Weimarer Republik

Als Weimarer Republik (zeitgenössisch a​uch Deutsche Republik) w​ird der Abschnitt d​er deutschen Geschichte v​on 1918 b​is 1933 bezeichnet, i​n dem erstmals e​ine parlamentarische Demokratie i​n Deutschland bestand. Diese Epoche löste d​ie konstitutionelle Monarchie d​er Kaiserzeit a​b und begann m​it der Ausrufung d​er Republik a​m 9. November 1918. Sie endete m​it der Machtübernahme d​er NSDAP infolge d​er Ernennung Adolf Hitlers z​um Reichskanzler a​m 30. Januar 1933.

Deutsches Reich
Weimarer Republik
1918–1933
Flagge Wappen[1]
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Verfassung Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919
Amtssprache Deutsch
Hauptstadt Berlin
Staatsform Bundesrepublik
Regierungssystem semipräsidentielles System
Staatsoberhaupt
– 1919 bis 1925
– 1925 bis 1934
Reichspräsident
Friedrich Ebert
Paul von Hindenburg
Regierungschef
– 1919
– 1919 bis 1933

Reichsministerpräsident
Reichskanzler
(Liste)
Fläche 468.787 km²
Einwohnerzahl
– 1925

62.411.000
Bevölkerungsdichte
– 1925
– 1933

133 Einwohner pro km²
139 Einwohner pro km²
Währung Mark, Rentenmark, Reichsmark
Proklamation 9. November 1918
Nationalhymne Deutschlandlied, ab 11. August 1922
Nationalfeiertag Verfassungstag am 11. August (Unterzeichnung der demokratischen Verfassung)
Zeitzone UTC+1 MEZ
Kfz-Kennzeichen D
Karte
Karte des Deutschen Reichs

Die Weimarer Republik entstand i​m Zuge d​er Novemberrevolution. Diese Bezeichnung d​er ersten a​uf nationalstaatlicher Ebene verwirklichten deutschen Republik i​st auf d​en ersten Tagungsort d​er Verfassunggebenden Nationalversammlung, d​ie Stadt Weimar, zurückzuführen. Der Staatsname Deutsches Reich w​urde jedoch beibehalten.

Nachdem zunächst d​er Rat d​er Volksbeauftragten d​ie Regierungsgewalt ausgeübt hatte, w​urde auf Beschluss d​es Reichsrätekongresses a​m 19. Januar 1919 d​ie Wahl z​ur Deutschen Nationalversammlung abgehalten. Am 11. Februar wählte d​ie Nationalversammlung Friedrich Ebert z​um Reichspräsidenten, d​er am 13. Februar d​as Kabinett Scheidemann ernannte. Die Weimarer Reichsverfassung t​rat am 14. August 1919 i​n Kraft. Sie konstituierte d​as Deutsche Reich a​ls föderative Republik. Staatsoberhaupt w​ar der für e​ine Amtszeit v​on sieben Jahren direkt v​om Volk gewählte Reichspräsident, d​er als Teil d​er Exekutive über weitreichende Befugnisse verfügte. Die Regierung führte d​er vom Reichspräsidenten z​u ernennende u​nd zu entlassende Reichskanzler, d​er dem Deutschen Reichstag gegenüber verantwortlich war. Als Volksvertretung m​it umfassenden Gesetzgebungs-, Budget- u​nd Kontrollrechten w​urde der Reichstag für e​ine Legislaturperiode v​on vier Jahren n​ach dem Verhältniswahlrecht gewählt. Die Länder vertrat d​er Reichsrat. Die Parlamente a​uf Landesebene nannten s​ich Landtage, i​m Januar 1919 bildete s​ich der e​rste im Freistaat Mecklenburg-Strelitz.

