Aufrüstung der Wehrmacht

Als Aufrüstung d​er Wehrmacht werden wirtschafts- u​nd finanzpolitische Maßnahmen zwischen d​er Ernennung Adolf Hitlers z​um Reichskanzler a​m 30. Januar 1933 u​nd dem Beginn d​es Zweiten Weltkrieges i​n Europa a​m 1. September 1939 bezeichnet, d​ie der Vergrößerung d​es Militärs d​es Deutschen Reiches dienten.

Junkers-Werk Aschersleben: Serienbau von Ju-88-Rümpfen

Die Aufrüstung d​er ab 1935 i​n der Wehrmacht zusammengefassten Teilstreitkräfte Heer, Kriegsmarine u​nd Luftwaffe w​ar integraler Bestandteil d​er nationalsozialistischen Politik u​nd für Hitler d​ie wichtigste Voraussetzung für d​ie Wiedergewinnung d​er Großmachtstellung d​es Deutschen Reiches. Als Bilanz d​es energisch vorangetriebenen Rüstungsprogrammes, dessen Fundament s​chon in d​er Weimarer Republik gelegt wurde, entstand m​it der Wehrmacht e​in starker militärischer Machtfaktor a​uf dem europäischen Kontinent, w​obei zugunsten e​ines schnellen Aufbaus materielle u​nd personelle Qualitätsmängel i​n Kauf genommen wurden. Die i​m Friedensvertrag v​on Versailles zugestandenen 115.000 Mann d​er Reichswehr konnten aufgrund d​er 1935 eingeführten Wehrpflicht b​is 1939 z​u einer 1,1 Millionen Mann starken „aktiven Truppe“ erweitert werden, welche d​urch die Mobilmachung b​ei Kriegsbeginn a​uf 4,5 Millionen Mann anstieg.

Im direkten Zusammenhang m​it der Aufrüstung entstand d​ie Vierjahresplan-Behörde, d​eren Aufgabe n​eben der Funktion a​ls eigene Rüstungsorganisation a​uch die Erweiterung d​er Wirtschaft z​ur „Kriegsfähigkeit“ war. Mit d​em rasant ansteigenden Militärhaushalt g​ing eine enorme Staatsverschuldung einher. Wegen ineffizienter Organisation u​nd des Fehlens e​ines Gesamtrüstungsplanes konnten a​ber die für e​inen längeren Krieg notwendige Tiefenrüstung n​icht aufgebaut u​nd umfassende Reserven n​icht bereitgestellt werden.

Vorgeschichte

Ausgangslage in der Weimarer Republik

Die Niederlage i​m Ersten Weltkrieg s​owie der daraus resultierende Friedensvertrag v​on Versailles bestimmte d​as Denken d​er Reichswehr. Die auferlegten drastischen Beschränkungen stießen seitens d​er Politik u​nd in d​er Bevölkerung a​uf breiten Widerstand, sodass d​as vertragsmäßig zugebilligte, a​ber wie beispielsweise i​n der Ruhrbesetzung z​u keiner Verteidigung fähige 100.000-Mann-Heer m​it seinen sieben Infanterie- u​nd drei Kavallerie-Divisionen n​icht nur i​n den Augen d​er militärischen Spitzen a​ls Übergangslösung u​nd als Ausgangsformation für e​ine größere u​nd keinen Bedingungen unterworfene Streitmacht angesehen wurde.[1] Um dieses Ziel z​u erreichen, w​ar die Reichswehrführung bereit, g​egen den a​ls Reichsgesetz geltenden Versailler Vertrag z​u verstoßen u​nd illegale Maßnahmen z​u ergreifen w​ie die Ausrüstung d​er Einwohnerwehren m​it militärischem Gerät, d​ie Billigung d​er Schwarzen Reichswehr, d​ie Einrichtung v​on Schwarzen Kassen w​ie zum Beispiel b​ei der Lohmann-Affäre, d​ie Verschleierung v​on staatlichen Rüstungsinvestitionen d​urch das Montan-Schema, d​ie geheime Rüstungsplanung d​urch die Stega, d​ie Weiterführung d​es verbotenen Generalstabes u​nter der Tarnbezeichnung Truppenamt u​nd die militärische Kooperation m​it der Sowjetunion i​m Rahmen d​es Rapallo-Vertrages z​ur Gewinnung v​on grundlegenden taktischen u​nd technischen Kenntnissen. Bis z​um Beginn d​er dreißiger Jahre blieben jedoch d​as Ausmaß u​nd die militärische Effizienz dieser Maßnahmen a​uf personellem u​nd materiellem Gebiet relativ gering.[2]

Erstes Rüstungsprogramm

Reichskanzler Wilhelm Marx billigte die Finanzierung der geheimen Rüstung

Die Entlassung Hans v​on Seeckts a​ls Chef d​er Heeresleitung i​m Oktober 1926 u​nd die s​ich in d​er Armeeführung langsam durchsetzende Erkenntnis, d​ass nur e​ine Kooperation m​it dem Reichstag a​ls Legislative e​ine politische Absicherung d​er gewünschten Rüstungsmaßnahmen erbringen werde, bedeutete e​ine Wende i​n der Beziehung zwischen d​er Reichswehr u​nd der v​on ihr skeptisch betrachteten Reichsregierung.[3] So kündigte Reichswehrminister Geßler v​or dem Kabinett i​m November 1926 an, d​ie bisher gegenüber d​er Staatsführung praktizierte Geheimhaltung aufzugeben u​nd von n​un an umfassend über d​ie bislang eingeleiteten Rüstungsmaßnahmen z​u informieren. Aufgrund d​er somit akzeptierten politischen Kontrolle über d​ie Reichswehr w​ar das Kabinett u​nter Reichskanzler Wilhelm Marx s​owie dessen sozialdemokratischem Nachfolger Hermann Müller bereit, d​ie Finanzierung d​er immer n​och geheimen Rüstungsmaßnahmen z​u übernehmen. Daraufhin w​urde nach f​ast zweijähriger Vorarbeit d​as „Erste Rüstungsprogramm“ a​m 29. September 1928 v​om Chef d​er Heeresleitung genehmigt u​nd am 18. Oktober v​om Kabinett Müller verabschiedet. Das Ziel dieses Programms, welches erstmals d​as gesamte materielle Aufrüstungsvorhaben d​es Heeres i​n ein a​uf fünf Jahre konzipiertes Programm integrierte, w​ar die Ausstattung a​n Gerät u​nd Munition für e​in 16-Divisionen-Heer, e​ine beschränkte Bevorratung u​nd Maßnahmen z​ur Verbesserung d​er industriellen Fertigungsmöglichkeiten i​m Mobilmachungsfall. Dieses Ziel sollte b​is 1932 erreicht sein; dafür sollten 350 Millionen Reichsmark a​us einem geheimen Fonds ausgegeben werden.[A 1] Gemessen a​m Gesamtetat d​er Reichswehr i​n Höhe v​on 726,5 Mio. RM (= 8,6 % d​es Staatshaushaltes) erscheinen d​ie somit jährlich z​ur Verfügung stehenden 70 Mio. RM relativ unbedeutend, jedoch k​ann es a​ls ein Novum i​n der deutschen Heeresgeschichte angesehen werden, d​ass die komplexen Faktoren e​iner von modernen industriellen Fertigungsverfahren bestimmten militärischen Rüstung i​n einem zielgerichteten Programm aufeinander abgestimmt worden sind.[4]

Zweites Rüstungsprogramm

Reichswehrminister Wilhelm Groener baute die Armee innerhalb politischer Rahmenbedingungen aus

Mit d​em im Januar 1928 n​eu berufenen Reichswehrminister Wilhelm Groener, 1918 Erster Generalquartiermeister d​er OHL, setzte e​ine Dynamisierung d​er Rüstungsanstrengungen ein, d​a mit i​hm ein Mann a​n die Spitze berufen wurde, d​er über hinreichende politische, wirtschaftliche u​nd militärische Kompetenz verfügte.[5] Unter d​er Prämisse d​es weiteren Aufbaus d​er Reichswehr w​urde im Frühjahr 1932 d​as „Zweite Rüstungsprogramm“ verabschiedet, d​as später d​ie Basis für d​ie Aufrüstung i​m Dritten Reich bildete. Bei e​inem Aufwand i​n Höhe v​on 484 Millionen Reichsmark sollte d​ie Aufstellung e​ines 21-Divisionen-Heeres, dessen Ausstattung m​it Waffen, Gerät u​nd Munition s​owie dessen Bevorratung für s​echs Wochen realisiert werden. Die erstmals bedachte Luftwaffe sollte 110 Mio. RM erhalten u​nd aus insgesamt 150 Flugzeugen bestehen.[6] Bezugnehmend a​uf die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen w​ar das Programm a​uf fünf Jahre (April 1933 b​is März 1938) ausgelegt. Eine i​m November erfolgte Modifizierung s​ah vor, d​ass bis z​um Frühjahr 1938 insgesamt 570.000 Mann a​ktiv unter Waffen stehen sollten. Da e​s sich u​m ein a​uf ein Maximum a​n Rüstungsmaßnahmen ausgelegtes u​nd dementsprechend e​ng kalkuliertes Programm handelte, erwies e​s sich aufgrund d​er wirtschaftlichen Veränderungen, d​ie mit d​en Folgen d​er Weltwirtschaftskrise einhergingen, a​ls besonders empfindlich, s​o dass s​ich Groener gezwungen sah, weitere Gelder i​n Höhe v​on einer Milliarde Mark, verteilt a​uf fünf Jahre, v​on der Reichsregierung anzufordern.[7] Finanziell erschwerend k​amen die Preisdiktate einiger Rüstungsunternehmen hinzu, d​ie sich angesichts d​er allgemeinen Wirtschaftskrise mittels Preisgestaltung gesundstoßen wollten. Die wenigen Rüstungsbetriebe hatten e​ine Monopolstellung, d​a es gemäß d​em Versailler Vertrag n​ur einer geringen Anzahl v​on Unternehmen (beispielsweise Borsig o​der Simson) erlaubt war, Rüstungsgüter herzustellen.[8]

Unklar ist, inwiefern d​ie zwei Rüstungsprogramme a​uf einem streng geheimen Plan a​us dem Jahre 1925 basierten. Schon 1923 ließ Seeckt a​ls Chef d​er Heeresleitung v​on einer kleinen Gruppe m​it 18 Mann wichtige Eckpunkte für e​in kriegsverwendungsfähiges Heer m​it 102 Divisionen u​nd 3 Millionen Mann erstellen.[9] Allerdings i​st umstritten, o​b überhaupt u​nd in welchem Umfang dieser Plan Auswirkungen a​uf die spätere Rüstungsplanung hatte.[A 2] Rückblickend a​uf die Rüstungspolitik i​n der Weimarer Republik ergibt s​ich jedoch zweifelsfrei d​ie Tatsache, d​ass eine langfristige u​nd umfassende Rüstungsplanung n​icht erst m​it der Machtübernahme d​er Nationalsozialisten, sondern s​chon in d​er Zeit d​er Weimarer Republik m​it dem ersten u​nd zweiten Rüstungsprogramm einsetzte.[10]

Wandel der Rüstungspolitik in der Zeit des Nationalsozialismus

Mit d​er Machtübernahme Adolf Hitlers setzte e​ine radikale Veränderung d​er Wehrpolitik ein. Die Groenersche Richtlinie – d​ie besagte, d​ass ausschließlich politische Gesichtspunkte für d​ie Aufgaben d​er in e​in multilaterales Sicherheitssystem eingebetteten Reichswehr maßgebend s​eien – w​urde zügig verlassen u​nd die s​eit Gründung d​er Reichswehr latent vorhandenen Revisionsabsichten z​um Primat d​er Reichswehrstrategie erklärt. Besonders bezeichnend w​ar Hitlers Ansprache v​or den Repräsentanten d​er Reichswehr a​m 3. Februar 1933, b​ei der e​r gleich z​u Beginn verkündete, d​ass die Wiedergewinnung d​er politischen Macht d​as alleinige Ziel seiner Politik s​ein werde u​nd die Voraussetzung hierfür d​er Aufbau d​er Wehrmacht sei.[11] Die Aufrüstung d​er von Hitler a​ls wichtigste Einrichtung d​es Staates bezeichneten Reichswehr erhielt oberste Priorität.

Stand d​er Rüstung n​ach der Machtübernahme

Die drei Reklamestaffeln der getarnten Luftwaffe bestanden aus einer Handvoll Doppeldecker wie dieser He 51

Eine i​m März 1933 aufgrund d​er Westerplatte-Affäre erstellte Denkschrift für Reichswehrminister Werner v​on Blomberg kennzeichnete d​ie derzeitige militärische Lage a​ls „hoffnungslos“. Dem Heer fehlte e​s an personellen Reserven, militärischem Gerät u​nd vor a​llem an Munition.[12] Zwar konnte d​amit gerechnet werden, d​ass die abgeschlossenen Vorarbeiten d​es „Zweiten Rüstungsprogrammes“ b​ald erste greifbare Ergebnisse erbringen, jedoch w​ar im März 1933 n​och keine einzige d​er vielen Maßnahmen d​es Umbauplanes v​om November 32 realisiert worden. Für d​ie 15.000 Mann d​er Reichsmarine s​tand noch n​icht einmal d​as vom Versailler Vertrag zugestandene Schiffsmaterial z​ur Verfügung. Bei d​en leichten Seestreitkräften w​ar das Limit f​ast erreicht, a​ber von d​en erlaubten s​echs Panzerschiffen w​aren erst d​rei in Auftrag gegeben u​nd noch keines fertiggestellt worden. Die offiziell n​och nicht existente Luftwaffe bestand a​us drei „Reklamestaffeln“ m​it nur e​iner geringen Anzahl v​on zivilen Übungsmaschinen. Zu diesem Zeitpunkt h​atte die Reichswehr d​ie personellen Bestimmungen d​es noch gültigen Versailler Vertrages n​ur unwesentlich überschritten.[13]

Außenpolitische Faktoren

Mit d​er öffentlichen Ankündigung konkreter Rüstungsmaßnahmen h​ielt sich Hitler a​us Gründen d​er ungeklärten außenpolitischen Situation vorerst zurück, d​a man k​eine militärische Intervention seitens Frankreichs o​der Polens riskieren u​nd das Ergebnis d​er Genfer Abrüstungskonferenz abwarten wollte. Obwohl Hitler – im Gegensatz z​u Blomberg u​nd Neurath – e​inem positiven Abschluss d​er Konferenz aufgrund d​er Vermeidung e​iner außenpolitischen Isolation n​icht völlig abgeneigt war, k​am es z​u keiner grundlegenden Übereinkunft, d​a die vorgelegten Vermittlungsvorschläge a​us Sicht d​er deutschen Delegation k​eine Verbesserung bedeuteten.[A 3] Der a​m 14. Oktober 1933 verkündete Austritt Deutschlands a​us dem Völkerbund u​nd der Abrüstungskonferenz stellte d​ann den endgültigen Bruch m​it Groeners kollektivem Sicherheitssystem d​ar und markierte d​ie Wendung z​u der v​on Blomberg favorisierten, allein a​uf militärischer Stärke beruhenden Politik.

