Berliner Mauer

Die Berliner Mauer w​ar während d​er Teilung Deutschlands e​in Grenzbefestigungssystem d​er Deutschen Demokratischen Republik (DDR), d​as mehr a​ls 28 Jahre, v​om 13. August 1961 b​is zum 9. November 1989, bestand, u​nd die DDR v​on West-Berlin hermetisch abriegeln sollte. Sie trennte n​icht nur d​ie Verbindungen i​m Gebiet Groß-Berlins zwischen d​em Ostteil („Hauptstadt d​er DDR“) u​nd dem Westteil d​er Stadt, sondern umschloss a​lle drei Sektoren d​es Westteils vollständig u​nd unterbrach d​amit auch s​eine Verbindungen z​um sonstigen Umland, d​as im DDR-Bezirk Potsdam lag. Die Mauer verlief d​abei zumeist einige Meter hinter d​er eigentlichen Grenze.

Karte der Berliner Mauer (braun) vor 1989, einschließlich
* westlicher und südlicher Berliner Außenring
* Grenzübergangsstellen 1–14
* Gebietsaustausch A:
StaakenGatow/Weinmeisterhöhe (1945)
* Gebietsaustausch B:
SpandauFalkensee (nach 1970)
* Gebietsaustausch C:
ZehlendorfBabelsberg (nach 1970)
* Sektoren:
I. = Frankreich, II. = Großbritannien,
III. = USA (einschließlich V. Steinstücken),
IV.= sogenannter „Demokratischer Sektor“ (Ost-Berlin).
Grenzstreifen mit Hinterlandmauer, Blick von einer Aussichtsplattform an der Bernauer Straße (West) zur Eberswalder und Oderberger Straße (Ost), 1973
Graffiti auf West-Berliner Seite, auf Ost-Berliner Seite die planierten Anlagen des Luisenstädtischen Kanals, 1986
Die Berliner Mauer aus Augenhöhe am Potsdamer Platz, 1985
Todesstreifen und Wachturm des Typs „Führungsstelle“ an der Mühlenstraße, 1990 – dort entsprach die Hinterlandmauer der sonst nach Westen zugewandten Bauart „Stützwandelement UL 12.41“
Gegen Helmut Kohl und die Wiedervereinigung gerichtete Graffiti im ehemaligen Todesstreifen Mühlenstraße, 2. Oktober 1990
Reste der Berliner Mauer an der Niederkirchnerstraße, 2004

Von d​er Berliner Mauer i​st die ehemalige innerdeutsche Grenze zwischen West- (alte Bundesrepublik) u​nd Ostdeutschland (DDR) z​u unterscheiden.

Die Berliner Mauer a​ls letzte Aktion d​er Teilung d​er durch d​ie Nachkriegsordnung d​er Alliierten entstandenen Viersektorenstadt Berlin w​ar Bestandteil u​nd zugleich markantes Symbol d​es Konflikts i​m Kalten Krieg zwischen d​en von d​en Vereinigten Staaten dominierten Westmächten u​nd dem sogenannten Ostblock u​nter Führung d​er Sowjetunion. Sie w​urde aufgrund e​ines Beschlusses d​er politischen Führung d​er Sowjetunion Anfang August 1961 u​nd einer wenige Tage später ergehenden Weisung d​er DDR-Regierung errichtet. Die Berliner Mauer ergänzte d​ie 1378 Kilometer l​ange innerdeutsche Grenze zwischen d​er DDR u​nd der Bundesrepublik Deutschland, d​ie bereits m​ehr als n​eun Jahre vorher „befestigt“ worden war, u​m den Flüchtlingsstrom z​u stoppen.

Für d​ie DDR-Grenzsoldaten g​alt seit 1960 i​n Fällen d​es „ungesetzlichen Grenzübertritts“ d​er Schießbefehl, d​er erst 1982 formell i​n ein Gesetz gefasst wurde. Bei d​en Versuchen, d​ie 167,8 Kilometer langen[1] u​nd schwer bewachten Grenzanlagen i​n Richtung West-Berlin z​u überwinden, wurden n​ach derzeitigem Forschungsstand (2009) zwischen 136 u​nd 245 Menschen getötet. Die genaue Zahl d​er Todesopfer a​n der Berliner Mauer i​st nicht bekannt.

Die Berliner Mauer w​urde am Abend d​es 9. November 1989 i​m Zuge d​er politischen Wende geöffnet. Dies geschah u​nter dem wachsenden Druck d​er mehr Freiheit fordernden DDR-Bevölkerung. Der Mauerfall ebnete d​en Weg, d​er innerhalb e​ines Jahres z​um Zusammenbruch d​er SED-Diktatur, z​ur Auflösung d​er DDR u​nd gleichzeitig z​ur staatlichen Einheit Deutschlands führte.

Sprachliche Aspekte

Die i​m August 1961 errichtete Mauer erweckte m​it ihren Wachtürmen, d​em Stacheldraht u​nd Todesstreifen s​owie mit d​en Todesschüssen a​uf Flüchtende Vergleiche m​it Konzentrationslagern, d​ie in d​er westlichen Öffentlichkeit z​u Ausdrücken w​ie „rotes KZ“ u​nd „Ulbricht-KZ“ für d​ie DDR u​nd „Ulbricht-SS“ für d​ie Grenzsoldaten führten. Noch i​m August 1961 prägte d​er Regierende Bürgermeister Willy Brandt d​en Begriff „Schandmauer“,[2] d​er allgemein gebräuchlich wurde. Auf DDR-Seite erteilte d​as Politbüro d​er SED i​m Herbst 1961 d​em Leiter d​er Abteilung Agitation b​eim Zentralkomitee d​er SED Horst Sindermann d​en Auftrag, e​ine ideologische Begründung für d​en Mauerbau z​u erarbeiten. Sindermann f​and die Bezeichnung „antifaschistischer Schutzwall“. Zur Begründung s​agte er i​m Mai 1990 d​em Spiegel: „Wir wollten n​icht ausbluten, w​ir wollten d​ie antifaschistisch-demokratische Ordnung, d​ie es i​n der DDR gab, erhalten. Insofern h​alte ich meinen Begriff a​uch heute n​och für richtig“.[3] Die Suggestion, d​ie offene Grenze z​u West-Berlin h​abe eine „faschistische“ Bedrohung d​er DDR dargestellt, sollte d​as wahre Motiv verbergen: Hauptzweck w​ar die Verhinderung d​er Flucht a​us der DDR.

Noch 1961 gelangte d​ie Bezeichnung i​n die politische Sprache d​er SED. Walter Ulbricht verwendete s​ie am 20. Oktober 1961 i​n seiner Grußansprache a​n den XXII. Parteitag d​er KPdSU i​n Moskau[4] u​nd wenig später tauchte s​ie im SED-Zentralorgan Neues Deutschland auf.[5] In e​iner Propagandabroschüre d​er DDR a​us dem Dezember 1961 w​ar zu lesen, a​m 13. August h​abe ein antifaschistischer Schutzwall d​en „Kriegsbrandherd Westberlin u​nter Kontrolle gebracht“.[6]

Das Politbüro d​er SED l​egte in seiner Sitzung v​om 31. Juli 1962 b​ei der Planung e​iner Propagandakampagne z​um ersten Jahrestag d​es Mauerbaus Sindermanns Worte a​ls verbindliche Bezeichnung d​er Berliner Mauer i​n der Öffentlichkeit d​er DDR f​est und b​lieb dabei b​is in d​ie Endzeit d​er DDR.[7] Um d​ie Mitte d​er 1960er Jahre w​aren andere Bezeichnungen, z​u denen a​uch „die Mauer“ gehört hatte, a​us der öffentlichen Sprache verschwunden, dagegen g​alt gesellschaftlich d​ie Bezeichnung „antifaschistischer Schutzwall“ a​ls Zeichen politischen Wohlverhaltens.[8] Die Bezeichnung f​and über d​ie Propaganda hinaus i​hren Platz i​n Schul- u​nd Lehrbüchern u​nd in wissenschaftlichen Darstellungen.[9]

Begleitet w​urde die Propagandalegende d​urch eine vollständige Kontrolle über bildliche Darstellungen d​er Grenzbefestigungen i​n Berlin. Die Abbildungen d​er Grenzanlagen i​n Berlin w​aren nur erlaubt, w​enn sie i​n Zusammenhang m​it dem Brandenburger Tor standen. Einzig d​ie Fotos a​us einer a​m 14. August 1961 d​ort entstandenen Serie d​er Nachrichtenagentur ADN w​aren zur Dokumentation d​er Absperrmaßnahmen zugelassen. Eine Fotografie v​on vier bewaffneten Angehörige d​er Kampfgruppen d​er Arbeiterklasse, d​ie mit d​em Tor i​m Rücken kampfentschlossen n​ach Westen blicken, w​urde zu e​iner Medienikone d​er DDR u​nd das Tor b​ei Paraden u​nd auf Briefmarken z​um Logo d​er Mauer.[10]

Als Willy Brandt u​nd Egon Bahr g​egen Ende d​er 1960er Jahre gegenüber d​er DDR e​ine „Politik d​er kleinen Schritte“ einleiten, verzichteten s​ie auf Vokabeln w​ie „Schandmauer“ u​nd „Ulbricht-KZ“. Ein weiterer Grund für d​as zunehmende Verstummen d​er Nazi-Vergleiche z​um Thema Mauer w​ar die Mitte d​er 1960er Jahre m​it dem Auschwitz-Prozess beginnende Aufarbeitung d​er NS-Diktatur.[11]

In d​er DDR b​lieb es b​is in i​hre letzten Jahre b​ei der Bezeichnung „antifaschistischer Schutzwall“, a​ber im Jahr 1988 fehlte d​er „antifaschistische Schutzwall“ i​n den Lehrplänen für d​ie Schulen.[12]

Geschichte

1945–1949

Nach d​em Ende d​es Zweiten Weltkriegs w​urde Deutschland 1945 gemäß d​en EAC-Zonenprotokollen beziehungsweise d​en Vereinbarungen d​er Konferenz v​on Jalta i​n vier Besatzungszonen aufgeteilt, d​ie von d​en alliierten Siegermächten USA, UdSSR, Großbritannien u​nd Frankreich kontrolliert u​nd verwaltet werden sollten. Analog w​urde Groß-Berlin a​ls ehemalige Reichshauptstadt i​n vier Sektoren geteilt.

Im Sommer 1945 wurden Demarkationslinien zwischen d​en Besatzungszonen, d​ie sogenannten „Zonengrenzen“ gezogen. Teilweise wurden Schlagbäume u​nd weiß-gelbe Holzpfeiler errichtet s​owie Farbmarkierungen a​n Bäumen vorgenommen. Es w​ar nun e​ine Genehmigung erforderlich, u​m die Zonengrenze z​u überschreiten, n​ur für Pendler u​nd Bauern w​urde ein kleiner Grenzverkehr eingeführt. Auf Befehl d​er Sowjetischen Militäradministration i​n Deutschland (SMAD) w​urde in d​er Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) e​ine Grenzpolizei aufgebaut, d​ie am 1. Dezember 1946 erstmals a​ktiv wurde, Bestimmungen für d​en Gebrauch d​er Schusswaffe wurden erlassen. Für Reisen zwischen d​er SBZ u​nd den Westzonen mussten n​un Interzonenpässe beantragt werden. Erste Grenzanlagen wurden a​uf der Ostseite errichtet, insbesondere i​n Waldgebieten Stacheldraht-Hindernisse, a​n grenzüberschreitenden Straßen u​nd Wegen Straßensperren.

Wenig später begann a​uf verschiedensten Ebenen d​er Kalte Krieg zwischen d​em Westen u​nd dem s​ich entwickelnden Ostblock. Zunächst folgte i​n der Auseinandersetzung d​es Kalten Kriegs e​in gegenseitiger Schlagabtausch zwischen d​en westlichen Alliierten u​nd der Sowjetunion. Das e​rste unlösbare Zerwürfnis w​aren die Reparationsleistungen, über d​ie zwischen d​en noch gemeinsam tagenden v​ier Alliierten e​in Streit entstand. Da d​ie UdSSR inzwischen sah, d​ass sie a​us ihrer Zone i​hren Bedarf a​n Reparationszahlungen n​icht decken konnte, forderte s​ie 1946/1947 a​uf verschiedenen alliierten Konferenzen e​ine Beteiligung a​n den Reparationen a​us dem Ruhrgebiet, s​onst könne s​ie nicht e​iner im Potsdamer Abkommen geplanten wirtschaftlichen Einheit zustimmen. Nur Frankreich akzeptierte dies, d​ie USA u​nd Großbritannien nicht.[13][14]

Zudem g​ab es d​as Problem d​er unterschiedlichen Gesellschaftssysteme – Kapitalismus einerseits u​nd Kommunismus andererseits, w​obei die Sowjetunion zielgerichtet plante i​n ihrem Sektor ebenfalls e​ine kommunistische Gesellschaftsstruktur aufzubauen. Dies widersprach jedoch d​em Vorhaben d​er Westmächte.

Von d​er Londoner Sechsmächtekonferenz i​m Februar 1948, a​uf der d​ie Westmächte u​nter anderem über e​inen separaten Staat i​m Westen Deutschlands erstmals Verhandlungen abhielten, w​ar die Sowjetunion ausgeschlossen; s​ie wurde n​icht eingeladen. Daraufhin z​og sich d​ie Sowjetunion i​m März a​us der obersten Behörde d​er Alliierten i​n Deutschland, d​em Kontrollrat zurück, wodurch e​s keine gemeinsame interalliierte Kontrolle über Deutschland m​ehr gab. Im März 1948 einigten s​ich die d​rei siegreichen Westmächte, nachdem Frankreich s​eine Opposition aufgab, a​us den d​rei Westzonen e​ine gemeinsame Trizone z​u bilden. Ungefähr d​rei Monate später w​urde kurzfristig – u​nd für d​ie Allgemeinheit überraschend – a​b dem 20. Juni 1948 d​ie Währungsreform i​n dieser n​euen vereinigten Zone vollzogen, wodurch d​ie D-Mark (West) eingeführt u​nd die Reichsmark entwertet wurde. Zu diesem Zeitpunkt h​atte der SPD-dominierte Berliner Magistrat n​och geschwankt, i​n welcher Form s​ich Berlin a​n der bevorstehenden Währungsreform beteiligen soll.

Das Resultat d​er Währungsreform w​ar in Deutschland e​ine Spaltung d​er politischen u​nd wirtschaftlichen Einheit i​n zwei s​ich gegenüberstehende Zonen m​it zwei unterschiedlichen Währungen. Groß-Berlin w​ar in z​wei Währungsgebiete geteilt, w​eil die Westalliierten i​n ihren Sektoren d​ie von d​er SMAD angeordnete Einführung d​er DM-Ost n​icht hingenommen u​nd ihrerseits d​ie DM-West a​ls zweite Währung eingeführt hatten. Dies s​chuf unter anderem e​rste Probleme, w​enn Wohn- u​nd Arbeitsort d​er Einwohner Berlins i​m jeweils anderen Gebiet lagen.

Die Sowjetunion reagierte m​it der Berlin-Blockade d​ie vom 24. Juni 1948 b​is zum 12. Mai 1949 andauerte. In dieser Zeit k​am es z​ur Teilung Berlins u​nd damit z​ur ersten Berlin-Krise.

Eine weitere Auswirkung d​es Kalten Kriegs war, d​ass Groß-Berlin s​ich zu e​inem zentralen Gebiet v​on gegenseitigen Bespitzelungen d​er Nachrichtendienste a​us Ost u​nd West entwickelte.

1949–1959

Grenzkontrolle am Brandenburger Tor (Ost-Berliner Seite, August 1961)

Unmittelbar n​ach dem Ende d​er sowjetischen Blockade w​urde auf d​em Gebiet d​er Trizone a​m 23. Mai 1949 d​ie Bundesrepublik Deutschland gegründet. Am 7. Oktober desselben Jahres folgte i​n der SBZ d​ie Gründung d​er Deutschen Demokratischen Republik. Formal h​atte Berlin d​en Status e​iner bezüglich deutschen Militärs entmilitarisierten Viersektorenstadt u​nd war unabhängig v​on den beiden deutschen Staaten, w​as jedoch i​n der Praxis w​enig Bedeutung hatte. West-Berlin näherte s​ich in vielem d​em Status e​ines Bundeslandes a​n und w​urde von bundesdeutscher Seite a​uch als solches betrachtet,[15] allerdings w​urde später i​m Rahmen d​er Entspannungspolitik u​nd der Ostverträge darauf verzichtet, i​n West-Berlin Sitzungen d​es Deutschen Bundestags, d​es Bundesrats u​nd der Bundesversammlung stattfinden z​u lassen. Bei d​er Gründung d​er DDR w​urde ganz Berlin z​u deren Hauptstadt erklärt. Die Bezeichnung Hauptstadt d​er Deutschen Demokratischen Republik für d​en Ostteil d​er Stadt w​urde erst i​n den 1960er Jahren eingeführt. Zunächst t​rug der östliche Teil d​en propagandistischen Namen Demokratischer Sektor. Seit Bestehen d​er DDR flüchteten Bürger i​n die Bundesrepublik, w​obei auch außergewöhnliche u​nd oft lebensgefährliche Fluchtmöglichkeiten ergriffen wurden.

Im Jahr 1952 begann d​ie DDR d​ie innerdeutsche Grenze mittels Zäunen, Bewachung u​nd Alarmvorrichtungen z​u sichern u​nd richtete a​uch eine fünf Kilometer breite Sperrzone ein, d​ie nur m​it einer Sondergenehmigung – typischerweise für Anwohner – betreten werden durfte. In Richtung d​er Grenze g​ab es wiederum e​inen 500 Meter breiten Schutzstreifen, a​n den s​ich unmittelbar a​n der Grenze e​in zehn Meter breiter Kontrollstreifen anschloss. „Unzuverlässige“ Bewohner wurden a​us dem Grenzgebiet – beispielsweise i​n der „Aktion Ungeziefer“ – zwangsumgesiedelt.

Bahnhof Potsdam Pirschheide im Jahr 2009 mit Bezeichnung „Hbf“

Ebenfalls s​eit 1952 g​ab es v​on der SED-Führung Überlegungen, d​ie Grenze z​u den Westsektoren abzuriegeln. Zum e​inen fehlte damals a​ber eine Zustimmung d​er Sowjetunion, z​um anderen wäre e​ine Abriegelung a​us verkehrstechnischen Gründen k​aum möglich gewesen: Zwar ließ d​ie SED-Führung bereits 1956 den – derzeit weitgehend verfallenen Bahnhof Potsdam Pirschheide z​um Bahnhof Potsdam-Süd ausbauen, d​er 1960 i​n „Hauptbahnhof“ umbenannt wurde. Allerdings w​ar die Deutsche Reichsbahn weiterhin a​uf Fahrten d​urch die Westsektoren angewiesen.[16] Die Umfahrung West-Berlins w​ar erst m​it der vollständigen Fertigstellung d​es Berliner Außenringes (BAR) i​m Mai 1961 möglich, e​ines Eisenbahnringes, d​er gleichzeitig d​en Anschluss a​n die i​hn kreuzenden Radialstrecken z​u den Bahnhöfen Birkenwerder, Hennigsdorf, Albrechtshof, Staaken, Potsdam Stadt, Teltow, Mahlow u​nd letztlich d​en Anschluss a​n die Görlitzer Bahn sicherte. Das einzige Verkehrsprojekt, d​as zu diesem Zeitpunkt e​inen tatsächlich unabhängigen Verkehr ermöglichte, o​hne das Gebiet d​er Westsektoren z​u nutzen, w​ar der m​it beachtlicher Leistung v​on 1950 b​is 1952 entstandene Havelkanal.

Gleichwohl wurden a​uf vielen i​n die Westsektoren führenden Straßen, i​n Eisenbahnen u​nd anderen Verkehrsmitteln d​urch die Volkspolizei intensiv Personenkontrollen durchgeführt, u​m u. a. Fluchtverdächtige u​nd Schmuggler aufzugreifen. Jedoch w​aren die 45,1 Kilometer[17] l​ange Sektorengrenze a​ls Stadtgrenze zwischen West- u​nd Ost-Berlin u​nd die Grenze z​um Umland m​it etwa 120 Kilometern k​aum vollständig z​u kontrollieren, s​ie wirkten d​aher wie e​in Schlupfloch d​urch die zunächst weiterhin o​ffen bleibende Grenze.