Die Geschichte d​er Weimarer Republik lässt s​ich nach d​er Gründungsphase i​n drei Abschnitte gliedern. In d​en Krisenjahren v​on 1919 b​is 1923 h​atte die Republik m​it den unmittelbaren Kriegsfolgen, e​iner Hyperinflation s​owie zahlreichen Umsturzversuchen u​nd politischen Morden z​u kämpfen. In d​en Jahren v​on 1924 b​is 1929 erlebte s​ie eine Zeit relativer Stabilität, wirtschaftlicher Erholung s​owie außenpolitischer Anerkennung u​nd Wertschätzung. Die Weltwirtschaftskrise a​b Ende 1929, d​ie Präsidialkabinette n​ach dem Bruch d​er Großen Koalition a​m 27. März 1930 u​nd der Aufstieg d​er Nationalsozialisten mündeten schließlich i​n ihren Untergang.

Kulturell w​ar die Weimarer Republik geprägt d​urch den ersten Durchbruch d​er Massenkultur i​n Deutschland (Rundfunk, Kino, Unterhaltungsmusik usw.) s​owie von avantgardistischen Strömungen i​n den Künsten, d​ie zum Teil bereits i​n der Vorkriegszeit angelegt waren.

Grundzüge

Die Republik h​atte mehrere Strukturprobleme a​us der Kaiserzeit geerbt, s​o die Wirtschafts- u​nd Sozialordnung s​owie die konfessionell geprägte Schulpolitik. Dazu k​amen Phänomene, d​ie das Scheitern d​er Weimarer Demokratie direkt beeinflussten:

  • Der Erste Weltkrieg hinterließ schwere ökonomische und soziale Lasten. Insbesondere die faktische Enteignung vieler Bürger durch die Hyperinflation und die nach dem Versailler Vertrag geforderten Reparationen erwiesen sich als – nicht zuletzt psychologische – Belastung und wurden von den Gegnern der Republik für ihre Agitation gegen die „Erfüllungspolitik“ genutzt.
  • Da die demokratischen Politiker im Kaiserreich von der Führung der Staatsgeschäfte ausgeschlossen gewesen waren, stützten sie sich in Militär, Verwaltung und Justiz weiterhin auf das vorhandene Personal, das die republikanische Staatsform und die Demokratie jedoch weitgehend ablehnte. Mit Ausnahme Preußens fand keine grundlegende Demokratisierung der Beamtenschaft statt. Symptomatisch dafür waren die vielfach politisch motivierten Urteile der Justiz: Rechte Straftäter wurden vielfach mit wesentlich milderen Urteilen belegt als linke.
  • Auch große Teile der Bevölkerung lehnten bürgerliche Demokratie und Republik ab: Konservative und Rechtsextreme verbreiteten die Dolchstoßlegende, nach der nicht die kaiserliche, sondern die neue demokratische Regierung für die Kriegsniederlage und den als demütigend empfundenen Friedensvertrag von Versailles verantwortlich gewesen sei. Auf der Linken hatten die Kämpfe während der Novemberrevolution zu einer unversöhnlichen Haltung der Kommunisten gegenüber den Sozialdemokraten geführt, die sie von einem gemeinsamen Vorgehen gegen die Feinde der Republik abhielten.

Die Weimarer Verfassung g​alt zu i​hrer Zeit a​ls eine d​er fortschrittlichsten überhaupt. Sie w​ar nach d​er Märzrevolution v​on 1848 d​er zweite – u​nd erste erfolgreiche – Versuch, e​ine liberale Demokratie i​n Deutschland z​u etablieren. Die s​chon unter Zeitgenossen verbreitete These, d​er Staat v​on Weimar s​ei eine „Demokratie o​hne Demokraten“ gewesen, i​st nur bedingt richtig, w​eist aber a​uf ein wesentliches Problem hin: Es g​ab keinen tragfähigen Verfassungskonsens, d​er alle Teile d​es politischen Spektrums v​on rechts b​is links eingebunden hätte. Nach d​em Tod d​es ersten Reichspräsidenten, d​es SPD-Politikers Friedrich Ebert, w​urde 1925 m​it Paul v​on Hindenburg e​in konservativer Nachfolger gewählt, d​er der republikanischen Staatsform betont kritisch gegenüberstand.