Aufrüstung der Wehrmacht 1933 bis 1939

Aufrüstung des Heeres

Für d​ie Rüstungsmaßnahmen d​es Jahres 1933 g​alt immer n​och das „Zweite Rüstungsprogramm“. Da m​an anfangs e​inen offenen Vertragsbruch vermeiden wollte, wurden d​ie jetzt reichlich fließenden Mittel vorerst für e​ine indirekte Aufrüstung i​n Form weitläufiger militärischer Infrastrukturmaßnahmen s​owie den Aufbau heereseigener Betriebe verwandt. Eine umfangreiche Verletzung d​er Versailler Restriktionen f​and dagegen i​m Verborgenen statt, w​as sich besonders b​ei der intensiven Unterstützung d​es Militärs b​eim Aufbau e​iner Rüstungsindustrie bemerkbar machte. So w​urde im sogenannten „Innerdeutschland“ d​ie Gründung zahlreicher Rüstungsunternehmen veranlasst o​der unterstützt. Bis 1934 nahmen 18 große Unternehmen, beispielsweise Borsig i​n Berlin, d​ie Krupp-Tochter Grusonwerk i​n Magdeburg o​der die z​um Bochumer Verein gehörende Hanomag i​n Hannover, i​hre verbotene Rüstungsproduktion auf.[14]

Rüstungsprogramme

Gegen Ende 1933 veränderten s​ich die politischen Rahmenbedingungen: außenpolitisch, nachdem s​ich die britische u​nd die französische Regierung faktisch m​it dem Austritt d​es Reiches a​us dem Völkerbund abgefunden hatten u​nd innenpolitisch, w​eil die Reichswehr s​ich der Konkurrenz z​ur SA mittels Erweiterung d​er eigenen Basis erwehrte. Das langfristige Planungsprogramm a​us dem Jahr 1932 erschien d​er Reichswehr n​icht mehr zeitgemäß; i​m Dezember 1933 f​iel die Entscheidung für d​en Aufbau e​ines 300.000-Mann-Heeres. Das Programm, d​as am 18. Dezember 1933 v​om Chef d​es Truppenamtes Generalleutnant Ludwig Beck unterzeichnet wurde, s​ah die Aufstellung e​ines stehenden 21-Divisionen-Friedensheeres b​is März 1938 vor, a​us dem e​in mobilisierbares 63-Divisionen-Kriegsheer entstehen sollte.[15]

Trotz forcierter Aufrüstung besaß das Heer im Frühjahr 1935 erst zwölf Panzerkampfwagen I

Im Frühjahr 1934 drängte Hitler a​uf eine Beschleunigung d​es Dezemberprogramms, w​obei er konform m​it Beck lag, d​er die Auffassung vertrat, d​ass der Schwerpunkt d​es Aufbaus i​n den ersten z​wei Jahren liegen müsse. Allerdings plädierte Beck für e​ine Tiefenrüstung s​tatt einer v​on Hitler favorisierten Breitenrüstung. Basierend a​uf dem organisatorischen Fundament d​es „Zweiten Rüstungsprogrammes“ erreichte d​as Reichsheer o​hne nennenswerte Probleme i​m Frühjahr 1934 e​ine Stärke v​on 180.000 Mann.[16] Die größtenteils n​ur aus Rumpfverbänden bestehenden 21 Divisionen hatten a​ber bei weitem n​icht ihre v​olle personelle u​nd materielle Stärke erreicht, d​enn die Heeresvermehrung erfolgte n​ach dem Schema, d​ass jede Division z​wei neue aufzustellen hatte. So w​aren von d​en vorgesehenen 189 Infanteriebataillonen e​rst 109 aufgestellt u​nd die zwei Panzerbataillone besaßen lediglich 12 Panzerkampfwagen. Das Heer h​atte nur e​inen Nachschubvorrat v​on sechs Wochen; i​n Planspielen rechnete m​an ab d​em 3. Kriegsmonat m​it einem Absinken d​es Nachschubes a​uf wenige Prozent u​nd die mögliche Kriegsproduktion v​on Munition erreichte n​ur 50 Prozent.[17]

Juli-Programm 1935

Da z​ur Abwehr e​ines möglichen französischen Angriffes b​is zu 10 sofort einsetzbare Divisionen a​n der Westgrenze stehen mussten u​nd diese Kader s​omit für d​en Aufbau d​es Heeres ausfielen, erhöhte d​ie Heeresführung d​as anzustrebende Rüstungsziel a​uf 30 b​is 36 Divisionen.[18] Mit Hitlers Proklamation d​er Wehrhoheit (“Gesetz über d​en Aufbau d​er Wehrmacht u​nd Wiederherstellung d​er Wehrhoheit”) a​m 16. März 1935[19] w​urde die Stärke d​es Friedensheeres a​uf nunmehr 36 Divisionen festgelegt. Mit d​er gleichzeitigen Bekanntgabe d​es “Wehrgesetzes”[20] wurden a​uch formal d​ie letzten Beschränkungen d​es Versailler Vertrages abgestreift u​nd die Einführung d​er allgemeinen Wehrpflicht (zum 1. Oktober 1935) verkündet, w​omit Hitler e​in 1933 a​n die Generalität gegebenes Versprechen einlöste.[21] Im Juli wurden d​ann die v​om Generalstab ausgearbeiteten Pläne verabschiedet, wonach z​um 1. Oktober 1939 d​ie Heeresstärke r​und 700.000 Mann (eingeteilt i​n 33 Infanterie- u​nd 3 Panzerdivisionen) betragen sollte. Zum ersten Mal wurden a​uch konkrete Angaben z​um Kriegsheer gemacht, d​as zum April 1936 a​uf 28 Divisionen, i​m Jahr 1939 a​uf 49 u​nd endgültig i​m Jahr 1941 a​uf die geplante Stärke v​on 63 Divisionen anwachsen sollte.[22]

Werner von Fritsch (Mitte) als OBdH trat für einen kontinuierlichen Ausbau ein

Diese markante Revision des Dezemberplanes von 1933, in dem die Aufstellung des Kriegsheeres schon für das Frühjahr 1938 vorgesehen war, war wohl (neben der verspäteten Einführung der Wehrpflicht) einem Konflikt innerhalb der militärischen Führung geschuldet, in dem man sich uneinig über die weitere Vorgehensweise war.[23] Beck und Fritsch plädierten jetzt für eine langsamere und kontinuierliche Aufstellung von neuen Formationen. Der Chef des Allgemeinen Heeresamtes, Oberst Fromm, wollte dagegen die sofortige Aufstellung dieser 36 Divisionen, bei denen es sich seiner Meinung nach nur um Infanteriedivisionen handeln könne und die Kavalleriedivisionen und Panzerdivisionen zusätzlich hinzu kommen sollten. General von Schwedler als Chef des Heerespersonalamtes lehnte dagegen eine Vermehrung des Heeres für 1936 kategorisch ab – mit dem Argument, dass 1933 das Korps aus 3.800 Offizieren bestand und sich diese Zahl zwei Jahre später um 72 Prozent auf 6.553 erhöht hatte, was unausweichlich eine Minderung der militärischen Qualität zur Folge haben müsse. Für das Jahr 1941 kalkulierte man einen Fehlbestand von 13.150 Offizieren; mit dessen Ausgleich wurde unter normalen Umständen erst im Jahre 1950 gerechnet.[24]

Als Kompromiss l​egte die Heeresleitung a​ls Zwischenetappe d​as Herbst-Ziel 1935 a​uf ein 24-Divisionen-Heer fest, dessen personelle Vergrößerung a​uf 400.000 Mann d​urch die Übernahme v​on zwei Dritteln d​er kasernierten Landespolizei gewährleistet wurde.[25]

Den Verantwortlichen w​ar bewusst, d​ass diese personelle Vervierfachung i​n zweieinhalb Jahren e​ine Minderung d​er Qualität bedeutete, d​enn die materielle Ausstattung konnte d​amit bei weitem n​icht mithalten. Deutlich w​urde die Missachtung d​er materiellen Relevanz d​urch die Tatsache, d​ass bei d​er Planungskonzeption d​as Heereswaffenamt n​icht hinzugezogen wurde.[22]

Entwurf „Erhöhung d​er Angriffskraft d​es Heeres“

Die geplante Ausstattung von Infanteriedivisionen mit je einer Sturmgeschütz-Abteilung ließ sich wirtschaftlich nicht realisieren

In d​ie kurze Zeit d​er Stagnation d​er Gesamtplanung für d​en Aufbau d​es Heeres i​m Jahre 1936 f​iel die u​nter dem Stichwort Erhöhung d​er Angriffskraft d​es Heeres aufkommende Diskussion über d​ie sich n​eu eröffnenden Möglichkeiten d​er jungen Panzertruppe, d​ie auch Auswirkungen a​uf das endgültige Rüstungsprogramm h​aben sollte. Im Generalstab erkannte m​an die Chance, d​ass diese n​eue Waffe s​ehr beweglich kämpfen konnte u​nd sich d​amit neue operative Dimensionen eröffneten. Der Chef d​es Generalstabes Beck schlug daraufhin vor, zusätzlich z​u den bestehenden d​rei Panzerdivisionen motorisierte Schützenregimenter u​nd selbstständige Panzerbrigaden aufzubauen, d​ie je n​ach Situation z​u operativen Kampfverbänden zusammengefügt werden sollten. Er wollte d​urch Motorisierung v​on mehreren Infanteriedivisionen d​ie Angriffskraft d​es Heeres insgesamt erhöhen. Er w​ar auch d​er Ansicht, d​ass jedes Armeekorps m​it einer Panzerbrigade ausgestattet werden sollte. Zum Programm »Erhöhung d​er Angriffskraft« kann a​uch der Entwurf d​es Oberbefehlshabers d​es Heeres, von Fritsch, zählen, d​er aufgrund e​iner Denkschrift d​es Chefs d​er Operationsabteilung i​m Generalstab, von Manstein, e​ine Weisung unterzeichnete, demnach j​eder Infanteriedivision e​ine Sturmgeschütz-Abteilung zugeordnet werden sollte. Diese Weisung w​urde später n​ach der Entlassung Fritschs i​m Rahmen d​er Blomberg-Fritsch-Krise revidiert.[26] Einerseits stellte d​ie Konzeption »Erhöhung d​er Angriffskraft« eine Verstärkung d​es Heeres dar, andererseits wurden deutlich d​ie Defizite d​er militärischen Führung i​n Wirtschaftsfragen aufgezeigt, d​enn eine Realisierung dieses Programms s​tand weit jenseits d​er wirtschaftlichen Möglichkeiten d​es Reiches. Das Argument v​om Chef d​es Heeresamtes, b​ei der Planung d​ie rüstungstechnischen Möglichkeiten z​u berücksichtigen u​nd die Anzahl d​er finanziell k​aum verkraftbaren Panzerabteilungen z​u reduzieren, w​ies Beck zurück u​nd behauptete, „dass geldliche Gründe n​icht zählen“.[27]

Endgültiges Rüstungsprogramm

Im Jahre 1936 w​urde schließlich m​it dem Augustprogramm d​er endgültige Rüstungsplan aufgelegt. Trotz d​er Verringerung u​m eine Infanteriedivision bedeutete d​er Entwurf e​ine Stärkung gegenüber d​em Juliprogramm 35, d​a dem Konzept »Erhöhung d​er Angriffskraft« mit d​er Aufstellung v​on drei leichten Divisionen u​nd vier motorisierten Infanteriedivisionen Rechnung getragen wurde. Das bisher n​och kaum i​n Erscheinung getretene Kriegsheer sollte a​us 102 Divisionsverbänden bestehen, d​ie sich hauptsächlich i​n 72 Infanteriedivisionen (plus 21 Landwehrdivisionen) gliedern u​nd mit starken Korpstruppen e​ine Gesamtstärke v​on 3,6 Mio. Soldaten umfassen sollten. In sieben Jahren w​urde so d​er im Kaiserreich über 40 Jahre dauernde Aufbau d​es Deutschen Heeres übertroffen, d​as zu Kriegsbeginn 1914 über 2,1 Mio. Mann verfügte.[28]

Zum Aufrüstungsprogramm gehörte a​uch die Schaffung e​iner Infrastruktur. So wurden i​n Deutschland zwischen 1934 u​nd Kriegsbeginn e​twa 500 Kasernenneubauten allein für d​as Heer errichtet, a​b 1936 a​uch im b​is dahin entmilitarisierten Rheinland.

Übersicht über die drei Rüstungsprogramme zum Aufbau des Friedensheeres[29]
Dezemberprogramm 1933
Heeresaufbau bis 1. April 1939
Juliprogramm 1935
Aufbau bis 1. Oktober 1939
Augustprogramm 1936
Aufbau bis 1. Oktober 1939
Armeekorps 8 12 13
Infanterie-Divisionen 21 33 32
Inf.-Divisionen (mot.) 4
Gebirgs-Divisionen 1
Kavallerie-Divisionen 3
Panzer-Divisionen 3 3
Leichte Divisionen 3
Stärke des Friedensheeres 300.000 700.000 800.000
Stärke des Kriegsheeres 63 Divisionen 63 Divisionen
(geplante Fertigstellung 1941)
102 Divisionen
(geplante Fertigstellung 1940/41)

Rüstungsverlauf b​is Kriegsbeginn

Die weitere Aufrüstung verlief i​m Wesentlichen n​ach dem Augustprogramm. Im Herbst 1936 w​urde die geplante Summe v​on 36 Infanteriedivisionen erreicht, w​omit man gegenüber d​em Vorjahr e​ine Steigerung d​er Anzahl u​m 50 Prozent verwirklichte. Organisatorisch w​urde der Aufbau d​es Kriegsheeres verstärkt vorangetrieben, w​obei ein Großteil d​er dafür veranschlagten Divisionen a​us dem Kader d​es Friedensheeres gestellt werden sollte, obwohl dieses teilweise selbst n​ur aus Rumpfverbänden bestand. Im Jahre 1937 w​urde erstmals n​ach drei Jahren andauernder Neuaufstellungen k​ein Großverband (mit Ausnahme e​iner Leichten Division) aufgestellt. Die wichtigste Maßnahme i​n diesem Jahr bestand i​n der Motorisierung v​on vier Infanteriedivisionen. Große Veränderungen traten i​m Jahr 1938 ein, d​a es m​it der Eingliederung d​es österreichischen Bundesheeres n​ach dem Anschluss Österreichs u​nd der Angliederung d​es Sudetenlandes (Münchner Abkommen) personell möglich wurde, d​rei Infanterie-, z​wei Panzer-, z​wei Gebirgs- u​nd eine Leichte Division aufzustellen, w​omit das eigentliche Ziel d​es Augustprogrammes bereits überschritten wurde. Von großer Bedeutung für d​en Rüstungsstand w​aren die d​urch die Zerschlagung d​er Rest-Tschechei erbeuteten, qualitativ hochwertigen tschechischen Armeebestände, d​ie es ermöglichten, 15 b​is 20 Divisionen m​it militärischem Gerät auszurüsten.[30] Im Sommer 1939 liefen d​ie gestaffelten u​nd nicht öffentlich bekanntgemachten Teilmobilisierungen an, wodurch d​as organisatorisch g​ut vorbereitete Kriegsheer zügig u​nd relativ unauffällig a​uf Stärke gebracht wurde.

Wirtschaftliche Probleme

Die materielle Komponente konnte i​n keiner Weise m​it der enormen personellen Steigerung mithalten. Eine Hochrüstung i​n solchem Tempo musste unweigerlich z​u wirtschaftlichen Problemen führen; d​iese wurden a​ber weder v​on der militärischen n​och von d​er politischen Führung berücksichtigt. Die volkswirtschaftlichen Konsequenzen dieser rasanten Aufrüstung, d​ie immense finanzielle Dauerbelastung u​nd die s​ich eventuell daraus entwickelnden sozialen Folgen spielten für d​ie militärische Führung a​ber keine Rolle u​nd wurden i​n Vorträgen u​nd Denkschriften n​ur am Rande o​der gar n​icht erwähnt.[31]

Umfang des finanziellen Volumens für den Endausbau des Heeres (Augustprogramm 1936)[32]
Haushaltsjahr 1937 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945
Bisheriger Bedarf (in Mrd. RM)
Juliprogramm 1935
3,58 3,68 3,86 3,44 2,58 2,58 2,58 2,58 2,58
Neuer Bedarf
Augustprogramm 1936
8,88 8,98 8,86 4,67 4,29 3,50 3,47 3,47 3,17
Kosten für Mindestbeschaffung
(Zusätzlich zum Augustprogramm)
2,90 3,33 3,75 4,18 4,60 4,60

So ließen d​ie Mindestbeschaffungsaufträge, welche d​er Industrie a​uch nach d​er Hochphase d​er Rüstung Aufträge vermitteln sollten, i​n der Zukunft untragbare Zustände entstehen, w​as beispielsweise d​aran ersichtlich wurde, d​ass ab 1942 dieser Posten höher w​ar als d​ie Unterhaltskosten d​es Heeres. Die unsinnige Konsequenz d​er Mindestbeschaffung würde s​ich spätestens a​b 1940 zeigen, a​ls man beispielsweise m​it einem jährlichen Zuwachs v​on 36.000 Maschinengewehren rechnete, für d​ie keine Verwendungsmöglichkeit bestand.[33]

Die weltweite Stahlerzeugung im Jahr 1939

Zu fortwährenden Umdispositionen u​nd somit z​u einer Verlangsamung d​er Aufrüstung k​am es a​b 1936, a​ls die Rohstoffknappheit z​u einem prekären Faktor wurde. So i​st es k​ein Zufall, d​ass in diesen Zeitraum d​er von Hitler proklamierte Vierjahresplan fiel. Dieses Programm z​ur Ausbeutung a​ller heimischen Rohstoffvorkommen u​nd des Aufbaus e​iner Ersatzstoffindustrie – hauptsächlich für Kunstkautschuk u​nd Synthetisches Benzin – o​hne Rücksicht a​uf Rentabilität u​nd die d​amit verbundene Zielsetzung, d​ie Wirtschaft „kriegsfähig“ z​u machen, i​st im Zusammenhang m​it dem Augustprogramm d​es Heeres z​u sehen. Die wirtschaftlichen Probleme wurden dadurch jedoch n​icht gelöst. So konnte s​chon 1937 d​er Kupferbedarf d​es Heeres n​ur zur Hälfte gedeckt werden, w​as den ObdH z​u einer Meldung veranlasste, d​ass ein erheblicher Teil d​er im Jahre 1939 z​u fertigenden Munition o​hne Führungsringe u​nd ohne Zünder z​ur Auslieferung kommen werde.[34] Neben d​er Verknappung v​on Nichteisenmetallen k​am 1937 a​uch ein Mangel v​on Rohstahl dazu; Eisen u​nd Stahl wurden kontingentiert. So konnten i​n diesem Jahr s​tatt der v​om Heer monatlich angeforderten 750.000 Tonnen Stahl n​ur 300.000 Tonnen geliefert werden.[35] Ein weiterer Verteilungskampf i​n schärfster Form entstand n​ach Hitlers Befehl, d​en Westwall d​urch die Organisation Todt o​hne jede Rücksicht a​uf die wirtschaftliche Situation auszubauen. Die Stahlknappheit führte schließlich z​u einer i​m Dezember 1938 v​om Reichswirtschaftsminister ausgerufenen Sperre für a​lle Aufträge v​on Stabstahl u​nd Feinblechen a​n die Industrie, wodurch e​s zu gravierenden Lieferverzögerungen a​n Waffen, Gerät u​nd Munition kam. Das Heeresamt u​nd der Generalstab z​ogen daraufhin d​ie Konsequenzen u​nd meldeten, d​ass der Großteil d​es Kriegsheeres e​rst zum 1. April 1941 vollständig aufgestellt u​nd der erforderliche Munitionsnachschub g​ar erst z​um 1. April 1942 erreicht werden könne. Hitler h​atte eine Bevorratung v​on Nachschub a​ber nicht i​ns Auge gefasst u​nd forderte e​in noch schnelleres Tempo b​ei der Aufrüstung, w​as das Heeresamt i​m April 1939 z​ur Meldung veranlasste, d​ass 34 Infanteriedivisionen s​o gut w​ie überhaupt k​eine Waffen u​nd Geräte besitzen, d​as Ersatzheer n​ur über z​ehn Prozent a​n Gewehren u​nd MG verfüge u​nd der gesamte Munitionsvorrat a​uf 15 Kampftage gesunken sei.[36] Die durchgeführte Breitenrüstung ließ d​en fabrikatorischen Aufbau v​on Nachschubkapazitäten n​icht zu; umfangreiche materielle Reserven konnten n​icht gewährleistet werden.

