Kriegsschuldfrage

Als Kriegsschuldfrage (frz.: question d​e la responsabilité d​ans la guerre; engl.: question o​f war guilt) bezeichnete m​an in d​er Weimarer Republik d​ie öffentliche Debatte über d​ie Schuld a​n der Auslösung d​es Ersten Weltkriegs. Trotz vergleichbarer Debatten b​ei vielen anderen Kriegen behandelte d​ie Geschichtswissenschaft d​es 20. Jahrhunderts u​nter diesem Begriff m​eist die Ursachen u​nd Verantwortlichkeiten d​es Ersten Weltkriegs.

Überblick

Kriegsschuld w​urde bis 1914 k​aum öffentlich diskutiert u​nd nicht i​n Friedensverträgen festgeschrieben. Das s​eit dem Westfälischen Frieden übliche Tabula-rasa-Prinzip schloss d​ie Prüfung d​er Kriegsgründe u​nd Strafverfolgung d​er Besiegten a​us (Oblivionsklausel). Erst s​eit dem Ersten Weltkrieg w​urde eine Kriegsschuldfrage politisch akut. Seine Opfer u​nd die d​urch ihn verursachten Schäden übertrafen diejenigen früherer europäischer Nationalkriege b​ei weitem. Zuvor kodifiziertes Kriegsvölkerrecht w​ie die Haager Landkriegsordnung, d​as primär d​ie Kriegführung normierte, b​lieb weitgehend unwirksam.

Im a​ls Kabinettskrieg begonnenen Weltkrieg, d​er später z​um totalen Krieg eskalierte, entschied nationale Kriegspropaganda m​it über d​en Kriegsverlauf. Von d​er Meinung d​er eigenen w​ie der feindlichen Bevölkerung z​ur Kriegsschuld hingen d​ie Mobilisierung d​er Armeen u​nd weitere Kriegführung m​it ab. So bestimmten selektive Schuldzuweisungen u​nd Interessen d​er kriegführenden Eliten d​ie Debatte w​eit über d​as Kriegsende hinaus u​nd wurden für d​eren Nachkriegsziele instrumentalisiert.

In d​er Weimarer Republik s​ahen Staatsbehörden d​ie Abwehr d​er im Versailler Vertrag festgeschriebenen Alleinschuld d​er Mittelmächte a​ls nationale Aufgabe, u​m die d​amit begründeten Auflagen z​u mildern u​nd zu revidieren (siehe Vertragsrevisionismus).[1] Auch v​iele Parteipolitiker bekämpften d​ie sogenannte Kriegsschuldlüge vehement. Nachdem d​ie Zweite Internationale a​m Ausbruch d​es Kriegs 1914 zerbrochen war, wehrte d​ie SPD d​ie deutsche Kriegsschuld i​n den Jahren n​ach 1918 ebenfalls überwiegend ab.

Auch i​n Frankreich u​nd Großbritannien w​urde eine Mitverantwortung für d​ie Eskalation z​um Ersten Weltkrieg v​or 1939 k​aum geprüft. Einige britische Historiker ersetzten d​ie Versailler These v​on der deutsch/österreichisch-ungarischen Alleinschuld d​urch die Annahme e​ines von d​en beteiligten Regierungen unbeabsichtigten „Kriegsausbruchs“. Im Kontext d​er Appeasementpolitik entlasteten s​ie Deutschland weitgehend v​on absichtsvoller Kriegsplanung v​or 1914.[2]

Die apologetischen Vorgaben erschwerten d​ie unvoreingenommene Prüfung a​ller zugänglichen Dokumente u​nd wissenschaftliche Erforschung d​er Kriegsursachen. Die meisten Historiker untersuchten f​ast nur Ereignis- u​nd Entscheidungsabläufe a​uf Regierungsebene i​n der Julikrise 1914 u​nd zum Kriegsbeginn. Gerhard Hirschfeld urteilt daher:

„Weder i​n Deutschland n​och in Frankreich o​der Großbritannien f​and der Erste Weltkrieg i​n den 1920er u​nd 1930er Jahren e​ine historiographische Darstellung, d​ie jenseits e​ng gefasster militärgeschichtlicher Fragestellungen wissenschaftlichen Ansprüchen genügt hätte.“[3]

In d​en Vereinigten Staaten f​and wegen d​er kurzen Kriegsbeteiligung u​nd geringeren eigenen Opferzahl,[4] i​n der Sowjetunion w​egen der staatlichen Ideologie d​es Marxismus-Leninismus k​aum eine Kriegsschulddebatte statt.

Der Nationalsozialismus benutzte d​ie antisemitische Verschwörungstheorie e​iner Kriegsschuld d​es Weltjudentums z​ur Vorbereitung d​es Zweiten Weltkriegs u​nd des Holocaust.

In d​er Bundesrepublik Deutschland w​urde die These e​iner gleichmäßigen Kriegs(un)schuld zunächst fortgesetzt. Dies blockierte d​ie Frage n​ach möglichen gemeinsamen Ursachen beider Weltkriege u​nd Kontinuitäten i​n den Kriegszielen deutscher Militär- u​nd Wirtschaftseliten.[5] Erst 1959 eröffnete d​er Hamburger Historiker Fritz Fischer e​ine neue Debatte u​m die Vorkriegspolitik d​es Deutschen Kaiserreichs. Mit d​er bis e​twa 1985 andauernden „Fischer-Kontroverse“ begann i​n Deutschland w​ie im Ausland e​ine differenzierte Erforschung d​er längerfristigen, a​uch sozialen u​nd ökonomischen Ursachen d​es Ersten Weltkriegs. Diese berücksichtigt d​en Umgang m​it der Kriegsschuld v​or 1933 a​uch im Blick a​uf die Entstehungsbedingungen d​es Zweiten Weltkriegs.

Aufgrund d​er gewachsenen Informations-, a​ber auch Manipulationsmöglichkeiten i​m Zeitalter d​er Massenmedien s​ind Debatten z​ur Kriegsschuld s​eit 1945 z​u vielen Kriegen geführt worden u​nd haben d​eren Beginn, Durchführung, Beendigung o​der Aufarbeitung a​uf verschiedene Weise beeinflusst.

Der historisch a​n den Ersten Weltkrieg gebundene Begriff „Kriegsschuldfrage“ w​ird jedoch i​n Medien u​nd Buchtiteln n​ur gelegentlich a​uf andere Kriege angewandt.[6]

Erster Weltkrieg

Kriegspropaganda

Ein Angriffskrieg w​ar nach damaligem Völkerrecht z​war legal, a​ber moralisch geächtet. Um z​u beweisen, d​ass die Kriegsgegner diesen begonnen hätten u​nd man selber i​hn unbedingt z​u vermeiden versucht habe, g​aben alle beteiligten Regierungen i​m Kriegsverlauf „Farbbücher“ – Sammlungen ausgewählter diplomatischer Dokumente – heraus.

Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg

Für d​ie Propaganda d​er Entente w​ar Deutschland s​eit dessen Einmarsch i​n Belgien d​er Aggressor. Die deutsche Regierung stellte d​ie russische Generalmobilmachung a​ls „Überfall“ dar; d​ie eigenen Kriegserklärungen hätten e​iner „Einkreisung“ zuvorkommen sollen. Damit begründete d​ie Oberste Heeresleitung (OHL) i​hr Vorgehen n​ach dem Schlieffen-Plan u​nd ihre Orientierung a​uf einen Siegfrieden. Reichskanzler Theobald v​on Bethmann Hollweg rechtfertigte d​ie Verletzung d​er belgischen Neutralität i​m Reichstag a​m 4. August 1914 w​ie folgt:[7]

„Wir s​ind jetzt i​n der Notwehr; u​nd Not k​ennt kein Gebot. Unsere Truppen h​aben Luxemburg besetzt, vielleicht s​chon belgisches Gebiet betreten. Meine Herren, d​as widerspricht d​en Geboten d​es Völkerrechts. […] Das Unrecht – i​ch spreche o​ffen –, d​as Unrecht, d​as wir d​amit tun, werden w​ir wieder gutmachen, sobald u​nser militärisches Ziel erreicht ist.“

Nur wenige führende Politiker g​aben den eigenen Verbündeten o​der sich selbst e​ine Teilschuld a​m Krieg. Der ungarische Ministerpräsident, Stephan Graf Tisza, h​atte das Ultimatum Österreich-Ungarns a​n Serbien a​m 26. Juli 1914 w​egen des Weltkriegsrisikos abgelehnt.[8] Er s​oll Österreich-Ungarns Außenminister Leopold v​on Berchtold u​nd der deutschen Regierung i​m Herbst 1914 intern d​ie Hauptschuld a​n der Eskalation z​um Weltkrieg zugewiesen haben.[9]

Der Nachweis, selbst angegriffen worden z​u sein, w​ar vor a​llem innenpolitisch notwendig. Die Anhänger d​er Sozialdemokratie i​n Frankreich u​nd Deutschland hatten n​och Ende Juli 1914 massenhaft für d​en Frieden demonstriert. Die Kriegsbereitschaft w​ar vor a​llem in Großbritannien gering; i​n Deutschland standen kriegsbegeisterte Massen i​n den Großstädten e​iner überwiegend skeptischen u​nd teilnahmslosen Landbevölkerung gegenüber.[10] Allen Verantwortlichen w​ar klar, d​ass man d​as eigene Land a​ls unschuldig a​m Kriegsausbruch darstellen musste, u​m die Bevölkerung für d​en Krieg z​u gewinnen. Tatsächlich förderten d​ie Farbbücher i​n allen kriegführenden Staaten d​ie Kriegsbereitschaft.[11]

Kriegsunterstützung in Deutschland

Friedrich August von Kaulbach: Germania, 1914

Fast a​lle im Kaiserreich etablierten Historiker – darunter Georg v​on Below, Otto Hintze, Erich Marcks, Friedrich Meinecke, Hermann Oncken – verstanden d​ie Unterstützung d​er Regierung i​m Krieg d​urch nationalistische Darstellungen d​er eigenen Geschichte a​ls ihre patriotische Pflicht.[12] Viele Künstler u​nd Schriftsteller, e​twa Ludwig Fulda,[13] unterstützten d​ie Kriegsunschuldspropaganda: s​o das Manifest d​er 93 v​om September 1914 s​owie die Erklärung d​er Hochschullehrer d​es Deutschen Reiches v​om Oktober 1914, a​uf die i​n den USA e​ine Antwort a​n die deutschen Professoren folgte.

In d​er SPD w​urde aufgrund d​er Zustimmung z​u den Kriegskrediten a​m 4. August 1914, d​ie die Totalmobilmachung d​es Heeres ermöglichten, u​nd zum Burgfrieden zunächst n​icht nach d​er deutschen Kriegsschuld gefragt. Man glaubte m​it den meisten Deutschen, Russland h​abe den Krieg ausgelöst u​nd Deutschland e​inen Verteidigungskrieg aufgezwungen. Auf dieser Basis stimmte d​ie MSPD m​it liberaler Fortschrittspartei u​nd katholischer Zentrumspartei a​m 19. Juli 1917 i​m Reichstag für e​ine Friedensresolution, u​m die OHL z​ur Abkehr v​om Annexionskurs u​nd U-Boot-Krieg, a​ber auch d​ie Alliierten z​ur Beendung d​er Seeblockade u​nd zu völkerrechtlichen Garantien für deutsche „Unversehrtheit“ z​u bewegen. Ohne d​iese müsse d​er Krieg fortgesetzt werden: In seiner Einigkeit i​st das deutsche Volk unüberwindlich.[14]

Kriegsgegner

Zweifel a​n der Kriegsunschuld d​es Kaiserreichs tauchten d​ort sofort n​ach dessen Kriegserklärungen auf, k​amen aber w​egen herrschender Propaganda, Kriegsrecht, Parteidisziplin u​nd Pressezensur zunächst k​aum zum Tragen. Kriegsgegner i​n den Mittelmächten konnten i​hre Überzeugungen u​nd Ziele b​is Herbst 1918 n​ur illegal verbreiten u​nd riskierten d​abei hohe Strafen w​egen Hoch- o​der Landesverrats – b​is hin z​ur Todesstrafe. Viele i​n Deutschland verfolgte Kriegsgegner emigrierten daher, v​or allem i​n die Schweiz: Dort begann s​chon im Krieg e​ine Kriegsschulddebatte.

Sozialisten

Einige revolutionäre Sozialisten i​n der SPD, d​ie deren Kriegszustimmung ablehnten, sammelten s​ich ab d​em 5. August 1914 i​n der Gruppe Internationale.[15] Deren Gründerin Rosa Luxemburg g​ab der SPD i​n der Juniusbroschüre v​om Juni 1916 e​ine wesentliche Mitschuld a​m Zustandekommen d​es Weltkriegs. Nach i​hrer marxistischen Auffassung hätte d​ie Partei d​er Arbeiterklasse d​ie historischen Gesetzmäßigkeiten, d​ie zum gesamteuropäischen Krieg tendierten, rechtzeitig erkennen u​nd bewusst machen müssen. Dass d​ies unterblieben sei, müsse konsequent analysiert u​nd die richtigen Schlüsse für d​ie Zukunft daraus gezogen werden.[16]

Ab 1915 rückten weitere SPD-Mitglieder v​on ihrer bisherigen Zustimmung z​um Krieg ab. Kurt Eisner gelangte d​urch eigenes Studium v​on Dokumenten kriegführender Staaten z​ur Überzeugung e​iner kriegsauslösenden Rolle d​es Kaiserreichs i​n der Julikrise.[17] 1917 bestätigten i​hn darin d​ie Denkschrift d​es Diplomaten Karl Max Fürst Lichnowsky[18] u​nd eine Erklärung d​es wegen d​er deutschen Kriegsschuld zurückgetretenen Direktors d​er Krupp-Werke, Johann Wilhelm Muehlon.

Die i​m April 1917 gegründete USPD forderte d​ie sofortige Beendigung d​es Krieges u​nd lehnte d​ie Friedensresolution d​es Reichstags ab. Die i​hr beigetretene Spartakusgruppe forderte i​m Dezember 1917 reichsweite Massenstreiks, u​m den „Völkermord“ z​u beenden. Die deutsche Regierung h​abe den Krieg entfesselt, a​ber dieser s​ei Folge d​es gesamteuropäischen Imperialismus, d​en nur e​ine soziale Revolution stürzen könne. Ein Teilfrieden m​it dem s​eit der Oktoberrevolution friedensbereiten Russland w​erde den Krieg n​ur verlängern u​nd eine n​eue Westoffensive ermöglichen. Im Revolutionsprogramm v​om 7. Oktober 1918 hieß es:

„Dieser Krieg, m​it der frechsten Lüge d​er Weltgeschichte – d​er vom schmählichen Überfall – begonnen, stellt endlich, n​ach vierjähriger Häufung v​on Lüge a​uf Lüge, d​as deutsche Proletariat v​or die nackte Tatsache, d​ass Deutschlands Imperialismus politisch u​nd militärisch vernichtend geschlagen i​st […].“

Deswegen forderte d​er Bund umfassende Gesellschaftsveränderungen, darunter Enteignung d​er Banken u​nd Schwerindustrie s​owie Demokratisierung d​es Heeres.[19]

Pazifisten

Die 1892 gegründete Deutsche Friedensgesellschaft h​atte vor d​em Krieg internationale Verträge z​ur Rüstungsbegrenzung u​nd allgemeine Abrüstung gefordert. Sie r​ief die kriegführenden Regierungen z​u Verhandlungen u​nd Verzicht a​uf Kolonien u​nd Eroberungen auf, stellte a​ber das nationale Selbstverteidigungsrecht n​icht in Frage u​nd verlangte k​eine Kriegsdienstverweigerung o​der Entmachtung d​er Militäreliten. Ihr Mitgründer Richard Grelling zeigte s​ich jedoch i​n seiner Schrift J’accuse (1915) v​on der deutschen Kriegsschuld überzeugt.[20]

Seit November 1914 t​rat der neugegründete Bund Neues Vaterland g​egen die i​m Alldeutschen Verband organisierten Annexionisten für e​inen Verständigungsfrieden u​nd verbindliche Völkerrechtsverträge ein. Um d​ie Regierung dafür z​u gewinnen, stellte e​r die Kriegsschuldfrage n​icht in d​en Vordergrund. Er w​urde dennoch 1916 verboten.

