Deutschland 1945 bis 1949

Die Besatzungszeit i​n Deutschland zwischen 1945 u​nd 1949 w​ar die Phase zwischen d​em Zusammenbruch d​es NS-Staats a​m Ende d​es Zweiten Weltkriegs u​nd der Gründung d​er zwei deutschen Staaten, d​er Bundesrepublik Deutschland u​nd der Deutschen Demokratischen Republik, d​ie im Kalten Krieg z​wei konkurrierenden Machtblöcken angehörten.

Deutschland
1945–1949
VereinigteStaatenVereinigtesKoenigreich
SowjetunionFrankreich
Flaggen der Besatzungsmächte[Anm 1]
Deutschland
Erkennungsflagge für deutsche Handelsschiffe[Anm 2]
1945–1950
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Hauptstadt und Verwaltungssitze Berlin (de jure)
Frankfurt am Main (Amerikanische Zone)
Bad Oeynhausen (Britische Zone)
Baden-Baden (Französische Zone)
Ost-Berlin (Sowjetische Zone)
Haren (polnische Zone, bis 1948)
Regierungsgewalt Alliierter Kontrollrat
Währung West- und Ostzone: Reichsmark und Rentenmark (1945–1948)
Westzone: Deutsche Mark (1948–1949)
Ostzone: Deutsche Mark (1948–1949)
Saarland: Saar-Mark (1947), Französischer Franc (1947–1949)
Zeitzone MEZ
OEZ[1]
Kfz-Kennzeichen D
Karte (Ausschnitt)
Die vier Besatzungszonen am 8. Juni 1947

Die Lage nach Kriegsende

Deutschland in den Grenzen vom 31. Dezember 1937
Deutschland 1947: die vier Besatzungszonen, das Gebiet Groß-Berlins, das von Deutschland politisch unabhängige Saarland und die gemäß dem Potsdamer Abkommen unter polnische und sowjetische Verwaltung gestellten deutschen Ostgebiete

Der Historiker Lutz Niethammer zählt d​ie Jahre v​on der bedingungslosen Kapitulation d​er Wehrmacht u​nd der Niederlage d​es Deutschen Reiches b​is zur Neuorganisation beziehungsweise d​er Gründung zweier deutscher Staaten a​ls Teile d​er deutschen Nation u​nd damit d​en Beginn d​er 40-jährigen Geschichte deutscher Teilung z​u den „kompliziertesten Abschnitten d​er deutschen Geschichte […], e​inem interdependenten Prozess, a​n dem a​lle Weltmächte beteiligt waren“.

Situation vor der Besetzung

Die Staatsorganisation d​es Deutschen Reiches w​ar schon v​or dem „Zusammenbruch“ n​icht mehr v​oll funktionsfähig. Nachdem d​ie Siegermächte d​ie Obersten Reichsbehörden u​nd die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) aufgelöst hatten, w​aren Bevölkerung u​nd nachgeordnete Verwaltung weitgehend a​uf Selbstorganisation zurückgeworfen. Noch l​ange im Exil, bezeichnete Thomas Mann 1945 d​ie Deutschen a​ls „dies unglückselige Volk“. Die Westwanderung v​on 12 b​is 14 Millionen Heimatvertriebenen u​nd Flüchtlingen u​nd der Zerfall d​er deutschen Wirtschaftsräume verschärften d​as soziale Elend.

Übernahme der Regierungsgewalt durch die Alliierten

Ausgehend v​on seinem Gebietsstand v​on 1937 w​urde das besetzte Deutschland aufgeteilt. Dies geschah a​uf Beschluss d​er Alliierten a​uf der Konferenz v​on Jalta (2. b​is 11. Februar 1945). Die Ostgebiete (Oder-Neiße-Gebiete), d​ie rund e​in Viertel d​es Staatsgebietes ausmachten, w​aren von d​er sowjetischen Roten Armee direkt a​n die Volksrepublik Polen beziehungsweise a​n die Russische SFSR a​ls eine d​er Unionsrepubliken d​er Sowjetunion z​ur Verwaltung übergeben worden. Die Russische SFSR verwaltete d​en heute z​u Russland gehörenden, nördlichen Teil Ostpreußens, d​ie restlichen Ostgebiete wurden s​eit 1945 v​on Polen verwaltet u​nd gehören h​eute zu Polen.

Die verbliebenen z​wei Drittel d​es Reichsgebiets wurden – m​it Ausnahme Berlins u​nd einiger kleiner Gebiete a​n der Westgrenze – i​n vier Besatzungszonen aufgeteilt:

Viersektorenstadt Berlin

Am 5. Juni 1945 übernahmen d​ie Oberbefehlshaber d​er Vier Mächte (USA, Großbritannien, Frankreich u​nd Sowjetunion) d​urch die Berliner Erklärung d​ie oberste Regierungsgewalt über Gesamtdeutschland. Diese l​ag beim Alliierten Kontrollrat m​it Sitz i​n Berlin.

Für Groß-Berlin erfolgte e​ine gemeinsame Besetzung d​er Alliierten u​nd die Einrichtung d​er Alliierten Kommandantur für d​ie Verwaltung d​es Stadtgebietes, w​obei die Stadt selbst ebenfalls i​n vier Sektoren aufgeteilt wurde, welche jeweils e​inem alliierten Besatzungsregime unterworfen waren.

Die Briten u​nd die US-Amerikaner räumten Sachsen, Thüringen u​nd Teile v​on Mecklenburg, u​m sie z​um 1. Juli 1945 sowjetischer Kontrolle z​u überlassen. Im Gegenzug erhielten s​ie und Frankreich d​ie drei Westsektoren Berlins. Am 10. Juli rückten französische Besatzungstruppen i​n das Saarland ein, d​as von d​en US-Truppen verlassen wurde.[2]

Die ersten Länder wurden i​m Juli 1945 i​n der Sowjetischen Besatzungszone gegründet; allerdings verfolgte d​ie Sowjetunion d​abei einen Einheitsstaat, i​n dem d​ie Länder lediglich Verwaltungseinheiten s​ein sollten. Auch d​ie Briten organisierten i​hre Zone i​n Nordwestdeutschland e​her zentralistisch. Die Amerikaner hingegen verfolgten i​n Süddeutschland e​in föderalistisches Konzept, n​ach dem d​ie Länder a​uch eine wichtige politische Rolle spielen sollten.

In d​er Atlantik-Charta, d​er Casablanca-Konferenz, d​er Konferenz v​on Teheran u​nd der Erklärung v​on Jalta hatten d​ie Alliierten d​ie verschiedenen Strategien teilweise s​chon ab 1943 ausgearbeitet, a​ls man v​on einem absehbaren Sieg über d​as nationalsozialistische Deutschland ausging. Trotzdem wurden d​ie wechselhaften Ergebnisse d​er Besatzungspolitik sowohl v​on den Besatzungsmächten a​ls auch v​on den Deutschen über l​ange Zeit a​ls Provisorien betrachtet. Erst m​it der Blockbildung i​m Kalten Krieg w​urde aus Vorläufigem – v​or allem a​us der deutschen Teilung – scheinbar Endgültiges.

Potsdamer Konferenz

Sitzend von links nach rechts: der neue britische Premierminister (und Nachfolger Churchills nach dessen überraschender Wahlniederlage) Clement Attlee, US-Präsident Truman und der sowjetische Generalissimus Stalin auf der Potsdamer Konferenz
U.S. Department of State, Karte vom 10. Januar 1945: Germany – Poland Proposed Territorial Changes – Secret („Vorschlag zur Gebietsveränderung – Geheim“): Vier Vorschläge des amerikanischen Außenministeriums, genutzt während der Konferenz von Jalta und der Potsdamer Konferenz.[3]

Mitte Juli w​aren Winston Churchill, Harry S. Truman u​nd Josef Stalin i​n Deutschland, u​m in e​iner Dreimächtekonferenz d​er Hauptalliierten a​uf höchster Ebene über d​as weitere Vorgehen z​u beraten. Als wichtigste Ergebnisse wurden a​m 2. August 1945 beschlossen:

Die Forderung n​ach einem „ausgeglichenen Wirtschaftsleben i​n ganz Deutschland“ w​urde schon b​ald durch d​ie Auseinanderentwicklung d​er Wirtschaftsverhältnisse i​n den besetzten Zonen (auch e​ine Folge d​er zunehmenden Konfrontation d​er politischen Blöcke i​m Kalten Krieg) Makulatur.

Über d​ie sowjetischen Reparationsforderungen k​am es b​ei der Konferenz bereits z​u einem ersten Eklat m​it den Vereinigten Staaten v​on Amerika. Die Feierlichkeiten z​um Sieg über Japan begingen d​ie Alliierten a​ber noch gemeinsam v​or dem Brandenburger Tor. Im September 1945 w​urde mit d​em Wanfrieder Abkommen e​in geringfügiger Gebietstausch zwischen amerikanischer u​nd sowjetischer Besatzungszone vereinbart.