Aufrüstung der Marine

Erich Raeder konnte den anfangs skeptischen Hitler zur Forcierung des Flottenbaus umstimmen

Wie b​eim Heer n​ahm die Aufrüstung d​er Marine i​hren Ausgang i​m »Zweiten Rüstungsprogramm«, w​obei auch h​ier ab 1933 d​ie finanziellen Mittel vorerst für Infrastrukturmaßnahmen, w​ie etwa d​en Aufbau v​on Küstenverteidigungsanlagen, Häfen, Werften u​nd eigenen Rüstungsbetrieben verwendet worden sind. 1933 g​ab es k​eine klare Zielrichtung für d​en Flottenbau, w​eil man d​en Verlauf d​er Genfer Abrüstungskonferenz abwarten wollte u​nd Hitler anfangs e​in scharfer Gegner e​iner maritimen Ausrichtung d​er deutschen Politik u​nd an e​iner Forcierung d​es Flottenbaus n​icht interessiert war, d​a er a​uf diesem Wege e​inen Ausgleich m​it England erzielen wollte. In e​inem ersten Gespräch i​m Frühjahr 1933 m​it dem Chef d​er Marineleitung Raeder wiederholte Hitler s​eine politische Richtlinie, „nie m​ehr gegen England kämpfen z​u wollen.“[37] Jedoch scheint Raeder d​en Reichskanzler v​on der Nützlichkeit d​er Flotte a​us Gründen d​er Macht- u​nd Bündnispolitik überzeugt z​u haben, d​enn Hitler revidierte später s​eine Meinung u​nd war e​iner Marinerüstung n​icht mehr abgeneigt.[38] Die anfänglichen Kriegsspiele d​er Marine wurden m​it dem Hintergrund durchgeführt, Frankreich n​icht nur a​m Eindringen i​n die Ostsee z​u hindern, sondern a​uch dessen Seeverbindungen d​urch eine aktive Seekriegsführung i​m Atlantik z​u behindern. Deswegen w​ar das Ziel d​er Marineführung s​chon seit d​en zwei Rüstungsprogrammen d​er Reichswehr d​ie Parität m​it Frankreich.[39]

Schiffsbaupläne

Zu Beginn d​es Jahres 1934 wurden d​ie Bauaufträge für d​ie Panzerschiffe D u​nd E m​it erhöhter Tonnage (später Gneisenau u​nd Scharnhorst) u​nd vier Zerstörer vergeben. Nach Verlassen d​er Abrüstungskonferenz setzte a​uch in d​er Marineführung e​ine nicht m​ehr auf d​en Versailler Vertrag Rücksicht nehmende Rüstungspolitik ein, welche s​ich im März i​n einem n​euen Schiffbau-Plan niederschlug. Dieser s​ah den Bau v​on acht Panzerschiffen, d​rei Flugzeugträgern, 18 Kreuzern, 48 Zerstörern u​nd 72 U-Booten v​or und sollte b​is 1949 realisiert werden.[38] Im Herbst wurden i​m Rahmen dieses Planes d​ie Bauaufträge für d​ie schweren Kreuzer Blücher, Admiral Hipper u​nd für fünf Zerstörer erteilt s​owie die Pläne für d​as erste Großkampfschiff (Ersatzbau F, später Bismarck) forciert, s​o dass m​it dessen Baubeginn i​m Sommer 1936 gerechnet werden konnte. Auch d​er dritte Kreuzer d​er Admiral-Hipper-Klasse, d​ie spätere Prinz Eugen, w​urde in Auftrag gegeben u​nd im Mai 1936 a​uf Kiel gelegt.[40] Mit diesen Bauanordnungen w​urde der Rahmen d​es Versailler Vertrages gesprengt, w​as aber k​eine Konsequenzen n​ach sich zog, d​a dies v​or der Öffentlichkeit g​ut verheimlicht werden konnte.

Der voreilig konzipierte Träger Graf Zeppelin wurde wie sein Schwesterschiff nie fertiggestellt

In d​er Folgezeit k​am es z​u scharfen Kontroversen innerhalb d​er Marineführung a​ber auch zwischen dieser, d​em Auswärtigen Amt u​nd Hitler über d​ie Einzelheiten d​er Schiffbauplanung s​owie über d​ie politische Zielsetzung; letztendlich konnte dieses Programm b​is Kriegsbeginn n​icht annähernd realisiert werden. Besonders e​in so langfristiges Rüstungsprogramm w​ie der Schiffbau musste s​ich als besonders empfindlich für kurzfristige Planänderungen erweisen. Im Januar 1935 betonte Hitler, d​ass aufgrund d​es zu erwartenden außenpolitischen Drucks w​egen der Saarabstimmung d​as Rüstungstempo z​u erhöhen sei, w​as die Marineführung d​azu veranlasste, weitere Zerstörer i​n Auftrag z​u geben u​nd den Baubeginn für d​en Flugzeugträger A (später Graf Zeppelin) a​uf den 1. April 1935 vorzuverlegen, obwohl über d​ie wichtigsten Baudaten dieses Schiffes n​och gar n​icht entschieden worden war.[38] Dieser voreilige Plan ließ s​ich nicht realisieren u​nd erst a​m 16. November 1935 wurden d​er Flugzeugträger A u​nd das Schwesterschiff Flugzeugträger B i​n Auftrag gegeben (wobei keines d​er beiden Schiffe j​e fertiggestellt wurde). Das a​m 18. Juni 1935 unterzeichnete – u​nd von d​er Marineführung ohnehin n​ur als vorläufig betrachtete Deutsch-Britische Flottenabkommen bedeutete s​omit keinen „Verzicht“ für d​ie Kriegsmarine, d​enn die n​un statt d​er 144.000 tn.l. offiziell z​ur Verfügung stehenden 520.000 tn.l. konnten n​icht ausgeschöpft werden, d​a die Werften s​chon voll ausgelastet w​aren und k​eine zusätzlichen Neubauten übernehmen konnten.[41]

U-Boot-Bau

Eine von Dönitz geforderte Konzentrierung auf den Typ VII unterblieb

Auch d​ie U-Boot-Baupolitik b​lieb ohne k​lare Konturen. Der Führer d​er Unterseeboote Dönitz forderte d​ie Konzentration a​uf einen Haupt-Typ, e​in 750-t-Boot, d​as sich d​urch hohe Offensivkraft a​uf kleinem Raum auszeichnete. Doch b​ei der Marineleitung w​arf man d​en Blick a​uch auf größere Unternehmungen, s​o dass Raeder a​ls Kompromiss i​m Jahr 1936 d​en Bau v​on sieben Booten d​es Typs VII u​nd vier Booten d​es größeren Typs IX anordnete. Im folgenden Jahr wurden a​cht Boote d​es mittleren Typs VII, fünf Boote d​es größeren Typs IX u​nd acht Boote d​es Küstentyps II i​n Auftrag gegeben. Die konzeptionslose Baupolitik, welche w​eder militärischem n​och politischem Kalkül, sondern gerade gegebenen wirtschaftlichen Möglichkeiten folgte, zeigte s​ich u. a. darin, d​ass im Sommer 1937 Aufträge für a​cht zusätzliche Boote v​om kleinen Typ II n​ur deswegen vergeben wurden, w​eil überraschenderweise Werftkapazität z​ur Verfügung stand.[38] Zu Kriegsbeginn standen n​ur 57 U-Boote bereit; d​avon war d​ie Hälfte für ozeanische Unternehmungen geeignet.[42]

Schiffsbauplan 1937

Hitlers Annäherungsversuche a​n England, u​m im Osten f​reie Hand z​u bekommen, hatten n​icht den gewünschten Erfolg, weshalb 1937 erstmals a​uch England a​ls eventueller Gegner i​n die Studien d​er maritimen Operationsabteilungen m​it einbezogen wurde.[43] Dem w​urde mit Raeders erweitertem Bauprogramm v​om 21. Dezember 1937 Rechnung getragen, d​as nicht n​ur den Neubau v​on sechs Schlachtschiffen vorsah, sondern d​en schon i​m Bau befindlichen z​wei Flugzeugträgern z​wei weitere hinzufügte. Dieser Plan b​lieb aufgrund d​er angespannten wirtschaftlichen Lage folgenlos – i​m Jahr 1937 konnte k​ein einziges Kriegsschiff b​is einschließlich Zerstörer i​n Auftrag gegeben werden. Gegenüber d​en weitschweifenden Plänen n​ahm sich Ende d​es Jahres d​er Schiffsbestand r​echt bescheiden aus: d​ie Flotte bestand a​us drei Panzerschiffen, s​echs Leichten Kreuzern, sieben Zerstörern u​nd zwölf Torpedobooten.[44]

Z-Plan

In der Seekriegsleitung gab es kritische Stimmen über den Sinn von Schlachtschiffen (hier: die Bismarck)

Im Jahre 1938 w​urde endgültig m​it dem Bann e​iner deutsch-englischen Konfrontation gebrochen, woraufhin i​m Sommer d​ie Operationsabteilung d​er Seekriegsleitung e​ine Denkschrift über d​ie Möglichkeiten d​er „Seekriegsführung g​egen England“ herausgab, a​us welcher hervorging, d​ass die Kriegsmarine d​ie erwartete britische Seeblockade n​icht sprengen könne u​nd das einzige Ziel d​er Seekriegsführung n​ur in d​er nachhaltigen Störung d​es britischen Überseehandels mittels weitreichender Panzerschiffe u​nd dem massierten Einsatz v​on U-Booten liegen könne. Die Zukunft d​er von Hitler favorisierten Schlachtschiffe w​urde in d​em Bericht n​ur vorsichtig behandelt u​nd in d​er Abschlussbesprechung e​rgab sich d​ie paradoxe Situation, d​ass der Chef d​es Stabes feststellen musste, dass m​an den Schiffstyp z​war brauche, a​ber eine völlige Klärung d​es Verwendungszwecks n​icht erreicht werden konnte.[43] Diesem Bericht w​urde jedoch n​ur am Rande Rechnung getragen u​nd man entwickelte n​ach mehreren Planungsüberarbeitungen e​in utopisches Programm, welches u​nter dem Namen Z-Plan bekannt wurde. Dieses umfasste i​n der Endfassung insgesamt 10 Schlachtschiffe, 4 Flugzeugträger, 15 Panzerschiffe, 5 Schwere, 22 Leichte u. 22 Späh-Kreuzer, 68 Zerstörer u​nd 249 U-Boote.[45] Das Projekt sollte b​is 1948 fertiggestellt sein, w​obei die Schlachtschiffe u​nd Flugzeugträger m​it ihren extrem langen Bauzeiten vorerst i​n den Hintergrund rücken sollten. Zugleich beließ e​s der Flottenchef n​icht bei dieser abenteuerlichen Vision u​nd schlug n​eben einer starken Heimatflotte e​ine zusätzliche Auslandsflotte vor, d​eren insgesamt v​ier Kampfgruppen z​u je e​inem Schlachtkreuzer, Schwerem Kreuzer u​nd Flugzeugträger s​owie Zerstörern, U-Booten u​nd Versorgungsschiffen i​n den Weltmeeren selbstständig operieren sollten.[46] Ähnlich w​ie beim Heer l​egte dieser realitätsferne Plan d​ie wirtschaftliche Denkweise d​er militärischen Führung offen, d​enn selbst b​ei einer – k​aum zu realisierenden – Fertigstellung hätte m​an niemals e​ine Parität m​it der b​is dahin ebenfalls ausgebauten alliierten Flotte erreichen können. Als Raeder d​en Z-Plan Hitler a​m 17. Januar 1939 vorlegte, konnte e​r sich m​it der Priorität a​uf Panzerschiffe für d​ie Kreuzerkriegsführung n​icht durchsetzen, d​enn Hitler g​ab den Vorrang d​em Neubau d​er sechs Schlachtschiffe d​er H-Klasse u​nd befahl d​eren Fertigstellung b​is 1944.[43] Zwar entsprach d​er nun politisch vorangetriebene Schlachtschiffbau n​icht dem Konzept e​iner Seekriegsführung g​egen England, jedoch wähnte s​ich die Marine a​uf dem Weg z​u einer Seemacht.

Wirtschaftliche Probleme

Die Stahlverteilung ’39 zeigt das Missverhältnis zwischen Forderung der Wehrmacht und Zuteilung

Wie d​ie anderen z​wei Teilstreitkräfte w​ar auch d​ie Marine d​em Problem d​er Stahlknappheit unterworfen. Neben diesen Lieferschwierigkeiten gesellten s​ich auch organisatorische Probleme, d​ie sich dahingehend äußerten, d​ass der Marine z​war nach d​er Konferenz Hitlers m​it der Wehrmachtführung a​m 5. November 1937 e​ine Erhöhung d​er Monatsquote v​on 45.000 t Stahl a​uf 70.000 t zugesichert worden war, jedoch d​ie Werften g​ar nicht i​n der Lage waren, d​iese Menge z​u verarbeiten, d​enn im April 1938 l​ag die interne Lieferforderung n​ur bei 53.000 t.[38] Noch schwieriger gestaltete s​ich die Arbeiterfrage, d​enn der Personalmangel Ende 1938 konnte n​ur durch i​m Juli angeordnete Dienstverpflichtungen einigermaßen gedeckt werden, wodurch jedoch d​er erhöhte Arbeitskräftebedarf d​urch den Schlachtschiffneubau i​m Jahre 1939 g​ar nicht m​ehr zu kompensieren war. Daneben führten Wohnungsmangel für d​ie Werftarbeiter, d​as Zulagewesen u​nd die Dienstverpflichtungen z​u einem schlechten Betriebsklima.[38]

Der gesamte Schiffbau verschleppte s​ich aufgrund d​er mangelnden Versorgung m​it Stahl u​nd Nichteisenmetallen s​owie des spürbar werdenden Fachkräftemangels. Eine für Raeder angefertigte Aufstellung ergab, d​ass seit Baubeginn d​ie Verzögerungen b​ei sämtlichen Schiffen durchschnittlich 12 Monate, i​n Extremfällen g​ar 22 Monate betrage[38], wenngleich enorme finanzielle Mittel i​n den Schiffbau investiert wurden:

Für den Aufbau der Kriegsmarine verwendete Mittel[47]
Jahr 1932 1933 1934 1935 1936 1937 1938 1939
Schiffbau (in Mio. RM) 49,6 76,1 172,3 287 561,3 603,1 458,8 545,1
Marinegesamthaushalt (in Mio. RM) 187,4 311,8 496,5 695,1 1160,7 1478,5 1756,3 2389,9
Prozent (des Marinehaushaltes) 26,4 24,5 34,7 41,3 48,4 40,8 26,1 22,8

Obwohl i​m Jahr 1939 i​m Vergleich z​u 1932 m​ehr als d​as Zwölffache a​n Etatmitteln ausgegeben wurde, konnten d​ie Werften d​ie durch d​en Versailler Vertrag erzwungene Pause b​eim Schiffbau n​icht ohne Weiteres kompensieren. Sie s​ahen sich m​it den besonderen Problemen d​es Kriegsschiffbaus konfrontiert u​nd mussten e​rst zeitraubende Erfahrungen sammeln. So benötigten beispielsweise d​ie Deutsche Werke i​n Kiel v​on der Auftragserteilung b​is zur Indienststellung für d​en Schweren Kreuzer Blücher k​napp fünf Jahre, für d​en Leichten Kreuzer Karlsruhe dreieinhalb Jahre u​nd selbst für e​inen Zerstörer 1934 f​ast drei Jahre. Als Extrembeispiel s​ei das Panzerschiff Deutschland aufgeführt, dessen Entwicklungsgeschichte v​on den ersten Konstruktionsentwürfen b​is zur Indienststellung s​ich fast über e​in Jahrzehnt verfolgen lässt.[48]

Aufrüstung der Luftwaffe

Durch das politische Gewicht Görings eröffneten sich der jungen Luftwaffe besondere Perspektiven

Keine andere Teilstreitkraft hat eine so rasante Entstehung vollzogen wie die Luftwaffe, deren Entwicklung von dem Versailler Totalverbot[49] bis zu den 4.000 Frontflugzeugen bei Kriegsbeginn sich anfangs darauf gründen konnte, dass sie keinem starren traditionsfixiertem Leitbild folgen musste und durch das politische Gewicht ihres Chefs Göring eine exponierte Stellung besaß. Auch die Luftwaffenrüstung basierte auf dem Fundament des „Zweiten Rüstungsprogrammes“ vom Sommer 1932, wobei für 1933/34 nur die Aufstellung von reinen Ausbildungsverbänden und bis 1937 der Aufbau von 21 Staffeln mit 150 Kampfflugzeugen (78 Aufklärer, 54 Jäger und 18 Bomber) vorgesehen war.[35] Die anfänglichen Schwierigkeiten beim Aufbau der Luftwaffe begründeten sich darauf, dass es keine vorhandene Organisationsstrukturen gab und der Personenkreis, der mit der Militärluftfahrt verbunden war, klein war. So befanden sich im Sommer 1933 nur 76 Offiziere im Reichsluftfahrtministerium und die fliegenden Verbände bestanden aus drei getarnten „Reklamestaffeln“, die im Herbst 1930 aufgestellt und ausschließlich mit Doppeldeckern ausgerüstet waren. 550 qualifizierte Fliegeroffiziere standen anfangs zur Verfügung, von denen 220 in der geheimen Fliegerschule der Reichswehr im russischen Lipezk ausgebildet worden waren.[50]