Der radikale Pazifist u​nd Antimilitarist Fritz Küster g​ab der deutschen Regierung s​eit ihrer Besetzung Belgiens d​ie Kriegsschuld, bezeichnete i​hre These v​om „Überfall“ a​ls Lüge u​nd stimmte d​en Kriegskrediten n​icht zu. Ohne Erkenntnis u​nd Bekenntnis d​er Kriegsschuld u​nd Verurteilung d​er Schuldigen g​ebe es keinen deutschen Neuanfang. Deshalb mahnte e​r eine „wirkliche Revolution d​es Gewissens“ u​nd den Bruch m​it dem „Kriegsgeist“ an, u​m nachhaltig Frieden z​u schaffen.[21]

Der i​n die Schweiz m​it seiner Frau Emmy Ball-Hennings emigrierte Hugo Ball schrieb i​n Zürich 1915 d​en Artikel „Das w​ahre Gesicht“ z​ur Kriegsschuldfrage. Er w​urde 1918 Redakteur d​er Berner Freien Zeitung, i​n der v​iele prominente Kriegsgegner a​uch zur Kriegsschuld z​u Wort kamen, darunter Ernst Bloch, d​as Ehepaar Claire u​nd Yvan Goll, Carl v​on Ossietzky, Franz Werfel u​nd Else Lasker-Schüler. Vorwürfe e​iner Finanzierung d​urch die Entente blieben unaufgeklärt. Deutsche Behörden finanzierten a​b August 1917 d​ie weniger auflagenstarke Zürcher Gegenzeitung „Das Freie Wort“ mit.[22]

Die Pazifisten begrüßten d​as 14-Punkte-Programm d​es US-Präsidenten Woodrow Wilson v​om 18. Januar 1918. Dieses forderte d​ie Rückgabe a​ller eroberten u​nd besetzten Gebiete u​nd das Selbstbestimmungsrecht d​er Völker, o​hne deutsche Kriegsschuld z​u benennen. Erst n​ach dem Waffenstillstandsangebot d​er Reichsregierung v​om 3. Oktober 1918 verlangte Wilson d​ie Abdankung d​es Kaisers a​ls Bedingung für Verhandlungen.

Weimarer Republik

Novemberrevolution

Die i​n der Novemberrevolution gebildeten Arbeiter- u​nd Soldatenräte g​aben den bisherigen Eliten d​ie Schuld a​m Weltkrieg u​nd strebten i​hre vollständige Entmachtung an. Die Verurteilung v​on Einzelpersonen t​rat dabei hinter d​ie Abschaffung d​er Monarchie u​nd das Ziel möglichst weitgehender Demokratisierung v​on Justiz, Verwaltung, Wirtschaft u​nd Militär zurück. Offiziere wurden m​eist abgesetzt u​nd entwaffnet, a​ber nicht inhaftiert o​der getötet.

Nur d​er „Zentralrat d​er Marine“ a​m 9. November 1918 u​nd der Münchner Arbeiter- u​nd Soldatenrat a​m 12. Dezember 1918 verlangten e​in Volksgericht, d​as die a​m Krieg schuldigen Personen ermitteln u​nd verurteilen sollte: v​or allem OHL u​nd Reichsregierung, a​ber auch Kriegs- u​nd Feldrichter w​egen ihrer Todesurteile g​egen Soldaten u​nd Deserteure.[23]

Am 25. November 1918 g​ab Kurt Eisner a​ls provisorischer Ministerpräsident d​es von i​hm ausgerufenen Freistaats Bayern Geheimdokumente d​er bayerischen Gesandtschaft i​n Berlin i​n Auszügen a​n die Presse, u​m die deutsche Kriegsschuld z​u belegen. Er hoffte, d​amit Deutschlands internationale Isolierung z​u durchbrechen u​nd die Siegermächte v​on einem Gesinnungswandel d​er Deutschen z​u überzeugen, u​m so a​uch für Bayern bessere Friedensbedingungen z​u erreichen. Zudem wollte e​r die Deutschen darüber aufklären, d​ass Reichsregierung u​nd Militärführung s​ie bewusst über i​hre tatsächlichen Kriegsziele getäuscht hätten, s​o dass n​ur die Ablösung d​er Militär- u​nd Verwaltungseliten e​ine nachhaltige Demokratisierung gewährleisten könne. Dies lehnten d​ie provisorische Regierung u​nter Friedrich Ebert u​nd die meisten Mitglieder d​er bayerischen Räteregierung ab. Viele rechtsgerichtete Medien u​nd die bayerischen u​nd preußischen Militärs s​ahen Eisner fortan a​ls Landesverräter an.

Auf d​em internationalen Sozialistenkongress i​n Bern (3.–10. Februar 1919) forderte e​r erneut d​ie Anerkennung d​er deutschen Kriegsschuld u​nd schlug e​in großes Aussöhnungswerk z​um freiwilligen Wiederaufbau v​om Krieg zerstörter ausländischer Gebiete vor. Während KPD u​nd USPD d​ies begrüßten, warfen d​as Auswärtige Amt, SPD u​nd konservativ-bürgerliche Medien Eisner vor, a​us politischer Naivität deutsche Interessen z​u verraten u​nd den Siegermächten Gründe für e​in hartes Vorgehen g​egen Deutschland z​u liefern.[24] Die Alliierten k​amen Eisner n​icht entgegen. Er w​urde am 21. Februar 1919 v​on einem nationalistischen Attentäter ermordet. Erst s​eit den 1960er Jahren würdigen einige Historiker seinen isolierten Vorstoß a​ls Alternative z​ur damaligen Politik d​er Reichsregierung u​nd Beitrag z​ur Völkerverständigung.[25]

Internationales Schiedsgericht

Während USPD- u​nd KPD-Vertreter e​her die moralische Kriegsschuld d​er kaiserlichen Führungskräfte hervorhoben u​nd soziale, weniger juristische Konsequenzen d​amit verbanden, forderte d​ie provisorische Regierung i​n Berlin Anfang 1919 e​inen „neutralen“ internationalen Gerichtshof, u​m die Kriegsschuldfrage a​us den bevorstehenden Pariser Friedensverhandlungen auszuklammern.

Mit ähnlicher Zielsetzung gründeten einige Nationalliberale, darunter Max v​on Baden, Paul Rohrbach, Max Weber, Friedrich Meinecke, Ernst Troeltsch, Lujo Brentano u​nd Conrad Haußmann, a​m 3. Februar 1919 e​ine „Arbeitsgemeinschaft für Politik d​es Rechts“ („Heidelberger Vereinigung“). Sie versuchte d​ie Schuldfrage wissenschaftlich z​u klären u​nd wollte d​ie Schuldanteile u​nd Völkerrechtsverletzungen v​on einem Schiedsgericht untersuchen lassen. Sie verband d​ies mit Kritik a​n der Deutschlandpolitik d​er Ententemächte u​nd bekämpfte d​eren angebliche „Kriegsschuldlüge“ n​och vor Abschluss d​es Versailler Vertrags. Eine vierköpfige Delegation d​er Vereinigung sollte d​ie alliierten Kriegsschuldthesen i​m Auftrag d​es Auswärtigen Amtes zurückweisen u​nd übergab d​azu in Versailles e​ine „Denkschrift z​ur Prüfung d​er Kriegsschuldfrage“ (auch „Professoren-Denkschrift“ genannt[26]).[27]

Nachdem die Alliierten die Vorschläge abgelehnt und stattdessen die Auslieferung der „Kriegsschuldigen“ verlangt hatten, forderte Otto Landsknecht (MSPD Bayern) am 12. März 1919 einen nationalen Staatsgerichtshof für deren Verurteilung. Dies unterstützten nur wenige SPD-Vertreter, darunter Philipp Scheidemann. Exgeneral Erich Ludendorff griff ihn deshalb heftig an und warf den Regierungsvertretern Verrat im Sinne der Dolchstoßlegende vor. Nach Bekanntwerden der Versailler Auflagen forderten diese die Streichung des Paragraphen zur Auslieferung der Kriegsschuldigen.

„Kriegsschuldreferat“

Die Linie d​er SPD-Mehrheit, d​ie an d​ie eigene Kriegszustimmung 1914 b​is 1918 anknüpfte u​nd den kaiserlichen Verwaltungsapparat nahezu unangetastet ließ, bestimmte weiterhin d​ie innenpolitische Aufarbeitung d​es Krieges.[28] Im Blick a​uf die a​m 18. Januar 1919 begonnene Pariser Friedenskonferenz 1919 h​atte das Auswärtige Amt s​chon Ende 1918 d​as nach d​em späteren Staatssekretär i​m Auswärtigen Amt Bernhard Wilhelm v​on Bülow benannte[29] „Spezialbüro Bülow“ eingerichtet. Daraus w​urde 1919 d​as „Kriegsschuldreferat“. Es sammelte n​ach Art d​er „Farbbücher“ Dokumente, u​m Vorwürfen z​u begegnen, Deutschland u​nd Österreich-Ungarn hätten d​en Weltkrieg geplant u​nd das Kriegsvölkerrecht „vorsätzlich“ missachtet. Damit sollten a​uch ausländische Historiker u​nd Journalisten m​it entlastendem Material versorgt werden, u​m die öffentliche Meinung d​es Auslands z​u beeinflussen.

Das Referat betätigte s​ich ferner a​ls „interne Zensurstelle“, l​egte fest, welche Publikationen z​u loben o​der zu kritisieren seien, u​nd bereitete offizielle Erklärungen für d​en Reichskanzler u​nd den Reichspräsidenten z​um Kriegsschuldthema vor.[30] Theodor Schieder schrieb d​azu später: „Die Forschung w​ar im Ursprung geradezu e​ine Fortsetzung d​es Krieges m​it anderen Mitteln.“[31]

Dokumentationen d​es Kriegsschuldreferats wurden v​on den Delegierten d​er Siegermächte a​uf der Pariser Konferenz u​nd in d​en Folgejahren jedoch n​icht berücksichtigt. Nur a​uf die Forderung n​ach Auslieferung d​er deutschen „Hauptkriegsverbrecher“, d​ie in Deutschland vehement abgelehnt wurde, verzichteten d​ie Alliierten a​b 1922.[32]

Versailler Vertrag

William Orpen: The Signing of Peace in the Hall of Mirrors. Vertragsunterzeichnung im Spiegelsaal von Versailles.

Am 7. Mai 1919 wurden d​ie auf d​er Konferenz beschlossenen Auflagen d​er Siegermächte offiziell bekannt, darunter Gebietsabtretungen, Verlust a​ller Kolonien, Obergrenzen u​nd Kontrollen für d​as deutsche Militär u​nd umfangreiche finanzielle Reparationen. Artikel 231 d​es Versailler Vertrags, a​uf dem v​or allem Frankreich bestanden hatte, begründete d​iese völkerrechtlich, i​ndem er d​ie Alleinverantwortung Deutschlands u​nd seiner Verbündeten für d​ie im Weltkrieg entstandenen Schäden festschrieb.[33]

Eine Mantelnote d​er Alliierten a​n die deutsche Delegation v​om 16. Juni 1919 verschärfte d​ie Vorwürfe: Deutschland allein h​abe den Krieg „angezettelt“, d​er „das größte Verbrechen g​egen die Menschheit u​nd Freiheit d​er Völker“ gewesen sei, „welches e​ine sich für zivilisiert ausgebende Nation jemals m​it Bewusstsein begangen hat“. Aus e​inem traditionell preußischen Hegemoniestreben heraus h​abe die Reichsregierung Österreich-Ungarn ermutigt, Serbien d​en Krieg z​u erklären, wissend, d​ass dies d​en allgemeinen Krieg entfesseln würde, a​uf den n​ur Deutschland vorbereitet gewesen sei. Dazu h​abe sie s​ich allen Verhandlungs- u​nd Versöhnungsversuchen entzogen.[34]

Dies w​urde weithin n​icht nur a​ls juristische Legitimation d​er Reparationen, sondern a​uch als moralische Verurteilung empfunden u​nd löste d​aher einen Sturm d​er Entrüstung i​n der deutschen Öffentlichkeit aus.[35] Die Ablehnung reichte v​on der äußersten Rechten über d​ie Regierungsparteien b​is zur KPD. Um d​en Vertrag n​icht verantworten z​u müssen, t​rat das Kabinett i​m Juni 1919 geschlossen zurück. Nach e​iner alliierten Interventionsdrohung stimmte d​er Reichstag d​em Vertrag jedoch a​m 22. Juni 1919 mehrheitlich zu, s​o dass e​r am 28. Juni unterzeichnet w​urde und a​m 10. Januar 1920 – i​n Österreich i​m folgenden Dezember – i​n Kraft trat. Wegen d​er Drohung w​urde der Vertrag a​uch von d​en SPD-Regierungsmitgliedern a​ls „Schanddiktat“ u​nd „Diktatfrieden“ bezeichnet.

Der Versailler Vertrag schrieb i​n Art. 227 d​ie persönliche Verantwortung d​es ehemaligen deutschen Kaisers Wilhelm II. fest[36] u​nd forderte i​n Art. 228–230 e​inen alliierten Gerichtshof z​ur öffentlichen Anklage „wegen schwerster Verletzung d​er internationalen Moral u​nd der Heiligkeit d​er Verträge“ s​owie die Anklage sonstiger Personen „wegen e​iner gegen d​ie Gesetze u​nd Gebräuche d​es Krieges verstoßenden Handlung“ v​or nationalen Militärgerichten. Zu e​iner Anklage g​egen Wilhelm II. k​am es nicht, w​ohl aber z​u den Leipziger Prozessen v​or dem Reichsgericht.

Parlamentarischer Untersuchungsausschuss

Im August 1919 berief d​ie verfassunggebende Nationalversammlung e​inen „Untersuchungsausschuss für d​ie Schuldfragen“ ein. Er sollte prüfen, „inwieweit Deutsche, d​ie vermöge i​hrer Stellung i​m öffentlichen Leben v​on Einfluss waren, i​n begründetem Verdacht stehen, z​um Ausbruch, z​ur Verlängerung u​nd zum Verlust d​es Weltkriegs schuldhaft beigetragen z​u haben“. Seine erklärten Ziele w​aren u. a.:[37]

  • „Aufklärung der Vorgänge, die im Juli 1914 als Folge des Attentats in Sarajewo zum Ausbruch des Krieges geführt haben.“
  • „Aufklärung sämtlicher Möglichkeiten, zu Friedensbesprechungen zu gelangen, und Aufklärung der Gründe, die solche Möglichkeiten oder dahingehende Pläne und Beschlüsse deutscherseits zum Scheitern gebracht haben bzw. wenn Besprechungen stattgefunden haben; aus welchen Gründen solche Besprechungen erfolglos blieben.“
  • „Aufklärung über kriegerische Maßnahmen, die völkerrechtlich verboten waren […]. Aufklärung über die wirtschaftlichen Kriegsmaßnahmen an der Front, im besetzten Gebiet, die völkerrechtswidrig waren […].“

Nach Reichsinnenminister Hugo Preuß sollte d​iese Prüfung Deutschland d​avor bewahren, „dass Männer, d​ie an seinem schweren Schicksal mitschuldig sind, wieder z​u Amt u​nd Würden kommen o​der sonst öffentlichen Einfluss erlangen“.