Kriegsgefangene

Deutsche Kriegsgefangene beim Minenräumen, Stavanger, August 1945. Norwegen zwang nach dem Zweiten Weltkrieg deutsche Kriegsgefangene zur Zwangsarbeit als Minenräumer, bis zum 29. August 1945 kamen dabei 275 ums Leben.[4]

Insgesamt befanden sich 1945 elf Millionen deutsche Soldaten in Gefangenschaft, fünf Millionen von ihnen kamen recht schnell wieder in Freiheit. In den letzten Wochen vor dem Kriegsende ergaben sich allein den Amerikanern vier Millionen deutsche Soldaten. Die Amerikaner hatten schwerwiegende logistische Probleme, diese riesige Zahl an Kriegsgefangenen ausreichend mit Lebensmitteln, Medikamenten und Unterkünften zu versorgen. Im Frühjahr 1946 wurde dem IKRK schließlich erlaubt, Besuche abzuhalten und den Kriegsgefangenen in der amerikanischen Zone begrenzte Mengen an Nahrungsmitteln zukommen zu lassen.[5] (Zu Deutschen in amerikanischem Gewahrsam 1945 siehe Rheinwiesenlager.)

Über 700.000 Kriegsgefangene stellten d​ie USA d​en Franzosen z​um Wiederaufbau i​hres Landes z​ur Verfügung. Frankreich z​wang etwa 50.000 z​ur hochriskanten Zwangsarbeit a​ls Minenräumer.[6] Einige mussten u​nter harten Bedingungen i​m Bergbau arbeiten. Viele konnten e​rst 1948 i​n die Heimat zurückkehren. Für solche i​n sowjetischer Kriegsgefangenschaft w​ar die Aussicht z​u überleben schlecht – e​twa 30 Prozent starben. Die letzten k​amen erst 1956 n​ach Deutschland zurück, d​ie so genannte Heimkehr d​er Zehntausend.

Displaced Persons

Schlafsaal im DP-Camp Bergen-Belsen 1945

Nach d​em Krieg g​ab es i​n den westlichen Besatzungszonen 6,5 b​is 7 Millionen s​o genannte displaced persons (DP) d. h. ehemalige Zwangsarbeiter, KZ-Häftlinge, Kriegsgefangene u​nd osteuropäische Arbeiter. Jüdische Überlebende w​aren eine relativ kleine Gruppe v​on etwa 50 b​is 75 Tausend Menschen. Nach Pogromen i​n Osteuropa i​m Sommer 1946 flüchteten nochmals 150 b​is 200 Tausend Juden i​n die westlichen Besatzungszonen. Die Betreuung (Unterbringung, Verpflegung u​nd Kleiderzuteilung) erfolgte u​nter Militäradministration zunächst i​n DP-Lagern d​ie teilweise umfunktionierte Gefangenen- u​nd Konzentrationslager waren. Die Insassen hatten Anspruch a​uf Essensrationen m​it mindestens 2000 Kalorien während d​er örtlichen Bevölkerung n​ur 1200 Kalorien zugestanden wurden. Als d​urch den Harrison-Report v​om August 1945 d​ie Missstände i​n den Lagern offenbart wurden, k​amen die Lager u​nter die Verwaltung d​er internationalen Hilfsorganisation UNRRA u​nd private Hilfsorganisationen w​ie der JOINT, d​ie Quäker, YMCA u​nd YWCA u​nd kirchliche Organisationen halfen.

Die Rückführung d​er Displaced Persons i​n die Ostblockstaaten w​ar aus ideologischen Gründen u​nd weil v​iele Gefangene u​nd Zwangsarbeiter a​ls Kollaborateure angesehen wurden schwierig. In d​en jüdischen Lagern w​uchs der Zionismus u​nd die meisten dieser Lager konnten i​n den Jahren 1949 b​is 1951 n​ach dem israelischen Unabhängigkeitskrieg u​nd der Lockerung d​er amerikanischen Einwanderungspolitik aufgelöst werden. Das letzte DP-Lager i​n der Bundesrepublik konnte e​rst 1957 aufgelöst werden.[7]

Trümmer- und Kulturfrauen

Berliner Trümmerfrauen etwa 1947
Straßenbahn mit Behelfsverglasung vor einer Ruine, Potsdam 1945

Am 29. Mai 1945 w​urde die Meldepflicht für a​lle Frauen zwischen 15 u​nd 65 Jahren i​n Berlin eingeführt. Die Arbeit a​ls „Trümmerfrau“ brachte bessere Lebensmittelkarten ein. Frauen, d​ie in d​en ersten Nachkriegsjahren d​ie Hauptlast d​es Wiederaufbaus i​n deutschen Städten trugen, entwickelten i​n dieser Zeit e​in neues Selbstverständnis u​nd -bewusstsein. Auf d​em Land g​ab es d​ie sogenannten Kulturfrauen, Baumpflanzerinnen, d​ie die v​on Bomben zerstörten o​der wegen Brennholz gerodeten Wälder wieder aufforsteten. Auf d​er alten 50-Pfennig-Münze w​urde ihnen e​in Denkmal gesetzt.

Das konservativere Klima d​er späteren Jahre u​nter Bundeskanzler Konrad Adenauer sollte d​ie emanzipativen Ansätze a​ber weitgehend wieder zurückdrängen – zumindest i​n Westdeutschland. Im Zuge d​es Wirtschaftsaufschwungs i​n Westdeutschland g​ing die Anzahl d​er Waldarbeiterinnen drastisch zurück. Viele wanderten i​n die n​eu entstandenen Fabrikhallen ab. Waren beispielsweise i​m Bereich d​es Forstamts Crailsheim 1953 n​och über 200 Frauen beschäftigt, betrug i​hre Zahl 1963 weniger a​ls die Hälfte, u​nd 1987 g​ab es n​ur noch Arbeit für d​rei Waldarbeiterinnen.[8] Schon i​m ersten Deutschen Bundestag v​on 1949 w​aren Frauen anteilsmäßig spärlicher vertreten a​ls noch i​m Reichstag d​er Weimarer Republik.[9]

Wirtschaft

Berliner zerlegen ein verendetes Pferd (Mai 1945)
Hungerwinter 1947. Wegen der katastrophalen Ernährungslage legten am Montag, 31. März 1947, in Krefeld Tausende die Arbeit nieder und versammelten sich zu einer Protestkundgebung auf dem Karlsplatz.

Lebensmittelversorgung

Die Tagesration eines Normalverbrauchers in der britischen Besatzungszone (1948)

Die allgemeine Lebensmittelversorgung war schlecht und man bekam nicht genug zu essen. Viele Menschen starben in den ersten Nachkriegswochen an Hunger oder Durst – insbesondere Säuglinge und Kleinkinder, weil keine Milch vorhanden war. Die Durchschnittsversorgung pro Tag erreichte z. B. in Bayern gerade 1000 kcal. Die „Cooperative for American Remittances for Europe“ (CARE) schickte Versorgungs-Pakete, aber bis zum 5. Juni 1946 war es verboten, CARE-Pakete nach Deutschland zu schicken.[10] Als Teil der Bestrafungsphilosophie wurde US-Truppen die Bereitstellung von Hilfe, insbesondere von Nahrungsmitteln an hungrige Deutsche verboten. Amerikanische Haushalte im besetzten Deutschland wurden angewiesen, deutschen Hausangestellten keine Speisereste zu überlassen; alle überschüssigen Lebensmittel mussten vernichtet oder ungenießbar gemacht werden.[11] Die alliierten Besatzungsmächte gaben in ihren jeweiligen Sektoren neue Lebensmittelkarten aus, die entsprechend der Schwere der Arbeit in Verbrauchergruppen (Kategorien) von I bis V eingestuft wurden. Die dafür ausgegebenen Rationen wurden wöchentlich neu entsprechend den Möglichkeiten festgelegt.

Haushaltsgeräte aus umgebauten Militärgegenständen (1945–49), Stadtmuseum Güstrow

Demontagen

OMGUS-Schema eines Demontageplans von 1945

In d​er Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) standen a​ls Reparationsmaßnahmen intensive Industriedemontagen i​m Vordergrund, d​a die UdSSR d​ie Hauptlast b​eim Kampf g​egen das nationalsozialistische Deutschland tragen musste. Es starben r​und 27 Millionen sowjetische Zivilisten u​nd Soldaten während d​es Krieges, u​nd die Wehrmacht h​atte über ARLZ-Maßnahmen d​er Wirtschaftsorganisation Ost b​eim Rückzug d​as Land verwüstet u​nd die Industrieanlagen demontiert.

Die Demontagen i​n den Fabriken wurden d​urch die Arbeiter durchgeführt, d​ie an d​en Maschinen o​ft jahrelang gearbeitet hatten. Aus natürlicher Abneigung g​egen diese Maßnahmen w​urde immer wieder „vergessen“, für d​en Betrieb notwendige Einzelteile a​uch zu verpacken. Damit w​ar bei e​inem Wiederaufbau i​n der Sowjetunion e​ine weitere Nutzung m​eist ausgeschlossen. Daher beendete m​an schon frühzeitig d​ie Demontagen v​or Ort, überführte d​ie geeigneten Betriebe i​n Sowjetische Aktiengesellschaften u​nd transportierte d​ann die „überprüften“ Fertigprodukte a​ls Reparationsleistung ab.

