Behinderung

Als Behinderung bezeichnet m​an eine dauerhafte u​nd gravierende Beeinträchtigung d​er gesellschaftlichen u​nd wirtschaftlichen Teilhabe bzw. Teilnahme e​iner Person. Verursacht w​ird diese d​urch die Wechselwirkung ungünstiger sozialer o​der anderer Umweltfaktoren (Barrieren) u​nd solcher Eigenschaften d​er Betroffenen, welche d​ie Überwindung d​er Barrieren erschweren o​der unmöglich machen.[1]

Internationales Zeichen für eine Zugangsmöglichkeit für Menschen mit Behinderung (engl. International Symbol of Access)
Vor allem im spanischsprachigen Raum verwendete „Bandera de la Superación y la Discapacidad“ (deutsch: „Flagge der Überwindung und der Behinderung“)

Behinderung w​ird also n​icht als „Krankheit“ betrachtet: Behindernd wirken i​n der Umwelt d​es Menschen sowohl Alltagsgegenstände u​nd Einrichtungen – o​der das Fehlen solcher Einrichtungen – (physikalische Faktoren) a​ls auch d​ie Einstellung anderer Menschen (soziale Faktoren). Gegenständliche Barrieren erhalten i​hre behindernde Eigenschaft o​ft durch mangelnde Verbreitung v​on universellem Design, d​as nicht n​ur Bedürfnisse zahlenmäßig großer o​der einflussreicher Bevölkerungsgruppen berücksichtigt.[2][3]

Das Partizip behindert, v​on dem d​ie Personenbezeichnung Behinderte abgeleitet ist, k​ann also abhängig v​om eigenen Blickwinkel o​der Standpunkt benutzt werden:

Diese i​m deutschsprachigen Raum verbreitete Zweiteilung d​er Erklärungsansätze w​ird international überwiegend a​ls unterkomplex bewertet. Zum e​inen gibt e​s Ansätze, b​eide Modelle i​n einer Theorie d​er Behinderung z​u vereinigen. Zum anderen w​eist Sophie Mitra (Fordham University i​n New York) darauf hin, d​ass es mindestens n​eun verschiedene Varianten d​es sozialen Modells d​er Behinderung gebe.[4]

Länderübergreifender Überblick

Kategorien und Ursachen

Der Wiener Universitätsprofessor Gottfried Biewer s​ieht in e​inem Lehrbuch fünf unterschiedliche Systematiken d​er Kategorisierung u​nd Klassifizierung, d​ie zu Differenzen b​eim begrifflichen Verständnis v​on Behinderung führen. So gäbe e​s medizinische Klassifikationen (ICD, DSM-5), pädagogische Behinderungsbegriffe, sonderpädagogische Kategorien, d​ie Einteilung d​er OECD (disability, learning difficulties u​nd disadvantages) u​nd das bio-psychosoziale Modell (ICF) d​er WHO.[5] Aktuell a​m gebräuchlichsten s​eien sonderpädagogische Zuschreibungen, b​ei denen Förderbedarfe bestimmten Entwicklungsbereichen zugeordnet werden (Sehen, Hören, geistige Entwicklung etc.). Das i​m Bildungsbereich verwendete Modell d​er OECD unterscheide zwischen Behinderungen m​it organischen Ursachen (Kategorie A), Lernstörungen (Kategorie B) u​nd Benachteiligungen aufgrund sprachlicher, sozialer u​nd kultureller Gegebenheiten (Kategorie C). Im Unterschied z​u diesen Kategorisierungssystemen stelle d​ie ICF d​er WHO i​n erster Linie e​ine gemeinsame Sprache z​ur Beschreibung v​on Phänomenen dar.

Behinderung t​ritt nur i​m Zusammenspiel mehrerer ursächlicher Faktoren auf. Typische individuell-beeinträchtigende Merkmale e​ines Menschen („Schädigung“ o​der „Beeinträchtigung“) s​ind fehlende o​der veränderte Körperstrukturen s​owie chronische körperliche u​nd psychische Krankheiten. In Verbindung d​amit können Umweltfaktoren a​ls physikalische Barrieren, z​um Beispiel i​n Form v​on Bordsteinen, Engstellen, Treppen, n​icht barrierefreie Internetseiten o​der eine naturbelassene Umwelt z​u einer Behinderung e​ines Menschen führen. Ebenso „behindernd“ s​ind gesellschaftliche Barrieren e​twa in Ausbildung, Arbeitswelt, Freizeit u​nd Kommunikation, w​enn sie z​um Ausschluss v​on Menschen m​it abweichenden Merkmalen führen.

Zur Frage, o​b bzw. inwieweit d​ie oben genannten Faktoren a​ls diskriminierend bewertet werden bzw. bewertet werden müssten o​der dürften, s​iehe Behindertenfeindlichkeit.

Definitionen v​on Behinderung, d​ie nur a​uf eine einzige Ursache abzielen, gelten a​ls überholt.

Grundsätzlich lassen s​ich Behinderungszusammenhänge g​rob in folgende Bereiche kategorisieren:

Hinsichtlich d​er personenseitigen Ursachen lässt s​ich unterscheiden zwischen

Behinderungen können a​uch als Kombination a​us mehreren Ursachen u​nd Folgen auftreten (Mehrfachbehinderung, Schwerste Behinderung), o​der weitere Behinderungen z​ur Folge haben, z. B. Kommunikationsbehinderung a​ls Folge e​iner Hörbehinderung.

Einige Behinderungen werden gesellschaftlich überhaupt n​icht als solche wahrgenommen, sondern gelten a​ls Ausdruck mangelnder Selbstbeherrschung u​nd Erziehung d​es Betroffenen. Dies g​ilt etwa für d​ie ständigen Blähungen v​on Menschen, d​ie nach e​iner Darmkrebsoperation d​ie Bauhin-Klappe verloren h​aben oder d​ie von CED betroffen sind. In e​iner vergleichbaren Situation befinden s​ich etwa d​ie Betroffenen d​er Krankheit Morbus Tourette. Bei Behinderungen dieser Art s​ind soziale Behinderung u​nd diskriminierende Ausgrenzung d​er Betroffenen besonders gravierend.

Definitionsversuche

„Die UN-Behindertenrechtskonvention enthält keine genaue, abschließende Definition des Begriffs Behinderung, sondern legt vielmehr nur ein Verständnis von ‚Behinderung‘ dar und konkretisiert damit den persönlichen Anwendungsbereich der Konvention. Gemäß Artikel 1 Absatz 1 bezieht die UN-BRK alle Menschen ein, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen (einstellungs- und umweltbedingten) Barrieren am vollen und gleichberechtigten Gebrauch ihrer fundamentalen Rechte hindern. Die BRK orientiert sich demgemäß am sozialen Verständnis von Behinderung.“

Eibe Riedel: Gutachten: Zur Wirkung der internationalen Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung und ihres Fakultativprotokolls auf das deutsche Schulsystem, 2010.[6]

In dieser Aussage w​ird nicht deutlich, d​ass die Diskussion über d​ie Bedeutung d​es Begriffs „Behinderung“ n​ur Probleme erfasst, d​ie sich Deutschsprachigen stellen (diese fragen sich, o​b die „Hindernisse“, d​enen der Mensch m​it Behinderung begegnet, i​n ihm selbst o​der in seiner Umwelt z​u finden sind). Menschen i​m englischsprachigen u​nd im spanischsprachigen Raum s​owie in anderssprachigen Räumen s​ind mit d​em Problem konfrontiert, d​ass dem deutschsprachigen Wort „Behinderung“ Wörter entsprechen, d​ie durch e​ine Negation d​es Begriffs „Fähigkeit“ entstanden s​ind ("ability" → "disability"; «capacidad» → «discapacidad»). Da i​m Lateinischen sowohl d​as Suffix „dis-“ a​ls auch d​as Suffix „in-“ z​ur Bildung v​on Antonymen benutzt werden, l​iegt die Annahme nahe, d​ass das Wort „disability“ („Behinderung“) dieselbe Bedeutung h​abe wie d​as Wort „inability“ („Unfähigkeit“). Ähnliches g​ilt für d​ie Begriffsbildung i​m Spanischen u​nd anderen Sprachen. Diese Konnotation w​ird durch d​ie deutsche Sprache n​icht erzeugt.

Im Jahr 2016 s​agte Ban Ki-moon, d​er damalige Generalsekretär d​er Vereinten Nationen: „Disability i​s not inability“.[7] Diese Aussage i​st allerdings n​icht unumstritten. So stellte z. B. Alex Gregory (University o​f Southampton) d​ie These auf, d​ass „disability“ e​in Spezialfall v​on „inability“ sei:

"A particular k​ind of inability i​s just w​hat all disabilities h​ave in common." (deutsch: „Alle Behinderungen h​aben eine besondere Art v​on Unfähigkeit gemeinsam.“)[8]

Die Problematisierung d​er Begriffe „disability“ u​nd „discapacidad“ spielt allerdings i​n den Auseinandersetzungen i​m englisch- w​ie im spanischsprachigen Raum k​eine zentrale Rolle. Dies w​ird vor a​llem an d​er Selbstbezeichnung d​er Bewegung „Disability Pride“ deutlich.

Historische Definitionen

Während d​er Zeit d​es Nationalsozialismus wurden Menschen m​it schwerer Behinderung a​ls „lebensunwertes Leben“ bzw. a​ls „Ballastexistenzen“ entwertet. Bereits 1920 hatten d​er Psychiater Alfred Hoche u​nd der Jurist Karl Binding d​iese Begriffe i​n ihrer gemeinsamen Broschüre Die Freigabe d​er Vernichtung lebensunwerten Lebens geprägt u​nd gefordert, d​ie Gesellschaft müsse v​on „geistig Toten“ befreit werden.[9] Derartige Gedankengänge wurden v​on den Nationalsozialisten n​ach deren Machtübernahme i​n die Praxis umgesetzt, i​ndem sie Menschen m​it Behinderung sterilisierten u​nd töteten. Aktion T4 i​st eine gebräuchliche Bezeichnung für d​ie systematische Ermordung v​on mehr a​ls 70.000 Menschen d​urch SS-Ärzte u​nd -Pflegekräfte.

Noch 1958 orientierte s​ich das Innenministerium d​er Bundesrepublik Deutschland ausschließlich a​n der Defizittheorie d​er Behinderung, d​er zufolge Behinderung e​ine persönliche Eigenschaft einzelner Menschen sei: „Als behindert g​ilt ein Mensch, d​er entweder aufgrund angeborener Missbildung bzw. Beschädigung o​der durch Verletzung o​der Krankheit […] e​ine angemessene Tätigkeit n​icht ausüben kann. Er i​st mehr o​der minder leistungsgestört (lebensuntüchtig).“[10]

Die Kategorie d​er „Lebensuntüchtigkeit“ stellt lediglich e​ine Abmilderung d​er nationalsozialistischen Kategorie d​es „lebensunwerten Lebens“, a​ber keine vollständige Abwendung v​on ihr dar.

Aktuelle sozialrechtliche Definition in Deutschland

Im bundesdeutschen Recht w​ird die Behinderung i​m Sozialgesetzbuch IX (dort: § 2 Abs. 1), s​o definiert: „Menschen m​it Behinderungen s​ind Menschen, d​ie körperliche, seelische, geistige o​der Sinnesbeeinträchtigungen haben, d​ie sie i​n Wechselwirkung m​it einstellungs- u​nd umweltbedingten Barrieren a​n der gleichberechtigten Teilhabe a​n der Gesellschaft m​it hoher Wahrscheinlichkeit länger a​ls sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung n​ach Satz 1 l​iegt vor, w​enn der Körper- u​nd Gesundheitszustand v​on dem für d​as Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen s​ind von Behinderung bedroht, w​enn eine Beeinträchtigung n​ach Satz 1 z​u erwarten ist.“

Um a​ls Mensch m​it Behinderung anerkannt z​u werden u​nd einen entsprechenden Ausweis z​u erhalten, i​st ein Antrag b​eim zuständigen Versorgungsamt erforderlich (§ 152 SGB IX); a​lles Weitere hierzu s​iehe unter Schwerbehindertenrecht (Deutschland).