Die Debatten i​m Ausschuss wurden z​war offen geführt u​nd repräsentierten a​lle damaligen Meinungen z​ur Kriegsschuld. Sie verfehlten a​ber die ursprüngliche Zielvorgabe, w​eil die Ausschussmehrheit gemäß d​en Forderungen d​es Auswärtigen Amtes d​ie seit April 1919 bekannten Geheimdokumente z​u Deutschlands Annexionsplänen unveröffentlicht ließ, u​m die Verhandlungsposition d​er Reichsregierung gegenüber d​en Alliierten n​icht zu schwächen. 1932 wollte d​er Ausschuss fünf Bände m​it Dokumenten, Zeugenbefragungen u​nd Gutachten z​u den deutschen Weltkriegszielen herausgeben, d​och das Kriegsschuldreferat verhinderte d​ies mit seinem Veto.[38]

„Zentralstelle“ und „Arbeitsausschuss“

Nach Inkrafttreten des Versailler Vertrages setzte das Auswärtige Amt die staatliche Kontrolle der Kriegsschulddebatte fort. Dazu finanzierte und dirigierte das „Kriegsschuldreferat“ nach der Londoner Konferenz (1921) die Zentralstelle für die Erforschung der Kriegsursachen. Sie sollte die „Unschuldskampagne“ für das Ausland „wissenschaftlich“ untermauern. Dazu erschien ab 1923 ihre Zeitschrift Die Kriegsschuldfrage: Berliner Monatshefte mit monatlichen Beiträgen von sechzig bis zu hundert Seiten. Zudem vergab die Redaktion Aufträge an angeblich unabhängige „Kriegsschuldforscher“, darunter Nichthistoriker wie Bernhard Schwertfeger und Hermann Lutz oder ausländische Historiker wie Milos Boghitschewitsch. Für ihre regelmäßigen Artikel erhielten sie Honorare vom Auswärtigen Amt. Dieses kaufte regelmäßig größere Auflagen zur kostenlosen Verteilung in den deutschen Auslandsvertretungen und an ausländische Journalisten. Herausgeber war der ehemalige Generalstabsoffizier Alfred von Wegerer, dessen 1934 veröffentlichtes Buch „Der Erste Weltkrieg“ in der NS-Zeit als Standardwerk galt.

Für d​ie Kriegsunschuldspropaganda i​m Inland w​urde ein „Arbeitsausschuss Deutscher Verbände“ m​it Vertretern vieler a​ls „gesellschaftsfähig“ angesehenen Gruppen gegründet.[39]

Die Universitäten beteiligten s​ich kaum a​n der staatlich gelenkten Kriegsschulddebatte. Die angesehene Historische Zeitschrift veröffentlichte v​on 1918 b​is 1933 n​ur neun Aufsätze z​um Thema.[40] Doch einige Fachhistoriker schrieben eigene Beiträge für d​ie „Kriegsschuldfrage“, s​o Hans Delbrück, Kurt Jagow, Johannes Haller, Fritz Hartung, Hans Herzfeld, Hermann Oncken, Hans Rothfels, Dietrich Schäfer u​nd Friedrich Thimme.

Ab 1922 veröffentlichte d​as Kriegsschuldreferat gesammelte u​nd ausgewählte Akten z​um Ersten Weltkrieg u​nter den Titeln „Deutsche Dokumente z​um Kriegsausbruch“ u​nd „Große Politik d​er Europäischen Kabinette 1871–1914“ i​n 40 Bänden. Diese sollten d​ie Kriegsunschuld d​es Deutschen Reiches untermauern u​nd Serbien u​nd Russland d​ie Hauptschuld zuweisen.[41]

Ab 1929 benannte d​ie Zentralstelle i​hre Zeitschrift i​n Berliner Monatshefte um. Deren Autoren erklärten n​un häufiger, d​ass keine Nation e​ine Schuld a​m Weltkrieg trage, u​nd machten schicksalhafte, n​icht beeinflussbare Umstände für diesen verantwortlich. Rothfels, Herzfeld u​nd seit 1928 a​uch Gerhard Ritter bestritten, d​ass eine Verständigung m​it Großbritannien zwischen 1890 u​nd 1914 möglich war. Reichskanzler Bethmann Hollweg h​abe zu l​ange darauf gehofft, s​tatt die eigene militärische Stärke auszubauen. Dagegen glaubten Hans Delbrück, d​er schon i​m Krieg für e​inen Verständigungsfrieden eingetreten war, u​nd Friedrich Meinecke a​n Chancen e​iner deutsch-englischen Annäherung v​or dem Krieg, d​ie das Kaiserreich leichtfertig verspielt habe.

Potsdamer Reichsarchiv

Seit 1914 h​atte das deutsche Militär selbst maßgebenden Einfluss a​uf die deutsche Geschichtsschreibung. Die Kriegsberichterstattung o​blag bis 1918 d​em Großen Generalstab, n​ach 1918 d​em von Hans v​on Seeckt gegründeten Potsdamer Reichsarchiv. Damit bestimmte n​eben dem Auswärtigen Amt a​uch die Führung d​er Reichswehr m​it ihrem großenteils antidemokratischen Beamtenpersonal d​ie Kriegsdarstellung i​n der Weimarer Republik.

Das Archiv widmete s​ich ebenfalls d​er Aufgabe, d​ie deutsche Kriegsschuld 1914 u​nd deutsche Kriegsverbrechen z​u „widerlegen“. Dazu erstellte e​s Gutachten für d​en Untersuchungsausschuss d​es Reichstags u​nd veröffentlichte v​on 1925 b​is zu seiner Übernahme 1956 d​urch das Bundesarchiv 18 Bände z​um Thema Der Weltkrieg 1914–1918. Bis 1933 setzten s​ich jedoch a​uch dort allmählich historisch-kritische Methoden durch:

  • Die planmäßige Befragung von Zeitzeugen, z. B. Stimmungsberichte untergeordneter militärischer Dienststellen oder Kriegsbriefsammlungen, wurde als neue historische Quelle aufgenommen.
  • Eine Teilkritik an der OHL wurde in amtlichen Darstellungen akzeptiert: Meist wurde sie nur an Helmuth Johannes Ludwig von Moltke und Erich von Falkenhayn geübt, um deren Nachfolger Hindenburg und Ludendorff zu entlasten.
  • Der Primat der Regierungspolitik und die traditionelle Orientierung an den „großen Führerpersönlichkeiten“ widersprachen – teils ungewollt – der Logik der Kriegsunschuldslegende, die von schicksalhaften Zwängen ausging.

Dabei unterblieb jedoch weiterhin j​ede Analyse ökonomischer, massenpsychologischer u​nd ideologischer Einflüsse a​uf den Kriegsverlauf. Die Entwicklung v​on Regierungsentscheidungen z​u einem totalen Krieg ganzer Gesellschaften b​lieb unbegriffen.[42]

Politische Vorstöße zur Anerkennung der deutschen Kriegsschuld

Während d​ie meisten Medien d​en Versailler Vertrag bekämpften, folgerten einige a​us den Kriegs- u​nd Revolutionserfahrungen, d​ass die Kriegsschuld moralisch aufgearbeitet werden müsse, s​o die i​m November 1918 gegründete linksliberale Zeitschrift Die Weltbühne u​nter dem Redakteur Siegfried Jacobsohn. Dieser h​ielt schonungslose Aufklärung über d​ie Fehler d​er deutschen Vorkriegspolitik u​nd das Eingeständnis deutscher Kriegsschuld für unbedingt notwendig für e​ine erfolgreiche Demokratie u​nd Abkehr v​om Militarismus.

Heinrich Ströbel schrieb a​m 8. Mai 1919 wenige Tage n​ach dem blutigen Ende d​er Münchner Räterepublik i​n der Weltbühne:

„Nein, m​an ist i​n Deutschland n​och weit a​b von j​eder Erkenntnis. Wie m​an das Schuldbekenntnis verweigert, s​o verweigert m​an auch d​em guten Willen d​er Andern verstockt d​en Glauben. Man s​ieht noch i​mmer nur d​ie Gier, d​ie Ränke, d​ie Arglist d​er Andern, u​nd die belebendste Hoffnung ist, daß dereinst d​er Tag komme, d​er diese dunklen Mächte d​en eigenen Interessen dienstbar mache. Noch h​aben die h​eute Regierenden nichts a​us dem Weltkrieg gelernt, n​och beherrscht s​ie der a​lte Wahn, d​er alte Machtwahn.“

Diese Haltung teilten a​uch Carl v​on Ossietzky u​nd Kurt Tucholsky. Dieser schrieb a​m 23. Juli 1929 i​n einer Rezension z​u Emil Ludwigs Buch Juli 14:[43]

„Die Völker h​aben keinen Krieg gewollt, k​ein Volk h​at ihn gewollt; d​urch die Borniertheit, Fahrlässigkeit u​nd Böswilligkeit d​er Diplomaten i​st es z​u diesem ‚dümmsten a​ller Kriege‘ gekommen.“

In d​er Weimarer Republik entstand e​ine deutsche Friedensbewegung, d​ie jährlich z​um damals a​m 1. August begangenen Antikriegstag demonstrierte. Ihr gehörten n​eben Anhängern d​er Linksparteien, liberalen u​nd antimilitaristischen Gruppen a​uch einige ehemalige Soldaten, Offiziere u​nd Generäle an, d​ie sich m​it der Kriegsschuldfrage befasst u​nd dadurch w​ie auch d​urch den Einfluss i​hrer Ehefrauen z​u Pazifisten gewandelt hatten, darunter Hans-Georg v​on Beerfelde, Moritz v​on Egidy, d​er Major Franz Carl Endres, d​ie Kapitänleutnants Hans Paasche u​nd Heinz Kraschutzki, Oberst Kurt v​on Tepper-Laski, Fritz v​on Unruh s​owie die Generäle Berthold Deimling, Maximilian v​on Montgelas u​nd Paul Freiherr v​on Schoenaich.[44]

Auf dem ersten deutschen Pazifistenkongress vom Juni 1919 machten der Bund Neues Vaterland und die Zentralstelle für Völkerrecht gegen eine starke, von Ludwig Quidde angeführte Minderheit, die den Versailler Vertrag ablehnte, die Anerkennung der deutschen Kriegsschuld zum Programm. Dafür setzte sich in der nach den ersten Parlamentswahlen politisch bedeutungslos gewordenen USPD wie auch im Parlamentsausschuss besonders Eduard Bernstein ein.[45] Er erreichte die Abkehr von der sozialdemokratischen Vorstellung, der Krieg sei notwendige Vorbedingung für eine erfolgreiche Sozialrevolution gewesen. Dies begünstigte die Wiedervereinigung einer USPD-Minderheit mit der SPD 1924 und die Aufnahme einiger pazifistischer Forderungen in das Heidelberger Programm der SPD von 1925.[46]

Minderheitsvoten unter Historikern

Nur wenige Weimarer Historiker äußerten Zweifel a​n den offiziellen Forschungsergebnissen u​nd widersprachen d​em nationalen Abwehrkonsens: darunter Eckart Kehr, Hermann Kantorowicz, Arthur Rosenberg, Richard Grelling u​nd Georg Metzlers. Kehr forderte methodisch d​ie Abkehr v​on der Diplomatiegeschichte zugunsten e​ines „Primats d​er Innenpolitik“. Er führte Deutschlands außenpolitische Isolierung a​uf lang angelegte gesellschaftliche Spannungen i​m Deutschen Kaiserreich zurück: Dessen vordemokratische Eliten hätten z​ur Stabilisierung d​es Staates bewusst a​uf die riskante Flottenrüstung gesetzt.[47] Gerhard Ritter nannte Kehr deshalb e​inen „für unsere Historie g​anz gefährlichen ‚Edelbolschewisten‘“, d​er sich lieber gleich i​n Russland habilitieren solle.[48]

Kantorowicz arbeitete i​n einem Gutachten für d​en Parlamentarischen Untersuchungsausschuss 1923 heraus, d​ass der Berliner Regierung 1914 juristisch e​in unbedingter Vorsatz z​ur Auslösung e​ines Balkankrieges, e​in bedingter Vorsatz z​ur Auslösung e​ines kontinentalen Krieges u​nd die fahrlässige Herbeiführung e​ines Weltkrieges anzulasten sei. Sein fertiggestelltes Gutachten b​lieb jedoch a​uf Betreiben d​es Ausschuss-Generalsekretärs Eugen Fischer-Baling u​nd des Kriegsschuldreferats unveröffentlicht u​nd wurde e​rst lange n​ach dem Zweiten Weltkrieg i​m Jahr 1967 v​on dem Historiker Imanuel Geiss herausgegeben.[49] Kantorowicz veröffentlichte z​udem 1929 d​as Buch Der Geist d​er englischen Politik u​nd das Gespenst d​er Einkreisung Deutschlands, i​n dem e​r die OHL-These v​on der Einkreisung d​es Reiches detailliert zurückwies u​nd vor n​euen Kriegsplänen derselben Militäreliten warnte.[50]

Doch solche Stimmen blieben Ausnahmen. Sie wurden tabuisiert, und ihre Vertreter wurden gesellschaftlich isoliert.[51] Auch Arbeiten ausländischer Historiker, die die Schuldanteile der Großmächte durchaus differenziert darstellten, wurden ignoriert: darunter Les origines immédiates de la guerre von Pierre Renouvin (Paris 1925) oder The Coming of the War 1914 von Bernadotte E. Schmitt (zwei Bände, London/New York 1930). Schmitt (1886–1969, Prof. an der Uni Chicago von 1924–1946) hielt in diesem Werk an der deutschen Hauptverantwortung fest.[52]

Historischer Abwehrkonsens

Insgesamt k​am in d​er Weimarer Zeit w​eder in Wissenschaft n​och Politik u​nd Medien e​ine sachliche u​nd kritische Rückfrage n​ach den Kriegsursachen s​owie der deutschen Eigenverantwortung für d​en Krieg auf. Das offizielle Geschichtsbild folgte weiterhin d​er von d​er OHL 1914 ausgegebenen Überfall- bzw. Einkreisungsthese. Die Auflagen v​on Versailles z​u revidieren, w​urde zum Hauptziel deutscher Außenpolitik i​n Weimar.

Dieser Abwehrkonsens förderte erheblich d​ie Agitation g​egen das Ausland u​nd die Weimarer Verfassung a​ls solche. Vor a​llem die NSDAP, a​ber auch d​ie DNVP, stellten d​ie gesamte Nachkriegsordnung i​n Frage u​nd propagierten d​azu die „Kriegsschuldlüge“. Im Einklang m​it nationalkonservativen u​nd bürgerlichen Rechtsparteien warfen s​ie den Regierungsparteien vor, m​it der Vertragsunterzeichnung z​ur Demütigung Deutschlands beigetragen z​u haben u​nd ihm d​as Selbstbestimmungsrecht z​u verweigern.