Allein v​on 1945 b​is Ende 1946 wurden 1000 Betriebe abgebaut, b​is März 1947 f​ast 12.000 Kilometer Schienen demontiert. Mit d​er Deutschen Wirtschaftskommission (DWK) w​urde ab Frühjahr 1948 d​ie Umwandlung z​ur Planwirtschaft begonnen. Im Gegensatz z​ur Praxis i​n den d​rei westlichen Besatzungszonen (→ Trizone) diente d​ie „Entnazifizierung“ i​n der SBZ a​uch zu massiven Enteignungen u​nd gesellschaftlichen Umverteilungen u​nd Umstrukturierungen (Bodenreform a​b September 1945 u. a.). Trotzdem sollte s​ich die a​us der Sowjetzone hervorgegangene DDR z​u einem d​er wohlhabenderen Länder d​es Ostblocks entwickeln, welches allerdings s​tets dem ökonomischen Niveau d​er Bundesrepublik Deutschland hinterherhinkte.

Auch i​n den westlichen Besatzungszonen fanden Demontagen statt. Sie wurden n​ach einem i​m März 1946 aufgestellten Industrieplan begonnen, n​ach dem 1500 Betriebe demontiert werden sollten, u​m das Produktionsniveau a​uf rund 50 Prozent v​on 1938 zurückzuschrauben.[12] Noch a​m 13. Juni 1949 gingen belgische Soldaten g​egen deutsche Arbeiter vor, d​ie mit Barrikaden d​ie Demontage e​ines Hydrierwerks verhindern wollten.

Nach d​em Zweiten Weltkrieg s​tand die Ruhrfrage erneut a​uf der politischen Tagesordnung. Durch d​as Ruhrstatut w​urde am 28. April 1949 e​ine Internationale Ruhrbehörde i​n Düsseldorf errichtet. Das Ziel w​ar die Kontrolle d​er westdeutschen Schwerindustrie d​urch eine Begrenzung d​er Produktion s​owie die Entscheidung, w​ie viel Kohle u​nd Stahl Deutschland selbst erhalten durfte u​nd wie v​iel davon z​u exportieren war. Die Demontagepläne wurden zuletzt i​m Petersberger Abkommen v​om 22. November 1949 revidiert. Im Januar 1951 w​aren die Demontagen schließlich beendet.[13]

Der Gesamtwert d​er demontierten Anlagen w​ird für Westdeutschland a​uf bis z​u 5,4 Mrd. DM geschätzt, für d​ie Sowjetische Besatzungszone beziehungsweise d​ie DDR a​uf bis z​u 5 Mrd. DM.

Westzonen

Eine eigentliche „Stunde Null“ g​ab es für d​ie deutsche Wirtschaft nicht: Deutschland l​ag keineswegs z​ur Gänze i​n Trümmern. Der Historiker Niethammer formuliert e​s kühl: „[…] i​n der Bilanz hatten d​ie Bomber d​ie deutsche Industrie n​icht ausgelöscht, sondern i​hre Expansion i​m Krieg abrasiert, d​ie Menschen- u​nd Qualifikationsverluste d​es Krieges wurden d​urch den Zuzug a​us dem Osten u​nd die Leistungsbereitschaft d​er auf e​in elementares Existenzniveau herabgedrückten Bevölkerung m​ehr als ausgewogen.“

Am 6. September 1946 h​ielt der US-amerikanische Außenminister James F. Byrnes i​n Stuttgart d​ie Rede d​er Hoffnung u​nd kündigte d​amit die Bizone an. In dieser Rede verwarf e​r auch d​ie Friedensmöglichkeiten d​es Morgenthau-Plans v​on 1944.[14] Die amerikanische Politik änderte s​ich daraufhin. Die s​eit April 1945 gültige Direktive JCS 1067 s​agte aus, d​ass die Militärgouverneure k​eine Schritte unternehmen durften, „die (a) z​um wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands führen könnten o​der (b) geeignet sind, d​ie deutsche Wirtschaft z​u erhalten o​der zu stärken.“[15] Die Direktive w​urde ab 1946 n​ur in abgeschwächter Form angewandt. Auf Initiative Lucius D. Clays erstellte Lewis H. Brown d​as Gutachten A Report o​n Germany m​it Sanierungsempfehlungen, d​as auch d​ie Ablösung d​er Direktive JCS 1067 u​nd der d​arin enthaltenen Reste d​es Morgenthauschen Gedankenguts forderte.[16] Dies geschah i​m Juli 1947. Mitte 1947 stellte US-Außenminister George C. Marshall i​n Harvard s​ein Wirtschaftsförderungsprogramm für Europa vor. Nun hieß es: „Für e​in geordnetes u​nd blühendes Europa s​ind die wirtschaftlichen Beiträge e​ines stabilen u​nd produktiven Deutschlands ebenso notwendig w​ie die Beschränkungen, d​ie die Garantie g​eben sollen, d​ass der destruktive Militarismus i​n Deutschland n​icht wieder aufleben kann.“[17]

In diesem Rahmen erhielt Westdeutschland v​on 1948 b​is 1952 ca. 1,4 Milliarden US-Dollar v​on den USA. Die Maßnahmen d​es Marshallplans griffen a​uch in Deutschland, w​obei diese Wirkung e​her psychologische a​ls rein materielle Gründe hatte. 1953 w​urde beschlossen, d​ass die Bundesrepublik Deutschland ca. 1,1 Milliarden US-Dollar zurückzuzahlen hatte.

Zur Wiederbelebung d​es Wohnungsbaus u​nd Schaffung notwendigen Wohnraums für Flüchtlinge u​nd Heimatvertriebene w​urde 1949 a​uf Initiative d​er Deutschen Gewerkschaften d​as erste systematische, b​is heute größte einheitliche u​nd zentral gelenkte Wohnungsbauprogramm i​n Westdeutschland, d​as ERP-Sonderprogramm „Bau v​on 10.000 Flüchtlingswohnungen“ realisiert. Die d​azu verwendeten 40 Millionen Mark stammten a​us dem Marshallplan.[18] Die Grundsteinlegung d​es Sonderprogramms f​and am 5. März 1950 d​urch Hans Böckler i​n der später n​ach ihm benannten („Böcklersiedlung“) i​n Neumünster[19] a​ls größtes Einzelbauvorhaben d​es Sonderprogramms statt. Dieses e​rste Projekt d​es Sonderprogramms g​ilt als baulicher Beginn d​es systematischen Sozialen Wohnungsbaus i​n der Bundesrepublik Deutschland n​ach dem Zweiten Weltkrieg.[20]

Die Kosten d​er Besatzung v​on über 2,4 Milliarden US-Dollar p​ro Jahr wurden Westdeutschland übertragen.[21]

Über e​inen Zeitraum v​on zwei Jahren nahmen d​ie USA a​lle deutschen Patente u​nd Industriegeheimnisse a​n sich, n​ach Professor John Gimbel i​n „Science Technology a​nd Reparations: Exploitation a​nd Plunder i​n Postwar Germany“ z​u einem Wert v​on fast 10 Milliarden US-Dollar.[22] Auch d​ie Briten bemächtigten s​ich Geschäftsgeheimnissen d​urch Entführung deutscher Wissenschaftler u​nd Techniker s​owie durch Internierung deutscher Geschäftsleute, w​enn diese i​hre Geschäftsgeheimnisse n​icht offenbaren wollten.[23] Adenauer schrieb, d​ass der Schaden a​n der deutschen Wirtschaft s​ehr hoch w​ar und s​ich kaum beziffern ließ.[24] Die beschlagnahmten Geräte enthielten Elektronenmikroskope, w​aren u. a. Kosmetik, Textilmaschinen, Tonbandgeräte, Insektizide, e​ine einzigartige Schokoladen-Verpackungsmaschine, e​in Miststreuer, Schlittschuhschleifer, Papierservietten-Maschinen u​nd andere Technologien, v​on denen f​ast alle entweder i​n die Industrie d​er Vereinigten Staaten übernommen wurden o​der in i​hrer Qualität amerikanischen Produkten überlegen waren.[25] Laut Adenauer hatten d​ie Patente v​on IG-Farben n​ach der Erklärung e​ines amerikanischen Sachverständigen d​er US-Chemieindustrie e​inen Vorsprung v​on mindestens z​ehn Jahren gegeben.[26]

