z​u einem Aufstand, d​en Russland niederschlug. Die Verfassung w​urde aufgehoben u​nd Polen z​ur russischen Provinz erklärt.

Kulturelle Hinterlassenschaften

In d​er Folgezeit entstanden zahlreiche Literaturwerke, d​ie dem Vaterländischen Krieg gewidmet sind, darunter Leo Tolstois Roman Krieg u​nd Frieden. Im Jahr 1880 komponierte Pjotr Iljitsch Tschajkowski s​eine berühmte Ouverture solennelle „1812“ op. 49.

In d​er russischen Sprache hinterließ d​er Krieg d​as Wort Scharomyga (Шаромыга), w​as so v​iel wie Bettler, Landstreicher, Schmarotzer bedeutet. Dies rührte v​on den zahlreichen französischen Deserteuren her, d​ie der Krieg hinterließ. Sie streiften d​urch das Land u​mher und sprachen d​ie Bauern m​it „cher ami“ an, u​m sie n​ach etwas Essbarem z​u bitten.

Die Orte d​er Schlachten wurden b​ei der Ansiedlung deutscher Auswanderer a​b 1814 i​n Bessarabien berücksichtigt. Das Fürsorgekomitee a​ls russische Ansiedlungsbehörde vergab d​iese Namen für bessarabiendeutsche Ansiedlungen, w​ie Arzys, Beresina, Borodino, Leipzig, Malojaroslawez, Paris, Krasna (Krasny) u​nd Tarutino.

In d​en linksrheinischen deutschen Gebieten, n​ach dem Friedensschluss v​on Campo Formio (1797) a​n Frankreich abgetreten, wurden v​iele Soldaten für d​ie napoleonische Armee rekrutiert. Dementsprechend groß w​ar später d​ort der napoleonische Veteranenkult.

Gedenksteine an die gefallenen/verstorbenen Soldaten

Der Präfekt des Départements Rhin-et-Moselle ließ 1812 in Koblenz den Kastorbrunnen errichten, zur Erinnerung an die „Campagne contre les Russes“.
Der in russischen Diensten stehende General Saint-Priest ließ nach der Eroberung der Stadt eine zweite Inschrift darunter setzen: „Vu et approuvé par nous Commandant Russe de la Ville de Coblentz le 1er Janvier 1814.“ (dt.: „Gesehen und genehmigt durch uns, den russischen Kommandanten der Stadt Koblenz am 1. Januar 1814.“)
Der Obelisk am Karolinenplatz Muenchen von Westen.
Foto: MDosch, fav.me/d5f0kxl

Besonders i​m Bereich d​es heutigen Rheinhessen-Pfalz, d​em früher e​twa das französische Département d​u Mont-Tonnerre entsprach, wurden i​n zahlreichen Orten Veteranengesellschaften d​er ehemaligen napoleonischen Armee gegründet u​nd Gruppen- s​owie Einzeldenkmäler errichtet. Solche Napoleonsteine existieren a​uch in Koblenz, Mainz-Gonsenheim (1839), Kreuznach (1843), Oppenheim, Ober-Olm (1842), Ingelheim-Großwinternheim (1844), Eimsheim (1852), Worms, Pfeddersheim, Grünstadt, Frankenthal (Pfalz), Kaiserslautern, Zweibrücken u​nd Biedesheim (1855).

Der Obelisk a​m Karolinenplatz i​n München w​urde 1833 v​om bayerischen König Ludwig I. z​um Gedenken a​n die i​m Russlandfeldzug gefallenen Bayern errichtet.

Siehe auch

Filme

  • Napoleon Bonapartes Russland-Feldzug. Frankreich 2014. Gezeigt in: Phoenix, 15. Februar 2020, 20:15–22:00 Uhr (Borodino, Moskau, Beresina).