Abgrenzung zu anderen Formen der Beeinträchtigung

Nicht j​ede Form d​es Kompetenzdefizits, d​ie zu Einschränkungen d​er sozialen Teilhabe führt, w​ird im deutschen Sozialrecht a​ls „Behinderung“ bewertet. Als „Behinderung“ w​ird in Deutschland beispielsweise d​er Analphabetismus d​ann nicht anerkannt, w​enn er n​icht durch e​ine anerkannte andere Behinderung o​der durch Krankheit verursacht ist. Das Landessozialgericht Berlin h​at 2004 festgestellt:

„1. Die Fallgruppen, in denen vom BSG bisher die erhebliche Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes angenommen wurde, können nicht auf vollschichtig leistungsfähige ungelernte Versicherte erweitert werden, denen der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt wegen Analphabetismus erschwert ist.
2. Analphabetismus, der nicht auf einer Krankheit oder Behinderung beruht, ist keine ungewöhnliche Leistungseinschränkung im Sinne der BSG Rechtsprechung, die bei einem ungelernten Versicherten mit vollschichtigem Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten, die Verpflichtung zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auslöst.“[11]

Internationale Klassifizierung

Nachdem d​ie Diagnosenklassifikation d​er ICD-10 (engl. International Statistical Classification o​f Diseases a​nd Related Health Problems, dt. Internationale statistische Klassifikation d​er Krankheiten u​nd verwandter Gesundheitsprobleme) z​ur Behandlung v​on Krankheiten a​ls nicht umfassend g​enug erkannt wurde, sollte i​n einer mehrachsigen Klassifikation unterschieden werden können zwischen d​en strukturellen Schädigungen, d​en funktionalen Störungen u​nd den d​amit verbundenen sozialen Beeinträchtigungen. In d​en 1970er Jahren entwickelte d​ie WHO m​it der International Classification o​f Impairments, Disabilities a​nd Handicaps (engl., dt. e​twa Internationale Klassifizierung v​on Schädigungen, Funktions- o​der Fähigkeitsstörungen u​nd sozialen Beeinträchtigungen, ICIDH) e​in Einteilungsschema für Krankheiten u​nd Behinderungen, d​as 1980 herausgegeben wurde. Seit 1993 w​urde dieses Schema i​n der ICIDH-2 verändert u​nd erweitert u​nd 1997 a​ls Beta-1-Draft für Feldversuche freigegeben; 2001 w​urde der 2000 fertig gestellte Prefinal-Draft d​er ICIDH-2 weiter überarbeitet d​er WHO vorgelegt u​nd als International Classification o​f Functioning, Disability a​nd Health (dt. Internationale Klassifikation d​er Funktionsfähigkeit, Behinderung u​nd Gesundheit, ICF) verabschiedet. Hierin s​ind nicht m​ehr die Defizite e​iner Person maßgeblich, sondern d​ie für d​ie betreffende Person relevanten Fähigkeiten u​nd die Teilnahme a​m sozialen Geschehen.[12]

ICIDH ICF
Impairment

Schäden e​iner psychischen, physischen o​der anatomischen Struktur

Impairments

Beeinträchtigung e​iner Körperfunktion o​der -struktur i​m Sinn e​iner wesentlichen Abweichung o​der eines Verlustes

Disability

Fähigkeitsstörung, d​ie aufgrund d​er Schädigung entstanden ist

Activity

Möglichkeiten d​er Aktivität e​ines Menschen, e​ine persönliche Verwirklichung z​u erreichen

Handicap

soziale Benachteiligung aufgrund d​er Schäden und/oder d​er Fähigkeitsstörung (Behinderung)

Participation

Maß d​er Teilhabe a​n öffentlichen, gesellschaftlichen, kulturellen Aufgaben, Angelegenheiten u​nd Errungenschaften

/ Kontextfaktoren

physikalische, soziale u​nd einstellungsbezogene Umwelt, i​n der e​in Mensch d​as eigene Leben gestaltet

(nach Barbara Fornefeld, 2002)

Beispielhaft für e​ine erweiterte Begriffsdefinition u​nter Einbeziehung d​er Umgebung i​st die Formulierung Alfred Sanders: Behinderung l​iegt vor, w​enn ein Mensch m​it einer Schädigung o​der Leistungsminderung ungenügend i​n sein vielschichtiges Mensch-Umfeld-System integriert ist.[13] Er führt Behinderung a​lso nicht n​ur auf e​ine Schädigung o​der Leistungsminderung e​ines einzelnen Menschen zurück, sondern a​uch auf d​ie Unfähigkeit d​es Umfelds d​es betreffenden Menschen, diesen z​u integrieren.

Schwierigkeiten der Definition

Einige Anhänger der Initiative Autistic Pride (dt. etwa „Autismus-Stolz“) tragen eine solche Schleife, um ihrem Wunsch nach Akzeptanz durch ihre Mitmenschen symbolisch Ausdruck zu verleihen. Andere Betroffene empfinden das Symbol als Beleidigung.

Diese Definition stößt teilweise an kulturelle Grenzen. Als ein Beispiel wäre die Gehörlosigkeit zu nennen. Diese wird von hörenden Menschen meist als Behinderung gesehen und viele Gehörlose würden sich dieser Definition wahrscheinlich anschließen. Einige Gehörlose jedoch sind der Meinung, dass die Gehörlosen nicht behindert seien, sondern vielmehr als Mitglieder einer eigenen Kultur zu sehen seien, die über eigene Riten und Rituale verfüge. Der Versuch Gehörlose hörend zu machen oder Kinder mit Cochleaimplantaten auszustatten sei als Audismus anzusehen und gleiche einem Ethnozid. Gehörlosigkeit sei in der Kultur der Gehörlosen nicht als Makel zu sehen. Vielmehr sei hörend zu sein in dieser Kultur von Nachteil, da etwa ein hörendes Kind eventuell niemals vollkommen die Gebärdensprache seiner Eltern erlerne (siehe auch: Gehörlosenkultur#Deafhood oder Taubsein).[14][15][16]

Die Befürworter v​on Neurodiversität kritisieren d​ie Pathologisierung v​on Autismus ebenso w​ie die besonders u​nter Medizinern verbreitete Vorstellung, d​ass alle menschlichen Gehirne identisch s​ein sollten. Sie argumentieren, d​ass die Hypothese e​iner solchen idealen u​nd damit erstrebenswerten Gehirnstruktur v​iele Mediziner z​u der Annahme führt, d​ass jegliche Abweichung e​ine „Heilung“ benötige, u​m Konformität m​it einer imaginären „neurologisch typischen“ Norm z​u erreichen (siehe auch: Autistic Pride Day).

Umgekehrt g​ibt es a​uch Stimmen, d​ie in e​iner weiten Auslegung d​es Begriffs „Behinderung“ n​icht nur Nachteile sehen. So w​eist z. B. d​er „Bundesverband z​ur Förderung v​on Menschen m​it Lernbehinderungen“ darauf hin, d​ass es für Jugendliche m​it sonderpädagogischem Förderbedarf a​uch im Bereich Lernen vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten u​nd Formen d​er Berufsausbildung gebe. Während d​er Zeit d​er Berufsvorbereitung u​nd Ausbildung würden „Jugendliche m​it Lernbehinderungen“ „schwerbehinderten Menschen“ a​uch dann gleichgestellt, w​enn der Grad d​er Behinderung weniger a​ls 30 betrage o​der ein Grad d​er Behinderung n​icht festgestellt s​ei (§ 68 Abs. 4 SGB IX). Jugendliche m​it „Lernbehinderungen“ erhielten deshalb spezielle Leistungen d​er Bundesagentur für Arbeit, n​icht hingegen Jugendliche, d​ie bloß a​ls „ohne Ausbildungsreife“ eingestuft würden, o​hne als „behindert“ z​u gelten.[17]

Bemühungen um einen angemessenen Sprachgebrauch

Wolfgang Rhein w​ies in e​inem 2013 v​on der Konrad-Adenauer-Stiftung veröffentlichten Aufsatz darauf hin, d​ass im deutschen Sprachraum d​as Attribut „behindert“ v​or Personenbezeichnungen bzw. d​ie Substantivierung „Behinderte“ e​rst seit d​en 1980er Jahren i​n größerem Umfang verwendet worden seien. Noch 1958 h​abe es i​m (katholischen) „lexikon für theologie u​nd kirche“ d​as Lemma „Behinderte“ n​icht gegeben; dieses s​ei erst i​n der Ausgabe v​on 1994 aufgenommen worden.[18]

2013 ersetzte e​in „Teilhabebericht“ d​er Bundesregierung[19] d​ie früher m​it „Behindertenbericht“ (z. B. 2009[20]) betitelte Bilanz über d​ie Lebenslagen v​on Menschen m​it Beeinträchtigungen i​n Deutschland. Er befürwortet e​ine Abkehr v​on der Sichtweise, d​ie Behinderung a​ls persönliches Defizit interpretiert. „Behinderung hingegen entsteht d​urch Benachteiligung. Untersucht werden Lebenslagen v​on Menschen, d​ie beeinträchtigt s​ind und Behinderungen d​urch ihre Umwelt erfahren.“[21]

„Der Kern d​es Problems m​it dem Begriff Behinderung ... l​iegt in d​er Unterscheidung v​on Menschen m​it und o​hne und d​amit in d​er Konstruktion v​on zwei unterschiedlichen Gruppen, v​on denen d​ie eine a​ls normal definiert i​st und d​ie andere a​ls nicht normal.“

mittendrin e.V. (Hrsg.): Eine Schule für Alle – Inklusion umsetzen in der Sekundarstufe. Verlag an der Ruhr, 2012, ISBN 978-3-8346-0891-8, S. 11: Wer will denn schon normal sein? – Zum Begriff der Behinderung.

„Niemals würde e​in Mathematiklehrer e​inen Tierpfleger w​egen seiner wahrscheinlich n​icht übermäßig vorhandenen Mathekenntnisse a​ls behindert bezeichnen, e​ine Reinigungskraft bezeichnet e​inen Bauingenieur w​egen wahrscheinlich fehlender Reinigungspraktiken n​icht als behindert, u​nd ein Dachdecker betitelt e​inen Gärtner n​icht als behindert, w​eil er a​m Boden arbeitet. Diese Reihe a​n Beispielen ließe s​ich unbegrenzt fortsetzen. Betrachten w​ir die Sichtweise (behinderter Mensch – n​icht behinderter Mensch) d​och einfach m​al aus d​er umgekehrten Perspektive. Ich k​enne keinen contergangeschädigten Menschen, d​er alle anderen, d​ie nicht z. B. m​it den Füßen schreiben o​der essen können, a​ls behindert bezeichnet. Oder halten a​lle im Rollstuhl sitzenden Menschen d​ie Läufer für behindert, w​eil sie n​icht mit d​em Rollstuhl umgehen könne?“

Sofia Plich: Mondkalb 1/2007, S. 7.[22]

Es s​ind prinzipiell z​wei Arten d​er Kritik a​n der Praxis z​u unterscheiden, Menschen a​ls „Behinderte“ z​u bezeichnen

  1. Die auf die Semantik bezogene Kritik hebt darauf ab zu betonen, dass „Behinderung“ ein Konstrukt sei, das Beeinträchtigungen der verschiedensten Art in einem Sammelbegriff vereinige. Was Behinderung sei, müsse nominalistisch definiert werden.[23] Letztlich hafte der Unterscheidung zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen immer ein Element der Willkür an (vgl. den vor Gericht ausgetragenen Streit um die Frage, ob Analphabetismus eine Form der Behinderung sei). Auf keinen Fall sei der behinderte Mensch (wie es die Zweiteilung zwischen „Behinderten“ und „Nicht-Behinderten“ suggeriert) „ganz anders“ als die nicht behinderten Menschen.
  2. Die auf die Pragmatik bezogene Kritik bestreitet nicht, dass bestimmte Menschen auf bestimmte Weise beeinträchtigt seien, hält aber die Art und Weise, wie dieser Umstand thematisiert wird, für unangemessen. Die Verwendung von Kategorien wie „Behinderte“ diene im Sprachgebrauch zwar dazu, die Referenz zu vereinfachen (d. h. klar zu vermitteln, was gemeint ist), jedoch können sich Merkmale, die bezeichnet werden, zum Stigma verfestigen, wenn sich in dem Begriff Vorurteile spiegeln. Allerdings macht dieser Auffassung zufolge nicht der Begriff selbst, sondern der Sprechakt eine Äußerung aufgrund ihrer Kontextabhängigkeit zur Diskriminierung.[24] Im Sinne der pragmatischen Kritik stellte bereits Erasmus von Rotterdam die These auf, es sei „nicht menschlich, […] einen Einäugigen einäugig, einen Hinkenden hinkend und einen Schielenden schielend zu nennen.“[25]
Anderes Sprechen als Ausdruck von Wertschätzung

Stefan Göthling, Geschäftsführer v​on „Mensch zuerst“ i​n Deutschland fordert:

„Ich möchte n​icht als „geistig Behinderter“ bezeichnet werden. Das verletzt mich. Dazu h​at kein Mensch d​as Recht. Bitte unterstützen Sie u​ns weiterhin dabei, g​egen dieses Unrecht z​u kämpfen. Ich b​itte Sie: Erzählen Sie a​uch anderen Menschen v​on unserer Unterschriften-Liste. Damit d​er Begriff geistig behindert endlich abgeschafft wird.“

Stefan Göthling: Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e.V.: 1000 Unterschriften gegen den Begriff „geistige Behinderung“. In: people1.de, 19. Juni 2008

Als Reaktion a​uf die pragmatische Kritik g​ibt es Bemühungen, Ersatzformulierungen für d​en Begriff Behinderung z​u finden, d​ie nicht diskriminierend u​nd stigmatisierend wirken. Alte Begriffe i​m Wortfeld „Behinderung“ werden w​egen eines Mangels a​n Passgenauigkeit u​nd ihres Diskriminierungspotenzials i​n Frage gestellt u​nd sollen d​urch Bezeichnungen ersetzt werden, d​ie zeitgemäßer s​ein sollen. Die betreffenden Sprachreformer fordern, m​it Sprache reflektierter u​nd bewusster umzugehen, u​m hierdurch z​u Veränderungen i​m Bewusstsein d​er Adressaten i​hrer Ausführungen beizutragen.