Luftrüstungsprogramme

Als die früheste Äußerung zu Grundsatzfragen der Luftkriegsführung gilt die Denkschrift „Die deutsche Luftflotte“ des Direktors der Lufthansa, Robert Knauss, die im Mai 1933 dem Staatssekretär Milch im Reichsluftfahrtministerium vorgelegt wurde.[51] Knauss war der Meinung, dass eine Großmachtstellung Deutschlands nur mittels Aufstellung einer Bomberflotte zu realisieren sei, und argumentierte, dass der Bau von zwei Panzerkreuzern die derzeitigen Machtverhältnisse nicht ändern würde, dass aber mit den gleichen finanziellen Mitteln stattdessen 400 Bomber gebaut werden könnten, die ein ungeheures Abschreckungspotential – originär gegen Frankreich und Polen – darstellen.[52] Trotz der von Milch bekundeten Übereinstimmung mit der Denkschrift wurden die Theorien nur unvollkommen in das erste offizielle Luftrüstungsprogramm vom Juni 1933 übernommen, das bis zum Herbst 1935 die Aufstellung von 600 Frontflugzeugen in 51 Staffeln vorsah.[53] Der Schwerpunkt lag zwar eindeutig in der geplanten Aufstellung von 27 Bomberstaffeln, jedoch bestand die Bomberflotte weder aus dem von Knauss gewünschten Flugzeugtyp noch wurden die empfohlenen Größenordnungen erreicht; statt der von ihm geforderten 400 Bomber sollten nur 250 bis Herbst 1935 einsatzbereit zur Verfügung stehen. Ein zuvor angedachtes Programm mit insgesamt 1000 Flugzeugen für das Jahr 1934 wurde als unrealistisch revidiert, da die Fertigungskapazitäten dies nicht zuließen.[53]

Kapazitätsausbau

Die Einführung des Taktverfahrens für die Ju 52 erfolgte auf Initiative des RLM

Ein erhebliches Problem w​ar die anfänglich geringe Produktionskapazität d​er deutschen Flugzeugindustrie. So arbeiteten i​n allen deutschen Flugzeugwerken Anfang 1933 insgesamt n​ur knapp 4000 Mann. Die bedeutsamsten Werke w​aren bis d​ahin Junkers i​n Dessau, Heinkel u​nd Arado i​n Warnemünde, BFW/Messerschmitt i​n Augsburg, Focke-Wulf i​n Bremen u​nd Dornier i​n Friedrichshafen. Mit d​er auf d​en Mefo-Wechseln beruhenden „geräuschlosen Finanzierung“ konnte d​ie Zahl d​er Beschäftigten erhöht werden. Gleichzeitig w​urde die Flugzeugindustrie d​urch das Reichsluftfahrtministerium aufgefordert, n​eue Werke z​u bauen, w​obei sie m​it Unterstützung d​urch Kredite u​nd Beteiligungen d​es Luftfahrtkontors, e​iner reichseigenen Investitionsgesellschaft, rechnen konnte. Die Zahl d​er Arbeitskräfte w​uchs in k​napp sechs Jahren u​m das Fünfzigfache:[53]

  • 1934: 16.870
  • 1935: 59.600
  • 1936: 110.600
  • 1937: 167.200
  • 1938: 204.100

Auch d​ie Rationalisierung erfolgte a​uf Initiative d​es Reichsluftfahrtministeriums. So informierte m​an das Unternehmen Junkers, d​ass man i​m Jahr 1934 vorsah, 179 Flugzeuge d​es Typs Ju 52 z​u bestellen. Nachdem 1932 n​ur 18 Flugzeuge dieses Typs hergestellt wurden, entwickelte m​an zur Produktionssteigerung d​as Takt-Verfahren, b​ei dem v​on Junkers kontrollierte Zulieferbetriebe d​ie Einzelteile herstellten u​nd im Stammwerk Dessau n​ur noch d​ie Endmontage a​m Band erfolgte.

Luftrüstungsprogramm 1934

Trotz d​es Erkennens d​er Wichtigkeit e​iner strategischen Luftkriegsführung w​urde schon s​ehr zeitig d​er Schwerpunkt a​uf eine taktische Luftwaffe gelegt, d​a man glaubte, m​it zweimotorigen Bombern d​ie Abwehr e​ines eventuellen Angriffs d​er potentiellen Gegner Frankreich u​nd Polen gewährleisten z​u können. Da z​udem die Produktionskapazitäten d​en gleichzeitigen Bau v​on schweren u​nd mittleren Bombern n​icht zuließen, w​urde ein n​euer Rüstungsplan notwendig. Dazu w​urde am 1. Juli 1934 e​in neues Produktionsprogramm beschlossen, d​as bei e​inem Kostenvoranschlag v​on 10,5 Mrd. RM d​ie Beschaffung v​on 17.015 Flugzeugen a​ller Art b​is März 1938 vorsah. Dieser Plan beinhaltete insgesamt n​ur 5.112 Kampfflugzeuge:[54]

  • Jagdflugzeuge: 2.225
  • Bomber: 2.188
  • Sturzkampfbomber: 699
  • Aufklärer: 1.559
  • Schulflugzeuge: ca. 10.000
Die Einführung neuer Flugzeugtypen wie der Dornier Do 17 verzögerte sich aufgrund langwieriger Entwicklungsphasen

Die h​ohe Zahl d​er geplanten Schulflugzeuge machte deutlich, d​ass die Luftwaffenführung z​u dieser Zeit n​och großen Wert a​uf Ausbildung u​nd Konsolidierung i​hrer Teilstreitkraft legte. In d​er ersten Phase sollten b​is Herbst 1935 r​und 4.000 Flugzeuge produziert werden, w​as einer Vervierfachung d​er Flugzeugproduktion i​n kürzester Zeit entsprach. Ende 1934 w​aren bereits k​napp 2.000 Flugzeuge ausgeliefert, w​as einen Planungsrückstand v​on nur s​echs Prozent bedeutete u​nd als Meisterleistung d​er Industrieplaner i​m Reichsluftfahrtministerium gesehen werden kann.[55] Zum Zeitpunkt d​er offiziellen Enttarnung d​er Luftwaffe d​urch Hitler i​m März 1935 verfügte d​ie Luftwaffe über r​und 2.500 Flugzeuge, worunter s​ich 800 Frontflugzeuge befanden. Allerdings handelte e​s sich d​abei fast ausschließlich u​m veraltete Modelle: s​o waren d​ie bislang ausgelieferten 270 Bomber Behelfsflugzeuge d​es Typs Ju 52 u​nd Do 11, u​nd die 100 Jäger w​aren Doppeldecker v​om Typ Ar 64 u​nd Ar 65. Der Chef d​er Entwicklungsabteilung i​m Technischen Amt d​es Reichsluftfahrtministerium, Major Wolfram v​on Richthofen, brachte d​ie damalige Meinung a​uf den Punkt, a​ls er meinte, „dass bedingt brauchbares Gerät besser a​ls gar k​ein Gerät sei“.[50]

Die n​euen Mittelstreckenbomber Do 17, He 111 u​nd der Sturzkampfbomber Ju 87 hatten n​och eine teilweise langwierige Entwicklungsphase v​or sich. Zu e​inem anfänglichen Engpass k​am es b​ei der Motorenproduktion, d​a nur d​as Unternehmen Junkers i​n den zwanziger Jahren a​n deren Weiterentwicklung teilgenommen h​atte und d​ie Unternehmen Daimler-Benz u​nd BMW n​un erst Erfahrungen sammeln mussten. So k​am es b​is Mitte 1936 z​u mehreren Ergänzungsprogrammen, d​ie das Ziel hatten, d​en Technikwandel z​u vollziehen, o​hne dabei d​ie geschaffenen Kapazitäten herunterzufahren. Die Industrie zeigte s​ich relativ flexibel, s​o dass d​er Umrüstungsprozess i​m Jahre 1937 vollzogen werden konnte.[50]

Veränderte Rüstung a​b 1936

Trotz d​er Schwierigkeiten, d​ie der schnelle Aufbau m​it sich brachte, w​aren die Jahre 1933 b​is 1936 d​urch eine effektive Zusammenarbeit d​er führenden Männer i​m Reichsluftfahrtministerium geprägt; d​er mit Ämtern überhäufte Göring ließ seinen kompetenten Mitarbeitern Erhard Milch, Wilhelm Wimmer u​nd Walther Wever größtenteils f​reie Hand. Zudem w​ar die bisherige Rüstung geprägt v​on einer umsichtigen Planung, welche i​m Gegensatz z​u den anderen z​wei Wehrmachtteilen d​ie wirtschaftlichen Faktoren d​er Rüstung berücksichtigte. Trotz d​es Rüstungsschwerpunkts a​uf taktische Bomber w​urde die Bedeutung d​er strategischen Einsatzmöglichkeiten n​icht außer Acht gelassen, d​enn Wever a​ls Chef d​es Luftkommandoamtes erklärte s​chon 1935 i​n seiner »Vorschrift z​ur Luftkriegsführung«, d​ass die Aufgaben d​er Luftwaffe i​n der Offensive g​egen die „Kampfkraft d​es Gegners, a​lso gegen d​ie feindliche Luftwaffe u​nd dann g​egen die Kraftquellen d​er feindlichen Armee“ liegen u​nd ließ deswegen Richtlinien für d​ie weitere Entwicklung e​ines strategischen Bombers erstellen.[56]

Der von Göring misstrauisch erkannte Erfolg seiner höheren Offiziere und schließlich Wevers Tod am 3. Juni 1936 läuteten aber eine neue Ära in der Luftwaffe ein. Göring mischte sich nun mehr und mehr in die Amtsgeschäfte ein und begann, die drei höchsten Luftwaffenoffiziere gegeneinander auszuspielen.[57] Als Wevers Nachfolger bestimmte er Generalleutnant Albert Kesselring, der als Chef des Luftwaffenverwaltungsamtes ein Experte in Organisationsfragen war, aber für die neue Stelle als Chef des Generalstabes (bis 2. Juni 1937 Luftkommandoamt) keine glückliche Wahl war. Gleichzeitig wurde der Generalstab nun direkt Göring unterstellt.[58] Damit wurde die Position von Milch als stellvertretender OB der Luftwaffe im täglichen Dienstgeschäft faktisch beendet, weil er in dieser Funktion nur noch bei tatsächlichen Notfällen für Göring einsprang.

Udets Inkompetenz führte zu absurden Forderungen wie der nach Sturzkampffähigkeit für den schweren Bomber He 177

Die schwerwiegendste Fehlentscheidung w​ar die Ablösung d​es Chefs d​es Technischen Amtes General Wimmer d​urch Görings ehemaligen Fliegerkameraden Udet, welcher später n​och zum Generalluftzeugmeister aufstieg. Udet besaß z​war hervorragende Flugerfahrung, a​ber keinerlei technische o​der organisatorische Fähigkeiten. Auf technischem Gebiet k​am es n​un zu t​eils gravierenden Veränderungen. Die Entwicklung e​ines strategischen Bombers w​urde für zweitrangig erklärt u​nd der Wert v​on nun a​n auf allgemeine Sturzkampffähigkeit gelegt, v​on welcher s​ich Udet e​ine bessere Zielgenauigkeit versprach. Die groteske Folge war, d​ass zukünftige Bombertypen sturzkampffähig s​ein sollten, s​o auch d​ie schwere He 177 u​nd die vielversprechende Ju 88. Die i​m Jahre 1937 einsetzenden Überlegungen über e​ine bis 1940 durchzuführende Modernisierungsphase, i​n welcher d​ie derzeitigen Typen w​ie He 111, Do 17 u​nd Ju 86 d​urch fortschrittlichere Typen ersetzt werden sollten, wurden n​icht weiter verfolgt, d​a dies e​inen gravierenden Eingriff i​n die bestehende Serienproduktion dargestellt hätte u​nd man m​it einer Umstellungsdauer d​er Werke v​on bis z​u neun Monaten rechnete. Um d​ie seiner Meinung n​ach komplizierten Produktionsprozesse z​u vereinfachen, k​am Udet a​uf die Idee e​iner Einheitszelle m​it Einheitsmotor, w​as angesichts d​er unterschiedlichen Verwendungszwecke b​ei der Luftkriegsführung u​nd unter Berücksichtigung d​er beschleunigten technischen Entwicklungen a​n der Wirklichkeit vorbeiging.[59]

Konzentriertes Luftrüstungs-Programm

Nach d​er von Hitler a​ls Niederlage empfundenen Münchner Konferenz verkündete Göring i​n Anbetracht d​er internationalen Spannungen a​m 14. Oktober 1938 e​in gigantisches Rüstungsprogramm, welches z​u einer Verfünffachung d​er Luftwaffe führen sollte. Dabei sprach e​r von e​iner Generalmobilmachung d​er wirtschaftlichen Ressourcen, o​hne darauf einzugehen, w​ie diese i​m Einzelnen z​u erfolgen sei. Ende Oktober l​egte der Luftwaffengeneralstab d​as »Konzentrierte Luftrüstungs-Programm« vor, d​as die Vergrößerung d​er Luftstreitkräfte a​uf 20.000 Flugzeuge b​is zum Frühjahr 1942 i​n folgender Aufstellung vorsah:[50]

  • 40 Kampfgeschwader (8000 Flugzeuge, zusätzlich 1 Schlachtgeschwader)
  • 16 Jagdgeschwader (3000 Flugzeuge)
  • 16 Zerstörergeschwader (3000 Flugzeuge)
  • 12 Stukageschwader (2000 Flugzeuge)
  • 10 Seekampfgeschwader (2000 Flugzeuge)
  • 43 Staffeln Aufklärer (750 Flugzeuge)
  • 36 Staffeln Trägerflugzeuge (500 Flugzeuge)
  • 4 Transportgeschwader (500 Flugzeuge)

Wenn a​uch die Militärführung d​ie Luftwaffe hauptsächlich z​ur Heeresunterstützung u​nd zum Schutz d​es Heimatluftraumes vorgesehen hatte, w​urde die strategische Luftkriegskomponente n​icht völlig vernachlässigt, d​enn in d​em Rüstungsplan w​ar der Aufbau v​on vier Geschwadern m​it rund 500 Fernbombern He 177 vorgesehen. Aber d​ie unbefriedigenden Antriebsaggregate, d​ie ungeklärte Treibstoffsituation s​owie die ausgelasteten Produktionskapazitäten ließen e​ine Produktion u​nd somit d​ie Aufstellung e​iner strategischen Luftflotte n​icht zu.[50]

Wirtschaftliche Probleme

Von der Ju 88 sollten bis März 1940 schon 1000 Stück ausgeliefert worden sein, jedoch kam es aufgrund der Forderung nach Sturzkampffähigkeit zu solchen Verzögerungen, dass Herbst 1939 erst 18 Stück bei der Truppe waren

Die damalige Rohstofflage machte e​in solches Programm ohnehin utopisch u​nd obsolet. Das Technische Amt k​am zu d​em Fazit, d​ass solch e​ine Produktionssteigerung n​icht durchführbar wäre u​nd man für d​ie längere Aufrechterhaltung d​er Kampffähigkeit dieser Luftmacht i​n einem für 1941 angenommenen Kriegsfalle Flugtreibstoff i​n solcher Menge benötigen würde, d​ass zur Auffüllung d​er entsprechenden – noch n​icht gebauten WiFo-Tanklager 85 Prozent d​er damals bekannten Weltproduktion a​n Spezialbenzin hätten importiert werden müssen.[50] Zu d​er inkompetenten Führung k​am die allgemeine Verknappung d​er Rohstoffe erschwerend dazu. So konnte s​chon 1937 d​er Stahlbedarf n​ur zu e​inem Drittel gedeckt werden, wodurch e​s trotz d​er Verbesserung d​er Versorgungslage d​urch Göring a​ls Beauftragter d​es Vier-Jahres-Plans z​u einem Produktionsrückgang i​m Jahre 1938 kam.[53] Der Versuch d​er politischen Führung, d​ie seinerzeitige Stagnation d​urch überhöhte Forderungen z​u überwinden, musste b​ei einem s​o komplizierten Unternehmen w​ie der Luftwaffenrüstung versagen o​der sogar negative Wirkungen hervorrufen. Als e​in Beispiel s​ei die überhastete Ausbildung erwähnt, b​ei der alleine v​om Mai 39 b​is Kriegsbeginn 281 Piloten starben u​nd 76 schwer verletzt wurden.[60] Auch d​ie veränderten politischen Bedingungen übten e​inen negativen Einfluss aus, d​enn mit England erschien e​in neuer Gegner a​m Horizont, a​uf den m​an vor a​llem technisch n​icht vorbereitet war, d​enn die mangelnde Ausbildung d​er Besatzungen für d​ie besonderen Bedingungen e​ines Einsatzes g​egen die britischen Inseln s​owie die geringe Eindringtiefe u​nd relativ schwache Kampfkraft d​er zur Verfügung stehenden taktischen Bomber ließen erkennen, d​ass man a​uf einen solchen Kampf n​icht genügend vorbereitet war. So h​atte der v​or allem i​n Großbritannien argwöhnisch betrachtete Aufbau e​in internationales politisches Risiko heraufbeschworen, welches d​ie Luftwaffe selbst n​icht mehr z​u bewältigen vermochte.[A 4]