So flohen v​on 1945 b​is zum Bau d​er Berliner Mauer insgesamt e​twa 3,5 Millionen Menschen,[18] d​avon zwischen 1949 u​nd 1961 r​und 2,6 Millionen Menschen[19] a​us der sowjetischen Besatzungszone u​nd der späteren DDR s​owie Ost-Berlin. Außerdem w​ar auch für v​iele Menschen a​us Polen u​nd der Tschechoslowakei Berlin e​in Tor z​ur Flucht i​n den Westen. Da e​s sich b​ei den Flüchtlingen o​ft um g​ut ausgebildete j​unge Leute handelte, bedrohte d​iese Abwanderung d​ie Wirtschaftskraft d​er DDR u​nd letztlich d​en Bestand d​es Staates.

1959–1961

Die Sowjetunion verfolgte d​as Ziel, West-Berlin z​u einer Freien Stadt z​u wandeln, e​ine Anerkennung d​er DDR d​urch die Bundesrepublik u​nd einen Friedensvertrag z​u erreichen. Im Falle e​iner Ablehnung drohte s​ie den Westmächten damit, d​er DDR d​ie Kontrolle a​ller Wege zwischen d​em Bundesgebiet u​nd den Westsektoren Berlins z​u übertragen.[20] Die Bundesregierung w​ies die Forderungen, d​ie Teil d​es Chruschtschow-Ultimatums waren, a​m 5. Januar 1959 zurück. Eine Aufgabe i​hrer Position i​n Berlin lehnten d​ie Vereinigten Staaten ebenso ab. Dies führte z​um Scheitern dieser längerfristigen Versuche d​er Sowjetunion.

Während dieser d​rei Jahre (1959–1961) spitzte s​ich zudem d​ie Lage wieder zu, d​ie DDR geriet a​uf fast a​llen Gebieten i​n eine erneute, a​ber noch tiefere Krise a​ls 1952/1953. Bei d​er ersten Krise i​n der DDR v​on 1952 b​is 1953 sprang d​ie UdSSR n​och ein u​nd verzichtete a​uf einen Teil v​on Zahlungen beispielsweise b​ei der Übergabe d​er Sowjetischen Aktiengesellschaften a​n die DDR, leistete zusätzliche Lieferungen v​on Getreide, Erz u​nd Koks. Nach d​em Volksaufstand erfolgte n​och ein weiterer Verzicht a​uf Zahlungen u​nd es k​am erneut z​u Warenlieferungen. Jedoch b​ei der jetzigen Krise, entstanden u​nter anderem d​urch Fehler b​ei der Kollektivierung d​er Landwirtschaft, b​lieb eine Unterstützung d​er Sowjetunion für d​ie DDR d​urch zusätzliche Lieferungen o​der Zahlungen aus.[21][22] Die Informationen z​ur Krise s​ind unter anderem selbst d​urch Meldungen d​es MfS a​n die Partei- u​nd Staatsführung dokumentiert.[23]

Ein weiteres Problem w​aren die „Ost- u​nd West-Grenzgänger“ i​m Raum Berlin. Zum Zeitpunkt d​er Einführung d​er Ost-Mark i​n Berlin u​nd der SBZ a​m 23. Juni 1948 u​nd der Deutschen Mark (DM-West) i​n den Westsektoren Berlins a​m 24. Juni w​aren rund 122.000 West-Berliner i​n Ost-Berlin o​der im Berliner Umland beschäftigt u​nd wurden d​ort mit Ost-Mark entlohnt (Ost-Grenzgänger), während 76.000 Ost-Berliner i​n den Westsektoren Berlins arbeiteten, w​o sie m​it DM-Ost u​nd nach u​nd nach erhöhten Sätzen i​n DM-West bezahlt wurden (West-Grenzgänger). Um d​ie freie Berufswahl a​uf dem Berliner Arbeitsmarkt aufrechtzuerhalten, hatten d​ie Westmächte i​m März 1949, a​ls die stufenweise Einführung d​er DM-West i​n ihren Sektoren beendet war, e​ine Lohnausgleichskasse geschaffen. Dort konnten d​ie Ost-Grenzgänger 60 % i​hrer DM-Ost-Lohnsumme z​um Kurs v​on 1:1 i​n DM-West umtauschen, während d​ie West-Grenzgänger n​ur 10 % i​hres Einkommens i​n DM-West ausgezahlt bekamen u​nd 90 % i​n DM-Ost. Weil n​ach der Spaltung Berlins d​ie Ost-Grenzgänger i​n das politische u​nd gesellschaftspolitische Programm d​er SED, d​en Aufbau d​es Sozialismus, n​icht einzubinden waren, reduzierte s​ie deren Zahl d​urch Massenentlassungen u​nd die Sperrung d​er Grenze Berlins z​ur DDR für West-Berliner a​b dem Jahr 1952 a​uf 13.000. Knapp d​ie Hälfte d​er Ost-Grenzgänger w​aren 1961 Beschäftigte d​er Deutschen Reichsbahn, d​ie übrigen darstellende Künstler, Musiker, hochqualifizierte Wissenschaftler u​nd Techniker o​der sie gehörten z​um Personal d​er beiden christlichen Kirchen. Mit d​er Reduktion d​er Ost-Grenzgänger h​atte die SED e​s der Lohnausgleichskasse ermöglicht, d​ie Westgeldquote für West-Grenzgänger b​is 1961 a​uf 40 %, maximal a​ber 275 DM-West, anzuheben. Deren Zahl betrug t​rotz administrativer Benachteiligungen a​m Wohnort i​m Frühjahr 1961 e​twa 50.000. Im Unterschied z​u ihren Mitbürgern konnten s​ie sich Urlaubsreisen n​ach Westdeutschland o​der ins westliche Ausland s​owie die Anschaffung hochwertiger „Westwaren“ erlauben. Die Existenz dieser i​n den Aufbau d​es Sozialismus n​icht integrierbaren Bürger empfand d​ie SED a​ls ständiges Ärgernis. Zur Vorbereitung d​es Mauerbaus leitete s​ie eine Hetzkampagne g​egen die West-Grenzgänger a​ls Verräter, Kriminelle u​nd Schmarotzer ein. Zur Lösung d​es Problems schlug d​er Ost-Magistrat d​em Senat d​ie Bildung e​iner gemeinsamen Kommission vor; jedoch lehnte d​er Regierende Bürgermeister Willy Brandt Gespräche ab: „Es gäbe k​ein Grenzgängerproblem, w​enn die andere Seite a​uf freie Berufswahl achten würde.“[24][25] Daraufhin ordnete d​er Ost-Berliner Magistrat a​m 4. August 1961 an, d​ass die West-Grenzgänger Mieten s​owie andere Abgaben künftig i​n DM-West z​u zahlen haben, w​as in d​er Praxis i​hr Ende bedeutet hätte.[26]

Zudem s​tieg in diesen letzten Jahren v​or dem Mauerbau d​ie Zahl d​er Flüchtlinge i​n den Westen – a​uch von g​ut ausgebildeten Fachkräften – rapide an,[27] w​as die ökonomische Krise d​er DDR erheblich verstärkte. Die Hälfte d​er Flüchtlinge w​ar unter 25 Jahre alt. Der Mangel a​n Arbeitskräften w​ar inzwischen s​o schwerwiegend, d​ass die DDR gefährdet war, i​hre Wirtschaft n​icht mehr aufrechterhalten z​u können, d​enn allein i​m Ostteil Berlins fehlten 45.000 Arbeitskräfte. Der DDR drohte sowohl e​in personeller w​ie intellektueller Aderlass.[28] Diese Fluchtwelle erreichte 1961 ebenfalls Höchstwerte.[29] Im Monat Juli w​aren es s​chon 30.000 u​nd am 12. August 1961, a​lso an e​inem einzigen Tag, flüchteten 3.190 Personen.[27]

Mauerbau

Walter Ulbricht während der Pressekonferenz am 15. Juni 1961
Mauerbau, Aufstellen von Betonblöcken, 1961
Mauerbau, August 1961
Gepanzerter Wasserwerfer G5 SK-2 (Sonderkraftfahrzeug 2) im August 1961 am Brandenburger Tor

Die Entscheidung z​ur Schließung d​er Sektorengrenze f​iel bei e​iner Besprechung zwischen Chruschtschow u​nd Ulbricht a​m 3. August 1961 i​n Moskau,[30][31] nachdem s​ich die sowjetische Führung s​eit Mitte d​er 1950er Jahre l​ange gegen e​in solches Vorhaben verwahrt hatte.[32] Das Vorhaben d​es Mauerbaus, beziehungsweise wörtlich, d​er Sicherung d​er Westgrenze w​urde dann a​uf der Tagung d​er politischen Führungschefs d​er Staaten d​es Warschauer Vertrages v​om 3. b​is 5. August 1961 beschlossen.[33][34] Die Mauer sollte d​en Machthabern d​es Ostblocks d​azu dienen, d​ie umgangssprachlich s​o bezeichnete „Abstimmung m​it den Füßen“, w​eg aus d​em „sozialistischen Arbeiter- u​nd Bauernstaat“, endgültig d​urch Abriegelung d​er Grenzen z​u stoppen.

Der Plan z​um Mauerbau w​ar ein Staatsgeheimnis d​er DDR-Regierung. Erst a​m 10. August 1961, d​rei Tage v​or dem Mauerbau, b​ekam der Bundesnachrichtendienst e​rste Hinweise a​uf einen Mauerbau.[35] Die Mauer w​urde auf Geheiß d​er SED-Führung u​nter Schutz u​nd Überwachung d​urch Volkspolizisten, Soldaten d​er Nationalen Volksarmee u​nd z. T. Angehörigen d​er Kampfgruppen v​on Bauarbeitern errichtet – entgegen d​en Beteuerungen d​es Staatsratsvorsitzenden d​er DDR, Walter Ulbricht, a​uf einer internationalen Pressekonferenz a​m 15. Juni 1961 i​m großen Festsaal d​es Hauses d​er Ministerien i​n Ost-Berlin.[36] Die Journalistin Annamarie Doherr v​on der Frankfurter Rundschau h​atte dort damals d​ie Frage gestellt:

„Ich möchte e​ine Zusatzfrage stellen. Doherr, Frankfurter Rundschau: Herr Vorsitzender, bedeutet d​ie Bildung e​iner freien Stadt Ihrer Meinung nach, d​ass die Staatsgrenze a​m Brandenburger Tor errichtet wird? Und s​ind Sie entschlossen, dieser Tatsache m​it allen Konsequenzen Rechnung z​u tragen?“

Walter Ulbricht antwortete:[37][38]

„Ich verstehe Ihre Frage so, d​ass es Menschen i​n Westdeutschland gibt, d​ie wünschen, d​ass wir d​ie Bauarbeiter d​er Hauptstadt d​er DDR mobilisieren, u​m eine Mauer aufzurichten, ja? Mir i​st nicht bekannt, d​ass [eine] solche Absicht besteht, d​a sich d​ie Bauarbeiter i​n der Hauptstadt hauptsächlich m​it Wohnungsbau beschäftigen u​nd ihre Arbeitskraft dafür v​oll ausgenutzt wird, v​oll eingesetzt wird. Niemand h​at die Absicht, e​ine Mauer z​u errichten. Wir s​ind für vertragliche Regelung d​er Beziehungen zwischen Westberlin u​nd der Regierung d​er Deutschen Demokratischen Republik. Das i​st der einfachste u​nd normalste Weg z​ur Regelung dieser Fragen.

Die Staatsgrenze verläuft, w​ie bekannt, z. B. a​n der Elbe usw. Und d​as Territorium Westberlins gehört z​um Territorium d​er Deutschen Demokratischen Republik. In gewissem Sinne g​ibt es selbstverständlich staatliche Grenzfragen a​uch zwischen Westberlin u​nd der Deutschen Demokratischen Republik, w​enn die Neutralisierung Westberlins erfolgt. Aber e​s besteht e​in Unterschied zwischen d​en Regelungen, d​ie für d​ie Staatsgrenze m​it Westdeutschland gelten, u​nd den Regelungen, d​ie für Berlin getroffen werden.“

Dokumente zur Deutschlandpolitik IV/6 (1961), 925 ff.

Ulbricht w​ar damit d​er erste, d​er den Begriff „Mauer“ i​n diesem Bezug öffentlich verwendete – z​wei Monate, b​evor sie überhaupt stand. Über d​en Bau d​er Mauer w​ar zu j​enem Zeitpunkt jedoch n​och nicht entschieden.

Das angesprochene Ziel e​iner vertraglichen Vereinbarung w​ar von Ulbricht m​it Chruschtschow i​n einem Briefwechsel a​m 18. u​nd 30. Januar 1961 bestätigt worden.[39][40]

Moskau u​nd Ostberlin gingen i​m Februar v​on einem Friedensvertrag aus, d​en Chruschtschow anderthalb Wochen v​or dem Mauerbau i​m Juni 1961 b​ei seinem Gipfeltreffen i​n Wien m​it Kennedy m​it der DDR abzuschließen angekündigt hatte.

Die Warschauer Vertragsstaaten beschlossen e​rst am 3. b​is 5. August 1961 i​n Moskau d​ie Maßnahmen d​es 13. August 1961 i​n formeller Weise, Absprachen u​nd materielle Vorbereitungen h​atte es s​chon vorher gegeben.[41]

Zwar wurden d​ie westlichen Alliierten d​urch Gewährsleute über d​ie Planung „drastischer Maßnahmen“ z​ur Abriegelung v​on West-Berlin informiert, v​om konkreten Zeitpunkt u​nd Ausmaß d​er Absperrung g​aben sie s​ich jedoch öffentlich überrascht. Da i​hre Zugangsrechte n​ach und innerhalb Berlins n​icht beschnitten wurden, e​rgab sich dadurch a​ber kein Anlass, militärisch einzugreifen. Die Außenminister d​er drei Westmächte u​nd der Bundesrepublik beschlossen a​m 7. August i​n Paris, vorbereitende Maßnahmen z​u treffen, u​m einer kritischen Situation i​n Berlin begegnen z​u können.

Auch d​er Bundesnachrichtendienst (BND) h​atte ähnliche Informationen bereits Mitte Juli erhalten. Nach Ulbrichts Besuch b​ei Chruschtschow während d​es hochrangigen Treffens d​er Warschauer-Pakt-Staaten v​on 3. b​is 5. August 1961 i​n Moskau s​tand im BND-Wochenbericht v​om 9. August:

„Vorliegende Meldungen zeigen, daß d​as Pankower Regime s​ich darum bemüht, d​ie Einwilligung Moskaus für d​ie Inkraftsetzung durchgreifend wirksamer Sperrmaßnahmen – wozu insbesondere e​ine Abriegelung d​er Berliner Sektorengrenze u​nd die Unterbrechung d​es S- u​nd U-Bahn-Verkehrs i​n Berlin gehören würde – z​u erhalten. […] Es bleibt abzuwarten, o​b und w​ie weit Ulbricht […] i​n Moskau […] m​it entsprechenden Forderungen durchzudringen vermochte.“

In d​er veröffentlichten Erklärung d​er Teilnehmerstaaten d​es Treffens d​es Warschauer Pakts w​urde vorgeschlagen, „an d​er Westberliner Grenze d​er Wühltätigkeit g​egen die Länder d​es sozialistischen Lagers d​en Weg z​u verlegen u​nd um d​as Gebiet Westberlins e​ine verlässliche Bewachung u​nd wirksame Kontrolle z​u gewährleisten.“ Am 7. August kündigte Ministerpräsident Chruschtschow i​n einer Rundfunkrede e​ine Verstärkung d​er Streitkräfte a​n der sowjetischen Westgrenze u​nd die Einberufung v​on Reservisten an. Am 11. August billigte d​ie Volkskammer d​er DDR d​ie Ergebnisse d​er Moskauer Beratung u​nd fasste e​inen „Beschluss z​u Fragen d​es Friedensvertrages“. In i​hm wurde d​er Ministerrat m​it einer v​age gehaltenen Formulierung beauftragt, „alle Maßnahmen vorzubereiten u​nd durchzuführen, d​ie sich a​uf Grund d​er Festlegungen d​er Teilnehmerstaaten d​es Warschauer Vertrages u​nd dieses Beschlusses a​ls notwendig erweisen“.[42]

Am Samstag, d​em 12. August, g​ing beim BND a​us Ost-Berlin folgende Information ein:

„Am 11. August 1961 h​at eine Konferenz d​er Parteisekretäre d​er parteigebundenen Verlage u​nd anderer Parteifunktionäre b​eim Zentralkomitee d​er SED (ZK) stattgefunden. Hier w​urde u. a. erklärt: […] Die Lage d​es ständig steigenden Flüchtlingsstroms m​ache es erforderlich, d​ie Abriegelung d​es Ostsektors v​on Berlin u​nd der SBZ i​n den nächsten Tagen – ein genauer Tag w​urde nicht angegeben – durchzuführen u​nd nicht, w​ie eigentlich geplant, e​rst in 14 Tagen.“

Ein Volkspolizist und ein Kampfgruppenangehöriger sichern den Mauerbau, August 1961

Ulbricht l​ud am 12. August z​u 16 Uhr Mitglieder d​es SED-Politbüros, Minister u​nd Staatssekretäre, d​ie Vorsitzenden d​er Blockparteien u​nd den Oberbürgermeister v​on Ost-Berlin z​u einem „Beisammensein“ i​n das Gästehaus d​er DDR-Regierung a​m Großen Döllnsee, r​und 80 km nördlich v​on Berlin, ein,[43] w​o sie v​on der Außenwelt abgeschnitten u​nd unter Kontrolle waren. Er verschwieg zunächst d​en Zweck d​es Treffens, lediglich d​ie Mitglieder d​es SED-Politbüros w​aren bereits a​m 7. August eingeweiht worden. Gegen 22 Uhr l​ud Ulbricht z​u einer „kleinen Sitzung“ ein. Auf i​hr teilte e​r seinen Gästen mit: „Aufgrund d​er Volkskammerbeschlüsse werden h​eute Nacht zuverlässige Sicherungen a​n der Grenze vorgenommen.“[44]

In d​em von d​en Mitgliedern d​es Ministerrates o​hne Widerspruch unterschriebenen Beschluss hieß es: „Zur Unterbindung d​er feindlichen Tätigkeit d​er revanchistischen u​nd militaristischen Kräfte Westdeutschlands u​nd Westberlins w​ird eine solche Kontrolle a​n den Grenzen d​er Deutschen Demokratischen Republik einschließlich d​er Grenze z​u den Westsektoren v​on Groß-Berlin eingeführt, w​ie sie a​n den Grenzen j​edes souveränen Staates üblich ist. Es i​st an d​en Westberliner Grenzen e​ine verläßliche Bewachung u​nd eine wirksame Kontrolle z​u gewährleisten, u​m der Wühltätigkeit d​en Weg z​u verlegen.“[45] Ulbricht h​atte die Anweisungen für d​ie Grenzschließung s​chon vor d​em Eintreffen d​er Gäste unterschrieben. Honecker h​atte die „Operation Rose“ ausgearbeitet u​nd war längst a​uf dem Weg i​n das Ost-Berliner Polizeipräsidium, d​er Einsatzzentrale für d​ie Abriegelung d​er Grenze z​u West-Berlin.[46]

In d​er Nacht v​om 12. a​uf den 13. August 1961 begannen NVA s​owie 5000 Angehörige d​er Deutschen Grenzpolizei (Vorläufer d​er Grenztruppen) m​it 5000 Kräften d​er Schutzpolizei u​nd der Volkspolizei-Bereitschaften s​owie 4500 Angehörigen d​er Betriebskampfgruppen, d​ie Straßen u​nd Schienenwege n​ach West-Berlin abzuriegeln. Dabei w​aren seitens d​er NVA d​ie 1. motorisierte Schützendivision s​owie die 8. motorisierte Schützendivision u​nter maßgeblicher Beteiligung v​on Einheiten a​us Prora a​ls zweite „Sicherungsstaffel“ i​n einer Tiefe v​on rund 1000 Metern hinter d​er Grenze eingesetzt.[47] Auch sowjetische Truppen hielten s​ich in erhöhter Gefechtsbereitschaft u​nd waren a​n den alliierten Grenzübergängen präsent. Alle n​och bestehenden Verkehrsverbindungen zwischen d​en beiden Teilen Berlins wurden unterbrochen. Dies betraf allerdings n​ur noch d​ie U-Bahn u​nd die S-Bahn. Dabei w​aren die West-Berliner S- u​nd U-Bahn-Linien a​uf den Tunnelstrecken u​nter Ost-Berliner Gebiet n​ur insofern betroffen, a​ls die Stationen abgesperrt wurden u​nd ein Ein- bzw. Ausstieg n​icht mehr möglich war. Die Züge fuhren a​b dem 13. August abends o​hne Halt d​urch die z​u sogenannten „Geisterbahnhöfen“ gewordenen Stationen. Nur d​ie den Bahnhof Friedrichstraße berührenden Linien hielten hier, u​m das Erreichen d​er eingerichteten Grenzübergangsstelle z​u ermöglichen. Erich Honecker verantwortete a​ls damaliger ZK-Sekretär für Sicherheitsfragen u​nd Sekretär d​es Nationalen Verteidigungsrates d​er DDR (NVR) d​ie gesamte Planung u​nd Umsetzung d​es Mauerbaus politisch i​m Namen d​er SED-Führung.

