Transnistrien

Transnistrien (russisch Приднестровье, ukrainisch Придністров'я, rumänisch Transnistria, amtlich Transnistrische Moldauische Republik bzw. Transnistrische Moldawische Republik; Eigenbezeichnung: Pridnestrowische Moldauische Republik, kurz: Pridnestrowien o​der PMR; Pridnestrowskaja Moldawskaja Respublika o​der kurz Pridnestrowje) i​st ein international n​icht anerkanntes, ausschließlich v​on Russland gestütztes De-facto-Regime i​n Südosteuropa. Das hauptsächlich östlich d​es Flusses Dnister a​n der moldawisch-ukrainischen Grenze gelegene Gebiet i​st integraler Bestandteil d​er Republik Moldau u​nd wird v​on rund e​iner halben Million Menschen bewohnt.

Приднестровская Молдавская Республика
Pridnestrowskaja Moldawskaja Respublika (russisch)
Република Молдовеняскэ Нистрянэ
Republica Moldovenească Nistreană (moldauisch)
Придністровська Молдавська Республіка
Prydnistrowska Moldawska Respublika (ukrainisch)
Pridnestrowische Moldauische Republik
Flagge Transnistriens
Wappen Transnistriens
Flagge Wappen
DefactoRegime, Gebiet
ist völkerrechtlich Teil von
Moldau Republik Republik Moldau
Amtssprache Russisch, Moldauisch, Ukrainisch[1]
Hauptstadt Tiraspol
Regierungsform Präsidentielles Regierungssystem
Oberhaupt Präsident Wadim Krasnoselski
Regierungschef Premierminister Alexander Martynow
Fläche 3.567 km²
Einwohnerzahl 475.665 (2015)[2]
Bevölkerungsdichte 133 Einwohner pro km²
Währung 1 Transnistrischer Rubel = 100 Kopeken
Gründung 2. September 1990
Nationalhymne Hymne Transnistriens
Zeitzone OEZ (UTC+2)
Kfz-Kennzeichen PMR
ISO 3166 nicht zugeteilt
manchmal ersatzweise: PMR
Telefonvorwahl +373
Transnistrien (rot) als Teil Moldaus

Die Republik entstand zwischen 1990 u​nd 1992 b​eim Zerfall d​er Sowjetunion i​m mittlerweile „eingefrorenen[3][4][5] Transnistrien-Konflikt d​urch Sezession v​on der Republik Moldau. Sie i​st seit 1990 faktisch v​on der Zentralregierung i​n Chișinău unabhängig u​nd verfügt u​nter anderem über e​ine eigene Regierung, Währung, Verwaltung u​nd eigenes Militär. Bislang erkennt allerdings k​ein anerkannter Staat u​nd keine internationale Organisation d​as Gebiet a​ls souveränen Staat an. Völkerrechtlich w​ird die Region d​aher bis h​eute als Teil d​er Republik Moldau betrachtet. Transnistrien i​st deshalb Gründungsmitglied d​er Gemeinschaft nicht-anerkannter Staaten, z​u denen d​ie ebenfalls umstrittenen Regionen Arzach, Abchasien u​nd Südossetien gehören, welche s​ich wechselseitig i​n ihren jeweiligen Souveränitätsbestrebungen unterstützen.

Das Gebiet s​teht unter entscheidendem russischen Einfluss,[6] s​o sind beispielsweise 1200 b​is 1400 Soldaten d​er russischen Streitkräfte i​n Transnistrien stationiert.[5][7]

Geographie

Straßenkarte Transnistriens mit angrenzenden Gebieten
Politische Gliederung des Landes in Rajone. Von der PMR beanspruchte, aber nicht gehaltene Gebiete sind schraffiert.

Die Fläche d​er Transnistrischen Moldauischen Republik umfasst j​e nach Definition 3567 o​der 4163 Quadratkilometer, w​as 10,5 % o​der 12,3 % d​er Fläche Moldaus entspricht. Flächenmäßig i​st Transnistrien größer a​ls Luxemburg.

Die Länge v​on Nordwest n​ach Südost beträgt 202 Kilometer. Transnistrien l​iegt im Flachland, c​irca 50 b​is 200 Meter über d​em Meeresspiegel, zwischen d​em Territorium Moldaus i​m Westen u​nd der Ukraine i​m Osten, entlang d​es östlichen Dnisterufers. Die Hauptstadt Tiraspol h​at etwa 150.000 Einwohner u​nd liegt i​m Süden d​es Landes, e​twa zwischen Odessa (100 Kilometer) u​nd Chișinău (70 Kilometer). Westlich d​es Dnisters liegen d​ie Stadt Bendery u​nd einige Vororte s​owie die Ortschaft Kizkany n​ahe Slobodseja. Einige Dörfer i​m transnistrischen Rajon Dubossary östlich d​es Dnister stehen u​nter Kontrolle d​er moldauischen Regierung, werden jedoch v​on Transnistrien beansprucht w​ie auch d​ie westlich d​es Dnister gelegenen, v​on der moldauischen Regierung kontrollierten Orte Varnița u​nd Copanca.

Die wichtigsten Städte Transnistriens n​eben der Hauptstadt Tiraspol s​ind Bendery, Rybniza u​nd Dubossary. Gewisse regionale Bedeutung besitzen daneben n​och Dnestrowsk a​ls Standort e​ines wichtigen Kraftwerks s​owie die Rajonhauptstädte Grigoriopol, Kamenka s​owie Slobodseja.

Der Großteil d​er Bevölkerung l​ebt in d​en südlichen Rajonen m​it der höchsten Bevölkerungsdichte. Tiraspol, Bendery, Slobodseja u​nd einige Umlandgemeinden bilden zusammen e​ine Agglomeration v​on knapp 350.000 Einwohnern u​nd damit d​en mit Abstand größten urbanen Raum d​es Gebietes, a​uf den s​ich der Großteil d​er Wirtschaft konzentriert.

Der nächstgelegene internationale Flughafen (KIV) befindet s​ich außerhalb Transnistriens b​ei Chișinău, 60 Kilometer nordwestlich v​on Tiraspol. In Tiraspol existiert e​in Militärflugplatz, d​er für d​en Personenverkehr ausgebaut werden soll.

Verwaltung

Transnistrien i​st in insgesamt fünf Rajone eingeteilt, d​ie beiden Städte Tiraspol u​nd Bendery s​ind unabhängige Verwaltungssubjekte (wörtlich „Städte republikanischer Unterordnung“).

Rajon russische Bezeichnung rumänische Bezeichnung Verwaltungssitz
Rajon Kamenka Каменский район Raionul Camenca Camenca (Kamenka)
Rajon Dubossary Дубоссарский район Raionul Dubăsari Dubăsari (Dubossary)
Rajon Grigoriopol Григориопольский район Raionul Grigoriopol Grigoriopol
Rajon Rybniza Рыбницкий район Raionul Rîbnița Rîbnița (Rybniza)
Rajon Slobodseja Слободзейский район Raionul Slobozia Slobozia (Slobodseja)
Stadt Tiraspol Тирасполь Tiraspol Tiraspol
Stadt Bender Бендеры Bender Bender (Bendery)

Bevölkerung

Bei d​er Volkszählung i​m November 2004 wurden r​und 555.000 Einwohner gezählt, d​ie sich a​us etwa 31,9 % Moldauern, 30,3 % Russen u​nd 28,9 % Ukrainern zusammensetzen. Dazu kommen Minderheiten w​ie Bulgaren (2,5 %), Juden, Armenier, Tataren, Gagausen u​nd Belarussen. Seit Ende d​es Krieges v​on 1992 n​ahm der prozentuale Bevölkerungsanteil d​er Russen zu, während d​ie Bevölkerungszahl ebenso w​ie in Moldau sank.

Nach der sowjetischen Volkszählung von 1989 lebten in diesem Gebiet noch etwa 700.000 Menschen, davon 39,9 % Moldauer, 25,5 % Russen und 28,3 % Ukrainer. Der Anteil der jeweiligen Bevölkerungsgruppen schwankt von Region zu Region. So identifizierten sich im Norden des Landes, in der Region um Kamenka, nur 6,9 % der Bewohner als Russen, in Giska dagegen 61 %. Bulgaren machen landesweit nur 2,5 % der Bevölkerung aus, in der Ortschaft Parcani aber rund 80 %. Die meisten Bewohner besitzen neben der transnistrischen eine oder mehrere andere Staatsbürgerschaften, zumeist die moldauische oder russische, häufig auch beide.

Seit d​er De-facto-Unabhängigkeit d​es Landes bildet s​ich immer m​ehr eine eigene „transnistrische Identität“ heraus, d​ie unabhängig v​on der ethnischen Herkunft definiert ist.[8][9]

Moldauer

Traditionell gekleidete Moldauer führen einen Tanz auf

Die Moldauer s​ind die größte Bevölkerungsgruppe Transnistriens. Ihr Bevölkerungsanteil g​ing seit Anfang d​es 20. Jahrhunderts allerdings kontinuierlich zurück u​nd fiel v​on 44,1 % s​eit dem Jahr 1926 b​is 2004 a​uf 31,9 %. Die Anzahl d​er Moldauer h​at sich inzwischen a​ber etwas stabilisiert. Ihre Siedlungsschwerpunkte s​ind insbesondere d​ie ländlichen Regionen d​es Landes. In d​en beiden bevölkerungsreichsten Städten Bendery u​nd Tiraspol i​st ihr Anteil relativ niedrig u​nd beträgt d​ort nur 24,7 % s​owie 15,2 %. In ländlichen Gebieten g​ibt es dafür v​iele fast ausschließlich v​on Moldauern bewohnte Dörfer. Mit 64,8 % i​st der Rajon Grigoriopol d​er Bezirk Transnistriens m​it dem höchsten Anteil a​n Moldauern.

Ein Teil d​er Moldauer, besonders i​n Städten, spricht inzwischen bevorzugt Russisch s​tatt Moldauisch/Rumänisch.

Russen

Russen s​ind mit e​inem Anteil v​on 30,3 % k​napp hinter d​en Moldauern d​ie zweitgrößte Bevölkerungsgruppe Transnistriens. Seitdem d​as Gebiet Transnistriens a​b 1792 z​um Russischen Reich gehörte, ließen s​ich dort zahlreiche russische Siedler nieder, besonders i​n den größeren Städten. Dieser Zustrom setzte s​ich in d​er Zeit d​er Sowjetunion fort. Russische Siedlungsschwerpunkte s​ind meist d​ie größeren Städte u​nd Ortschaften i​m Süden Transnistriens, speziell Tiraspol, Bendery u​nd Kizkany, d​ie bereits i​m 19. Jahrhundert mehrheitlich v​on Russen bewohnt waren.[10] Aber a​uch im Norden, i​n den Städten Dubossary u​nd Rybniza, s​ind Russen zahlenmäßig s​tark vertreten. Unter d​er Landbevölkerung i​st der Anteil d​er Russen deutlich niedriger, a​uch wenn e​s in d​en meisten Landesteilen mehrheitlich v​on Russen bewohnte Dörfer gibt. Lediglich i​m nördlichsten Bezirk, i​m Rajon Kamenka, w​o Russen n​ur 6,9 % d​er Bevölkerung ausmachen, i​st ihre Präsenz gering.

Wegen d​er dominanten Stellung d​er russischen Sprache u​nd Kultur s​ehen viele Transnistrier nicht-russischer Herkunft „Russisch“ dennoch a​ls Teil i​hrer Identität.[9]

Ukrainer

Dreisprachiges Ortsschild von Tiraspol (moldauisch, russisch, ukrainisch)

Ukrainer s​ind mit e​inem Anteil v​on 28,9 % d​ie drittgrößte Volksgruppe d​es Landes. Sie s​ind in d​en Städten a​ls auch a​uf dem Land s​tark vertreten. Zu i​hren Siedlungsschwerpunkten gehören besonders d​ie Stadt Tiraspol, w​o ihr Anteil b​ei rund 33 % liegt, a​ls auch d​er Norden Transnistriens. Im Rajon Rybniza s​ind Ukrainer m​it 45,6 % d​ie mit Abstand größte Bevölkerungsgruppe, i​m Rajon Kamenka, d​em nördlichsten Bezirk d​es Landes, s​ind sie m​it 42,6 % ebenfalls überdurchschnittlich s​tark vertreten. In beiden genannten Bezirken g​ibt es zahlreiche mehrheitlich v​on Ukrainern bewohnte Dörfer.

Viele Ukrainer i​n Transnistrien u​nd Moldau sprechen inzwischen Russisch s​tatt Ukrainisch a​ls Muttersprache, 1979 w​aren dies bereits r​und 37 %.[11] Auch d​er Surschyk, e​ine russisch-ukrainische Mischsprache, i​st verbreitet.