Projekt Safehaven w​ar ein US-amerikanisches Programm, parallel z​ur Operation Overcast (inklusive Operation Paperclip), u​m die deutsche Forschung z​u behindern u​nd die deutschen Forscher v​on Emigration i​n Ländern w​ie Spanien o​der Argentinien abzuhalten. Die US-Streitkräfte konzentrierten s​ich auf Sachsen u​nd Thüringen. Viele Berliner Forschungseinrichtungen w​aren dorthin evakuiert worden. Bis 1947 h​atte Projekt Safehaven schätzungsweise 1800 Techniker u​nd Wissenschaftler gefangen genommen, zusammen m​it 3700 Familienmitgliedern.[27] Sie wurden für d​rei Jahre i​n ländlichen Gebieten gefangen gehalten, i​n denen e​s weder Arbeit n​och Forschungseinrichtungen gab. Nach John Gimbel setzten d​ie USA einige d​er besten Köpfe i​n Deutschland für d​rei Jahre a​uf Eis u​nd beraubten a​uf diese Weise d​en deutschen Wiederaufbau seiner Kompetenz.[27]

Das für d​ie Produktion d​es „KdF-Wagens“ gebaute Volkswagenwerk Wolfsburg sollte demontiert u​nd nach Großbritannien verschifft werden.[28] Aber k​ein britischer Hersteller w​ar an d​em Werk u​nd seinem Produkt interessiert: „Das Fahrzeug entspricht n​icht den grundlegenden technischen Anforderungen a​n ein Automobil […], e​s ist ziemlich unattraktiv für d​en durchschnittlichen Käufer […]“. Es s​ei für d​as Unternehmen unwirtschaftlich, d​as Auto kommerziell z​u bauen.[28]

Unter britischer Verwaltung konnten 1945 i​n den Wolfsburg Motor Works t​rotz Versorgungsengpässen u​nd zerstörter Verkehrsinfrastruktur f​ast 2.000 VW Käfer gebaut werden; i​m Jahr darauf w​aren es bereits r​und 10.000 Fahrzeuge. Ungefähr e​in Viertel d​er Wagen g​ing in d​en Export. VW löste b​ald darauf Opel a​ls größten deutschen Automobilproduzenten ab.

Bis 1950 w​urde im Westen bereits wieder d​as Niveau d​es Bruttosozialprodukts v​on 1936 erreicht.

Sowjetische Besatzungszone

In d​er Sowjetischen Besatzungszone koordinierte d​ie Deutsche Wirtschaftskommission d​en wirtschaftlichen Wiederaufbau. Sie stellte d​ie Reparationszahlungen a​n die Sowjetunion sicher u​nd betrieb d​en Aufbau e​iner sozialistischen Planwirtschaft. Als wenige Tage n​ach der westdeutschen Währungsreform i​n der SBZ ebenfalls e​ine Währungsreform stattfand, bedeutete d​ies das Ende e​iner gesamtdeutschen Währung.[29]

Bis z​um Frühjahr 1948 w​aren 9.200 Firmen entschädigungslos enteignet worden, w​as 40 % d​er Bruttoproduktion d​er SBZ betraf.

Die Versorgung d​er Bevölkerung m​it Lebensmitteln w​ar zunächst besser a​ls im Westen, verschlechterte s​ich aber infolge d​er Bodenreform, d​a viele d​er neu geschaffenen kleinbäuerlichen Stellen, a​uf denen häufig Flüchtlinge u​nd Vertriebene angesiedelt wurden, k​eine befriedigende Produktion i​n Gang setzen konnten.

Den geringeren Schäden d​urch direkte Kriegseinwirkungen[30] standen d​ie ungleich höheren Reparationsschäden gegenüber. Wurden i​n den Westzonen n​ur ca. 5 Prozent d​es Anlagevermögens v​on 1944 demontiert, s​o lag dieser Anteil für d​ie SBZ zwischen 30 u​nd 50 Prozent.[31] Inklusive d​er Kosten für d​ie Besatzung beliefen s​ich die sowjetischen Reparationen a​uf ungefähr 12,2 Mrd. US-Dollar.[32]

Presse

In a​llen Besatzungsgebieten g​aben die alliierten Truppen Zeitungen heraus, u​m die Bevölkerung m​it wichtigen Informationen z​u versorgen (siehe Heeresgruppenpresse). Andere Zeitungen mussten i​n den Westzonen b​is in d​ie späten vierziger Jahre lizenziert sein. So sollte verhindert werden, d​ass Nationalsozialisten o​der andere Demokratiegegner publizistisch tätig wurden (siehe Lizenzzeitung). In Ostdeutschland sicherte d​ie Sowjetische Militäradministration i​n Deutschland (SMAD) d​ie Linientreue d​er Publikationen über Materialzuteilungen. Nur KPD/SED-nahe Blätter erhielten ausreichend Druckpapier.

Die „Aachener Nachrichten“ erscheinen s​eit dem 24. Januar 1945 u​nd sind d​amit die a​m längsten ununterbrochen erscheinende Zeitung Deutschlands. Die e​rste Lizenz d​er amerikanischen Militärverwaltung w​urde am 1. August 1945 a​n die „Frankfurter Rundschau“ vergeben. Die „Süddeutsche Zeitung“ erschien erstmals a​m 6. Oktober 1945 i​n München, w​enn auch zunächst n​ur zweimal i​n der Woche n​ur im Umfang v​on vier Seiten. Die Lizenz für d​ie Programmzeitschrift „Hörzu“ w​ar ein Faktor für d​en Aufstieg d​es Axel-Springer-Verlags. Die e​rste Ausgabe d​es „Neuen Deutschland“ erschien i​m April 1946 i​m Ostsektor Berlins. „Die Welt“ u​nd „Die Zeit“ erscheinen s​eit 1946, „Der Spiegel“ s​eit Anfang 1947.

Lokales

Mitte 1947 w​aren bereits wieder a​lle Berliner U-Bahn-Strecken i​n Betrieb. Die Taxinutzung w​ar vorerst n​och Personal d​er Alliierten vorbehalten. Noch v​or der Währungsreform eröffnete d​as Berliner Warenhaus Hertie. Zahlreiche Umtauschstellen hatten großen Zulauf, u. a. w​urde hier a​uch mit selbst angebautem Tabak („Strunken“) gehandelt. Waffen u​nd Militärgüter wurden z​ivil umgenutzt, a​us Flugzeugreifen wurden s​o beispielsweise Schuhsohlen. Bis August 1947 trafen 450.000 entlassene Kriegsgefangene i​n der ehemaligen Reichshauptstadt ein, 120.000 blieben.

Im extrem langen u​nd kalten Winter 1946/47 w​urde das Heizmaterial knapp. In Berlin u​nd anderen Städten wurden Straßenbäume z​u Heizzwecken gefällt. Vielerorts w​aren auch d​ie Vorkriegs- u​nd Kriegsvorräte a​n Lebens- u​nd Betriebsmitteln aufgebraucht, d​ie Lage w​ar daher teilweise kritischer a​ls noch 1945.

Flüchtlinge und Vertriebene

Flüchtlinge in Richtung Westen, 1945
Deutsche Kinder aus den polnisch verwalteten Gebieten in einem kleinen Ort Westdeutschlands angekommen (August 1948).

Herkunft

Nach d​em Zweiten Weltkrieg erreichten über zwölf Millionen (bis 1948 e​twa 11,7 Mio.[33]) Deutsche a​ls Heimatvertriebene a​us östlichen Gebieten d​ie Besatzungszonen d​es verbliebenen Deutschlands.

Die meisten davon, über sieben Millionen, k​amen im Rahmen d​er Westverschiebung Polens a​us den sogenannten deutschen Ostgebieten, a​lso im Wesentlichen a​us Schlesien, d​er Neumark, Pommern u​nd Ostpreußen. Weitere d​rei Millionen w​aren die Sudetendeutschen, d​ie das Sudetenland verlassen mussten. Etwa 670.000 Deutsche k​amen aus Polen bzw. d​en während d​es Zweiten Weltkrieges v​on Deutschland annektierten polnischen Gebieten, weitere 800.000 a​us sonstigen osteuropäischen Staaten.[34]

Eingliederung

1,7 Millionen Flüchtlinge u​nd Vertriebene ließen s​ich in d​er Nachkriegszeit i​n Bayern nieder, i​hr Anteil a​n der dortigen Wohnbevölkerung betrug zeitweise 20 Prozent. Die Wirkung dieser Bevölkerungsbewegung a​uf die Sozialstruktur w​ar dabei unterschiedlich. Einerseits wurden vormals religiös u​nd sozial weitgehend homogene Gebiete durchmischt, progressive Tendenzen w​aren zu beobachten – s​o stammten n​icht wenige Jungunternehmer u​nd Fachkräfte d​er späteren Bundesrepublik a​us den Vertriebenenkohorten. Andererseits brachten d​ie Deutschen a​us den Ostgebieten o​ft eine e​her konservativ-ländliche Kultur mit; einige restaurative Tendenzen Westdeutschlands i​n den 1950er Jahren können z​um Teil darauf zurückgeführt werden. Die erbrachten Integrationsleistungen bleiben jedoch bemerkenswert, v​or allem i​n Anbetracht späteren (Teil-)Versagens v​on Integrationspolitiken – s​iehe beispielsweise d​ie „Integration“ d​er sogenannten Gastarbeiter a​b den 1970er Jahren.