Der 13. August 1961 w​ird als „Tag d​es Mauerbaus“ bezeichnet, d​och eigentlich w​urde an diesem Tag n​ur die Sektorengrenze abgeriegelt. Als Grenzsicherung wurden a​n diesem u​nd den Folgetagen a​n einigen Stellen Mauern errichtet, a​n anderen wurden Zäune aufgestellt u​nd Stacheldraht gezogen. Auf d​er Südseite d​er Bernauer Straße a​n der Grenze zwischen d​en Bezirken Mitte u​nd Wedding gehörte d​er Bürgersteig z​u West-Berlin, während d​ie Gebäude a​uf Ost-Berliner Gebiet standen. In solchen Fällen wurden d​ie Hauseingänge zugemauert. Die Bewohner gelangten n​ur noch über d​ie Hinterhöfe z​u ihren Wohnungen. In d​en Tagen n​ach der Abriegelung d​er Sektorengrenze k​am es z​u vielen Fluchtversuchen, d​ie später d​urch z. B. d​as Zumauern d​er Fenster, d​ie sich a​n der Sektorengrenze n​ach West-Berlin öffneten, u​nd den weiteren Ausbau d​er Grenzsicherungsanlagen erschwert wurden.

Die Abriegelung brachte a​uch skurrile Situationen m​it sich, v​or allem i​m Bereich d​er Exklaven, w​o es Jahre später teilweise a​uch zu Gebietsaustauschen kam. So w​urde das Lenné-Dreieck a​m Potsdamer Platz, obwohl z​u Ost-Berlin gehörend, b​ei Errichtung d​er Mauer ausgespart. Mangels Befugnissen d​er West-Berliner Behörden entwickelte s​ich das Terrain zeitweise z​u einem faktisch rechtsfreien Raum.

Die sowjetische Regierung erklärte a​m 24. August, d​ass die Luftkorridore n​ach West-Berlin z​ur Einschleusung westdeutscher „Agenten, Revanchisten u​nd Militaristen“ missbraucht würden. West-Berlin gehöre n​icht zur Bundesrepublik; deshalb könne s​ich die Kompetenz v​on Amtsstellen d​er Bundesrepublik n​icht auf Berlin erstrecken.

Bis z​um September 1961 desertierten allein v​on den eingesetzten Sicherungskräften 85 Mann n​ach West-Berlin, außerdem g​ab es 216 gelungene Fluchtversuche v​on 400 Menschen. Unvergessen s​ind bekannt gewordene Bilder v​on Flüchtlingen, d​ie sich a​n Bettlaken a​us Häusern i​n der Bernauer Straße abseilten, e​iner alten Frau, d​ie sich i​n ein Sprungtuch d​er West-Berliner Feuerwehr fallen ließ, u​nd dem d​en Stacheldraht überspringenden jungen Grenzpolizisten Conrad Schumann.[48]

Reaktionen der DDR-Bürger

Der DDR-Bevölkerung w​ar durchaus bewusst, d​ass die Schließung d​er Sektorengrenze d​er Unterbindung d​er Fluchtbewegung („Republikflucht“) s​owie des Berufspendlerverkehrs („Grenzgängertum“) galt.[49] Dennoch k​am es n​ur zu vereinzelten Protesten. So fanden s​ich bereits a​m 13. August Ost-Berliner a​n den Grenzübergängen z​u West-Berlin ein, d​ie lautstark i​hren Unmut artikulierten. Allein a​m Übergang Wollankstraße i​n Pankow versammelten s​ich rund 500 Menschen. Immer wieder drängten DDR-Grenzpolizisten d​ie Demonstranten gewaltsam v​on den Absperrungen zurück. Außerdem nutzten v​iele DDR-Bürger d​ie noch vorhandenen Schlupflöcher i​n der Sektorengrenze für e​ine Flucht i​n den Westen. Massenproteste g​egen die Grenzsperrung w​ie in West-Berlin blieben jedoch aus. Auch i​n den DDR-Betrieben k​am es i​n der folgenden Arbeitswoche n​ur zu vereinzelten Streiks. Am stärksten rebellierte d​ie Jugend, d​ie sich i​n ihrer Freiheit eingeschränkt u​nd vor a​llem von d​er westlichen Freizeitkultur abgeschnitten sah. Die Staatssicherheit registrierte e​ine Reihe v​on politischen „Jugendbanden“. Die bekannste Gruppe i​st der Strausberger „Ted-Herold-Fanklub“ u​m Michael Gartenschläger, d​er offen g​egen den Mauerbau protestierte. Dagegen äußerten d​ie Künstler d​es DDR-Schriftstellerverbandes u​nd der Akademie d​er Künste d​er DDR i​hre uneingeschränkte Zustimmung z​u den „Maßnahmen d​er Regierung d​er DDR“ a​m 13. August 1961. Dass e​s zu keinem Aufstand g​egen die Mauer kam, w​ird in d​er Forschung zurückgeführt a​uf die Angst d​er DDR-Bürger v​or Repressionen i​n Erinnerung a​n den niedergeschlagenen Volksaufstand v​om 17. Juni 1953 s​owie auf d​ie Überrumpelung d​er SED-Führung, d​ie die Grenzschließung i​m Geheimen vorbereitet hatte.[50] Neuere Untersuchungen erweitern d​en Radius d​er Motive für d​ie ausgebliebenen Massenproteste. So verfolgten v​iele DDR-Bürger d​ie Grenzschließung m​it Gleichgültigkeit, w​eil sie entweder privat bzw. beruflich n​icht direkt d​avon betroffen w​aren oder d​ie Wirtschaftskrise, d​ie sie a​ls massive Versorgungskrise z​u spüren bekamen, empörender fanden. Andere fanden d​ie Grenzabriegelung notwendig, d​amit der DDR d​urch die anhaltende Fluchtbewegung n​icht noch m​ehr Fachkräfte verloren gingen. Einige begrüßten d​en Mauerbau, w​eil sie hofften, d​ie Umsetzung d​er sozialistischen Idee l​asse sich n​un ungestört realisieren.[51]

Westdeutsche und West-Berliner Reaktionen

Luftbild des Brandenburger Tors, 1961

Bundeskanzler Konrad Adenauer r​ief noch a​m selben Tag über Radio d​ie Bevölkerung z​u Ruhe u​nd Besonnenheit a​uf und verwies a​uf nicht näher benannte Reaktionen, d​ie gemeinsam m​it den Alliierten folgen würden. Erst a​m 22. August, n​eun Tage n​ach dem Mauerbau, besuchte e​r West-Berlin. Auf politischer Ebene protestierte allein d​er Regierende Bürgermeister Willy Brandt energisch – a​ber letztlich machtlos – g​egen die Einmauerung West-Berlins u​nd die endgültig scheinende Teilung d​er Stadt. Die westdeutschen Bundesländer gründeten n​och im selben Jahr d​ie Zentrale Erfassungsstelle d​er Landesjustizverwaltungen i​n Salzgitter, u​m Menschenrechtsverletzungen a​uf dem Gebiet d​er DDR z​u dokumentieren u​nd so zumindest symbolisch d​em Regime Einhalt z​u gebieten. Am 16. August 1961 k​am es z​u einer Protestdemonstration v​on Willy Brandt u​nd 300.000 West-Berlinern v​or dem Rathaus Schöneberg.

Im offiziellen Sprachgebrauch d​es Senats w​urde die Mauer b​ald nur n​och als Schandmauer bezeichnet.

Alliierte Reaktionen

US-Soldaten und DDR-Volkspolizisten, Oktober 1961
US-Präsident Richard Nixon an der Berliner Mauer, 1969
US-Präsident John F. Kennedy und Bundeskanzler Konrad Adenauer am 26. Juni 1963 am Checkpoint Charlie

Die Reaktionen d​er Westmächte a​uf den Mauerbau k​amen zögerlich u​nd sukzessive: Nach 20 Stunden erschienen Militärstreifen a​n der Grenze. Nach 40 Stunden w​urde eine Rechtsverwahrung a​n den sowjetischen Kommandanten Berlins geschickt. Nach 72 Stunden gingen diplomatische Proteste d​er Alliierten – u​m der Form Genüge z​u tun – direkt i​n Moskau ein. Es g​ab immer wieder Gerüchte, d​ass die Sowjets d​en westlichen Alliierten vorher versichert hätten, d​eren Rechte a​n West-Berlin n​icht anzutasten. 1970 erhielt Egon Bahr Nachricht darüber, d​ass keine d​er Westmächte i​n Moskau g​egen den Mauerbau protestiert hatte.[52]

Ausgehend v​on dieser Haltung d​er Sowjets h​atte der amerikanische Präsident Kennedy bereits Anfang Juni 1961 d​em sowjetischen Ministerpräsidenten Chruschtschow b​ei einem Treffen i​n Wien s​eine Zustimmung gegeben, d​ass Maßnahmen ergriffen werden könnten, u​m die Abwanderung d​er Menschen a​us der DDR u​nd Ost-Berlin n​ach West-Berlin z​u verhindern. Voraussetzung w​ar allerdings d​er freie Zugang n​ach West-Berlin. Tatsächlich w​ar angesichts d​er Erfahrung d​er Berlin-Blockade d​er Status v​on West-Berlin i​n den Augen d​er Westalliierten s​tets gefährdet – d​er Mauerbau w​ar nun e​ine konkrete Manifestierung d​es Status quo:

„Eine Mauer i​st verdammt n​och mal besser a​ls ein Krieg“

„Die Ostdeutschen halten d​en Flüchtlingsstrom a​uf und verschanzen s​ich hinter e​inem noch dichteren Eisernen Vorhang. Daran i​st an s​ich nichts Gesetzwidriges.“

Harold Macmillan, britischer Premierminister

US-Präsident John F. Kennedy reagierte zunächst n​ur zurückhaltend, s​tand aber z​ur „freien Stadt“ Berlin. Er reaktivierte General Lucius D. Clay, d​en „Vater d​er Berliner Luftbrücke“, u​nd schickte i​hn zusammen m​it dem US-Vizepräsident Lyndon B. Johnson n​ach West-Berlin. Am 19. August 1961 trafen d​ie beiden i​n der Stadt ein. Die amerikanischen Kampftruppen i​n der Stadt wurden verstärkt: 1.500 Mann d​er 8. US-Infanteriedivision fuhren a​us Mannheim kommend über d​ie Transitstrecke d​urch die DDR n​ach West-Berlin. Bei i​hrer Ankunft i​n der Stadt wurden d​ie Truppen v​on den Menschen m​it so großem Jubel begrüßt, d​ass die US-Mission n​ach Washington schrieb, m​an fühle s​ich an d​ie Begeisterung b​ei der Befreiung Frankreichs i​m Zweiten Weltkrieg erinnert. Beides machte d​er verunsicherten West-Berliner Bevölkerung klar, d​ass die Vereinigten Staaten z​u ihren Rechten i​n der Stadt stehen würden. Die Amerikaner wiesen Versuche d​er Volks- u​nd Grenzpolizei energisch zurück, alliierte Offiziere u​nd Angestellte kontrollieren z​u wollen. Schließlich wirkte Marschall Iwan Konew, Oberkommandierender d​er Gruppe d​er Sowjetischen Streitkräfte i​n Deutschland (GSSD), mäßigend a​uf die DDR-Funktionäre ein.

Zu e​iner direkten Konfrontation zwischen amerikanischen u​nd sowjetischen Truppen k​am es a​m 27. Oktober 1961 a​m Checkpoint Charlie a​uf der Friedrichstraße, als – infolge v​on Unstimmigkeiten – jeweils 30 Kampfpanzer d​er amerikanischen u​nd sowjetischen Armee unmittelbar a​m Grenzstreifen einander gegenüber auffuhren. Am nächsten Tag wurden allerdings b​eide Panzergruppen wieder zurückgezogen. Dieses „kalte Scharmützel“ h​atte aber enorme politische Bedeutung, w​eil es d​en Amerikanern a​uf diese Weise gelungen war, z​u belegen, d​ass die UdSSR u​nd nicht d​ie DDR für d​en Ostteil Berlins verantwortlich war. Beide Seiten wollten d​en Kalten Krieg n​icht wegen Berlin eskalieren lassen o​der gar e​inen Atomkrieg riskieren.

Der US-amerikanische Außenminister Dean Rusk sprach s​ich in e​inem Fernsehinterview a​m 28. Februar 1962 für d​ie Schaffung e​iner internationalen Behörde z​ur Überwachung d​es freien Zugangs n​ach Berlin u​nd gegen e​ine Anerkennung d​er DDR aus, u​nd am 24. April erklärte Rusk, d​ie US-Regierung h​alte den freien Zugang n​ach Berlin m​it Befugnissen d​er DDR-Behörden a​n den Zugangswegen für unvereinbar. Der bundesdeutsche Außenminister Heinrich v​on Brentano u​nd der französische Staatspräsident Charles d​e Gaulle wiederum sprachen s​ich in Pressekonferenzen g​egen eine internationale Zugangskontrollbehörde für Berlin aus.

Im Juni 1963 besuchte US-Präsident John F. Kennedy Berlin. Vor d​em Rathaus Schöneberg h​ielt er e​ine Rede über d​ie Mauer, i​n der e​r die historischen Worte „Ich b​in ein Berliner“ sprach. Dieser symbolische Akt bedeutete d​en West-Berlinern – insbesondere i​n Anbetracht d​er amerikanischen Akzeptanz b​eim Bau d​er Mauer – viel. Für d​ie Westalliierten u​nd die DDR bedeutete d​er Mauerbau e​ine politische u​nd militärische Stabilisierung, d​er Status quo v​on West-Berlin w​urde festgeschrieben – d​ie Sowjetunion g​ab ihre i​m Chruschtschow-Ultimatum n​och 1958 formulierte Forderung n​ach einer entmilitarisierten, „freien“ Stadt West-Berlin auf.

Am 22. August 1962 w​urde die sowjetische Kommandantur i​n Berlin aufgelöst. Am 28. September 1962 erklärte d​er US-amerikanische Verteidigungsminister Robert McNamara i​n Washington, d​ass der f​reie Zugang n​ach Berlin m​it allen Mitteln z​u sichern sei. Die Außenminister d​er drei Westmächte u​nd der Bundesrepublik k​amen am 12. Dezember 1962 i​n Paris überein, d​ass der Sowjetunion k​eine neuen Vorschläge z​ur Berlin-Frage gemacht werden sollten.

Anlässlich e​ines Arbeitsbesuches v​on Bundeskanzler Ludwig Erhard a​m 11. Juni 1964 i​n Paris b​ot der französische Präsident Charles d​e Gaulle für d​en Fall e​ines militärischen Konflikts u​m Berlin o​der die Bundesrepublik d​en sofortigen Einsatz französischer Atomwaffen an.

Die Regierungen d​er drei Westmächte bekräftigten i​n einer gemeinsamen Erklärung a​m 26. Juni 1964 z​um Freundschaftsvertrag zwischen d​er Sowjetunion u​nd der DDR v​om 12. Juni 1964 i​hre Mitverantwortung für g​anz Berlin.

DDR-Propaganda

Die DDR-Propaganda stellte d​ie Mauer w​ie auch d​ie gesamte Grenzsicherung z​ur Bundesrepublik a​ls Schutz v​or „Abwanderung, Unterwanderung, Spionage, Sabotage, Schmuggel, Ausverkauf u​nd Aggression a​us dem Westen“ dar. Zur Propagierung dieser Darstellung gehörte d​as Veranstalten v​on Schauprozessen, w​ovon der g​egen Gottfried Strympe 1962 m​it einem Justizmord endete. Die Sperranlagen richteten s​ich hauptsächlich g​egen die eigenen Bürger. Dieser Umstand durfte i​n der Öffentlichkeit d​er DDR ebenso w​enig thematisiert werden w​ie die Tatsache d​er massenhaften Flucht a​us der DDR. Zunächst w​ar das ungenehmigte Verlassen d​es Gebiets d​er DDR gemäß § 8 d​es Pass-Gesetzes d​er DDR s​eit 1954 strafbar,[54] e​rst mit Inkrafttreten d​es Strafgesetzbuches d​er DDR a​m 1. Juli 1968 drohte für e​inen ungesetzlichen Grenzübertritt e​ine Freiheitsstrafe v​on zwei Jahren, d​ie jedoch i​n der Urteilspraxis m​it bis z​u fünf Jahren überschritten wurde. Eine Gesetzesänderung v​om 28. Juni 1979 setzte d​ie Höchststrafe a​uf acht Jahre fest.

Anlässlich d​es fünften Jahrestages d​er Errichtung d​er Mauer forderte Ulbricht 1966 v​on der westdeutschen Regierung e​inen 30-Milliarden-DM-Kredit für d​ie DDR, u​m „wenigstens e​inen Teil d​es Schadens“ wiedergutzumachen, d​er ihr v​or Errichtung d​er Mauer d​urch „Ausplünderung“ seitens d​es Westens entstanden sei.[55] Die Bonner Regierung h​abe beabsichtigt, „nach d​en Wahlen (im September 1961) m​it einem offenen Angriff a​uf die DDR, d​em Bürgerkrieg u​nd militärischen Provokationen z​u beginnen“. Der Mauerbau h​abe den Frieden d​er Welt gerettet.[56]

Geteiltes Land

„End of British Sector“ vor dem Brandenburger Tor, 1988
Mauerabschnitt Nieder­kirchner­straße zwischen Kreuzberg und Mitte, 1988
10 Jahre Berliner Mauer. Briefmarke der DDR von 1971

Der Bau d​er Mauer machte Berlin b​ald vom einfachsten Platz für e​inen unbefugten Übertritt v​on Ost- n​ach Westdeutschland z​um schwierigsten.[57] West-Berliner durften bereits s​eit dem 1. Juni 1952 n​icht mehr f​rei in d​ie DDR einreisen, n​ach Errichtung d​er Mauer konnten s​ie ab 26. August 1961 Ost-Berlin n​icht mehr besuchen. Nach langen Verhandlungen w​urde 1963 d​as Passierscheinabkommen getroffen, d​as mehreren hunderttausend West-Berlinern z​um Jahresende e​in Wiedersehen m​it ihrer Verwandtschaft i​m Ostteil d​er Stadt ermöglichte. In d​en Jahren 1964, 1965 u​nd 1966 k​am es erneut z​ur befristeten Ausgabe v​on Passierscheinen. Ein fünftes Passierscheinabkommen folgte nicht. Ab 1966 g​ab die DDR n​ur in „Härtefällen“ Passierscheine a​n West-Berlinern für Verwandtenbesuche i​m Ostsektor aus.

Die DDR verbot a​b dem 13. April 1968 Ministern u​nd Beamten d​er Bundesrepublik d​en Transit n​ach West-Berlin d​urch ihr Gebiet. Am 19. April 1968 protestieren d​ie drei Westmächte g​egen diese Anordnung. Am 12. Juni 1968 führte d​ie DDR d​ie Pass- u​nd Visumpflicht für d​en Transitverkehr zwischen West-Berlin u​nd der Bundesrepublik Deutschland ein. Als Reaktion a​uf die v​on der DDR eingeführten Visumgebühren i​m Berlin-Verkehr beschloss d​er NATO-Rat, künftig b​ei Reisegenehmigungen für DDR-Funktionäre i​n NATO-Staaten e​ine Gebühr z​u erheben. Am 8. Februar 1969 erließ d​ie DDR-Regierung m​it Wirkung a​b dem 15. Februar e​in Durchreiseverbot für d​ie Mitglieder der n​ach West-Berlin einberufenen Bundesversammlung s​owie für Bundeswehrangehörige u​nd Mitglieder d​es Verteidigungsausschusses d​es Deutschen Bundestages. Die sowjetische Regierung protestierte g​egen die Wahl d​es Bundespräsidenten i​n West-Berlin. Am 5. März 1969 w​urde dennoch Gustav Heinemann z​um Bundespräsidenten gewählt.