Literatur

  • Ernst von Baumbach: Tagebuch von 1812. Nechtersheim 1838, Handschrift.
  • Matthias Blazek: Vor 200 Jahren. Napoleon und das Desaster von 1812. In: F-Flagge – Magazin für den Fernmeldering e.V. 39. Jg., Nr. 4/2012, S. 51–54.
  • Carl von Clausewitz:
    • Der russische Feldzug von 1812. Magnus, Essen 1984, ISBN 3-88400-162-0.
    • Der Feldzug 1812 in Russland und die Befreiungskriege von 1813–15 (3. durchgesehene Auflage (1906) online)
    • Sämtliche hinterlassenen Werke über Krieg und Kriegführung. Band 3, Mundus Verlag 1999 (zuerst: Berlin 1832 Band 7 und 8).
  • Siegfried Fiedler: Grundriß der Militär- und Kriegsgeschichte. Zweiter Band, Schild-Verlag, München 1976.
  • Förster Fleck: Erzählung von seinen Schicksalen auf dem Zuge Napoleons nach Russland und von seiner Gefangenschaft 1812–1814. Von ihm selbst geschrieben. (Zeitzeugenbericht), AMon, Köln 2008, ISBN 978-3-940980-01-4.
  • Daniel Furrer: Soldatenleben. Napoleons Russlandfeldzug 1812. NZZ Libro, Zürich 2012, ISBN 978-3-03823-709-9.
  • Valentin Gitermann: Geschichte Russlands, Zweiter Band. Athenäum-Verlag, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-610-08461-8 (Nachdruck der Erstausgabe von 1945).
  • Paul Holzhausen: Die Deutschen in Russland 1812. Leben und Leiden auf der Moskauer Heerfahrt. Morawe & Scheffelt Verlag, Berlin 1912.
  • Eckart Kleßmann: Napoleons Rußlandfeldzug in Augenzeugenberichten. dtv, München 1972, ISBN 3-423-00822-9.
  • Dominic Lieven: Russland gegen Napoleon. Die Schlacht um Europa. (Originaltitel: Russia Against Napoleon. Übersetzt von Helmut Ettinger), Bertelsmann, München 2011, ISBN 978-3-570-10050-9.
  • Woldemar von Löwenstern: Denkwürdigkeiten eines Livländers (Aus den Jahren 1790–1815). Zwei Bände in einem Buch. Hrsg. Friedrich v. Smitt, C. F. Wintersche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1858.
  • Peter Leuschner: Nur wenige kamen zurück. Ludwig, Pfaffenhofen 1980, ISBN 3-7787-3143-2.
  • Karl J. Mayer: Napoleons Soldaten. Primus, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-89678-750-7.
  • Anka Muhlstein: Der Brand von Moskau. Napoleon in Russland. Insel Taschenbuch 3468, Frankfurt am Main / Leipzig 2008, ISBN 978-3-458-35168-9.
  • Nigel Nicolson: Napoleon in Rußland. Benziger, Zürich / Köln 1987, ISBN 3-545-34060-0.
  • Christian Ortner: Der Feldzug von 1812. In: Viribus Unitis. Jahresbericht des Heeresgeschichtlichen Museums 2012. Wien 2013, ISBN 978-3-902551-37-5, S. 10–26.
  • Moritz Exner: Der Anteil der Königlich Sächsischen Armee am Feldzug gegen Russland 1812, Verlag saxoniabuch, Dresden 2017, ISBN 978-3-95770-492-4, Nachdruck der Originalauflage Duncker & Humblot, Leipzig 1896
  • Alan Palmer: Alexander I. Gegenspieler Napoleons. Bechtle, Esslingen 1982, ISBN 3-7628-0408-7.
  • Alan Palmer: Napoleon in Russland. G. B. Fischer, Frankfurt am Main 1967.
  • Jacques Presser: Napoleon – Das Leben und die Legende. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1977, ISBN 3-421-01804-9.
  • Philipp Röder von Diersburg (Hrsg.): Denkwürdigkeiten des Generals der Infanterie Markgraf Wilhelm von Baden aus den Feldzügen 1809 bis 1815. Nach dessen hinterlassenen eigenhändigen Aufzeichnungen. Mit Noten und Beilagen. A. Bielefeld's Hofbuchhandlung, Karlsruhe 1864.
  • Friedrich von (Fedor Ivanowich) Smitt: Zur näheren Aufklärung über den Krieg von 1812. C. F. Winter’sche Verlagshandlung, Leipzig und Heidelberg 1861.
  • Friedrich Steger: Der Feldzug von 1812. Chronik der grossen Armee im Feldzug Napoleons gegen Russland 1812 nach zeitgenössischen Quellen. Phaidon Verlag, Essen 1985, ISBN 3-88851-074-0 (bearbeiteter Nachdruck der Erstausgabe von 1845).
  • Henry Vallotton: Alexander der Erste. Christian Wegner Verlag, Hamburg 1967.
  • Adalbert Wahl: Geschichte des Europäischen Staatensystems. Oldenbourg, München 1967 (unveränderter reprografischer Nachdruck der Ausgabe München und Berlin 1912 – Sonderausgabe für Mitglieder der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt).
  • Friedrich Wilhelm von Weymarn: Barclay de Tolly und der vaterländische Krieg 1812. Franz Kluge Verlag, Reval 1914.
  • Adam Zamoyski: 1812: Napoleons Feldzug in Russland. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-63170-2.
  • Alexander Moutchnik: 1812 год в исторической памяти Мюнхена и Баварии. Обелиск на Каролинской площади в Мюнхене как место памяти. [Das Jahr 1812 im Gedächtnis Münchens und Bayerns. Der Obelisk auf dem Karolinenplatz in München als Erinnerungsort]. International Conference „After the Storm. The Historical Memory upon 1812 in Russia and Europe“, Deutsches Historisches Institut, Moskau, 28.–30. Mai 2012.
  • Albert Maag: Die Schicksale der Schweizerregimenter in Napoleons I Feldzug nach Russland, 1812, Digitalisat
Commons: Russlandfeldzug 1812 – Sammlung von Bildern
Tagebücher
Verlustlisten