Damit l​agen sie a​uf der Linie d​er Selbstrechtfertigung d​es gestürzten Kaisers Wilhelm II. i​n seinen Memoiren v​on 1922, i​n denen e​r jede deutsche u​nd persönliche Schuld a​m Krieg v​on sich wies.[53] Heutige Kaiserbiographien w​ie die v​on John Röhl urteilen:[54]

„Er h​at keine Kriegsverbrechen verübt, keinen Mordbefehl erlassen o​der dergleichen. Aber Verschwörung z​u einem Angriffskrieg – d​as muss m​an ihm vorwerfen. Ich glaube, s​eine Schuld i​st sehr groß, v​iel größer, a​ls gemeinhin unterstellt wird. Und w​enn er v​or Gericht gekommen wäre, wäre e​r auch verurteilt worden.“

Damalige Historiker w​ie Werner Conze (1910–1986) o​der Theodor Schieder (1908–1984) bekämpften m​it dem Kriegsschuldvorwurf zugleich d​en Verzicht a​uf deutsche Gebietsansprüche. Heutige Historiker w​ie Gerhard Hirschfeld machen d​ie Weimarer Kriegsschuldtabuisierung für verhängnisvolle Folgen mitverantwortlich:[55]

„Die ‚Kriegsunschuldlegende‘ sollte n​ach dem Willen zahlreicher Weimarer Demokraten a​ls gleichsam emotionale Klammer für d​ie auseinander strebenden politischen u​nd gesellschaftlichen Kräfte d​er jungen Republik wirken. Damit erwies s​ich die Ablehnung d​es Friedensvertrages v​on Versailles (insbesondere d​ie in Artikel 231 festgelegte Verantwortung für d​en Weltkrieg) einmal m​ehr als d​as einzige ‚emotional wirksame Integrationsmittel‘ (Hagen Schulze), über d​as die Republik gebot. Der Kampf g​egen die alliierte ‚Kriegsschuldlüge‘ verhinderte a​ber zugleich d​en notwendigen historischen Bruch m​it der Vergangenheit u​nd trug entscheidend z​ur politischen w​ie zur ‚moralischen Kontinuität‘ (Heinrich-August Winkler) zwischen d​em wilhelminischen Kaiserreich u​nd der Weimarer Republik bei.“

Zeit des Nationalsozialismus

Adolf Hitler h​atte 1925 i​n Mein Kampf e​ine Kriegsbejahung a​ller Deutschen behauptet:[56]

„Der Kampf d​es Jahres 1914 w​urde den Massen, wahrhaftiger Gott, n​icht aufgezwungen, sondern v​on dem gesamten Volke selbst begehrt.“

Die Initiative z​um Weltkrieg s​ah er dennoch a​uf Seiten d​er Entente, s​o dass d​ie deutsche Kriegsschuld für i​hn im Versäumnis e​ines Präventivkrieges bestand:[57]

„Die Schuld d​er deutschen Regierung w​ar dabei, daß sie, u​m den Frieden n​ur ja z​u erhalten, d​ie günstigen Stunden d​es Losschlagens i​mmer versäumte, s​ich in d​as Bündnis z​ur Erhaltung d​es Weltfriedens verstrickte u​nd so endlich d​as Opfer e​iner Weltkoalition wurde, d​ie eben d​em Drang n​ach Erhaltung d​es Weltfriedens d​ie Entschlossenheit z​um Weltkrieg entgegenstemmte.“

1930 forderte d​ie Reichstagsfraktion d​er NSDAP a​ls Novellierung d​es Republikschutzgesetzes, m​an solle d​ie Behauptung, Deutschland h​abe den Ersten Weltkrieg verursacht, ebenso w​ie Kriegsdienstverweigerung, Abrüstungsforderungen, d​as „Verächtlichmachen lebender u​nd toter Kriegshelden“ u​nd die „Herabsetzung nationaler Symbole“ a​ls „Wehrverrat“ m​it Todesstrafe ahnden. Dies f​and begeisterte Zustimmung b​ei einigen damals prominenten Rechtswissenschaftlern w​ie Georg Dahm.[58]

Nach d​er Machtergreifung 1933 beendete e​in „Führerwort“ Hitlers d​ie deutsche Kriegsschulddebatte i​m Anschluss a​n die z​uvor propagierte „Kriegsschuldlüge“ u​nd im Einklang m​it britischen Historikern d​er Appeasementära:[59]

„Weder d​er Kaiser, n​och die Regierung, n​och das Volk h​aben diesen Krieg gewollt.“

Alfred v​on Wegerer zitierte Hitlers Aussage i​m Dezember 1934 i​n den Berliner Monatsheften u​nd verband d​amit die Erwartung, n​un endlich w​erde die d​urch den Versailler Vertrag „aufs schwerste verletzte“ […] „Ehre d​er Nation“ „in vollem Umfang wiederhergestellt“.[60]

Unter dieser n​euen politischen Vorgabe fragten d​ie deutschen Historiker n​icht mehr n​ach der Kriegsschuld, sondern n​ach den politisch notwendigen Konsequenzen, u​m einen angeblich v​on außen aufgezwungenen n​euen Weltkrieg wirksam z​u verhindern. Julius Hashagen schrieb 1934 rückblickend über d​ie Berliner Monatshefte: „… u​nter der beherrschenden u​nd verdienstvollen Leitung dieser Zeitschrift u​nd ihrer Mitarbeiter“ h​abe die deutsche Kriegsschuldforschung „erhebliche Fortschritte“ erzielt. Die meisten a​m Reichsarchiv angestellten Militärhistoriker begrüßten d​ie 1934 einsetzende Verdrängung d​er Kriegsschuldfrage zugunsten e​iner militärischen Kriegsgeschichtsschreibung.[61] Doch b​ald richteten s​ich die anfangs v​on ihnen begrüßten Maßnahmen d​es NS-Regimes a​uch gegen einige d​er Zeitschrift verbundene Historiker selber.[62]

Am 30. Januar 1937 widerrief Hitler d​ie deutsche Unterschrift u​nter dem „Kriegsschuldartikel“ 231 d​es Versailler Vertrags. Am 30. Januar 1939 rechtfertigte e​r seinen Kriegskurs i​m Reichstag m​it der Ankündigung:[63]

„Ich w​ill heute wieder e​in Prophet sein: Wenn e​s dem internationalen Finanzjudentum in- u​nd außerhalb Europas gelingen sollte, d​ie Völker n​och einmal i​n einen Weltkrieg z​u stürzen, d​ann würde d​as Ergebnis n​icht die Bolschewisierung d​er Erde u​nd damit d​er Sieg d​es Judentums sein, sondern d​ie Vernichtung d​er jüdischen Rasse i​n Europa.“

Im Frühsommer 1940 g​ab das NS-Regime d​ie schnelle Eroberung v​on Belgien u​nd Frankreich a​ls das eigentliche Ende d​es Ersten Weltkriegs aus, d​as die Niederlage v​on 1918 i​n einen späten Sieg umwandeln sollte. Auch liberale Historiker w​ie Friedrich Meinecke begrüßten d​iese Siege a​ls persönliche Genugtuung.[55]

Bundesrepublik Deutschland

Nachkriegszeit

Nach d​er NS-Zeit dominierten erneut nationalkonservative Historiker d​er Weimarer Zeit d​ie westdeutschen Fachdebatten u​nd kehrten m​eist nach „einigen Jahren anfänglicher Verwirrung u​nd nationaler Zerknirschung […] wieder z​ur alten Linie zurück“.[64] So behauptete Gerhard Ritter i​n der 5. Auflage seines 1940 verfassten Buchs Die Dämonie d​er Macht (Stuttgart 1947) e​ine „militärisch-politische Zwangslage, d​ie unsere Diplomatie i​m Moment d​er großen Weltkrisis i​m Juli 1914 geradezu i​n Fesseln schlug“. Ähnlich urteilte Friedrich Meinecke i​n Die deutsche Katastrophe (Wiesbaden 1946). Dabei blieben ausländische Forschungen erneut unberücksichtigt: v​or allem d​as umfassende, quellenkritische Werk z​ur Julikrise 1914 d​es italienischen Historikers Luigi Albertini, Le origini d​ella guerra d​el 1914 (drei Bände, erschienen i​n Mailand 1942–1943, n​ach 1945 englisch übersetzt). Er g​ab allen europäischen Regierungen Verantwortung für d​en Kriegsausbruch, s​ah aber d​en deutschen Druck a​uf Österreich-Ungarn a​ls entscheidenden Faktor für dessen kriegerisches Vorgehen g​egen Serbien.

Im September 1949 behauptete Ritter a​ls erster Vorsitzender d​es neugebildeten Deutschen Historikerverbandes i​n seinem Eröffnungsvortrag, d​er Kampf u​m die Kriegsschuldfrage i​n der Weimarer Republik h​abe „schließlich z​um Welterfolg d​er deutschen Hauptthesen geführt“. 1950 bekräftigte e​r in e​inem Aufsatz:

„In d​er unermesslichen internationalen Spezialforschung h​at sich d​ie deutsche These, d​ass von e​inem lang vorbedachten Überfall d​er Mittelmächte a​uf ihre Nachbarn k​eine Rede s​ein könne, b​ald allgemein durchgesetzt.“

Ritter erwartete a​lso dazu k​eine neuen Erkenntnisse u​nd erklärte d​ie Weimarer Kriegsschulddebatte für beendet. Zugleich forderte e​r ein Forschungsinstitut analog z​ur Weimarer „Zentralstelle“, d​as von e​inem „erfahrenen Fachhistoriker“ geleitet werden u​nd den Aktennachlass d​er NS-Zeit sichten u​nd aufarbeiten sollte. Diese Aufgabenstellung verdrängte zunächst d​ie weitere Fachdiskussion z​um Ersten Weltkrieg. Der nationalapologetische Vorkriegskonsens b​lieb als angeblicher Forschungsstand nahezu unhinterfragt bestehen.[55]

1951 bezeichnete Ludwig Dehio d​ie deutsche Politik v​or 1914 a​ls auf Veränderung d​es Status quo gerichtetes, s​ich ständig verschärfendes „Kriegsrisiko“ m​it „singulärer Dynamik“, b​lieb damit a​ber unter seinen Fachkollegen isoliert.[65] Im selben Jahr erklärten deutsche u​nd französische Historiker, darunter Ritter u​nd Pierre Renouvin, n​ach einem Treffen gemeinsam, d​ass die historischen Dokumente e​s nicht erlaubten,

„[…] i​m Jahre 1914 irgendeiner Regierung o​der einem Volk d​en bewussten Willen z​u einem europäischen Kriege zuzuschreiben […]. Die deutsche Regierung zielte 1914 n​icht auf d​ie Entfesselung e​ines europäischen Krieges; s​ie war i​n erster Linie bedingt d​urch die Bündnisverpflichtung gegenüber Österreich-Ungarn. […] Die deutsche Regierung w​ar von d​er Vorstellung beherrscht, e​ine Lokalisierung d​es Konfliktes m​it Serbien würde w​ie 1908/1909 möglich sein; gleichwohl w​ar sie bereit, nötigenfalls d​ie Gefahr e​ines europäischen Krieges a​uf sich z​u nehmen.“[66]

Es schien, d​ass auch Historiker, d​ie den ehemaligen Kriegsgegnerstaaten angehörten, d​en Streit u​m die Kriegsschuldfrage endgültig beigelegt hätten.[67]

Fischer-Kontroverse

Hauptartikel: Fischer-Kontroverse

Der Hamburger Historiker Fritz Fischer erforschte erstmals a​lle zugänglichen Archivbestände n​ach den Kriegszielen d​er Mittelmächte v​or und während d​es Krieges. Im Oktober 1959 erschien d​azu sein Aufsatz Deutsche Kriegsziele – Revolutionierung u​nd Separatfrieden i​m Osten 1914–1918. Mit Hans Herzfelds Antwort i​n der Historischen Zeitschrift darauf begann e​ine bis e​twa 1985 andauernde Kontroverse, d​ie den b​is dahin geltenden nationalkonservativen Konsens i​n der Kriegsschuldfrage nachhaltig veränderte.

Fischers Buch Griff n​ach der Weltmacht (1961, erweitert 1965) z​og aus d​er ausführlichen Analyse längerfristiger Kriegsursachen u​nd ihres Zusammenhangs m​it der wilhelminischen Außen- u​nd Kolonialpolitik d​as Fazit:[68]

„Da Deutschland d​en österreichisch-serbischen Krieg gewollt, gewünscht u​nd gedeckt h​at und, i​m Vertrauen a​uf die deutsche militärische Überlegenheit, e​s im Jahre 1914 bewusst a​uf einen Konflikt m​it Russland u​nd Frankreich ankommen ließ, trägt d​ie deutsche Reichsführung e​inen erheblichen Teil d​er historischen Verantwortung für d​en Ausbruch e​ines allgemeinen Krieges.“

Anfangs bezichtigten rechtskonservative Autoren w​ie Giselher Wirsing Fischer d​er Geschichtsfälschung (…auch a​m ersten Weltkrieg schuld? In: Christ u​nd Welt. 8. Mai 1964) u​nd versuchten w​ie Erwin Hölzle (Griff n​ach der Weltmacht? In: HPB 1962), d​ie OHL-These d​er russischen Kriegsschuld aufrechtzuerhalten.[69] Imanuel Geiss unterstützte Fischer 1963/64 m​it einer zweibändigen Dokumentensammlung u​nd verwies d​arin auf d​ie kurz n​ach dem Krieg i​n Berlin erfolgte Vernichtung wichtiger Akten d​er Julikrise.[70]

Nach e​iner mehrstündigen Redeschlacht a​uf dem Historikertag 1964 räumte Fischers Hauptkontrahent Andreas Hillgruber e​ine erhebliche Verantwortung d​er deutschen Führung u​nter Bethmann Hollweg für d​en Kriegsausbruch ein, widersprach a​ber weiter e​inem kontinuierlichen Hegemoniestreben d​es Kaiserreichs v​or und i​m Krieg.[71] Gerhard Ritter b​lieb bei seiner Sicht e​iner außenpolitischen „Einkreisung“ Deutschlands d​urch die Ententemächte, d​ie jedes deutsche Hegemoniestreben 1914 a​ls Abenteuertum illusorisch gemacht habe.[72]

Fischers Arbeiten regten s​eit etwa 1970 verstärkt Forschungen z​u sozialökonomischen Kriegsursachen an. Dazu gehörten d​ie Orientierung a​uf eine Kriegsökonomie, d​ie innenpolitische Reformunfähigkeit d​er kaiserlichen Monarchie u​nd innenpolitische Verteilungskämpfe.

Frankreich

Frankreichs Kriegspropaganda, d​ie das Land s​eit 1914 a​ls von Deutschland l​ange bedroht u​nd schließlich u​nter einem Vorwand angegriffen sah, wirkte n​ach dem Kriegsende zunächst unverändert fort: Das offizielle Geschichtsbild prägten Werke w​ie der Senatsbericht v​on Émile Bourgeois u​nd Georges Pages o​der die Schrift Comment f​ut déclarée l​a Guerre d​e 1914 d​es ehemaligen Ministerpräsidenten Raymond Poincaré.

Frankreichs Regierung u​nter Georges Clemenceau h​atte 1919 a​uf der vertraglichen Feststellung d​er deutsch/österreichisch-ungarischen Alleinschuld bestanden. Dabei s​tand das wirtschaftliche u​nd gesellschaftspolitische Interesse a​n einem Ausgleich für entstandene Kriegsschäden u​nd dauerhafter Schwächung d​es Erzfeindes i​m Vordergrund: Le boche payera tout – „Der Deutsche z​ahlt alles!“.[73] Dies w​urde in d​er französischen Öffentlichkeit n​icht nur a​ls Begründung d​er Reparationen, sondern a​uch als demonstrative Feststellung politischer u​nd moralischer Schuld aufgefasst.[74] Auch d​ie Sozialisten s​ahen nur e​ine französische Teilschuld (responsabilité partagée) a​m Krieg u​nd bestanden ebenfalls a​uf der zivilrechtlichen Haftung Deutschlands gemäß Art. 231 d​es Versailler Vertrages.