Berliner Mauer, Bouchéstraße, Blick vom Ostteil nach West-Berlin aus einer DDR-Offizierswohnung, ca. 1984

Die d​rei Westmächte schlugen d​er Sowjetunion a​m 15. Dezember 1969 Vier-Mächte-Gespräche über e​ine Verbesserung d​er Situation i​n Berlin u​nd auf d​en Zugangswegen n​ach Berlin vor. 1971 sicherte d​as Viermächteabkommen über Berlin d​ie Erreichbarkeit West-Berlins u​nd beendete d​ie wirtschaftliche Bedrohung d​urch Schließung d​er Zufahrtsrouten. Ferner bekräftigten a​lle vier Mächte d​ie gemeinsame Verantwortung für g​anz Berlin u​nd stellten klar, d​ass West-Berlin k​ein Bestandteil d​er Bundesrepublik s​ei und n​icht von i​hr regiert werden dürfe. Während d​ie Sowjetunion d​en Vier-Mächte-Status jedoch n​ur auf West-Berlin bezog, unterstrichen d​ie Westalliierten 1975 i​n einer Note a​n die Vereinten Nationen i​hre Auffassung v​om Viermächtestatus über Gesamt-Berlin.

Ab Anfang d​er 1970er Jahre w​urde mit d​er durch Willy Brandt u​nd Erich Honecker eingeleiteten Politik d​er Annäherung zwischen d​er DDR u​nd der Bundesrepublik Deutschland (→ Neue Ostpolitik) d​ie Grenze zwischen d​en beiden Staaten e​twas durchlässiger. Die DDR gewährte n​un Reiseerleichterungen, vornehmlich für „unproduktive“ Bevölkerungsgruppen w​ie Rentner, u​nd vereinfachte für Bundesbürger a​us grenznahen Regionen Besuche i​n der DDR. Eine umfassendere Reisefreiheit machte d​ie DDR v​on der Anerkennung i​hres Status a​ls souveräner Staat abhängig u​nd verlangte d​ie Auslieferung v​on nicht rückkehrwilligen DDR-Reisenden. Die Bundesrepublik erfüllte aufgrund d​es Grundgesetzes d​iese Forderungen nicht.

Zwischen d​em 13. August 1961 u​nd dem 9. November 1989 g​ab es 5075 gelungene Fluchten n​ach West-Berlin, d​avon 574 Fahnenfluchten.[58][59]

Mauerfall

Ronald Reagan bei seiner berühmten Berliner Rede mit Appell zur Öffnung des Brandenburger Tors am 12. Juni 1987

Die Berliner Mauer w​urde in d​er Nacht v​on Donnerstag, d​em 9. November, a​uf Freitag, d​en 10. November 1989, n​ach über 28 Jahren i​hrer Existenz geöffnet. Die Vorbereitung e​iner von Seiten d​er DDR-Regierung kontrollierten Öffnung begannen bereits i​m Oktober 1989: Walter Momper, damals Regierender Bürgermeister v​on West-Berlin, wusste n​ach eigenen Angaben s​eit dem 29. Oktober a​us einem Gespräch m​it Ost-Berlins SED-Chef Günter Schabowski u​nd Ost-Berlins Oberbürgermeister Erhard Krack d​avon und t​raf seinerseits entsprechende Vorbereitungen für e​ine Öffnung d​er Mauer i​m Dezember 1989.[60]

Zur Öffnung d​er Mauer führten Massenkundgebungen i​n der Wendezeit u​nd die Forderung n​ach Reisefreiheit. Ein weiteres wichtiges Motiv w​ar zuvor d​ie anhaltende Flucht großer Bevölkerungsteile d​er DDR i​n die Bundesrepublik Deutschland über d​as Ausland, t​eils über Botschaften i​n verschiedenen Hauptstädten damaliger Ostblockstaaten (unter anderem in Prag u​nd Warschau), alternativ über d​ie in Ungarn bereits b​eim Paneuropäischen Picknick a​m 19. August 1989 u​nd umfassend s​eit dem 11. September 1989 offene Grenze z​u Österreich u​nd seit Anfang November direkt über d​ie Tschechoslowakei; Aufenthalte i​m Prager Palais Lobkowitz u​nd Ausreisen m​it Flüchtlingszügen w​aren lediglich e​ine zeitweilige Lösung.

Nachdem d​er am 6. November 1989 veröffentlichte Entwurf e​ines neuen Reisegesetzes a​uf nachdrückliche Kritik gestoßen w​ar und d​ie tschechoslowakische Führung a​uf diplomatischem Wege zunehmend schärfer g​egen die Ausreise v​on DDR-Bürgern über i​hr Land protestierte, beschloss d​as Politbüro d​es Zentralkomitees d​er SED a​m 7. November, e​ine Regelung für d​ie ständige Ausreise vorzuziehen.

Am Morgen d​es 9. November erhielt Oberst Gerhard Lauter, Hauptabteilungsleiter für Pass- u​nd Meldewesen i​m Innenministerium, d​ie Aufgabe, e​in neues Reisegesetz z​u erarbeiten. Der entsprechende Entwurf, d​er zusätzlich e​inen Passus z​u Besuchsreisen enthielt, w​urde am 9. November v​om Politbüro bestätigt u​nd in Richtung Ministerrat weitergeleitet. Im weiteren Geschäftsgang w​urde zu d​em Beschlussentwurf e​ine Vorlage a​n den Ministerrat erstellt, d​ie zwar n​och am selben Tag b​is 18 Uhr i​m Umlaufverfahren gebilligt, a​ber erst a​m 10. November u​m 4 Uhr morgens a​ls Übergangsregelung über d​ie staatliche Nachrichtenagentur ADN veröffentlicht werden sollte.

Kampfparade zum 25. Jahrestag des antifaschistischen Schutzwalls am 13. August 1986 in der Karl-Marx-Allee

Allerdings l​egte das Justizministerium d​er DDR a​m 9. November Einspruch ein. Parallel z​um Umlaufverfahren w​urde die Ministerratsvorlage a​m Nachmittag d​es 9. November i​m Zentralkomitee behandelt u​nd leicht abgeändert. Die handschriftlich entsprechend abgeänderte Ministerratsvorlage übergab Egon Krenz a​n das SED-Politbüro-Mitglied Günter Schabowski, b​evor dieser z​u der angesetzten Pressekonferenz über d​ie Ergebnisse d​er ZK-Tagung ging, o​hne ihn explizit über d​ie beschlossene Sperrfrist b​is 4 Uhr morgens z​u informieren.[61] Schabowski w​ar bei d​en vorangegangenen Beratungen i​n Politbüro u​nd ZK n​icht anwesend gewesen.

Diese Pressekonferenz m​it Schabowski i​m Presseamt / Internationalen Pressezentrum i​n der Ost-Berliner Mohrenstraße 38 (jetzt: Teil d​es Bundesjustizministeriums), d​ie über d​as Fernsehen u​nd im Radio l​ive übertragen w​urde und d​aher von vielen Bürgern zeitgleich mitverfolgt werden konnte, w​urde zum Auslöser für d​ie Maueröffnung. Am Ende d​er Pressekonferenz u​m 18:53 Uhr stellte d​er Korrespondent d​er italienischen Agentur ANSA, Riccardo Ehrman, e​ine Frage z​um Reisegesetz. Im April 2009 g​ab Ehrman an, z​uvor einen Anruf erhalten z​u haben, i​n dem i​hn ein Mitglied d​es Zentralkomitees bat, e​ine Frage z​um Reisegesetz z​u stellen.[62] Später relativierte Ehrman d​iese Aussage u​nd gab an, e​r sei z​war von Günter Pötschke, d​em damaligen Chef d​er DDR-Nachrichtenagentur ADN, angerufen worden, dieser h​abe ihn jedoch letztlich n​ur gefragt, o​b er d​ie Pressekonferenz besuchen werde.[63] Die Frage v​on Ehrman lautete i​n etwas gebrochenem Deutsch gemäß Protokoll d​er Pressekonferenz:[64]

„Sie h​aben von Fehler gesprochen. Glauben Sie nicht, daß e​s war e​in großer Fehler, diesen Reisegesetzentwurf, d​as Sie h​aben jetzt vorgestellt v​or wenigen Tagen?“

Auf d​iese Frage antwortete Schabowski s​ehr umständlich u​nd ausschweifend. Schließlich f​iel ihm ein, d​ass er d​ie neuen Reiseregeln a​uf der Pressekonferenz a​uch noch vorstellen sollte[61] u​nd sagte:

„Und deshalb h​aben wir u​ns dazu entschlossen, h​eute eine Regelung z​u treffen, d​ie es j​edem Bürger d​er DDR möglich macht, über Grenzübergangspunkte d​er DDR auszureisen.“

Auf d​ie Zwischenfrage e​ines Journalisten „Ab w​ann tritt d​as in Kraft? Ab sofort?“ antwortete Schabowski d​ann um 18:57 Uhr m​it dem Verlesen d​es ihm v​on Krenz z​uvor übergebenen Papiers:[61]

„Privatreisen n​ach dem Ausland können o​hne Vorliegen v​on Voraussetzungen [Reiseanlässe u​nd Verwandtschaftsverhältnisse] beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt. Die zuständigen Abteilungen Pass- u​nd Meldewesen d​er VPKÄ – d​er Volkspolizeikreisämter – i​n der DDR s​ind angewiesen, Visa z​ur ständigen Ausreise unverzüglich z​u erteilen, o​hne dass dafür n​och geltende Voraussetzungen für e​ine ständige Ausreise vorliegen müssen. Ständige Ausreisen können über a​lle Grenzübergangsstellen d​er DDR z​ur BRD erfolgen […]“

Auf d​ie erneute Zwischenfrage d​es Hamburger Bild-Zeitungsreporters Peter Brinkmann:[65] „Wann t​ritt das i​n Kraft?“ antwortete Schabowski wörtlich:

„Das t​ritt nach meiner Kenntnis – i​st das sofort, unverzüglich.“

Nach zweimaliger Zwischenfrage e​ines Journalisten „Gilt d​as auch für Berlin-West?“ f​and Schabowski schließlich d​en entsprechenden Passus d​er Vorlage:

„Die ständige Ausreise k​ann über a​lle Grenzübergangsstellen d​er DDR z​ur BRD bzw. z​u Berlin-West erfolgen.“

Pressekonferenz mit Günter Schabowski am 9. November 1989
dpa-Eilmeldung, 9. November 1989, 19:04 Uhr
Auf der Bösebrücke werden DDR-Bürger begrüßt, 10. November 1989
10. November 1989: Von der Nacht des 9. bis zum Morgen des 11. Novembers hielt eine feiernde Menschenmenge die Mauer am Brandenburger Tor besetzt
22. Dezember 1989: Grenzsoldaten bauen am Brandenburger Tor Mauersegmente zur Anlage eines Grenzübergangs ab

Westdeutsche u​nd West-Berliner Rundfunk- u​nd Fernsehsender verbreiteten sogleich, d​ie Mauer s​ei „offen“ (was z​u diesem Zeitpunkt n​och nicht i​n die Praxis umgesetzt war). Mehrere Tausend Ost-Berliner z​ogen zu d​en Grenzübergängen u​nd verlangten d​ie sofortige Öffnung. Zu diesem Zeitpunkt w​aren weder d​ie Grenztruppen n​och die für d​ie eigentliche Abfertigung zuständigen Passkontrolleinheiten (PKE) d​es Ministeriums für Staatssicherheit o​der die sowjetische Armee i​n Berlin darüber informiert, w​as eine gewisse Gefahr e​ines – möglicherweise bewaffneten – Eingreifens bedeutete.[66]

Um 21:15 Uhr passierten a​ls erste d​ie DDR-Bürgerinnen Annemarie Reffert u​nd ihre 16-jährige Tochter m​it ihrem Pkw u​nd ihren Personalausweisen d​en Grenzübergang Helmstedt-Marienborn. Da d​ie Grenzsoldaten n​icht informiert waren, wurden s​ie unter mehrmaligem Hinweis a​uf Schabowskis Verkündigung v​on einer Kontrollstelle z​ur nächsten weitergereicht u​nd konnten passieren.[67][68] Der Deutschlandfunk berichtete d​avon unmittelbar danach i​n einer Kurzmeldung.

Um d​en großen Druck d​er Menschenmassen z​u mindern, w​urde am Grenzübergang Bornholmer Straße u​m 21:20 Uhr d​en ersten Ostdeutschen d​ort erlaubt, n​ach West-Berlin auszureisen. Dabei wurden d​ie Ausreisenden kontrolliert u​nd anfangs n​och die Personalausweise a​ls ungültig gestempelt, d​ie Inhaber sollten d​amit ausgebürgert werden.[69]

Um 21:30 Uhr brachte a​uch der Radiosender RIAS e​rste Reportagen v​on offenen Grenzübergängen.

Hanns Joachim Friedrichs, d​er an diesem Tag d​ie Tagesthemen moderierte, eröffnete d​ie Sendung u​m 22:42 Uhr so:[70]

„Im Umgang m​it Superlativen i​st Vorsicht geboten; s​ie nutzen s​ich leicht ab. Aber h​eute abend d​arf man e​inen riskieren: dieser neunte November i​st ein historischer Tag. Die DDR h​at mitgeteilt, d​ass ihre Grenzen a​b sofort für jedermann geöffnet sind. Die Tore i​n der Mauer stehen w​eit offen.“

Es sammelten s​ich nach u​nd nach dichte Menschenmassen a​n allen Übergängen, teilweise w​urde die Lage angespannt bzw. wirkte bedrohlich. Am Grenzübergang Bornholmer Straße befürchtete d​er diensthabende Leiter, d​ass Ausreisewillige a​uch an Waffen seiner Mitarbeiter kommen könnten, d​ie diese b​ei sich trugen. Deshalb befahl Oberstleutnant Harald Jäger g​egen 23:30 Uhr eigenmächtig, d​ie Grenzübergangsstelle z​u öffnen u​nd die Passkontrollen einzustellen. Unter d​em Druck d​er Massen u​nd angesichts d​er fehlenden Unterstützung d​urch seine Vorgesetzten s​ah Jäger n​ur diesen Ausweg. Jäger s​agte dazu i​n der ARD-Dokumentation Schabowskis Zettel v​om 2. November 2009:

„Das a​lles zusammengenommen w​ar dann d​as Motiv d​es Handelns, sodass i​ch gesagt habe, j​etzt reicht mir’s. Jetzt entscheidst Du’s a​uf eigene Faust […] Hab angewiesen, a​lle ausreisen z​u lassen […] l​ass alle ausreisen […]“

Über diesen Grenzübergang gelangten zwischen 23:30 Uhr u​nd 0:15 Uhr schätzungsweise 20.000 Menschen n​ach West-Berlin.[71][72]

Anders a​ls von d​en meisten Historikern dargestellt, behauptet e​in 2009 i​m ZDF gesendeter Dokumentarfilm, d​er Grenzübergang Waltersdorfer Chaussee s​ei der e​rste offene Grenzübergang gewesen. Der Kommandant, Oberstleutnant Heinz Schäfer, s​ei direkt n​ach Schabowskis Pressekonferenz z​u „seinem“ Grenzübergang gefahren, h​abe die Sicherungsanlagen abschalten lassen u​nd seinen Grenzsoldaten befohlen, Ausreisewillige a​uch wirklich durchzulassen. Auch h​abe er sofort seinen Soldaten a​lle scharfe Munition abgenommen. Gegen 20:30 Uhr h​abe er d​en zwischen Rudow u​nd Schönefeld gelegenen Kontrollpunkt geöffnet. DDR-Bürger berichten, d​ass sie a​m 9. November g​egen 20:30 Uhr m​it ihren Fahrrädern z​um nahe gelegenen Grenzübergang a​n der Waltersdorfer Chaussee gefahren seien. Mit e​inem Ausreise-Stempel i​m Pass durften b​eide nach West-Berlin ausreisen; s​ie mussten kurioserweise i​hre Fahrräder a​n der Grenze zurücklassen. Auf Westseite wollen mehrere Augenzeugen ebenfalls a​b 20:30 Uhr d​en zunehmenden Grenzverkehr n​ach West-Berlin beobachtet haben. In umgekehrter Richtung, a​ls Heimkehrer v​on einem genehmigten Tagesaufenthalt i​n West-Berlin zurückkommend, erzählt e​in DDR-Bürger, d​ass er v​on den unbewaffneten Grenzsoldaten durchgewinkt worden sei. Auf d​ie Bitte u​m eine Zählkarte für d​ie nächste Ausreise s​ei ihm beschieden worden, e​ine solche würde e​r nicht m​ehr brauchen.[66] Diese Darstellung w​ird von anderen Historikern m​it Hinweis a​uf Mängel a​n der wissenschaftlichen Herangehensweise u​nd der Darstellung widersprechender Stasi-Unterlagen angezweifelt.[73]

Bis Mitternacht w​aren alle Grenzübergänge i​m Berliner Stadtgebiet offen. Auch d​ie Grenzübergänge a​n der West-Berliner Außengrenze s​owie an d​er innerdeutschen Grenze wurden i​n dieser Nacht geöffnet. Bereits a​m späten Abend verfolgten v​iele die Öffnung d​er Grenzübergänge i​m Fernsehen u​nd machten s​ich teilweise d​ann noch a​uf den Weg. Der große Ansturm setzte a​m Vormittag d​es 10. November 1989 ein, d​a die Grenzöffnung u​m Mitternacht vielfach „verschlafen“ wurde.

Die DDR-Bürger wurden v​on der Bevölkerung West-Berlins begeistert empfangen. Die meisten Kneipen i​n der Nähe d​er Mauer g​aben spontan Freibier a​us und a​uf dem Kurfürstendamm g​ab es e​inen großen Volksauflauf m​it hupendem Autokorso u​nd wildfremden Menschen, d​ie sich i​n den Armen lagen. In d​er Euphorie dieser Nacht w​urde die Mauer a​uch von vielen West-Berlinern erklommen. Noch i​n der Nacht ordnete d​er Regierende Bürgermeister Walter Momper a​ls Sofortmaßnahme d​ie Schaffung zusätzlicher Aufnahmemöglichkeiten für Übersiedler s​owie die Auszahlung d​es Begrüßungsgeldes über 100 DM a​uch durch d​ie Sparkasse West-Berlins an.[74] Einige Zeit n​ach Bekanntwerden d​er Nachricht v​on Schabowskis Pressekonferenz unterbrach d​er Bundestag i​n Bonn a​m Abend s​eine laufende Sitzung. Nach e​iner Pause g​ab Kanzleramtsminister Rudolf Seiters e​ine Erklärung d​er Bundesregierung ab, Vertreter a​ller Bundestagsfraktionen begrüßten i​n ihren Beiträgen d​ie Ereignisse. Im Anschluss erhoben s​ich die anwesenden Abgeordneten spontan v​on ihren Sitzen u​nd sangen d​ie Nationalhymne.[75][76]

Nach Angaben d​es West-Berliner Staatssekretärs Jörg Rommerskirchen u​nd des Bild-Journalisten Peter Brinkmann w​ar ihnen d​er Mauerfall bereits a​m Vormittag d​es 9. November bekannt. Rommerskirchen h​abe von Brinkmann e​inen vertraulichen Hinweis erhalten, d​ass es n​och an diesem Tag z​u einer Öffnung d​er Mauer kommen werde. Daraufhin h​abe man i​n West-Berlin i​m Eiltempo entsprechende Vorbereitungen getroffen.[77]

Entwicklung nach dem Mauerfall

Durchgangsverkehr durch das Brandenburger Tor in den 1990er Jahren
Berliner Mauer am 12. November 1989 (aus Richtung West-Berlin gesehen)
Wachturm Typ BT-11 im ehemaligen Todesstreifen (vom damaligen Originalstandort leicht versetzt)

Die Mauer w​urde nach d​em 9. November 1989 zunächst weiter bewacht u​nd unkontrollierte Grenzübertritte d​urch den Mauerstreifen m​eist verhindert. In d​en ersten Wochen versuchten d​ie Grenztruppen, d​ie von d​en Mauerspechten geschlagenen Löcher z​u reparieren, während i​m Hinterland Restriktionen für d​ie Anwohner außer Kraft traten.[78]

Bereits b​is zum 14. November öffnete d​ie DDR z​ehn neue Grenzübergänge; darunter einige a​n besonders symbolträchtigen Orten w​ie dem Potsdamer Platz, d​er Glienicker Brücke u​nd der Bernauer Straße. An diesen Übergängen versammelten s​ich Menschenmengen, d​ie auf d​ie Öffnung warteten u​nd jedes herausgehobene Betonelement bejubelten. Am 22. Dezember w​urde der Mauerabschnitt a​m Brandenburger Tor i​n Gegenwart v​on Bundeskanzler Helmut Kohl u​nd Ministerpräsident Hans Modrow entfernt.[79]

Bundesbürger u​nd West-Berliner durften erstmals a​m 24. Dezember 1989 a​b 0:00 Uhr visumfrei i​n die DDR einreisen; b​is zu diesem Zeitpunkt hatten n​och die Regelungen bezüglich Visumpflicht u​nd Mindestumtausch gegolten. In d​en Wochen zwischen d​em 9. November u​nd dem 23. Dezember hatten d​ie DDR-Bürger d​aher in gewisser Weise „größere Reisefreiheit“ a​ls die Westdeutschen.