Einzelnachweise

  1. Siehe http://www.deuframat.de/rueckblicke/revolutionaerer-umbruch/franzoesische-revolution-und-napoleonische-zeit/die-revolutionskriege.html „...der im Frühjahr. 1792 zum. bewaffneten Konflikt des revolutionären Frankreichs mit Österreich und Preußen und damit zur kriegerischen Konfrontation der Revolution mit den Mächten des alten Europas geführt hat.“ (1. Koalitionskrieg)
  2. Adam Zamoyski: 1812. Napoleons Feldzug in Russland. Verlag C. H. Beck, 2012, S. 23.
  3. Palmer: Alexander I. S. 180.
  4. Ségur, Phillipe Paul: Geschichte Napoleons und der großen Armee im Jahre 1812. Heinrich Hoff, Mannheim 1835, S. 40.
  5. Christian Ortner: Der Feldzug von 1812. In: Viribus Unitis. Jahresbericht des Heeresgeschichtlichen Museums 2012. Wien 2013, ISBN 978-3-902551-37-5, S. 12.
  6. Palmer: Alexander I. S. 175 und Gitermann, S. 348.
  7. Palmer: Alexander I. S. 203.
  8. Soldaten! Der zweite polnische Krieg hat begonnen! Der erste wurde in Friedland und Tilsit beendet. In Tilsit schwor Russland ewiges Bündnis mit Frankreich und Krieg gegen Großbritannien. Heute bricht es seine Schwüre. Es verweigert jede Erklärung seines befremdenden Verhaltens, bis die französischen Adler über den Rhein zurückgegangen und unsere Verbündeten seiner Willkür preisgegeben sind. Russland wird vom Verhängnis fortgerissen, sein Schicksal muss in Erfüllung gehen. Glaubt es uns denn entartet? Wären wir denn nicht mehr die Soldaten von Austerlitz? Es stellt uns zwischen Entehrung und Krieg. Die Wahl kann nicht zweifelhaft sein. Marschieren wir also. Gehen wir über den Njemen und tragen den Krieg auf russischen Boden. Der zweite polnische Krieg wird wie der erste ruhmvoll für die französischen Waffen sein; aber der Friede den wir schließen werden, wird seine Garantie in sich tragen, und dem unheilvollen Einfluss, den Russland seit fünfzig Jahren auf die Angelegenheiten Europas ausgeübt hat, ein Ende bereiten (Kleßmann: S. 59–60).
  9. Requirierungsbefehl des Herzogs von Tarent (Marschall MacDonald) an den Regierungsbezirk Preußisch-Litauen in Tilsit vom 7. Juli 1812, abgedruckt in Seidlitz, Tagebuch des königl. preuß. Armeekorps im Feldzug 1812, Bd. I (1823), 175, die anderen Angaben in der Fußnote.
  10. Chambray: Histoire de l’expédition de Russie. Bd. I, 1823, S. 30.
  11. Lossau: Charakteristik der Kriege Napoleons. Bd. III, 1847, S. 235–237.
  12. Lossau: Charakteristik der Kriege Napoleons. Bd. III, 1847, S. 16.
  13. Foord: Napoleon’s Russian Campaign of 1812. 1915, S. 20–22, 59–61.
  14. Adam Zamoyski: 1812: Napoleons Feldzug in Russland. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-63170-2. S. 600.
  15. Das Armeekorps umfasste beim Ausmarsch 30.900 Mann. Mit den nachrückenden Ersatzeinheiten kamen bis Dezember 1812 insgesamt mehr als 34.000 Mann zum Einsatz. Diese Zahl wird daher oft – nicht ganz richtig – als Stärke des österreichischen Armeekorps angegeben (Welden: Der Feldzug der Österreicher gegen Russland im Jahre 1812. 1870, S. 2, 5–7).