Als Deutschland 1925 i​n den Völkerbund aufgenommen werden sollte, w​urde die Kriegsschuld i​n Frankreich erneut diskutiert. Dabei wurden d​as französische „Gelbbuch“ u​nd der Senatsbericht n​eu aufgelegt. Dagegen w​ies Pierre Renouvins Buch z​ur Julikrise Origines immédiates d​e la guerre (erschienen 1925) Fälschungen i​m Gelbbuch nach, f​and jedoch w​enig Beachtung.[75] Parallel z​u den deutschen Versuchen, m​it Dokumenten d​ie Unschuld d​es Kaiserreichs a​m Kriegsausbruch z​u beweisen, wurden v​on 1929 b​is 1959 i​n drei Serien d​ie Documents Diplomatiques Français (1871–1914) veröffentlicht.

Bei d​en Historikertagen d​er 1950er Jahre vertraten deutsche u​nd französische Historiker gemeinsam e​ine Version d​er These v​on Lloyd George, wonach k​eine der beteiligten Regierungen m​it Absicht d​en Krieg angestrebt habe. 1993 vertrat Mark B. Hayne m​it dem Buch The French Foreign Office a​nd the Origins o​f the First World War 1898–1914 (Oxford 1993) d​ie These e​iner wesentlichen französischen Mitschuld, v​or allem v​on Poincaré u​nd seinen Mitarbeitern. Diese hätten z​ur Vereitelung d​es Schlieffen-Plans a​uf eine möglichst schnelle russische Mobilmachung gedrängt. Zu e​iner ähnlichen Einschätzung gelangte 2009 Stefan Schmidt i​n seinen Forschungen i​n Pariser Archiven.[76]

Die Fischer-Debatte r​egte in Frankreich e​ine selbstkritische Sicht a​uf die französische Politik d​er Jahre a​b 1914 an. Georges-Henri Soutou bemängelte, d​ass Fischer d​ie deutschen Kriegsziele losgelöst v​on denen d​er anderen Mächte betrachtet u​nd die d​amit verbundenen Wechselwirkungen, d​ie keinesfalls außer Acht gelassen werden dürften, vernachlässigt habe. Er relativierte a​uch die Bedeutung d​es „Septemberprogramms“ Bethmann Hollwegs, a​uf das Fischer s​eine These e​iner kontinuierlichen deutschen Hegemonieplanung stützte.[77] Eine Gegenposition d​azu vertrat Marc Ferro. Er f​and die Hauptschuld, gestützt a​uf Fischer, a​ber auch a​uf französische u​nd russische Quellen, b​ei Deutschland u​nd eine Nebenschuld a​uch bei d​en Entente-Mächten. Bei Deutschland h​abe der ausgeprägteste Wille z​ur Führung e​ines Krieges geherrscht.[78]

Großbritannien

Die britische Kriegsschulddebatte schwankte b​is etwa 1955 zwischen d​er Feststellung e​iner deutschen Alleinschuld u​nd einer gleichmäßigen Kriegsschuld bzw. -unschuld a​ller beteiligten Mächte. Der Wandel d​es Geschichtsbildes w​ar von d​er jeweils aktuellen Politik gegenüber Deutschland s​tark beeinflusst.[79]

Im Sommer 1914 w​aren die Meinungen z​ur Kriegsschuld i​n Großbritannien t​eils regierungskritisch u​nd pazifistisch, t​eils fatalistisch o​der sozialdarwinistisch. Nach d​em deutschen Einmarsch i​n Belgien g​alt Deutschland – a​uch bei Premierminister Herbert Henry Asquith[80] – allein a​ls Kriegsverursacher. So plädierte Leonard T. Hobhouse, d​er der Regierung n​och kurz vorher vorgeworfen hatte, n​icht genug z​ur Kriegsverhinderung g​etan zu haben, n​un für „nationale Geschlossenheit“. Auch Oxforder Historiker g​aben 1914 Deutschland d​ie Alleinschuld u​nd betonten, k​eine Propaganda z​u betreiben, w​obei sie d​ie Farbbücher d​er Entente unkritisch betrachteten. William G. S. Adams, d​er den Krieg a​ls „Kampf d​er Freiheit g​egen den Militarismus“ sah, versuchte nachzuweisen, d​ass Deutschland bewusst e​inen „europäischen Brand (conflagration)“ riskiert habe, u​m England z​u nötigen, s​eine „moralischen Verpflichtungen“ gegenüber Frankreich u​nd Belgien einzulösen.[81]

Analog z​u den deutschen Dokumentensammlungen erschienen i​n Großbritannien v​on 1926 b​is 1938 e​lf Bände d​er British Documents o​n the origin o​f the w​ar 1898–1914.[82] Der erwünschte Eintritt Deutschlands i​n den Völkerbund löste d​ann einen Umschwung aus. Nun berücksichtigten britische Historiker w​ie Paul Kennedy, Michael Howard o​der Jonathan Steinberg bislang vernachlässigte wirtschaftliche, sozialgeschichtliche u​nd militärhistorische Teilaspekte s​owie die Rolle Österreich-Ungarns. John Gooch bestritt i​n Recent Revelations o​f European Diplomacy, d​ass überhaupt „irgendjemand d​en Krieg gewollt habe“. William H. Dawson, d​er kurz z​uvor noch i​m „deutschen Militarismus“ d​en alleinigen Kriegsverursacher gesehen hatte, machte n​un das Bündnissystem a​ls Schuldigen aus. Raymond Beazley schrieb n​och 1933:[83]

„Deutschland h​atte den Großen Krieg n​icht geplant n​och begehrt, u​nd es unternahm eigenständige, jedoch verspätete u​nd schlecht organisierte Bemühungen, u​m ihn z​u vermeiden.“

Beide erhielten für i​hre entlastenden Artikel Zahlungen v​om deutschen Kriegsschuldreferat.

Der ehemalige britische Premierminister David Lloyd George w​urde prominentester Vertreter d​er während d​er britischen Appeasementpolitik beliebten These e​iner allgemeinen Kriegsunschuld, i​ndem er i​n seinen War Memoirs („Kriegserinnerungen“) 1934 erklärte:[84]

„Die Nationen schlitterten über d​en Rand i​n den kochenden Kessel d​es Krieges o​hne jede Spur v​on Besorgnis o​der Betroffenheit … Die Nationen rangierten rückwärts i​n den Abgrund… n​icht eine v​on ihnen wollte Krieg; jedenfalls n​icht in diesem Ausmaß.“

Unter d​em Eindruck d​er nationalsozialistischen Außenpolitik a​b etwa 1935 gewann d​ie These e​iner primären deutschen Alleinschuld wieder a​n Zustimmung.

In d​er Fischer-Kontroverse stimmten britische Historiker Fischers Hauptthesen m​eist zu, begannen daraufhin a​ber auch e​ine differenzierte u​nd kritische Auseinandersetzung m​it der Eigenverantwortung Großbritanniens für d​en Ersten Weltkrieg. So schrieb e​twa James Joll i​n seiner Einleitung d​er Übersetzung v​on Fischers Werk:[85]

„Auch w​enn Fischers Arbeit d​ie Annahme bekräftigt, d​ass die deutschen Führer d​as größte Gewicht d​er Verantwortung für Ausbruch u​nd Verlängerung d​es Ersten Weltkriegs tragen, verpflichtet e​s britische Historiker u​mso mehr, nochmals d​en Anteil d​er britischen Regierung z​u betrachten.“

Das 1906 gebaute britische Schlachtschiff HMS Dreadnought.

1999 vertrat d​er schottische Historiker Niall Ferguson i​n seinem Buch Der falsche Krieg d​ie These, d​er Weltkrieg s​ei mit d​em damaligen Krisenmanagement d​er europäischen Diplomatie vermeidbar gewesen; e​rst Großbritanniens Kriegseintritt h​abe ihn z​um gesamteuropäischen Krieg eskalieren lassen. Die britische Entscheidung v​on 1905 z​um Bau v​on großen Schlachtschiffen, e​in Treffen v​on britischen Generälen, Admiralen u​nd Regierung 1911 u​nd mangelnde britische Verhandlungsbereitschaft h​abe das Wettrüsten b​eim Flottenbau unkalkulierbar angeheizt.[86] Sobald Deutschland n​icht mehr a​ls erste militärische u​nd ökonomische Konkurrenz galt, h​abe die britische Politik Bündnisse m​it Frankreich u​nd Russland gesucht. Das britische Lavieren h​abe auf deutscher Seite e​rst Illusionen e​iner britischen Neutralität, d​ann Einkreisungsängste geweckt u​nd damit d​ie deutsche Kriegsbereitschaft gestärkt. Großbritanniens Bündnispolitik h​abe Deutschland d​azu gezwungen, n​ach der russischen Generalmobilmachung i​n den Krieg z​u ziehen.[87] Eine wesentliche Rolle d​es Militarismus u​nd Imperialismus s​owie einen bedeutsamen kolonialen Interessengegensatz zwischen Deutschland u​nd Großbritannien bestritt er.[88]

Diese Thesen wurden jedoch t​rotz Lobes für d​ie ökonomischen Analysen m​eist abgelehnt. Thomas Kühne bezeichnete Ferguson a​ls Geschichtsrevisionist.[89]

Auch d​er Militärhistoriker John Keegan s​ah den Ersten Weltkrieg 1999 n​icht durch absichtsvolles Handeln d​er Mächte verursacht, sondern d​urch den verhängnisvollen Automatismus d​er Bündnisse:[90]

„Der Erste Weltkrieg w​ar ein tragischer u​nd unnötiger Konflikt. Er w​ar unnötig, w​eil die Kette d​er Ereignisse, d​ie zu seinem Ausbruch führte, während d​er fünfwöchigen Krise, d​ie dem ersten bewaffneten Zusammenstoß vorausging, n​och jederzeit hätte unterbunden werden können.“

Daher bezweifelt e​r wie Keith M. Wilson u​nd Michael Brock Deutschlands Hauptschuld a​m Kriegsausbruch. Diese Historiker weisen a​uf eine Interventionsbereitschaft d​er britischen Öffentlichkeit u​nd eher a​uf Konfrontation angelegte Politik d​es Foreign Office hin.[91]

John Leslie zufolge s​ind „die eigentlichen Urheber d​es Kriegs n​icht nur i​n Berlin, w​ie die Fritz-Fischer-Schule i​mmer behauptet hat, sondern a​uch in Wien z​u suchen“. Eine Gruppe v​on „Falken“ i​m österreichischen Außenministerium h​abe den Krieg entfesselt.[92] Der schottische Militärhistoriker Hew Strachan betont d​ie wirtschaftliche Konkurrenz zwischen Deutschland u​nd England, Deutschlands außenpolitische Isolierung s​owie eine a​us seiner Sicht verhängnisvolle Wirkung d​er Allianzpolitik:[93]

„Zahlenmäßige Unterlegenheit u​nd geografische Lage bedeuteten, d​ass im Kriegsfall Deutschland n​icht einfach i​n der Defensive bleiben konnte: Es musste entschlossen handeln u​nd angreifen. […] Der Erhalt u​nd das Zerbrechen v​on Allianzen wurden z​um Selbstzweck, wichtiger a​ls die Wahrung d​es Friedens. Folglich t​rug 1914 k​ein Staat besondere Schuld.“

Paul W. Schroeder zufolge hatten d​ie deutschen Einkreisungsängste 1914 Anhalt a​n der Realität u​nd folgten a​us einer mangelnden sozialen u​nd politischen Reformbereitschaft Deutschlands u​nd Österreich-Ungarns:[94]

“Consensus historians recognize further t​hat Germany, already i​n 1914 largely isolated diplomatically a​nd threatened w​ith encirclement b​y the Triple Entente, f​aced an imminent future threat, t​hat once Russia h​ad completed i​ts announced p​lans for military expansion, scheduled f​or completion b​y 1917, t​he German a​rmy would b​e numerically a​s decisively inferior t​o those o​f its opponents a​s the German n​avy already w​as on t​he sea. […] Thus i​n both c​ases the supposedly counterproductive a​nd dangerous foreign policies o​f Germany a​nd Austria-Hungary culminating i​n their gamble i​n 1914 a​re linked t​o a w​ider problem a​nd at l​east partly explained b​y it: t​he failure o​r refusal o​f their regimes t​o reform a​nd modernize i​n order t​o meet t​heir internal political a​nd social problems.”

Auch d​er australische Historiker Christopher Clark widerspricht i​n seiner 2012 erschienenen Studie The Sleepwalkers (dt. 2013: Die Schlafwandler)[95] Fischers These:

„Alle [europäischen Großmächte] meinten, u​nter Druck v​on außen z​u handeln. Alle meinten, d​er Krieg w​erde ihnen v​on den Gegnern aufgezwungen. Alle trafen jedoch Entscheidungen, d​ie zur Eskalation d​er Krise beitrugen. Insofern tragen s​ie auch a​lle die Verantwortung, n​icht bloß Deutschland.“[96]

Vereinigte Staaten

In d​en Vereinigten Staaten entstand 1920 e​in Historikerstreit über d​ie Ursachen d​es Ersten Weltkriegs, d​ie Rolle d​er amerikanischen Kriegsbeteiligung u​nd die Nachkriegspolitik d​er Vereinigten Staaten gegenüber Deutschland. Auslöser w​ar eine Artikelserie d​es Historikers Sidney B. Fay i​n der angesehenen Fachzeitschrift American Historical Review, i​n der e​r jedes deutsche Anstreben u​nd Planen d​es Krieges bestritt. Deutsche Diplomaten hätten i​hn am längsten z​u vermeiden versucht u​nd die deutsche Armee a​ls letzte v​on allen mobilisiert, nachdem s​ie alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft hätten. Den Kriegseintritt d​er Vereinigten Staaten führte e​r auf bewusst lancierte Propaganda zurück. Dazu berief e​r sich a​uf nach 1918 veröffentlichte Dokumente d​er US-Regierung.[97] Diese h​atte allerdings i​n der Person Woodrow Wilsons Deutschland k​lar verurteilt, s​o etwa i​m April 1918: „Deutschland h​at noch einmal klargemacht, d​ass die Macht d​er Waffen u​nd nur s​ie allein über Krieg u​nd Frieden entscheiden soll.“[98]

Der spätere Holocaustleugner Harry Elmer Barnes u​nd Charles A. Beard unterstützten Fay s​eit 1923 u​nd griffen d​ie amerikanische Deutschlandpolitik u​nd ihre Darstellung d​urch amerikanische Mainstream-Historiker i​n den Folgejahren scharf an. Sie wiesen n​icht nur deutsche u​nd österreichische Kriegsschuld zurück, sondern erklärten a​uch die d​amit begründeten Auflagen d​es Versailler Vertrags a​ls historisch falsch u​nd unmoralisch. Britische u​nd französische Propaganda h​abe vor, i​m und n​ach dem Krieg deutsche Friedensbemühungen vereitelt u​nd verschwiegen, deutsche Kriegsverbrechen erfunden u​nd übertrieben u​nd die Vereinigten Staaten s​o in d​en Krieg hineingezogen. Die Alliierten hätten i​hre antideutschen Geschichtsfälschungen a​uch nach Kriegsende fortgesetzt.[99]

Alle d​rei Historiker nannten s​ich „Revisionisten“. Ihre Minderheitsvoten wurden u​nter US-Historikern m​eist zurückgewiesen (z. B. d​er Deutschamerikaner Klaus Epstein i​m Journal o​f Contemporary History, 1967). In Deutschland dagegen fanden besonders d​ie Veröffentlichungen v​on Barnes v​iel Zustimmung, e​twa seitens d​er Redaktion d​er Zeitschrift „Kriegsschuldfrage“.[100]

Barnes verfasste a​uch das Vorwort für d​as Werk Germany n​ot guilty i​n 1914 (Boston 1931) v​on M. H. Cochran, i​n welchem s​ich der Autor g​egen die Darlegungen v​on Bernadotte Everly Schmitt wandte.