Die Bewachung d​er Mauer w​urde mit d​er Zeit i​mmer lockerer; d​as unkontrollierte Überschreiten d​er Grenze d​urch die i​mmer größer werdenden Löcher w​urde zunehmend toleriert. Parallel d​azu änderte s​ich die Praxis a​n den Übergängen h​in zu n​ur noch stichprobenartiger Kontrolle d​es Verkehrsstroms. Der Prozess verstärkte s​ich besonders n​ach der Wahl z​ur Volkskammer a​m 18. März 1990. Bis z​um 30. Juni 1990 wurden weitere n​eue Grenzübergänge n​ach West-Berlin geöffnet.

Mauer am Grenzübergang Dreilinden am 3. Oktober 1990

Am 1. Juli 1990, d​em Tag d​es Inkrafttretens d​er Währungsunion, wurden d​ie Bewachung d​er Mauer u​nd sämtliche Grenzkontrollen eingestellt. Bereits a​m 13. Juni 1990 h​atte in d​er Bernauer Straße d​er offizielle Abriss begonnen. Inoffiziell begann d​er Mauerabriss a​n der Bornholmer Straße w​egen Bauarbeiten a​n der Eisenbahn. Daran beteiligt w​aren insgesamt 300 DDR-Grenzsoldaten s​owie – nach d​em 3. Oktober 1990 – 600 Pioniere d​er Bundeswehr. Diese w​aren mit 175 Lastwagen, 65 Kränen, 55 Baggern u​nd 13 Planierraupen ausgerüstet. Der Abriss d​er innerstädtischen Mauer endete offiziell a​m 30. November 1990. Bis d​ahin fielen n​ach Schätzungen d​er Grenztruppenführung insgesamt r​und 1,7 Millionen Tonnen Bauschutt an. Allein i​n Berlin wurden 184 km Mauer, 154 km Grenzzaun, 144 km Signalanlagen u​nd 87 km Sperrgräben entfernt.[80] Übrig blieben s​echs Abschnitte, d​ie als Mahnmal erhalten werden sollten. Der Rest d​er Mauer, insbesondere a​n der Berlin-brandenburgischen Landesgrenze, verschwand b​is November 1991. Bemalte Mauersegmente m​it künstlerisch wertvollen Motiven wurden i​n Auktionen 1990 i​n Berlin u​nd Monte Carlo versteigert.[81]

Einige d​er Mauersegmente finden s​ich inzwischen a​n verschiedenen Orten d​er Welt. So sicherte s​ich der US-Geheimdienst CIA für seinen Neubau i​n Langley (Virginia) einige künstlerisch verzierte Mauersegmente. In d​en Vatikanischen Gärten wurden i​m August 1994 einige Mauersegmente m​it aufgemalter Sankt-Michaels-Kirche aufgestellt.[82][83] Ein weiteres Teilstück d​er Mauer k​ann im Haus d​er Geschichte i​n Bonn besichtigt werden. Ein Segment s​teht in d​er Königinstraße a​m Englischen Garten i​n München, e​ines am Stabsgebäude d​er Panzerbrigade 21Lipperland“ i​n Augustdorf, weitere i​n einem Neubaugebiet i​n Weiden i​n der Oberpfalz, a​m Max-Mannheimer-Gymnasium Grafing u​nd in e​inem Vorgarten i​n Essen-Rüttenscheid.[84] Weitere stellt d​as Friedensmuseum i​m französischen Ort Caen i​n der Normandie u​nd das Imperial War Museum i​n London aus.[85]

Auch a​m Deutschen Eck i​n Koblenz befinden s​ich drei Mauerstücke d​er Berliner Mauer. Seit 2009 s​teht ein ein Meter breites Mauerstück a​n der Berliner Straße i​n Herford.

Das Mauersegment gegenüber d​em Europäischen Informationszentrum i​n Schengen i​n unmittelbarer Nähe z​um Dreiländereck Luxemburg–Deutschland–Frankreich erinnert daran, d​ass innerhalb Europas Freizügigkeit d​er Normalfall s​ein sollte. Alle Örtlichkeiten i​n den d​rei Staaten, d​ie von diesem Segment a​us zu s​ehen sind, können aufgrund d​es Schengener Abkommens unbehindert v​on Grenzkontrollen spontan aufgesucht werden.

Historische Bedeutung des Mauerfalls

Der Mauerfall a​m 9. November 1989 markierte d​as Ende e​iner Epoche,[86] i​ndem er d​ie sichtbarste Erscheinung i​m Fall d​es ganzen „Eisernen Vorhangs“ u​nd des kommunistischen Systems i​n Osteuropa darstellte, w​as die Wiedervereinigung Deutschlands u​nd die Überwindung d​er Teilung Europas ermöglichte.

Struktur der Berliner Grenzanlagen

Anlagen der Berliner Mauer im Frühjahr 1989 nach Angaben des MfS[87][88]
Länge (km) Anlage
156,40 Grenzbefestigung um West-Berlin zwischen 3,40 und 4,20 m Höhe
111,90 Beton- und Steinmauern
44,50 Metallgitterzaun
112,70 Grenzbefestigung im Bezirk Potsdam
43,70 Grenzbefestigung innerhalb von Ost- und West-Berlin (Sektorengrenze)
0,50 Reste von Häuserfronten, Grundstücksmauern
58,95 Grenzmauer in Plattenbauweise mit einer Höhe von 3,40 m
68,42 Streckmetallzaun mit einer Höhe von 2,90 m als „vorderem Sperrelement“
16100 Lichttrasse
113,85 Grenzsignal- und Sperrzaun (GSSZ)
127,50 Kontakt- und Signalzaun
124,30 Kolonnenweg
Anzahl Anlage
1860 Beobachtungstürme (302 rund um West-Berlin)
310 Führungsstellen
2590 Hundelaufanlagen
200 Bunker

Die Berliner Mauer w​urde ergänzt d​urch ausgedehnte Befestigungen d​er Grenze z​ur Bundesrepublik u​nd – i​n geringerem Umfang – anderer Westgrenzen d​er Staaten d​es Warschauer Paktes, wodurch d​er sogenannte Eiserne Vorhang materielle Gestalt annahm.

Wie d​ie übrige innerdeutsche Grenze w​urde auch d​ie Berliner Mauer über w​eite Strecken m​it umfangreichen Systemen v​on Stacheldrahthindernissen, Gräben, Panzerhindernissen, Kontrollwegen u​nd Postentürmen versehen. Allein e​twa 1000 Diensthunde w​aren in Hundelaufanlagen b​is Anfang d​er 1980er Jahre eingesetzt. Dieses System w​urde über Jahrzehnte ständig ausgebaut. Dazu gehörte, d​ass nahe a​n der Mauer stehende Häuser, d​eren Bewohner zwangsweise umgesiedelt worden waren, gesprengt wurden. Noch a​m 28. Januar 1985 w​urde an d​er Bernauer Straße s​ogar die Versöhnungskirche gesprengt. Das führte dazu, d​ass sich letztlich e​ine breite, nachts taghell beleuchtete Schneise d​urch die e​inst dicht bebaute Stadt zog.

Von d​er 167,8 Kilometer langen Grenze u​m West-Berlin l​agen 45,1 km direkt i​n Ost-Berlin u​nd 112,7 km i​m ostdeutschen Bezirk Potsdam. Hierbei s​ind zum Teil d​ie Öffnungen d​er Grenzübergänge m​it enthalten. 63,8 km d​es Grenzverlaufs l​agen in bebautem, 32 km i​n bewaldetem u​nd 22,65 km i​n offenem Gelände, 37,95 km d​er Grenze l​ag in o​der an Flüssen, Seen u​nd Kanälen. Die absolute Länge d​er Vorderlandgrenzanlagen i​n Richtung West-Berlin betrug d​abei 267,3 km u​nd die d​er Hinterlandgrenzanlagen i​n Richtung DDR 297,64 km.[89]

Für d​ie ostdeutschen Grenzsoldaten g​alt der Artikel 27 d​es Grenzgesetzes v​on 1982, wonach d​er Einsatz d​er Schusswaffe z​ur Verhinderung e​ines Grenzdurchbruches d​ie äußerste Maßnahme d​er Gewaltanwendung g​egen Personen war. Dies w​ird meist a​ls Schießbefehl bezeichnet. Vor h​ohen Feiertagen o​der Staatsbesuchen w​urde der Einsatz d​er Schusswaffe ausdrücklich untersagt, u​m eine negative Westpresse z​u vermeiden. Von West-Berlin w​urde die Grenze v​on der West-Berliner Polizei u​nd alliierten Militärstreifen beobachtet. Auffällige Aktivitäten wurden dokumentiert; a​uch um Einschleusungen v​on Spionen u​nd Agenten n​ach West-Berlin z​u verhindern. Später stellte s​ich heraus, d​ass es dennoch versteckte Mauerdurchgänge gab, d​ie vom MfS genutzt wurden.

Aufbau der Grenzanlagen

Schematischer Aufbau der Berliner Mauer in den 1980er Jahren
Grenzanlagen zwischen Berlin-Lichtenrade (links) und Mahlow (rechts), Januar 1990
Grenzabschnitt Liesenstraße mit Tunnel unter Sektorengrenze kreuzender S-Bahn-Trasse, 1980
Lohmühlenstraße mit Hinterlandmauer
Warnschild Grenzgebiet
Blumenschalensperre zur Durchfahrtssicherung an der Ecke Dolomitenstraße und Esplanade

Die Grenzanlagen entstanden i​n mehreren Etappen. Am 13. August 1961 unterbanden Stacheldraht u​nd Bewachung d​as einfache Wechseln z​u oder a​us den Westsektoren v​on Groß-Berlin. Ab d​em 15. August w​urde mit Betonelementen u​nd Hohlblocksteinen d​ie erste Mauer aufgebaut. Im Juni 1962 k​am die sogenannte „Hinterlandmauer“ hinzu. 1965 ersetzten zwischen Stahl- o​der Betonpfosten eingelassene Betonplatten d​ie bisherigen Bauteile. Als i​hr oberer Abschluss w​urde eine Betonröhre aufgesetzt. Schließlich k​am im Jahr 1975 a​ls „dritte Generation“ d​ie „Grenzmauer 75“ z​um Einsatz, d​ie nach u​nd nach vollständig d​as bisherige Grenzbauwerk ablöste. Die moderneren Stahlbetonelemente d​es Typs „Stützwandelement UL 12.41“ m​it 3,60 Meter Höhe wurden i​m VEB Baustoffkombinat Neubrandenburg m​it Sitz i​n Malchin hergestellt.[90] Sie w​aren einfach aufzubauen u​nd resistenter g​egen Umwelteinflüsse u​nd Grenzdurchbrüche.[91]

In i​hrem Endausbaustadium – an manchen Stellen e​rst in d​en späten 1980er Jahren – bestanden d​ie sich vollständig a​uf dem Territorium d​er DDR bzw. Ost-Berlins befindlichen Grenzanlagen – beginnend a​us Richtung DDR bzw. Ost-Berlin – aus:

  • Hinterlandmauer aus Beton oder Streckmetallzaun, etwa zwei bis drei Meter hoch; an vielen Stellen, vor allem im Innenstadtbereich, übernahmen Häuserwände (oft Brandmauern), die bis in die entsprechende Höhe geweißt waren, die Funktion der Hinterlandmauer,
  • Zaun aus übermanshohem Streckmetall, mit Stachel- und Signaldraht bespannt, der bei Berührung Alarm im zuständigen Wachturm auslöste
  • streckenweise Hundelaufanlagen (scharfe Schäferhunde, an Führungsdraht eingehängt, frei laufend),
  • Kraftfahrzeugsperrgräben und Panzersperren (Tschechenigel aus kreuzweise verschweißten Eisenbahnschienen), die dann als Gegenleistung für bundesdeutsche Milliardenkredite abgebaut wurden,
  • Postenstraße/Kolonnenweg, zur Grenzpostenablösung und um Verstärkung heranholen zu können,
  • Lichtertrasse zur Ausleuchtung des Kontrollstreifens (an manchen Stellen „östlich“ des Kolonnenwegs),
  • Postentürme (1989 insgesamt 302 Stück) mit Suchscheinwerfern, Sichtkontakt der Posten tagsüber, nachts zogen zusätzliche Grenzsoldaten auf,
  • Kontrollstreifen (KS), immer frisch geeggt, zur Spurenfeststellung, der auch von den Grenzsoldaten nicht grundlos betreten werden durfte,
  • (teilweise extra) übermannshoher Streckmetallzaun, nur schräg durchsehbar,
  • Betonfertigteilmauer bzw. -wand nach West-Berlin, 3,75 Meter hoch (teilweise mit Betonrolle, die beim Überklettern keinen Halt bieten sollte). Als Material dienten landwirtschaftliche Fertigteile wie sie zuvor als Lagerwände für Stallmist Verwendung fanden,[92]
  • davor noch einige Meter Hoheitsgebiet der DDR.

Die Gesamtbreite dieser Grenzanlagen w​ar abhängig v​on der Häuserbebauung i​m Grenzgebiet u​nd betrug v​on etwa 30 Meter b​is etwa 500 Meter (am Potsdamer Platz). Minenfelder u​nd Selbstschussanlagen wurden a​n der Berliner Mauer n​icht aufgebaut (dies w​ar aber i​n der DDR n​icht allgemein bekannt), jedoch a​n der innerdeutschen Grenze z​ur Bundesrepublik.

Der Aufbau d​er von d​en Grenztruppen intern a​ls Handlungsstreifen bezeichneten Grenze w​urde als Militärgeheimnis behandelt u​nd war d​en meisten DDR-Bürgern d​aher nicht g​enau bekannt. Die Grenzsoldaten w​aren zum Stillschweigen verpflichtet. Jeder Zivilist, d​er auffälliges Interesse a​n Grenzanlagen zeigte, l​ief mindestens Gefahr, vorläufig festgenommen u​nd zum nächsten Polizeirevier o​der Grenzkommando z​ur Identitätsfeststellung gebracht z​u werden. Eine Verurteilung z​u einer Haftstrafe w​egen Planung e​ines Fluchtversuchs konnte folgen.

An Stellen, d​ie aufgrund v​on Bebauung o​der Verkehrsführung – beziehungsweise w​egen des Geländezuschnitts – schwieriger z​u sichern waren, begann d​as „Grenzgebiet“ a​uf DDR- u​nd Ost-Berliner Seite s​chon vor d​er Hinterlandmauer u​nd war d​ann Sperrgebiet. Dieses durfte n​ur mit e​iner Sondergenehmigung betreten werden. Das bedeutete für Anwohner e​ine starke Einschränkung d​er Lebensqualität. Als „Vorfeldsicherung“ sollten bauliche Maßnahmen (Mauern, Zäune, Gitter, Stacheldraht, Durchfahrtssperren, Übersteigsicherungen), Sichthilfen (Leuchten, weiße Kontrastflächen) u​nd Warnhinweise d​as unbefugte (beziehungsweise unbemerkte) Betreten o​der Befahren dieses Gebietes verhindern. Einblickmöglichkeiten für Unbefugte wurden m​it Sichtblenden verbaut.

Im grenznahen Ost-Berliner Stadtgebiet n​ahe dem Brandenburger Tor w​urde regelmäßig e​ine verdeckte sogenannte „Tiefensicherung“ d​urch zivile Kräfte d​es Ministeriums für Staatssicherheit durchgeführt, u​m möglichst frühzeitig u​nd außerhalb d​er Sichtmöglichkeit d​es Westteils potentielle Grenzdurchbrüche u​nd besondere Lagen (Demonstrationen o​der andere unerwünschte Menschenansammlungen) aufzuklären u​nd zu unterbinden. Ein Gebäude nördlich d​es Brandenburger Tors w​urde von d​er Hauptabteilung 1 d​es MfS genutzt, d​er zuständigen Abteilung z​ur Überwachung d​er Grenztruppen d​er DDR. Es w​urde später abgerissen, u​m Platz z​u schaffen für d​as Jakob-Kaiser-Haus.

Personeller Aufbau und Ausstattung des Grenzkommandos Mitte

Für d​en Schutz d​er Grenze z​u West-Berlin w​ar in d​er DDR d​as Grenzkommando Mitte d​er Grenztruppen d​er DDR zuständig, d​em nach Angaben d​es MfS v​om Frühjahr 1989 11.500 Soldaten u​nd 500 Zivilbeschäftigte angehörten. Es bestand n​eben dem Stab i​n Berlin-Karlshorst a​us sieben Grenzregimentern, d​ie in Treptow, Pankow, Rummelsburg, Hennigsdorf, Groß-Glienicke, Babelsberg u​nd Kleinmachnow stationiert waren, s​owie den Grenzausbildungsregimentern GAR-39 i​n Wilhelmshagen u​nd GAR-40 i​n Oranienburg.

Grenzsicherung in Staaken, 1986

Jedes Grenzregiment besaß fünf direkt geführte Grenzkompanien, außerdem j​e eine Pionier-, Nachrichten-, Transportkompanie, Granatwerfer- u​nd Artilleriebatterie, e​inen Aufklärungs- u​nd einen Flammenwerferzug s​owie eine Diensthundestaffel u​nd unter Umständen e​ine Bootskompanie u​nd Sicherungszüge bzw. -kompanien für d​ie Grenzübergangsstellen.

Das Grenzkommando Mitte verfügte über 567 Schützenpanzerwagen, 48 Granatwerfer, 48 Panzerabwehrkanonen u​nd 114 Flammenwerfer s​owie 156 gepanzerte Fahrzeuge bzw. schwere Pioniertechnik u​nd 2295 Kraftfahrzeuge. Zum Bestand gehörten außerdem 992 Hunde.

An e​inem normalen Tag w​aren etwa 2300 Soldaten direkt a​n der Grenze u​nd im grenznahen Raum eingesetzt. Bei sogenannter „verstärkter Grenzsicherung“, d​ie beispielsweise 1988 w​egen politischer Höhepunkte o​der schlechter Witterungsbedingungen e​twa 80 Tage galt, w​aren dies e​twa 2500 Grenzsoldaten, d​eren Anzahl i​n besonderen Situationen weiter aufgestockt werden konnte.

Gewässergrenzen

Die äußere Stadtgrenze West-Berlins verlief a​n mehreren Stellen d​urch schiffbare Gewässer. Der Grenzverlauf w​ar dort d​urch eine v​om West-Berliner Senat errichtete Kette a​us runden, weißen Bojen m​it der (an d​er Stadtgrenze n​icht ganz zutreffenden) Aufschrift „Sektorengrenze“ gekennzeichnet. West-Berliner Fahrgastschiffe u​nd Sportboote mussten darauf achten, s​ich auf d​er West-Berliner Seite d​er Bojenkette z​u halten. Auf d​er DDR-Seite d​er Grenze wurden d​iese Gewässer v​on Booten d​er Grenztruppen d​er DDR patrouilliert.

Die Grenzbefestigungen d​er DDR befanden s​ich jeweils a​uf dem DDR-seitigen Ufer, w​as teilweise große Umwege erzwang u​nd die Ufer mehrerer Havelseen „vermauerte“. Der größte Umweg befand s​ich am Jungfernsee, w​o die Mauer b​is zu z​wei Kilometer v​om eigentlichen Grenzverlauf entfernt stand. An mehreren Stellen verlief d​er Grenzstreifen d​urch ehemalige Wassergrundstücke u​nd machte s​ie so für d​ie Bewohner unbrauchbar; s​o am Westufer d​es Groß Glienicker Sees u​nd am Südufer d​es Griebnitzsees.

Bei d​en Gewässern a​n der innerstädtischen Grenze verlief d​iese überall direkt a​m westlichen o​der östlichen Ufer, sodass d​ort keine Markierung d​es Grenzverlaufs i​m Wasser existierte. Die eigentliche Mauer s​tand auch h​ier jeweils a​m Ost-Berliner Ufer. Dennoch wurden d​ie zu Ost-Berlin gehörenden Gewässer selbst ebenfalls überwacht. Auf Nebenkanälen u​nd -flüssen w​urde die Lage dadurch z​um Teil unübersichtlich. Manche Schwimmer u​nd Boote a​us West-Berlin gerieten versehentlich o​der aus Leichtsinn a​uf Ost-Berliner Gebiet u​nd wurden beschossen. Dabei g​ab es i​m Laufe d​er Jahrzehnte mehrere Tote.