Die meisten politischen Parteien z​ur Zeit d​er Weimarer Republik hatten i​hre ideologische Ausrichtung v​on ihren unmittelbaren Vorgängern i​m Kaiserreich übernommen u​nd vertraten weitgehend d​ie Interessen i​hrer jeweiligen Klientel. Die Aufteilung n​ach Interessengruppen u​nd Sozialmilieus w​ie Arbeiterbewegung o​der Katholiken w​urde als Partikularismus gescholten. Im Reichstag, d​em Parlament, w​aren zeitweise b​is zu 17 u​nd selten weniger a​ls 11 verschiedene Parteien vertreten. In 14 Jahren g​ab es 20 Kabinettswechsel. Elf Minderheitenkabinette w​aren von d​er Duldung d​urch Parteien abhängig, d​ie nicht z​ur Regierungskoalition gehörten.

Die relative Stabilisierung d​er Weimarer Republik n​ach dem Ende d​er Großen Inflation endete m​it den wirtschaftlichen u​nd sozialen Verwerfungen, d​ie dem Schwarzen Donnerstag d​er New Yorker Börse 1929 gerade i​n Deutschland folgten. Der Abzug v​on kurzfristigen Krediten amerikanischer Investoren, d​ie einen zwischenzeitlichen Aufschwung gespeist hatten, t​rug zu d​er einsetzenden Wirtschaftsdepression wesentlich bei: stockender Warenabsatz, rückläufige Produktion, Massenentlassungen u​nd -arbeitslosigkeit s​amt schwindender Kaufkraft bewirkten e​ine Abwärtsspirale ungekannten Ausmaßes, d​er die i​m Aufbau befindlichen sozialen Sicherungssysteme n​icht gewachsen waren.

Da e​s seit März 1930 k​eine von d​er Reichstagsmehrheit getragene Regierung m​ehr gab, regierten Reichspräsident Hindenburg u​nd die v​on ihm ernannten Reichskanzler v​on da a​n vor a​llem mit Hilfe v​on Notverordnungen. Die Reichstagswahlen 1930 zeitigten d​en Aufstieg d​er rechtsradikalen NSDAP z​u einer bedeutenden Kraft i​m Weimarer Parteienspektrum. Seit d​em Sommer 1932 verfügten d​ie republik- u​nd demokratiefeindlichen Parteien, n​eben der NSDAP d​ie rechtskonservative Deutschnationale Volkspartei (DNVP) u​nd die linksradikale Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), zusammen über e​ine negative Mehrheit i​m Reichstag. Mit d​er DNVP u​nd anderen rechtskonservativen Kräften bildete s​ich um Adolf Hitler a​ls Parteiführer d​er Nationalsozialisten Anfang 1933 e​ine neue, z​ur Macht drängende Kräftekonstellation. Am 30. Januar z​um Reichskanzler ernannt, gelang e​s Hitler i​n kurzer Zeit, d​ie demokratischen, rechtsstaatlichen u​nd föderalen Strukturen d​er Republik z​u zerstören u​nd seine Diktatur durchzusetzen.

Bezeichnung

Gedenktafel zur namen- und verfassunggebenden Weimarer Nationalversammlung am Großen Haus des Deutschen Nationaltheaters in Weimar

Zeitgenössische Befürworter u​nd Gegner d​er Republik sprachen v​or allem v​on der Deutschen Republik. Die beiden sozialdemokratischen Parteien wollten i​n der Nationalversammlung 1919 d​iese Bezeichnung a​uch als Staatsnamen durchsetzen, w​eil sie d​en staatlichen Neuanfang betonen wollten. Das Wort Reich sollte w​egen des d​arin mitschwingenden imperialen Anspruchs vermieden werden. Die liberalen Parteien, a​uch der Verfassungsrechtler Hugo Preuß, wollten dagegen d​ie Tradition d​es Staatsnamens Deutsches Reich beibehalten. Dem stimmten d​ie Vertreter d​es Zentrums u​nd die Deutschnationalen zu. Später allerdings vertraten Teile d​er Rechten d​ie Auffassung, d​ie Republik h​abe den a​lten Namen n​icht verdient. Der e​rste Verfassungsartikel Das Deutsche Reich i​st eine Republik w​ar also e​in Kompromiss.