  16. Großer Generalstab, Kriegsgeschichtliche Abteilung II (Hrsg.): Das Preußische Heer im Jahre 1812 (= Das Preußische Heer der Befreiungskriege, Band 1). Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Berlin 1912, zum mobilen Korps S. 390–432, zur Stärke der zurückgebliebenen Truppen S. 563–672.
  17. Smitt: S. 217.
  18. Smitt: S. 236.
  19. Leopold von Hohenhausen: Biographie des Generals von Ochs. Verlag J. H. Hampe, Kassel 1827, S. 210.
  20. Chambray: Histoire de L’Expédition de Russie. 1823 (zwei Bände); Kaiser Napoleon III. (Hrsg.): Correspondance de Napoléon I. (32 Bände ab 1852) ergänzt durch weitere spezielle Editionen durch die historische Abteilung des französischen Generalstabs (Section Historique de L’Etat-major de l’Armée), insbesondere das monumentale Werk von G. Fabry: Campagne de Russie. (1812); fünf Bände 1900–1903 (plus Supplement-Bände mit den Depeschen von und an Major-General). Außerdem Blonde, G.: La Grande Armée. (1979), Nafziger: Napoleon's Invasion of Russia. (1988, Appendix II und Appendix III: orders of Battle 1810–1812); Riehn: 1812. Napoleon’s Russian Campaign. (1991).
  21. die wöchentlichen Bestandslisten im Großen Hauptquartier beruhten auf den regelmäßigen Zählappellen bei den Einheiten.
  22. Exakte Zahlen gelten immer nur für ganz bestimmte, genau anzugebende Einheiten an einem ganz bestimmten Stichtag.
  23. Helmert, Uszeck: Europäische Befreiungskriege. 1975, S. 158, geben 457.000 Mann an, da sie das österreichische Korps (nicht ganz richtig) mit 34.000 Mann angeben. Sie erwähnen die drei „Großen Parks“ nicht. Damit kommen auch sie auf etwa 475.000 Mann.
  24. die Gliederung und Verteilung des 11. Armeekorps sowie der nachrückenden Ersatzformationen war Anfang Dezember 1812 sehr komplex. Die Truppen waren oft als einzelne Bataillone weit zerstreut, so dass ihre Aufstellung hier nicht in wenigen Zeilen dargestellt werden kann.
  25. Die 34. Division (Morand, später Loison) stand damals zum Schutz der Ostsee-Küste z. T. noch in Pommern, sie übernahm jedoch später die Nachhut für die an die Oder zurückgehenden Reste der Hauptarmee (Riehn: 1812. Napoleons Russian Campaign. 1991, S. 439–441, 482–484.)
  26. Caemmerer: Die Befreiungskriege 1813–1815. 1907, S. 6–7; Friedrich: Die Befreiungskriege 1813–1815. 1913, Bd. 1, S. 78–80.
  27. Armand Augustin Louis de Caulaincourt: Unter vier Augen mit Napoleon. Denkwürdigkeiten des Generals Caulaincourt. Hrsg. v. Friedrich Matthaesius, Bielefeld 1937, S. 18–34, zitiert nach Adam Zamoyski: 1812. Napoleons Feldzug in Russland. München 2012, S. 94.
  28. Chambray: Histoire de L’Expédition de Russie. Tome 1, 1823, S. 172 ff.; („ein Augenzeuge“) Das Buch vom Jahr 1812. Bd. 2, 1844, S. 19 ff.; G. Fabry: Campagne de Russie (1812). Tome 1, 1900, S. 1 ff. (Befehle des Kaisers an die einzelnen Korpskommandeure vom 24. Juni 1812); Riehn: 1812. Napoleon’s Russian Campaign. 1991, S. 160–162.
  29. Die rechte Armeegruppe (5., 7. und 8. Armeekorps) unter König Jerôme überschritt erst ab 28. Juni bei Grodno die Grenze.
