Säuglingssterblichkeit
Mit der Säuglingssterblichkeit erfasst man den Anteil der Kinder, die vor Erreichung des ersten Lebensjahres sterben. Man gliedert sie so aus der Kindersterblichkeit aus. Eine hohe Säuglingssterblichkeit ist ein Kennzeichen von Unterentwicklung und in Entwicklungsländern besonders häufig anzutreffen.
Säuglingssterblichkeit international (2013)[1] |
in Promille |
---|---|
weltweit | 38 |
OECD (2004)[2] | 5,70 |
Japan | 1,9 |
Schweden | 2,3 |
Tschechien | 2,5 |
Deutschland | 3,3 |
Österreich | 3,1 |
Frankreich | 3,6 |
Niederlande | 3,8 |
Großbritannien | 3,9 |
Slowakei | 5,5 |
Russland | 10,3 |
Angola | 96 |
Die unterschiedlichen Sterblichkeitsraten bei vergleichbar entwickelten Staaten lassen sich zum Teil auf unterschiedliche Traditionen oder der Akzeptanz der Pränataldiagnostik bzw. Präimplantationsdiagnostik durch Eltern oder den Gesetzgeber[3] zurückführen, aber auch auf verschiedene staatliche Angebote zur Betreuung der Mütter und Neugeborenen.
In den meisten Industrieländern lässt sich eine erhöhte Säuglingssterblichkeit bei sozial benachteiligten Gruppen nachweisen, dazu zählen in Deutschland etwa arme Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund.[4] Für diese Säuglingssterblichkeit werden ungenügende Gesundheitsvorsorge während der Schwangerschaft, Fehlernährung und unzureichende Inanspruchnahme von präventiven Gesundheitsleistungen vermutet, ohne damit alle Aspekte abdecken zu können.[5]
Geschichte
Wird die Säuglingssterblichkeit heute üblicherweise in Promille erfasst, so erfolgte dies bis weit ins 20. Jahrhundert aufgrund der damals deutlich höheren Opferzahlen in Prozent. So zeigt eine anlässlich der Gründung eines „Landesausschuß für Säuglings- und Kleinkinderfürsorge in Mecklenburg“ vorgelegte Statistik aus dem Jahr 1917, dass zwischen 1886 und 1910 im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin von den Lebendgeborenen innerhalb des ersten Lebensjahres konstant zwischen 16,2 und 17,1 Prozent starben. Bis zum fünften Lebensjahr starben im gleichen Zeitraum zwischen 21,0 und 24,4 Prozent.[6] Dies bedeutet, dass zu dieser Zeit im ersten Lebensjahr etwa jedes sechste, bis zum fünften etwa jedes vierte Kind starb. Ähnliche Todesraten gab es im gesamten Deutschen Reich.
1908 stellte der Kinderarzt und Sozialhygieniker Hugo Neumann auf Berlin bezogene statistische Daten zur Säuglingssterblichkeit, zur Art der Säuglingsernährung sowie zur Wohnungsgröße als Indikator für den ökonomischen Status der Familie zusammen. Seine Statistik dokumentierte, dass die Säuglingssterblichkeit mit sinkendem ökonomischen Status zunahm und dass zudem eine auf künstlicher Säuglingsnahrung basierende Ernährung in jeder sozialen Schicht mit einer im Vergleich zum Stillen um ein Vielfaches höheren Säuglingssterblichkeit einherging. Mit 23 Prozent am höchsten war in Berlin die Sterblichkeit von Säuglingen, bei denen beide Faktoren zusammentrafen.[7]
Literatur
- Johannes Korporal et al.: Epidemiologie der Säuglingssterblichkeit. Thieme, 1978.
Weblinks
Einzelnachweise
- prb.org (PDF)
- oecd.org (PDF; 173 kB)
- Tages-Anzeiger: Warum die Kindersterblichkeit in der Schweiz so hoch ist, 4. Mai 2014: Zum Kontext: Durch einen (Teil-)Verzicht auf Diagnostik werden Föten ausgetragen, die auf Grund schwerer Behinderungen noch als Säugling sterben (Aborte gehen nicht in die Statistik ein).
- Antje Richter: Armutsprävention – ein Auftrag für Gesundheitsförderung. In: Margherita Zander: Kinderarmut. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005, ISBN 3-531-14450-2, S. 202.
- kinderumweltgesundheit.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF).
- Landesausschuß für Säuglings- und Kleinkinderfürsorge in Mecklenburg (Alexandrawerk und Olagstiftung). Sonderdruck der Redebeiträge anlässlich der Gründung im Frühjahr 1917, Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern.
- Sigrid Stöckel: Säuglingsfürsorge zwischen sozialer Hygiene und Eugenik. Das Beispiel Berlins im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. De Gruyter, 1996, ISBN 3-11-014539-1, S. 114 ff. (ebenfalls Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Band 91, 1992).