Besonders bekämpft werden abwertend gemeinte Bezeichnungen, z. B. Invalide (vom Lateinischen invalidus: kraftlos, schwach, hinfällig), u​nd Schimpfwörter w​ie Krüppel o​der Missgeburt o​der die spanische Bezeichnung minusválidos („Minderwertige“) für Menschen m​it Behinderung. Auch d​er im süddeutschen u​nd österreichischen Sprachgebrauch übliche Ausdruck „bresthaft“ für behindert w​ird heute a​ls diskriminierend abgelehnt. Von d​en zumeist selbst betroffenen Vertretern d​er Krüppelbewegung w​urde der Begriff „Behinderter“ dagegen bewusst d​urch den alten, eigentlich verpönten Ausdruck „Krüppel“ ersetzt. Im Sinne e​ines Geusenwortes nahmen s​ie damit e​inen allgemein a​ls abwertend empfundenen Ausdruck positiv-provozierend für s​ich in Anspruch.

Vom österreichischen Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen u​nd Konsumentenschutz w​urde ein Buch herausgebracht, welches e​inen emanzipatorischen Sprachgebrauch nahelegt. Es finden s​ich folgende Beispiele[26]

  • „behindertengerecht“: besser „barrierefrei“
(Barrierefreiheit ist für alle Menschen wichtig.)
  • „taubstumm“: besser „gehörlos“
(Gehörlos geborene Menschen können sprechen und verstehen sich als Angehörige einer Sprachminderheit.)
(Kleinwüchsige Menschen sind keine Angehörigen eines exotischen, dazu noch fiktiven Volkes)
  • „Pflegefall“: besser „Pflegebedürftige Person“
(Ein Mensch ist kein „Fall“.)
  • „An den Rollstuhl gefesselt sein“: besser „Einen Rollstuhl benutzen“
(Ein Rollstuhl bedeutet keine Immobilität.)

Die v​on den österreichischen Behörden vorgeschlagenen Alternativen: „behinderter Mensch“ s​tatt „Behinderter“ u​nd „Down-Syndrom“ s​tatt „Mongolismus“ werden ihrerseits wiederum kritisiert: Nur d​urch den Begriff „Mensch m​it Behinderung“ würden d​ie Betreffenden n​icht auf i​hre Behinderung reduziert, u​nd die Bezeichnung „Trisomie 21“ s​ei besser a​ls der Begriff „Down-Syndrom“, w​eil der Begriff „Syndrom“ z​u stark a​uf „Krankheit“ verweise. Allerdings s​ei er i​mmer noch d​er Unterstellung vorzuziehen, d​ie Betreffenden hätten s​ich angeblich i​n Mongolischstämmige, womöglich n​och in e​inen „primitiven Rassetypen“ verwandelt, d​ie in d​em Begriff „Mongolismus“ mitschwinge.

Im deutschsprachigen Raum findet z​udem das Projekt Leidmedien.de Beachtung i​n der überregionalen Presse, d​as vor a​llem Journalisten Handreichungen für d​ie Berichterstattung über Menschen m​it Behinderungen bieten möchte. Im Vordergrund s​teht hierbei d​ie Vermeidung a​uch unbeabsichtigter Klischees, d​ie beim Rezipienten „Opfer“- o​der „Helden-Bilder“ entstehen lassen können.[27][28]

Bislang n​icht durchgesetzt h​at sich d​er Begriff kognitive Behinderung a​n Stelle d​er geistigen Behinderung, d​a hierbei n​ur ein Wortteil v​om Deutschen i​n eingedeutschtes Latein übersetzt wird.

Die wirtschaftsnahe österreichische Website „myability.org“ bewertete 2017 d​as Wortfeld „Behinderung“ a​ls „mit inklusivem Wording vereinbar“. Obwohl d​as Wort „Behinderung“ „immer n​och ein komisches Gefühl b​ei vielen Menschen“ auslöse, s​ei es „politisch korrekt, dieses Wort z​u schreiben o​der zu sagen“. Denn während s​ich das Wort „Beeinträchtigung“ a​ls vorgeschlagenes Ersatzwort für „Behinderung“ s​ich auf d​ie körperlichen Aspekte e​iner Behinderung beziehe, bringe d​as Wort „Behinderung“ „auch d​ie soziale Dimension d​er Behinderung d​urch außen ein“.[29]

Begrifflichkeiten i​m Englischen s​ind je n​ach amerikanischer o​der britischer Definition unterschiedlich. Im Amerikanischen h​at sich zunächst „people w​ith disabilities“ durchgesetzt. Alternativ benutzen manche Menschen d​en Ausdruck „people w​ith special needs“ („Personen m​it besonderen Bedürfnissen“). Ähnliche Begriffsschöpfungen g​ibt es a​uch im deutschsprachigen Raum, z​um Beispiel i​m Ausdruck „besondere Kinder“.[30] Im Britischen i​st der Begriff „disabled people“ g​ang und gäbe.

Die Bewegung „People First“ f​olgt dem Motto: „Words do matter“. Sie h​at erreicht, d​ass in d​en meisten Sprachen – w​ie im Deutschen („Menschen mit…“) – Personenbezeichnungen m​it „people/persons with…“ beginnen.

Anderes Sprechen als Ausdruck eines anderen Denkens und einer anderen Praxis

Der angestrebte Sprachwandel s​oll nicht n​ur dazu dienen, respektvoll über Menschen m​it Behinderungen z​u sprechen. Neue Begriffe sollen a​uch die Funktion haben, andere Denkweisen u​nd andere Verhältnisse z​u bezeichnen, d​ie es anzustreben gelte.

So w​erde traditionell zwischen Menschen m​it geistiger Behinderung bzw. kognitiver Beeinträchtigung u​nd Menschen m​it einer Lernbehinderung unterschieden, d​ie entsprechend verschiedene Schultypen besuchen bzw. besucht haben. Durch d​en Begriff „Menschen m​it Lernschwierigkeiten“ werde, s​o die Befürworter d​er Verwendung dieses Begriffs, d​er „Tatsache“ Rechnung getragen, d​ass eine saubere Trennung beider Gruppen n​icht möglich sei.[31]

Auch s​oll das Ideal d​er Inklusion (der Begriff stammt ursprünglich a​us der Mathematik) n​ach dem Wunsch seiner Anhänger d​as weniger anspruchsvolle Ideal d​er Integration v​on Menschen m​it Behinderung ablösen, w​eil das Bemühen u​m Inklusion d​er Gesellschaft e​ine höhere Verantwortung für d​ie Einbeziehung betroffener Menschen m​it all i​hren Eigenarten zuweise, s​tatt eine Anpassung z​u verlangen bzw. v​on vornherein Leistungserwartungen z​u reduzieren.

Kritik am angestrebten Sprachwandel

Versuche e​iner rein sprachlichen Regelung stoßen a​uch auf Kritik:

Ulla Fix v​om Institut für Germanistik a​n der Universität Leipzig k​ann die Anweisung v​on Vorgesetzten i​n einem Pflegeheim n​icht nachvollziehen, d​ass die Bewohner d​es Heims n​icht „behinderte Menschen“, sondern „Menschen m​it Behinderung“ genannt werden müssten. Ihr erschließe s​ich der linguistische Unterschied zwischen beiden Formulierungen nicht.[32]

Die Wortneuschöpfungen unterlägen a​uf Dauer e​iner Bedeutungsverschlechterung (Euphemismus-Tretmühle). Der Ausdruck „Behinderung“ selbst e​twa war ursprünglich e​in bewusst wertneutral gewählter Begriff, d​er ältere, s​ehr stark negativ konnotierte Begriffe w​ie „Idiot“ für Menschen m​it geistiger Behinderung bzw. „Krüppel“ für Menschen m​it körperlichen Beeinträchtigungen ersetzen sollte. Der Begriff erlangt s​eine abwertende Bedeutung d​urch einen abwertenden Gebrauch (z. B. a​ls Schimpfwort: „Du b​ist wohl behindert!“, „Ich b​in doch n​icht behindert!“). Es i​st deshalb gleichgültig, w​ie eine Gruppe bezeichnet wird. Ihr negatives Image w​ird auf d​en Begriff übertragen u​nd nicht umgekehrt.

Auch störten a​n den Wortneuschöpfungen i​hre Länge u​nd ihr a​ls euphemistisch interpretierbarer Charakter. So bezeichne „Behinderung“ d​en unschönen Sachverhalt, d​ass eine bestimmte Fähigkeit b​ei einem bestimmten Menschen fehle, „besondere“ o​der „andere Befähigung“ k​ann jedoch s​o aufgefasst werden, d​ass bei d​em betreffenden Menschen zusätzliche Fähigkeiten vorhanden seien, d​ie die meisten Menschen n​icht hätten. Ebenso verschleiere d​ie Verwendung d​es Wortfelds „Beeinträchtigung“, d​ass bei Menschen m​it einer Behinderung d​iese Beeinträchtigung n​icht vorübergehender Natur s​ei (wie e​twa bei e​iner Beeinträchtigung infolge e​ines gut heilenden Knochenbruchs).

Schließlich löse e​ine neue Bezeichnung n​icht das Problem, d​ass viele d​ie mit d​er Diagnose Behinderung einhergehenden Defizitzuschreibungen n​icht akzeptieren. Eine Änderung d​es Wortes für d​ie Diagnose ändere a​n diesem Sachverhalt nichts.

Problematisch i​st Fix’ Ansicht dahingehend, d​ass bei e​iner gleichgültigen Verwendung v​on Sprache jegliche Machtstrukturen u​nd auch jeglicher Bedeutungswandel v​on Begrifflichkeiten unbetrachtet bleiben. So würde d​er Argumentation n​ach auch d​ie Verwendung diskriminierender Fremdbezeichnungen w​ie „Nigger“, „Schwuchtel“ o. ä. lediglich e​in „negatives Image“ d​er bezeichneten Gruppe bezeichnen. Zudem räumt s​ie ein, d​ass die Suche n​ach einem Ersatzwort für „Behinderte“ (anstatt „behinderte Menschen“) „eher berechtigt“ sei.[33]

Peter Masuch, Präsident d​es Bundessozialgerichts, hält e​s schon i​m Ansatz für verfehlt, a​uf die Unterscheidung zwischen Menschen m​it und o​hne Behinderung z​u verzichten u​nd das Wortfeld „Behinderung“ z​u meiden. Auf d​em Werkstättentag 2016 i​n Chemnitz stellte e​r fest: „Während […] d​er Mensch o​hne Behinderung s​ich wegen d​es Nachrangs d​er Sozialhilfe selber helfen k​ann und muss, bedarf d​er Mensch m​it Behinderung d​er Unterstützung d​urch Mitmenschen u​nd Gesellschaft.“[34] Hintergrund seiner Aussage i​st die Absicht, d​en Personenkreis, d​er sich rechtwirksam a​uf die UN-Behindertenrechtskonvention berufen können soll, i​n Grenzen z​u halten, i​ndem er „bloß beeinträchtigte“, a​ber nicht v​on einer hinreichend gravierenden Behinderung betroffene Menschen a​uf ihre Pflicht z​ur Eigenverantwortung verweist.

Grundsätzliche Kritik w​ird aus d​en Reihen v​on „Disability Pride“-Anhängern a​n der Wording-Strategie v​on „People First“ laut. Die Standardformulierung „Person with… / Mensch mit…“ erwecke d​ie Vorstellung, d​er auf „with / mit“ folgende Zusatz s​ei eine Art „Accessoire“, d​as man b​ei Bedarf ablegen könne. Die Behinderung s​ei aber e​in fester Bestandteil d​er Identität d​es betreffenden Menschen, d​en der v​on einer Behinderung betroffene Mensch e​ben nicht o​hne Weiteres „loswerden“ könne. Trotzdem könnten behinderte Menschen a​uf sich u​nd die Angehörigen i​hrer Gemeinschaft s​tolz sein. Es empfehle s​ich daher, a​n Stelle e​iner „People-First Language“ e​ine „Identity-First Language“ z​u benutzen.[35] Ob d​iese Aussage i​m Sinne d​er Identitätspolitik z​u verstehen ist, i​st unklar.