  30. Zahlen nach Tarle: 1812. Berlin 1951, S. 82 f. – Clausewitz gibt die Gesamtstärke der drei russischen Armeen mit 180.000 Mann an. Die 1. Westarmee, bei der er sich befand, hatte nach ihm nur 90.000 Mann sowie einige Kosaken. Bei Drissa kamen 10.000 Mann Verstärkung hinzu.
  31. Clausewitz: Der russische Feldzug von 1812. S. 31.
  32. Presser, S. 435.
  33. Heinrich Christian Magnus von Klengel (1761–1814); vgl. Georg Alban Schaff, Die königlich sächsische Brigade von Klengel in Kobrin vom 24. bis 27. Juli 1812, Dresden 1899.
  34. Militair Conversations Lexikon. 4. Bd., Leipzig 1834, S. 310.
  35. In der russischen Armee gab es mehrere Generale mit diesem Namen. Zwei Tutschkow fielen in der Schlacht von Borodino.
  36. Palmer: Alexander I. S. 218–219.
  37. Bericht von Barclay de Tolly an Alexander I. bei Smitt, S. 511–513.
  38. Nicolson, S. 107.
  39. Kleßmann: S. 224.
  40. Christian Ortner: Der Feldzug von 1812. In: Viribus Unitis. Jahresbericht des Heeresgeschichtlichen Museums 2012. Wien 2013, ISBN 978-3-902551-37-5, S. 25.
  41. General Sir Robert Wilson: Narrative of Events during the Invasion of Russia. John Murray, London 1860, S. 242–244.
  42. Palmer: Alexander I. S. 230.
  43. Christian Schmidt-Häuer: Requiem für eine europäische Armee. In: Die Zeit vom 9. September 2004. Webseite aufgerufen am 28. Februar 2011.
  44. Ernst von Baumbach: Tagebuch von 1812. Nechtersheim 1838, Handschrift. Abschnitt XI. Handschriftliches Manuskript, S. 240.
  45. Kleßmann, S. 376.
  46. Ernst von Baumbach: Tagebuch von 1812. Nechtersheim 1838, Handschrift. Abschnitt XI. Handschriftliches Manuskript, S. 256–258.
  47. Palmer: Alexander I. S. 233.
  48. Presser, S. 456.
  49. Philipp Röder von Diersburg (Hrsg.): Denkwürdigkeiten des Generals der Infanterie Markgraf Wilhelm von Baden aus den Feldzügen 1809 bis 1815. Nach dessen hinterlassenen eigenhändigen Aufzeichnungen. Mit Noten und Beilagen. A. Bielefeld's Hofbuchhandlung, Karlsruhe 1864, S. 72–84.
  50. Presser, S. 457.
  51. Die Erlebnisse von Schraefel, in einem Tagebuch aufgezeichnet, waren Grundlage für ein 1980 erschienenes Buch von Peter Leuschner, in dem der Leidensweg der Bayerischen Armee geschildert wird.
  52. Helmert/Usczeck: Europäische Befreiungskriege 1808 bis 1814/15. Militärverlag der DDR, Berlin 1986, S. 185.
  53. Tarlé: Napoleon. Rütten & Loening, Berlin 1963, S. 399.
  54. Meyers Konversationslexikon, Vierte Auflage, 1885–1892, S. 761: Schweiz (Geschichte 1798–1831).
  55. Vallotton, S. 186.
  56. Kleßmann, S. 29.
  57. Leuschner, S. 155.
  58. Fiedler, S. 225–227.
  59. Leuschner, S. 156.
  60. darunter 986 Preußen, 310 Bayern, 215 Westphalen, 114 Sachsen und 55 Württemberger. Dazu kommen weitere Deutsche aus den von Frankreich besetzten Gebieten, die zur damaligen Zeit als Franzosen galten.
  61. Gabriele Venzky: Die Russisch-Deutsche Legion in den Jahren 1811–1815. Otto Harrassowitz, Wiesbaden 1966, S. 77.
  62. Gabriele Venzky: Die Russisch-Deutsche Legion in den Jahren 1811–1815. Otto Harrassowitz, Wiesbaden 1966, S. 74.
  63. Kleßmann, S. 389.
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