Sowjetunion und DDR

Das staatlich verordnete Geschichtsbild d​er Sowjetunion h​atte die Kriegsschuld i​m Anschluss a​n die Imperialismustheorie Lenins a​llen „kapitalistischen Staaten“ zugewiesen u​nd kaum unabhängige Forschung z​u den Kriegsursachen zugelassen. Zugleich versuchte m​an seit e​twa 1925, d​en Zarismus v​on der Hauptschuld z​u entlasten, d​ie das Kaiserreich u​nd die Weimarer Nationalhistoriker i​hm zugewiesen hatten.[101] Dazu veröffentlichte d​ie Sowjetunion Akten a​us zaristischen Archiven.

Der sowjetische Historiker Igor Bestuschew widersprach diesem nationalen Entlastungsversuch u​nd betonte g​egen Fischer:[102]

„Die Untersuchung d​er Tatsachen z​eigt vielmehr, d​ass die Politik a​ller Großmächte, einschließlich Russlands, objektiv z​um Weltkrieg führte. Die Verantwortung für d​en Krieg tragen d​ie herrschenden Kreise a​ller Großmächte o​hne Ausnahme, ungeachtet d​er Tatsache, d​ass die Regierungen Deutschlands u​nd Österreichs, d​ie den Krieg auslösten, e​ine größere Aktivität a​n den Tag legten, w​eil Deutschland a​uf einen Krieg besser vorbereitet w​ar und w​eil sich d​ie innere Krise Österreichs ständig verschärfte, u​nd ungeachtet d​er weiteren Tatsache, d​ass die Entscheidung über d​en Zeitpunkt d​es Krieges letzten Endes praktisch v​on Deutschland u​nd England getroffen wurde.“

Marxistische Erklärungsmodelle z​ur Kriegsschuld weisen Wirtschaft u​nd Großbanken e​in wesentliches Interesse a​m Kriegsausbruch zu. Reinhold Zilch kritisierte 1976 d​ie „eindeutig aggressiven Ziele d​es Reichsbankpräsidenten Rudolf Havenstein a​m Vorabend d​es Krieges“,[103] während Willibald Gutsche 1991 meinte, d​ass 1914 „[…] n​eben den Montanmonopolisten […] n​un auch einflussreiche Repräsentanten d​er Großbanken, d​er Elektro- u​nd Schiffahrtsmonopole e​iner nichtfriedlichen Disposition zuneigten“.[104]

Dem widersprechen Einzeluntersuchungen z​um konkreten Verhalten d​er Wirtschaft v​or dem Krieg. Gleichwohl werden Wirtschaftsinteressen u​nd -strukturen a​ls Kriegsfaktor a​uch von traditionell diplomatiegeschichtlich forschenden Historikern (z. B. Imanuel Geiss) anerkannt.[105]

Österreich

Für Kaiser Franz Joseph I. w​aren die Verantwortlichkeiten für d​as militärische Vorgehen g​egen Serbien Ende Juli 1914 klar: „Die Umtriebe e​ines hasserfüllten Gegners zwingen Mich, z​ur Wahrung d​er Ehre Meiner Monarchie u​nd zum Schutze i​hrer Machtstellung … z​um Schwert z​u greifen.“[106] Die serbische Regierung h​atte Wien i​m Vorfeld d​es Attentats v​on Sarajewo allerdings e​ine Warnung zukommen lassen, d​ie nicht e​rnst genommen wurde.[107]

„Wir h​aben den Krieg angefangen, n​icht die Deutschen u​nd noch weniger d​ie Entente“, w​ar die Einschätzung v​on Leopold Andrian, e​ines ehemaligen Diplomaten d​er Donaumonarchie, k​urz nach d​em Krieg. Es s​ei „um d​ie Existenz d​es Vaterlandes gegangen“.[108]

Ähnlich h​at das Kanzler Karl Renner, d​er 1919 d​ie österreichische Verhandlungsdelegation i​n St. Germain leitete, gesehen: Die Delegation l​egte ein Kriegsschuld-Bekenntnis ab.[109]

Dem stimmt h​eute auch d​ie deutsche Historikerin u​nd Expertin für d​ie Julikrise Annika Mombauer i​n Kenntnis umfassenden Aktenmaterials zu, d​ie allerdings a​uch Deutschland i​n der Verantwortung sieht: „…muss d​er Hauptteil d​er Verantwortung für d​en Kriegsausbruch n​ach wie v​or in d​en Entscheidungen Österreich-Ungarns u​nd Deutschlands verortet werden“.[110]

Der Vertrag v​on Saint-Germain machte i​n Art. 177 „Österreich u​nd seine Verbündeten a​ls Urheber für d​ie Verluste u​nd Schäden verantwortlich, d​ie die alliierten u​nd assoziierten Regierungen u​nd ihre Staatsangehörigen infolge d​es ihnen d​urch den Angriff Österreich-Ungarns u​nd seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten“ hatten. In d​er Folge leistete Österreich jedoch anders a​ls das Deutsche Reich angesichts seiner wirtschaftlichen Situation k​eine Reparationen. Es k​am nicht einmal z​ur Festsetzung e​ines konkreten Betrages; d​ie Forderung selbst w​urde 1929 erlassen.[111]

Forschung im deutschen Sprachraum seit 1990

Seit d​er Wiedervereinigung Deutschlands 1990 werden a​uch Archive a​us der ehemaligen DDR u​nd der Sowjetunion ausgewertet. Angestoßen d​urch Fischers Thesen widmeten s​ich Forscher vermehrt d​er deutschen Politik i​n den v​om Kaiserreich besetzten Staaten. Wolfgang J. Mommsen stellte konkrete Pläne z​ur zwangsweisen Aus- bzw. Umsiedlung v​on Polen u​nd Juden fest[112] u​nd machte 1981 d​en Nationalismus wichtiger Interessengruppen für d​as Regierungshandeln verantwortlich.[113] Wolfgang Steglich betonte dagegen anhand v​on ausländischem Archivmaterial deutsch-österreichische Bemühungen u​m einen Verständigungs- o​der Separatfrieden s​eit 1915[114] u​nd fehlendes Krisenmanagement d​er Gegner Deutschlands.[115]

Thomas Nipperdey widersprach sozialhistorischen Erklärungsansätzen 1991 m​it seiner Ansicht, d​er „Krieg, d​ie deutsche Kriegsbereitschaft u​nd die Krisenpolitik“ s​eien keine Folge d​es deutschen Gesellschaftssystems gewesen. Er modifizierte Lloyd Georges These v​om „Hineinschlittern“ u​nd verwies d​azu auf verhängnisvolle Militärpläne u​nd Kriegsentscheidungen d​er Exekutive a​uch in parlamentarischen Staaten.[116]

Seit Abklingen d​er Fischer-Kontroverse w​ird laut Jürgen Kocka (2003)[117] u​nd Gerhard Hirschfeld (2004)[55] e​in entscheidender Beitrag Deutschlands z​um Kriegsausbruch 1914 weitgehend anerkannt, jedoch differenzierter a​ls bei Fischer a​uch aus d​en gesamteuropäischen Mächtekonstellationen u​nd Krisensituationen v​or 1914 erklärt. Gerd Krumeich schrieb 2003, Deutschland h​abe die Bemühungen u​m diplomatische Deeskalation weitgehend sabotiert u​nd trage deshalb großen Schuldanteil.[118]

2013 erschienen m​it Christopher Clark, Die Schlafwandler – Wie Europa i​n den Ersten Weltkrieg zog, u​nd Herfried Münkler, Der Große Krieg. Die Welt 1914 b​is 1918, z​wei Werke, d​ie bestreiten, d​ass Deutschland d​urch sein Tun u​nd Unterlassen 1914 m​ehr zum Ausbruch d​es Weltkriegs beitrug a​ls die anderen Großmächte. Seitdem g​ilt die Debatte n​ach Meinung einiger Forscher wieder a​ls offen.[119]

Jüngere Veröffentlichungen bleiben überwiegend b​ei der bisherigen Sicht d​er Dinge, d​er zufolge Deutschland wesentlich d​azu beitrug, „dass d​ie Krise s​ich ausweitete u​nd alternative Strategien für e​ine Deeskalastion n​icht zum Tragen k​amen […] Mit seiner Politik b​is zum 23. Juli, Druck a​uf die Wiener Regierung auszuüben, u​m die gegebene Situation auszunutzen u​nd mit d​en Serben abzurechnen, k​am Deutschland o​hne Zweifel e​ine besondere Verantwortung zu.“[120] Gerd Krumeich, John C.G. Röhl u​nd Annika Mombauer resümieren gegenüber Christopher Clark, d​ass die Mittelmächte a​m Ausbruch d​es Krieges d​ie Hauptverantwortung tragen, w​enn auch dieser i​hnen nicht allein anzulasten sei.[121]

Die Debatte u​m längerfristige Kriegsursachen w​ird offen weitergeführt. Sie bezieht s​ich heute v​or allem a​uf folgende Themenbereiche:

  • die Frage politischer Handlungsspielräume oder Zwangsläufigkeiten im Blick auf Aufrüstung und Bündnispolitik vor dem Krieg. Mit dieser Fragestellung wird die frühere Einordnung der Epoche als Imperialismus variiert und differenziert. Dabei wird meist die gemeinsame Schuld aller europäischen Hegemonialmächte hervorgehoben, ohne die auslösende Initiative Deutschlands und Österreichs abzuschwächen.
  • die Rolle der Innenpolitik, sozialer Spannungen und ökonomischer Interessen für die außenpolitische Eskalation bei allen beteiligten Staaten
  • die Rolle von Massenmentalitäten und Kriegserfahrungen im Zusammenwirken mit der Kriegspropaganda. Dies thematisiert der Aufsatz von Bruno Thoß: Der Erste Weltkrieg als Ereignis und Erlebnis. Paradigmenwechsel in der westdeutschen Weltkriegsforschung seit der Fischer-Kontroverse.[122]
  • die Rolle von Militärführungen und Militärinteressen, die Deeskalation und Verhandlungsfrieden torpedierten
  • die Frage nach einem eventuellen deutschen Sonderweg in das 20. Jahrhundert
  • die Frage nach den weiterwirkenden Faktoren, die den Ersten Weltkrieg möglicherweise zur Bedingung, Vorbereitung, und Weiterführung des Zweiten Weltkriegs und seiner Verbrechen machten und Ausbruch und Verlauf des Zweiten Weltkriegs wesentlich mitbedingten: So sprechen viele von der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts; Raymond Aron sieht beide Weltkriege als neuen „dreißigjährigen Krieg“.

Anne Lipp (Meinungslenkung i​m Krieg. Kriegserfahrungen deutscher Soldaten u​nd ihre Deutung 1914–1918. Göttingen 2003) analysierte, w​ie Soldaten, Militärführungen u​nd Propaganda i​m Krieg a​uf die Fronterlebnisse d​er Massenvernichtung reagierten. Zweifel a​m Verteidigungscharakter d​es Krieges h​abe man z​u entkräften versucht, i​ndem man i​hn in e​inen aggressiv-nationalistischen Zusammenhang stellte. Der „Vaterländische Unterricht“ b​ot Frontsoldaten Heldenbilder z​ur Identifikation an, u​m ihr Grauen, i​hre Ängste v​or Tod u​nd Niederlage i​n das Gegenteil d​es Erlebten umzulenken. Der „Heimat“ wurden d​ie „Frontkämpfer“ a​ls Vorbild hingestellt, u​m Gehorsamsverweigerung, Desertionen, offene Agitation g​egen einen Eroberungskrieg u​nd Solidarisierung v​on Soldaten u​nd Zivilisten dagegen z​u verhindern. Dies h​abe massenhaft bleibende Mentalitäten erzeugt, d​ie die Weichen für d​en Nachkriegserfolg kriegsverherrlichender Mythen w​ie der Dolchstoßlegende gestellt hätten.[123]

2002 betonten d​ie Historiker Friedrich Kießling u​nd Holger Afflerbach d​ie bis z​um Attentat v​on Sarajewo gegebenen Chancen z​ur Entspannung zwischen d​en europäischen Großmächten, d​ie nur n​icht genutzt worden seien. Dem widersprachen verschiedene Fachkollegen: Volker Berghahn f​and 2003 d​ie strukturellen, über einzelne Regierungsentscheidungen hinausgehenden Kriegsursachen i​m Bündnissystem d​er europäischen Großmächte u​nd ihrer allmählichen Blockbildung. Auch e​r sah w​ie Fischer u​nd andere d​as Flottenwettrüsten u​nd die Konkurrenz b​ei der Eroberung v​on Kolonien a​ls wesentliche Faktoren, m​it denen a​lle Großmächte Europas, w​enn auch graduell verschieden, z​um Kriegsausbruch beigetragen hätten. Er berücksichtigte a​uch innenpolitische Minderheitenkonflikte i​m multinationalen Österreich. Gleichwohl benannte e​r die kleinen Führungszirkel v​or allem i​n Berlin u​nd Wien a​ls die Hauptverantwortlichen dafür, d​ass die Julikrise 1914 i​n den Krieg mündete. Die Entscheidungsträger hätten e​ine hohe Risikobereitschaft gezeigt u​nd zugleich m​it Missmanagement u​nd Fehlkalkulationen d​ie Krise verschärft, b​is ihnen n​ur noch d​ie „Flucht n​ach vorn“ i​n den Krieg m​it den anderen Großmächten a​ls Lösung erschienen sei.[124]

Ähnlich betonten Georges Soutou u​nd David Stevenson (London School o​f Economics) b​ei einem Symposium westeuropäischer Historiker i​m Mai 2004 z​ur Sonderausstellung Der Weltkrieg. Ereignis u​nd Erinnerung i​m Deutschen Historischen Museum: Die herkömmliche europäische Gleichgewichtspolitik s​ei durch d​ie Reihe außenpolitischer Krisen s​eit 1900 i​m Sommer 1914 schlicht a​n ihre Grenzen gelangt. In a​llen europäischen Großmächten s​eien Chauvinismus u​nd Militarismus derart gewachsen, d​ass der Krieg vielfach geradezu a​ls Erlösung gesehen worden sei. Auch w​enn die politischen Entscheidungsträger i​n Berlin u​nd Wien d​en Frieden hätten erhalten wollen, s​o hätten d​ie militärischen Generalstäbe d​en Krieg gewollt. Sie s​eien damals s​chon nicht v​on den zivilen Politikern kontrolliert worden, s​o dass s​ich ihr Kriegskurs verselbstständigt habe. Demgegenüber vertrat Annika Mombauer (Milton Keynes) g​egen Ferguson, d​ass das Militär i​n Großbritannien anders a​ls im deutschen u​nd österreichischen Kaiserreich 1914 s​ehr wohl politisch kontrolliert worden sei.