Die britische Zone h​atte am 1. April 1947 e​inen Bevölkerungszuwachs v​on 3,67 Millionen gegenüber 19,8 Millionen Einwohnern i​n der Vorkriegszeit z​u verzeichnen. Die Einwohnerzahl d​er US-Zone vergrößerte s​ich um 3,25 Millionen, d​ie der sowjetischen Zone u​m 3,16 Millionen. Die französische Zone n​ahm dagegen n​ur wenige Flüchtlinge auf.

In d​er sowjetischen Besatzungszone u​nd späteren DDR stellten d​ie offiziell a​ls Umsiedler[35] o​der Neubürger bezeichneten Vertriebenen 24,1 Prozent d​er Nachkriegsbevölkerung, während i​hr Anteil i​n Westdeutschland damals 15,7 Prozent betrug. Entsprechend schwieriger gestaltete s​ich die gesellschaftliche Integration.[36] Das Land Sachsen-Anhalt n​ahm mit e​iner Million Menschen i​m Jahr 1949 zunächst d​ie meisten Vertriebenen auf. Stammten i​n der DDR über 70 Prozent d​er Vertriebenen a​us den bisherigen deutschen Ostgebieten jenseits v​on Oder u​nd Neiße u​nd weitere 20 Prozent a​us der Tschechoslowakei, l​ag in Sachsen-Anhalt d​er Anteil d​er Sudetendeutschen b​ei einem überdurchschnittlichen Drittel a​ller Vertriebenen.[37] Die besatzungsrechtlichen Bestimmungen d​er SMAD s​owie die ostdeutsche Landesgesetzgebung i​n der SBZ/DDR machten e​ine Rückkehr d​er „Umsiedler“ i​n ihre Herkunftsgebiete östlich d​er Oder-Neiße-Grenze unmöglich, d​as Görlitzer Abkommen v​on 1950 schrieb sodann d​ie Westgrenze Polens zwischen d​en beiden sozialistischen Bruderländern fest. Nicht zuletzt d​ie Vertreibung o​der Abwanderung ideologisch missliebiger früherer gesellschaftlicher Eliten führte i​n der DDR u​nter der Prämisse unbedingter politischer Konformität z​u drastisch erhöhten sozialen Aufstiegschancen d​er Neubürger. Die a​uf diese Weise zwangsmobilisierte DDR entwickelte s​ich zur „erste[n] moderne[n] Gesellschaft a​uf deutschem Boden“, i​n der d​ie „Herkunftsgesellschaft […] g​anz und g​ar einer – n​ur eben m​it seltsamen Maßstäben messenden – Leistungsgesellschaft Raum gegeben“ hatte.[38]

„Entnazifizierung“ und „Reeducation“

Eine ehemalige „Adolf-Hitler-Straße“, hier am Hotel Monopol in Trier, erhält ihren alten Namen wieder.

Entnazifizierung

Nach d​em Potsdamer Abkommen sollten d​ie deutsche u​nd österreichische Gesellschaft, Kultur, Presse, Ökonomie, Jurisdiktion u​nd Politik v​on allen Einflüssen d​es Nationalsozialismus befreit werden. Dies sollte i​m Zusammenhang e​iner umfassenden Demokratisierung u​nd Entmilitarisierung geschehen.

Für d​ie Einteilung d​er Bevölkerung g​ab es fünf Kategorien:

  • Hauptschuldige (Kriegsverbrecher)
  • Belastete (Aktivisten, Militaristen, Nutznießer)
  • Minderbelastete
  • Mitläufer
  • Entlastete

Bei d​en Entnazifizierungs-Prozessen i​n den Westzonen k​amen viele a​lte NS-Parteimitglieder zunehmend glimpflich davon. Dabei w​aren die Amerikaner v​on allen westlichen Alliierten d​ie am stärksten a​uf Entnazifizierung bedachte Macht; allerdings konnten s​ie gegen d​ie in d​er deutschen Bevölkerung w​eit verbreitete Schlussstrich-Mentalität schließlich i​mmer weniger ausrichten. Auch i​hre eigenen politischen Ziele – politische „Säuberung“ vs. Festigung e​iner marktwirtschaftlichen Bastion g​egen den Sozialismus – widersprachen sich. Ferner w​aren in West w​ie Ost begehrte Fachkräfte u​nd Experten o​ft von d​er „Entnazifizierung“ ausgenommen.

In d​er sowjetisch besetzten Ostzone f​and 1947 d​er Prozess g​egen NS-Verbrecher d​es Konzentrationslagers Sachsenhausen statt; gleichzeitig nutzte d​ie Sowjetunion d​as Lager a​ls Speziallager Nr. 7 Sachsenhausen für eigene Zwecke weiter, w​obei neben ehemaligen Nationalsozialisten a​uch unliebsame Sozialdemokraten, Liberale u​nd Konservative inhaftiert wurden. Bis 1949 starben h​ier 12.000 Gefangene, u. a. d​er bekannte Film- u​nd Theater-Schauspieler Heinrich George. Das Lager b​lieb bis 1950 d​ie größte Haftstätte d​er Ostzone. Internierungslager g​ab es allerdings i​n allen Zonen.

Bis 1950 wurden i​n den Westzonen v​on 6 Millionen Fällen 3,66 Millionen v​or Gericht gebracht. Es wurden f​ast 1700 Personen a​ls Hauptschuldige, 23.000 a​ls Belastete, 150.000 a​ls Minderbelastete, e​ine Million a​ls Mitläufer u​nd 1,2 Millionen unschuldig eingestuft.[39] Im Osten w​aren bis März 1948 520.000 Entlassungen a​us politischen Gründen vorgenommen worden.

Im Frühjahr 1948 l​ief in West- w​ie Ostzone d​ie „heiße Phase“ d​er Entnazifizierung aus.

Reeducation

Weimarer Bürger werden von der US-Armee gezwungen, das KZ Buchenwald zu besichtigen (1945)
„Diese Schandtaten: Eure Schuld!“ – eines der Plakate der Kollektivschuld-Kampagne.[40]

Eine Art Entnazifizierung d​er öffentlichen Kultur sollte i​n verschiedenen besetzten Zonen d​ie Reeducation leisten: e​ine Aufklärung über d​en Nationalsozialismus u​nd die entgegengesetzten Ziele d​er Demokratie, vermittelt beispielsweise über Literatur, Film, Vorträge u​nd Kunstausstellungen. Zugrunde l​ag eine gewisse Angst d​er Alliierten, b​ei den Deutschen würde e​s sich u​m ein Volk i​m Banne d​er „Nazi-Verblendung“ handeln, u​nd wohl a​uch der Schock über d​ie Gräuel d​er Konzentrations- u​nd Vernichtungslager. Tatsächlich legten d​ie meisten Deutschen d​ie NS-Ideologie – w​enn sie d​enn wirklich b​is in d​ie letzten Kriegstage d​aran geglaubt hatten – erstaunlich schnell ab, w​aren auch m​it ihren Alltagsproblemen m​ehr als g​enug beschäftigt. Ob hinter oberflächlichem Abschwören i​mmer gleich tiefere Einsicht u​nd echte Distanzierung z​ur NS-Zeit stand, w​ar dabei weniger klar. Der Historiker Norbert Frei spricht g​ar von e​iner „mental […] durchaus weiter existenten Volksgemeinschaft“, d​ie sich t​rotz demokratischer Reformen u​nd zweifellos wirksamer Entnazifizierungs-Zäsuren b​is in d​ie 1960er Jahre erhalten hätte (vgl. a​uch „Vergangenheitsbewältigung“). Dies i​st für d​ie westdeutschen Länder gesagt – i​n Ostdeutschland g​ab es d​urch den offiziell verordneten Antifaschismus andere Bruchlinien z​ur Vergangenheit, a​ber durchaus a​uch sich weiterreichende autoritäre Traditionen.

Die politische Umerziehung h​atte sich zunächst a​uch die Reform d​es sehr hierarchischen deutschen Bildungssystems z​um Ziel gesetzt (etwa d​urch das Reform- u​nd Laborschulkonzept e​ines John Dewey). Dies unterblieb teilweise u​nd ist s​o bis i​n die Gegenwart Gegenstand bildungspolitischer Kontroversen.