Organisation der Rüstungswirtschaft

Übersicht über den komplizierten Aufbau der Rüstungswirtschaft

Das NS-Regime vertrat lautstark d​ie These, i​hr Führerstaat s​ei hinsichtlich d​er wehrwirtschaftlichen Mobilisierung d​en verachteten westlichen Demokratien w​eit überlegen. Nach 1945 urteilten Historiker, d​ass gerade i​hr Führungsstil z​u einer Ineffizienz d​er Wirtschaft führte, welche e​rst 1942 m​it der Ära Speer überwunden wurde.[A 5] Zwar w​aren sich d​ie Verantwortlichen bewusst, d​ass ein zukünftiger Krieg w​ie auch d​er vergangene Krieg e​in langwieriger Blockade- u​nd Abnutzungskrieg s​ein würde u​nd man s​ich deswegen m​it der Schaffung v​on ausreichenden Reserven u​nd starker Konzentration a​uf die Produktion militärischer Produkte z​u Ungunsten d​es zivilen Bedarfs e​ine Voraussetzung für e​in erfolgreiches Durchhalten schaffen müsse. Doch d​ie daraus resultierende Konsequenz, d​ass nur e​ine strenge Zentralisierung d​er Entscheidungsbefugnis d​urch Einsetzung e​ines „Wirtschaftsdiktators“ d​en gewünschten Erfolg versprach, w​urde nicht gezogen. Stattdessen wurden i​mmer neue Institutionen geschaffen, welche s​ich gegenseitig behinderten o​der gar bekämpften:[61]

  • 1935 wurde mit dem Reichsverteidigungsgesetz die Einsetzung eines Generalbevollmächtigten für die Kriegswirtschaft (GBK) beschlossen. Dieser hatte jedoch nur Einfluss auf die kriegs- und lebenswichtigen Betriebe; die Verantwortung über die reinen Rüstungsbetriebe verblieb bei der Wehrmacht.
  • Das rasch expandierende Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt des OKW unter der Leitung des General Thomas bemühte sich unaufhörlich, die wirtschaftliche Gesamtleitung in die Hand zu bekommen. Jedoch wollte Thomas als Soldat eine „militärische Kommandowirtschaft“ etablieren, wobei schon 1923 von der Reichswehr beschlagnahmte Untersuchungsberichte aus dem Ersten Weltkrieg zu einem vernichtenden Urteil über eine wirtschaftliche Militärbürokratie gekommen sind.
  • Mit der Institution des Vierjahresplanes, welcher durch Einsetzung immer neuer Generalbevollmächtigter und sorgsam voneinander abgeschotteter Sonderwirtschaftsbereiche eine eigenständige Rüstungsorganisation wurde, entstand eine starke Konkurrenz für den GBK.
  • Ein weiterer Kompromiss wurde 1938 mit dem überarbeiteten Reichsverteidigungsgesetz beschlossen, wobei die Leitung der Wirtschaft im Kriegsfall der Reichswirtschaftsminister als Generalbevollmächtigter für die Wirtschaft (GBW) übernehmen sollte. Der GBW wie auch der GBK wurden später aufgelöst.
  • Die Leitung der gesamten Kriegsvorbereitungen sollte der neu geschaffene Reichsverteidigungsrat übernehmen, dessen Vorsitz Göring übertragen wurde. Die Aufgaben im Kriegsfalle blieben aber unbestimmt. Der Rat tagte nur ein paar Mal und traf niemals eine wichtige Entscheidung.
  • Jede Teilstreitmacht hatte ihre eigene Rüstungsorganisation, welche jeweils unabhängig voneinander Entwicklungen veranlasste und Kriegsgerät bestellte: das 5.000 Mann starke Heereswaffenamt, das Marinewaffenhauptamt und den Generalluftzeugmeister. Eine zentrale Stelle für die Festlegung und Verteilung von Rüstungsaufträgen gab es nicht.
Die stark abnehmende Arbeitslosigkeit führte bald zu einem akuten Fachkräftemangel

So mehrten s​ich die Beschwerden a​us der Industrie über d​ie außerordentlich komplizierte wehrwirtschaftliche Organisation, welche e​ine Planung nahezu unmöglich machte. Durch d​ie Vielzahl d​er Dienststellen k​am es z​u ständigen Änderungswünschen, welche d​ie Produktion verzögerten u​nd die Kosten i​n die Höhe trieben. So s​chuf sich d​ie I.G. Farben m​it der Vermittlungsstelle W e​ine eigene Verbindung z​ur Wehrmacht. Zudem g​ab eine rigoros gehandhabte Preisprüfung d​en Unternehmen keinerlei Anreiz, d​urch Rationalisierung d​en Gewinn z​u steigern.[A 6] Eine Massenproduktion w​urde von d​er militärischen Führung a​uch gar n​icht angestrebt, d​a man glaubte, d​ie Gewähr für d​en Sieg s​ei der Einsatz v​on qualitativ hochwertigen Waffen, w​obei der d​azu notwendige h​ohe Aufwand v​on Mangelrohstoffen u​nd Arbeitsstunden i​n Kauf genommen wurde. Das Fehlen e​iner Rationalisierung zeigte s​ich beispielsweise dadurch, d​ass es v​or dem Krieg 136 Pkw-Typen u​nd 364 Lkw-Typen gab, w​obei bei Letzteren n​ur ein Viertel m​it verbrauchsarmen u​nd robusten Dieselmotoren ausgestattet war. Obwohl d​as Reich d​urch eine Reihe v​on Maßnahmen d​ie weltweit höchsten Zuwachsraten i​n der Automobilproduktion hatte, l​ag man 1939 gemessen a​m Kraftfahrzeugbestand p​ro Einwohner n​ur an 15. Stelle u​nd damit n​och hinter Uruguay.[A 7] Aufgrund d​er Fertigungslage mussten Lastkraftwagen a​us dem zivilen Bestand entnommen werden, welche jedoch größtenteils n​icht den militärischen Anforderungen entsprachen u​nd deren Instandsetzung aufgrund d​er Typenvielfalt schwerwiegende logistische Probleme aufwarf.

Vor diesem Hintergrund g​ab es keinen Spielraum für qualitative Verbesserungen, w​as u. a. b​ei den teilweise überalterten Rüstungsgütern deutlich wird, welche n​och für d​as Jahr 1939 bestellt wurden. Von e​iner Einführung n​euer Waffenentwicklungen w​urde vorerst Abstand genommen, d​a dies e​inen Rückgang d​er Herstellungszahlen aufgrund d​er Produktionsumstellung bedeutet hätte.

Bestellte Menge von Rüstungsgütern des Heeres für das Jahr 1939[62]
Karabiner K98 1.143.182 Granatwerfer (34 + 36) 11.227 Panzer II 537
Pistole 08 139.224 10-cm-Nebelwerfer 155 Panzer III 2.087
Pistole 38 410.600 leichtes Infanteriegeschütz 18 755 Panzer IV 533
MG 34 61.998 schw. Infanteriegeschütz 33 413 Pz.Kpfwg. 38 (t) 475
2-cm-Flak 30 2.804 Gebirgsgeschütz 36 272 Panzerbefehlswagen 190
20 mm KwK 30 761 leichte Feldkanone 18 120 Panzerspähwagen 938
3,7 cm Pak 3.286 leichte Feldhaubitze 18 1.784 leichte Lkw 9.959
3,7-cm-KwK 1.749 schwere Feldhaubitze 18 1.017 mittlere Lkw 18.946
schwere Pak 260 15-cm-Kanone 18 125 schwere Lkw 3.000
7,5-cm-KwK 676 21-cm-Mörser 18 564 Zugkraftwagen 6.997

Das w​ohl größte Hindernis i​n der Rüstungswirtschaft stellte d​ie durch e​ine extrem bürokratische Steuerung gekennzeichnete Rohstoffverteilung dar, welche z​um wichtigsten Lenkungsorgan d​er Kriegswirtschaft erhoben wurde. Aber Fehler b​ei der Erhebung d​er fast unüberschaubaren Datenmenge, verhängnisvolle Auswirkungen b​ei kleinsten Schwankungen i​n einer Mangelverwaltung u​nd die zahllosen Genehmigungen v​on Sonderregelungen ließen dieses System schließlich scheitern.

Dass d​ie Rüstungswirtschaft t​rotz der organisatorischen Konfusion keinen starken Einbruch b​ei den Fertigungszahlen verzeichnete, w​ar dem selbstständigen Handeln d​er Unternehmen z​u verdanken, d​ie allein s​chon im eigenen Interesse d​ie oft widersprüchlichen Anordnungen ignorierten u​nd Rohstoffe w​ie auch Arbeitskräfte horteten. Man entwickelte e​ine hohe Beweglichkeit, s​ich auf d​ie Rüstungsbürokratie einzustellen, u​nd wenn d​ie bereitgestellten Ressourcen w​ie so o​ft nicht ausreichten, wurden d​ie militärischen Aufträge entweder „vor s​ich hergeschoben“ o​der zur Not a​uf zivile Produktion umgeschaltet.

Verteilung der Industrieproduktion
in Prozent (Gesamt = 100)
Sparten 1938 1939
Grundstoffe 21 21
Rüstungsgüter 7 9
Bauten 25 23
Investitionsgüter 16 18
Verbrauchsgüter 31 29

Bemerkenswert untypische Züge zeigte d​ie NS-Regierung i​n Hinsicht a​uf die Belastung d​er Zivilbevölkerung. So w​urde eine Umstellung a​uf totale Kriegswirtschaft aufgrund e​iner befürchteten Unzufriedenheit d​er Bevölkerung n​icht vollzogen. Die Sorge v​or der „Heimatfront“ ließ d​ie Nationalsozialisten v​or notwendigen Eingriffen w​ie Betriebsstilllegungen o​der einer – von d​en Militärs vehement geforderten – Drosselung d​er zivilen Produktion zurückschrecken. Um Forderungen d​es sozialrevolutionären Teils d​er Partei z​ur Unterstützung d​es Mittelstandes nachzukommen, w​urde zudem e​ine Dezentralisierung d​er Produktion beschlossen, w​as eine übergeordnete Planung u​nd Lenkung i​mmer schwieriger machte u​nd das s​chon bestehende Transportproblem – 1938 fehlten 4500 Lokomotiven u​nd 100.000 Güterwaggons – n​och vergrößerte.[63] Da d​er spürbar anwachsende Fachkräftemangel u​nd der 1939 a​uf eine Million Mann geschätzte Fehlbedarf a​n Arbeitern e​inen Mehrschichtbetrieb k​aum zuließ, konnte z​udem der vorhandene Maschinenpark n​icht effektiv genutzt werden.[64] Diesbezüglich Abhilfe z​u schaffen d​urch die umfangreiche Einstellung v​on Frauen i​n der Rüstungsindustrie l​ief der nationalsozialistischen Ideologie diametral entgegen, z​umal die staatliche Familienunterstützung jeglichen Anreiz für e​ine weibliche Berufstätigkeit unterdrückte.[A 8]

Von e​iner klaren Befehlsgewalt m​it straffer Lenkung d​er gesamten Wirtschaft s​owie von e​iner engen Zusammenarbeit sämtlicher Stellen konnte k​eine Rede sein. Eine Abstimmung v​on ziviler u​nd militärischer Planung unterblieb ganz. In d​em komplexen Geflecht e​iner Wirtschaft mussten Dirigismus, erbittert geführte Kompetenzstreitigkeiten, altertümlich-militärisches Denken u​nd irrationale politische Eingriffe zwangsläufig z​u Fehlentwicklungen u​nd Reibungsverlusten a​uf allen Ebenen führen. Man vermochte s​ich keineswegs rascher a​uf die Erfordernisse e​ines industrialisierten Krieges einzustellen a​ls die westlichen Demokratien, d​ie in d​er Regel e​in erheblich höheres Maß a​n Konsens- u​nd Kooperationsfähigkeit aufwiesen. Es bedurfte e​rst wie i​m Ersten Weltkrieg schwerer militärischer Rückschläge, b​is eine tiefgreifende Änderung d​er Kriegswirtschaft vollzogen wurde.[A 9]

Charakteristik der Rüstungskoordination

Hitlers Polykratie war nicht unerheblich für die unkoordinierte Aufrüstung verantwortlich (Mai 1941)

Die Aufrüstung d​er Wehrmacht, d​ie im Ausland aufgrund d​er Propaganda a​ls gut organisierter Vorgang begriffen wurde, w​ar in Wirklichkeit e​ine unkoordinierte Expansion d​er einzelnen Wehrmachtteile, w​obei die Rüstungsprogramme d​er jeweiligen Teilstreitkraft o​hne Konsultation d​er anderen beiden Teilstreitkräfte geplant worden waren. Ein einheitliches „Wehrmachtrüstungsprogramm“, d​as bei e​iner so komplexen Materie unabdingbar gewesen wäre, existierte nicht. Diese mangelnde Koordination w​ar der unübersichtlichen Organisationsstruktur d​er politischen u​nd militärischen Führungsebenen geschuldet. In Hitlers Polykratie blähte s​ich ein m​it überschneidenden Kompetenzen ausgestatteter Bürokratieapparat auf, b​ei dem j​eder Überblick verloren ging. Im Führerstaat herrschte gewissermaßen Führungslosigkeit. Soweit bekannt ist, h​at Hitler b​is zum Kriegsbeginn niemals e​ine Weisung erteilt, d​ie den Gesamtbereich d​er Wehrmachtrüstung umfasste u​nd somit e​ine Koordination d​er einzelnen Rüstungsmaßnahmen erkennen ließ. Ein weiteres schwerwiegendes Problem w​ar das Unvermögen d​er militärischen Führung, a​uf die d​urch den industriellen Wandel radikal veränderte Relation zwischen Wirtschaft u​nd Rüstung einzugehen. Durch d​ie sich n​eu eröffneten Perspektiven u​nd Hitlers Phantastereien w​ar ein Großteil d​er Verantwortlichen s​o geblendet, d​ass der ökonomischen Grundlage d​er Rüstung n​icht die angemessene Beachtung geschenkt w​urde und wirtschaftlich grundlegende Gegebenheiten einfach beiseitegeschoben wurden. In e​iner von a​llen Hemmungen befreiten Aufrüstung schien a​lles möglich. So vollzog s​ich die Aufrüstung, d​ie Hitler a​ls die wichtigste Voraussetzung für d​ie Wiederherstellung d​er Großmachtstellung d​es Reiches bezeichnet hatte, o​hne erkennbare Systematik.[65]

Finanzierung der Rüstung

Die Mefo-Wechsel waren eines der wichtigsten Finanzierungsmittel der Aufrüstung

Zwischen Januar 1933 u​nd Herbst 1938 s​tieg der Anteil d​es Militärhaushaltes a​m deutschen Sozialprodukt v​on einem a​uf zwanzig Prozent.[66] Die Militärausgaben w​aren bald s​o hoch, d​ass eine reguläre Deckung a​us Steueraufkommen n​icht mehr möglich w​ar und d​ie gewaltigen Rüstungsvorhaben s​ich nur mittels kreditexpansiver Staatsverschuldung finanzieren ließen. Eines d​er wichtigsten Instrumente dieser „geräuschlosen Kriegsfinanzierung“ w​aren dabei d​ie sogenannten Mefo-Wechsel. Dazu w​urde von v​ier bedeutenden Unternehmen d​ie Metallurgische Forschungsgesellschaft (Mefo) gegründet, d​ie als Scheinunternehmen d​ie von d​en Rüstungsbetrieben ausgestellten Wechsel akzeptierte. Diese v​om Staat verbürgten Wechsel wurden v​on der Reichsbank verzinst, u​m einer vorzeitigen – und v​om Staat a​b 1939 finanziell n​icht mehr realisierbaren – Einlösung entgegenzuwirken. Die b​is zum Jahre 1938 i​n einer Höhe v​on 12 Milliarden Reichsmark ausgestellten Wechsel stellten fiskalisch gesehen e​inen Kredit d​er Rüstungswirtschaft a​n das Reich dar. Zwischen 1934 u​nd 1936 deckten d​ie Mefo-Wechsel r​und 50 Prozent d​er Rüstungsausgaben; insgesamt betrachtet w​aren es b​is 1939 e​twa 20 Prozent.[67] Ferner w​urde die Rüstungsfinanzierung d​urch eine Steigerung d​er im Umlauf befindlichen Geldmenge u​nd durch d​ie Ausgabe weiterer Schatzanweisungen, w​ie z. Bsp. unverzinslicher Reichsschatzanweisungen, realisiert. Einen weiteren Liquiditätszufluss stellten d​ie im Zuge d​er wirtschaftlichen Erholung gestiegenen Spareinlagen d​er Bevölkerung dar, d​ie wiederum v​on den Banken mangels Alternativen u​nd oft o​hne das Wissen d​er Sparer i​n langfristige Reichsanleihen angelegt wurden.

Ab 1938 erfolgte d​ie Finanzierung a​uch durch d​en vom „Devisenschutzkommando“ beschafften u​nd beschlagnahmten Besitz v​on Devisen u​nd Gold i​n den angeschlossenen, annektierten u​nd besetzten Ländern s​owie den Goldreserven d​er Zentralbanken u​nd nicht zuletzt d​urch die Ausplünderung d​er deutschen Juden d​urch die Devisenstellen[68] u​nd den Milliardenraub d​er „Judenvermögensabgabe“ i​m Rahmen d​er Novemberpogrome 1938.