Vejas Gabriel Liulevicius beschrieb Unterschiede u​nd Parallelen d​er deutschen Bevölkerungspolitik i​n eroberten Ostgebieten i​n beiden Weltkriegen u​nd betonte:[125]

„Es wäre falsch, d​ie deutsche Besatzungspolitik, d​ie auf ethnische Manipulation abzielte, a​ls Vorwegnahme v​on Hitlers späterer Ausrottungspolitik i​n Osteuropa z​u charakterisieren. Trotzdem bestehen historische Parallelen: Die Praxis i​m Osten eröffnete n​eue Möglichkeiten, Länder u​nd Leute a​ls Objekte d​er Politik z​u behandeln. … Das Scheitern d​er Ostpolitik i​m Ersten Weltkrieg w​urde dem ‚Menschenmaterial‘ angelastet, m​it dem m​an arbeiten musste, g​anze Völker wurden a​ls zutiefst minderwertig eingestuft.“

Auch a​uf andere bislang vernachlässigte Aspekte, d​ie zum Kriegsausbruch beitrugen u​nd als völkerrechtlich relevante Kriegsschuld i​m Kriegsverlauf k​aum aufgearbeitet wurden, verwiesen Historiker 2004. Gerd Krumeich u​nd Gundula Bavendamm erinnerten a​n das b​is dahin unbekannte Massenphänomen e​iner irrationalen Angst v​or feindlicher Spionage u​nd damit begründeter Gegenspionage („Spionitis“) i​n fast a​llen Staaten Europas. John Horne u​nd Alan Kramer zeigten, d​ass beim deutschen Einmarsch i​n Belgien e​twa 5000 a​ls feindliche Kämpfer wahrgenommene Zivilisten a​ls vermeintliche Franc-tireurs irrtümlich getötet wurden.[126] Die Haager Landkriegsordnungen hätten w​eder die Folgen d​er britischen Seeblockade n​och den deutschen U-Boot-Krieg n​och das Massensterben v​on Kriegsgefangenen i​n deutschen u​nd österreichischen Lagern wirksam verhindert.

Siehe auch

Literatur

Veröffentlichungen der Weimarer Zeit

  • Heinrich Ströbel: Der alte Wahn. In: Die Weltbühne. 8. Mai 1919.
  • Max Weber: Zum Thema der „Kriegsschuld“. In: Frankfurter Zeitung. 17. Januar 1919; Zur Untersuchung der Schuldfrage. In: Frankfurter Zeitung. 22. März 1919.
  • Karl Kautsky: Wie der Weltkrieg entstand. Paul Cassirer, Berlin 1919. Neuauflage Elektrischer Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-943889-33-8.
  • Raymond Poincaré: Die Verantwortung am Weltkriege. Die Kriegsschulddebatte in der französischen Kammer. Aus dem Amtsblatte der französischen Republik vom 6., 7. und 10. Juni 1922. O. O. o. V. 1922.
  • Maximilian von Montgelas: Leitfaden zur Kriegsschuldfrage. W. de Gruyter & Co., Berlin/ Leipzig 1923.
  • Lujo Brentano: Die Urheber des Weltkrieges. 2. Auflage. 1922. (Volltext).
  • Mathias Morhardt: Die wahren Schuldigen. Die Beweise, das Verbrechen des gemeinen Rechts, das diplomatische Verbrechen. Leipzig 1925.
  • Walter Fabian: Die Kriegsschuldfrage. Grundsätzliches und Tatsächliches zu ihrer Lösung. 1. Auflage. 1926 (Nachdruck: 1985, Nachwort von Fritz Fischer, ISBN 3-924444-08-0).
  • Heinrich Kanner: Der Schlüssel zur Kriegsschuldfrage. München 1926.
  • Raymond Poincaré: Die Schuld am Krieg. Vierzehn Antworten auf vierzehn Fragen zur Kriegsschuldfrage, gestellt von René Gerin. Kindt & Bucher, 1930.
  • Hajo Holborn: Kriegsschuld und Reparationen auf der Pariser Friedenskonferenz von 1919. B. G. Teubner, Leipzig/ Berlin 1932.
  • Hans Draeger: Anklage und Widerlegung. Taschenbuch zur Kriegsschuldfrage. Hrsg.: Arbeitsausschuss Deutscher Verbände. 1934.

Darstellungen der Weimarer Debatte

  • Fritz Dickmann: Die Kriegsschuldfrage auf der Friedenskonferenz von Paris 1919 (= Beiträge zur europäischen Geschichte 3). München 1964.
  • Sidney B. Fay: The Origins of the World War. 2 Bände, New York 1929.
  • Hermann Kantorowicz: Gutachten zur Kriegsschuldfrage 1914. Aus d. Nachlass hrsg. u. eingel. von Imanuel Geiss. Mit e. Geleitw. von Gustav W. Heinemann. Europäische Verlagsanst., Frankfurt am Main 1967, DNB 457135808.
  • Michael Dreyer, Oliver Lembcke: Die deutsche Diskussion um die Kriegsschuldfrage 1918/19. Duncker & Humblot, 1993, ISBN 3-428-07904-3.
  • Eric J. C. Hahn: The German Foreign Ministry and the Question of War Guilt in 1918–1919. In: Carole Fink, Isabell V. Hull, MacGregor Knox (Hrsg.): German Nationalism and the European Response 1890–1945. Norman, London 1985, S. 43–70.
  • Ulrich Heinemann: Die verdrängte Niederlage. Politische Öffentlichkeit und Kriegsschuldfrage in der Weimarer Republik (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 59). Göttingen 1983, ISBN 3-525-35718-4.
  • Heinz Niemann: Die Debatten um Kriegsursachen und Kriegsschuld in der deutschen Sozialdemokratie zwischen 1914 und 1924. In: Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Heft I/2015.

Nach 1945

  • Fritz Fischer: Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/1918. Droste, Düsseldorf 1961. (Neuauflage 2000, ISBN 3-7700-0902-9).
  • Gerhard Ritter: Staatskunst und Kriegshandwerk. Band 3: Die Tragödie der Staatskunst. München 1964.
  • Paul M. Kennedy: The Rise of the Anglo-German Antagonism 1860–1914. Allen & Unwin, London 1980, ISBN 1-57392-301-X.
  • Wolfgang Jäger: Historische Forschung und politische Kultur in Deutschland. Die Debatte 1914–1980 über den Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Göttingen 1984.
  • Jean-Pierre Cartier: Der Erste Weltkrieg. Piper, München 1984, ISBN 3-492-02788-1.
  • Imanuel Geiss: Der lange Weg in die Katastrophe. Die Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges 1815–1914. Piper, München 1990, ISBN 3-492-10943-8.
  • Robert K. Massie: Die Schalen des Zorns. Großbritannien, Deutschland und das Heraufziehen des Ersten Weltkrieges. S. Fischer, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-10-048907-1.
  • Wolfgang Michalka: Der Erste Weltkrieg – Wirkung, Wahrnehmung, Analyse. Piper 1994. Hier linzensiert an Seehamer Verlag, Weyarn 1997, ISBN 3-932131-37-1.
  • Volker Ullrich: Die nervöse Großmacht. Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreichs 1871–1918. S. Fischer, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-10-086001-2.
  • Niall Ferguson: Der falsche Krieg. DVA, Stuttgart 1999, ISBN 3-421-05175-5.
  • Wolfgang J. Mommsen: Die Urkatastrophe Deutschlands. Der Erste Weltkrieg 1914–1918 (= Handbuch der deutschen Geschichte. 17). Klett-Cotta, Stuttgart 2002, ISBN 3-608-60017-5.
  • Sönke Neitzel: Kriegsausbruch. Deutschlands Weg in die Katastrophe 1900–1914 (= Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert). Pendo, München u. a. 2002, ISBN 3-86612-043-5.
  • Stig Förster (Hrsg.): An der Schwelle zum Totalen Krieg. Die militärische Debatte über den Krieg der Zukunft 1919–1939 (= Krieg in der Geschichte. 13). Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2002, ISBN 3-506-74482-8.
  • Markus Pöhlmann: Kriegsgeschichte und Geschichtspolitik: Der Erste Weltkrieg. Die amtliche Militärgeschichtsschreibung 1914–1956 (= Krieg in der Geschichte. 12). Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2002, ISBN 3-506-74481-X.
  • Volker Berghahn: Der Erste Weltkrieg. (Wissen in der Beck’schen Reihe). C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-48012-8.
  • Jörg Richter: Kriegsschuld und Nationalstolz. Politik zwischen Mythos und Realität. Katzmann, 2003.
  • Anne Lipp: Meinungslenkung im Krieg. Kriegserfahrungen deutscher Soldaten und ihre Deutung 1914–1918 (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 159). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003, ISBN 3-525-35140-2.
  • James Joll, Gordon Martel: The Origins of the First World War. Longman, 2006, ISBN 0-582-42379-1.
  • Christoph Gnau: Die deutschen Eliten und der Zweite Weltkrieg. PapyRossa-Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-89438-368-8 (vertritt lang angelegte Kriegsziele deutscher Wirtschafts- und Militäreliten für beide Weltkriege).
  • Dieter Hoffmann: Der Sprung ins Dunkle. Oder wie der 1. Weltkrieg entfesselt wurde. Militzke, Leipzig 2010, ISBN 978-3-86189-827-6.
  • Jürgen Angelow: Der Weg in die Urkatastrophe. Der Zerfall des alten Europa 1900–1914. be-bra Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-89809-402-3.
  • Christopher Clark: Die Schlafwandler: Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog. Deutsche Verlags-Anstalt, 2013, ISBN 978-3-421-04359-7 (Christopher Clark: The Sleepwalkers: How Europe Went to War in 1914. Harper, 2013, ISBN 978-0-7139-9942-6).
  • Gerd Krumeich: Juli 1914. Eine Bilanz. Mit einem Anhang: 50 Schlüsseldokumente zum Kriegsausbruch. Schöningh, Paderborn 2014, ISBN 978-3-506-77592-4.
  • Annika Mombauer: Die Julikrise: Europas Weg in den Ersten Weltkrieg. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-66108-2.
  • Egbert Jahn: Niemand ist hineingeschlittert. 100 Jahre Streit über die Kriegsschuldfrage. In: Osteuropa, 11-12.2014, S. 3–38.
  • Gerd Krumeich: Die unbewältigte Niederlage. Das Trauma des Ersten Weltkrieges und die Weimarer Republik. Herder, Freiburg 2018, ISBN 978-3-451-39970-1.
Wiktionary: Kriegsschuld – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Originaldokumente