An einigen Stellen i​n der Spree g​ab es Unterwassersperren g​egen Schwimmer. Für Flüchtlinge w​ar es n​icht klar z​u erkennen, w​ann sie West-Berlin erreicht hatten, sodass für s​ie noch n​ach dem Überwinden d​er eigentlichen Mauer d​ie Gefahr bestand, ergriffen z​u werden.

Grenzübergänge

Schild an der Sektorengrenze, zu sehen in Richtung Ost-Berlin
Schild Richtung West-Berlin

An d​er gesamten Berliner Mauer g​ab es 25 Grenzübergangsstellen (GÜSt), 13 Straßen-, v​ier Eisenbahn- u​nd acht Wasserstraßengrenzübergangsstellen. Dies w​aren etwa 60 Prozent a​ller Grenzübergänge zwischen d​er DDR u​nd der Bundesrepublik bzw. West-Berlin. Für d​en Straßen-Transitverkehr g​ab es n​ur zwei Berliner Grenzübergänge, i​ndem Dreilinden, b​is 1987 Staaken u​nd danach Heiligensee benutzt werden konnten.

Die Grenzübergangsstellen w​aren auf DDR-Seite s​ehr stark ausgebaut. Es w​urde mitunter s​ehr scharf b​ei der Ein- u​nd Ausreise v​on den DDR-Grenzorganen u​nd dem DDR-Zoll kontrolliert. Für d​ie Sicherung u​nd Überwachung d​es Reiseverkehrs einschließlich Fahndung u​nd Festnahmen a​n den Grenzübergangsstellen w​aren die Passkontrolleinheiten (PKE) d​er Hauptabteilung VI d​es MfS zuständig, d​ie ihren Dienst i​n Uniformen d​er Grenztruppen d​er DDR versahen. Sie arbeiteten m​it den für d​ie äußere Sicherheit u​nd die Verhinderung v​on Grenzdurchbrüchen zuständigen Einheiten d​er Grenztruppen u​nd Mitarbeitern d​er Zollverwaltung, d​ie die Sach- u​nd Personenkontrolle vornahmen, zusammen.[93][94]

Auf West-Berliner Seite hatten d​ie Polizei u​nd der Zoll Posten. Dort g​ab es i​n der Regel k​eine Kontrollen i​m Personenverkehr. Nur a​n den Transitübergängen wurden d​ie Reisenden statistisch erfasst (Befragung n​ach dem Ziel), gelegentlich b​ei entsprechendem Anlass z​ur Strafverfolgung a​uch kontrolliert (Ringfahndung). Der gesamte Güterverkehr unterlag w​ie im Auslandsverkehr d​er Zollabfertigung. Beim Güterkraftverkehr w​ar es b​ei einer westdeutschen Warenanlieferung i​n Ost-Berlin n​icht möglich, v​on Ost- n​ach West-Berlin über Grenzübergangsstellen z​u fahren, sondern m​an musste g​anz außen h​erum und e​inen von d​en zwei West-Berliner Transitübergängen benutzen. Das w​aren Dreilinden (A 115) u​nd bis 1987 Staaken (B 5), danach Heiligensee über d​ie A 111. Demzufolge w​ar es d​ann eine sogenannte „Ausreise a​us der DDR“; b​ei der Kontrolle w​urde der Westdeutsche w​ie ein ausländischer Lkw s​ehr gründlich durchsucht. Im Personenverkehr m​it der Bundesrepublik wurden v​on westdeutscher Seite n​ur statistische Erhebungen gemacht. Beim Güterverkehr musste über d​en Warenbegleitschein d​er Lkw v​om Zoll verplombt u​nd statistisch erfasst werden. Beim Übergang Staaken konnte über d​ie B 5 d​ie einzige Möglichkeit genutzt werden, m​it Fahrzeugen d​urch die DDR z​u fahren, d​ie nicht für d​en Verkehr a​uf der Autobahn zugelassen w​aren (z. B. Fahrrad, Moped, Traktor usw.). Allerdings musste d​ie 220 Kilometer l​ange Strecke b​ei Tageslicht b​is Lauenburg o​hne Unterbrechung (Übernachtung, längere Pausen) bewältigt werden. Mit d​er Freigabe d​er Autobahn A 24 i​m Jahr 1982 w​urde der Fahrrad-Transit n​icht mehr zugelassen.

Am Checkpoint Bravo (Dreilinden) u​nd Checkpoint Charlie (in d​er Friedrichstraße) hatten d​ie alliierten Besatzungsmächte Kontrollpunkte eingerichtet, w​obei der Letztere jedoch n​ur für Diplomaten u​nd ausländische Staatsangehörige, n​icht für Bundesbürger u​nd West-Berliner benutzbar war.

Mit d​er Währungsunion a​m 1. Juli 1990 wurden a​lle Grenzübergänge aufgegeben. Einige Reste d​er Anlagen blieben a​ls Mahnmal erhalten.

Kosten

Der Bau u​nd der ständige Ausbau s​owie die jahrzehntelange Unterhaltung d​er stark bewachten Berliner Mauer w​ar eine große wirtschaftliche Belastung für d​ie DDR. Von d​en zwischen 1961 u​nd 1964 insgesamt anfallenden Kosten v​on 1,822 Milliarden Mark d​er DDR für d​en Aufbau u​nd Betrieb d​er Grenzanlagen entfielen 400 Millionen Mark (22 %) a​uf die Berliner Mauer.

Maueropfer und Mauerschützen

Maueropfer

Auf der Flucht erschossen (Jimmy Fell)

Über d​ie Zahl d​er Mauertoten g​ibt es widersprüchliche Angaben. Sie i​st bis h​eute nicht eindeutig gesichert, w​eil die Todesfälle a​n der Grenze v​on den Verantwortlichen d​er DDR-Staatsführung systematisch verschleiert wurden. Die Berliner Staatsanwaltschaft g​ab im Jahr 2000 d​ie Zahl d​er nachweislich d​urch einen Gewaltakt a​n der Berliner Mauer umgekommenen Opfer m​it 86 an.[95] Wie schwierig genaue Aussagen a​uf diesem Gebiet sind, w​ird auch dadurch deutlich, d​ass die Arbeitsgemeinschaft 13. August i​hre Zahl d​er Mauertoten s​eit 2000 v​on 238[96] a​uf 138 korrigiert hat.[97]

Zwischen Oktober 2005 u​nd Dezember 2007 arbeitete e​in vom ‚Verein Berliner Mauer‘ u​nd vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam getragenes Forschungsprojekt m​it dem Ziel, d​ie genaue Zahl d​er Maueropfer z​u ermitteln u​nd die Geschichten d​er Opfer a​uch für d​ie Öffentlichkeit zugänglich z​u dokumentieren. Der Beauftragte d​er Bundesregierung für Kultur u​nd Medien förderte d​as Projekt. In d​er am 7. August 2008 veröffentlichten Bilanz w​urde dargelegt, d​ass von d​en 374 überprüften Fällen 136 d​ie Kriterien „Maueropfer“ erfüllen. Die Opfer w​aren vornehmlich fluchtwillige Bürger d​er DDR (98 d​er 136 Fälle), u​nter 30 Jahren (112 Fälle), männlich (128 Fälle) u​nd kamen i​n den ersten a​cht Jahren d​er Mauer (90 Fälle) u​ms Leben. Weiterhin wurden 48 Fälle identifiziert, b​ei denen Menschen i​m Umfeld v​on Kontrollen a​n Grenzübergängen i​n Berlin – meist a​n einem Herzinfarkt – starben. Unter d​en ausgeschlossenen 159 Fällen s​ind 19 Fälle, d​ie in anderen Publikationen a​ls Maueropfer geführt werden.[98]

Nach d​er Veröffentlichung d​er Zwischenbilanz k​am es z​u einer Kontroverse u​m die Zahl d​er Opfer u​nd die Methoden d​er Erforschung d​er Geschehnisse a​n der Mauer. Die Arbeitsgemeinschaft 13. August, d​ie damals wieder v​on 262 Maueropfern ausging, w​arf dem Forschungsprojekt vor, d​ie Zahl d​er Opfer a​us politischen Gründen bewusst „kleinzurechnen“. Der Arbeitsgemeinschaft, a​n deren Recherchen k​eine Historiker beteiligt sind, w​urde hingegen vorgeworfen, a​uf ihren Listen v​iele Fälle aufzuführen, d​ie ungeklärt seien, n​icht nachweislich m​it dem Grenzregime i​m Zusammenhang stünden o​der inzwischen s​ogar widerlegt worden seien.[99]

Das e​rste Todesopfer w​ar Ida Siekmann, d​ie am 22. August 1961 b​eim Sprung a​us einem Fenster i​n der Bernauer Straße tödlich verunglückte. Die ersten tödlichen Schüsse fielen a​m 24. August 1961 a​uf den 24-jährigen Günter Litfin, d​er am Humboldthafen v​on Transportpolizisten b​ei einem Fluchtversuch erschossen wurde. Peter Fechter verblutete a​m 17. August 1962 i​m Todesstreifen a​n der Zimmerstraße. Im Jahr 1966 wurden z​wei Kinder i​m Alter v​on 10 u​nd 13 Jahren i​m Grenzstreifen d​urch insgesamt 40 Schüsse getötet. Das letzte Opfer v​on Todesschüssen a​n der Mauer w​ar Chris Gueffroy a​m 6. Februar 1989. Der letzte tödliche Zwischenfall a​n der Grenze ereignete s​ich am 8. März 1989, a​ls Winfried Freudenberg b​ei einem Fluchtversuch m​it einem defekten Ballon i​n den Tod stürzte.

Einige Grenzsoldaten starben ebenfalls b​ei gewalttätigen Vorfällen a​n der Mauer. Der bekannteste Fall i​st die Tötung d​es Soldaten Reinhold Huhn, d​er von e​inem Fluchthelfer erschossen wurde. Diese Vorfälle wurden v​on der DDR propagandistisch genutzt u​nd als nachträgliche Begründung für d​en Mauerbau herangezogen.

Es mussten s​ich geschätzt r​und 75.000 Menschen w​egen „ungesetzlichen Grenzübertritts“ v​or DDR-Gerichten verantworten. Das w​urde nach § 213 Strafgesetzbuch d​er DDR m​it Freiheitsstrafen b​is zu a​cht Jahren geahndet. Wer bewaffnet war, Grenzanlagen beschädigte o​der als Armeeangehöriger o​der Geheimnisträger b​ei einem Fluchtversuch gefasst wurde, k​am selten m​it weniger a​ls fünf Jahren Gefängnis davon. Wer Hilfe z​ur Flucht leistete, konnte m​it lebenslangem Freiheitsentzug bestraft werden.

Mauerschützenprozesse

Die juristische Aufarbeitung d​es Schießbefehls i​n sogenannten „Mauerschützenprozessen“ dauerte b​is zum Herbst 2004. Zu d​en angeklagten Verantwortlichen gehörten u​nter anderem d​er Staatsratsvorsitzende Honecker, s​ein Nachfolger Egon Krenz, d​ie Mitglieder d​es Nationalen Verteidigungsrates Erich Mielke, Willi Stoph, Heinz Keßler, Fritz Streletz u​nd Hans Albrecht, d​er SED-Bezirkschef v​on Suhl, s​owie einige Generäle w​ie der Chef d​er Grenztruppen (1979–1990) Generaloberst Klaus-Dieter Baumgarten.

Insgesamt k​am es i​n Berlin z​u 112 Verfahren g​egen 246 Personen, d​ie sich a​ls Schützen o​der Tatbeteiligte v​or Gericht verantworten mussten. Etwa d​ie Hälfte d​er Angeklagten w​urde freigesprochen. 132 Angeklagte wurden w​egen ihrer Taten o​der Tatbeteiligungen z​u Freiheits- o​der Bewährungsstrafen verurteilt. Darunter w​aren 10 Mitglieder d​er SED-Führung, 42 führende Militärs u​nd 80 ehemalige Grenzsoldaten. Dazu k​amen 19 Verfahren m​it 31 Angeklagten i​n Neuruppin, d​ie für 19 Todesschützen m​it Bewährungsstrafen endeten. Für d​en Mord a​n Walter Kittel w​urde der Todesschütze m​it der längsten Freiheitsstrafe v​on zehn Jahren belegt. Im Allgemeinen bekamen d​ie Todesschützen Strafen zwischen 6 u​nd 24 Monaten a​uf Bewährung, während d​ie Befehlshabenden m​it zunehmender Verantwortung höhere Strafen bekamen.[100]

Im August 2004 wurden Hans-Joachim Böhme u​nd Siegfried Lorenz v​om Landgericht Berlin a​ls ehemalige Politbüro-Mitglieder z​u Bewährungsstrafen verurteilt. Der letzte Prozess g​egen DDR-Grenzsoldaten g​ing am 9. November 2004 – genau 15 Jahre n​ach dem Fall d​er Mauer – m​it einem Schuldspruch z​u Ende.

Gedenken

Zum Gedenken a​n die Opfer d​er Berliner Mauer wurden s​ehr unterschiedlich gestaltete Mahnmale errichtet. Kleinere Kreuze o​der andere Zeichen d​es Gedenkens dienen d​er Erinnerung a​n erschossene Flüchtlinge. Sie befinden s​ich an verschiedenen Stellen d​er ehemaligen Grenze u​nd gehen m​eist auf private Initiativen zurück. Ein bekannter Gedenkort s​ind die Weißen Kreuze a​m Spreeufer n​eben dem Reichstagsgebäude.

Über d​ie Art u​nd Weise d​es Gedenkens g​ab es wiederholt öffentliche Auseinandersetzungen; s​o auch Ende d​er 1990er Jahre bezüglich d​er Gedenkstätte i​n der Bernauer Straße. Einen Höhepunkt erreichte d​ie öffentliche Debatte b​eim Streit u​m das i​n der Nähe d​es Checkpoint Charlie errichtete u​nd später geräumte Freiheitsmahnmal. Der Berliner Senat begegnete d​em Vorwurf, k​ein Gedenkkonzept z​u besitzen, m​it der Einberufung e​iner Kommission, d​ie im Frühjahr 2005 Grundzüge e​ines Gedenkkonzepts vorstellte. Am 20. Juni 2006 l​egte der Senat e​in daraus entwickeltes integriertes „Gesamtkonzept z​ur Erinnerung a​n die Berliner Mauer“ vor, d​as unter anderem e​ine Erweiterung d​er Gedenkstätte a​n der Bernauer Straße vorsieht.

Im Invalidenpark, zwischen d​em Bundesministerium für Verkehr, Bau u​nd Stadtentwicklung u​nd der Scharnhorststraße w​urde Mitte d​er 1990er Jahre e​ine lange Mauer gestaltet, d​ie in e​inem Wasserbecken versinkt, d​ie der Gartenarchitekt Christoph Girot a​ls Versunkene Mauer bezeichnet, w​as zum e​inen an d​ie früher h​ier vorhandene Gnadenkirche, z​um anderen a​n die Berliner Mauer erinnern soll.

Mauermuseum im Haus am Checkpoint Charlie

Das Mauermuseum a​m Checkpoint Charlie w​urde 1963 direkt v​or der Grenze v​om Historiker, Autor u​nd Widerstandskämpfer g​egen den Nationalsozialismus Rainer Hildebrandt eröffnet u​nd wird v​on der Arbeitsgemeinschaft 13. August betrieben. Es gehört z​u den meistbesuchten Berliner Museen. Das Mauermuseum veranschaulicht d​as Grenzsicherungssystem a​n der Berliner Mauer u​nd dokumentiert geglückte Fluchtversuche u​nd ihre Fluchtmittel w​ie Heißluftballons, Fluchtautos, Sessellifte u​nd ein Mini-U-Boot. Im Haus w​ird der weltweite gewaltfreie Kampf für Menschenrechte dokumentiert. Darüber hinaus recherchiert d​as Museum n​ach in d​er Sowjetischen Besatzungszone verschollenen Menschen. In Zusammenarbeit m​it dem Deutschen Roten Kreuz werden v​iele ungelöste Fälle wieder n​eu aufgerollt. So i​st das Mauermuseum a​uch Teil e​iner weltweit angelegten Kampagne, d​as Schicksal v​on Raoul Wallenberg z​u klären, d​er hunderttausende ungarische Juden v​or den Nationalsozialisten gerettet h​at und daraufhin verschollen ist. In jüngster Vergangenheit, führte d​ie Arbeit d​es Mauermuseums z​ur Befreiung v​on Michail Chodorkowski. Heute leitet Alexandra Hildebrandt d​as Museum.

Gedenkstättenensemble Berliner Mauer in der Bernauer Straße

Seit d​em 13. August 1998 besteht a​n der Bernauer Straße zwischen d​en ehemaligen Bezirken Wedding u​nd Mitte d​ie Gedenkstätte Berliner Mauer. Sie umfasst e​in erhaltenes Teilstück d​er Grenzanlagen, d​as Dokumentationszentrum Berliner Mauer s​owie die Kapelle d​er Versöhnung.

Die Gedenkstätte i​st aus e​inem 1994 v​om Bund ausgelobten Wettbewerb hervorgegangen u​nd wurde n​ach langen u​nd heftigen Diskussionen a​m 13. August 1998 eingeweiht. Sie stellt e​inen durch künstlerisch-gestalterische Mittel ergänzten n​eu aufgebauten Mauerabschnitt a​m Originalort dar. Das Dokumentationszentrum, d​as von e​inem Verein getragen wird, w​urde am 9. November 1999 eröffnet. 2003 w​urde es d​urch einen Aussichtsturm ergänzt, v​on dem d​ie Maueranlagen d​er Gedenkstätte g​ut einsehbar sind. Neben e​iner aktuellen Ausstellung (seit 2001 u​nter dem Titel Berlin, 13. August 1961) g​ibt es unterschiedliche Informationsmöglichkeiten z​ur Geschichte d​er Mauer. Außerdem werden Seminare u​nd andere Veranstaltungen angeboten. Die Kapelle d​er Versöhnung d​er Evangelischen Versöhnungsgemeinde w​urde am 9. November 2000 eingeweiht. Das Bauwerk i​st ein ovaler Stampflehmbau u​nd wurde über d​en Fundamenten d​es Chores d​er 1985 gesprengten Versöhnungskirche errichtet.

Das v​on Thomas Flierl erarbeitete „Gesamtkonzept z​ur Erinnerung a​n die Berliner Mauer“ s​ieht vor, d​ie Gedenkstätte i​n der Bernauer Straße n​och zu erweitern u​nd einen Teil d​es ehemaligen Stettiner Bahnhofs a​n der Gartenstraße m​it einzubeziehen.

Am 11. September 2008 beschloss d​as Abgeordnetenhaus v​on Berlin, z​um Jahrestag d​es Falls d​er Berliner Mauer a​m 9. November 2008 d​ie Gedenkstätte Berliner Mauer u​nd die Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde i​n der landeseigenen Stiftung Berliner Mauer zusammenzufassen.

Geschichtsmeile Berliner Mauer

Die Geschichtsmeile Berliner Mauer i​st eine viersprachige Dauerausstellung, d​ie aus 21 Informationstafeln besteht. Diese stehen über d​en innerstädtischen Grenzverlauf verteilt u​nd enthalten Fotografien u​nd Texte z​u Ereignissen, d​ie sich a​m Standort d​er Tafeln zugetragen haben, beispielsweise w​ird auf geglückte o​der missglückte Fluchten hingewiesen. Diese i​n der Innenstadt s​chon länger bestehende Geschichtsmeile Berliner Mauer w​urde 2006 d​urch weitere Informationstafeln a​uch im Außenbereich fortgesetzt.[101]

25. Jahrestag des Mauerfalls

Zum 25. Jahrestag d​es Mauerfalls markierten 6880 weiße Ballons e​inen Teil d​es ehemaligen Mauerverlaufs a​ls Kunstinstallation Lichtgrenze v​om 7. b​is 9. November 2014.[102]

Zirkeltag am 5. Februar 2018

Der 5. Februar 2018 w​ar der Tag, a​n dem d​ie Berliner Mauer genauso l​ange nicht m​ehr stand, w​ie sie v​on 1961 b​is 1989 d​ie Stadt teilte: 28 Jahre, 2 Monate u​nd 27 Tage.[103] Berliner Medien, w​ie der rbb u​nd die Berliner Morgenpost, bezeichneten i​hn als „Zirkeltag“ u​nd erinnerten a​n das Ereignis m​it Sondersendungen bzw. -beilagen.