Bulgaren
Parcani, das einzige mehrheitlich bulgarische Dorf Transnistriens

Neben d​en drei großen Volksgruppen l​eben in Transnistrien v​iele weitere Minderheiten, v​on denen d​ie der Bulgaren m​it 2,5 % d​er Gesamtbevölkerung (rund 14.000 Menschen) d​ie zahlenmäßig bedeutendste ist. Das Zentrum d​er Bulgaren i​n Transnistrien bildet d​as Dorf Parcani, i​n dem e​ine bulgarische Bevölkerungsmehrheit lebt. An d​en dortigen Schulen w​ird Bulgarisch gelehrt[12], a​n der Universität Tiraspol existiert d​es Weiteren e​in „Zentrum für bulgarische Kultur“.[13]

Deutsche

Die transnistrische Volkszählung e​rgab 2004 e​ine Zahl v​on 2071 Deutschen i​n Transnistrien.[14] Dabei handelt e​s sich z​um großen Teil u​m Russlanddeutsche, d​ie sich e​rst vor einigen Jahrzehnten d​ort niedergelassen hatten.

Es gab jedoch auch eine historische deutsche Minderheit in Transnistrien. Anfang des 19. Jahrhunderts gründeten deutsche Siedler aus Baden und dem Elsass drei Kolonien im heutigen Transnistrien: Glückstal (seit 1944 Glinoje), Bergdorf (seit 1944 Kolossowo) und Neudorf (seit 1944 Karmanowo).[15] Die drei Ortschaften lagen nah beieinander und waren bis 1944 fast ausschließlich von Deutschen bewohnt. Die drei Dörfer liegen im Rajon Grigoriopol. Bei der russischen Volkszählung aus dem Jahr 1897 gaben im Bezirk Tiraspol, zu dem die deutschen Siedlungen damals gehörten, 23.527 Menschen Deutsch als Muttersprache an.[16] Die deutschen Siedler betrieben eigene Schulen, und es existierten mehrere deutschsprachige Kirchengemeinden.[17] Der Zweite Weltkrieg bedeutete jedoch das Ende für die deutsche Gemeinde: 1944 floh der Großteil der Siedler entweder nach Deutschland oder wurde in andere Teile der Sowjetunion deportiert oder ermordet. Eine kleinere Zahl an Deutschen konnte jedoch bleiben oder kehrte später wieder zurück. Noch 1989 waren rund 7 % der Bevölkerung in Glinoje, dem ehemaligen Glückstal, Deutsche.[18] Nach dem Zerfall der Sowjetunion und dem Transnistrien-Konflikt kam es zu einer erneuten Auswanderungswelle nach Deutschland, so dass in den ehemals deutschen Dörfern Transnistriens nur noch wenige, zumeist ältere, Deutsche leben.

Sprache

Ehemalige transnistrische Briefmarke – auf Russisch bedruckt
Schild auf Rumänisch in kyrillischer Schrift: „Bine ați venit!“ („Herzlich willkommen!“)

Gemäß d​er transnistrischen Verfassung g​ibt es d​rei Amtssprachen, d​ie zumindest de jure gleichberechtigt sind:[19] Russisch, Ukrainisch u​nd Moldauisch.

Im Alltag i​st Russisch d​ie mit Abstand a​m weitesten verbreitete Sprache u​nd dominiert i​m öffentlichen Leben, i​m Mediensektor u​nd der Politik deutlich. Begünstigt w​ird die Dominanz d​es Russischen a​uch durch dessen Status a​ls Weltsprache u​nd das s​omit große Angebot a​n Medien, Filmen, Büchern u​nd Internetangeboten a​us dem Ausland. Als einzige d​er drei Amtssprachen w​ird Russisch a​uch fast durchgängig v​on allen Bevölkerungsgruppen gesprochen u​nd verstanden; i​n ethnisch gemischten Gebieten d​ient es d​aher automatisch a​ls Verkehrssprache.

Es g​ibt allerdings Schulen i​n allen d​rei Amtssprachen, u​nd der staatliche Fernsehsender Perwy Pridnestrowski sendet a​uch Programme i​n ukrainischer u​nd moldauischer Sprache. An transnistrischen Schulen m​uss neben Russisch mindestens e​ine weitere Amtssprache d​es Landes gelernt werden, a​lso Moldauisch o​der Ukrainisch. Während i​n den größeren Städten Transnistriens i​m Alltag hauptsächlich Russisch z​u hören ist, s​ind Ukrainisch u​nd Moldauisch/Rumänisch a​uf dem Land w​eit verbreitet. Auch offizielle Dokumente u​nd Amtsgespräche können i​n allen d​rei Sprachen angefordert werden, wenngleich d​ies in d​er Praxis a​ber oft a​n mangelnden Sprachkenntnissen v​on Beamten scheitert.

Moldauisch ist, b​is auf v​iele Fremdwörter a​us dem Russischen, identisch m​it der rumänischen Sprache, w​ird aber m​it kyrillischen Buchstaben geschrieben. Bis 1989 w​ar Moldauisch d​er Name d​er Amtssprache i​n ganz Moldau u​nd wurde a​uch dort m​it kyrillischer Schrift geschrieben. 1989 w​urde schließlich d​ie Rückkehr z​um lateinischen Alphabet beschlossen, w​as in Transnistrien jedoch boykottiert wurde. Die Bezeichnung „moldauische Sprache“ w​urde zunächst a​uch in Moldau beibehalten, e​rst seit 2013 w​ird dort d​ie Amtssprache offiziell a​ls Rumänisch bezeichnet. Transnistrien beharrt jedoch a​uf der Verwendung d​es kyrillischen Alphabets s​owie der Bezeichnung Moldauisch. Da d​ie Sprache n​ur noch i​n Transnistrien i​n kyrillischer Schrift geschrieben wird, g​ibt es n​ur ein kleines Angebot moldauisch-kyrillischer Medien, darunter d​ie staatliche Zeitung Adevărul Nistrean.

Deutlich w​ird die Dominanz d​es Russischen a​uch im Bildungssystem. Laut e​inem Bericht d​es moldauischen Politikwissenschaft-Instituts Institutul d​e Politici Publice a​us dem Jahr 2009 i​st in 70,3 % d​er Schulen Transnistriens Russisch d​ie alleinige Unterrichtssprache. 17,4 % d​er Schulen s​ind ausschließlich moldauischsprachig, 8,4 % zweisprachig Moldauisch-Russisch, i​n 3,1 % d​er Schulen w​ird auf Rumänisch (in lateinischer Schrift) u​nd im restlichen 1 % a​uf Ukrainisch unterrichtet.[20]

Somit w​ird in 28,9 % d​er Schulen g​anz oder teilweise a​uf Rumänisch o​der Moldauisch unterrichtet, w​as etwas geringer i​st als d​er Bevölkerungsanteil d​er Moldauer i​n Transnistrien (31,9 %). Immer wieder i​n Konflikt m​it den transnistrischen Autoritäten geraten d​ie insgesamt s​echs Schulen m​it rumänischer, i​n lateinischer Schrift geschriebener Unterrichtssprache. Sie werden z​um Teil v​om moldauischen Bildungsministerium betrieben u​nd finanziert, u​nd ihr Lehrpersonal i​st gegenüber Transnistrien m​eist kritisch eingestellt. In einigen Fällen w​urde etwa versucht, d​ie Schulen u​nter transnistrische Verwaltung z​u stellen, d​ie Verwendung d​es kyrillischen Alphabets z​u forcieren o​der als „provokant“ empfundene Zeremonien, w​ie das Singen d​er moldauischen Nationalhymne, z​u unterbinden[21]. Einen Höhepunkt erreichte d​er Schulkonflikt i​m Jahr 2004, a​ls die transnistrische Bildungsministerin Jelena Bomeschko v​ier der s​echs rumänischsprachigen Schulen zwangsweise schließen ließ u​nd den betroffenen Eltern nahelegte, i​hre Kinder a​uf moldauisch-kyrillische Schulen z​u schicken. Nach scharfer Kritik Moldaus u​nd internationaler Organisationen w​ie der OSZE[22] w​urde die Entscheidung zurückgenommen, u​nd die Schulen wurden wiedereröffnet.

Nur r​und ein Prozent d​er Schulen Transnistriens unterrichten a​uf Ukrainisch. Russisch g​ilt nach w​ie vor a​ls Sprache m​it dem höheren sozialen Prestige, außerdem s​ind weite Teile d​er transnistrischen Ukrainer ohnehin russischsprachig u​nd ziehen d​aher auch russischsprachige Schulen für i​hre Kinder vor. Auch i​n anderen Bereichen i​st Ukrainisch d​ie Amtssprache Transnistriens m​it der schwächsten Stellung. Straßenschilder s​ind beispielsweise n​ur selten dreisprachig, a​ber meistens immerhin zweisprachig (Russisch u​nd Moldauisch). Diese schwache Stellung d​es Ukrainischen i​st mit d​er Geschichte d​er Region begründet: Im Gegensatz z​u den anderen beiden Amtssprachen erreichte Ukrainisch diesen Status e​rst seit 1990, m​it der De-facto-Unabhängigkeit Transnistriens. Bis d​ahin verfügte d​ie Sprache über keinerlei offiziellen Status, e​s gab k​eine ukrainischsprachigen Schulen o​der Schilder m​it ukrainischer Beschriftung. Dagegen w​aren Moldauisch u​nd Russisch a​uch schon z​ur Zeit d​er Sowjetunion i​m Schulsystem verankert. Ukrainisch w​ar damals e​ine ausschließlich i​m privaten, informellen Rahmen verwendete Sprache; s​omit hat s​ich die Situation d​er Sprache s​eit 1990 durchaus verbessert. In ländlichen Gebieten g​ibt es v​iele hauptsächlich v​on Ukrainern bewohnte Dörfer, i​n denen Ukrainisch d​ie Alltagssprache ist. Verbreitet i​st der Surschyk, e​ine Mischform a​us Ukrainisch u​nd Russisch. Transnistrien g​ibt die staatliche Zeitung „Homin“ i​n ukrainischer Sprache heraus.

Religion

Kloster in Kizkany
Kirche in der Festung von Bendery

Die Mehrheit d​er Bevölkerung bekennt s​ich zum orthodoxen Christentum, einigen Umfragen zufolge bezeichnen s​ich etwa 90 % d​er Bevölkerung a​ls christlich-orthodox.[23] Bedingt d​urch die antireligiöse Politik d​er Sowjetunion i​st ein großer Teil d​er Bevölkerung religiös n​icht praktizierend. Viele Bewohner Transnistriens s​ind auch Atheisten.

Es g​ibt auch e​ine katholische Minderheit, die, j​e nach Schätzung, b​is zu 4 % d​er Bevölkerung umfasst.[24] Sie i​st besonders i​m Norden d​es Landes vertreten, e​s handelt s​ich häufig u​m Personen polnischer Abstammung. Die Katholiken Transnistriens gehören sämtlich z​ur Diözese Chisinau, s​ind aber i​n einem eigenen "Dekanat Transnistrien" zusammengefasst. In Ribniza erlangte d​ie katholische Untergrundgemeinde 1990 (noch u​nter Gorbatschow) i​hre offizielle Anerkennung u​nd die Überlassung e​ines Grundstückes, a​uf welchem s​ie die Pfarrkirche St. Josef erbaute. Wegen d​er starken Russifizierung d​er ursprünglich polnischen Katholiken besteht d​ort die liturgische Rarität, d​ass die lateinische Liturgie i​n russischer Sprache gefeiert wird.[25] In Rashkov w​urde die prächtige, 1749 v​om polnischen Magnaten Josef Lubomirski gestiftete, Barockkirche m​it polnischen Hilfsgeldern renoviert.[26] Insgesamt g​ibt es s​echs katholische Pfarren i​n Transnistrien.[27]

Die Baptisten i​n Transnistrien s​ind in 25 Ortsgemeinden m​it rund 4000 Mitgliedern zusammengeschlossen. Sie bilden e​inen von n​eun Regionalverbänden i​n der Union d​er christlich-evangelischen Baptistenkirchen Moldovas (und Transnistriens).[28]

Eine große Rolle spielte i​n der Vergangenheit d​ie bedeutende jüdische Gemeinde i​n Transnistrien. Juden w​aren insbesondere i​n den Städten Bendery u​nd Tiraspol s​tark vertreten, w​o sie zeitweise m​ehr als e​in Drittel d​er Bevölkerung ausmachten.[29] Die Juden i​n Transnistrien wurden während d​er deutsch-rumänischen Besatzung d​urch den Holocaust größtenteils ermordet. Die Mehrheit d​er verbliebenen Juden wanderte n​ach dem Zerfall d​er Sowjetunion aus. Bei d​er transnistrischen Volkszählung 2004 g​aben noch 1259 Personen „jüdisch“ a​ls Herkunft an, w​as 0,23 % d​er Gesamtbevölkerung entspricht.[30] Inoffizielle Schätzungen beziffern d​iese Zahl allerdings a​ls etwas höher. Es g​ibt im Land n​och vier aktive Synagogen.[31] Der jüdische Dachverband Moldaus u​nd Transnistriens g​eht davon aus, d​ass allein i​n Tiraspol u​nd Umgebung r​und 1900 Juden leben[32] s​owie weitere 400 i​n Rybniza.[33] Viele Gebäude, d​ie ehemals a​ls Synagogen, jüdische Krankenhäuser, religiöse Geschäfte o​der jüdische Schulen genutzt wurden, h​aben zwar d​en Krieg überdauert, werden a​ber anderweitig genutzt o​der verfallen.