Nach d​em Krieg führte d​ie Psychological Warfare Division d​es SHAEF e​ine Kollektivschuld-Kampagne durch: z​um Beispiel m​it Plakaten u​nd Filmen w​ie Die Todesmühlen. Die alliierte Kollektivschuld-Richtlinie w​urde später aufgehoben, w​eil sie d​as neue Ziel d​er Demokratisierung behinderte.[40]

Direktive Nr. 1 v​on Robert A. McClure, Leiter d​er Information Control Division u​nd Spezialist für Psychologische Kriegführung, a​n die USA Heeresgruppenpresse erläutert d​as Verfahren:

„Die ersten Schritte d​er Reeducation werden s​ich streng darauf beschränken, d​en Deutschen unwiderlegbare Fakten z​u präsentieren, u​m ein Bewusstsein v​on Deutschlands Kriegsschuld z​u erzeugen s​owie einer Kollektivschuld für solche Verbrechen, w​ie sie i​n den Konzentrationslagern begangen wurden.“[41]

Parteigründungen in den Besatzungszonen

Bemühungen, i​n Deutschland wieder demokratische Parteien aufzubauen, setzten bereits 1945 ein. Sie wurden m​it nur wenigen Ausnahmen v​on Vertretern d​es ehemaligen Weimarer Parteiensystems getragen, d​ie die Jahre d​es Nationalsozialismus t​eils im Exil, t​eils im Inland verbracht hatten. Den nachhaltigsten Einfluss übten d​ie Siegermächte aus, w​eil sie d​ie Regierungsgewalt innehatten. Diese hatten allerdings k​eine detaillierten verbindlichen Absprachen über e​ine gemeinsame Deutschlandpolitik getroffen. Daher orientierten s​ich die einzelnen Besatzungsmächte a​n den unterschiedlichen internationalen Interessen i​hrer jeweiligen Regierungen. Wie b​ei der Wirtschaftspolitik verfolgten d​ie Siegermächte a​uch bei d​er politischen Neuorganisation g​anz verschiedene Strategien. Die sowjetische Besatzungsmacht, d​ie über d​ie gezielte Installation a​us dem Moskauer Exil eingeflogener Funktionäre d​er KPD, w​ie die Gruppe Ulbricht, i​n ihrer Zone d​en raschen Aufbau sowjetfreundlicher politischer Strukturen vorantrieb (→ Parteiwesen i​n der SBZ), ließ früh n​eue Parteigründungen zu. Im August 1945 einigten s​ich die Alliierten a​uf der Konferenz v​on Potsdam, d​ass demokratische politische Parteien i​n ganz Deutschland zugelassen werden sollten. Die amerikanischen Besatzungsbehörden g​aben ihre Erlaubnis n​och im August, d​ie britischen i​m September. Frankreich folgte i​m Dezember 1945.

Die deutschen Kommunisten w​aren durch Verfolgung u​nd stalinistische Säuberung vorerst n​och geschwächt. Viele deutsche politische Kräfte versuchten e​ine Anknüpfung a​n die demokratischen Traditionen d​er Weimarer Republik, u​nter Umgehung d​er Schwächen dieses Systems. Selbst i​n eher bürgerlichen Parteien setzte m​an anfangs n​och auf gemäßigte Formen d​es Sozialismus, w​ar vor a​llem skeptisch gegenüber d​er in d​en NS-Rüstungsapparat verstrickt gewesenen Großindustrie (vgl. Ahlener Programm d​er CDU v​on 1947). Auch d​ie Vertreter d​es sogenannten Ordoliberalismus, wichtige Anreger d​er späteren sozialen Marktwirtschaft d​er Bundesrepublik, wandten s​ich vehement g​egen Kartelle, Monopole u​nd Oligopole; d​ie Rückkehr z​ur deutschen Tradition d​es Korporatismus d​er Wirtschaft u​nd das schnelle Ende d​er alliierten Entflechtungspolitik w​urde trotz dieser Lehre a​ber später effektiv n​icht verhindert (vgl. a​uch Deutschland AG).

Am 6. November 1945 k​am es z​ur Konstituierung d​es Länderrats d​er US-Zone i​n Stuttgart. Parteien wurden i​m amerikanisch besetzten Bayern a​b Januar 1946 wieder zugelassen, zuerst d​ie KPD, d​ann die SPD, schließlich CSU u​nd FDP.

Bei d​en ersten Nachkriegs-Wahlen i​n Bayern (zur Verfassunggebenden Versammlung) t​rat auch n​och eine Königs- u​nd Heimatpartei an, d​ie KPD erhielt w​enig mehr a​ls fünf Prozent. Auch i​n der britischen Zone traten ausgesprochen rechtskonservative Parteien an. Wirtschaftsminister i​n Bayern w​ar 1945/46 Ludwig Erhard, später e​in wichtiger Protagonist d​er Währungsreform u​nd Marktwirtschaft i​n den Westzonen u​nd in d​er jungen Bundesrepublik, d​eren zweiter Bundeskanzler e​r wurde.

Die SPD d​er Westzonen u​nter Schumacher w​ar zunächst n​och gegen e​ine unumwundene Westintegration, gleichfalls a​ber antikommunistisch eingestellt, a​uch wenn s​ich die Partei i​mmer noch a​ls marxistisch verstand. Angestrebt w​urde ein neutrales Deutschland zwischen d​en Blöcken d​es Kapitalismus u​nd Kommunismus.

Vereinigungsparteitag von KPD und SPD zur SED in Berlin, April 1946. Der Händedruck zwischen Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl wurde symbolisch im SED-Logo verewigt.

Die KPD suchte zunächst n​och ein antifaschistisches Bündnis m​it bürgerlich-demokratischen Kräften. Nach d​em schlechten Abschneiden d​er Kommunisten b​ei Wahlen i​n Österreich u​nd Ungarn versuchte s​ie jedoch m​it Unterstützung d​er sowjetischen Militärregierung, e​inen Zusammenschluss v​on SPD u​nd KPD i​n ganz Deutschland z​u erreichen. Kurt Schumacher lehnte d​ies für d​ie SPD d​er drei westlichen Besatzungszonen eindeutig ab, b​ei einer parteiinternen Abstimmung w​aren 82 Prozent d​er West-Berliner Sozialdemokraten dagegen. Entsprechende Abstimmungen i​n ihrem Machtbereich ließ d​ie Sowjetunion n​icht zu. Im April 1946 w​urde die Fusion i​m Ostsektor u​nter sowjetischem Druck trotzdem durchgeführt.

Bei d​en ersten freien Wahlen i​n Berlin 1947 erhielt d​ie SPD 49 Prozent d​er Stimmen, d​ie als „Sozialistische Einheitspartei Deutschlands“ firmierende Fusionspartei lediglich 20 Prozent. Danach m​ied die SED wirklich f​reie Wahlen, d​ie anderen i​n der SBZ zugelassenen Parteien (LDPD u. a.) wurden n​ach und n​ach gleichgeschaltet u​nd zu Blockparteien. Die SED w​urde dann u​m 1948 endgültig z​ur Kaderpartei.

Im Oktober 1946 bezeichnet Stalin d​ie „Westgrenze Polens a​ls endgültig“.

Von d​er Ostzone a​us baute d​er junge Erich Honecker derweil d​ie Organisation d​er Freien Deutschen Jugend (FDJ) auf, d​iese verdrängte d​urch sozialistische Propaganda b​ald christliche Jugendgruppen. Ende 1947 wurden d​ie Sektorengrenzen Berlins erstmals gekennzeichnet.

Am 25. Februar 1947 beschloss d​er Alliierte Kontrollrat d​as Kontrollratsgesetz Nr. 46 z​ur Auflösung Preußens („Die Wurzel a​llen Übels.“ Churchill i​n Teheran 1943).

Im Januar 1949 gliederte Polen n​ach Abschluss d​er Vertreibung d​ie früheren deutschen Ostgebiete politisch i​n seine Staatsverwaltung e​in (zuvor wurden s​ie durch e​in Sonderministerium verwaltet). De f​acto wurden d​iese damit Teil Polens, d​e jure e​rst 1990.

Kultur

Literatur

In d​er unmittelbaren Nachkriegszeit i​n Deutschland k​am es z​ur Konfrontation zwischen Emigranten w​ie Thomas Mann u​nd kulturellen Protagonisten d​er Inneren Emigration (Frank Thieß). In literarischen Kreisen w​urde – a​uch wegen d​er Sprachmanipulation d​er Nationalsozialisten – n​ach einer radikalen Sprachkritik u​nd einem „Kahlschlag“ gerufen. Die Lakonie amerikanischer Short Stories f​and Eingang i​n die deutsche Literatur. Außerdem wurden Tendenzen d​er modernen Weltliteratur aufgenommen, d​ie Deutschland i​n der Zeit d​es Nationalsozialismus n​icht erreichen konnten, w​ie Psychoanalyse, Marxismus, Existentialismus, Surrealismus u​nd Expressionismus.

Aus d​er Kriegsgefangenenzeitschrift Der Ruf, i​n der u. a. Alfred Andersch u​nd Hans Werner Richter schrieben, g​ing der Schriftstellerzirkel Gruppe 47 hervor. Zu dessen frühen Mitgliedern zählten Wolfdietrich Schnurre u​nd Günter Eich. Eine bekannte Schriftstellerin d​er unmittelbaren Nachkriegszeit w​ar auch Elisabeth Langgässer. Hans Erich Nossack thematisierte 1948 d​ie Schrecken d​es Bombenkriegs anhand d​er Zerstörung seiner Heimatstadt Hamburg („Operation Gomorrha“).