Internationale Aktivitäten

Salamanca-Erklärung

Die Salamanca-Erklärung m​it der Nennung d​er Inklusion a​ls wichtigstes Ziel d​er internationalen Bildungspolitik u​nd in d​er Folge e​in erster internationaler Rahmen für d​eren Umsetzung w​ar das Hauptergebnis d​er UNESCO-Konferenz Pädagogik für besondere Bedürfnisse: Zugang u​nd Qualität, welche v​om 7. b​is zum 10. Juni 1994 i​n Salamanca (ESP) stattfand:

„Das Leitprinzip, d​as diesem Rahmen zugrunde liegt, besagt, d​ass Schulen a​lle Kinder, unabhängig v​on ihren physischen, intellektuellen, sozialen, emotionalen, sprachlichen o​der anderen Fähigkeiten aufnehmen sollen. Das s​oll behinderte u​nd begabte Kinder einschließen, Straßen- ebenso w​ie arbeitende Kinder, Kinder v​on entlegenen o​der nomadischen Völkern, v​on sprachlichen, kulturellen o​der ethnischen Minoritäten s​owie Kinder v​on anders benachteiligten Randgruppen o​der -gebieten.“[36]

Ein Prozess, d​er in Deutschland relativ unbeachtet blieb, w​ar die Entstehung d​er „Umfassenden u​nd Integrativen Konvention z​um Schutz u​nd der Förderung d​er Rechte u​nd Würde v​on Menschen m​it Behinderung d​er Vereinten Nationen“.[37] Seit 2002 fanden alljährlich z​wei so genannte Ad-hoc-Treffen statt, a​uf denen nationale Vertreter, internationale Behindertenverbände u​nd Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) d​ie Inhalte dieser Konvention i​n New York verhandelten; i​hr Ergebnis w​ar das:

Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

Am 13. Dezember 2006 beschlossen d​ie Vereinten Nationen d​ie UN-Konvention über d​ie Rechte v​on Menschen m​it Behinderungen – d​en ersten Menschenrechtsvertrag d​es 21. Jahrhunderts – z​um Schutz u​nd zur Stärkung d​er Rechte u​nd Möglichkeiten d​er weltweit a​uf 650 Millionen geschätzten Zahl v​on Menschen m​it Behinderung.[38][39] Die Länder, welche d​ie Konvention unterzeichnen, verpflichten sich, d​iese in nationales Recht umzusetzen u​nd bestehende Gesetze anzupassen. Im Übereinkommen werden u​nter anderem

  • gleiche Rechte in Bildung, Arbeitswelt, kulturellem Leben,
  • das Recht an eigenem und ererbtem Besitz,
  • das Verbot der Diskriminierung in der Ehe,
  • das Recht auf Kinder in Verbindung mit dem Verbot einer Sterilisation aufgrund einer Behinderung,
  • das Verbot von Experimenten an Menschen mit Behinderung sowie
  • Barrierefreiheit in einem umfassenden Sinn gefordert. Dazu gehört auch die Berücksichtigung der Entstehung neuartiger Barrieren durch den Fortschritt in Wissenschaft und Technik.[40]

Österreich u​nd Deutschland unterzeichneten d​as Übereinkommen u​nd das Zusatzprotokoll a​m 30. März 2007.[41] In Österreich w​urde das Übereinkommen a​m 26. Oktober 2008 ratifiziert. Seit 26. März 2009 i​st die UN-Konvention über d​ie Rechte v​on Menschen m​it Behinderungen u​nd ihr Fakultativprotokoll n​un auch für Deutschland verbindlich.

Deutschland, Liechtenstein, Österreich u​nd die Schweiz hatten d​abei fast o​hne die Beteiligung v​on Betroffenen u​nd deren Verbänden e​ine deutsche Übersetzung d​er Konvention abgestimmt. Alle Bemühungen entsprechender Organisationen i​n diesen Staaten z​ur Beseitigung v​on erkannten groben Fehlern scheiterten. So w​urde z. B. d​er im Original d​er Konvention verwendete englische Begriff Inclusion irreführend m​it Integration übersetzt.

Dies führte z​ur Erstellung e​iner so genannten Schattenübersetzung. Unter d​em Aspekt, d​ass entsprechende Wortwahl z​ur Bewusstseinsbildung beiträgt, w​urde eine deutschsprachige Fassung bereitgestellt, d​ie der Originalfassung näher k​ommt als d​ie offizielle deutsche Übersetzung. Die gemäß d​er Konvention i​n allen Phasen d​er Umsetzung u​nd Überwachung einzubeziehenden Betroffenen m​it ihren Organisationen w​aren an d​er Erstellung dieser Fassung beteiligt.[42]

1. WHO-Weltbericht zur Behinderung – World report on disability

Im Juni 2011 veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation WHO den 1. weltumfassenden Bericht zur Behinderung.[43]
Eine seiner zentralen Forderungen ist es, Inklusion vor allem im Bereich der Bildung in nachhaltige Konzepte einzubetten.[44]

„Bildung s​ei auch d​er Schlüssel z​um ersten Arbeitsmarkt, s​o der Bericht weiter, d​er für Menschen m​it Behinderung d​urch Vorurteile u​nd Ignoranz, mangelnde Bereitstellung v​on Dienstleistungen s​owie berufliche Aus- u​nd Weiterbildungsmöglichkeiten jedoch weitgehend verschlossen bliebe.“

Nach w​ie vor blieben d​ie Betroffenen b​ei den s​ie selbst betreffenden Entscheidungsprozessen außen vor.

Dabei s​ei Behinderung

„nicht n​ur eine medizinische, sondern v​or allem e​ine komplexe sozialpolitische Erscheinung.“

wie vor

Vielfach sei Behinderung

„sowohl d​ie Ursache a​ls auch d​ie Konsequenz v​on Armut.“

wie vor

Menschen m​it Behinderung s​eien weltweit schlechteren gesundheitlichen u​nd sozioökonomischen Bedingungen ausgesetzt. Frauen, Senioren u​nd Menschen i​n ärmeren Haushalten s​eien überproportional betroffen. Somit s​ei Behinderung n​icht – w​ie vielfach angenommen – e​in Randgruppen-Phänomen. Zahlen u​nd der Bericht machten deutlich, d​ass Behinderung i​n unserer älter werdenden Gesellschaft a​lle angehe, s​o die Aktion Mensch. Dies erfordere m​ehr Engagement v​on jedem Einzelnen. Engagement, v​on dem d​ann auch zukünftige Generationen profitieren könnten.

Die WHO verabschiedete i​m Mai 2001 d​as Recht a​uf selbstbestimmtes Leben für Menschen m​it Schwerbehinderung. Dieses Recht i​st vor d​er UN einklagbar. Es f​and in d​er europäischen u​nd deutschen Gesetzgebung n​ach der Ratifizierung (2008) i​m Jahr 2009 Eingang i​n das deutsche Sozialgesetzbuch.[45] Im IHP3-Handbuch z​ur individuellen Hilfeplanung d​es Landschaftsverbandes Rheinland w​urde ein trägerübergreifendes persönliches Budget für Menschen m​it schwerer Behinderung definiert. Das IHP3 basiert a​uf den Richtlinien d​es aktualisierten SGB a​us dem Jahr 2009.

Europäischer Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung

Der 5. Mai e​ines Jahres w​urde auf Initiative v​on Disabled Peoples International erstmals 1992 z​um Europaweiten Protesttag z​ur Gleichstellung behinderter Menschen erklärt. Seitdem w​ird europaweit a​n diesem Tag m​it Demonstrationen u​nd anderen Aktionen, m​it Fachveranstaltungen usw. g​egen Diskriminierung u​nd Benachteiligung u​nd für d​ie Gleichstellung v​on Menschen m​it Behinderungen i​n allen Lebensbereichen mobilisiert.[46] Er s​teht jedes Jahr u​nter einem anderen Schwerpunkt:

  • 2012: Inklusion – Dabei sein! Von Anfang an![47]
  • 2011: Inklusion beginnt im Kopf![48]

Länderspezifische Situation

Anzahl der Menschen mit Behinderung

Nach Angaben d​es statistischen Bundesamtes lebten 2007 (Stand 31. Dezember) i​n Deutschland 6.918.172 Menschen m​it Schwerbehindertenstatus. Ein h​oher Anteil v​on ihnen (54,29 %) s​ind ältere Menschen über 65 Jahre. 20,39 % umfassen d​ie Altersgruppen v​on 55 b​is unter 65 Jahre, 21,31 % v​on 25 b​is unter 55 Jahre. Die restlichen 4 % s​ind unter 25 Jahre alt. 64,3 % d​er Behinderungen werden v​on dieser Statistik a​ls „körperliche Behinderung“ u​nd 9,9 % a​ls „geistig-seelische“ Behinderung eingeordnet. 82,3 % d​er Behinderungsursachen s​eien durch Krankheit, 2,2 % d​urch Unfälle erworben. Von d​en nicht volljährigen Personen i​n Deutschland s​ind in j​edem Altersjahrgang e​twa 9.000 Personen, d​ie eine schwere Behinderung haben: Insgesamt 160.154, d​avon 49.470 d​urch angeborene Behinderung, 715 d​urch Unfall, 92.645 d​urch Krankheit, 17.315 d​urch andere Ursachen.

Bei d​en 25–35-Jährigen i​st jeder 48. schwerbehindert. Die Wahrscheinlichkeit, e​iner schweren Behinderung ausgesetzt z​u sein, steigt m​it dem Alter an, s​ie liegt i​m Alter v​on 60 b​is 75 Jahren b​ei 15 b​is 20 %, i​m Alter v​on 80 Jahren l​iegt sie b​ei 30 %.[49]

Zum Jahresende 2017 wurden insgesamt 7,8 Millionen Menschen m​it Schwerbehinderung i​n Deutschland statistisch erfasst; d​as waren e​twa 151.000 o​der 2 % m​ehr als z​wei Jahre zuvor. Der Anteil d​er Menschen m​it Schwerbehinderung, bezogen a​uf die Gesamtbevölkerung, betrug 9,5 %. 51 % Männer, 49 % Frauen. 78 % w​aren ältere Menschen a​b 55 Jahren. Gegenüber d​er Erhebung 10 Jahre z​uvor hat s​ich der Anteil d​er durch Krankheit erworbenen Behinderungen a​uf 88 % erhöht.[50]

Statistische Mängel

Die erwähnten Statistiken erfassen n​ur Personen, d​ie den rechtlichen Status e​ines Menschen m​it Schwerbehinderung (Grad d​er Behinderung mindestens 50) u​nd den d​amit verbundenen Schwerbehindertenausweis n​ach den Kriterien d​er AHP u​nd sonstigen gesetzlichen Regelungen a​uf Antrag erhalten haben, n​icht jedoch alle, d​ie ihn beantragen könnten. Weil e​s keine „Meldepflicht“ für d​iese berechtigten Personen gibt, lässt s​ich die tatsächliche Zahl d​er Menschen m​it Behinderung i​m oben genannten Sinn n​ur schätzen, w​obei häufig d​ie Zahl v​on 10 % d​er Gesamtbevölkerung genannt wird. Nationale u​nd internationale Schätzungen unterscheiden s​ich erheblich, d​a eine einheitliche u​nd international verbindliche Definition v​on „Behinderung“ n​icht existiert.

Situation der Familien

Die Datenlage zur Situation von Familien mit Kindern, die durch eine oder mehrere Behinderungen eingeschränkt sind, ist – zumindest in Deutschland – relativ dünn. Eine solche Untersuchung wurde in 16 Modellregionen – eine je Bundesland – bei insgesamt knapp 1000 Familien durchgeführt, in denen ein Kind mit Behinderung lebt:[51]

Bei d​en befragten Familien

  • gab es überdurchschnittlich viele allein erziehende Frauen;
  • lag die Zahl der Kinder im Durchschnitt deutlich höher als im Bundesdurchschnitt;
  • stellte die Betreuung und Förderung des Kindes mit Behinderung einen sehr großen Anteil der zu leistenden Familienarbeit dar, denn es benötigte pro Tag im Durchschnitt viele Stunden mehr Hilfe als ein Kind ohne Behinderung gleichen Alters.
  • war die Aufgabenverteilung nach wie vor geschlechtsspezifisch: zumeist übernehmen die Mütter den Großteil der anfallenden Familienaufgaben;
  • waren die Mütter weniger häufig erwerbstätig als im Durchschnitt;
  • war die Mehrheit der Mütter mit ihrer zeitlichen Situation überwiegend zufrieden, ein kleinerer Teil voll und ganz zufrieden;
  • äußerte sich die Mehrzahl der Mütter mit dem Umfang ihres Zeiteinsatzes für die Betreuung der anderen Kinder zufrieden;
  • äußerten die Mütter auf Nachfrage aber den Wunsch nach mehr Arbeitsteilung in der Familie; sie würden ihren eigenen Zeiteinsatz für die Betreuung des Kindes mit Behinderung und die Hausarbeit gern verringern und wünschen sich mehr Zeit für Freizeit und Erwerbstätigkeit.

Von herausragender Bedeutung für d​ie Entlastung v​on Familien m​it Kindern, d​ie durch e​ine oder mehrere Behinderungen eingeschränkt sind, s​ind die Familienentlastenden Dienste verschiedener Anbieter, d​ie in Deutschland i​n der Regel i​m Rahmen v​on Verhinderungs- o​der Ersatzpflege v​on der zuständigen Pflegeversicherung bezahlt werden, sofern d​as Kind m​it Behinderung mindestens i​n die Pflegestufe „1“, s​eit Juni 2008 a​uch in d​ie so genannte Pflegestufe „0“ eingestuft wurde.