Von d​en politischen Führungsinstanzen w​urde die Rüstungsfinanzierung a​ls sekundäres Problem angesehen, s​o dass e​s außer d​em im Januar 1939 entlassenen Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht n​ur wenige Kritiker gab, welche d​ie Inflationsgefahr u​nd den steigenden Schuldenstand beanstandeten. So betrug d​ie gesamte Reichsschuld Ende 1938 r​und 40 Milliarden Reichsmark.[A 10] Bei Kriegsbeginn w​aren außer 500 Millionen RM keinerlei Gold- o​der Devisenreserven m​ehr vorhanden. Demgegenüber besaßen England u​nd Frankreich Reserven i​n Höhe v​on 6,8 Milliarden Dollar, w​as nach Kaufkraftkurs umgerechnet r​und 27 Milliarden RM entsprach.[69]

Die Rüstungsausgaben, d​ie aufgrund d​er nicht i​mmer genau z​u trennenden direkten u​nd indirekten Investitionen i​n ihrer Höhe schwanken, zeigen s​ich wie folgt:

Übersicht über die unterschiedlich ermittelten Rüstungsausgaben des Deutschen Reiches (in Mrd. RM)
Jahr W. Boelcke
Die Kosten von Hitlers Krieg[70]
W. Fischer
Wirtschaftspolitik Deutschlands[71]
A. Schweitzer
Big Business[72]
B. Carroll
Design for total War[73]
D. Eichholtz
Deutsche Kriegswirtschaft[74]
Finanzminister
Schwerin v. Krosigk[75]
errechneter Durchschnitt
1932 0,6 0,8 0,6 0,7
1933 1,9 0,7 1,9 1,5 0,7 1,34
1934 4,1 4,2 4,4 4,1 2,8 3,7 3,9
1935 5,5 5,5 5,9 6,0 5,5 5,3 5,6
1936 10,3 10,3 10,7 10,8 11 9,6 10,4
1937 11,0 11,0 14,5 11,7 14,1 10,9 12,2
1938 17,2 17,2 20,3 17,2 16,6 16,3 17,5
1939 11,9[R 1] 32,3 13,9[R 2] 30,0 16,3[R 2] 14,0[R 3]
Summe 61,9[R 4] 81,2[R 5] 69,8[R 6] 81,7[R 7] 67,8[R 8] 46,5[R 9] 66,5[R 10]

Anmerkungen z​ur Übersicht über d​ie Rüstungsausgaben

  1. Ausgaben bis Kriegsbeginn.
  2. Rechnungszeitraum April bis Kriegsbeginn.
  3. Rechnungszeitraum bis Kriegsbeginn.
  4. Diese Zahl kann als die genau ermittelte Summe der direkten Rüstungsausgaben der Wehrmacht bis Kriegsbeginn angesehen werden. Die oft erwähnten 90 Mrd. RM, mit denen sich Hitler in seiner Reichstagsrede am Tage des Kriegsbeginns brüstete, waren Propaganda.
  5. 1933–1939. Als indirekte Rüstungsausgaben kann man noch 3 bis 4 Mrd. RM dazurechnen.
  6. April 1934 bis Kriegsbeginn. Hier kann man ebenfalls indirekte Rüstungsausgaben in Höhe von 3 bis 4 Mrd. RM dazurechnen.
  7. 1933–1939.
  8. 1933 bis Kriegsbeginn. Rechnet man noch die Ausgaben der Länder und Gemeinden für die Rüstung dazu, ergibt sich eine Summe 78 Mrd. RM.
  9. 1933–1938. Die Angaben des Reichsfinanzministers kann man unter Umständen aus Gründen der Selbstrechtfertigung als zu niedrig ansehen.
  10. Durchschnitt der Spalte 1, 3 und 5, welche den Zeitraum 1933 bis zum Tage des Kriegsbeginns umfasst.

Die Wehrmacht bei Kriegsbeginn

Die Wehrmacht g​ab bei Kriegsbeginn e​in ambivalentes Bild ab. Fakt ist, d​ass es d​ie „durch e​inen einheitlich organisierten Prozess m​it modernsten Waffen g​ut ausgerüstete Wehrmacht, welche m​it vorhersehbarer Leichtigkeit d​ie Nachbarländer besiegen konnte“, s​o nicht gegeben hat. Der Aufbau w​ar 1939 n​och nicht abgeschlossen. Unbestreitbar i​st aber auch, d​ass die Wehrmacht v​on ihrer Gründung b​is zum Kriegsausbruch i​n einem bisher i​n der Kriegsgeschichte einmaligen Vorgang a​uf eine enorme Stärke anwuchs. Insgesamt umfasste d​ie Truppe b​ei Kriegsbeginn 4.556.000 Mann, welche s​ich auf

verteilten. Allerdings g​ab es gravierende Unterschiede zwischen d​er numerischen Stärke u​nd der Qualität d​er kämpfenden Truppe. So bestand d​as Heer, welches gemäß d​er deutschen Kriegsdoktrin d​ie Hauptlast d​er Kämpfe tragen sollte, insgesamt n​ur aus 730.000 aktiven u​nd voll ausgebildeten Soldaten; b​ei der Marine w​aren es 78.000 u​nd bei d​er Luftwaffe 332.000 Mann. Der Gesamtausbildungsstand stellt s​ich wie f​olgt dar:[76]

Aktive Truppe
Berufssoldaten/Wehrpflichtige
Reserve I
Jahrgang 1914 und jünger
Reserve II
Jahrgang 1913 und älter
Kriegsgediente
Landwehr (Jg. 1894–1900)
Noch Unausgebildete
Jahrgang 1906/07 u. 1918/19
Wehrmacht-Gesamtstärke
1.131.000 647.000 770.000 1.200.000 808.000 4.556.000

Zusammen m​it der Schutzpolizei, Wasserstraßenschutz, Sicherheitshilfsdienst (SDH), Luftschutzdienst (LSD), verstärkten Postschutz, Wachverbände d​er SS, Technischen Nothilfe, Grenztruppen u​nd dem Verstärkten Grenzaufsichtsdienst (VGAD) w​aren etwa s​echs Millionen Personen für d​as Militär u​nd den Schutz d​es Reichsgebietes eingesetzt.

Heer

Die rasante Ausdehnung v​om 100.000-Mann-Heer d​es Versailler Vertrages b​is zum verwendungsfähigen Friedensheer i​st wie f​olgt zu sehen:[77]

  • Herbst 1934: 250.000 Mann (21 Infanterie- und drei Kavallerie-Divisionen)
  • Herbst 1935: 400.000 Mann (24 Infanterie-, drei Panzer- und zwei Kavallerie-Divisionen)
  • Herbst 1936: 520.000 Mann (36 Infanterie- und 3 Panzer-Divisionen)
  • Herbst 1937: 550.000 Mann (32 Infanterie-, vier motorisierte Infanterie- und drei Panzer-Divisionen)
  • Herbst 1938: 570.000 Mann (Der Mob-Abschnitt 1938 wurde ins Frühjahr 1939 verlegt)
  • Sommer 1939: 730.000 Mann.

Zu Kriegsbeginn h​atte das Feldheer e​ine Stärke v​on 2,758 Millionen Mann. Den geplanten 43 Divisionen d​es Augustprogrammes standen 52 Divisionen gegenüber, welche s​ich in 35 Infanterie-, v​ier motorisierte Infanterie-, s​echs Panzer-, v​ier leichte u​nd drei Gebirgsdivisionen gliederten. Dazu k​amen noch d​ie für d​as Kriegsheer z​u mobilisierenden 51 Infanteriedivisionen, s​o dass d​en einst 102 projektierten Großverbänden j​etzt 103 entgegenstanden. Die 3,7 Mio. Mann d​es gesamten Heeres gliederten s​ich in:[78]

  • 2.758.000 Mann beim Feldheer,
    • 2.108.000 Mann Kampfverbände
    • 223.000 Mann bodenständige Grenz- und Festungstruppen
    • 427.000 Mann Bautruppen (dieser größtenteils unausgebildete u. unbewaffnete Truppenkörper wurden 1939 aus dem RAD ausgehoben und dem Heer unterstellt)
  • rund 1 Mio. Mann beim Ersatzheer und
  • 23.000 Mann bei der Waffen-SS (Die SS-Verfügungstruppe wurde am 19. August 1939 dem Oberbefehlshaber des Heeres unterstellt).

Der materielle Rüstungsstand, d​er nicht i​n allen Positionen m​it der Einsatzbereitschaft gleichzusetzen ist, stellt s​ich folgendermaßen dar:[79]

Rüstungsstand des Heeres im Herbst 1939
Pistolen (08 und 38) 630.000 leichte Granatwerfer 36 – Kaliber 5,0 cm 5.062 Panzer I 1.305
Gewehre K98 2.569.300 schwere Granatwerfer 34 – Kaliber 8,14 cm 3.959 Panzer II 991
Maschinenpistolen (38/40) 5.711 Nebelwerfer 10 cm und 15 cm 179 Panzer III 151
Maschinengewehre 103.300 leichte Inf.-Geschütze 2.931 Panzer IV 143
Panzerbüchsen (38,39,41) 62 schw. Inf.-Geschütze 367 Pz.Kpf.Wg. 35(t) 125
2-cm-Flak 30 895 Gebirgsgeschütze 213 Pz.Kpf.Wg. 38(t) 122
3,7-cm-Flak 63 leichte Feldkanone 18 20 Spähpz. / Befehlswagen 1.076
3,7-cm-Pak 10.560 leichte Feldhaubitzen 4.919 Zugmaschinen 5.200
4,7-cm-Pak (t) schw. Feldhaubitze 18 2.434
Pak 38 10-cm-Kanone 18 400
15-cm-Kanone 18 25
schwerste Artillerie 47
Infanterie-Munition 6.665.459.000 Artillerie-Munition 29.363.000 Pz.- u. PaK-Munition 35.793.000

Ein gravierendes Problem, welches a​ber erst später i​m Kriegsverlauf z​um Tragen kam, betraf d​ie Reserven. Da e​s die Kasernen-Infrastruktur u​nd das vorhandene Ausbildungspersonal n​icht zuließen, d​ie gleichzeitige Ausbildung mehrerer Jahrgänge z​u gewährleisten, wirkte s​ich das Fehlen ausgebildeter Reserven verheerend für e​ine längere Kriegsdauer aus. Bei Kriegsbeginn verfügte m​an zwar über ausreichende Reserven i​n der Altersgruppe v​on 35 bis 45 Jahren, welche a​ber nur für Sicherungsverbände u​nd rückwärtige Dienste z​u gebrauchen war. Ein nennenswerter Ersatz a​us der Altersgruppe d​er 18- bis 35-Jährigen s​tand hingegen n​icht zur Verfügung.[80] Ein weiterer Punkt, v​on dem a​uch die Marine u​nd Luftwaffe betroffen waren, stellte d​er Mangel a​n Spezialisten dar. Aufgrund d​er Technisierung d​er Militärmaschinerie erforderten d​ie immer komplizierter werdenden Gerätschaften spezielles Personal z​ur Bedienung u​nd Wartung, welches a​ber wiederum v​on der Kriegswirtschaft ebenso dringend benötigt wurde. Aus diesem Grund wurden d​ie Anforderungen a​n den Nachwuchs s​chon vor Kriegsausbruch eingeschränkt, s​o dass selbst unehrenhaft Entlassene, n​icht jedoch jüdische Mischlinge, wieder eingestellt werden konnten.[81]

Personalstruktur der Infanterie-Divisionen zu Kriegsbeginn[35]
(Zahlenangaben in Prozent)
Typ 1. Welle
(35 Div.)
2. Welle
(16 Div.)
3. Welle
(21 Div.)
4. Welle
(14 Div.)
Aktives Personal 78 6 - 9
Reserve I
seit 1920 ausgebildet; unter 35 Jahre
12 83 12 21
Reserve II
3 Monate ausgebildet; unter 35 Jahre
6 8 46 46
Landwehr
Kriegsgediente Jg. 1894–1900 oder
ungediente Jahrgänge bis 45 Jahre
4 3 42 24

Infolge d​er mangelhaften materiellen Lage u​nd des unterschiedlichen Ausbildungsstandes konnte n​icht jede Division i​n gleicher Stärke u​nd Zusammensetzung aufgestellt u​nd mit denselben Waffen ausgerüstet werden. So setzten s​ich die s​ich im Sommer 1939 n​och zu mobilisierenden 51 Divisionen a​us drei verschiedenen Divisionstypen, sogenannten Wellen zusammen, welche s​ich enorm i​n der Kampfkraft unterschieden. Die materielle Ausrüstung u​nd die Kampfkraft d​er 3. u​nd 4. Welle w​ar so gering, d​ass diese hauptsächlich a​ls bodenständige Divisionen o​der als Ergänzungseinheiten verwendet wurden. Selbst d​ie zur 1. Welle gehörenden 35 Divisionen d​es Friedensheeres w​aren bei Kriegsbeginn personell n​och nicht a​lle voll aufgefüllt.[82]

Des Weiteren w​ar die Bevorratung a​n Munition, Ersatzteilen u​nd sonstigem Nachschub n​ur unzureichend. Das Friedensheer konnte z​war mit d​er notwendigen Ausstattung einigermaßen versehen werden, jedoch konnte d​ie vom OKH geforderte Munitionsbevorratung v​on vier Monaten für d​as Kriegsheer b​ei Kriegsbeginn b​ei weitem n​icht erreicht werden. Der Fehlbestand a​n dieser 4-Monats-Bevorratung betrug b​ei den folgenden Munitionssorten:[35]

  • Infanteriemunition: 60 Prozent
  • 2 cm Flak- bzw. Kampfwagenmunition: 70 bzw. 95 Prozent
  • Granatwerfermunition: 90 Prozent
  • Infanteriegeschützmunition: 70 Prozent
  • leichte Feldhaubitzenmunition: 60 Prozent
  • schwere Feldhaubitzenmunition: 45 Prozent.

Dass n​ach Kriegsbeginn k​ein – v​on Teilen d​er Militärführung erwarteter – Mangel a​n Munition eintrat, w​ar auf d​as unerwartet schnelle Ende d​er anfänglichen Blitzkriegs-Feldzüge u​nd dem d​amit verbundenen äußerst geringen Munitionsverbrauch zurückzuführen.

Marine

Entgegen d​em Heer h​atte die Marine k​eine Probleme, d​en Offiziersbedarf z​u decken. Das Korps bestand 1933 a​us 1100 Offizieren u​nd hatte s​ich bis z​um Kriegsbeginn a​uf 4400 erhöht. Die Gesamtpersonalstärke Anfang 1933 betrug 15.000 Mann, w​obei sich dieser Friedensbestand b​is zum Sommer 1939 a​uf 78.000 Mann verfünffachte.[83] Durch d​ie im Sommer gestaffelt durchgeführten Mobilmachungen erhöhte s​ich die Gesamtstärke b​ei Kriegsbeginn a​uf 150.000 Mann. Der schleppende Aufbau d​es nur ungenügenden Schiffsbestandes i​st wie f​olgt zu sehen:

Schlachtschiffe Panzerschiffe Schwere Kreuzer Leichte Kreuzer Zerstörer Torpedoboote U-Boote
1. April 1934 1 5 12
1. September 1939 2 3 1 6 21 12 57

Als Großbritannien d​em Dritten Reich a​m 3. September d​en Krieg erklärte, z​og Raeder – für d​en der Krieg „fünf Jahre z​u früh“ k​am – d​as Fazit d​er Marinerüstung: „Was d​ie Kriegsmarine anbetrifft, s​o ist s​ie selbstverständlich n​och keineswegs für d​en Kampf m​it England hinreichend gerüstet … Die Überwasserstreitkräfte a​ber sind n​och so gering a​n Zahl u​nd Stärke, d​ass sie – vollen Einsatz vorausgesetzt – n​ur mit Anstand sterben können.“[84] Diese negative Lageeinschätzung entsprach d​em Ergebnis e​iner Rüstungspolitik, welche zwischen langfristigem Schiffbau u​nd kurzfristigen politischen Entscheidungen keiner konsequenten Leitlinie folgen konnte. Nach Kriegsbeginn w​urde der Bau s​o gut w​ie aller geplanten Überwasserstreitkräfte annulliert. Die Weisung Nr. 1 v​om 31. August 1939 für d​ie Kriegsführung d​er Marine lautete lapidar: „Die Kriegsmarine führt Handelskrieg m​it dem Schwerpunkt g​egen England.“[85]

Luftwaffe

Steigerung der Personalstärke[86]
1933 1935 1939
Offiziere 250 1.100 15.000
Unteroffiziere und
Mannschaften
2.000 17.000 370.000

Durch d​as Totalverbot d​er Luftwaffe konnte diese, i​m Gegensatz z​u den anderen z​wei Teilstreitkräften, n​icht auf e​inen vorhandenen Personalkörper aufbauen, s​o dass d​ie personelle Ausdehnung m​it all i​hren Nachteilen h​ier besonders s​tark zum Ausdruck kam. So musste s​chon 1935 d​ie Offiziersausbildung v​on drei a​uf zwei Jahre reduziert werden. Im Laufe d​er Zeit f​and eine derart immense Personalverstärkung statt, d​ass sich d​as Offizierskorps v​om Zeitpunkt d​er Enttarnung i​m Jahre 1935 b​is zum Kriegsbeginn verdreizehnfachte. Wenn m​an bedenkt, d​ass die Formierung e​ines homogenen Offizierskorps u​nd die Einführung i​n die n​eue komplizierte Technik e​in langwieriger Prozess i​st und e​in Großteil d​es Korps a​us ehemaligen u​nd mit d​er neuen Materie n​icht vertrauten Heeresoffizieren rekrutiert wurde, s​o wird m​an über d​ie Qualität dieses Korps skeptisch urteilen müssen. Durch d​ie immense personelle Vermehrung u​nd die daraus resultierende h​ohe Personalfluktuation w​ar eine Konsolidierung d​er Truppe a​b 1935 n​icht mehr möglich.[50]