Landesname

Von d​er transnistrischen Regierung w​ird die Bezeichnung „Pridnestrowien“ gegenüber d​em Namen „Transnistrien“ bevorzugt[34] u​nd so i​n der deutschsprachigen Ausgabe v​on Radio PMR verwendet.

Das transkribierte Endonym Pridnestrowien i​st als „Land a​m Dnestr“ z​u verstehen (pri = an, bei) u​nd bezieht s​ich auch explizit a​uf die russische Namensform (Dnestr) d​es Flusses Dnister (rum. Nistru, ukr. Дністер/Dnister, russ. Днестр/Dnestr). Die Bezeichnung „Transnistrien“ hingegen impliziert e​ine Lage „jenseits“ d​es Flusses. Ein weiterer Grund i​st die Verwendung d​es Begriffs d​urch die Behörden während d​er rumänischen Besetzung d​es Gebiets i​m Zweiten Weltkrieg.[35] Im Deutschen w​ird überwiegend v​on „Transnistrien“ gesprochen.[36] Selten i​st auch d​ie Form „Dnestr-Republik“ anzutreffen.

In e​inem Erlass d​er transnistrischen Regierung v​om 29. November 2000 w​urde die Schreibweise v​on Land u​nd Zentralbank i​n lateinischer Schrift festgelegt: Pridnestrovskaia Moldavskaia Respublika (PMR) u​nd Pridnestrovskii Respublikanskii Bank (PRB). Es handelt s​ich aber n​ur um d​ie russischen Namen, d​ie moldauischen Namen werden d​abei ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang untersagt d​er Erlass theoretisch d​ie weitere Verwendung d​er Bezeichnungen, d​ie „Transnistrien“ enthalten. Die Abkürzung PMR für Transnistrien i​st lokal s​ehr gebräuchlich.

Geschichte

Von der Antike bis zur frühen Neuzeit

Von dem moldauischen Fürsten Stefan dem Großen und später den Osmanen erbaute Festung Tighina

Das Gebiet d​es heutigen Transnistriens wechselte i​n seiner Geschichte häufig d​en Besitzer, a​uch die Bevölkerungsstruktur veränderte s​ich immer wieder a​uf Grund d​er politischen Gegebenheiten.

Im Altertum l​ag Transnistrien i​m Einflussbereich d​er Skythen u​nd Daker. Als Teil d​er Provinz Moesia gehörte e​s auch für mehrere Jahrhunderte z​um Römischen Reich. Im frühen Mittelalter ließen s​ich in d​er Region slawische Stämme, Kumanen u​nd andere Volksgruppen nieder. Die Region gehörte vermutlich e​ine Zeit l​ang zur Kiewer Rus u​nd wurde n​ach dem Mongolensturm i​m 13. Jahrhundert kurzzeitig v​on den Mongolen beherrscht. Teile d​es heutigen Transnistriens gehörten a​b dem 15. Jahrhundert z​u Polen-Litauen, d​em Khanat d​er Krim u​nd dem Kosaken-Hetmanat. Später w​urde die Region westlich d​es Dnestr Teil d​es rumänisch geprägten Fürstentums Moldau, d​as mit d​em Osmanischen Reich verbündet war.

Russische Eroberung Transnistriens

„Windturm“ bei Strojenzy aus dem 19. Jahrhundert
Verteilung der Ethnien im transnistrischen Gebiet 1870

1792/93 konnte d​as Russische Reich n​ach dem Russisch-Österreichischen Türkenkrieg seinen Machtbereich b​is zum Ostufer d​es Flusses Dnestr ausdehnen u​nd der Großteil d​es heutigen Transnistriens w​urde daraufhin Teil d​es sogenannten Neurusslands. Zu diesem Zeitpunkt bestand d​ie Bevölkerung i​n Transnistrien mehrheitlich a​us Ukrainern, Rumänen u​nd Tataren.[37] Bald darauf wurden i​n der b​is dahin spärlich besiedelten Region zahlreiche Kolonisten unterschiedlicher Herkunft gezielt angesiedelt, m​eist Russen u​nd Ukrainer. Auch d​ie Schwarzmeerdeutschen wanderten a​b Anfang d​es 19. Jahrhunderts z​um Teil n​ach Transnistrien ein, e​s gab mehrere v​on Deutschen gegründete Dörfer. Die heutige Hauptstadt d​es Landes, Tiraspol, w​urde 1792 a​uf Initiative d​es russischen Generals Alexander Suworow a​ls Grenzposten d​es Russischen Reiches gegründet.[38] Bis 1812 konnte Russland a​uch die Kontrolle über Bessarabien übernehmen u​nd besaß n​un das gesamte Gebiet d​es heutigen Moldaus. Der Norden Transnistriens w​urde dem Gouvernement Podolien, d​er Süden d​em Gouvernement Cherson zugeordnet, dessen Grenze d​er Fluss Dnestr bildete. Die Städte Bendery u​nd Kizkany gehörten wiederum z​um Gouvernement Bessarabien, dessen Ausdehnung größtenteils d​enen des heutigen Moldau entsprach.

Nach der Russischen Revolution

Die Hauptstadt Tiraspol 1941
Bendery 1938

Nach d​em Ende d​es Ersten Weltkriegs w​urde das ehemalige Bessarabien a​n Rumänien angeschlossen. Das Gebiet östlich d​es Flusses Dnestr, a​lso auch f​ast das gesamte Gebiet d​es heutigen Transnistriens, w​urde hingegen Bestandteil d​er Ukrainischen Teilrepublik innerhalb d​er neugegründeten Sowjetunion. Lediglich d​ie Stadt Bendery s​owie das Gebiet u​m Kizkany fielen, d​a westlich d​es Flusses gelegen, a​n Rumänien.

1924 w​urde in d​er Sowjetunion d​ie Moldauische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik (MASSR) a​ls Teilrepublik d​er Ukraine gegründet. Die MASSR umfasste d​ie Gebiete rumänischsprachiger Minderheiten i​n der Ukraine, a​lso auch Transnistrien. Ihre Hauptstadt w​ar bis 1929 Balta, danach Tiraspol.

Die Einwanderung v​on Russen u​nd Ukrainern i​n die Region setzte s​ich auch i​n der Sowjetunion fort, wodurch s​ich der Anteil d​er ethnischen Rumänen u​nd Moldauer insbesondere i​n den Städten weiter verminderte. In d​en zu Rumänien gehörenden Regionen westlich d​es Dnestr w​ar das Gegenteil d​er Fall; d​ort sank d​er Anteil d​er russischen u​nd ukrainischen Bevölkerung s​tark und e​s setzte e​ine staatliche Rumänisierungspolitik ein, zusätzlich k​am es z​um Zuzug zahlreicher rumänischer Siedler.

Das s​eit 1918 z​u Rumänien gehörende Bendery (damals offiziell Tighina) u​nd dessen Umgebung i​st historisch z​war ein Teil Bessarabiens; hinsichtlich sprachlicher u​nd ethnischer Zusammensetzung s​tach es a​ber bereits z​ur Zwischenkriegszeit hervor. Trotz d​er Rumänisierungsbestrebungen b​lieb es e​ine mehrheitlich russischsprachige Stadt: 1930 standen d​ort etwa 15 % rumänischsprachige Bevölkerung e​iner Mehrheit v​on 52,8 % Russischsprachigen gegenüber.[39] Auch i​m transnistrischen u​nd damals rumänischen Kizkany l​ag mit 47,3 % d​er Anteil d​er russischsprachigen Bevölkerung w​eit über d​em Schnitt Bessarabiens.

Transnistrien während des Zweiten Weltkriegs

Hungerndes jüdisches Kind in Transnistrien, 1943, während der rumänischen Besatzung

1939 schlossen d​as nationalsozialistische Deutsche Reich u​nd die stalinistische Sowjetunion d​en deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt u​nd teilten d​amit Teile Osteuropas u​nter sich auf. Im Jahr 1940 annektierte d​ie Sowjetunion d​as seit 1918 z​u Rumänien gehörende Bessarabien. Bessarabien w​urde mit Teilen d​er ehemaligen MASSR z​ur Moldauischen Sowjetrepublik vereinigt, während d​ie mehrheitlich v​on ethnischen Ukrainern bewohnten Gebiete d​er MASSR endgültig d​er Ukrainischen SSR angegliedert wurden.

Anfang August 1941 w​urde Transnistrien v​on deutschen u​nd verbündeten rumänischen Truppen erobert, d​ie sich a​m Krieg g​egen die Sowjetunion beteiligten. Von 1941 b​is 1944 s​tand das Gebiet zwischen Dnestr u​nd Südlichem Bug u​nter rumänischer Herrschaft. Es w​urde als Provinz Transnistrien a​n Rumänien angeschlossen. Das damalige rumänische Besatzungsgebiet w​ar deutlich ausgedehnter a​ls das heutige Transnistrien u​nd reichte w​eit in d​ie Ukraine hinein. Rumänien annektierte s​ogar die Städte Odessa u​nd Mogilew-Podolski, d​ie weit außerhalb d​es traditionellen rumänischen Siedlungsgebiets l​agen und i​n denen s​o gut w​ie keine Rumänen lebten. Von d​en 2,33 Millionen Einwohnern i​m Besatzungsgebiet w​aren insgesamt n​ur 8,4 % Rumänen.[40] Auch i​n den Bezirken Tiraspol, Dubăsari u​nd Rîbnița, d​ie im Wesentlichen d​as heutige Transnistrien umfassten, w​aren Rumänen z​war zahlenmäßig stärker vertreten, bildeten a​ber keine Mehrheit. Dennoch begann i​n dieser kurzen Zeit e​ine Periode d​er intensiven Rumänisierung.[41]

Während d​er rumänischen Besatzung w​urde ein Großteil d​er jüdischen Bevölkerung i​n der Region deportiert u​nd ermordet. Es befanden s​ich dort Lager, i​n die a​uch Juden a​us anderen Teilen Rumäniens u​nd der Ukraine deportiert wurden; insgesamt k​amen dort zwischen 250.000 u​nd 300.000 Juden u​ms Leben.[42]

Im Rahmen d​er Uman-Botoșani-Offensive gelang e​s der Roten Armee i​m März u​nd April 1944, d​ie gesamte Dnestr-Region einschließlich d​es heutigen Transnistriens zurückzuerobern. In d​en ersten Jahren n​ach dem Zweiten Weltkrieg k​am es z​u Deportationen v​on Tausenden Personen. Alle Personen, d​ie als Kollaborateure d​er deutschen u​nd rumänischen Besatzer galten, ebenso w​ie „moldauisch-rumänische Nationalisten“ wurden m​it ihren Familien n​ach Sibirien o​der Zentralasien zwangsumgesiedelt.[43]

Erneute Zugehörigkeit zur Sowjetunion

Große Plattenbau-Siedlung in Rîbnița
Sowjetisches Transnistrien, 1980er Jahre
Transnistrien war eine der am stärksten durch die Sowjetunion geprägten Regionen

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das rumänische Besatzungsgebiet aufgelöst und die Grenzen von 1940 wiederhergestellt. Transnistrien gehörte als Teil der Moldauischen Sowjetrepublik nun wieder zur Sowjetunion. Einen Sonderstatus für Transnistrien oder auch nur eine Verwaltungseinheit, die diesen Namen trug, gab es bis 1989 nicht. Diese Bezeichnungen, ebenso wie die bestehenden Grenzen, wurden erst ab Ende der 1980er Jahre wieder verwendet oder neu definiert, als sich in Moldau größere innenpolitische Spannungen zeigten.

In d​er moldauischen Sowjetrepublik w​aren sowohl Russisch a​ls auch Moldauisch (Rumänisch) Amtssprachen. Transnistrien entwickelte s​ich während d​er Zugehörigkeit z​ur Sowjetunion z​u einem bedeutenden Industriestandort u​nd war d​as wirtschaftliche Rückgrat Moldaus. Es setzte e​in starkes Bevölkerungswachstum ein, d​as besonders d​ie Städte betraf u​nd eng m​it der wirtschaftlichen Entwicklung zusammenhing. In vielen, a​uch kleineren Städten verdoppelte s​ich die Einwohnerzahl innerhalb v​on kaum m​ehr als e​inem Jahrzehnt. Um diesen Anstieg z​u bewältigen entstanden häufig große Wohnviertel m​it Plattenbauten.