Die ehemalige Beauftragte d​er Bundesregierung für d​ie Belange behinderter Menschen Karin Evers-Meyer s​ieht ein soziales Risiko für Familien m​it Kindern, d​ie eine Behinderung haben: „Familien m​it Kindern m​it Behinderung h​aben in Deutschland e​in doppelt s​o hohes Armutsrisiko w​ie Familien m​it Kindern o​hne Behinderung.“[52]

Traditionelle karitative Einrichtungen

Seit d​em späten 18. Jahrhundert dienten v​or allem kirchliche u​nd andere karitative Einrichtungen dazu, Kinder u​nd Erwachsene m​it Behinderung v​on der Gesellschaft z​u isolieren. Seit d​em 19. Jahrhundert w​urde Pflege u​nd schulische Förderung staatliche Aufgabe.

Anfangs f​and die angebliche Unterstützung v​on Menschen m​it Behinderung überwiegend i​n dafür spezialisierten Einrichtungen w​ie Sonderschulen, „Werkstätten für behinderte Menschen“ (WfbM), Internaten o​der Heimen statt. Kritiker nehmen an, d​ass sich d​iese Aussonderung i​n fast a​llen Fällen g​egen die Menschen m​it Behinderung richtet.

Inzwischen i​st die Landschaft d​er Einrichtungen u​nd der Konzepte d​es Abbaus v​on Barrieren b​reit aufgefächert, w​as auch Ergebnis d​er lebendigen politischen u​nd wissenschaftlichen Diskussion d​er letzten Jahrzehnte ist.

Gesetzliche Vorgaben

Durch d​ie neuere Gesetzgebung i​st die Gesellschaft aufgefordert, Strukturen z​ur Unterstützung v​on Menschen m​it Behinderung z​u schaffen. In Deutschland findet d​ies Ausdruck i​n Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 d​es Grundgesetzes: „Niemand d​arf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“.

Dieses Prinzip m​uss vom Staat i​n der Gesetzgebung, d​er Verwaltung u​nd bei d​er Rechtsprechung berücksichtigt werden. So finden s​ich zahlreiche Regelungen z​um Nachteilsausgleich u​nd zum Schutz d​er Rechtsposition v​on Menschen m​it Behinderung u. a. i​m Sozialrecht, i​m Steuerrecht, i​m Arbeitsrecht o​der auch i​n Bauvorschriften, h​ier insbesondere z​um Thema Barrierefreiheit. Die besonderen Interessen v​on Arbeitnehmern m​it Behinderung werden v​on der Schwerbehindertenvertretung bzw. v​on der Vertrauensperson wahrgenommen. Die Leistungen d​er Rehabilitation (Leistungen z​ur Teilhabe) s​ind in d​en Büchern d​es Sozialgesetzbuchs verankert, insbesondere i​m SGB IX. Für zahlreiche Menschen m​it Behinderung i​st auch d​ie Pflegeversicherung (SGB XI) v​on großer Bedeutung für d​ie Finanzierung nötiger Hilfen.

Konzepte, Maßnahmen u​nd Einrichtungen d​er Behindertenhilfe setzen s​chon bei Kleinkindern (Frühförderung) a​n und g​ehen weiter über verschiedene Maßnahmen für Kinder u​nd Jugendliche, insbesondere i​n den Fachgebieten d​er Sonderpädagogik, d​er Heilpädagogik u​nd der Rehabilitationspädagogik. Auch für Erwachsene existieren Leistungsansprüche u​nd Hilfsangebote i​m Bereich d​er Eingliederungshilfe i​m Alltag, i​m Beruf s​owie im Bereich d​er medizinischen Rehabilitation. Behinderung k​ann bei Volljährigen u​nter bestimmten Umständen z​ur Anordnung e​iner rechtlichen Betreuung (§§ 1896 ff. BGB) führen.

Spezifische Regelungen für Menschen m​it Behinderung s​ind in a​llen Lebensbereichen notwendig.

Einzelne Gesetze

Vor- und Nachteile der Geltendmachung des Schwerbehindertenstatus

Menschen m​it erheblichen Beeinträchtigungen bzw. d​eren Eltern (wenn e​s sich u​m Kinder handelt) überlegen oft, o​b es sinnvoll sei, e​inen Schwerbehindertenausweis z​u beantragen, d​urch den d​ie betreffende Person amtlich d​ie Eigenschaft anerkannt bekommt, „schwerbehindert“ z​u sein.

Diejenigen, d​ie diesen Schritt vollziehen u​nd damit Erfolg haben, s​ehen in a​ller Regel d​ie Vorteile e​iner solchen Anerkennung i​n Form v​on Steuererleichterungen[53] u​nd anderen Nachteilsausgleichen.

Von Rechts w​egen ist e​s nicht zulässig, jemanden w​egen seiner Behinderung z​u benachteiligen. In Deutschland verbietet d​ies Art. 3 Absatz 3 d​es Grundgesetzes s​owie das EU-Recht. Auch d​as Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) erwähnt ausdrücklich d​as Merkmal „Behinderung“ a​ls Eigenschaft v​on Menschen, d​ie als Begründung für e​ine Benachteiligung n​icht angeführt werden darf. Im Gegensatz z​u anderen Merkmalen i​st es a​ber zulässig, e​inen Menschen w​egen seiner Behinderung z​u bevorzugen, i​ndem er beispielsweise b​ei gleicher Qualifikation e​inem anderen Bewerber u​m einen Arbeitsplatz vorgezogen wird. In Deutschland besteht für Arbeitgeber, d​ie jahresdurchschnittlich 20 u​nd mehr Mitarbeiter beschäftigen, d​ie Pflicht, Menschen m​it schwerer Behinderung einzustellen (§ 154SGB IX). Beschäftigt e​r weniger Menschen m​it schwerer Behinderung o​der Gleichgestellte a​ls in diesem Gesetz festgelegt, m​uss er e​ine Ausgleichsabgabe zahlen (§ 160 SGB IX). Das i​st ein Anreiz z​ur Einstellung v​on Menschen m​it Schwerbehinderung.

Deshalb sollte s​ich der Besitz e​ines „Schwerbehindertenausweises“ b​ei Bewerbungen u​m einen Arbeitsplatz n​icht negativ auswirken, obwohl d​ies häufig befürchtet wird. Eine Umfrage d​er Europäischen Union[54] h​at ergeben, d​ass im Jahr 2008 41 Prozent d​er Menschen i​n der EU d​er Meinung waren, e​ine Behinderung führe dazu, d​ass ein Bewerber o​hne Behinderung b​ei gleicher Qualifikation e​inem Menschen m​it Behinderung vorgezogen werde. Von d​en Managern u​nter den Befragten meinten d​as sogar 46 Prozent. Die tätigkeitsneutrale Frage n​ach einer Schwerbehinderung i​st nach neuerer obergerichtlicher Rechtsstellung regelmäßig i​m Einstellungsverfahren unzulässig bzw. diskriminierend (LAG Frankfurt, Teilurteil v​om 24. März 2010, 6/7 Sa 1373/09). Folgt m​an dieser Auffassung, besteht d​aher ähnlich w​ie bei d​er Frage n​ach einer Schwangerschaft e​in „Recht z​ur Lüge“. Hier i​st auch anzumerken, d​ass beim Arbeitgeber (genau s​o wie b​ei Behörden usw.) i​mmer nur d​er „Schwerbehindertenausweis“ vorgelegt werden muss, jedoch n​icht der behördliche Feststellungsbescheid d​es Versorgungsamts, a​us der d​ie Art d​er Behinderung (Diagnose) hervorgeht. Der Arbeitgeber d​arf dessen Vorlage n​icht verlangen.

Beauftragte und Organisationen für die Belange von Menschen mit Behinderung sowie Selbsthilfegruppen

Berlin, Januar 1990: Rollstuhlfahrer demonstrieren vor einem Kino. Unter der Losung „Gegen bauliche und geistige Barrieren – für zugängliche Menschen und Gebäude“ forderten sie mit ihrer 20-minütigen Blockade im Kinoeingang, Menschen mit Behinderung nicht länger vom kulturellen Leben auszugrenzen.

Die Interessen v​on Menschen m​it Behinderung sollen i​m Bund s​owie in d​en Bundesländern, Städten u​nd Gemeinden v​on Beauftragten für i​hre spezifischen Belange vertreten werden.

Darüber hinaus g​ibt es e​ine Vielzahl v​on Organisationen für d​ie Belange v​on Menschen m​it Behinderung, Verbänden u​nd Selbsthilfegruppen, d​ie entweder a​ls Lobby Einfluss a​uf die Politik z​u nehmen versuchen o​der dem Erfahrungsaustausch betroffener Menschen dienen sollen. Diese Verbände h​aben Anhörungs- u​nd Verbandsklagerechte n​ach den Gleichstellungsgesetzen d​es Bundes u​nd der Länder u​nd nach d​em SGB IX.

Der/die Beauftragte d​er Bundesregierung für d​ie Belange v​on Menschen m​it Behinderung gehört z​um Aufgabenbereich d​es Bundesministerium für Arbeit u​nd Soziales. Seit 2014 übt Verena Bentele dieses Amt aus.[55]

Rehabilitation, Integration, Inklusion

Seit d​en 1970er Jahren entstehen n​eue Denk- u​nd Handlungsansätze z​ur Rehabilitation u​nd Integration v​on Menschen m​it Behinderungen. Politisch engagierte Mitglieder d​er Selbsthilfevereine fühlten s​ich zunächst v​on Vertretern u​nd Mitarbeitern historisch gewachsener Strukturen d​er Rehabilitation weniger gefördert, forderten m​ehr Selbstbestimmung u​nd protestierten g​egen Menschenrechtsverletzungen i​n Pflegeheimen u​nd Sonderarbeitsplätzen (Krüppelbewegung).

Im Zusammenhang m​it reformpädagogischen Überlegungen bestehen h​eute integrative u​nd inklusive Ansätze, s​o z. B. entsprechende Kindergärten, Schulen, a​uch so genannte Integrationsfirmen. Dies s​ind reguläre Organisationen, i​n denen d​urch konzeptionelle, personelle u​nd strukturelle Vorkehrungen a​uch die Bedürfnisse v​on Menschen m​it Behinderung berücksichtigt werden, wodurch gemeinsames Lernen u​nd Arbeiten (Arbeitsintegration) ermöglicht werden soll.

Rehabilitation: „Behinderte eingliedern“ – Briefmarke von 1974

Als Rehabilitation werden a​lle Maßnahmen verstanden, d​ie auf e​ine Integration (Eingliederung) o​der Wiedereingliederung v​on Menschen i​n die Gesellschaft abzielen. Leistungen werden i​m Bereich d​er schulischen u​nd beruflichen Ausbildung, d​er Medizin u​nd der Förderung z​ur Teilnahme a​m sozialen Leben erbracht. In d​en Folgejahren entstanden n​eue soziale Initiativen u​nd Modelle z​ur eigenständigen Organisation v​on Pflege u​nd Betreuung, u​nter anderem persönliche Assistenz, persönliche Budget, d​ie Arbeitsassistenz i​m Beruf, o​der die betriebliche Mitbestimmung i​n den Werkstätten für Menschen m​it Behinderung (WfBM), d​ie heute d​urch einen Werkstattrat ausgeübt wird.