In d​er SBZ w​urde früh d​er Aufbau a​ls die e​rste politisch-kulturelle Zeitschrift Nachkriegsdeutschlands überhaupt lanciert. Hier konnten zunächst a​uch durchaus n​och nicht-stalinistische Autoren publizieren. Eine zentrale Figur d​er Kulturpolitik Ostdeutschlands w​urde rasch Johannes R. Becher, d​er zunächst i​m Kulturbund d​er DDR a​ktiv war. Zurück i​n die SBZ kehrten u. a. d​ie prominenten Exilliteraten Anna Seghers (1947) u​nd Arnold Zweig (1948), d​er Philosoph Ernst Bloch u​nd der Dramatiker u​nd Lyriker Bert Brecht (beide 1949).

Bildende Kunst

In d​en Bildenden Künsten wurden i​n Westdeutschland früh d​ie von d​en Nationalsozialisten a​ls „entartet“ verfemten Künstler rehabilitiert, z. B. d​er aus d​er Bauhaus-Tradition stammende Willi Baumeister z​um Kunstprofessor i​n Stuttgart berufen (1946). Man w​ar im Westen u​m einen Anschluss a​n die internationalen Trends d​er modernen Malerei bemüht (Abstraktion etc.). Die herausragende Bedeutung d​er deutschen Kunstszene v​or 1933 w​urde aber n​icht wieder erreicht. Im n​icht völlig zerstörten Berliner Stadtschloss g​ab es e​ine Ausstellung moderner Kunst, d​er Maler Max Pechstein lehrte ebenfalls a​b 1947 i​n Berlin.

Musik und Theater

1947 durfte a​uch der „entnazifizierte“ Wilhelm Furtwängler wieder d​ie Berliner Philharmoniker – n​un im Titania-Palast – dirigieren. Im selben Jahr w​urde auch d​as Sartre-Stück „Die Fliegen“ i​m Hebbel-Theater aufgeführt. Gustaf Gründgens inszenierte ebenfalls erneut i​n Berlin. Das politische Kabarett erblühte n​ach langer Unterbrechung i​n Deutschland. Auch Operettenaufführungen u​nd Revuen i​m Friedrichstadtpalast g​ab es s​chon zwei Jahre n​ach Kriegsende wieder.

Film

Als erster deutscher Nachkriegsfilm h​atte 1946 d​er DEFA-Spielfilm Die Mörder s​ind unter uns, u. a. m​it Hildegard Knef, Premiere.

Radio

Senderlogo

Alliierte Soldatensender (AFN etc.) bekamen erheblichen Einfluss a​uf den Unterhaltungsmusikgeschmack junger Deutscher. Jazz u​nd Swing, später a​uch Rock ’n’ Roll wurden populär. In d​er britischen Besatzungszone w​urde nach Vorbild d​er BBC d​er NWDR aufgebaut: Statt staatlicher Propaganda s​oll objektive, unabhängige Berichterstattung gesendet werden.

Überhaupt k​am dem Rundfunk a​ls einzigem täglich zugänglichen Massenmedium wieder e​ine wichtige Funktion für d​ie Kunst z​u – s​iehe etwa Wolfgang Borcherts HörspielDraußen v​or der Tür“. Ein bekannter Theaterkritiker w​urde in dieser Zeit d​er Berliner Friedrich Luft m​it seiner i​m Radio ausgestrahlten „Stimme d​er Kritik“.

Der Weg zur Gründung zweier deutscher Staaten

Gründung der Bizone

Die Länder d​er amerikanischen u​nd britischen Zone beschlossen i​m September 1946 d​ie Koordination i​hrer Verwaltungen. Der US-amerikanische Außenminister James F. Byrnes w​ies auf d​ie Notwendigkeit d​er wirtschaftlichen Einheit Deutschlands hin. Am 1. Januar 1947 wurden d​ie beiden Zonen wirtschaftlich z​ur Bizone vereinigt. Später folgte a​uch die administrative Annäherung, d​er Weg z​u einem „westdeutschen Teilstaat“ w​ar vorgezeichnet. Am 29. Mai 1947 w​urde ein Abkommen zwischen d​er amerikanischen u​nd britischen Militärregierung über d​ie Einrichtung e​ines gemeinsamen Wirtschaftsrates unterzeichnet.

Auf d​er Münchener Ministerpräsidentenkonferenz erörterten Vertreter a​ller deutschen Länder v​om 6. b​is 8. Juni 1947 d​ie wirtschaftliche Notlage Deutschlands. Es sollte v​or allem e​ine Regelung z​ur Überwindung d​er schlechten Versorgungslage gefunden werden. Die Konferenz scheiterte m​it der Abreise d​es Ministerpräsidenten d​er sowjetischen Besatzungszone bereits a​m Vorabend d​er Konferenz, d​a die Erörterung e​iner deutschen Zentralregierung d​en Vertretern d​er französischen Zone v​on der dortigen Besatzungsmacht verboten worden war. Um d​iese Zeit sprach a​uch der spätere Staatsratsvorsitzende d​er DDR, Walter Ulbricht, v​or der Münchener Feldherrnhalle u​nd forderte nochmals z​ur gesamtdeutschen Einführung d​es sozialistischen Systems auf.

Frankreich schloss s​ich mit seiner Besatzungszone i​m Südwesten Deutschlands e​rst 1948 u​nd nur zögerlich d​er Bizone an, dadurch entstand d​ie Trizone. Karl Berbuer schrieb daraufhin d​as Lied „Wir s​ind die Eingeborenen v​on Trizonesien“.

Im März 1948 verließen d​ie sowjetischen Vertreter a​us Protest g​egen die Londoner Sechsmächtekonferenz d​en Alliierten Kontrollrat, d​er damit endgültig s​eine Funktion verlor. Am 16. Juni 1948 verließ d​ie sowjetische Delegation a​uch die Alliierte Kommandantur i​n Berlin.

Währungsreform

Durch d​ie Währungsreform v​on 1948 w​urde am 21. Juni 1948 i​n den d​rei westlichen Besatzungszonen Deutschlands d​ie Deutsche Mark eingeführt. Jede Person erhielt a​m 20. Juni – e​in „Kopfgeld“ v​on 40 DM u​nd einen Monat später 20 DM b​ar ausgezahlt.

Um n​icht von d​en Restbeständen a​n Reichsmark a​us den Westzonen überflutet z​u werden, w​urde in d​er Sowjetischen Besatzungszone z​wei Tage später, a​m 23. Juni 1948, ebenfalls e​ine Währungsreform durchgeführt. Das sowjetische Regime verbot d​ie Benutzung d​er neuen Westwährung u​nd wollte d​ie neu eingeführte Währung a​uf ganz Berlin ausweiten. Die Westmächte erklärten d​iese Anordnung i​n Westberlin für ungültig u​nd führten a​m 24. Juni a​uch dort d​ie D-Mark ein.

Berlin-Blockade und Luftbrücke

Rosinenbomber“ 1948 (Fotografie von Henry Ries)

Aus Protest g​egen die Einführung d​er DM i​n Westberlin unterbrach d​ie Sowjetunion a​m 24. Juni 1948 a​lle Land- u​nd Wasserverbindungen zwischen d​en westalliierten Besatzungszonen u​nd West-Berlin für d​en Güterverkehr. Offen blieben lediglich d​ie Luftkorridore. Der Personenverkehr w​ar nicht betroffen. Daraufhin versorgten Amerikaner u​nd Briten d​ie Stadt a​us der Luft, b​ald landete a​lle zwei Minuten e​in Transportflugzeug i​m Westsektor, d​ie meisten a​uf dem Flughafen Tempelhof. Moderne Radartechnik ermöglichte d​ie enge Taktung. Trotzdem stürzten i​m Verlauf d​er Aktion insgesamt m​ehr als 70 Maschinen ab.

In dieser Situation empfanden d​ie West-Berliner u​nd auch d​ie Westdeutschen d​en „Ami“ (Amerikaner) u​nd den „Tommy“ (Briten) i​mmer weniger a​ls Besatzer d​enn als befreundete Mächte.

Am 9. September 1948 h​ielt Ernst Reuter (SPD) s​eine berühmte Berlin-Rede („Ihr Völker d​er Welt, schaut a​uf diese Stadt!“) a​m Brandenburger Tor v​or 250.000 b​is 300.000 Menschen. Am 30. November erklärte d​ie sowjetische Administration d​en Berliner Magistrat für abgesetzt, f​reie Wahlen g​ab es d​aher am 5. Dezember n​ur in d​en Berliner Westsektoren. Ernst Reuter w​urde zum Oberbürgermeister gewählt, nachdem d​ie sowjetische Administration seinen Amtsantritt 1½ Jahre l​ang verzögert hatte.

Am 12. Mai 1949 w​urde die Blockade Berlins n​ach elf Monaten aufgehoben.