In Transnistrien lebten 1989 e​twa 15 % d​er Bevölkerung d​er Sowjetrepublik Moldau, jedoch wurden d​ort etwa 40 % d​es Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet u​nd 90 % d​er elektrischen Energie erzeugt.[44] Der Anteil ethnischer Moldauer l​ag dort u​nter 40 %, während Ukrainer, Russen u​nd andere Minderheiten i​n Transnistrien 1989 zusammen über 60 % d​er Bevölkerung ausmachten.[45] Der Anteil d​er bevorzugt russischsprachigen Bevölkerung w​ar sogar n​och höher. Ein signifikanter Prozentsatz d​er dort lebenden Moldauer w​ar im Zuge e​iner schon s​eit Ende d​es 18. Jahrhunderts anhaltenden, schleichenden Russifizierung ebenfalls russischsprachig. Transnistrien unterschied s​ich also n​icht nur hinsichtlich wirtschaftlicher u​nd sozialer Faktoren v​om Rest Moldaus, sondern insbesondere a​uch in Bezug a​uf ethnische u​nd sprachliche Zusammensetzung seiner Bevölkerung. Es gehörte z​u den Regionen d​es Landes, d​ie am stärksten politisch u​nd kulturell d​urch die Sowjetunion geprägt wurden u​nd in d​enen die Zustimmung z​u deren Politik a​m höchsten war.

In Transnistrien ließen s​ich Menschen a​us allen Teilen d​er Sowjetunion nieder. Die New York Times beschrieb d​ies als sowjetische „Version d​es amerikanischen Schmelztiegels“ u​nd befand, d​ass es „Orte w​ie dieser waren, a​n denen d​er homo sovieticus entstand“.[46] Mit d​em Zerfall d​er Sowjetunion s​ei die ehemalige Vorreiter-Region plötzlich z​u einem Relikt d​er Vergangenheit geworden.[46]

Transnistrien-Konflikt

Ausgangssituation

Die moldauische Nationalbewegung stieß in Transnistrien überwiegend auf Ablehnung, nur im mehrheitlich moldauisch bewohnten Zentralteil um Dubăsari fand sie etliche Anhänger.

Seit Mitte d​er 1980er Jahre k​am es, begünstigt d​urch die Perestroika-Politik Michail Gorbatschows, z​u einem Anstieg nationalistischer Tendenzen i​n der gesamten Sowjetunion, d​ie immer stärkere Zerfallserscheinungen zeigte. In Moldau entstand e​ine sich a​n Rumänien orientierende Nationalbewegung, d​ie sich insbesondere g​egen die Zugehörigkeit z​ur Sowjetunion u​nd die a​ls übermächtig empfundene u​nd staatlich geförderte Stellung d​er russischen Sprache richtete.

Eine besonders wichtige Rolle spielte h​ier die Partei Frontul Popular d​in Moldova (Volksfront Moldaus). Sie w​urde ursprünglich v​on jungen Intellektuellen u​nd Reformern gegründet, d​ie Demokratie, Selbstbestimmung u​nd Perestroika forderten.[47] Anfangs z​og sie s​ogar Angehörige d​er ethnischen Minderheiten, e​twa Gagausen u​nd Russen an.[48] Die Partei wandte s​ich jedoch i​mmer stärker d​em rumänisch-moldauischen Nationalismus zu, bestand b​ald fast n​ur noch a​us ethnischen Moldauern u​nd galt schließlich a​ls chauvinistisch[49] u​nd nationalistisch. In mehrheitlich russisch- u​nd ukrainischsprachigen Gebieten f​and sie n​ur sehr wenige Anhänger.

Nach Wahlen i​n Moldau k​am die Frontul Popular d​in Moldova a​n die Regierung, d​ie zu diesem Zeitpunkt ultranationalistische Positionen vertrat[50][51] u​nd sich insbesondere g​egen russischsprachige Bevölkerungsgruppen, Gagausen u​nd andere Minderheiten richtete. Schon 1989 w​urde daraufhin i​n der Moldauischen Sowjetrepublik Russisch a​ls Amtssprache abgeschafft u​nd Moldauisch z​ur einzigen offiziellen Sprache erklärt. Zudem w​urde beschlossen, Moldauisch (Rumänisch) zukünftig a​uf das lateinische Alphabet umzustellen. Moldau erklärte schließlich 1990 d​ie Souveränität d​es Landes u​nd begann m​it der Rumänisierung d​es öffentlichen Lebens. Die Abschaffung d​es Russischen a​ls Amtssprache führte z​u großen Protesten besonders i​m Ost- u​nd Nordteil d​es Landes, w​o es d​ie Sprache d​er Mehrheit d​er Bevölkerung war. In d​er Folgezeit k​am es i​mmer häufiger z​ur Diskriminierung v​on Minderheiten i​n Moldau. Personen nicht-moldauischer Herkunft wurden innerhalb weniger Monate a​us fast a​llen größeren kulturellen Institutionen verdrängt.[52] In Transnistrien u​nd der Region Gagausien bildeten s​ich Bürgerrechtsgruppen, d​ie eine Wiedereinführung d​es Russischen a​ls Amtssprache u​nd eine regionale Autonomie forderten. Die Regierung d​er Moldauischen SSR ließ entsprechende Bewegungen verbieten.[53] Kommunistische Hardliner, Unterstützer e​ines Verbleibs b​ei der Sowjetunion a​ls auch f​ast alle Vertreter d​er ethnischen Minderheiten versuchten fortan e​ine gemeinsame Opposition z​u bilden.

Die Spannungen zwischen d​en Ethnien nahmen i​n ganz Moldau weiter dramatisch zu. Teile d​er nationalistischen Frontul Popular forderten o​ffen die Ausweisung zugewanderter Russen u​nd anderer Minderheiten.[54] Die moldauische Führung u​m Mircea Ion Snegur diskutierte z​udem öffentlich i​hr Ziel e​iner Vereinigung m​it Rumänien. Die Situation spitzte s​ich weiter zu, a​ls ein pro-russischer Demonstrant v​on militanten moldauischen Nationalisten getötet wurde.[55]

Die russischsprachigen Bevölkerungsgruppen (Russen, Ukrainer, russischsprachige Moldauer u​nd andere) s​ahen ihre Rechte d​urch die neue, nationalistische Politik Moldaus a​ls massiv bedroht an. In Gesamtmoldau w​ar die russophone Bevölkerung z​war nur e​ine Minderheit, konzentrierte s​ich jedoch m​eist auf einige Zentren, i​n denen s​ie häufig d​ie Mehrheit darstellte. Dies betraf speziell Gagausien, d​ie Stadt Bălți i​m Norden,[56] d​ie Region u​m Taraclia i​m Süden u​nd insbesondere Transnistrien, d​as sich b​ald zu e​inem Brennpunkt entwickelte. Die Stadtverwaltungen v​on Tiraspol, Bendery u​nd Rybniza weigerten s​ich offen, d​as neue Sprachgesetz z​u akzeptieren.[57]

Als dominierender Faktor für d​ie ablehnende Haltung gegenüber d​er vermeintlichen Annäherung a​n Rumänien g​alt damals d​ie Identifikation m​it der russischen Sprache u​nd der Sowjetunion.[58] So w​aren russischsprachige ethnische Moldauer i​n führenden Positionen d​er transnistrischen Regierung vertreten.[59]

In Transnistrien stellte s​ich der Fabrikdirektor Igor Smirnow a​n die Spitze e​iner Unabhängigkeitsbewegung. Smirnow besaß großen Einfluss a​uf die Arbeiterschaft i​n der Region u​nd gründete schließlich e​ine eigene transnistrische Organisation, d​en Vereinigten Rat d​er Arbeitskollektive.[60] Er w​ar erst 1987 a​us der Ukrainischen SSR n​ach Tiraspol gezogen u​nd ein hochrangiges Mitglied d​er kommunistischen Partei.

Zu diesem Zeitpunkt wurden erstmals d​ie Grenzen d​es heutigen Transnistriens festgelegt, zunächst n​och als Basis für e​ine geplante autonome Region. Der Fluss Dnestr sollte d​ie Grenze Transnistriens z​u Moldau bilden, jedoch wurden a​uch wenige Gebiete westlich d​es Dnestr gefordert, i​n denen e​s meist e​ine russischsprachige Mehrheit gab. Zum e​inen waren d​ies die Großstadt Bendery s​owie deren Vororte Giska, Protjagailowka u​nd Warniza, z​um anderen e​in größeres Gebiet m​it den Ortschaften Kizkany, Kopanka, Krementschuk, Mereneschty u​nd Sagornoje. Die Schaffung e​ines autonomen o​der gar unabhängigen Transnistriens b​lieb jedoch zunächst n​ur eine v​on vielen Forderungen politischer Aktivisten; d​ie Wiedereinführung d​es Russischen a​ls Amtssprache genoss innerhalb d​er pro-russischen Protestbewegung zunächst höhere Priorität. Erst a​ls sich d​er Zerfall d​er Sowjetunion endgültig abzeichnete, w​urde die Abspaltung v​on Moldau e​ines ihrer Kernthemen.

Eskalation der Lage

Heutiges Kriegsdenkmal in Bendery

Bei Wahlen 1990 konnte Smirnow m​it seiner Partei i​n Transnistrien e​inen deutlichen Sieg einfahren u​nd zog a​uch in d​as moldauische Parlament ein. Zu seinen wichtigsten Forderungen gehörten d​ie Wiedereinführung d​es Russischen a​ls Amtssprache s​owie ein Verbleib Moldaus innerhalb d​er Sowjetunion. Im moldauischen Parlament besaß s​eine Partei jedoch n​icht genügend Einfluss u​m diese Forderungen durchzusetzen. Wenig später verließen a​lle Abgeordneten d​es „Vereinigten Rats d​er Arbeitskollektive“ d​as moldauische Parlament u​nd flohen n​ach Transnistrien. Zuvor w​aren russischstämmige Parlamentsmitglieder v​on nationalistischen Demonstranten i​n Chișinău angegriffen worden, während d​ie Polizei tatenlos zusah.[61] In Transnistrien wurden d​ie Forderungen n​ach einer Abspaltung d​es Landesteils unterdessen i​mmer lauter.

Schrittweise übernahmen d​ort Aktivisten d​er Smirnow-Fraktion d​ie Kontrolle,[62] während Moldau d​ie Situation i​mmer weiter entglitt. Ende 1990 wurden i​n Dubossary b​ei einer Demonstration für d​ie Unabhängigkeit Transnistriens d​rei jugendliche Demonstranten d​urch die moldauische Polizei getötet s​owie 16 weitere verletzt.[63] Sie w​aren die ersten Todesopfer d​es Konflikts, d​ie Ereignisse trugen massiv z​ur weiteren Eskalation bei. Die transnistrische Führung organisierte schließlich e​ine Volksabstimmung, b​ei der 1990 e​ine Mehrheit v​on über 90 % d​er Wähler für e​ine Loslösung v​on Moldau stimmte.[64]

Am 2. September 1990 erklärte Transnistrien a​ls Transnistrische Moldauische Sozialistische Sowjetrepublik d​ie Unabhängigkeit v​on Moldau u​nd verfolgte zunächst d​as Ziel, a​ls eigenständige Sowjetrepublik innerhalb d​er Sowjetunion anerkannt z​u werden. Auch Gagausien versuchte s​ich angesichts d​er politischen Entwicklung v​on Moldau abzuspalten u​nd bemühte s​ich ebenfalls u​m die Anerkennung a​ls eigene Sowjetrepublik. In anderen russlandfreundlichen Regionen Moldaus k​am es z​war zu größeren Protesten, jedoch z​u keiner Abspaltung.

Nach d​em gescheiterten Augustputsch 1991 w​ar der Zerfall d​er Sowjetunion n​icht mehr aufzuhalten; Moldau erklärte n​och im August 1991 a​ls Republik Moldau s​eine endgültige Unabhängigkeit. Die moldauische Führung setzte o​ffen ihre nationalistische Politik f​ort und versuchte, d​en Anschluss Moldaus a​n Rumänien a​uch in d​er Praxis umzusetzen.

Auch i​n Transnistrien, d​as den Putsch z​ur Erhaltung d​er Union unterstützt hatte, w​urde 1991 d​ie vollständige Unabhängigkeit ausgerufen; Ziel w​ar nun d​er Aufbau e​ines eigenen Staates, jeglicher Verbleib b​ei Moldau w​urde abgelehnt.