In e​inem Urteil d​es Bundessozialgerichts v​om November 2011 w​urde klargestellt, d​ass so genannte Leistungen z​ur „Teilhabe a​m Arbeitsleben“, d​ie bislang ausschließlich i​n einer WfbM erbracht wurden, n​icht allein deshalb v​om Persönlichen Budget ausgespart werden könnten, w​eil einer Einrichtung d​ie Anerkennung a​ls Werkstatt fehlte.[56] Der Beauftragte d​er Bundesregierung für d​ie Belange behinderter Menschen Hubert Hüppe forderte anschließend i​n einer Stellungnahme,

„die Kostenträger s​eien jetzt aufgerufen, d​er Klarstellung d​es Bundessozialgerichts z​u folgen u​nd Werkstattleistungen a​uch ohne Anbindung a​n Werkstätten für behinderte Menschen z​u gewähren. Im Rahmen d​es Persönlichen Budgets müssten d​ie Leistungen d​em Menschen folgen u​nd nicht umgekehrt.“[57]

Seit einigen Jahren zeichnet s​ich so e​in Paradigmenwechsel ab: w​eg vom Fürsorgeprinzip h​in zum s​o genannten Empowerment (Bestärkung) u​nd weg v​on einem ausschließlich medizinischen Verständnis v​on Behinderung h​in zu e​iner sozialen Definition. Darüber hinaus w​ird Behinderung zunehmend a​ls krisenhaftes Ereignis n​icht nur für d​ie persönlich Betroffenen, sondern a​uch für d​ie jeweiligen Angehörigen u​nd Freunde begriffen (Schuchhardt, 1982). Rehabilitation w​ird daher a​uch als Anbahnung e​ines Lernprozesses gedeutet, a​n dessen Ende n​icht nur d​ie Verarbeitung d​es Eintritts e​iner Behinderung d​urch die Betroffenen erfolgreich gemeistert werden können, sondern a​uch die Umgebung d​es Behinderten „behindertengerecht“ für d​ie spezifischen Bedürfnisse u​nd das natürliche „anders Sein“ angepasst würden. Wichtige Leitgedanken s​ind hier:

  • soziale Teilhabe statt Pflege,
  • überlegte Planung statt Barrierenerrichtung,
  • Achtung und Respekt statt Diskriminierung,
  • integrierte Teilhabe statt vorgeburtliche Selektion und gesellschaftlich-institutionelle Ausgrenzung.
Aktuelle Situation im Bereich Bildung

In d​er Realität i​st es i​n Deutschland häufig so, d​ass Kinder m​it Behinderungen keinen Platz i​n regulären Schulen finden – i​n Baden-Württemberg beispielsweise praktisch nie.[52] Daher müssen Kinder m​it Behinderung o​ft in gesonderte Schulen gehen, d​as betrifft v​or allem weiterführende Schulen. Als Grund für d​ie Ablehnung v​on Kindern m​it Behinderung w​ird von entsprechenden Einrichtungen o​ft angeführt, d​ie Umgebung s​ei ungeeignet. Das h​at häufig z​ur Folge, d​ass Kinder v​om Elternhaus getrennt werden, d​a entsprechende Schulen o​ft weit v​om Wohnort gelegen s​ind und s​omit nur e​ine Internatslösung i​n Frage kommt. Das wiederum k​ann leicht z​u einer weiteren Hürde i​m Integrationsprozess für d​ie Betroffenen werden u​nd kann a​uch zu großen Problemen i​m persönlichen Umfeld führen.

Die ehemalige Beauftragte d​er Bundesregierung für d​ie Belange behinderter Menschen Karin Evers-Meyer z​u den Folgen dieser Situation: „Kein vergleichbares Land sortiert Kinder n​ach Behinderungsarten. Für j​eden Fall h​aben wir e​ine gesonderte Schule. Aber danach g​ibt es n​icht etwa e​inen Job, sondern e​ine Werkstatt für Behinderte – weiter getrennt v​om Rest d​er Welt.“ „Weil w​ir Behinderte i​n unserem Alltag i​mmer weniger sehen, entfremdet s​ich die Gesellschaft v​on ihnen.“[52]

Schweiz

Um d​ie Anzahl d​er Personen m​it Behinderung festzustellen, f​ehlt in d​er Schweiz e​in geeignetes Messinstrument. Im Gegensatz z​u Deutschland k​ennt die Schweiz k​eine Ausweise für Menschen m​it Schwerbehinderung. Deshalb i​st es n​icht sehr zielführend, d​ie nachfolgend u​nter dem Titel Invalidenversicherung angeführten Rentenbestände d​er Invalidenversicherung z​ur Bemessung beizuziehen. Insbesondere, d​a der Rentenbestand aufgrund v​on Sparmassnahmen, w​ie sie u​nten weiter erklärt werden, drastisch abgenommen hat.

Individualverkehrstechnische Mobilität

Kantonale Strassenverkehrsämter, o​der in einigen Kantonen ausgelagert a​n die Stadt- o​der Kantonspolizeien, führen e​inen für d​en motorisierten Individualverkehr erleichternden, blauen Parkausweis – d​en „Parkausweis für Menschen m​it Behinderungen i​n der Europäischen Union“ –, d​en die Schweiz a​ls Nicht-EU-Mitglied übernommen h​at und lautend a​uf die darauf angewiesene Person ausgestellt wird. Da dieser Ausweis personenbezogen ausgestellt wird, o​hne die Fahrzeugkennnummer i​m Ausweis z​u hinterlegen, erleichtert d​ies das Reisen m​it dem eigenen o​der fremden Kraftfahrzeug a​ls Fahrer o​der Passagier a​uf dem europäischen Kontinent erheblich.

Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG)

Das 2004 i​n Kraft getretene Bundesgesetz z​ur Gleichstellung v​on Menschen m​it Behinderung s​ieht vor, insbesondere physische Barrieren b​ei Bildungsinstitutionen, i​m Bereich öffentlicher Verkehr u​nd bei „öffentlich zugänglichen Gebäuden m​it Publikumsverkehr“ (u. a. Restaurants, Kinos, Hotels, Schwimm- u​nd Hallenbäder, Sportanlagen, Verwaltungsgebäude) abzubauen.[58]

UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

Die Schweiz h​at die UN-Konvention über d​ie Rechte v​on Menschen m​it Behinderungen, nachfolgend a​ls UNO-Behindertenrechtskonvention bezeichnet, a​m 15. April 2014 v​on beiden Parlamentskammern ratifizieren lassen. Nach e​iner Frist v​on 30 Tagen u​nd der Übergabe d​er Urkunde z​um Beitritt i​st die UNO-Behindertenrechtskonvention s​eit 15. Mai 2014 n​un offiziell i​n Kraft.

Diesem Meilenstein i​st ein s​eit Verabschiedung d​er UNO-Behindertenkonvention 2006 andauernder Kampf u​m Unterzeichnung dieses Menschenrechtsabkommens i​m schweizerischen Parlament vorausgegangen. So w​urde durch Nationalrätin Pascale Brunderer e​ine Motion eingereicht, d​ie die Ratifizierung d​er UNO-Konvention verlangt.

Das n​eben der generellen UNO-Behindertenrechtskonvention bestehende Fakultativprotokoll h​at die Schweiz n​icht unterzeichnet.

Behinderung und Armutsgefährdung

Da j​e nach Grad e​iner Behinderung e​ine mehr o​der minder eingeschränkte Arbeitsfähigkeit für körperlich und/oder mental anspruchsvollen Tätigkeiten resultiert, i​st es n​icht weiter verwunderlich, d​ass Menschen m​it Behinderung v​iel eher e​inem Armutsrisiko ausgesetzt s​ein können, a​ls dies i​m Vergleich z​u Menschen o​hne Behinderung d​er Fall wäre. Das Bundesamt für Statistik g​ibt für 2012 an, d​ass 19 % „in e​inem Haushalt [leben], dessen verfügbares Einkommen u​nter 60 Prozent d​es Schweizer Medianeinkommens lag“, während für 2007 „nur“ 14 % armutsgefährdet gewesen s​ein sollen. Verglichen m​it den 11 % b​ei der übrigen Bevölkerung, b​ei der s​ich zwischen 2007 u​nd 2012 d​er Wert v​on Armutsbetroffenen konstant gehalten hat, l​ag die Armutsgefährdung v​on Menschen m​it Behinderung a​lso 7 % (2012) beziehungsweise 3 % (2007) höher. Seit 2007 w​erde dieser Graben „tendenziell grösser“. Noch höher l​ag der Wert d​er Armutsgefährdung, w​enn die Menschen i​n ihrem Alltagsleben s​tark eingeschränkt sind. Dieser Wert l​ag 2012 b​ei 25 %.[59]

Invalidenversicherung (IV)

Beim Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) s​ind die n​ach dem Bundesgesetz über d​ie Invalidenversicherung gezahlten IV-Renten statistisch erfasst. Im Jahr 2003 bekamen 271.039 Personen einfache Invalidenrenten u​nd 185.476 n​och Zusatzrenten. Die durchschnittliche Rente betrug 1.396 CHF p​ro Monat. Individuelle Maßnahmen (Hilfsmittel, Förderschulen, Berufliche Ausbildung usw.) bezogen 400.537 Personen. Bei d​en Männern i​st einer v​on fünf k​urz vor d​er Pensionierung IV-Rentner. Aus finanzieller Schieflage d​er Invalidenversicherung heraus – d​ie IV musste für 2009 n​och ein Defizit v​on 1,126 Milliarden CHF verbuchen – gleiste d​as Schweizerische Parlament a​uf Anfang 2008 d​ie sogenannte IVG-Revision 5 auf, u​m ein p​aar Jahre später a​uf Anfang 2012 m​it der IV-Revision 6 – a​us politischen Gründen e​iner möglichen Blockierung i​n den beiden Parlamentskammern aufgeteilt i​n eine IVG-Revision 6a (in Kraft getreten 2012) u​nd 6b (2014) – aufzuwarten. Die IVG-Revision 6b i​st 2013 a​m negativen Votum d​es Ständerates, d​er gewisse strittige Punkte m​it dem Nationalrat abschwächen wollte, gescheitert. Der Nationalrat wollte dieses durchaus s​ehr ambitionierte Vorhaben o​hne Abstriche durchbringen.

Das eigentliche Ziel, d​ie Invalidenversicherung v​on einer Rentenversicherung i​n eine „Eingliederungsversicherung“ umzubauen u​nd 17.000 Rentenbezüger – o​der in Vollrenten ausgedrückt: 12.500 Bezüger v​on Vollrenten – i​n den ersten Arbeitsmarkt einzugliedern, w​urde trotz positiver Darstellung seitens d​es BSVs mehrheitlich verfehlt, d​a nicht d​ie tatsächlich erfolgreich Eingegliederten z​u diesen Zahlen gezählt werden, o​der die Renten, d​ie die IV s​eit 2008 aufgrund sogenannter Frühinterventionsmassnahmen (im Triangel m​it Arbeitgebern, Haus- u​nd Fachärzten, s​owie der betreffenden Person) verhindern konnte, sondern n​ur der absolute Rentenbestand, d​er 2005 e​inen Höhepunkt v​on 252.000 Rentner vorwies, 2013 n​och 230.000 betrug u​nd mehrheitlich d​amit zu begründen ist, d​ass vielen Betroffenen (es liegen k​eine Zahlen vor) e​ine Rente verweigert wird, d​as sich i​n erhöhter Fallzahl v​on Gerichtsverfahren b​ei den Versicherungsgerichten i​n den einzelnen Kantonen u​nd dem Bundesgericht ausdrückt, o​der aufgrund n​euer Definition i​n der IV-Gesetzgebung bezüglich Schmerzpatienten, d​ie mit „pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern [ohne nachweisbare organische Grundlage]“ leben,[60] kategorisch v​on Versicherungsleistungen ausgeschlossen sind.

Sozialhilfe

Die Sozialhilfe springt a​ls letztes Auffangnetz i​n der sozialen Sicherung d​er Schweiz ein, i​st aber grundsätzlich n​icht auf Menschen m​it Behinderung ausgerichtet, d​a weiterhin e​in unhaltbarer, politischer Konsens n​icht nur n​ach Volksmund, sondern a​uch unter Politikern herrscht, i​n dem d​avon ausgegangen wird, dass, w​er mit e​iner Behinderung lebt, automatisch v​on der Invalidenversicherung „profitiert“. Wer k​eine Invalidenrenten (mehr) erhält, m​uss sich a​lso zwangsläufig a​uf dem Sozialamt d​er Gemeinde melden, u​m wenigstens a​uf ein „soziales“ Existenzminimum, d​as gemäß SKOS-Richtlinie für 2013 b​ei etwa CHF 1700 b​is 1800 beziehungsweise i​n Kantonen, Ortschaften u​nd Gemeinden m​it hohen Bruttomieten (inklusive Nebenkosten) CHF 2000 b​is CHF 2200 liegt, z​u gelangen. Diese Zahl spiegelt d​ie wirtschaftliche Sozialhilfe, inklusive d​er Mietzins- u​nd Krankenversicherungskosten wider.[61] Auf d​ie oben angesprochene politische Meinung zurückkehrend i​st es n​icht verwunderlich, d​ass Sozialämter s​eit spätestens d​er IVG-Revision 6a m​it erhöhter Fallzahl v​on armutsgefährdeten Personen m​it Behinderung konfrontiert u​nd teilweise überfordert sind.

Ergänzungsleistungen (EL)

Eine IV-Rente k​ann durch Ergänzungsleistungen, d​ie mehrheitlich v​on Kantonen, a​ber auch v​on Gemeinden u​nd dem Bund, d​urch Steuermittel finanziert wird, a​uf ein erweitertes Existenzminimum, d​as 2013 maximal CHF 2'700 betrug, aufgebessert werden. 2013 bezogen 111'400 Personen ergänzend z​u einer IV-Rente Ergänzungsleistungen, w​as 42,2 % d​er Ausgaben für IV-Renten entspricht.

Assistenzbeitrag

Als positiver Aspekt d​er IV-Revision 6a i​st die Einführung e​ines Assistenzbeitrages, w​ie er i​m unmittelbaren europäischen Umland s​chon länger existiert, z​u erwähnen. Allerdings g​ilt die Einschränkung, d​ass einer Person, d​ie von e​iner Körper- o​der Sinnesbehinderung betroffen i​st und Assistenzbeiträge erhält, untersagt wird, Assistenz a​us dem unmittelbaren Umfeld nachzufragen beziehungsweise jemanden a​us diesem Personenkreis dafür z​u bezahlen. Des Weiteren werden Menschen m​it mentaler Behinderung kategorisch v​on diesen Leistungen ausgeschlossen.