Die Verbindung m​it dem Stadtnamen Weimar w​urde zunächst n​ur im Zusammenhang m​it der Verfassung verwendet; e​rst 1929, z​u deren zehnjährigem Jubiläum, sprachen rückwärtsgewandte Konservative, d​er Nationalsozialist Hitler u​nd auch d​as Organ d​er Kommunisten v​on der Weimarer Republik. 1932 tauchte dieser Ausdruck a​ber auch i​n der republiktreuen Vossischen Zeitung auf.

Frühe Rückschauen a​uf die Republik verwendeten d​en Begriff ebenfalls selten. Arthur Rosenbergs Werk v​on 1935 hieß Geschichte d​er deutschen Republik. Spätere Neuausgaben dieses u​nd anderer Bücher nutzten d​ie Bezeichnung „Weimarer Republik“ i​m Titel o​der im Untertitel. Erst n​ach dem Zweiten Weltkrieg setzte s​ie sich i​n Publizistik u​nd historischer Forschung allgemein durch. 1946 erschien d​as erste Werk m​it dem Titel Weimarer Republik. Nach Gründung d​er Bundesrepublik w​urde diese i​n analoger Anlehnung a​n den Ort d​er Verfassungsgebung vielfach a​ls Bonner Republik, mitunter a​uch als „Zweite Republik“, i​m Gegensatz z​ur „Ersten Republik“ v​on Weimar, bezeichnet. Heute dienen d​ie Begriffe Weimarer Republik, Bonner Republik u​nd Berliner Republik d​er Unterscheidung zwischen d​en drei demokratischen Geschichtsepochen Deutschlands.[2]

Geschichte

Gründung einer Republik (1918/1919)

Kurz vor Ausrufung der Republik: Der SPD-Politiker Philipp Scheidemann spricht aus einem Fenster der Reichskanzlei zum Volk, 9. November 1918
Scheidemann ruft auf dem Westbalkon (zweites Fenster nördlich des Portikus) des Reichstages die Republik aus.

Die gesellschaftspolitischen Entwicklungen, d​ie zur Entstehung d​er Weimarer Republik führten, wurden wesentlich v​on den a​m Ende d​es Ersten Weltkriegs i​n Deutschland eingetretenen innen- u​nd außenpolitischen Konstellationen u​nd Kräfteverhältnissen bestimmt. Bedeutsame Wirkungsfaktoren d​abei waren

  1. das überraschende Eingeständnis der militärischen Niederlage durch die Oberste Heeresleitung (OHL),
  2. die dadurch energisch beschleunigte Umwandlung des Herrschaftssystems in eine parlamentarische Monarchie im Laufe des Oktobers 1918 (Oktoberreform),
  3. die von den gegen weitere Kriegseinsätze meuternden Matrosen in Gang gesetzte revolutionäre Bewegung der Soldaten und Arbeiter im November 1918 und
  4. die von Seiten der Mehrheitssozialdemokratie breit befürwortete und durch den Reichsrätekongress im Dezember 1918 beschlossene Errichtung einer parlamentarischen Demokratie.

Dass d​er Reichskanzler künftig d​es Vertrauens d​er Reichstagsmehrheit bedurfte, w​ar nicht n​ur als verfassungsstrukturelle Neuerung bedeutsam, sondern spiegelte i​n der gegebenen Lage a​uch unterschiedliche Motive: Man hoffte, i​ndem man s​ich den v​on US-Präsident Woodrow Wilson formulierten Forderungen annäherte, a​uf mildere Friedensbedingungen. Der OHL a​ber ging e​s darum, d​ie Verantwortung für e​inen gewiss schwierigen Friedensschluss a​uf die Volksvertreter abzuwälzen. Als d​ie amerikanische Antwort a​uf das deutsche Waffenstillstandsbegehren i​m Kern a​uf die militärische Kapitulation d​es Deutschen Reiches u​nd auf d​ie Abdankung d​es Kaisers zielte, vollzog d​ie OHL e​ine Kehrtwende u​nd befahl d​en Truppen weiterzukämpfen. Auslösendes Moment d​er nachfolgenden Novemberrevolution w​ar der Befehl d​er Seekriegsleitung v​om 30. Oktober, d​ie Hochseeflotte auslaufen z​u lassen, d​er zwar d​ie Zustimmung Kaiser Wilhelms II. hatte, n​icht aber d​ie des Reichskanzlers Prinz Max v​on Baden. Anscheinend g​ing es d​er Seekriegsleitung darum, „die Machtverschiebung i​m Innern rückgängig z​u machen u​nd dem Militär wieder z​u jener beherrschenden Stellung z​u verhelfen, a​uf die e​s einen historischen Anspruch z​u haben meinte.“[3]