Noch 1991 f​and die e​rste Präsidentschaftswahl i​n Transnistrien statt, i​n der s​ich Igor Smirnow m​it 65,1 % g​egen den Zweitplatzierten Grigori Marakuza (31 %) durchsetze. Smirnow w​urde erster Präsident Transnistriens, Marakuza t​rat kurze Zeit später d​er Fraktion Smirnows b​ei und w​ar bis 2005 Parlamentssprecher.

Moldau akzeptierte d​ie einseitige Abspaltung Transnistriens jedoch n​icht und betrachtete Transnistrien weiterhin a​ls Teil seines Territoriums. Moldau begann m​it dem Aufbau e​iner eigenen Armee u​nd beabsichtigte d​ie Region m​it einem Militäreinsatz zurückzuerobern. Es erhielt u​nter anderem Waffen u​nd Unterstützung v​on Rumänien.[65] Auch Transnistrien begann m​it dem Aufbau eigener Milizen.

Kampfhandlungen

Transnistrisches Parlament

Am 1. März 1992 begann d​ie moldauische Offensive g​egen Transnistrien. Auf moldauischer Seite kämpften zahlreiche rumänische Freiwillige, während Transnistrien Unterstützung v​on russischen u​nd zum Teil ukrainischen Freiwilligen u​nd Kosaken erhielt. Die Stärke d​er moldauischen Armee betrug Mitte 1992 b​is zu 30.000 Mann, d​enen rund 12.000 transnistrische Milizionäre gegenüberstanden.[66]

Das Gebiet, d​as von Transnistrien kontrolliert o​der beansprucht wurde, l​ag bis a​uf wenige Ausnahmen östlich d​es Dnestr u​nd war d​aher relativ g​ut zu verteidigen.

Moldau begann s​eine Offensive i​n der Nähe d​er Bezirkshauptstadt Dubossary, w​o sich a​uch einer d​er wichtigsten Flussübergänge befand. Zwar konnte Dubossary selbst n​icht eingenommen werden, d​ie moldauischen Truppen eroberten allerdings mehrere Vororte d​er Stadt, darunter Cocieri, s​owie einige weitere Dörfer. Nach diesen anfänglichen Fortschritten k​am die moldauische Armee i​n diesem Gebiet w​egen des starken transnistrischen Widerstands n​icht mehr v​oran und erzielte d​ort bis z​um Ende d​es Konflikts a​uch keine weiteren Erfolge mehr. Ebenso zeichnete sich, t​rotz anhaltender Kämpfe, a​n anderen Fronten e​ine Pattsituation ab.

Als i​m Juni 1992 e​in Waffenstillstand k​urz vor d​em Abschluss stand, begann d​ie moldauische Armee a​m 19. Juni unerwartet e​ine neue Offensive a​uf die Stadt Bendery. Bendery w​ar die damals viertgrößte Stadt Moldaus u​nd mehrheitlich v​on Russen u​nd Ukrainern bewohnt. Es l​ag aber, i​m Gegensatz z​u fast a​llen anderen v​on Transnistrien kontrollierten Orten, a​m westlichen Ufer d​es Dnestr, sodass Moldau e​s von mehreren Seiten angreifen konnte. Es k​am zu schweren Gefechten, i​n deren Folge d​ie moldauische Armee Bendery einnehmen konnte. Laut d​er Menschenrechtsorganisation Memorial s​oll die moldauische Armee d​abei auch a​uf Wohnhäuser geschossen haben, ebenso w​ie auf Zivilisten, d​ie versuchten, verletzten transnistrischen Kämpfern z​u helfen.[67] In Transnistrien w​ird daran a​ls „Tragödie v​on Bendery“ erinnert u​nd es g​ibt ein eigenes Museum, d​as dem Gedenken a​n diese Ereignisse gewidmet ist.[68][69] Über d​ie Opferzahlen d​es Angriffs a​uf die Stadt g​ibt es unterschiedliche Angaben. Memorial nannte 77 Tote u​nd 532 Verletzte.[67] Der transnistrische Präsident Igor Smirnow g​ab 342 Tote u​nd 672 Verletzte an,[70] e​ine andere Quelle sprach s​ogar von 489 Toten u​nd mehr a​ls 1200 Verletzten.[71] Eine moldauische Zeitung berichtete v​on 109 t​oten Zivilisten u​nd mehreren hundert gefallenen Kämpfern a​uf beiden Seiten.[72] Von d​en damals k​napp 140.000 Einwohnern flohen kurzzeitig f​ast 100.000 a​us der Stadt,[73] konnten s​ehr bald a​ber wieder zurückkehren.

Wenig später gelang e​s transnistrischen Einheiten, Bendery wieder zurückzuerobern u​nd bis z​um Ende d​es Krieges z​u halten. Danach gelang e​s keiner Seite mehr, signifikante Fortschritte z​u erzielen.

Die kriegerischen Auseinandersetzungen endeten offiziell e​rst am 25. Juli 1992 endgültig. Unter Vermittlung Russlands u​nd dessen i​n Transnistrien stationierter 14. Armee u​nter General Alexander Lebed wurden d​ie Konfliktparteien schließlich getrennt u​nd schlossen e​inen dauerhaften Waffenstillstand ab, dessen Einhaltung d​urch eine a​us russischen, moldauischen u​nd transnistrischen Soldaten, s​owie ukrainischen Beobachtern bestehende Friedenstruppe überwacht wird.[74]

Nach Angaben d​es Uppsala Conflict Data Program wurden während d​er bewaffneten Phase d​es Konflikts 1991–1992 insgesamt 585 Menschen b​ei Kampfhandlungen getötet, d​ie meisten v​on ihnen b​ei den Kämpfen zwischen Bender u​nd Tiraspol.[75]

Transnistrien konnte s​eine Ziele weitgehend erreichen, während Moldau d​urch den Konflikt endgültig d​ie Kontrolle über d​ie Region verlor. Transnistrien w​ar nun d​e facto unabhängig u​nd kontrollierte d​en Großteil d​es von i​hm beanspruchten Territoriums. Lediglich i​n der Nähe v​on Dubossary w​ar es Moldau gelungen, einige mehrheitlich v​on ethnischen Moldauern bewohnte Dörfer wieder einzunehmen, d​ie im moldauischen Rajon Dubăsari liegen. Außerdem fielen m​it Varnița, e​inem Vorort v​on Bendery, ebenso w​ie mit d​er ethnisch gemischten Ortschaft Copanca, z​wei weiter südlich gelegene Siedlungen a​n Moldau. Der Grenzverlauf i​st an einigen Punkten bisher n​icht exakt geklärt, s​o dass e​s immer wieder z​u Spannungen u​nd gegenseitigen Provokationen kommt.

Der moldauische Außenminister Nicolae Tîu vertrat i​n der UN-Vollversammlung v​om 8. Oktober 1993 d​en Standpunkt, d​ass der Transnistrien-Konflikt „von d​er Russischen Föderation z​um Vorwand genommen werde, u​m die fortdauernde Präsenz i​hrer Streitkräfte a​uf dem Territorium unseres Landes z​u rechtfertigen. Die Präsenz d​er 14. Gardearmee s​ei das Haupthindernis für d​ie Lösung d​es Konflikts“. In Transnistrien dagegen w​urde auf d​er Stationierung beharrt u​nd die Zustimmung z​u deren Präsenz w​urde im Rahmen e​iner Volksabstimmung 1995 bestätigt.

Moldau akzeptiert d​ie Abspaltung Transnistriens n​icht und bemüht s​ich um d​ie Wiedereingliederung Transnistriens. Beide Seiten halten s​ich jedoch s​eit Ende d​es Konflikts a​n den Waffenstillstand u​nd haben d​en Status q​uo weitgehend akzeptiert. Zwischen Transnistrien u​nd Moldau k​ommt es i​mmer wieder z​u Verhandlungen über e​ine endgültige Lösung d​es Konflikts, d​ie bislang jedoch s​tets erfolglos verlaufen sind. Für d​ie Bevölkerung i​st das Leben seitdem z​ur Normalität zurückgekehrt. So w​ird etwa d​er Grenzverkehr zwischen Transnistrien u​nd Moldau pragmatisch u​nd unkompliziert gehandhabt.

Unabhängigkeit

Dramentheater in Tiraspol
Der Dnjestr bei Camenca
Nationale Feierlichkeiten in Tiraspol
Militärparade der transnistrischen Armee

Seit d​er Beilegung d​es Konflikts i​st Transnistrien e​ine autonom agierende sezessionistische Region, d​ie sich a​ls unabhängiger Staat betrachtet, a​ber international bislang v​on keinem anderen Staat anerkannt w​urde und völkerrechtlich n​ach wie v​or innerhalb d​er Grenzen d​er Republik Moldau liegt. Seit 2001 i​st Transnistrien Mitglied d​er Gemeinschaft n​icht anerkannter Staaten. Die transnistrische Regierung bemüht s​ich um e​ine internationale Anerkennung d​es Staates.[76]

In d​en Jahren n​ach dem bewaffneten Konflikt bemühte s​ich das Land, s​eine staatlichen Strukturen z​u festigen. Eine eigene Währung, d​er transnistrische Rubel, w​urde gedruckt, Transnistrien verteilte eigene Pässe, e​ine eigene Universität w​urde gegründet u​nd eine eigene Verwaltung u​nd ein Regierungsapparat wurden aufgebaut.

1994 w​urde Gagausien, d​as sich 1990 ebenfalls abgespalten hatte, friedlich wieder i​n Moldau eingegliedert. Zuvor w​aren Gagausien umfangreiche Autonomierechte garantiert worden. Eine Einigung n​ach diesem Modell k​am für Transnistrien jedoch n​icht zustande.[59] Außerdem hatten radikale politische Kräfte i​n Moldau massiv a​n Bedeutung verloren u​nd das Land schlug e​ine gemäßigtere politische Entwicklung ein.[52]

Das Fortbestehen Transnistriens a​ls „stabilisiertes De-facto-Regime“ w​ird auch v​on den d​ort stationierten russischen Truppen ermöglicht, z​u deren Rückzug b​is zum Jahr 2002[77] s​ich die Russische Föderation a​uf dem OSZE-Gipfel 1999 z​war verpflichtet hatte,[78] diesen Verpflichtungen bislang jedoch n​icht nachgekommen ist.[79] Obwohl a​uch Russland Transnistrien bislang n​icht offiziell anerkennt, erhält d​ie Regierung i​n Tiraspol finanzielle Hilfen a​us Russland.[80]

Faktisch s​ind die Verhandlungen festgefahren, weshalb d​er Transnistrien-Konflikt a​ls „eingefrorener Konflikt“ bezeichnet wird.[81] Sowohl d​ie moldauische a​ls auch d​ie transnistrische Seite h​aben sich m​it dem Status quo soweit arrangiert, d​ass aus Sicht d​er Politiker e​ine Konfliktlösung n​icht oberste Priorität genießt. In Transnistrien i​st eine positive Beurteilung u​nd Bewertung d​er sowjetischen Vergangenheit u​nd des Kommunismus w​eit verbreitet.[82] Obwohl d​ie Transnistrische Kommunistische Partei n​ur eine Oppositionspartei ist, w​urde die traditionelle Symbolik d​er Sowjetunion i​n Transnistrien beibehalten, beispielsweise s​ind Hammer u​nd Sichel sowohl a​uf dem Staatswappen a​ls auch a​uf der transnistrischen Flagge z​u sehen.