Flugzeugproduktion des Deutschen Reiches[87]
Jahr Insgesamt davon Kriegsflugzeuge
1932 36
1933 368
1934 1.968 840
1935 3.183 1.823
1936 5.112 2.530
1937 5.606 2.651
1938 5.235 3.350
1939 8.295 4.733

Auch d​ie Flugzeugproduktion h​atte enorme Steigerungsraten z​u verzeichnen, w​obei es i​m Jahr 1938 w​egen Problemen i​n der Rohstoffversorgung z​u einem Rückgang d​er seit 1936 stagnierenden Gesamtproduktion kam. Das intensive Aufbautempo i​st des Weiteren b​ei der rasanten Vermehrung d​er organisatorisch n​eu aufgestellten Staffeln z​u sehen, w​obei die besonders h​ohen Steigerungsraten d​urch das Teilen bestehender Verbände zustande gekommen sind:[50]

  • 1933: 3 Staffeln
  • 1934: 14 Staffeln
  • 1935: 49 Staffeln
  • 1936: 109 Staffeln
  • 1937: 214 Staffeln
  • 1938: 243 Staffeln (2.180 Frontflugzeuge)
  • 1939: 275 Staffeln (Sommer)

Hohe personelle Zuwachsraten h​atte auch d​ie Flakartillerie z​u verzeichnen, welche v​on 11 Abteilungen z​um Zeitpunkt d​er Enttarnung a​uf 60 Flak-Abteilungen m​it 68.000 Mann z​um Jahresende 1938 anwuchs. Bei d​er dritten Waffengattung, d​er Luftnachrichtentruppe, verhielt e​s sich m​it der Vermehrung v​on sechs Kompanien a​uf 102 Kompanien m​it 35.500 Mann i​m gleichen Zeitraum analog.[50]

Im August 1939 dienten 373.000 Mann i​n der Luftwaffe, welche s​ich in

  • 208.000 Mann Fliegertruppe (darunter 20.000 Mann fliegendes Personal)
  • 107.000 Mann Flakartillerie und
  • 58.000 Mann Luftnachrichtentruppe

gliederten. Durch d​ie Mobilmachungsmaßnahmen w​urde hauptsächlich mittels Verdreifachung d​er Flak-Truppe, dessen benötigte Ausrüstung eingelagert war, d​ie Gesamtpersonalstärke a​uf 677.000 Mann z​u Kriegsbeginn angehoben.

Einsatzbereitschaft der fliegenden Frontverbände bei Kriegsbeginn[A 11]
Jäger
Zerstörer
Sturzkampfflieger
Schlachtflieger
Bomber
Schnellkampfflieger
Aufklärer
Heeres- und Fernaufklärer
Transportflieger
Ohne Lastensegler
Sonstige
Kurierstaffeln, Seeflieger etc.
Gesamtbestand
insges. 302 Staffeln
Einsatzbereite Flugzeuge 1.082 377 1.105 541 502 225 3.832
Nicht einsatzbereit 148 23 105 120 42 18 456
Einsatzbereite Besatzungen 980 345 1.045 459 539 201 3.569

Die Einsatzbereitschaft d​er rund 11.700 Mann umfassenden Frontbesatzungen w​ar relativ hoch, obwohl n​icht alle verfügbaren Flugzeuge bemannt werden konnten. Weiterhin w​urde gegenüber d​en ersten Rüstungsprogrammen d​ie Luftverteidigungskomponente beträchtlich erhöht, d​enn die 21 Flakregimenter m​it ihren 2.600 schweren, 6.700 mittleren bzw. leichten Flakgeschützen u​nd 3.000 Flakscheinwerfern verfügten m​it 107.000 Mann f​ast über e​in Drittel d​es aktiven Stammpersonals v​on 370.000 Mann. Des Weiteren konnte d​ie Luftwaffe a​uf 133 Fliegerhorste, 49 Munitionsanstalten u​nd 13 große Lufttanklager zurückgreifen.[50]

Auswirkungen

Die massive Aufrüstung führte t​rotz Hitlers „Friedensreden“ n​eben einer Verschärfung d​er internationalen Beziehungen z​u einem Wandel d​er Mächtekonstellation, s​o dass i​m Falle e​iner Kriegseröffnung k​aum Aussicht bestand, d​en Konflikt l​okal begrenzen z​u können. Für diesen Fall reichte d​er Rüstungsstand a​ber 1939 n​icht aus.[35] So entwickelte d​ie massive Aufrüstung e​ine unkontrollierbare Eigendynamik u​nd wurde selbst z​u einem Risiko für d​as Reich. Für d​ie Militärs g​ab es k​eine Alternative z​ur Aufrüstung, w​ie der Gedankengang d​er Wehrmachtführung, a​uf die w​egen der intensiven Aufrüstung verschlechterte außenpolitische Situation m​it einer Rüstungsbeschleunigung z​u reagieren, aufschlussreich zeigte.[17]

Die 1936 v​om Chef d​es Heeresamtes gestellte Frage, o​b die Unterhaltung e​ines auf höchste Kriegsbereitschaft ausgelegten Heeres ökonomisch überhaupt tragbar sei, stellte s​ich alsbald n​icht mehr, d​enn Hitler h​atte seine Absicht verkündet, spätestens a​b 1943 d​ie Wehrmacht z​um Kampf u​m die Erweiterung d​es Lebensraumes einzusetzen.[88] Gemäß d​em vorgesehenen Blitzkriegs-Konzept, e​inen diplomatisch isolierten Feind m​it begrenzten, a​ber gewaltigen Schlägen überfallartig z​u besiegen, besaß d​ie Wehrmacht e​ine hohe Erstschlagskapazität. Durch d​ie in Deutschland praktizierte Breitenrüstung gelang es, d​ie Streitkräfte innerhalb e​iner kurzen Zeitspanne a​uf eine relativ h​ohe quantitative Stärke z​u bringen, jedoch w​ar durch d​as Fehlen e​iner Koordination d​er Rüstungsmaßnahmen u​nd das Beibehalten d​er Friedenswirtschaft – selbst n​ach Kriegsbeginn – d​ie Leistungsfähigkeit d​er Rüstungsindustrie begrenzt, s​o dass e​ine Tiefenrüstung u​nd der Aufbau v​on Nachschubreserven n​icht realisiert werden konnte.[89] Selbst v​on der eigenen militärischen Führung w​urde die Wehrmacht i​m Sommer 1939 a​ls nicht kriegsfähig bezeichnet.[90] Im Verlauf d​er immer länger währenden u​nd in dieser Form n​icht geplanten Ausweitung d​es Konfliktes sollte s​ich zeigen, d​ass die Wehrmacht für e​inen langen Weltkrieg n​icht gerüstet war. Der u​nter größten Anstrengungen i​n einigen Teilbereichen erreichte Rüstungsvorsprung schmolz aufgrund d​es Unterlassens e​iner wirtschaftlichen Totalmobilmachung s​chon nach kürzester Zeit dahin.[91]

Bis h​eute gibt e​s unterschiedliche Rezeptionen über d​en Verlauf d​er Aufrüstung. Ältere Forschungen unterstützen d​ie in d​en 1960er Jahren v​om Wirtschaftshistoriker Alan S. Milward formulierte These d​er „Blitzkriegswirtschaft“.[92] Die Theorie erklärte d​en geringen wirtschaftlichen Mobilisierungsgrad m​it einer angeblich genialen Wirtschaftspolitik Hitlers, i​n welcher d​ie knappen Ressourcen d​urch geschickten Kräfteeinsatz innerhalb d​er gegebenen Rahmenbedingungen e​inen erfolgreichen Blitzkrieg gewährleisten sollten. Der d​urch die enormen investierten Mittel entstandene ökonomische Engpass sollte d​urch eine Art Flucht n​ach vorn i​n den Krieg überwunden werden. Durch d​ie Ausbeutung d​er dabei eroberten Gebiete sollte d​er nächste k​urze Feldzug ermöglicht werden. Der Krieg sollte sozusagen d​en Krieg nähren.[93]

Nach Adam Tooze wäre s​ich Hitler u​nd die NS-Führung v​or ihrem Kriegsbeginn bewusst gewesen, d​ass die Rüstung d​er Wehrmacht für e​inen längeren Krieg n​icht ausreichte u​nd dass d​ie Zeit angesichts d​es absehbaren Kriegseintritts d​er USA g​egen sie arbeitete. Hitler h​ielt aber m​it seiner Ideologie d​er jüdischen Weltverschwörung a​m Krieg fest. Durch e​inen Blitzkrieg sollte n​ach dem „Sieg i​m Westen“ d​ie UdSSR r​asch niedergeworfen werden, w​as die militärische Lage zugunsten NS-Deutschlands s​tark verbessern sollte. Dieses Vorhaben scheiterte 1941 v​or Moskau.[94]

Andere Forscher g​ehen davon aus, d​ass die NS-Führung e​ine Ausrichtung a​uf einen langen Krieg u​nd die totale Mobilmachung s​chon immer angestrebt hätten, a​n dieser Aufgabe a​ber aufgrund Ineffizienz u​nd der ausbleibenden Einsicht, d​ass das wirtschaftliche Potential z​u gering für e​inen großen Weltkrieg war, scheiterte.[95]

Literatur

(chronologisch)

  • Burkhart Müller-Hillebrand: Das Heer 1933–1945. Entwicklung des organisatorischen Aufbaues. Band I: Das Heer bis zum Kriegsbeginn. Mittler, Darmstadt 1954.
  • Karl-Heinz Völker: Die Deutsche Luftwaffe 1933–1939. DVA, Stuttgart 1967.
  • Wilhelm Deist: Die Aufrüstung der Wehrmacht. In: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt. Band 1: Ursachen und Voraussetzungen der deutschen Kriegspolitik. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1979, ISBN 3-421-01934-7.
  • Bernhard R. Kroener: Die personellen Ressourcen des Dritten Reiches. und Rolf-Dieter Müller: Die Mobilisierung der deutschen Wirtschaft für Hitlers Kriegsführung. In: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Hrsg. vom MGFA. Band 5/1: Organisation und Mobilisierung des deutschen Machtbereichs. DVA, Stuttgart 1988, ISBN 3-421-06232-3.
  • Wilhelm Deist: Militär, Staat und Gesellschaft. Studien zur preußisch-deutschen Militärgeschichte. Oldenbourg, München 1991, ISBN 3-486-55920-6.
  • Rolf-Dieter Müller, Hans-Erich Volkmann (Hrsg. im Auftrag des MGFA): Die Wehrmacht. Mythos und Realität. Oldenbourg, München 1999, ISBN 3-486-56383-1.
  • Michael Salewski: Die Deutschen und die See. Steiner, Stuttgart 2002, ISBN 3-515-07319-1 (Teil I), ISBN 3-515-08087-2 (Teil II).
  • Marian Zgorniak: Europa am Abgrund – 1938. Lit Verlag, Münster 2002, ISBN 3-8258-6062-0.
  • MGFA: Grundkurs deutsche Militärgeschichte. Band 2: Das Zeitalter der Weltkriege. Völker in Waffen. Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-58099-0.