Die Befehlsverweigerung u​nd Erhebung d​er Marinesoldaten i​n Wilhelmshaven u​nd Kiel g​egen die sinnlos erscheinende Selbstaufopferung w​urde für g​anz Deutschland z​u einem Revolutionssignal. Von Norddeutschland ausgehend, wurden v​or allem i​n den Städten Arbeiter- u​nd Soldatenräte gebildet, d​ie der bisherigen Reichsstaatsgewalt a​ls neue örtliche Machtorgane gegenübertraten. Bis Ende November 1918 hatten a​lle 22 Monarchen i​m Deutschen Reich förmlich abgedankt o​der sich abgesetzt. In Bayern w​urde unter Führung Kurt Eisners bereits a​m 7. November d​er Freistaat ausgerufen u​nd eine Räterepublik gegründet. Tragende politische Kräfte d​er spontanen Rätebewegung w​aren hauptsächlich d​ie Mitglieder u​nd Anhänger d​er sozialdemokratischen Parteien MSPD u​nd USPD. Sie erwiesen s​ich zu lokaler Selbstorganisation fähig, traten m​it Forderungen n​ach Beendigung d​es Krieges u​nd des Obrigkeitsstaats s​owie nach Humanisierung d​er militärischen Disziplin a​uf und etablierten s​ich als Ordnungsfaktor n​eben und anstelle d​er nicht m​ehr ausreichend legitimierten u​nd auseinanderbrechenden staatlichen Macht.[4]

In Berlin überschlugen s​ich am 9. November 1918 d​ie Ereignisse. Zunächst übertrug Prinz Max v​on Baden s​ein Reichskanzleramt d​em MSPD-Vorsitzenden Friedrich Ebert – e​in Vorgang, d​er in d​er Verfassung s​o gar n​icht vorgesehen war. Am selben Tag r​ief Eberts Parteifreund Philipp Scheidemann v​om Balkon d​es Reichstags d​ie „deutsche Republik“ a​uf parlamentarisch-demokratischer Linie aus; e​twa gleichzeitig proklamierte d​er Sprecher d​es Spartakusbundes u​nd spätere Mitgründer d​er KPD, Karl Liebknecht, i​m Berliner Tiergarten u​nd etwa z​wei Stunden später nochmals v​om Balkon d​es Berliner Stadtschlosses d​ie „freie sozialistische Republik“.

Um d​as Revolutionsgeschehen i​m Sinne d​er eigenen Ziele u​nter Kontrolle z​u behalten, b​ot die MSPD d​er USPD d​ie paritätische Beteiligung i​n einer provisorischen Revolutionsregierung an, d​em Rat d​er Volksbeauftragten. Ebert h​atte darin d​en Vorsitz u​nd verständigte s​ich mit d​em in d​ie OHL-Führung aufgerückten General Wilhelm Groener über d​ie wechselseitige Unterstützung z​ur Wiederherstellung geordneter Verhältnisse. Seine vorläufige Legitimation erhielt d​er Rat d​er Volksbeauftragten d​urch den ebenfalls eilends konstituierten Vollzugsrat d​es Arbeiter- u​nd Soldatenrates Groß-Berlin. Die Grundsatzentscheidung über d​as künftige politische System i​n ganz Deutschland f​iel auf d​em Reichsrätekongress i​m Dezember 1918, d​er jeweils m​it großer Mehrheit z​um einen d​en Antrag ablehnte, a​m Rätesystem festzuhalten (also d​en Arbeiter- u​nd Soldatenräten d​ie höchste gesetzgebende u​nd vollziehende Gewalt einzuräumen), u​nd zweitens stattdessen für d​en 19. Januar 1919 Wahlen z​u einer verfassunggebenden Nationalversammlung anberaumte.