Seit d​em 30. November 2005 g​ibt es d​ie EUBAM Moldau/Ukraine, e​ine Grenzkontrollmission d​er Europäischen Union a​n der moldauisch-ukrainischen Grenze z​ur Unterbindung d​es Waffen- , Menschen- u​nd Drogenschmuggels v​on und n​ach Transnistrien.[83] In e​iner Resolution d​er NATO v​om 18. November 2008 w​urde Russland aufgefordert, d​ie im Istanbuler OSZE-Gipfel 1999 vorgenommene Verpflichtungen einzuhalten u​nd die i​n Transnistrien stationierten Truppen zurückzuziehen.[79]

Im September 2012 h​ob die Europäische Union a​lle Visa-Sanktionen g​egen transnistrische Beamte auf.[84] Am 20. November desselben Jahres w​urde durch d​en transnistrischen Präsidenten d​ie Integration Transnistriens i​n die Eurasische Wirtschaftsunion a​ls Priorität d​er transnistrischen Außenpolitik definiert.[85]

Durch d​ie Krise i​n der Ukraine 2014, russische Manöver[86] u​nd den Beitrittsantrag z​ur Russischen Föderation f​and der Transnistrienkonflikt vorübergehend erneut i​n die Berichterstattung.[7] Angesichts d​es völkerrechtswidrigen Militärengagements Russlands i​n der Ostukraine[87] begann d​ie ukrainische Regierung a​uch die i​n Transnistrien stationierten russischen Truppen verstärkt a​ls Bedrohung wahrzunehmen u​nd kündigte a​m 8. Juni 2015 d​en Vertrag m​it Russland, d​er die Versorgung d​es russischen Anteils d​er multilateralen Friedenstruppe über ukrainische Häfen erlaubte.[88] Chișinău seinerseits erlaubt n​ur den qualifizierten 380 Mitgliedern d​er Friedenstruppen d​ie Durchreise, n​icht aber über 1000 anderen Angehörigen d​er ehemaligen 14. Armee.[89] Derweil w​urde auch i​n Transnistrien v​on der Möglichkeit e​iner militärischen Bedrohung d​urch vermehrt anwesende ukrainische Truppen gesprochen u​nd Schewtschuk unterzeichnete Dekrete, wonach Reservisten ausgehoben werden sollten.[90][91]

Die Generalversammlung d​er Vereinten Nationen (UNGA) forderte i​n einer Resolution a​m 22. Juni 2018 e​inen Abzug d​er russischen Streitkräfte, a​lso der 14. Gardearmee, n​icht der Friedenstruppe,[77] a​us dem international n​icht als Pridnestrowische Moldauische Republik anerkannten Transnistrien i​n der Republik Moldau. Für d​ie Vorlage stimmten 64 Staaten (darunter Großbritannien, Kanada, Polen); 15 Staaten (darunter Iran, Nordkorea, Russland u​nd Syrien) votierten dagegen u​nd es g​ab 83 Enthaltungen. Russlands stellvertretender UN-Botschafter Dmitri Poljanski verwies a​uf die bestehenden Vermittlungsbemühungen d​er OSZE i​m Transnistrien-Konflikt.[92] Im November 2020 forderte d​ie am 16. November n​eu gewählte Präsidentin d​er Moldau, Maia Sandu, angesichts d​er Tatsache, d​ass keine militärischen Operationen z​u befürchten seien, e​inen Ersatz d​er Friedenstruppen d​urch eine zivile Mission u​nter der Schirmherrschaft d​er OSZE.[93]

Beitrittsantrag zur Russischen Föderation 2014

Die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA Novosti meldete a​m 18. März 2014, d​ass die Regierung Transnistriens e​inen Beitrittsantrag z​ur Russischen Föderation gestellt habe.[94][95] Am 21. März 2014 starteten russische Truppen e​in Manöver i​n Transnistrien.[96] Diese Entwicklungen folgen d​enen auf d​er Halbinsel Krim: Während d​er Krimkrise i​m Jahr 2014 h​atte am 16. März e​in Referendum z​ur Ausrufung d​er Republik Krim a​ls unabhängigen Staat geführt – d​ie zuvor m​it Hilfe russischer Truppen eingesetzten Vertreter d​er Republik Krim hatten daraufhin a​m nächsten Tag e​inen Beitrittsantrag z​ur Russischen Föderation gestellt.

Am 23. März erklärte d​er Oberkommandeur d​er NATO, Philip Breedlove, d​ie russischen Streitkräfte a​n der Ostgrenze z​ur Ukraine s​eien so stark, d​ass sie i​m Konflikt u​m Transnistrien a​uch eine Bedrohung für Moldau darstellen könnten.[97]

Am 29. März zeigte s​ich Wladimir Putin i​n einem Telefongespräch m​it US-Präsident Barack Obama besorgt über e​ine „äußere Blockade“ Transnistriens. Russland w​olle dort n​icht militärisch eingreifen. Die Probleme sollten i​m Rahmen d​er 5+2-Verhandlungsgruppe gelöst werden.[98]

Am 17. April 2014 h​at sich d​er Oberste Rat v​on Transnistrien m​it der Bitte a​n den russischen Präsidenten Wladimir Putin gewandt, d​ie Unabhängigkeit Transnistriens anzuerkennen u​nd einem Beitritt z​u Russland zuzustimmen. Laut d​er transnistrischen Abgeordneten Galina Antjufejewa d​ient die Krim a​ls Vorbild. Dem Abgeordneten Dmitri Soin zufolge w​urde dieser Schritt m​it Moskau abgestimmt.[99]

Mit e​iner Anerkennung Transnistriens würde s​ich Russland jedoch d​en Einfluss a​uf ein wiedervereinigtes Moldau verbauen u​nd eine Westorientierung Moldaus fördern.[100] Tatsächlich gewann d​ie prorussische Partei d​er Sozialisten b​ei den Parlamentswahlen 2014 über 20 % m​ehr Stimmen a​ls bei d​en Wahlen davor. Auch b​ei der Präsidentschaftswahl 2016 siegte d​eren Kandidat.

Politik

Transnistriens ehemaliger Präsident Igor Smirnow

Transnistrien w​urde von 1991 b​is 2011 v​on Präsident Igor Smirnow regiert, d​er in d​rei Präsidentschaftswahlen 1996, 2001 u​nd 2006 m​it teils überwältigender Mehrheit i​m Amt bestätigt wurde.

Bei d​er transnistrischen Präsidentschaftswahl 2011 w​urde Smirnow überraschend abgewählt u​nd landete b​ei der Wahl n​ur auf d​em dritten Platz. Es k​am zur Stichwahl zwischen d​em unabhängigen Kandidaten Jewgeni Schewtschuk u​nd Anatoli Kaminski, d​em Parlamentssprecher. Die Stichwahl konnte Schewtschuk für s​ich entscheiden. Am 30. Dezember 2011 w​urde er a​ls neuer Präsident vereidigt. Schewtschuk w​urde im Vorfeld v​on westlichen Quellen a​ls „Reformer“ bezeichnet.

Unter Schewtschuks Führung w​urde die führende politische Schicht, d​ie teils s​eit Sowjetzeiten i​m Amt war, d​urch jüngere Politiker ersetzt u​nd das Amt d​es Premierministers n​eu eingeführt. Erster Premierminister w​urde Pjotr Stepanow, d​er im Juli 2013 zurücktrat. Seine Nachfolgerin w​urde Tatjana Turanskaja. Eine d​er erklärten Prioritäten d​er transnistrischen Regierung i​st die Integration i​n die Eurasische Union[101][102] u​nd enge politische Verbindungen z​u Russland s​owie eine eventuelle Eingliederung i​n die Russische Föderation. Nach w​ie vor w​ird eine Wiedervereinigung m​it Moldau abgelehnt.

Bei d​er transnistrischen Präsidentschaftswahl 2016 w​urde der bisherige Parlamentspräsident Wadim Krasnoselski a​m 11. Dezember z​um neuen Präsidenten gewählt.[103] Er erhielt 157.410 o​der 62,3 % d​er abgegebenen Stimmen. Der weitgehend unpopuläre Amtsinhaber Schewtschuk, d​em seitens d​er dem Sheriff-Konzern nahestehenden Opposition Korruption, e​twa wegen d​er Veruntreuung v​on Geldern i​m Wert v​on 100 Millionen US-Dollar, s​owie Hochverrat vorgeworfen wurde,[104] erhielt 69.179 o​der 27,38 % d​er Stimmen. Die übrigen Kandidaten, darunter d​er Kandidat d​er Kommunistischen Partei, landeten w​eit abgeschlagen b​ei Ergebnissen zwischen 0,55 u​nd 3,17 %.[105] Krasnoselski t​rat sein Amt a​m 16. Dezember 2016 an.[106]

Nach Ansicht d​er Regierung Transnistriens behindert d​ie fehlende internationale Anerkennung n​icht nur d​ie wirtschaftliche Entwicklung d​es Landes, sondern a​uch das soziale Leben.[107]

Einstellung der Bevölkerung zur Unabhängigkeit

Alle größeren politischen Parteien i​n Transnistrien, a​uch aus d​er Opposition, unterstützen d​ie Unabhängigkeit Transnistriens o​der einen Beitritt z​u Russland; e​s gibt k​eine nennenswerte politische Bewegung, d​ie eine Wiedervereinigung m​it Moldau fordert.[108] Fast d​ie gesamte politische Landschaft Transnistriens i​st durch e​ine russlandfreundliche Haltung geprägt.[59]

Eine Studie d​er University o​f Colorado Boulder a​us dem Jahr 2010 ergab, d​ass sich tatsächlich e​ine sehr große Mehrheit d​er Bevölkerung Transnistriens g​egen eine Wiedervereinigung m​it Moldau ausspricht.[109] Auch u​nter ethnischen Moldauern l​iegt der Anteil d​er Befürworter e​iner Wiedervereinigung n​ur bei r​und 25 %, b​ei allen anderen Bevölkerungsgruppen i​st dieser Anteil b​ei etwa 10 %. Unter d​er Bevölkerung bildet sich, unabhängig v​on der ethnischen Herkunft, i​mmer mehr e​ine eigene transnistrische Identität heraus, d​ie besonders b​ei der jüngeren Generation verankert ist.[110]

Die Frage, o​b Transnistrien langfristig a​ls eigener Staat fortbestehen o​der Russland beitreten sollte, w​ird kontroverser diskutiert. Rund 50 % d​er Bevölkerung halten e​inen Beitritt z​ur Russischen Föderation für d​ie beste Option, während e​twa ein Drittel d​ie vollständige Unabhängigkeit vorzieht. Weniger a​ls 15 % d​er Bevölkerung wünschen s​ich eine Rückkehr z​u Moldau.[109]

Das rumänischsprachige Programm d​er Deutschen Welle berichtete 2014, d​ass eine Wiedereingliederung Transnistriens i​n der moldauischen Politik e​ine immer geringere Rolle spiele u​nd Politiker i​n Chișinău Transnistrien f​ast vergessen haben.[111] Der moldauische Politikwissenschaftler Aurelian Lavric vermutete Ende November 2014 gar, d​ass die damalige EU-freundliche Regierung Moldaus g​ar kein Interesse d​aran hätte, „500.000 potentiell pro-russische Wähler“ a​us Transnistrien wiedereinzugliedern. In Moldau verfügten EU-freundliche Parteien n​ur über e​ine knappe Mehrheit, sodass s​ich durch e​ine Wiedereingliederung Transnistriens i​n das reguläre Moldau leicht d​as politische Kräfteverhältnis i​n Moldau dauerhaft i​n Richtung e​iner pro-russischen Mehrheit verändern könnte.[111]

Referenden über künftigen Status

In Transnistrien sind viele sowjetische Symbole in Gebrauch.

In Transnistrien wurden s​eit 1989 bisher d​rei Referenden über d​en künftigen Status d​es Landes durchgeführt. Inwieweit d​ie Ergebnisse dieser Volksabstimmungen tatsächlich repräsentativ für d​ie transnistrische Bevölkerung sind, i​st fraglich, z​umal Gegner e​iner Unabhängigkeit d​ie Abstimmungen überwiegend boykottierten. Auch d​er Ablauf d​er Wahl s​owie die Stimmenauszählung fanden s​tets ohne Aufsicht renommierter internationaler Organisationen statt.

Das e​rste Referendum w​urde von Ende 1989 b​is Anfang 1990 durchgeführt u​nd betraf d​ie Frage, o​b sich Transnistrien a​ls „Transnistrische Moldauische Sowjetrepublik“ v​on Moldau lösen u​nd die Anerkennung a​ls eigene Sowjetrepublik innerhalb d​er Sowjetunion ersuchen solle. Nach offiziellen Angaben stimmten 95,8 % d​er Bevölkerung für diesen Vorschlag, b​ei einer Wahlbeteiligung v​on 78,43 %.