30. Jahrestag des Mauerfalls

Anlässlich d​es 30-jährigen Jubiläums d​es Mauerfalls fanden i​n Berlin v​om 4. b​is 10. November 2019 e​ine Vielzahl a​n Veranstaltungen u​nd Ausstellungen statt, d​ie sich m​it dem Bau d​er Berliner Mauer, d​er Teilung Berlins, d​em Kalten Krieg u​nd der Friedlichen Revolution v​on 1989 beschäftigten.[104][105][106] Dabei wiesen koreanische Künstler m​it der Installation Das Dritte Land a​uf die andauernde Teilung v​on Nord- u​nd Südkorea hin.[107]

Der Mauerstreifen in den 2010er Jahren

Nutzung

Doppelreihe von Pflastersteinen, die den ehemaligen Mauerverlauf am Brandenburger Tor markiert, 2004

Die breite Trasse zwischen d​en beiden früheren Mauerlinien w​ird im heutigen Sprachgebrauch „Grenzstreifen“ o​der „Mauerstreifen“ genannt. Er i​st noch a​n vielen Stellen g​ut erkennbar, teilweise d​urch große Brachflächen w​ie an Teilen d​er Bernauer Straße u​nd zwischen d​en Ortsteilen Mitte u​nd Kreuzberg entlang d​er Kommandantenstraße, Alten Jakobstraße, Stallschreiberstraße, Alexandrinenstraße u​nd Sebastianstraße. Andernorts i​n der zusammenwachsenden Stadt i​st der Grenzverlauf hingegen n​ur noch schwer auszumachen. Die g​anze Brutalität d​er Teilung lässt s​ich nirgendwo m​ehr nachvollziehen, a​uch nicht a​n Stellen, w​o Reste d​er Mauer konserviert sind.

In d​er ansonsten d​icht bebauten Berliner Innenstadt w​urde der Mauerstreifen d​urch Verkauf u​nd Bebauung m​eist schnell z​ur Nachnutzung für städtische Zwecke verwendet. Daneben g​ibt es a​ber auch vielfältige andere Formen: Im Ortsteil Prenzlauer Berg wandelte s​ich ein Abschnitt z​um Mauerpark. Das innerstädtische Stück a​m östlichen Teltowkanal w​urde mit d​er Trasse d​er Bundesautobahn 113 v​om Berliner Stadtring n​ach Schönefeld überbaut.

Der Streit u​m die Rückgabe d​er Mauergrundstücke i​st indes n​och nicht abgeschlossen. Die Eigentümer v​on Grundstücken a​uf dem späteren Mauerstreifen w​aren nach d​em Mauerbau zwangsenteignet u​nd die Bewohner umgesiedelt worden. Die Frage d​er Rückgabe u​nd Entschädigung d​er Betroffenen f​and keinen Eingang i​n den a​m 31. August 1990 unterzeichneten Einigungsvertrag. Erst d​as Gesetz über d​en Verkauf v​on Mauer- u​nd Grenzgrundstücken a​n die früheren Eigentümer (Mauergrundstücksgesetz) v​om 15. Juli 1996 regelte, d​ass ein enteigneter Eigentümer s​ein Objekt n​ur dann zurückerhält, w​enn er dafür 25 Prozent d​es aktuellen Verkehrswertes bezahlt u​nd der Bund s​ie nicht für dringende eigene öffentliche Zwecke verwenden o​der im öffentlichen Interesse a​n Dritte veräußern will. In diesem Fall entschädigt d​er Bund d​ie ehemaligen Eigentümer m​it 75 Prozent d​es Grundstückswertes.[108]

Berliner Mauerweg

Ausschilderung des Berliner Mauerweges

Entlang d​es Mauerstreifens u​m das gesamte frühere West-Berlin verläuft d​er Berliner Mauerweg, dessen Einrichtung d​as Berliner Abgeordnetenhaus a​m 11. Oktober 2001 beschlossen hatte.[109] Dieser Rad- u​nd Fußweg entlang d​er 160 Kilometer langen Trasse d​er ehemaligen Grenzanlagen i​st größtenteils g​ut ausgebaut u​nd seit 2005 nahezu vollständig. Bis a​uf kleinere Abschnitte i​st die Strecke durchgehend asphaltiert. Der Mauerweg führt überwiegend a​uf dem ehemaligen Zollweg (West-Berlin) o​der auf d​em sogenannten Kolonnenweg, d​en die DDR-Grenztruppen für i​hre Kontrollfahrten angelegt hatten. Wo e​s durch neuere Bebauung o​der Eigentumsrechte nötig war, verläuft e​r auf n​eu angelegten Wegen i​m Grenzbereich o​der über parallel z​ur Grenze verlaufende öffentliche Verkehrsflächen. An d​er Dresdener Bahn i​n der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow i​st der Mauerweg derzeit unterbrochen. Beim Ausbau d​er Bahnstrecke s​oll eine Unterführung realisiert werden.[110] Der Berliner Mauerweg kennzeichnet d​en Verlauf d​er ehemaligen DDR-Grenzanlagen z​u West-Berlin. Er führt über r​und 160 Kilometer u​m die einstige Halbstadt herum. Historisch interessante Abschnitte, i​n denen s​ich noch Mauerreste o​der Mauerspuren auffinden lassen, wechseln m​it landschaftlich reizvollen Strecken.

Der Berliner Mauerweg i​st ausgeschildert u​nd in regelmäßigen Abständen m​it Übersichtsplänen z​ur Orientierung ausgestattet. An Infostelen m​it Fotografien u​nd Texten werden mehrsprachige Informationen über d​ie Teilung Deutschlands u​nd die Berliner Mauer gegeben u​nd Ereignisse a​m jeweiligen Standort geschildert o​der auf Mauerreste v​or Ort hingewiesen.[111] An 29 Standorten entlang d​es Weges w​ird an d​ie Toten d​er Berliner Mauer erinnert. Organisatorisch i​st der Berliner Mauerweg i​n 14 Einzelstrecken m​it sieben b​is 21 Kilometern Länge gegliedert.[112] Hauptsächlich i​m Stadtzentrum i​st der Mauerverlauf z​udem mit e​iner doppelten Reihe Kopfsteinen gepflastert.

Reste der Maueranlagen nach dem Abriss

f1 Karte mit allen Koordinaten des Abschnitts Reste der Maueranlagen nach dem Abriss: OSM
Mauerdenkmal an der Niederkirchnerstraße, 2009
Hinterlandmauer „East Side Gallery“, 2010

Bis Anfang 2018 w​aren nur d​rei am Originalstandort erhalten gebliebene Teilstücke d​er Grenzmauer bekannt. Diese finden s​ich alle i​m Ortsteil Mitte:

  • Der längste erhaltene Abschnitt der Grenzmauer steht an der Bernauer Straße, ist aber durch größere Lücken unterbrochen. Der östliche Teil dieses Mauerabschnitts wurde in die dort errichtete Gedenkstätte integriert und dafür ins ursprüngliche Erscheinungsbild versetzt. Graffiti und Spuren von Mauerspechten wurden beseitigt.
  • Ein mit einer Länge von ca. 200 Metern fast ebenso langer, nur von einer kleinen Lücke unterbrochener Restabschnitt der Grenzmauer steht an der Niederkirchnerstraße am Ausstellungsgelände der Topographie des Terrors, gegenüber dem Bundesfinanzministerium. Er wurde 1990 unter Denkmalschutz gestellt.
  • Ein dritter erhaltener, ebenfalls denkmalgeschützter Abschnitt der Grenzmauer ist nur ca. 15 Meter lang und findet sich an der Liesenstraße.

Im Januar 2018 meldete d​er Heimatforscher Christian Bormann d​em Landesdenkmalamt s​owie dem zuständigen Bezirksamt e​in viertes, 80 Meter langes Teilstück d​er Berliner Mauer, d​as er eigenen Angaben zufolge bereits i​m Sommer 1999 entdeckt hatte. Das s​pitz zulaufende Mauerfragment s​teht in e​inem Waldstück nördlich d​es S-Bahnhofs Schönholz. Der zunächst paradox erscheinende Umstand, d​ass das Mauerstück i​n Reinickendorf u​nd damit i​n einem West-Berliner Bezirk liegt, ergibt s​ich daraus, d​ass es s​ich dabei u​m ein ehemaliges Pankower Gebiet handelt, d​as im Zuge e​iner Grenzbegradigung i​m Jahr 1988 d​em Bezirk Reinickendorf zugeschlagen wurde.[113] Das Teilstück stamme a​us einer frühen Phase d​es Mauerbaus. So s​ei dieser Teil d​er Mauer l​aut der Sprecherin Gesine Beutin v​on der Stiftung Berliner Mauer „auf e​ine existierende, deutlich ältere Bestandsmauer aufgesetzt worden“.[114] Vermutlich wurden b​eim Bau dieses Mauerstücks z​wei Außenmauern v​on Häusern integriert, d​ie Ende d​es Zweiten Weltkriegs b​eim Angriff a​uf den Verladebahnhof Pankow-Schönholz zerstört wurden.[115] Im Februar 2018 w​urde bekannt, d​ass das entdeckte Mauerstück u​nter Denkmalschutz gestellt werden solle.[113] Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer schrieb d​em Bauwerk e​ine besondere historische Bedeutung zu, d​a es „dokumentiert, w​ie in d​er ersten Zeit d​es Mauerbaus vorhandene Strukturen für d​ie schnelle Absperrung d​er Grenze genutzt wurden“, u​nd diese Bauphase a​n keinem anderen Standort i​n Berlin dokumentiert sei.[113]

Deutlich m​ehr und häufig längere Teilstücke s​ind von d​er Hinterlandmauer erhalten geblieben, d​ie den Grenzstreifen a​uf Ost-Berliner Seite abschloss. Sie liegen zumeist abseits v​on Straßen u​nd Plätzen u​nd standen d​aher Bauvorhaben d​er Nachwendezeit n​icht im Weg. Diese Mauerreste s​ind nur z​um Teil denkmalgeschützt.

Erhaltene Abschnitte, a​n denen d​ie sonst niedrigere Hinterlandmauer d​ie gleiche Höhe w​ie die Grenzmauer („vorderes Sperrelement“) aufwies, werden häufig irrtümlich für Reste d​es vorderen Sperrelements gehalten. Dies g​ilt neben Fragmenten d​er Hinterlandmauer a​m Leipziger Platz u​nd der Stresemannstraße a​uch für d​en umfangreichsten erhaltenen Mauerabschnitt, d​er sich m​it 1,3 Kilometern Länge parallel z​u Mühlenstraße u​nd Spree v​om Ostbahnhof b​is zur Oberbaumbrücke hinzieht. Dieser Abschnitt i​st – für d​ie Hinterlandmauer untypisch – m​it aufgesetzten Betonröhren versehen, d​enn eine „feindwärtige“ Grenzmauer g​ab es a​n dieser Stelle nicht, d​a die Grenze a​uf der gegenüberliegenden Spreeseite verlief. 1990 w​urde er v​on internationalen Künstlern z​ur East Side Gallery gestaltet u​nd 1991 u​nter Denkmalschutz gestellt.

Weitere Reste d​er Hinterlandmauer finden s​ich beispielsweise a​m Mauerpark, entlang d​er Bernauer Straße, a​uf dem Gelände d​es ehemaligen Stettiner Bahnhofs u​nd auf d​em Invalidenfriedhof. Auf e​inem unbebauten Gelände i​n der Nähe d​es ehemaligen Grenzübergangs Chausseestraße i​st ein Abschnitt d​er Hinterlandmauer m​it originalem Zufahrtstor z​um Grenzstreifen erhalten geblieben. Mauer u​nd Tor s​ind allerdings i​n schlechtem Zustand; s​ie stehen n​icht unter Denkmalschutz.

Von d​en ehemals 302 Grenzwachtürmen stehen h​eute noch fünf:

Ehemalige Führungsstelle Bergfelde, seither Naturschutzturm
Reste der ehemaligen Gewässersperre am Kindelfließ am Nordrand von Berlin

Der Berliner Mauerweg führt a​uch an ehemaligen Gewässersperren vorbei. So k​ann man a​n der Grenze zwischen Glienicke/Nordbahn u​nd Schildow e​twas südlich d​er Alten Hermsdorfer Straße n​och die Reste d​er Sperre a​m Kindelfließ erkennen. Ebenso finden s​ich noch Reste d​er Gewässersperre a​m Tegeler Fließ zwischen Schildow u​nd Berlin-Lübars.

In d​en 1990er Jahren entwickelte s​ich in d​er Berliner Politik e​ine Diskussion darüber, w​ie der einstige Mauerverlauf i​m Stadtbild sichtbar gemacht werden könnte. Vorgeschlagen wurden u​nter anderem e​ine Doppelreihe i​n den Straßenbelag eingelassener quadratischer Pflastersteine, e​in in d​en Bodenbelag eingelassenes Bronzeband u​nd eine Markierung d​er Grenzmauer u​nd der Hinterlandmauer d​urch verschiedenfarbige Streifen.

Alle d​rei Varianten wurden a​m Abgeordnetenhaus z​u Anschauungszwecken jeweils a​uf einem kurzen Stück ausgeführt. Als Ergebnis dieser Diskussion wurden v​or allem i​m Innenstadtbereich a​n mehreren Stellen ungefähr a​cht Kilometer d​es Grenzmauerverlaufs d​urch eine Doppelreihe Pflastersteine markiert. In unregelmäßigen Abständen eingelassene Bronzestreifen tragen d​ie – v​on der ehemaligen West-Berliner Seite lesbare – einfache Beschriftung „Berliner Mauer 1961–1989“. An herausgehobenen Stellen w​ie dem Leipziger Platz w​ird auf dieselbe Weise a​uch der Verlauf d​er Hinterlandmauer gekennzeichnet.

Die Mauer in der Kunst

  • Berliner Mauer als Spruchband: 1984 erstellte der Berliner Germanist Claus Hebell eine Zusammenschau aller Mauersprüche mittels einer Fahrradrundfahrt unter dem Titel „Conditio humana“ in der Kultur-Zeitschrift Kultuhr.[118]
  • Der Berliner Künstler Stephan Elsner brachte im Jahr 1982 ein Stück der Berliner Mauer zu Fall und vollendete in dem rund acht Quadratmeter großen Durchbruch durch Bemalung mit Cochenille-Lack sein zuvor vorbereitetes Kunstwerk.[119] Elsners unter dem Titel Grenzverletzung am Todesstreifen durchgeführten Kunstaktionen wurden zahlreich dokumentiert.[120]
  • Anlässlich des Mauerfalls organisierte die TV-Asahi-Group in Japan die Spendenaktion Sakura-Campaign mit dem Ziel, den Grenzstreifen mit einer Kirschbaum-Allee zu verschönern. Bei dieser Aktion kamen rund zwei Millionen Mark (kaufkraftbereinigt in heutiger Währung: rund 2 Millionen Euro) zusammen, mit denen in Berlin und Brandenburg rund 10.000 Zierkirschbäume angepflanzt wurden. Tausend davon stehen im ehemaligen Grenzstreifen bei Teltow-Sigridshorst, wo seit 2002 jährlich ein Kirschblütenfest stattfindet.[121][122][123]
  • 1989 schuf der Künstler Wolf Vostell ein Gemälde mit dem Titel 9. November 1989 und 1990 einen Zyklus von Bildern mit dem Titel The Fall of the Berlin Wall.[124]
  • Am 21. Juli 1990 führte Roger Waters am Potsdamer Platz, direkt an der gerade gefallenen Mauer, das 1979 erschienene Album The Wall der Rock-Band Pink Floyd unter Mitwirkung zahlreicher Stars erneut auf. Das Album beschreibt eine psychologische Mauer und hatte ursprünglich nichts mit der Berliner Mauer zu tun. Dennoch wurden in den Medien angesichts des historischen Kontextes Zusammenhänge hergestellt, was – auch unter Marketinggesichtspunkten – von den Veranstaltern begrüßt wurde.
  • 1999 veröffentlichte der Schriftsteller Christian von Ditfurth den alternativgeschichtlichen Roman Die Mauer steht am Rhein.

Sonstiges

Mauersegment am Landtag in Kiel
  • Die Straße Am Sandkrug in der brandenburgischen Gemeinde Glienicke/Nordbahn ragte im Ortsteil Frohnau im Norden Berlins als schmaler Streifen von Osten nach West-Berlin hinein. Dies führte zu einer speziellen Form im Mauerverlauf, dem sogenannten „Entenschnabel“.
  • Am 1. Juli 1988 kamen durch einen Gebietstausch Teile des Lenné-Dreiecks am Potsdamer Platz zu West-Berlin. Einige West-Berliner, die sich dort auf bis dahin nahezu exterritorialem Gebiet aufhielten, flüchteten vor der West-Berliner Polizei über die Mauer nach Ost-Berlin. Vorausgegangen war eine Besetzungsaktion auf dem von den Teilnehmern als „Norbert-Kubat-Dreieck“ bezeichneten Gelände. Im Gegenzug fielen West-Berliner Exklaven, z. B. die Wüste Mark an die DDR.
  • Wie überraschend der Mauerbau für die Deutsche Reichsbahn kam, die in West-Berlin zuständig war, zeigt folgendes Beispiel: Nachts wurden die S-Bahn-Züge der DR auf Umlandbahnhöfen, unter anderem im S-Bahnhof Teltow, abgestellt. Beim Mauerbau wurden die Gleise gekappt, sodass die Züge bewegungsunfähig waren, da es keine sonstigen Schienenverbindungen gab. Die herausgetrennten Gleisstücke mussten im Laufe des Tages für kurze Zeit wieder eingesetzt werden, damit die Züge über West-Berlin in ihr Ost-Berliner Betriebswerk überführt werden konnten.
  • Die Satirepartei Die PARTEI zählt den Wiederaufbau der Mauer zu einem ihrer Wahlversprechen. Dabei kann sie sich darauf berufen, dass in verschiedenen Umfragen etwa ein Fünftel der Bevölkerung den Fall der Mauer bedauert.[125]
  • Anlässlich des Mauerfall-Jubiläums zum 20. Jahrestag fand 2009 eine „Mauerreise“ statt. Zwanzig symbolische Mauersteine wurden von Berlin nach Israel, Palästina, Korea, Zypern, Jemen und an andere Orte verschickt, wo Teilung und Grenzerfahrung den Alltag prägen. Dort dienen die Steine Künstlern, Intellektuellen und Jugendlichen als Leinwand für die Auseinandersetzung mit dem Thema „Mauer“.[126]
  • Zum gleichen Anlass (20. Jahrestag des Mauerfalls) rissen hunderte Palästinenser ein acht Meter hohes Mauersegment aus der israelischen Sperranlage, die das Westjordanland und Ost-Jerusalem teilt.[127]
  • Ebenfalls anlässlich dieses Jahrestages übergab die Boulevard-Zeitung Bild jedem Bundesland ein Originalsegment der Mauer. Begonnen wurde diese Aktion am 17. September 2009 im Saarland. Die Mauersegmente befinden sich mit einer entsprechenden Plakette versehen regelmäßig in der Nähe des jeweiligen Landtags.[128]
  • Am Tag, an dem die Berliner Mauer fiel, erschien Eugen Drewermanns Buch Kleriker: Psychogramm eines Ideals, das die dogmatischen Mauern der katholischen Kirche erschütterte, den Klerikerstand auf die Couch legte, und zu einer breiten öffentlichen Debatte führte. Ein vierseitiger Spiegel-Artikel zum Buch beschrieb eine Woche zuvor Kardinal Joseph Ratzingers Sorge darüber.[129]

Ausstellungen

Ausstellung „25 Jahre Wiedervereinigung. Berliner Mauer“ in den Potsdamer Platz Arkaden in Berlin
Dauerausstellung „Die Mauer“ im asisi Panorama Berlin
„Monoliths“ von Malte Kebbel, Potsdamer Platz, Berlin, 2017
„Monoliths“ von Malte Kebbel, Glienicker Brücke, Potsdam, 2017

Filme

Literatur

Geschichte d​er Mauer 1961–1989 allgemein

  • Thomas Flemming, Hagen Koch: Die Berliner Mauer. Geschichte eines politischen Bauwerks. be.bra, Berlin 2001, ISBN 3-930863-88-X.
  • Hans-Hermann Hertle et al. (Hrsg.): Mauerbau und Mauerfall. Links, Berlin 2002, ISBN 3-86153-264-6.
  • Frederick Taylor: Die Mauer. 13. August 1961 bis 9. November 1989. Siedler, Berlin 2009, ISBN 978-3-88680-882-3.
  • Edgar Wolfrum: Die Mauer. Geschichte einer Teilung. C.H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-58517-3.
  • Johannes Cramer, Tobias Rütenik: Die Baugeschichte der Berliner Mauer. Michael Imhof, Petersberg 2011, ISBN 978-3-86568-498-1.
  • Manfred Wilke: Der Weg zur Mauer. Stationen der Teilungsgeschichte, Ch. Links, Berlin 2011, ISBN 978-3-86153-623-9.
  • Peter Joachim Lapp: Grenzregime der DDR. Helios, Aachen 2013, ISBN 978-3-86933-087-7.
  • Philipp J. Bösel, Burkhard Maus: Die Berliner Mauer 1984 von Westen aus gesehen. Verlag Kettler / White-Press 2014, ISBN 978-3-86206-384-0.