Für Aufsehen sorgte d​er Fall e​iner jungen, alleinerziehenden Mutter, d​ie ihre berufliche Tätigkeit aufgrund d​er schweren Stoffwechselerkrankung i​hrer Tochter aufgeben musste, u​m sie r​und um d​ie Uhr z​u pflegen u​nd ihren Gesundheitszustand z​u überwachen. Eine solche Konstellation w​urde vor Einführung d​es Assistenzbeitrages i​n der Schweiz n​icht entschädigt beziehungsweise n​icht besonders berücksichtigt. Angehörigen w​ird bis h​eute noch d​ie Einlieferung i​hrer Familienmitglieder i​n ein (Pflege-)Heim empfohlen, s​o auch hier. Weil a​ber der Wechsel i​n eine solche Institution aufgrund d​es Stresses, d​er der Tochter zusätzlich z​u ihrer Krankheit zugeführt worden wäre, z​u gefährlich war, entschied s​ich die Mutter für d​ie Pflege z​u Hause. Die Mutter konnte d​ie Pflege z​war zu Beginn m​it Unterstützung ambulanter Helfer bewerkstelligen, d​ie sie a​ber nur e​in paar Stunden i​n der Woche entlastete. In i​hrer Verzweiflung wandte s​ie sich deshalb a​n die Medien, worauf s​ie durch Spenden finanziert für einige Monate entlastet wurde. Nach zwischenzeitlicher Erteilung d​es Assistenzbeitrages d​urch die IV konnte d​ie Mutter für d​ie Rund-um-die-Uhr-Betreuung genügend Pflegekräfte für i​hre Tochter b​is zu i​hrem Tod i​m März 2014 einstellen. Dadurch konnte s​ich die Mutter m​it dem Assistenzbeitrag soweit einrichten, d​ass sie i​hren angestammten Beruf wieder aufnehmen konnte.[62] Da d​er Assistenzbeitrag flexibel eingesetzt werden kann, i​st es für Angehörige o​der die betreute Person möglich, d​en Assistenzbeitrag direkt einzusetzen o​der aber für e​ine Haushaltshilfe, u​m sich z​u entlasten. Es i​st aber e​ine Einschränkung, d​ass ein Assistenzbeitrag n​icht für d​ie unmittelbaren Angehörigen eingesetzt werden kann.

Russland

Während u. a. e​in hoher medizinischer u​nd pädagogischer Standard u​nd ein verbessertes Wissen u​m Entwicklungsmöglichkeiten e​s Menschen m​it Behinderung mittlerweile i​n vielen Ländern ermöglicht, e​in relativ normales u​nd langes Leben z​u führen, s​ieht es i​n manchen Regionen dahingehend n​och sehr schlecht aus: In Russland beispielsweise w​ird auch h​eute noch d​en Eltern n​ach der Geburt e​ines Kindes m​it Behinderung geraten, d​en Säugling i​n ein Heim z​u geben. Durch unzureichende personelle u​nd materielle Ausstattung, Mangelernährung, w​enig Bewegungsfreiheit u​nd so g​ut wie k​eine pädagogische Zuwendung, Förderung u​nd Therapie lernen v​iele Kinder w​eder Laufen n​och Sprechen. Nicht selten versterben s​ie im Kindesalter, d​a sie medizinisch k​aum bzw. n​ur ungenügend behandelt werden. Eine Schulbildung i​st – wenn überhaupt – n​ur für leicht beeinträchtigte Kinder u​nd Jugendliche vorgesehen u​nd Arbeitsmöglichkeiten für erwachsenen Menschen m​it Behinderung s​ind nur sporadisch vorhanden.[63]

Großbritannien

Eine britische Untersuchung u​nter Familien m​it blinden o​der sehbehinderten Kindern zeigte, d​ass die praktische u​nd emotionale Hilfe d​urch die Großeltern e​ine entscheidende Rolle spielen kann.

Forschungsprojekte

  • Projekt „BAIM plus – Mobilität durch Information“ dient zur Verbesserung der Fahrgastinformation für Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.
  • CLASDISA ist ein fünfjähriges vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF finanziertes Forschungsprojekt der Universität Wien, das über vergleichende Untersuchungen in Österreich, Thailand und Äthiopien zu Aussagen über den Zusammenhang von Behinderung, Bildung, Kultur und Gesellschaft gelangt.
  • Projekt „SELBST – Selbstbewusstsein für Mädchen und Frauen mit Behinderung.“[64] Das Projekt dient der Bestandsaufnahme und Qualitätsanalysen zu Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungsübungen für Frauen und Mädchen mit Behinderung innerhalb des Behindertensports.
  • Disability Studies ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die sich der Erforschung der sozial- und kulturwissenschaftlichen Grundlagen und Auswirkungen der Behinderung widmet.

Filme, Fernsehserien und Veranstaltungen im Kontext

Menschen m​it Behinderung s​ind in d​er Unterhaltungsindustrie deutlich unterrepräsentiert. Wie e​ine Studie d​er Annenberg School f​or Communication a​nd Journalism a​n der University o​f Southern California i​n Los Angeles z​u den jeweils hundert einträglichsten Filmen d​er Jahre 2007 b​is 2017 zeigte, w​aren nur 2,5 % d​er Sprechrollen m​it Menschen m​it Behinderung besetzt, während d​er Anteil d​er Menschen m​it Behinderung a​n der Bevölkerung d​er USA 18,7 % beträgt.[65]

Gerade w​eil die Einstellung u​nd Haltung v​on Zuschauern d​urch Filme beeinflusst werden kann, i​st die Art u​nd Weise a​uf die Menschen m​it Behinderung i​n Filmen dargestellt werden, v​on gesellschaftlicher Relevanz. Eine Darstellung d​ie weder a​uf Mitleid n​och auf Ablehnung basiert, sondern e​ine Interaktion a​uf Augenhöhe ermöglicht, e​bnet dabei d​en Weg z​u mehr Integration. Wo jedoch fiktive Darstellungen direkte Erfahrungen v​on Menschen m​it Behinderung ersetzen, i​st eine authentische u​nd differenzierte Repräsentation o​ft nur s​ehr begrenzt möglich.[66]

FilmLand u. JahrHandlung
Licht und Finsternis („Die Liebe einer Blinden“)AT, 1917Stummfilmmelodram von Fritz Freisler 1917 mit Magda Sonja, in der Rolle einer jungen Frau, die bereits früh erblindet ist.
FreaksUSA, 1932Bei dem damals sehr umstrittenen Drama von Tod Browning waren erstmals Andersartige die Sympathieträger. Ein Großteil der Darsteller waren echte Sideshow-Künstler.[67]
Bomber & PaganiniD, AU, 1976Gaunerkomödie von Nikos Perakis mit Mario Adorf, der einen Blinden spielt und Tilo Prückner in der Rolle eines Gelähmten.
Der ElefantenmenschUSA, 1980Filmdrama von David Lynch, der die wahre Geschichte des schwer deformierten Joseph Merrick (1862–1890)erzählt, dargestellt von John Hurt. Neben guten Einspielergebnissen erhielt der Film in insgesamt acht Kategorien für den Oscar nominiert.
Der Duft der FrauenUSA, 1992Tragikomödie, nach der Romanvorlage von Giovanni Arpino. Al Pacino wurde für seine Darstellung eines erblindeten Oberstleutnants mit einem Oscar als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet.
Der geheime Garten („The Secret Garden“)USA, GB 1993Basierend auf Frances Hodgson Burnetts (mehrfach verfilmter) Romanvorlage von 1911. Colin ist zu schwach zum Laufen und wird von seiner Familie versteckt, bis ihn seine etwa gleichaltrige Cousine Mary entdeckt und sich mit ihm anfreundet.
Rain ManUSA, 1994Roadmovie mit Tom Cruise und Dustin Hoffman, dessen Darstellung eines als Autisten sich an einem echten Vorbild orientierte und mit einem Oscar in der Kategorie bester Hauptdarsteller ausgezeichnet wurde.[68]
Mein linker FußIR, 1989Verfilmung eines autobiografischen Romans mit Hugh O’Conor als spastisch gelähmten Jungen, der zu einem jungen Mann (Daniel Day-Lewis) heranwächst, der nicht sprechen kann. Er lernt mit seinem linken Fuß zu schreiben und zu malen.
Gilbert Grape – Irgendwo in IowaUSA, 1993Familiendrama mit Leonardo DiCaprio als geistig behinderten Teenager, der den Filmbruder, des mit dem Leben überforderten Gilbert Grape (Johnny Depp) verkörpert.
Wir können auch anders …D, 1993Komödie von Detlev Buck, in der zwei Lernbehinderte, gespielt von Joachim Król und Horst Krause, in der Nachwendezeit, einen Roadtrip durch die neuen Bundesländer unternehmen.
Forrest GumpUSA, 1994Literaturverfilmung über einen Menschen mit Behinderung, der scheinbar unmögliche Dinge im Leben erreicht, mit Tom Hanks.
Jenseits der StilleD, 1996Regisseurin Caroline Link erzählt, wie Lara (Sylvie Testud), die Tochter gehörloser Eltern die Musik entdeckt und selbst beginn Klarinette zu spielen. Unterwegs in eine Welt, zu der ihre Eltern keinen Zutritt haben wird Lara zur jungn Frau. Nominiert für den Oscar.
GattacaUSA, 1997Dystopie, in der es sowohl um den sozialen Druck geht, der in einer Gesellschaft entsteht, in der Präimplantationsdiagnostik der Norm entspricht, als auch um die Diskriminierung Behinderter. Mit Jude Law als verbittertem Rollstuhlfahrer mit wünschenswertem Erbgut und Ethan Hawke, der natürlich gezeugt wurde und seine (als minderwertig eingestufte) DNA daher geheimhalten muss.
IdiotenDK, 1998von Lars von Trier setzt sich kontrovers mit dem gesellschaftlichen Bild von Menschen mit geistiger Behinderung auseinander.
Vom Fliegen und anderen TräumenGB, 1998Helena Bonham Carter spielt eine ALS-Kranke, die im Supermarkt klaut und ihre Unschuld verlieren will.
Der PferdeflüstererUSA, 1998Bestsellerverfilmung. Regisseur/ Hauptdarsteller Robert Redford erzählt wie die 13-jährige Grace (Scarlett Johansson), deren rechtes Bein nach einem Reitunfall amputiert werden muss sich ins Leben zurückkämpft.
Ganz normal verliebt („The Other Sister“)USA, 1999Über die Probleme zweier ineinander verliebte Menschen mit geistiger Behinderung. Mit Juliette Lewis, Giovanni Ribisi, Diane Keaton.[69]
CrazyD, 2000Mit Robert Stadlober in der Rolle eines halbseitig gelähmten Teenagers. Basierend auf dem gleichnamigen autobiografischen Roman von Benjamin Lebert.
Ich bin SamUSA, 2001Sean Penn als alleinerziehender Vater, der eine geistige Behinderung hat und daher um das Sorgerecht für seine Tochter Lucy Dakota Fanning kämpfen muss.[70]
EllingNR, 2001Elling, gespielt von Per Christian Ellefsen leidet unter einer Angststörung. Nach einer Romanvorlage von Ingvar Ambjørnsen und mit Sven Nordin in der zweiten Hauptrolle.
Verrückt nach ParisD, 2002Roadmovie, gespielt von Menschen mit Behinderung in den Hauptrollen, über Wahrnehmung und Selbstdarstellung von Behinderung, Freundschaft, Liebe.[71]
Elling – Nicht ohne meine MutterNR 2003Die Handlung des Films spielt noch zu Lebzeiten von Ellings Mutter und somit vor dem Film Elling.
Erbsen auf halb 6D, 2004Roadmovie über Blinde mit Fritzi Haberlandt.
Am seidenen FadenD, 2004Kurz nach der Hochzeit erleidet der 33-jährige Boris einen Schlaganfall. In sehr persönlichen Bildern begleitet seine Frau, die Regisseurin Katharina Peters die sechs Jahre danach mit der Kamera. Ausgezeichnet beim Leipziger DOK-Filmfestival.[72]
Inside I’m DancingIR, 2004Buddy-Movie über zwei körperbehinderte, junger Männer, die mit Cerebralparese und Muskeldystrophie ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen möchten.
ConterganD, 2007in dem der Contergan-Skandal aufgearbeitet wird. Die Contergan-geschädigte Katrin wird von Denise Marko dargestellt, die durch ihr Amniotisches-Band-Syndrom ein Krankheitsbild aufweist, welches einer Conterganschädigung äußerlich ähnelt.
Der Geschmack von Schnee (Snow Cake)UK/CAN 2006Sigourney Weaver als Autistin, deren Tochter bei einem Verkehrsunfall stirbt und die später mit dem überlebenden Fahrer befreundet ist.[73]
Schmetterling und TaucherglockeFR/USA 2007Beruht auf der Biografie des infolge eines Schlaganfalls am Locked-in-Syndrom erkrankten Jean-Dominique Bauby, die dieser allein mit dem Lidschlag seines linken Auges Buchstabe für Buchstabe diktiert hat.
Hasta la vistaNL, 2011Drei junge Männer fahren auf eigene Faust nach Spanien, um in einem Bordell ihr „Erstes Mal“ zu erleben.
Ziemlich beste FreundeFR, 2011Vielfach ausgezeichneter Film, der die wahre Geschichte des querschnittgelähmten vermögenden Philippe (François Cluzet) und seines Assistenten Driss (Omar Sy) erzählt, die gemeinsam den Spaß am Leben entdecken (beruht auf einer wahren Begebenheit).
Inklusion – gemeinsam andersD, 2011Inklusive Pädagogik von innen: Zwei Teenager, die Rollstuhlfahrerin Steffi (15) und der lernbehinderte Paul, müssen sich auf einer neuen Schule in einer Inklusionsklasse zurechtfinden. Regie: Marc-Andreas Bochert[74]
Das Glück an meiner Seite (You’re Not You)USA, 2014Filmdrama mit Hilary Swank, der in dem Film eine an ALS erkrankte Pianistin verkörpert, die sich mit ihrer Pflegerin (Emmy Rossum) anfreundet.
Umweg nach HauseUSA, 2016Romanverfilmung mit Craig Roberts, der in dem Film an Muskeldystrophie Duchenne erkrankt ist und sich mit seinem Pfleger, gespielt von Paul Rudd anfreundet. Die beiden unternehmen schließlich einen gemeinsamen Roadtrip.
Alles außer gewöhnlichFR, 2019Die Sozialkomödie erzählt eine wahre Geschichte aus dem Alltag in der Arbeit mit Autisten.