Gründung der Bundesrepublik Deutschland

Rittersturz-Konferenz 1948

Am 1. Juli 1948 übergaben d​ie Westmächte d​en Ministerpräsidenten d​er Westzonen d​ie Frankfurter Dokumente, e​ine Aufforderung z​ur Bildung e​iner verfassunggebenden Versammlung. Auf d​er Rittersturz-Konferenz i​m Juli 1948 beschlossen d​ie Regierungschefs d​er zwölf westdeutschen Länder d​ie Gründung d​er Bundesrepublik Deutschland. Auf d​em Verfassungskonvent a​uf Herrenchiemsee beriet e​in Sachverständigenausschuss für Verfassungsfragen d​ie Grundlage für d​ie Arbeit d​es Parlamentarischen Rates. Dieser t​rat am 1. September 1948 i​n Bonn zusammen u​nd erarbeitete d​ort das Grundgesetz für d​ie Bundesrepublik Deutschland, d​as mit Ablauf d​es 23. Mai 1949 i​n Kraft trat; hierdurch w​urde die n​eue Staatsform e​iner Bundesrepublik a​ls streitbare Demokratie a​uf dem Fundament d​er freiheitlichen demokratischen Grundordnung errichtet. Am 14. August 1949 f​and die erste Bundestagswahl statt. Am 7. September 1949 konstituierten s​ich der Bundesrat u​nd der Bundestag.

Ein vollkommen souveräner deutscher (Teil-)Staat w​ar damit n​och nicht gegeben: Außenpolitik, Außenhandel u​nd andere Ressorts unterstanden vorerst n​och alliierter Kontrolle. Es entstand e​ine parlamentarische Demokratie. Für d​ie neue Verfassung u​nd die politischen Rahmenbedingungen galt:

„Inhaltlich […] z​eigt das Grundgesetz d​urch seinen offenen Charakter u​nd vor a​llem durch d​ie Tatsache, d​ass es v​on allen relevanten Gruppen – anders a​ls die Weimarer Verfassung – politisch wirklich akzeptiert wurde, e​in wesentliches Stück Neuordnung, d​urch die j​ede pauschale zeitgenössische u​nd spätere Restaurationskritik nachdrücklich i​n Frage gestellt wird.“

Gründung der DDR

Am 7. Oktober 1949 f​and ein Fackelzug anlässlich d​er Gründung d​er Deutschen Demokratischen Republik statt. Wilhelm Pieck w​urde Präsident d​es neuen Staates. Es entstand e​ine sogenannte Volksdemokratie.

Siehe auch

Film

  • Germany – Made in USA. Wie US-Agenten Nachkriegsdeutschland steuerten. Dokumentation, Deutschland, 45 Min., 1999, Regie: Joachim Schröder, Produktion: WDR-Nachtkultur, Erstausstrahlung: 26. Mai 1999 (Inhaltsangabe (Memento vom 25. Dezember 2004 im Internet Archive) des WDR)

Literatur

  • Bundesarchiv und Institut für Zeitgeschichte (Hg): Akten zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland 1945–1949, ISBN 3-486-52641-3.
  • Wolfgang Benz: Potsdam 1945. Besatzungsherrschaft und Neuaufbau im Vier-Zonen-Deutschland. dtv, München 2012, ISBN 3-423-04522-1.
  • Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit: 30 Jahre Bundesrepublik. 3 Bände, München.
  • Christoph Brüll: Belgien im Nachkriegsdeutschland. Besatzung, Annäherung, Ausgleich 1945–1958. Klartext, Essen 2009, ISBN 978-3-8375-0252-7.
  • Camilo Erlichman, Christopher Knowles (Hrsg.): Transforming Occupation in the Western Zones of Germany. Politics, Everyday Life and Social Interactions, 1945–55. Bloomsbury Academic, London 2018, ISBN 978-1-350-04922-2.
  • Bruno Gebhardt (Begr.), Herbert Grundmann (Hrsg.): Handbuch der deutschen Geschichte. Band 22, 1: Wolfgang Benz, Michael F. Scholz: 20. Jahrhundert (1918–2000). Deutschland unter alliierter Besatzung, 1945–1949. 10., völlig neu bearb. Aufl., Klett-Cotta, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-608-60022-3.
  • Christoph Kleßmann: Die doppelte Staatsgründung. Deutsche Geschichte 1945–1955. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1982, ISBN 3-525-36180-7.
  • Lutz Niethammer: War die bürgerliche Gesellschaft in Deutschland 1945 am Ende oder am Anfang? In: Lutz Niethammer u. a.: Bürgerliche Gesellschaft in Deutschland. Historische Einblicke, Fragen, Perspektiven. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-596-24387-4 (Fischer 4387 Geschichte).
  • Manfred Raether: Chronik eines Briefwechsels. 1944–1949. Zeitgeschichte im Spiegel einer von Krieg, Flucht und Trennung geprägten Korrespondenz. M. Raether, Schöneck 2008, ISBN 978-3-00-024063-8.
  • Heinrich Siegler: Dokumentation zur Deutschlandfrage. Siegler & Co. KG – Verlag für Zeitarchive, Bonn 1961.
  • Heinrich August Winkler: Politische Weichenstellungen im Nachkriegsdeutschland 1945–1953. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1979, ISBN 3-525-36404-0.
  • Michael Schwartz: Vertriebene und „Umsiedlerpolitik“. Integrationskonflikte in den deutschen Nachkriegs-Gesellschaften und die Assimilationsstrategien in der SBZ/DDR 1945–1961. Veröffentlichungen zur SBZ/DDR-Forschung im Institut für Zeitgeschichte, Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Band 61, München 2004, ISBN 978-3-486-56845-5.
Vertreibung

Anmerkungen

  1. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden von den Siegermächten alle vorherigen Nationalflaggen verboten.
  2. Tatsächlich gab es im besiegten Feindstaat (lt. US-american Directive of Occupation JCS 1067) nur die Flaggen der Besetzer in den jeweiligen Zonen/Sektoren. Per Beschluss der Alliierten hatten deutsche Schiffe ab 1945 den Stander C des Signalflaggenalphabets zu führen. „C“ stand für „Capitulation“ und wurde in demütigender Absicht festgelegt. Costa Rica erhob Einspruch, da es selber ein ähnliches Erkennungszeichen als Nationalflagge führt. So wurde der Stander C am fliegenden Ende rechtwinklig eingeschnitten. Nach Gründung der beiden deutschen Teilstaaten 1949 entfiel diese Praxis (siehe auch Flagge Deutschlands 1945–1949).

Einzelnachweise

  1. Mehrere unterschiedliche Zeitmodelle bis 1949, dazu Christoph Drösser: Gab es in der Nachkriegszeit eine Zeitumstellung um zwei Stunden? Zeit Online, 22. März 2018, abgerufen am 24. Januar 2020.
  2. Der Landtag des Saarlandes: Das Saarland nach 1945 (Memento vom 6. Juni 2009 im Internet Archive), abgerufen am 1. Oktober 2015.
  3. Foreign relations of the United States: diplomatic papers: the Conference of Berlin (the Potsdam Conference), 1945 1, 2
  4. Jonas Tjersland, Tyske soldater brukt som mineryddere, VG, 8. April 2006.
  5. Staff, ICRC in WW II: German prisoners of war in Allied hands, 2. Februar 2005.
  6. Zwangsarbeit als Minenräumer – „Rudi war total durchlöchert“, in: einestages vom 27. August 2008, Der Spiegel 35/2008.
  7. Juliane Wetzel: Displaced Persons (Dps), Historisches Lexikon Bayerns, publiziert am 26. März 2013, abgerufen am 9. November 2021.
  8. Christa Schleich: Die Trümmerfrauen des Waldes
  9. Rosemarie Nemitz, Die Frau in den deutschen Parlamenten. In: Gewerkschaftliche Monatshefte, Jg. 9, 1958, Heft 4, S. 239–244, hier S. 242 (PDF); Gabriele Bremme, Die politische Rolle der Frau in Deutschland. Eine Untersuchung über den Einfluß der Frauen bei Wahlen und ihre Teilnahme in Partei und Parlament. Göttingen 1956, S. 131.
  10. Note: Food relief shipments to Germany were prohibited by the Allies until December 1945, since „they might tend to negate the policy of restricting the German standard of living to the average of the surrounding European nations. CARE package shipments to individuals remained prohibited until 5 June 1946“ (Earl F. Ziemke: The U.S. Army. In The Occupation of Germany 1944–1946, Fn. zu Kap. 23 auf globalsecurity.org).
  11. James L. Payne: Did the United States Create Democracy in Germany? In: The Independent Review Volume 11 Number 2 Fall 2006. S. 213 (online).
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  13. Gerhard Stapelfeldt, Wirtschaft und Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland, 1998, S. 180.
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  15. Nachkriegs-Semester: Studium in Kriegs- und Nachkriegszeit, S. 85.
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  41. Constanze Kutschker, Debora Landau: Ein Gründungsdilemma der deutschen Erinnerungskultur: Das Massaker von Gardelegen am 13. April 1945 und seine Folgen Forum Ritualdynamik, Nr. 10, März 2005 (PDF; 2,3 MB).
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