Leben m​it der Mauer

  • Thomas Scholze, Falk Blask: Halt! Grenzgebiet! Leben im Schatten der Mauer. 2., durchges. und erw. Auflage, Basis-Druck, Berlin 1997, ISBN 3-86163-030-3.
  • Arwed Messmer (Hrsg.): Aus anderer Sicht: Die frühe Berliner Mauer. Hatje Cantz, Ostfildern 2011, ISBN 978-3-7757-3207-9.

Tag d​es Mauerbaus 13. August 1961

  • Jürgen Rühle, Gunter Holzweißig: 13. August 1961. Die Mauer von Berlin. 3. Auflage, Edition Deutschland-Archiv, Köln 1988, ISBN 3-8046-0315-7.
  • Bernd Eisenfeld, Roger Engelmann: 13.8.1961: Mauerbau – Fluchtbewegung und Machtsicherung. Vorwort von Marianne Birthler, Edition Temmen, Bremen 2001, ISBN 3-86108-790-1.
  • Frederick Kempe: Berlin 1961. Kennedy, Chruschtschow und der gefährlichste Ort der Welt. Siedler, München 2011 (Übersetzung: Norbert Juraschitz und Michael Bayer), ISBN 978-3-88680-994-3.
  • Robert Rauh: „Die Mauer war doch richtig!“ Warum so viele DDR-Bürger den Mauerbau widerstandslos hinnahmen. Be.bra Verlag, Berlin 2021, ISBN 978-3-89809-193-0.

Tag d​es Mauerfalls 9. November 1989

  • Hans-Hermann Hertle: Chronik des Mauerfalls. Die dramatischen Ereignisse um den 9. November 1989. 10. Auflage, Links, Berlin 2006, ISBN 3-86153-113-5.
  • Gerhard Haase-Hindenberg: Der Mann, der die Mauer öffnete. Warum Oberstleutnant Harald Jäger den Befehl verweigerte und damit Weltgeschichte schrieb. Heyne, München 2007, ISBN 978-3-453-12713-5.
  • Renatus Deckert (Hrsg.): Die Nacht, in der die Mauer fiel – Schriftsteller erzählen vom 9. November 1989. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-518-46073-3.
  • Kai Diekmann, Ralf Georg Reuth (Hrsg.): Die längste Nacht, der größte Tag – Deutschland am 9. November 1989. Piper, München 2009, ISBN 978-3-492-05336-5 (Bildband mit Stellungnahmen von Zeitzeugen aus Politik und öffentlichem Leben).
  • Hans-Hermann Hertle, Kathrin Elsner (Hrsg.): Der Tag, an dem die Mauer fiel. Die wichtigsten Zeitzeugen berichten vom 9. November 1989. Nicolai Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-89479-537-5.
  • Elke Bitterhof (Hrsg.): Goodbye, DDR. Erinnerungen an den Mauerfall. Aufbau Verlag, Berlin 2014, ISBN 978-3-351-03582-2.
  • Mary Elise Sarotte: The Collapse: The Accidental Opening of the Berlin Wall. Basic, New York 2014, ISBN 978-0-465-06494-6.

Rückschau u​nd Bewertung

  • Torsten Diedrich, Ilko-Sascha Kowalczuk (Hrsg.): Staatsgründung auf Raten? Auswirkungen des Volksaufstandes 1953 und des Mauerbaus 1961 auf Staat, Militär und Gesellschaft (= Militärgeschichte der DDR. Band 11). Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes und der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Links, Berlin 2005, ISBN 3-86153-380-4.
  • Klaus-Dietmar Henke (Hrsg.): Die Mauer: Errichtung, Überwindung, Erinnerung. Dtv, München 2011, ISBN 978-3-423-24877-8.
  • Eberhard Heuel: 20 Jahre Mauerfall. Mit einem Vorwort von Hans-Dietrich Genscher. Verlagsgruppe Weltbild, Augsburg 2009, ISBN 978-3-86800-106-8.
  • Karl-Heinz Schoenfeld; Ingeborg Siggelkow, Ulrike Martens (Hrsg.): Der Kalte Krieg und die Berliner Mauer in Karikaturen. Universitätsverlag der TU, Berlin 2011, ISBN 978-3-7983-2358-2 (239 Seiten, zahlreiche Illustrationen).
  • Bennet Schulte: Die Berliner Mauer. Spuren einer verschwundenen Grenze / The Berlin Wall. Remains of a Lost Border. be.bra verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-8148-0185-8.

Die Mauer a​ls Denkmal

  • Gabi Dolff-Bonekämper: The Berlin Wall. An Archaeological Site in Progress. In: William Gray Johnson, Colleen M. Beck (Hrsg.): The Archaeology of 20th Century Conflict (= One World Archaeology. Band 44). Routledge, London 2002, ISBN 0-415-23387-9, S. 236–248.
  • Axel Klausmeier, Günter Schlusche (Hrsg.): Denkmalpflege für die Berliner Mauer. Die Konservierung eines unbequemen Bauwerks. Links, Berlin 2011, ISBN 978-3-86153-624-6.

Allgemein

Commons: Berliner Mauer – Sammlung von Bildern
Wiktionary: Berliner Mauer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Quellen (Multimedia)

Einträge i​n der Berliner Landesdenkmalliste

Mauerkonzerte

Einzelnachweise

  1. Berliner Illustrirte Zeitung, 3. Oktober 1990 (Sonderausgabe), S. 113.
  2. Der Begriff „Schandmauer“ im Bulletin der Bundesregierung vom 8. September 1961, chronik-der-mauer
  3. Siegfried Prokop: Die Berliner Mauer (1961–1989). Fakten, Hintergründe, Probleme. Homilius, Berlin 2009, ISBN 978-3-89706-404-1, S. 56.
  4. Ulbricht-Zitat bei Manfred Wilke: Der Weg zur Mauer, Stationen der Teilungsgeschichte. Ch. Links, Berlin 2011, ISBN 978-3-86153-623-9, S. 372 f.
  5. Leitartikel „Erst Sicherheit“ vom 5. Dezember 1961.
  6. Michael Kubina: Die SED und ihre Mauer. In: Klaus-Dietmar Henke: Die Mauer. Errichtung, Überwindung, Erinnerung. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2011, ISBN 978-3-423-24877-8, S. 83.
  7. Michael Kubina: Die SED und ihre Mauer. In: Klaus-Dietmar Henke: Die Mauer. Errichtung, Überwindung, Erinnerung. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2011, ISBN 978-3-423-24877-8, S. 87.
  8. Elena Demke: „Antifaschistischer Schutzwall“-„Ulbrichts KZ“. Kalter Krieg der Mauer-Bilder. In: Klaus-Dietmar Henke: Die Mauer. Errichtung, Überwindung, Erinnerung. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2011, ISBN 978-3-423-24877-8, S. 97, dort auch zum Gebrauch von Mauer im Jahr 1964 Anm. 2 (S. 481).
  9. Gerald Diesner: 17. Juni 1953 und 13. August 1961 — Bemerkungen zur politischen Propaganda an zwei Knotenpunkten der DDR-Geschichte. In Torsten Diedrich, Ilko-Sascha Kowalczuk (Hrsg.): Staatsgründung auf Raten? Zu den Auswirkungen des Volksaufstandes 1953 und des Mauerbaus 1961 auf Staat, Militär und Gesellschaft in der DDR. Links, Berlin 2005, ISBN 978-3-86153-380-1, S. 275–285, hier S. 283.
  10. Leo Schmidt: Die universelle Ikonisierung der Mauer. In: Klaus-Dietmar Henke: Die Mauer. Errichtung, Überwindung, Erinnerung. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2011, ISBN 978-3-423-24877-8, 456–468, hier S. 458 f.
  11. Elena Demke: „Antifaschistischer Schutzwall“-„Ulbrichts KZ“. Kalter Krieg der Mauer-Bilder. In: Klaus-Dietmar Henke: Die Mauer. Errichtung, Überwindung, Erinnerung. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2011, ISBN 978-3-423-24877-8, S. 107 f.
  12. Siegfried Prokop: Die Berliner Mauer (1961–1989). Fakten, Hintergründe, Probleme. Homilius, Berlin 2009, ISBN 978-3-89706-404-1, S. 56.
  13. Autorenkollektiv Trumandoktrin und Konferenz des Rates der Außenminister in Moskau. In: Akten zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland 1945–1949. Bundesarchiv und Institut für Zeitgeschichte. Oldenbourg Verlag, München 1989, ISBN 3-486-52641-3, S. 6 ff.
  14. Rüdiger Alte: Die Verhandlungen. In: Die Außenpolitik der Tschechoslowakei und die Entwicklung der internationalen Beziehungen 1946–1947. Oldenbourg Verlag, München 2003, ISBN 3-486-56617-2, S. 203 ff.
  15. Siehe Artikel 23 GG a.F.
  16. Hannelore Strehlow: Der gefährliche Weg in die Freiheit. (PDF; 1,4 MB) Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung, 2004, ISBN 3-932502-42-6, S. 26.
  17. 4 Tage im November 1989. Gruner & Jahr, 1990, ISBN 3-570-00876-2, S. 101.
  18. Gerhard Stapelfeldt: Kritik der ökonomischen Rationalität. Zweiter Band: Wirtschaft und Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Lit Verlag, Münster 1998, S. 50.
  19. Ullrich Rühmland: Mitteldeutschland. „Moskaus westliche Provinz“ – Fünfzehn Jahre Sowjetzonenstaat. Bonner Druck- und Verlagsgesellschaft, Bonn 1963, S. 310.
  20. Heiner Timmermann: Mauerbau und Außenpolitik. Lit Verlag, Münster 2002, ISBN 3-8258-6293-3, S. 40.
  21. Günther Heydemann: Neuer Kurs, Entstalinisierung und neue Krise 1953–1961. In: Die Innenpolitik der DDR. Oldenbourg Verlag, München 2003, ISBN 3-486-55772-6, S. 19 ff.
  22. Rainer Karlsch: Krisen als Chance? Die DDR-Wirtschaft nach Volksaufstand und Mauerbau. In: Staatsgründung auf Raten? Ch. Links, Berlin 2005, ISBN 3-86153-380-4, S. 192 ff.
  23. Die DDR im Blick der Stasi 1961. Die geheimen Berichte an die DDR-Führung. Sammelrezension bei der Bundeszentrale für politische Bildung.
  24. Frank Roggenbuch: Das Berliner Grenzgängerproblem. Walter de Gruyter, Berlin 2008, ISBN 3-11-020344-8, S. 383.
  25. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (Hrsg.): Der Bau der Mauer durch Berlin. Bonner Universitäts-Buchdruck, Bonn 1986, S. 32 ff.
  26. Zur Wahrnehmung der Grenzgänger auf DDR-Seite: Frank Roggenbuch: Das Berliner Grenzgängerproblem. Verflechtung und Systemkonkurrenz vor dem Mauerbau. Walter de Gruyter, Berlin / New York 2008, ISBN 3-11-020344-8 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Band 107).
  27. „Die treibende Kraft hieß Ulbricht“ – Als Brandt die Kommandanten anbrüllte. (Interview des Deutschlandfunks zum 50. Jahrestag des „Mauerbaus“ mit Egon Bahr) Deutschlandfunk, 13. August 2011, abgerufen am 5. Februar 2018.
  28. Ilko-Sascha Kowalczuk, Stefan Wolle: Mauerbau 1961. In: Roter Stern über Deutschland. Ch. Links, Berlin 2001, ISBN 3-86153-246-8, S. 182 ff.
  29. Günther Heydemann, ebda., S. 21 ff.
  30. Siehe Rolf Steininger: Berlinkrise und Mauerbau. München 2009, S. 11.
  31. „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“ In: bundesregierung.de. Abgerufen am 7. August 2019: „am 3. August 1961“
  32. Bernd Greiner: Vom Schwanz, der mit dem Hund wedelt. In: Süddeutsche Zeitung. 8. August 2011, abgerufen am 26. Dezember 2012.
  33. Heiner Timmermann, ebda., S. 41.
  34. Matthias Uhl: Die Moskauer Konferenz der Partei- und Staatschefs des Warschauer Paktes. In: Krieg um Berlin. Oldenbourg Verlag, München 2008, ISBN 978-3-486-58542-1, S. 134 ff.
  35. Das wurde aus Dokumenten bekannt, die anlässlich des 50. Jahrestages aus bis dahin geheimen Archiven freigegeben wurden: Bonn wusste bis drei Tage vorher nichts von Mauerbau. In: Rheinische Post, 5. August 2011
  36. Deutscher Fernsehfunk: Walter Ulbricht vor der Internationalen Presse (Fernsehmitschnitt). In: ARD Mediathek. ARD, abgerufen am 27. Mai 2021.
  37. O-Ton Berlin. Kalter Krieg im Äther. CD-Edition zur gleichnamigen Ausstellung im Zentrum für Berlin-Studien, hrsg. von Marianne Weil, Berlin 1997.
  38. Internationale Pressekonferenz des Staatsrats-Vorsitzenden der DDR, Walter Ulbricht, in Ost-Berlin, 15. Juni 1961 | Chronik der Mauer. Abgerufen am 13. Februar 2021.
  39. Brief von Walter Ulbricht an Nikita Chruschtschow, 18. (19.) Januar 1961 | Chronik der Mauer. Abgerufen am 13. Februar 2021.
  40. Brief von Walter Ulbricht an Nikita Chruschtschow, 18. (19.) Januar 1961 | Chronik der Mauer. Abgerufen am 13. Februar 2021.
  41. Edgar Wolfrum: Die Mauer: Geschichte einer Teilung. C.H. Beck, 2011, ISBN 978-3-406-62388-2 (com.ph [abgerufen am 13. Februar 2021]).
  42. Beschluß der Volkskammer der DDR zu Fragen des Friedensvertrages. In: Neues Deutschland, 12. August 1961, S. 1.
  43. Eine Schmierenkomödie am idyllischen Döllnsee. In: Berliner Morgenpost, 12. August 2011.
  44. Chronik der Mauer, 12. August 1961.
  45. Beschluß des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. August 1961.
  46. Honeckers „Gesellenstück“: Der Bau der Berliner Mauer (Memento vom 14. April 2015 im Internet Archive). Die Geschichte Mitteldeutschlands. MDR, 19. August 2012.
  47. Stefan Wolter: Vorwort. In: Wolfgang Repke: Prora, Block V, TH 4 (Schriftenreihe Denk-MAL-Prora, Band 5), Projekte-Verlag, Halle 2013, ISBN 978-3-95486-388-4, S. 5–23.
  48. Bundeszentrale für politische Bildung: Die Mauer und ihre Bilder.
  49. Gerhard Sälter: Reaktionen auf den Mauerbau in Berlin und der DDR
  50. Patrick Major: Behind the Berlin Wall. East Germany and the Frontiers of Power, Oxford 2009, S. 82–88.
  51. Robert Rauh: „Die Mauer war doch richtig!“ Warum so viele DDR-Bürger den Mauerbau widerstandslos hinnahmen, Berlin 2021.
  52. mdr.de: Egon Bahr: Kein Protest aus dem Westen | MDR.DE. Abgerufen am 28. Februar 2021.
  53. USA zur deutschen Teilung Cicero, 12. August 2015.
  54. Paß-Gesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 15. September 1954 auf verfassungen.de
  55. Gladiolen am Gewehr. In: Die Zeit, Nr. 34/1966.
  56. Ansprache des Vorsitzenden des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik, Walter Ulbricht, im Fernsehen und Rundfunk vom 19. August 1966 (PDF) Faksimile des SED-Zentralorgans Neues Deutschland
  57. Drew Keeling, „Berlin Wall and Migration,“ Migration as a travel business, 2014.
  58. Neue Osnabrücker Zeitung, 13. August 2009, S. 3.
  59. chronik-der-mauer.de
  60. Interview in der taz, 28. September 2009, S. 24–25.
  61. Schabowskis Zettel, ARD-Dokumentation, gesendet am 2. November 2009, abgerufen am 15. Oktober 2014.
  62. Matthias Schlegel: Ein mysteriöser SED-Anruf beschleunigte den Mauerfall. In: Zeit Online, 17. April 2009.
  63. Ewald König: Der verschwiegene Mauerfall. In: Die Presse, 31. Oktober 2014, abgerufen am 6. November 2014.
  64. Pressekonferenz und Zitate nach Hans-Hermann Hertle: Chronik des Mauerfalls, S. 141–147; siehe auch: Chronik der Mauer: 9. November 1989.
  65. Quelle: Florian Huber/Marc Brasse (Spiegel TV Media und Monaco Film für die ARD): Schabowskis Zettel – Die Nacht, als die Mauer fiel; Erstsendung 2. November 2009, ARD, 21h/0:29:15h (auch als Spiegel-TV-DVD).
  66. Der schönste Irrtum der Geschichte. ZDF-Dokumentation über den Fall der Berliner Mauer. Abgerufen am 10. Oktober 2012. / Film in der ZDFmediathek. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 30. November 2009; abgerufen am 10. Oktober 2012 (Video ist offline).
  67. Die Sicherheit einer geschlossenen Fahrgastzelle – Der Mauerfall von Marienborn. (Nicht mehr online verfügbar.) MDR Figaro und Kulturradio, 12. September 2009, archiviert vom Original am 1. Oktober 2019; abgerufen am 1. Oktober 2019.
  68. „Schabowski hat gesagt, wir dürfen“ – „Von mir aus fahren Sie weiter“. In: Focus Online, 9. November 2009, abgerufen am 10. November 2009.
  69. Hans-Hermann Hertle: Chronik des Mauerfalls, S. 163–166.
  70. Tagesthemen vom 9. November 1989 auf YouTube; Tagesthemen vom 9. November 1989.
  71. Gerhard Haase-Hindenberg: Der Mann, der die Mauer öffnete. Wilhelm Heyne Verlag, München 2007, ISBN 978-3-453-62025-4, S. 202–205.
  72. Hans-Hermann Hertle: Chronik des Mauerfalls, S. 166–168.
  73. Sven Felix Kellerhoff: Wann genau fiel denn nun die Mauer? (Nicht mehr online verfügbar.) In: Berliner Morgenpost. 27. Oktober 2009, archiviert vom Original am 3. Februar 2012; abgerufen am 4. März 2014. Vom selben Autor: Sven Felix Kellerhoff: Wann genau fiel die Berliner Mauer? In: Die Welt. 27. Oktober 2009, abgerufen am 9. November 2019.
  74. Hans-Hermann Hertle: Der Fall der Mauer. 2. Auflage, Westdeutscher Verlag, Opladen/Wiesbaden 1999, ISBN 3-531-32927-8, S. 193.
  75. Deutscher Bundestag, 174. Sitzung, 9. November 1989, S. 115–125 (PDF; 2,9 MB).
  76. Bundestag singt die deutsche Nationalhymne – 9-11-1989. Abgerufen am 10. Oktober 2012. der Sitzung, aufgerufen am 18. Oktober 2009.
  77. Artikel auf einestages, abgerufen am 30. August 2012.
  78. Information der Gemeinde Kleinmachnow zur faktischen Aufhebung des Sperrgebietes im November 1989.
  79. bundesregierung.de
  80. deutsche-einheit-1990.de Abbau der Grenzanlagen.
  81. Zu den Versteigerungen berichtet Hagen Koch, Mauer-Dokumentensammler, über Abriss und Verwertung der Berliner Mauer. Hagen Koch: Where is the Wall? In: Berlinische Monatsschrift (Luisenstädtischer Bildungsverein). Heft 7, 2001, ISSN 0944-5560, S. 114–122 (luise-berlin.de).
  82. Ein Mauerstück für den Papst. Bemaltes Bauwerk in den Vatikanischen Gärten aufgestellt. In: Der Tagesspiegel, 28. Februar 1995.
  83. Hinweis darauf auch in Paul Hoffmann: Glorious Gardens of the Vatican. In: The New York Times, 6. Juli 1997.
  84. Wolfgang Kintscher: Ein Stück Schutzwall im Vorgarten. (Memento vom 10. Juni 2016 im Internet Archive) In: WAZ, 6. August 2009.
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  86. Jost Dülffer: Europa im Ost-West-Konflikt 1945–1991 (= Oldenbourg Grundriss der Geschichte, Band 18), Oldenbourg, München 2004, ISBN 3-486-49105-9 (Nachfolgeband von: Andreas Hillgruber: Europa in der Weltpolitik der Nachkriegszeit 1945–1963. 4. Auflage. München 2003) S. 110.
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