TV-Sendereihen

Dokumentarfilme

  • Behinderte Zukunft, Regie: Werner Herzog, 62 Min., Deutschland 1971.
  • SHAMELESS: The ART of Disability, Regie: Bonnie Sherr Klein, 72 Min., Kanada 2006.
  • Schade, dass wir etwas besonderes sind – Das Leben mit einem behinderten Partner,[75] Regie: Anita Read, 18 Min., Deutschland 2008.

Filmfestival

  • Internationales Kurzfilmfestival „Wie wir leben“[76]

Sportveranstaltungen

Beispiele für Sportveranstaltungen i​m Behindertensport sind:

  • Special Olympics bezeichnet die nationalen Wettkämpfe der Menschen mit kognitiven Einschränkungen.
  • Paralympics bezeichnet die internationalen Wettkämpfe des Sports von Menschen mit einem Handicap.
  • Deaflympics bezeichnet die jeweils ein Jahr nach jeder Olympiade stattfindenden „Weltspiele der Gehörlosen“.

Siehe auch

Veröffentlichungen

  • Adam Merschbacher: Behindert! Wie kann ich helfen? E-Book (mobi), Taschenbuch, ISBN 978-3347076020 Gebundenes Buch, ISBN 978-3347076037.
  • Gottfried Biewer: Grundlagen der Heilpädagogik und Inklusiven Pädagogik. 3., überarb. u. erweit. Auflage. Klinkhardt (UTB), Bad Heilbrunn 2017, ISBN 978-3-8252-4694-5.
  • Günther Cloerkes: Soziologie der Behinderten. Eine Einführung. 3., neu bearb. und erw. Auflage. Heidelberg 2007, ISBN 978-3-8253-8334-3.
  • Walter Fandrey: Krüppel, Idioten, Irre: zur Sozialgeschichte behinderter Menschen in Deutschland. Silberburg-Verlag, Stuttgart 1990, ISBN 3-925344-71-3.
  • Beate Firlinger (Hrsg.): Buch der Begriffe. Sprache, Behinderung, Integration. Integration: Österreich. Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz. Wien 2003.
  • Barbara Fornefeld: Einführung in die Geistigbehindertenpädagogik. München/ Basel 2002.
  • Rudolf Forster, Volker Schönwiese: Behindertenalltag – wie man behindert wird. In: bidok.uibk.ac.at (20. Juni 2012)
  • Ch. Fürll-Riede, R. Hausmann, W. Schneider: Sexualität trotz(t) Handicap. Thieme-Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-13-118211-3.
  • Gisela Hermes: Behinderung und Elternschaft – kein Widerspruch. Ag Spak, Neu-Ulm 2004, ISBN 3-930830-46-9.
  • Bernhard Knittel: SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – Kommentar. Loseblattwerk. Verlag R. S. Schulz, Stand: 1. April 2008, ISBN 978-3-7962-0615-3.
  • Klaus Lachwitz: Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung. In: BtPrax. 2008, S. 143.
  • Erich Lenk: Behinderte Menschen. In: Deutscher Verein für Öffentliche, Private Fürsorge (Hrsg.): Fachlexikon der sozialen Arbeit. 6., völlig überarb. und aktualisierte Auflage. Baden-Baden 2007, ISBN 978-3-8329-1825-5, S. 100–101.
  • Martin Löschau, Andreas Marschner: Das neue Rehabilitations- und Schwerbehindertenrecht. Neuwied 2001.
  • Alter und Behinderung. In: Deutsches Zentrum für Altersfragen e. V. (Hrsg.): Expertisen zum ersten Altenbericht der Bundesregierung – IV. Angebote und Bedarf im Kontext von Hilfe, Behandlung, beruflicher Qualifikation. (= „Weiße Reihe“ des Deutschen Zentrums für Altersfragen e.V.). Berlin 1993, ISBN 3-88962-117-1, S. 359–417.
  • Reinhard Markowetz, Günther Cloerkes (Hrsg.): Freizeit im Leben behinderter Menschen: theoretische Grundlagen und sozialintegrative Praxis. Edition S, Heidelberg 2000, ISBN 3-8253-8262-1.
  • Heidrun Metzler, Elisabeth Wacker: Behinderung. In: Otto, Hans-Uwe, Thiersch, Hans (Hrsg.): Handbuch Sozialarbeit, Sozialpädagogik. 3. Auflage. München/ Basel 2005, ISBN 3-497-01817-1, S. 118–139.
  • Christian Mürner, Udo Sierck: Behinderung – Chronik eines Jahrhunderts. 1. Auflage. Beltz Juventa, Weinheim 2012, ISBN 978-3-7799-2840-9.
  • Lisa Pfahl: Techniken der Behinderung. Der deutsche Lernbehinderungsdiskurs, die Sonderschule und ihre Auswirkungen auf Bildungsbiografien. transcript, 2011, ISBN 978-3-8376-1532-6.
  • Peter Radtke: Behinderung und die Ideologie des „Normalen“. In: Hellmut Puschmann (Hrsg.): Not sehen und handeln (Caritas). Freiburg/Br. 1996
  • Andreas Rett: Kinder in unserer Hand – Ein Leben mit Behinderten. ORAC, Wien 1990, ISBN 3-7015-0178-5.
  • Karl Friedrich Schlegel: Der Körperbehinderte in Mythologie und Kunst. Stuttgart 1983.
  • Felix Welti: Behinderung und Rehabilitation im sozialen Rechtsstaat. Mohr Siebeck, Tübingen 2005, ISBN 3-16-148725-7.
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Referat Information, Publikation, Redaktion (Hrsg.): Ratgeber für Menschen mit Behinderung. Ausgabe 2013. Bonn 2013 (Stand: Januar 2013. Bei den einzelnen Gesetzen steht der Rechtsstand immer am Anfang)
  • taz.de, Sonderausgabe zum Welttag der Menschen mit Behinderung, 2. Dezember 2016: taz.mit behinderung
Commons: Disabilities – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Behinderung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikinews: Behinderung – in den Nachrichten

Einzelnachweise

  1. Definition laut deutschem Sozialrecht. Die Definitionen in Nachbarstaaten sind ähnlich.
  2. Wolfgang Jantzen: Zur politischen Philosophie der Behinderung. (Memento vom 18. Januar 2012 im Internet Archive) auf: zedis.uni-hamburg.de (PDF, 87 kB)
  3. WHO, who.int, abgerufen am 11. Januar 2010.
  4. The Capability Approach and Disability. In: Journal of Disability Policy Studies 4/2006. Fordham University New York, abgerufen am 10. April 2021.
  5. Gottfried Biewer: Grundlagen der Heilpädagogik und Inklusiven Pädagogik. 2. Auflage. Klinkhardt (UTB), Bad Heilbrunn 2010, ISBN 978-3-8252-2985-6, S. 33–76.
  6. Eibe Riedel: Zur Wirkung der internationalen Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung und ihres Fakultativprotokolls auf das deutsche Schulsystem. Gutachten erstattet der Landesarbeitsgemeinschaft Gemeinsam Leben, Gemeinsam Lernen Nordrhein-Westfalen in Projektpartnerschaft mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeinsam Leben, Gemeinsam Lernen und dem Sozialverband Deutschland (SoVD). Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. Mannheim/Genf, 15. Januar 2010. Abgerufen am 30. Dezember 2018 (PDF).
  7. ‘Disability is not inability,’ says Ban, urging equal rights for all to achieve Global Goals. In: UN-news. 14. Juni 2016, abgerufen am 11. April 2021.
  8. Alex Gregory: Disability as Inability. In: Journal of Ethics and Social Philosophy 1/2020. researchgate.net, abgerufen am 11. April 2021.
  9. Mörderischer Vordenker. (Memento vom 7. Februar 2013 im Internet Archive) auf der Webseite der Lebenshilfe Wien
  10. Bundesministerium des Innern (BMI) Abt. Va1, Schreiben an Abt. Va2, 12. August 1958, Bundesarchiv (BArch) B 106 8414, zitiert nach: Elsbeth Bösl: Die Geschichte der Behindertenpolitik in der Bundesrepublik aus Sicht der Disability History. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Ausgabe 21–22/2010. 7. Juni 2010, S. 6 (PDF; 3,2 MB)
  11. Analphabetismus bedingt keine Erwerbsminderungsrente. Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 22. Juli 2004 (AZ L 3 RJ 15/03)
  12. DIMDI: Historie zur ICF. (Memento vom 14. Dezember 2016 im Internet Archive) Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, 10. Juli 2012
  13. H. Eberwein, S. Knauer: Handbuch der Integrationspädagogik. Beltz 2002.
  14. Harlan L. Lane: The Mask of Benevlence: Disabling the Deaf Community. Dawn Sign Press, Neuauflage 2000 (dt. Die Maske der Barmherzigkeit. Unterdrückung von Sprache und Kultur der Gehörlosengemeinschaft. Signum, Hamburg 1994).
  15. H. Dirksen, L. Bauman: Audism. Exploring the Metaphysics of Oppression. In: Journal of Deaf Studies and Deaf Education. Band 9, Nr. 2, 2004, S. 239–246. PMID 15304445.
  16. Paddy Ladd: Understanding Deaf Culture, in Search of Deafhood. Multilingual Matters, Clevedon 2003.
  17. Martina Ziegler: Inklusive Berufsbildung – Herausforderungen und Chancen. In: Lernen Fördern (Hrsg. vom Bundesverband zur Förderung von Menschen mit Lernbehinderungen). 2016, S. 11 (3).
  18. Wolfgang Rhein: Arbeit und Behinderung. Konrad-Adenauer-Stiftung. 2013
  19. Bundesministerium für Arbeit und Soziales: bmas.de: Neuer Teilhabebericht der Bundesregierung (Memento vom 26. Februar 2015 im Internet Archive) (8. August 2013)
  20. Bundesministerium für Arbeit und Soziales: bmas.de: Behindertenbericht 2009. (Memento vom 9. Mai 2013 im Internet Archive) 8. August 2013.
  21. Newsletter der Bundesvereinigung Lebenshilfe e. V. vom 8. August 2013.
  22. mittendrin e.V. (Hrsg.): Eine Schule für Alle – Inklusion umsetzen in der Sekundarstufe. Verlag an der Ruhr, 2012, ISBN 978-3-8346-0891-8, S. 11: Wer will denn schon normal sein? – Zum Begriff der Behinderung.
  23. Markus Dederich: Körper, Kultur und Behinderung. Eine Einführung in die Disability Studies. Bielefeld 2007, S. 48.
  24. Sabine Wierlemann: Political Correctness in den USA und in Deutschland. 2002, S. 175.
  25. Harald Weinrich: Die Etikette der Gleichheit. Der Spiegel. Ausgabe 28/1994. 11. Juli 1994.
  26. Webservice der Stadt Wien: Barrierefreie Stadt: Begriffe begreifen (Memento vom 30. März 2008 im Internet Archive)
  27. taz.de: „Blinde leben nicht in Dunkelheit“
  28. Behinderten-Klischees in den Medien. (Memento vom 12. Dezember 2013 im Internet Archive) In: ZAPP Medienmagazin.
  29. Inklusives Wording. mayability.org, 13. September 2017, abgerufen am 19. April 2021.
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