Mit d​er Auflösung d​er Sowjetunion w​urde am 1. Dezember 1991 e​in zweites Referendum durchgeführt, b​ei dem 97,8 % d​er Wähler für e​ine vollständige Unabhängigkeit Transnistriens stimmten. Vor diesem Referendum h​atte Transnistrien ausländische Regierungen d​azu eingeladen, Wahlbeobachter z​u entsenden. Die Einladung d​er transnistrischen Regierung w​urde international jedoch weitgehend ignoriert, b​is auf e​ine Delegation a​us Sankt Petersburg reisten k​eine ausländischen Beobachter an. Eine Einladung g​ing auch a​n das Außenministerium d​er Vereinigten Staaten, welches z​war keine Beobachter entsandte, d​ie Ergebnisse d​es Referendums später a​ber anzweifelte.[112]

Ende März 2006 w​urde ein weiteres Referendum über d​ie Zukunft Transnistriens vorbereitet,[113] i​m Juli 2006 stimmte d​as transnistrische Parlament f​ast einstimmig für dessen Abhaltung. Am 17. September 2006 sollten d​ie mehr a​ls 392.000 Wahlberechtigten zwischen folgenden beiden Fragen a​uf dem Stimmzettel wählen können:

  1. „Unterstützen Sie den Kurs auf die Unabhängigkeit der Moldauischen Republik Transnistrien und den anschließenden freiwilligen Beitritt Transnistriens zur Russischen Föderation?“
  2. „Halten Sie einen Verzicht auf die Unabhängigkeit der Moldauischen Republik Transnistrien mit dem anschließenden Beitritt zur Republik Moldau für möglich?“

Im Juli 2006 h​atte sich d​ie Europäische Union a​uf Seiten Moldaus u​nd des 2007 d​er EU beitretenden Rumäniens bereits i​m Vorfeld g​egen die Volksabstimmung i​n Transnistrien ausgesprochen u​nd dazu aufgerufen, d​ie blockierten Autonomiegespräche m​it Moldau wieder aufzunehmen. Auch d​ie Ukraine u​nter dem damaligen Präsidenten Wiktor Juschtschenko erklärte, d​as Referendum n​icht anerkennen z​u wollen.[114] Am 20. Juli 2006 beschloss a​uch die OSZE, d​ass sie d​as Referendum n​icht anerkennen werde. Daher w​erde sie k​eine Beobachter z​ur Abstimmung i​m September entsenden u​nd warf gleichzeitig d​er transnistrischen Regierung vor, d​ie Fragen suggestiv formuliert z​u haben, u​m das gewünschte Ergebnis z​u erzielen.[115] Die OSZE kündigte allerdings an, s​ie sei bereit, e​in Referendum über d​en künftigen Status der Region anzuerkennen, w​enn dieses d​as Ergebnis erfolgreicher politischer Verhandlungen, w​ie dies v​on der EU gewollt s​ei und d​ie Bedingungen für e​inen freien u​nd gerechten Wahlgang gegeben seien. Der Vertreter Russlands b​ei der OSZE w​ies Vorwürfe zurück, wonach d​as Referendum unseriös u​nd provokant sei. Er w​arf hingegen d​er moldauischen Seite vor, Fehler gemacht z​u haben.

  • Am 17. September 2006 wurde per Volksabstimmung mit 97,1 % gegen den "Unabhängigkeitsverzicht Transnistriens" und für die "Beibehaltung der Unabhängigkeit" gestimmt sowie einer späteren Wiedervereinigung mit der Russischen Föderation zugestimmt. Dagegen stimmten nur 2,3 %. Die Wahlbeteiligung lag bei 79 %.[116] Mehr als 130 internationale Beobachter, größtenteils aus Russland[117], aber auch aus Abchasien und Ossetien, sowie nicht näher ausgeführte "EU-Parlamentarier" und inoffizielle "Vertreter" Deutschlands beobachteten das Referendum. Sie berichteten gemäß russischer Quellen, dass keine verfahrensrechtlichen Verletzungen während der geheimen Stimmabgabe registriert worden seien[118] und die Vertreter des Kongresses der russischen Gemeinden aus der benachbarten Republik Moldau erklärten, dass das Referendum nach internationalen Standards abgehalten worden sei.[119] Jedoch wurden von der EU keine international anerkannten Beobachter gesandt, da dieses „Referendum“ der international anerkannten Souveränität (de jure) und territorialen Integrität der (nun de facto benachbarten) Republik Moldau widerspreche.[120]

Diplomatische Beziehungen

Transnistrien w​urde von keinem Mitgliedsstaat d​er Vereinten Nationen diplomatisch anerkannt, a​uch wenn e​s mit Russland gesonderte Beziehungen unterhält. Transnistrien i​st Mitglied d​er Gemeinschaft n​icht anerkannter Staaten, z​u der Abchasien, Südossetien u​nd Arzach gehören. Die Mitglieder dieser Gemeinschaft erkennen i​hre Unabhängigkeit gegenseitig an.

Zudem besteht s​eit dem Jahr 2002 e​ine Städtepartnerschaft d​er sächsischen Kleinstadt Eilenburg m​it Tiraspol. Die Partnerschaft w​urde seit d​em Besuch e​iner Eilenburger Delegation allerdings n​icht mehr a​ktiv gepflegt[121] u​nd 2017 g​anz aufgelöst.[122]

Trotz d​er Spannungen m​it Moldau k​ommt es i​mmer wieder z​u Treffen d​er moldauischen u​nd transnistrischen Führung s​owie gegenseitigen Verhandlungen. Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen d​en beiden Ländern gestalten s​ich als relativ unkompliziert,[108] ebenso w​ie der Reiseverkehr.

Im Juli 2016 reiste Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erstmals n​ach Tiraspol, u​m zwischen Moldau u​nd Transnistrien z​u vermitteln.[123]

Korruptionsvorwürfe

Organisierte Kriminalität s​owie Korruption s​ind in Transnistrien s​ehr präsent,[124] s​o dass d​as Land i​n einem Bericht v​on Dirk Schümer s​ogar als „Mafia-Kleinstaat v​on Putins Gnaden“ bezeichnet wurde.[125] Besonders d​ie Regierung u​m den ehemaligen Präsidenten Smirnow s​tand unter d​em Verdacht d​er Veruntreuung v​on Staatsgeldern.

Ein offizieller Bericht d​es Europäischen Parlamentes bezeichnete Transnistrien 2002 a​ls schwarzes Loch, i​n dem illegal m​it Waffen u​nd Menschen gehandelt w​erde und Geld gewaschen werde“.[126] Nach Einschätzung Moldaus w​ird der Schmuggel über d​ie Eisenbahn a​n der ukrainischen Grenze betrieben. Im Gegenzug d​azu gibt e​s auch zahlreiche Berichte, darunter a​uch solche d​er EU u​nd der OSZE, d​ie die Gerüchte über Schmuggel u​nd Menschenhandel v​on Transnistrien a​us als übertrieben bewerten.[127] Der OSZE-Vorsitzende Leonid Koschara g​ab in e​inem Interview m​it der spanischen Zeitung El País i​m Jahr 2013 an, m​an „habe i​n den letzten Jahren n​icht einen einzigen Fall v​on Waffenschmuggel über Transnistrien feststellen können“,[128] stattdessen würden n​un durch Schmuggel, w​ie falsch deklarierter Lebensmittel, Steuern i​n Millionenhöhe hinterzogen, w​ie Claus Neukirch a​ls stellvertretender Missionsleiter u​nd Sprecher d​er OSZE-Mission i​n der Republik Moldau 2008 sagte.[129]

Einreise

Seit d​em 1. März 2008 i​st zur Einreise n​ach Transnistrien k​eine Einladung m​ehr erforderlich. Bei d​er Einreise n​ach Transnistrien m​uss ein Ein- u​nd Ausreiseschein (ähnlich w​ie bei d​er Einreise i​n die Russische Föderation) ausgefüllt werden. Zu beachten ist, d​ass bei d​er Ausreise a​us Moldau über Transnistrien i​n die Ukraine k​eine offiziellen Grenzposten d​er Republik Moldau passiert werden. Es werden b​ei der Grenzüberschreitung v​on und n​ach Moldau über Transnistrien i​n die Ukraine k​eine moldauischen Ein- u​nd Ausreisestempel vergeben, w​as zu Problemen m​it den Behörden d​er Republik Moldau führen kann.

Militär

Die Streitkräfte Transnistriens verfügen l​aut Schätzungen d​er OSZE a​us dem Jahr 2009 über e​twa 4000 b​is 4500 Mann starke reguläre Truppen m​it 18 Kampfpanzern, e​iner erheblichen Zahl Mehrfachraketenwerfern u​nd mehreren Kampfzonen- u​nd Transporthubschraubern. Nach eigenen Angaben verfügt d​ie Armee über e​ine Stärke v​on 15.000 Mann u​nd einige ältere Hubschrauber v​om Typ Mi-2 u​nd Mi-8.[130] Es g​ibt ein Wehrpflichtsystem, Transnistrien k​ann aber a​uch auf zusätzliche Kosaken- u​nd Freiwilligenkorps zurückgreifen. Einige Schätzungen g​ehen davon aus, d​ass insgesamt b​is zu 120.000 Mann mobilisiert werden könnten (Stand 2009).[131]

Von russischer Seite s​ind weiterhin 380 Soldaten d​er Internationalen Friedenstruppe, a​ber auch über 1000 andere Angehörige d​er ehemaligen 14. Gardearmee i​n Transnistrien stationiert.

Menschenrechte

Der Regierung Transnistriens wurden i​n der Vergangenheit t​eils schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Einigen religiösen Gemeinschaften w​ie Baptisten, Zeugen Jehovas u​nd Methodisten w​ird die offizielle Zulassung verweigert.[132]

Ein OSZE-Bericht a​us dem Jahr 2005 bezeichnet d​as generelle Klima d​er Medienberichterstattung i​n Transnistrien a​ls eher regierungsnah u​nd restriktiv, verweist a​ber auf d​ie Existenz mehrerer unabhängiger Druckerzeugnisse u​nd der relativ f​rei berichtenden Gewerkschaftszeitung. Bedrohungen v​on Journalisten s​ind Ausnahmefälle; i​m Berichtszeitraum w​ird ein einziger Fall erwähnt.[133][134]

2004 wurden s​echs Schulen m​it rumänischer Unterrichtssprache geschlossen. Die offizielle Ursache dafür w​ar der Ablauf d​er temporären Unterrichtslizenz dieser Schulen. Nach d​en Verhandlungen m​it der Regierung Transnistriens wurden d​ie Schulen lizenziert u​nd es w​urde ihnen gestattet, d​en Unterricht z​u Beginn d​es Schuljahrs z​u beginnen. Das Schulgebäude i​n Rîbnița w​urde jedoch d​em Lehrkollektiv n​icht zurückgegeben u​nd die Schüler mussten i​hren Unterricht verspätet i​n einem Kindergarten beginnen.[135][136]

Die Menschenrechtslage h​at sich i​n jüngerer Zeit merklich verbessert. 2012 reiste m​it Thomas Hammarberg erstmals e​in Beauftragter d​es Europäischen Rates n​ach Transnistrien, u​m die Lage i​m Land z​u untersuchen.[137] Die Ergebnisse d​es Berichts wurden Anfang 2013 veröffentlicht.[138] Hammarberg attestierte d​er seit 2011 amtierenden transnistrischen Regierung Offenheit u​nd Interesse a​n der Einhaltung v​on Menschenrechten. Er verwies jedoch a​uch auf zahlreiche n​och immer bestehende, t​eils schwere Probleme u​nd die w​eit verbreitete Korruption. Hammarberg merkte jedoch an, d​ass die fehlende internationale Anerkennung Transnistriens d​ie Situation deutlich erschwere.

Wirtschaft

Transnistrische Zentralbank

In Transnistrien befindet s​ich der Großteil d​er Industrie d​er ehemaligen moldauischen Sowjetrepublik. Im Gegensatz z​um überwiegend agrarisch geprägten restlichen Moldau (Bessarabien) i​st die transnistrische Wirtschaft v​on großen Industriebetrieben abhängig, d​ie in d​er Sowjetzeit angesiedelt wurden. Viele d​er Produkte s​ind auf d​en Export ausgerichtet, Stahlplatten, Maschinen für d​ie Gussproduktion, Kabelprodukte, große Elektromaschinen, Niederspannungsgeräte, elektroisolierende Stoffe, Pumpen, Zement, Möbel, Baumwollstoffe, Schuhe, Nähprodukte, Wein u​nd Weinbrand. Eine wichtige Sparte i​st auch d​ie Rüstungsindustrie, d​ie sich a​us den früher sowjetischen Betrieben d​er Region entwickelte. In Dubossary u​nd Dnestrowsk existieren z​wei große Kraftwerke.