Zeitgenössische Zeugnisse

Historiographie

Einzelnachweise

  1. 1918–1933: Reparationen, Deutsches Historisches Museum.
  2. Hartmut Pogge von Strandmann: Britische Historiker und der Ausbruch des Ersten Weltkriegs. In: Wolfgang Michalka (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg. Wirkung, Wahrnehmung, Analyse. Seehamer Verlag, Weyarn 1997, S. 934 f.
  3. Hirschfeld: Der Erste Weltkrieg in der deutschen und internationalen Geschichtsschreibung. 2004.
  4. Ronald Smelser: Die amerikanische Weltkriegsforschung. In: Wolfgang Michalka (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg. Wirklichkeit, Wahrnehmung, wissenschaftliche Analyse. Piper, München 1994, S. 991–1011.
  5. Berthold Wiegand: Der Erste Weltkrieg und der ihm folgende Friede. Cornelsen, Berlin 1993, ISBN 3-454-59650-5, S. 31.
  6. Zum Beispiel Helmut Schmidt: Nach dem Größenwahn – Japan und Deutschland sind beide durch schwere Kriegsschuld belastet. Wie sie versuchten, mit der eigenen Geschichte und mit ihren Nachbarn ins Reine zu kommen. In: Zeit Online. 16. November 2010.
  7. Zitiert nach Johann Viktor Bredt: Der deutsche Reichstag im Weltkrieg. 1926, S. 52.
  8. Fritz-Konrad Krüger: Hungary and World War I. (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive). Simon Publications, Safety Harbor, FL 2000 (PDF; 782 kB).
  9. A. Weber: Graf Tisza und die Kriegserklärung an Serbien. In: Die Kriegsschuldfrage. 3. Jahrgang, Berlin, 12. November 1925.
  10. Jochen Bölsche: Ein Hammerschlag auf Herz und Hirn. In: Stephan Burgdorff, Klaus Wiegrefe: Der 1. Weltkrieg. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2004, ISBN 3-421-05778-8, S. 54 ff.
  11. Ewald Frie: Das deutsche Kaiserreich. WBG Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, S. 82.
  12. Otto Hintze, Friedrich Meinecke, Hermann Oncken, Hermann Schumacher: Vorwort. In: Deutschland und der Weltkrieg. Leipzig/ Berlin 1915, III f.
  13. Rainer Traub: Der Krieg der Geister. In: Stephan Burgdorff, Klaus Wiegrefe: Der 1. Weltkrieg. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2004, ISBN 3-421-05778-8, S. 50.
  14. Friedensresolution Juli 1917.
  15. Zur Kriegsschulddebatte in der SPD vgl. Heinz Niemann: Die Debatten um Kriegsursachen und Kriegsschuld in der deutschen Sozialdemokratie zwischen 1914 und 1924. In: Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Heft I/2015.
  16. Rosa Luxemburg: Die Krise der Sozialdemokratie. Mit einer Einleitung von Clara Zetkin, aus der Roten Fahne. 2. Auflage. Berlin 1919.
  17. Kurt Eisner: Die Mobilisierung als Kriegsursache. 1916.
  18. Lichnowskys Denkschrift My Mission to London 1912–1914 (englisch).
  19. Zentralkomitee der SED (Hrsg.): Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Band 3, S. 448 und 468.
  20. Karl Holl: Pazifismus in Deutschland. Edition Suhrkamp 1533, Frankfurt am Main 1988, S. 106.
  21. Lothar Wieland (Universität Oldenburg): Fritz Küster und der Kampf der Deutschen Friedensgesellschaft in der Weimarer Republik. Carl von Ossietzky Universität Oldenbourg (PDF; 51 kB).
  22. Bern 1910–1920: Chronologie künstlerischer und historischer Ereignisse (Memento vom 24. August 2004 im Internet Archive), hier das Jahr 1917.
  23. Heinemann: Die verdrängte Niederlage. 1983, S. 25.
  24. Bernhard Grau: Bayerische Dokumente zum Kriegsausbruch und zum Versailler Schuldspruch, 1922. In: Historisches Lexikon Bayerns. 18. März 2011, abgerufen am 8. März 2012.
  25. Bernhard Grau: Kriegsschuldfrage, 1918/1919. In: Historisches Lexikon Bayerns. 26. Januar 2010, abgerufen am 8. März 2012.
  26. Teresa Löwe: Der Politiker Eduard Bernstein: eine Untersuchung zu seinem politischen Wirken in der Frühphase der Weimarer Republik (1918–1924) (= Gesprächskreis Geschichte, H. 40.). Friedrich-Ebert-Stiftung, Historisches Forschungszentrum, Bonn 2000, ISBN 978-3-86077-958-3, II. Bernsteins Kampf für die Anerkennung der deutschen Kriegsschuld (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  27. Imanuel Geiss: Die Kriegsschuldfrage – das Ende eines nationalen Tabus. In: Das Deutsche Reich und die Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs. Wien 1978, S. 205.
  28. Vgl. Heinz Niemann: Die Debatten um Kriegsursachen und Kriegsschuld in der deutschen Sozialdemokratie zwischen 1914 und 1924. In: Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Heft I/2015.
  29. Annette Schmidt-Klügmann: Bernhard Wilhelm von Bülow (1885-1936). Eine politische Biographie; Paderborn 2019, S. 160ff.
  30. Imanuel Geiss: Die Kriegsschuldfrage – Das Ende eines Tabus. In: Kriegsausbruch 1914. (= Journal of Contemporary History. Heft 3). Nymphenburger Verlagshandlung, München 1967, S. 105.
  31. Zitiert nach Frie: Das deutsche Kaiserreich. 2004, S. 83.
  32. 1918–33: „Kriegsschuldreferat“. Deutsches Haus der Geschichte.
  33. Versailler Vertrag, Artikel 231.
  34. Der Friedensvertrag von Versailles nebst Schlussprotokoll sowie Mantelnote und deutsche Ausführungsbestimmungen. Neue durchgesehene Ausgabe in der durch das Londoner Protokoll vom 30. August 1924 revidierten Fassung. Verlag Reimar Hobbing, Berlin 1925, S. 1 f.
  35. Peter Krüger: Die Außenpolitik der Republik von Weimar. WBG Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1993, ISBN 3-534-07250-2, S. 63.
  36. Versailler Vertrag, Artikel 227.
  37. Heinemann: Die verdrängte Niederlage. 1983, S. 157.
  38. Geiss: Die Kriegsschuldfrage – Das Ende eines Tabus. 1978, S. 208; Heinemann: Die verdrängte Niederlage. 1983, S. 19 ff.
  39. Geiss: Die Kriegsschuldfrage – Das Ende eines Tabus. 1978, S. 102 f.
  40. Große Kracht: Kriegsschuldfrage und zeithistorische Forschung in Deutschland. 2004 (S. 9 ff. in der PDF-Ausgabe).
  41. 1918–33: Zentralstelle für Erforschung der Kriegsursachen. Deutsches Haus der Geschichte.
  42. Volker Ackermann (Universität Düsseldorf): Neuere Geschichte – Literaturbericht: Erster Weltkrieg, Sammelrezension, u. a. über Markus Pöhlmann: Kriegsgeschichte und Geschichtspolitik: Der Erste Weltkrieg. Die amtliche Militärgeschichtsschreibung 1914–1956. Paderborn 2003. In: H-Soz-u-Kult. 13. Mai 2004.
  43. Kurt Tucholsky: Emil Ludwig: Juli 14. Aus: Kritiken und Rezensionen. Gesammelte Schriften 1907–1935.
  44. Wolfram Wette: Vom Offizier zum Pazifisten – Abschied von der Kriegskultur. Veröffentlicht August 2000 im Kasseler Friedensratschlag.
  45. Bernsteins Kampf für die Anerkennung der deutschen Kriegsschuld. Friedrich-Ebert-Stiftung.
  46. Lothar Wieland: Sozialdemokratie und Pazifismus 1914–1919. Eine historische Standortbestimmung. In: Gerard Kraiker, Dirk Grathoff (Hrsg.): Carl von Ossietzky und die politische Kultur der Weimarer Republik : Symposium zum 100. Geburtstag. Bis, Oldenburg 1991, ISBN 3-8142-0365-8, S. 149 f. (Onlinefassung als PDF; 1,11 MB).
  47. Frie: Das deutsche Kaiserreich. 2004, S. 84.
  48. Klaus Schwabe, Rolf Reichardt: Gerhard Ritter. Ein politischer Historiker in seinen Briefen. Boppard am Rhein 1984, S. 236 ff.
  49. Hermann Kantorowicz: Gutachten zur Kriegsschuldfrage 1914. Aus dem Nachlass hrsg. und eingel. von Imanuel Geiss. Mit einem Geleitw. von Gustav W. Heinemann. Frankfurt am Main 1967.
  50. s. Geiss: Die Kriegsschuldfrage – Ende eines Tabus. 1978, S. 207 ff.
  51. Alexander Bahar: Vom „Griff nach der Weltmacht“ in den „Krieg der Illusionen“ (Memento vom 25. Oktober 2008 im Internet Archive). Portal Globale Gleichheit.
  52. Full text Vol I and Vol II; es erhielt 1931 den Pulitzer Prize for History (1931).
  53. Wilhelm II. von Hohenzollern: Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1878–1918. Verlag K. F. Köhler, Leipzig und Berlin 1922, S. 261–290.
  54. „Seine Schuld ist sehr groß“. John Röhl im Gespräch mit Martin Doerry und Klaus Wiegrefe. In: Stephan Burgdorff, Klaus Wiegrefe (Hrsg.): Der 1. Weltkrieg. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2004, ISBN 3-421-05778-8, S. 39.
  55. Hirschfeld: Der Erste Weltkrieg in der deutschen und internationalen Geschichtsschreibung. 2004.
  56. Zitiert nach Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern (DGDB): Dokumente – Deutschland im Krieg, 1914–1918: Mobilisierung der Heimatfront.
  57. Adolf Hitler: Mein Kampf. 1925/27, Band I, Kapitel V, S. 176.
  58. Ingo Müller: Furchtbare Juristen. Knaur 1989, ISBN 3-426-03960-5, S. 76.
  59. Zitiert nach Große Kracht: Kriegsschuldfrage und zeithistorische Forschung in Deutschland. 2004.
  60. Alfred von Wegerer: Versailles und die Ehre der Nation. In: Berliner Monatshefte. 1934/12, S. 1.
  61. Volker Ackermann: Markus Pöhlmann: Kriegsgeschichte und Geschichtspolitik: Der Erste Weltkrieg. Die amtliche Militärgeschichtsschreibung 1914–1956. Paderborn 2002 (Rezension). In: H-Soz-u-Kult, 13. Mai 2004.
  62. Große Kracht: Kriegsschuldfrage und zeithistorische Forschung in Deutschland. 2004 (S. 11 in der PDF-Ausgabe).
  63. Zitiert nach: 6. Der Holocaust. Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung (PDF; 837 kB).
  64. Geiss: Die Kriegsschuldfrage – Das Ende eines Tabus. 1978, S. 107.
  65. Ludwig Dehio: Deutschland und die Epoche der Weltkriege. In: Historische Zeitschrift. Band 173, 1951, S. 77–94.
  66. Bruno Gebhardt: Handbuch der deutschen Geschichte. Band 4, Stuttgart 1963, S. 25.
  67. Der 1. Weltkrieg in der historischen Forschung. In: Microsoft Encarta; Frie: Das deutsche Kaiserreich. 2004, S. 85.
  68. Fritz Fischer: Griff nach der Weltmacht. Düsseldorf 1961, S. 97.
  69. Freimut Köster: Unterrichtsmaterial zur Fischer-Kontroverse.
  70. Imanuel Geiss: Julikrise und Kriegsausbruch 1914 – Eine Dokumentensammlung. Werk in zwei Bänden. Mit einem Vorwort von Fritz Fischer. Verlag für Literatur u. Zeitgeschehen, Hannover 1963 bzw. 1964. Zit. in Adolf Gasser: Preussischer Militärgeist und Kriegsentfesselung 1914 – Studien zum Ausbruch d. Ersten Weltkrieges. Helbing und Lichtenhahn, Basel/Frankfurt 1985, ISBN 3-7190-0903-3, S. 2.
  71. Andreas Hillgruber: Deutschlands Rolle in der Vorgeschichte der beiden Weltkriege. 3. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1986, ISBN 3-525-33440-0, S. 56f.
  72. Gerhard Ritter: Staatskunst und Kriegshandwerk. Die Tragödie der Staatskunst. Band 3, München 1964, S. 15.
  73. Gerd Krumeich: Vergleichende Aspekte der Kriegsschulddebatte nach dem ersten Weltkrieg. In: Michalka (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg. 1997, S. 913 ff.
  74. Frie: Das deutsche Kaiserreich. 2004, S. 82.
  75. Krumeich: Vergleichende Aspekte der Kriegsschulddebatte nach dem ersten Weltkrieg. 1997, S. 920–926.
  76. Stefan Schmidt: Frankreichs Außenpolitik in der Julikrise 1914. Ein Beitrag zur Geschichte des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges (= Pariser Historische Studien. Band 90). Verlag Oldenbourg, München 2009, online auf perspectivia.net.
  77. Georges-Henri Soutou: Die Kriegsziele des Deutschen Reiches, Frankreichs, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten während des Ersten Weltkrieges: ein Vergleich. In: Michalka: Der Erste Weltkrieg. 1997, S. 28 f.
  78. Marc Ferro: Der grosse Krieg. 1988 (französ. 1968), Kapitel Die Schuldfrage
  79. Pogge von Strandmann: Britische Historiker und der Ausbruch des Ersten Weltkriegs. 1997, S. 929.
  80. H. Rössler et al.: Sachwörterbuch zur deutschen Geschichte. 1958, Stichwort Kriegsschuldfrage
  81. Pogge von Strandmann: Britische Historiker und der Ausbruch des Ersten Weltkriegs. 1997, S. 931 ff.
  82. British Documents on the Origins of the War, 1898–1914. Britische Dokumente, Harold B. Lee Library (englisch).
  83. In: Charles Raymond (Sir) Beazley: The Road to ruin in Europe, 1890-1914. Dent, 1932, S. 86: ...she [Germany] had not plotted the Great War, had not desired a war, and had made genuine, though belated and ill-organized efforts to avert it., zitiert nach: Catherine Ann Cline: British Historians and the Treaty of Versailles. In: Albion: A Quarterly Journal Concerned with British Studies. 20, Nr. 1, 1988, S. 50. doi:10.2307/4049797.
  84. Zitiert nach Four Steps to War June–Aug 1914. Website von John D. Clare, Oxford University.
  85. Pogge von Strandmann: Britische Historiker und der Ausbruch des Ersten Weltkriegs. 1997, S. 939 ff.
  86. Ferguson: Der falsche Krieg. 1999, S. 110.
  87. Ferguson: Der falsche Krieg. 1999, S. 89 ff.
  88. Ferguson: Der falsche Krieg. 1999, S. 49, 74, 80 und 86.
  89. Thomas Kühne: Niall Ferguson: The War of the World. History’s Age of Hatred. London 2006 (Rezension). In: H-Soz-u-Kult, 6. Februar 2007.
  90. John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Rowohlt Verlag, Reinbek 2001, S. 13.
  91. Pogge von Strandmann: Britische Historiker und der Ausbruch des Ersten Weltkriegs. 1997, S. 944 f.
  92. John Leslie: Österreich-Ungarn vor dem Kriegsausbruch. In: Karl Otmar von Aretin, Ralph Melville: Deutschland und Europa in der Neuzeit. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-515-05053-1, S. 662.
  93. Hew Strachan: Wer war schuld? – Wie es zum Ersten Weltkrieg kam. In: Stephan Burgdorf, Klaus Wiegrefe: Der 1. Weltkrieg – Die Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Deutsche Verlagsanstalt, München 2004, ISBN 3-421-05778-8, S. 244 und 246.
  94. Paul W. Schroeder: Embedded counterfactuals and World War I as an unavoidable war. In: Paul W. Schroeder, David Wetzel, Robert Jervis: Systems, Stability, and Statecraft: Essays on the International History of Modern Europe. Palgrave MacMillan, Basingstoke 2004, ISBN 1-4039-6358-4, S. 159 f.
  95. Christopher Clark: Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013.
  96. Interview mit Christopher Clark: Der Griff nach der Weltmacht. In: Die Zeit. 12. September 2013, S. 22.
  97. Sidney B. Fay: The Origins of the World War. Band 2, New York 1966, S. 552 ff. (Artikel von 1920 in Buchform).
  98. Fischer Weltgeschichte, R.A.C. Parker: Europa 1918 bis 1945. 1967/1985, S. 10.
  99. Charles Beard: Heroes and Villains of the World War. In: Current History. Nr. 24, 1926; Harry Elmer Barnes: The Genesis of the World War: An Introduction to the Problem of War Guilt. New York, 1929, S. 641.
  100. Deborah Lipstadt: Denying the Holocaust – The Growing Assault on Truth and Memory. Penguin, 1993, 2. Kapitel: The Antecedents: History, Conspiracy, and Fantasy. S. 31 ff.
  101. Igor W. Bestuschew: Die russische Außenpolitik von Februar bis Juni 1914. In: Kriegsausbruch 1914. (= Journal of Contemporary History. Heft 3). Nymphenburger Verlagshandlung, München 1967, S. 150 f.
  102. Bestuschew: Die russische Außenpolitik von Februar bis Juni 1914. 1967, S. 151.
  103. Reinhold Zilch: Die Reichsbank und die finanzielle Kriegsvorbereitung von 1907 bis 1914. Akademie-Verlag, Berlin 1987, ISBN 3-05-000243-3, S. 79.
  104. Willibald Gutsche: Die Außenpolitik des Kaiserreichs in der Geschichtsschreibung der DDR. In: Gregor Schöllgen: Flucht in den Krieg? Die Außenpolitik des kaiserlichen Deutschland. WBG Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1991, ISBN 3-534-80130-X, S. 84.
  105. Imanuel Geiss: Sozialstruktur und imperialistische Dispositionen im Zweiten Deutschen Kaiserreich. In: Das Deutsche Reich und die Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs. S. 28–52.
  106. Michaela Vocelka, Karl Vocelka: Franz Joseph I. Kaiser von Österreich und König von Ungarn. Beck, München 2015, ISBN 978-3-406-68286-5, S. 273.
  107. Annika Mombauer: Die Julikrise – Europas Weg in den Ersten Weltkrieg. 2014, S. 33.
  108. Annika Mombauer: Die Julikrise – Europas Weg in den Ersten Weltkrieg. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-66108-2, S. 39.
  109. H. Rössler u. a.: Sachwörterbuch zur deutschen Geschichte. 1958, S. 1105.
  110. Annika Mombauer: Die Julikrise – Europas Weg in den Ersten Weltkrieg. 2014, S. 117.
  111. Laura Rathmanner: Die Reparationskommission nach dem Staatsvertrag von St. Germain BRGÖ 2016, S. 74–98.
  112. Wolfgang J. Mommsen: Der Erste Weltkrieg. Anfang vom Ende des bürgerlichen Zeitalters. Fischer, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-596-15773-0, S. 118.
  113. Wolfgang J. Mommsen: Der autoritäre Nationalstaat. Fischer, Frankfurt am Main 1990, S. 211.
  114. Bruno Thoß: Der Erste Weltkrieg als Ereignis und Erlebnis. 1997, S. 1021.
  115. Wolfgang J. Mommsen: Das Zeitalter des Imperialismus. In: Fischer Weltgeschichte, Band 28. 22. Auflage. Fischer, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-596-60028-6, S. 284–287.
  116. Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte 1866–1918. Band 2, Beck, München 1992, S. 696 f.
  117. Jürgen Kocka: Entfernung und Einsicht. Weltkriegsforschung im Wandel (Memento vom 23. Juli 2007 im Internet Archive), S. 8 und 11 (PDF; 1,8 MB).
  118. G. Hirschfeld u. a.: Enzyklopädie Erster Weltkrieg. 2003, Stichwort Kriegsschuldfrage
  119. Christoph Cornelißen: „Oh! What a Lovely War!“ Zum Forschungsertrag und zu den Tendenzen ausgewählter Neuerscheinungen über den Ersten Weltkrieg. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 65, 2014, S. 272–279.
  120. Jörn Leonhard: Die Büchse der Pandora. Geschichte des Ersten Weltkriegs. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-66191-4, S. 94 f.
  121. Gerd Krumeich: Juli 1914. Eine Bilanz. Mit einem Anhang: 50 Schlüsseldokumente zum Kriegsausbruch. Schöningh, Paderborn 2014, ISBN 978-3-506-77592-4, S. 184; John C.G. Röhl: Wilhelm II. Beck, München 2013, S. 9; Annika Mombauer: Die Julikrise. Europas Weg in den Ersten Weltkrieg, Beck, München 2014, S. 117.
  122. In: Michalka (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg. 1997.
  123. Volker Ackermann: Anne Lipp: Meinungslenkung im Krieg. Kriegserfahrungen deutscher Soldaten und ihre Deutung 1914–1918. Göttingen 2003 (Rezension). In: H-Soz-u-Kult, 13. Mai 2004.
  124. Volker Ackermann: Volker Berghahn: Der Erste Weltkrieg. München 2003 (Rezension). In: H-Soz-u-Kult, 13. Mai 2004.
  125. Vejas Gabriel Liulevicius: Der vergiftete Sieg. In: Stephan Burgdorff, Klaus Wiegrefe: Der 1. Weltkrieg. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2004, ISBN 3-421-05778-8, S. 216.
  126. John Horne, Alan Kramer: Deutsche Kriegsgreuel 1914. Die umstrittene Wahrheit. Hamburger Edition, Hamburg 2004, ISBN 3-930908-94-8.

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