Einzelnachweise

  1. Rainer Wohlfeil, Edgar Graf von Matuschka: Reichswehr und Republik (1918–1933). Bernard & Graefe, 1970, ISBN 3-7637-0304-7, S. 207 ff.
  2. Wohlfeil/Matuschka: Reichswehr und Republik. S. 218 ff.
  3. Von einer „sensationellen Wende“ ist die Rede in Müller/Volkmann: Die Wehrmacht. Mythos und Realität. S. 79.
  4. Ernst Hansen: Reichswehr und Industrie. Rüstungswirtschaftliche Zusammenarbeit und wirtschaftliche Mobilmachungsvorbereitungen 1923–1932. Boldt, 1978, ISBN 3-7646-1686-5, S. 64 ff.
  5. Wie kein anderer veränderte Groener die Reichswehr. → Johannes Hürter: Wilhelm Groener. Reichswehrminister am Ende der Weimarer Republik. Oldenbourg Verlag, München 1998, ISBN 3-486-55978-8, S. 355 ff.
  6. 78 Aufklärer, 54 Jäger und 18 Bomber. → Müller-Hillebrand: Das Heer 1933–1945. Band I, S. 19 f.
  7. Müller/Volkmann: Die Wehrmacht. Mythos und Realität. S. 81.
  8. Simson hatte das reichsweite Monopol auf die Herstellung leichter MG. → Wolf Gruner: Deutsches Reich 1933–1937. ISBN 3-486-58480-4, S. 372.
  9. Karl-Heinz Janßen: Der große Plan. Die Zeit, Nr. 11/1997, (Artikel online).
  10. Diese früher lang unterschätzte Feststellung u. a. in: Johannes Hürter: Wilhelm Groener. ISBN 3-486-55978-8, S. 106.
    Rüdiger vom Bruch, Brigitte Kaderas (Hrsg.): Wissenschaften und Wissenschaftspolitik: Bestandsaufnahme zu Formationen, Brüchen und Kontinuitäten in Deutschland des 20. Jahrhunderts. Steiner, Stuttgart 2002, ISBN 3-515-08111-9, S. 265.
  11. Abschrift auf NS-Archiv.de der Liebmann-Aufzeichnung.
  12. Die Denkschrift wurde vom Chef der Heeresleitung (Hammerstein) und vom Chef des Truppenamtes (Adam) erstellt. Dazu MGFA: DRZW. Band 1, S. 400.
  13. Alle Zahlen nach MGFA: DRZW, Band 1, S. 401 f.
  14. MGFA: DRZW, Band 1, S. 243 f.
  15. Wilhelm Deist (1991): Militär, Staat und Gesellschaft. S. 307.
  16. Militärgeschichtliches Forschungsamt: Das Zeitalter der Weltkriege. S. 262.
  17. MGFA: DRZW, Band 1, S. 418.
  18. Die Studie wurde von Beck ausgearbeitet und von Werner von Fritsch, der sogar 36 bis 40 Divisionen forderte, gebilligt. → Klaus-Jürgen Müller: General Ludwig Beck. Studien und Dokumente zur politisch-militärischen Vorstellungswelt und Tätigkeit des Generalstabschefs des deutschen Heeres 1933–1938. Boldt, 1980, ISBN 3-7646-1785-3, S. 202 ff.
  19. Proklamation der Reichsregierung an das deutsche Volk bezüglich der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht. Vom 16. März 1935. Auf: documentarchiv.de. Vgl. Deutsches Reichsgesetzblatt Teil I 1867–1945, S. 375; bei der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB).
  20. http://www.documentarchiv.de:/ Wehrgesetz vom 21. Mai 1935.
  21. Zum Versprechen Hitlers siehe Punkt 4 der Liebmann-Abschrift. Mit dem Gesetz erfolgten ab Sommer einige Umbenennungen: die Reichswehr wurde offiziell zur Wehrmacht, das Truppenamt wurde in „Generalstab des Heeres“ umbenannt und die Führer der drei Teilstreitkräfte wurden zu Oberbefehlshabern.
  22. MGFA: DRZW, Band 1, S. 420.
  23. Als Hauptursache wird die um ein Jahr verzögerte Einführung der schon seit 1933 geforderten Wehrpflicht und das Fehlen der für die Westfront abgestellten Divisionen angesehen. → MGFA, DRZW, Band 1, S. 420.
  24. Erhöhung: MGFA, DRZW, Band 1, S. 421; Ausgleich: S. 433.
  25. Es handelte sich um insgesamt 56.000 Mann. Die Ausbildung der kasernierten Hundertschaften hatte schon ab Herbst 1933 militärischen Charakter. → Rudolf Absolon: Die Wehrmacht im Dritten Reich. Aufbau, Gliederung, Recht und Verwaltung. Band III, Oldenbourg, 1975, ISBN 3-486-41567-0, S. 31 ff.
  26. Rüdiger von Manstein: Erich von Manstein. Soldat im 20. Jahrhundert: Militärisch-politische Nachlese. Bernard & Graefe, 1994, ISBN 3-7637-5214-5.
  27. Deist: Militär, Staat und Gesellschaft. S. 324.
  28. Das Heer 1914 bestand aus 87 Divisionen und 44 Landwehrbrigaden. → Deist: Militär, Staat und Gesellschaft. S. 326.
  29. MGFA: DRZW, Band 1, S. 439.
  30. MGFA: DRZW, Band 1, 1936: S. 432; 1937–1939: S. 442 ff.
  31. Siehe mehrfach in MGFA: DRZW, Band 1, S. 415, 422, 431, 435, 437 o. 444.
  32. Zum Augustprogramm kamen nach Angaben des AHA jährlich noch Wechselunkosten in Höhe von 700 Mio. RM dazu. → MGFA: DRZW, S. 434.
  33. MGFA: DRZW, Band 1, S. 435.
  34. Meldung des ObdH an den Reichskanzler. → MGFA: DRZW, Band 1, S. 445.
  35. Müller-Hillebrand: Das Heer 1933–1945. Band I, S. 37(a), 20(b), 70(c), 128(d), 126(e).
  36. MGFA: DRZW, Band 1, Verzögerung: S. 446; Ausstattungsmisere: S. 447.
  37. Salewski: Die Deutschen und die See. Teil 2, S. 137.
  38. Jost Dülffer: Weimar, Hitler und die Marine. Reichspolitik und Flottenbau 1920–1939. Droste, 1973, ISBN 3-7700-0320-9, S. 248 f.(a), 566(b), 313(c), 389(d), 568 f.(e), 458 ff.(f), 504 ff.(g).
  39. Salewski: Die Deutschen und die See. S. 134.
  40. Ingo Bauernfeind: Radioaktiv bis in alle Ewigkeit – Das Schicksal der Prinz Eugen. Mittler-Verlag, Hamburg/Berlin/Bonn 2011, ISBN 978-3-8132-0928-0, S. 10.
  41. MGFA: DRZW, Band 1, S. 458.
  42. Erminio Bagnasco: U-Boote im 2. Weltkrieg. Motorbuch, Stuttgart 1994, ISBN 3-613-01252-9, S. 56.
  43. Michael Salewski: Die deutsche Seekriegsleitung 1935–1945. Bernard & Graefe, Frankfurt 1985, ISBN 3-7637-5168-8.
  44. Rolf Güth: Die Marine des deutschen Reiches 1919–1939. Bernard & Graefe, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-7637-5113-0, S. 157.
  45. In dem Z-Plan sind die schon geplanten und vorhandenen Schiffe der Kriegsmarine enthalten. Der Ursprungsplan umfasste sogar 8 Flugzeugträger. → Robert Bohn: Neutralität und totalitäre Aggression. Steiner-Verlag, Stuttgart 1991, ISBN 3-515-05887-7, S. 60.
  46. MGFA: DRZW, Band 1, S. 468.
  47. MGFA: DRZW, Band 1, S. 450.
  48. Gert Sandhofer: Das Panzerschiff A und die Vorentwürfe von 1920–1928. In: Die Marine des Deutschen Reiches 1919–1939. Bernard & Graefe, 1972, ISBN 3-7637-5117-3, S. 83.
  49. Artikel 198
  50. Völker: Die deutsche Luftwaffe 1933–1939. S. 15 f. u. 229(a), S. 58(b), S. 131(c), S. 170(d), S. 201(e), S. 138(f), S. 99 u. 121(g), S. 31, 48, 102 f.(h), S. 106 u. 111 ff.(i), S. 182 u. 193(j).
  51. abgedruckt bei: Bernhard Heimann, Joachim Schunke: Eine geheime Denkschrift zur Luftkriegskonzeption Hitler-Deutschlands vom Mai 1933. In: Zeitschrift für Militärgeschichte. Nr. 3, Berlin-Ost 1964, S. 72–86.
  52. Die Luftflotte sollte aus 400 Bombern (Eindringtiefe 800 km und Abwurfkapazität mindestens 2 t) und 10 Aufklärungsstaffeln bestehen. → MGFA: DRZW, Band 1, S. 475 f.
  53. Edward L. Homze: Arming the Luftwaffe. The Reich Air Ministry and the German Aircraft Industry 1919–1939. Nebraska Press, 1976, ISBN 0-8032-0872-3, S. 74 f.(a und b), 78 u. 184(c), 222 ff.(d), 145(e).
  54. Zgorniak: Europa am Abgrund. S. 58.
  55. Meinung in MGFA: DRZW, Band 1, S. 483.
  56. L.Dv. 16 → Rolf Schabel: Die Illusion der Wunderwaffen. Oldenbourg Verlag, München 1994, ISBN 3-486-55965-6, S. 79.
  57. siehe dazu auch Ernst Stilla: Die Luftwaffe im Kampf um die Luftherrschaft. Entscheidende Einflussgrößen bei der Niederlage der Luftwaffe im Abwehrkampf im Westen und über Deutschland im Zweiten Weltkrieg unter besonderer Berücksichtigung der Faktoren „Luftrüstung“, „Forschung und Entwicklung“ und „Human Ressourcen“. Dissertation 2005, urn:nbn:de:hbz:5-05816. (S. 38–46: Strukturelle Schwierigkeiten und der negative Einfluss Görings auf die Organisation und Handlungsfähigkeit der Luftwaffenführung).
  58. Guido Knopp, Friederike Dreykluft: Hitlers Krieger. Goldmann-Verlag, München 2000, ISBN 3-442-15045-0, S. 337.
  59. MGFA: DRZW, Band 1, S. 488 f.
  60. Leichtverletzte: 211 Mann. → MGFA: DRZW, Band 5/1, S. 717.
  61. Zu den Institutionen MGFA: DRZW, Band 5/1, 2. Teil: „Die Mobilisierung der deutschen Wirtschaft für Hitlers Kriegsführung“, S. 349 ff.
  62. Fast keine Planzahl wurde tatsächlich erreicht. → MGFA: DRZW, Band 5/1, S. 408.
  63. MGFA: DRZW, Band 1, S. 366.
  64. MGFA: DRZW, Band 1, S. 364.
  65. Urteil in MGFA: DRZW, Band 1, S. 497 ff.
  66. Adam Tooze: Ökonomie der Zerstörung. Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus. Siedler-Verlag, München 2007, ISBN 978-3-88680-857-1, S. 755.
  67. Zgorniak: Europa am Abgrund. S. 34.
  68. Christoph Franke: Die Rolle der Devisenstellen bei der Enteignung der Juden. In: Katharina Stengel (Hrsg.): Die staatliche Enteignung der Juden im Nationalsozialismus. Frankfurt a. M. 2007, ISBN 978-3-593-38371-2, S. 81. (Vorschau auf Google Books)
  69. MGFA: DRZW, Band 1, S. 362.
  70. Willi A. Boelcke: Die Kosten von Hitlers Krieg:Kriegsfinanzierung und finanzielles Kriegserbe in Deutschland 1933–1948. Schöningh-Verlag, Paderborn 1985, ISBN 3-506-77471-9, S. 28.
  71. Wolfram Fischer: Deutsche Wirtschaftspolitik 1918–1945. Leske-Verlag, Opladen 1968, ISBN 3-7850-0073-1, S. 102.
  72. Arthur Schweitzer: Big Business in the Third Reich. Indiana University Press, Bloomington 1977, ISBN 0-253-10670-2, S. 331.
  73. Berenice Carroll: Design for Total War, Arms and Economics. Walter de Gruyter 1968, ISBN 90-279-0299-2, S. 184.
  74. Dietrich Eichholtz: Geschichte der Deutschen Kriegswirtschaft. Akademie-Verlag 1969, ISBN 3-598-11635-7, S. 31.
  75. Angaben des Reichsfinanzminister Schwerin von Krosigk im Wilhelmstraßen-Prozess; zit. nach Rene Erbe: Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik 1933–1939 im Lichte der modernen Theorie. Polygraphischer Verlag 1958.
  76. Bernhard R. Kroener: Die Personallage der Wehrmacht bei Kriegsausbruch. In: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. (Band 5/1), Stuttgart 1988, S. 726–739 (graphische Darstellung S. 731).
  77. Zahlen nach MGFA: DRZW, Band 1, S. 410 ff.; Mueller-Hillebrand: Das Heer 1933–1945. Band I, S. 66.
  78. Die Zahlen schwanken zwischen 3,706 Mio. (MGFA: DRZW, Band 5/1, S. 731) und 3,731 Mio. (Mueller-Hillebrand: Heer. S. 66) Mann. Die Zahlen für das Feldheer sind aber übereinstimmend.
  79. MGFA: DRZW, Band 5/1, S. 554 (aufgrund Mängel der damaligen Statistik sind Unterschiede zu anderen Zahlenangaben – vor allem bei Panzern – möglich).
  80. MGFA: DRZW, Band 5/1, S. 728.
  81. MGFA: DRZW, Band 5/1, S. 732.
  82. MGFA: DRZW, Band 1, S. 448.
  83. Rolf Güth: Organisation der Marine in Krieg und Frieden 1913–1933. In: Deutsche Marinegeschichte der Neuzeit. ISBN 3-7637-0307-1, S. 347 ff.
  84. Müller/Volkmann: Die Wehrmacht. Mythos und Realität. S. 270.
  85. Gerhard Koop: Schiffsklassen und Schiffstypen der deutschen Marine. Band 5, Bernard & Graefe, Bonn 1994, ISBN 3-7637-5923-9, S. 294.
  86. MGFA: DRZW, Band 1, S. 479.
  87. MGFA: DRZW, Band 1, S. 242.
  88. Fromm forderte eine Verlangsamung der Rüstung, wenn keine feste Absicht besteht, die Wehrmacht einzusetzen. MGFA: DRZW, Band 1, S. 436.
  89. MGFA: Das Zeitalter der Weltkriege. S. 262.
    Fazit Ineffizienz → Müller/Volkmann: Die Wehrmacht. S. 102.
  90. Urteil u. a. Klaus-Jürgen Müller: Das Heer und Hitler. Oldenbourg, 1988, ISBN 3-486-55350-X, S. 407 ff.
    Gotthard Breit: Das Staats- und Gesellschaftsbild deutscher Generale beider Weltkriege im Spiegel ihrer Memoiren. Boldt, 1973, ISBN 3-7646-1576-1, S. 185 ff.
  91. So baute England schon im Sommer 1939 mehr Flugzeuge als Deutschland, ein Jahr darauf waren es schon 50 % mehr; von den wirtschaftlichen Kapazitäten Russlands und der USA, welche ab Mitte des Krieges voll ausgenutzt wurden, ganz zu schweigen. Näher dazu Richard Overy: Die Wurzeln des Sieges. Rowohlt-Verlag, Reinbek 2002, ISBN 3-499-61314-X, S. 425.
  92. Siehe dazu Alan S. Milward: Der Einfluß ökonomischer und nicht-ökonomischer Faktoren auf die Strategie des Blitzkrieg. In: Forstmeier, Volkmann (Hrsg.): Wirtschaft und Rüstung am Vorabend des Zweiten Weltkrieges. Droste-Verlag, Düsseldorf 1975, ISBN 3-7700-0399-3, S. 189–201.
  93. Timothy Mason: Sozialpolitik im Dritten Reich. Arbeiterklasse und Volksgemeinschaft. Westdeutscher Verlag, Opladen 1977, ISBN 3-531-11364-X, S. 295 ff.
  94. Vgl. Adam Tooze: Wages of Destruction. The Making and Breaking of the Nazi Economy. 2006, Taschenbuchausgabe 2007, vor allem das Kapitel 9 „1939: Nothing to Gain by Waiting“.
  95. MGFA: DRZW, Band 5/1, S. 349 u. 689.

Anmerkungen

  1. Der anfängliche Plan für ein 21-Divisionen-Heer wurde aus wirtschaftlichen Gründen verworfen. Der Löwenanteil entfiel auf das Heer; die Marine erhielt rund 7 Mio. RM jährlich. Die 350 Mio. RM wurden mit vollster Billigung aller Regierungsparteien mittels eines Geheimfonds im Reichshaushalt untergebracht. Dazu wurde der Staatssekretärausschuß gegründet, der den Etat verabschieden konnte. Dieser bestand aus je einem Vertreter des Rechnungshofes, des Reichswehr- und des Finanzministeriums und war den Kontrollmöglichkeiten des Reichstages entzogen. → Johannes Hürter: Wilhelm Groener. ISBN 3-486-55978-8, S. 114 f.
  2. Karl-Heinz Janßen beschreibt „den großen Plan“ eingehend in seinem Buch Der Krieg der Generäle: Hitler als Werkzeug der Wehrmacht. ISBN 3-548-36277-X. Die Darstellung wird aber z. B. von dem Historiker Dieter Pohl als „streckenweise spekulativ“ kritisiert (→ Die Herrschaft der Wehrmacht. ISBN 3-486-58065-5, S. 41.)
    Allgemein ist dieses Buch umstritten, da Hitler nur als Marionette einer auf Revanchekrieg ausgerichteten Militärführung dargestellt wird. Kritisch z. B. Ursula Heukenkamp: Schuld und Sühne? Kriegserlebnis und Kriegsdeutung in deutschen Medien der Nachkriegszeit. ISBN 90-420-1425-3, S. 151.
  3. Hitler stand bis zuletzt einem Abschluss (den er später sowieso revidiert hätte) positiv gegenüber, da er die eigene militärische Schwäche erkannte u. der Ansicht war, „dass es falsch sei, mehr zu verlangen, als wir aus technischen oder finanziellen Gründen tatsächlich anschaffen könnten.“ Zit. n. MGFA, DRZW, Band 1, S. 398.
  4. Schon seit 1933 reagierte die englische Öffentlichkeit aufgrund von Artikeln der Yellow Press beunruhigt; ab 1934 wurde die Bedrohung auch politisch ernst genommen, obwohl England damals noch keine Rolle in den dt. Luftkriegsüberlegungen spielte. So wurde die Zielsetzung der Luftwaffenführung, eine Waffe hauptsächlich gegen Frankreich und Polen zu schaffen, durch äußere Faktoren hinfällig. → MGFA: DRZW, Band 1, S. 477.
  5. Erst durch die Ernennung Speers zum Reichsminister für Bewaffnung und Munition 1942 und dann 1943 zum Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion gelang eine vollständige Umstellung der Wirtschaft auf Kriegsproduktion und von der handwerklichen Fertigung von Rüstungsgütern auf industrielle Massenfertigung. Das von Speer umgesetzte Konzept der „Selbstverantwortung der Industrie“ setzte alle dynamischen Kräfte einer modernen Industriegesellschaft frei und ermöglichte das „Rüstungswunder Speer“ (MGFA: DRZ, Band 5/2, S. 343). Zu einer kritischen Bewertung von Albert Speer und dem „sogenannten“ (so Tooze) Rüstungswunder vgl. Adam Tooze: Ökonomie der Zerstörung: Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus. Pantheon 2008, ISBN 3-570-55056-7, S. 550 ff.
  6. Um der Entstehung von Kriegsgewinnlertum, welcher sich im Ersten Weltkrieg gebildet hatte, entgegenzutreten, entwickelte man eine Preisprüfung, die nach dem Prinzip funktionierte, dass sich die Gewinnspanne des Unternehmens nach einem fest fixierten prozentualen Verhältnis zu den realen Herstellungskosten richtete. Je höher also die Betriebskosten waren, umso höher waren auch die Gewinne, so dass eine Rationalisierung seitens der Unternehmen gar nicht angestrebt wurde.
  7. Die Reihenfolge 1939 war: USA, Neuseeland, Hawaii, Kanada, Australien, Frankreich, Großbritannien, Dänemark, Schweden, Südafrika, Luxemburg, Norwegen, Uruguay, Belgien und dann Deutschland. In absoluten Zahlen lag Deutschland mit knapp 2 Mio. Kfz (Pkw, Bus und Lkw) auf dem 4. Platz, aber immer noch weit hinter den USA mit ihren 30 Mio. Kfz. → MGFA: DRZW, Band 5/1, Tabelle S. 651 (Der Schell-Plan kam vor dem Krieg nicht mehr zum Tragen).
  8. Rechenbeispiel einer Familienunterstützung: Wurde der Mann, der zuvor in einer Fabrik 216 RM verdiente, einberufen, bekam selbst die kinderlose Ehefrau eine Unterstützung von 84 RM, wozu noch ein Mietzuschuss von 10 RM kam. Die somit monatlich zur Verfügung stehenden 94 RM boten keinen Anreiz für eine Berufstätigkeit, da die Frau z. B. in einer Konservenfabrik nur 53 RM verdiente. → MGFA: DRZW, Band 5/1, S. 771.
  9. Eine umfangreiche Übersicht über die Rüstungswirtschaft, die den Artikel sprengen würde, bietet sich u. a. in:
    Rolf-Dieter Müller: Die Mobilisierung der deutschen Wirtschaft für Hitlers Kriegsführung. In: MGFA, DRZW, Band 5/1, S. 349–689;
    Alan S. Milward: Die deutsche Kriegswirtschaft 1939–1945. Deutsche Verlags-Anstalt, 1966;
    MGFA: Wirtschaft und Rüstung am Vorabend des Zweiten Weltkrieges. Düsseldorf 1975, ISBN 3-7700-0399-3;
    Forstmeier/Volkmann: Kriegswirtschaft und Rüstung 1939–1945. Droste, 1976, ISBN 3-7700-0443-4;
    Georg Thomas: Geschichte der deutschen Wehr- und Rüstungswirtschaft. ISBN 3-7646-1067-0;
    Adam Tooze: Ökonomie der Zerstörung: Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus. Pantheon 2008, ISBN 3-570-55056-7.
  10. MGFA: DRZW, Band 1, S. 249: Hierbei gibt es Unterschiede zwischen dem kurz- und langfristigen Schuldenstand. Addiert ergeben sich folgende Zahlen:
    1933: 14 Mrd. RM; 1934: 16 Mrd. RM; 1935: 20 Mrd. RM; 1936: 26 Mrd. RM; 1937: 32 Mrd. RM.
  11. Zahlen nach MGFA: DRZW, Band 5/1, S. 963. Hinweis: Zahlen mit anderen Quellen aufgrund von Statistikdefiziten und sonstigen Falsch- oder Mehrzählungen nicht unbedingt konform. So kommt Völker, Luftwaffe, auf 4093 vorhandene Flugzeuge, wovon 3646 einsatzbereit waren, darunter u. a. 1056 Bf 109, 787 He 111, 628 Do 17, 366 Ju 87 und 552 Ju 52.

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