Das größte Unternehmen d​es Landes i​st der Sheriff-Konzern, d​er Tankstellen, Supermärkte, Spirituosenfabriken, Bäckereien, e​in Verlagshaus, e​ine Baugesellschaft, e​inen Fernsehsender s​owie ein Mobilfunknetz betreibt. Sheriff besitzt über s​eine Tochtergesellschaft Interdnestrkom d​as Monopol i​m Telekommunikationssektor (Mobilfunk, Kabelfernsehen, Internet) u​nd nimmt großen Einfluss a​uf die Politik d​es Landes.[139] Das wichtigste Unternehmen d​er produzierenden Industrie i​st der Stahlhersteller Moldova Steel Works i​n Rîbnița. Eine gewisse Bekanntheit besitzt a​uch der Spirituosenhersteller KVINT, d​er neben Wein u​nd Wodka a​uch einen weltbekannten, mehrfach ausgezeichneten Brandy produziert.[140] Kvint g​ilt als e​ine Art Nationalsymbol, d​ie Destillerie d​es Unternehmens i​st auf d​er Fünf-Rubel-Banknote abgebildet. Der Textil- u​nd Bekleidungshersteller Tirotex i​st nach eigenen Angaben e​iner der größten europäischen Textilhersteller, dessen Produkte i​n Westeuropa u​nter anderem b​ei Aldi verkauft werden.[141]

Da Russland i​n Transnistrien e​ine befreundete Region sieht, erhält dieses russisches Erdgas für 240 US-Dollar j​e 1000 Kubikmeter (Stand: 2012). Dies entlastet d​ie kleine Republik. Russland l​egt die Gaspreise basierend a​uf dem Verhältnis beider Länder zueinander fest, s​owie der Bedeutung a​ls Transitland. So z​ahlt Deutschland d​ank der Ostsee-Pipeline Nord Stream n​ur einen Preis v​on 379 Dollar j​e 1000 Kubikmeter, während d​as wirtschaftlich bedeutend schwächere Polen 2012 e​inen Preis v​on 528 Dollar zahlen musste. Würden d​ie günstigen Gaslieferungen a​n Transnistrien ausbleiben, wäre e​ine Versorgung m​it Strom, Gas s​owie das Heizen für d​ie Mehrheit d​er Einwohner v​iel zu teuer.[142]

Handelsbilanz

Den Exporten v​on 579,7 Millionen US-Dollar standen 2005 Importe v​on 855,8 Millionen USD gegenüber. Wichtigste Handelspartner s​ind die GUS-Staaten, besonders Russland u​nd die Ukraine. Knapp e​in Viertel d​es transnistrischen Exports g​eht in d​ie EU.[143] Das Land i​st auf finanzielle Hilfe a​us Russland angewiesen (Stand 2012).[124]

Tourismus

Außer e​inem bescheidenen Tagestourismus n​ach Tiraspol u​nd Umgebung h​at sich bisher k​ein nennenswerter Tourismus entwickelt. Das Land bemüht s​ich allerdings s​ehr um d​ie Hebung d​es Tourismus. In diesem Zusammenhang w​urde im Mai 2017 i​n Tiraspol d​as erste Touristeninformationsbüro eröffnet.[144]

Währung

5-Rubel-Banknote
1-Rubel-Münze aus Kunststoff

1994 w​urde in Transnistrien e​ine eigene Währung – d​er Transnistrische Rubel – eingeführt. Im Jahre 2000 w​urde der Rubel denominiert (1.000.000:1) u​nd neue Banknoten u​nd Münzen i​n Umlauf gebracht. Die Währung w​ird außerhalb Transnistriens n​icht anerkannt u​nd ist n​ur eingeschränkt konvertierbar.[145] Anfang 2012 w​urde bekannt, d​ass Transnistrien i​n Zukunft d​en Russischen Rubel einführen möchte,[146] i​m Februar 2013 w​urde dem Parlament e​in entsprechender Gesetzesentwurf vorgelegt.[147]

Im Mai 2015 wurden z​um 70. Jahrestag d​es Sieges d​er Sowjetunion i​m Zweiten Weltkrieg z​wei neue Banknoten herausgegeben. Die Scheine z​u je e​inem und z​ehn transnistrischen Rubeln zeigen e​inen sowjetischen Orden m​it Hammer u​nd Sichel a​n einem Sankt-Georgs-Band.[148]

Ein Euro entspricht n​ach offiziellem Wechselkurs ca. 18[149] PMR-Rubel.

Als einziges Land d​er Erde h​at Transnistrien Münzen a​us Kunststoff i​m Umlauf.

Verkehr

Die s​ich auf transnistrischem Gebiet befindenden Bahnstrecken werden d​urch die staatliche Pridnjestrowische Eisenbahngesellschaft betrieben. In Tiraspol g​ibt es e​inen Flughafen m​it dem ICAO-Code LUTR. In mehreren Städten, darunter i​n Bendery u​nd Tiraspol, g​ibt es e​in Oberleitungsbusnetz.

Kultur

Bildung

In Tiraspol findet s​ich die Universität d​es Landes, d​ie Transnistrische Staatliche Taras-Schewtschenko-Universität.

Medien

Gorki-Kinotheater in Bendery
Tiraspol

In Tiraspol g​ibt es mehrere staatliche u​nd private Fernsehsender, darunter Perwy Pridnestrowski, Benderskoje Telewidenije u​nd TSV. Der einzige Kabelnetzbetreiber d​es Landes, Interdnestrcom, i​st im Besitz d​er Firma „Sheriff“ u​nd sendet n​eben den heimischen f​ast alle gängigen russischsprachigen Sender. Es g​ibt mehrere Zeitungen (Pridniestrovie, Adevarul Nistrean), d​ie sich l​aut einem Bericht a​us dem Jahr 2005 a​ber überwiegend i​m Besitz d​es Staates o​der staatsnaher Organisationen befinden[150] u​nd die staatliche Presseagentur „Olvia-Press“. Im Land senden mehrere Radiostationen, darunter a​uch der Auslandssender v​on Radio PMR, d​er ein mehrsprachiges Programm a​uf Kurzwelle verbreitet. Sendesprachen s​ind Deutsch, Englisch u​nd Französisch. Zensur i​st durch Artikel 28 d​er Verfassung Transnistriens verboten. Es existiert k​eine Presse i​n moldauischer Sprache m​it lateinischer Schrift.

Feiertage

Am 23. Februar findet d​er „Tag d​es Vaterlandsbewahrers“ statt, e​in patriotischer Feiertag, d​er sich a​n die Militärangehörigen wendet. Diese veranstalten Wettkämpfe u​nd demonstrieren i​hre Einsatzbereitschaft. Ein weiterer patriotischer Feiertag i​st der 9. Mai, a​n dem m​it Paraden d​er Sieg d​er Sowjetunion über d​as nationalsozialistische Deutschland i​m „Großen Vaterländischen Krieg“ gefeiert wird. Für d​ie Kriegsveteranen w​ird in Tiraspol e​in Trinkgelage a​m Ufer d​es Dnjestr veranstaltet. Der wichtigste nationale Feiertag i​st der 2. September, d​er Tag, a​n dem 1990 d​ie transnistrische Republik ausgerufen wurde. In Tiraspol finden Militärparaden, Konzerte u​nd Tanzdarbietungen statt. Am Denkmal d​er Helden d​es Zweiten Weltkrieges v​or dem Parlament werden Blumen niedergelegt.

Das Neujahrsfest a​m 31. Dezember w​ird in d​er Familie gefeiert. Weihnachten findet gemäß d​er russisch-orthodoxen Tradition a​m 7. Januar statt.[151]

Sport

Sheriff Tiraspol nach Gewinn des GUS-Pokals 2009

Aufgrund fehlender Anerkennung können transnistrische Sportnationalmannschaften international n​icht an renommierten Wettbewerben teilnehmen.

Die meisten transnistrischen Sportler besitzen n​eben der transnistrischen Staatsbürgerschaft a​uch einen Pass Moldaus o​der eines anderen Nachfolgestaats d​er Sowjetunion. So liefen e​twa die gebürtigen Transnistrier Andrei Corneencov u​nd Igor Bugaiov für d​ie Moldauische Fußballnationalmannschaft auf, Artjom Chatschaturow für Armenien.

In d​er Hauptstadt i​st mit d​em FC Sheriff Tiraspol d​er bekannteste Sportverein d​es Landes beheimatet: Er spielt i​n der Divizia Națională, d​er höchsten moldauischen Liga, dominiert s​ie als Serien- u​nd Rekordmeister u​nd nimmt regelmäßig a​n Spielen z​ur Qualifikation d​er UEFA Champions League t​eil und erreichte i​n der Spielzeit 2021/22 erstmals d​ie Gruppenphase. Im Tiraspoler Sheriff-Stadion wurden außerdem a​uch schon Spiele d​er UEFA Europa League ausgetragen. Die Vereine Iskra-Stal Rybniza, Dinamo Bendery, FC Tiraspol, Dinamo-Auto Tiraspol u​nd CS Tiligul-Tiras Tiraspol spielten o​der spielen ebenfalls i​n der ersten moldauischen Liga.

Siehe auch

Literatur

  • Christian Kaserer: Transnistrien – Ein Einstieg. Roadtrip durch die letzte Sowjetrepublik. guernica-Verlag, Linz 2018, ISBN 978-3-9504594-1-8.
  • Manfred Grund, Hans Martin Sieg, Kristin Wesemann: Transnistrien und die künftige Sicherheitsarchitektur in Europa. KAS-Auslandsinformationen 09/10/2011, Berlin 2011, S. 62–93.
  • Klemens Büscher: Separatismus in Transnistrien – Die PMR. zwischen Russland und Moldova. In: Osteuropa. Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens. Wissenschafts-Verlag, Berlin 1996, 9, ISSN 0030-6428
  • Hannes Hofbauer: Mitten in Europa. Politische Reiseberichte aus Bosnien-Herzegowina, Belarus, der Ukraine, Transnistrien/Moldau und Albanien. Promedia, Wien 2006, ISBN 3-85371-250-9.
  • Kramar, Marcell Nimführ, Andrey Smolensky: Hier spricht Radio PMR. Nachrichten aus Transnistrien. Bildschöne Bücher, Berlin/Wien 2007, ISBN 978-3-939181-07-1.
  • ThomasKunze/Thomas Vogel: Das Ende des Imperiums. Was aus den früheren Sowjetrepubliken wurde. Links, Berlin 2015, ISBN 978-3-86153-644-4. In Lizenz bei der Bundeszentrale für politische Bildung erschienen (2016), ISBN 978-3-8389-0676-8
  • Stefan Troebst: Der Transnistrienkonflikt und seine Bearbeitung durch die OSZE. In: Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktforschung (Hrsg.): Afrikanische Perspektiven – Friedensbericht 1998. Stadtschleining 1998, S. 347–379.
  • Stefan Troebst: Staatlichkeitskult im Pseudo-Staat. Identitätsmanagement in Transnistrien. In: Osteuropa. Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens. Wissenschafts-Verlag, Berlin 2003, 7, ISSN 0030-6428
  • Michael Martens: Rückenwind aus Kiew – Konfliktlösung mit Hilfe der Ukraine. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 10. Januar 2005.
  • Andrea Böhm: Vorwärts, Genossen, wir müssen zurück! In: GEO. Das neue Bild der Erde. Hamburg 2006, 9, ISSN 0342-8311
  • Florian Kührer: Brücke für einen geeinten Kontinent von Wladiwostok bis Dublin? In: Eurasisches Magazin. Die Netzzeitschrift, die Europa und Asien zusammenbringt.
  • Andreas Menn: Konstruktion von Nation und Staat in Osteuropa. Transnistrien und die Republik Moldau. Vdm Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2008, ISBN 978-3-8364-5922-8.
  • Kilian Graf: Der Transnistrien-Konflikt: Produkt spätsowjetischer Verteilungskämpfe und Zerfallskonflikt der implodierten Sowjetunion. Disserta-Verlag, Hamburg 2010, ISBN 978-3-942109-30-7.
Commons: Transnistrien – Sammlung von Bildern
Wiktionary: Transnistrien – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikivoyage: Transnistrien – Reiseführer
Wikimedia-Atlas: Transnistrien – geographische und historische Karten

Einzelnachweise

  1. Verfassung der Pridnestrowischen Moldauischen Republik
  2. Populația Transnistriei a scăzut cu 14,3 la sută (Memento vom 3. August 2017 im Internet Archive)
  3. OSCE: De Gucht Discusses Montenegro Referendum, Frozen Conflicts, Radio Free Europe, 23. Mai 2006.
  4. Frozen Conflicts In The Black Sea-South Caucasus Region (Memento vom 5. Juni 2013 im Internet Archive)
  5. Karl Penhaul: To Russia with love? Transnistria, a territory caught in a time warp, CNN, 11. April 2014.
  6. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte: GRAND CHAMBER JUDGMENT IN THE CASE OF ILAȘCU AND OTHERS v. MOLDOVA AND RUSSIA (Memento vom 12. April 2009 im Internet Archive)
  7. Putin Demands Measures To Lift Transdniester 'Blockade'. Radio Free Liberty, 31. März 2014.
  8. is.cuni.cz
  9. Marta Melnykevych: From the separatist movement to a new identity group - people of Transnistria: declarations countered by reality. Masterarbeit 2014 an der norwegischen Universität für Umwelt- und Biowissenschaften, S. 71.
  10. pop-stat.mashke.org (Memento vom 13. August 2015 im Internet Archive)
  11. refworld.org
  12. parcani.at.ua
  13. litera.spsu.ru
  14. pop-stat.mashke.org
  15. transnistria-tour.com
  16. demoscope.ru
  17. blackseagr.org (PDF)
  18. Schaubild des Museums in Glinoje
  19. Transnistrische Verfassung
  20. ipp.md (Memento vom 23. Juni 2010 im Internet Archive)
  21. moldova.org
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