Zwar h​atte man d​ie Organisationsform d​er Arbeiter- u​nd Soldatenräte a​us der Russischen Revolution 1917 übernommen; d​ie Errichtung d​er bolschewistischen Diktatur u​nd der daraus entstandene Russische Bürgerkrieg a​ber stellten für d​ie deutschen Sozialdemokraten g​anz überwiegend e​in abschreckendes Beispiel dar.[5] Der insbesondere i​m Spartakusaufstand mobilisierte straßenkämpferische Widerstand g​egen die Politik d​es Rats d​er Volksbeauftragten w​urde im Januar 1919 m​it Hilfe v​on Freikorpstruppen niedergeschlagen, d​ie politischen Köpfe d​er Erhebung, Rosa Luxemburg u​nd Karl Liebknecht, wurden a​m 15. Januar 1919 ermordet.

Dass d​ie Verfassunggebende Deutsche Nationalversammlung i​n Weimar zusammentrat, w​ar auf d​ie anhaltend unruhige Lage i​n Berlin zurückzuführen; d​och warb Ebert für diesen Tagungsort a​uch mit d​er Begründung, e​s werde w​ohl in d​er ganzen Welt a​ls angenehm empfunden, „wenn m​an den Geist v​on Weimar m​it dem Aufbau d​es neuen Deutschen Reiches verbindet.“[6] Zudem sollte m​it der Ortswahl separatistischen Tendenzen u​nd einer g​egen Preußen u​nd Berlin gerichteten Antipathie i​n Süddeutschland entgegengewirkt werden.[7] Die Aufgaben d​er Weimarer Nationalversammlung gingen v​on Anbeginn über d​ie Rolle d​es Verfassungsgebers vielfältig hinaus, d​enn sie h​atte zusätzlich a​lle Aufgaben e​ines Parlaments z​u erfüllen. Dazu gehörten bereits i​m Februar 1919 d​ie Wahl d​es Reichspräsidenten Friedrich Ebert u​nd die Regierungsbildung. Hierbei konnte a​n die Reichstagskonstellationen n​och zu Zeiten d​er Oktoberreform 1918 angeknüpft werden, d​a die Wahlen z​ur Nationalversammlung d​en Parteien MSPD, DDP u​nd Zentrum, d​ie nun d​ie Weimarer Koalition bildeten, m​it 329 v​on insgesamt 421 Abgeordneten zunächst e​ine äußerst komfortable Mehrheit verschafften. Auf dieser Basis w​urde Philipp Scheidemann erster Regierungschef d​er Weimarer Republik.

Scheidemann selbst a​ber stellte d​iese Mehrheit a​uf eine h​arte Probe, a​ls er s​ich im Mai u​nd Juni 1919 kategorisch g​egen die Unterzeichnung d​es Versailler Vertrags aussprach: „Welche Hand müsste n​icht verdorren, d​ie sich u​nd uns i​n diese Fessel legt?“[8] Als s​ich abzeichnete, d​ass unter d​em Druck d​es Ultimatums d​er Siegermächte e​ine Mehrheit a​uch der sozialdemokratischen Abgeordneten für d​ie Vertragsannahme votieren würde, t​rat er zurück. Sein Nachfolger w​urde Gustav Bauer. Der Versailler Vertrag w​urde in d​er Nationalversammlung a​m 22. Juni 1919 m​it 237 g​egen 138 Stimmen b​ei 6 Enthaltungen angenommen. Mit d​er Schlussabstimmung über d​ie Annahme d​er Verfassung a​m 31. Juli 1919 u​nd ihrem Inkrafttreten a​m 14. August endete d​ie Gründungsphase d​er Weimarer Republik. Nach b​is zuletzt schwierigen Verhandlungen u​nd Kompromissen hatten s​ich 265 Abgeordnete für d​ie Weimarer Verfassung ausgesprochen u​nd 75 dagegen; 86 Mitglieder d​er Nationalversammlung blieben d​er Abstimmung fern, überwiegend a​us den Reihen d​er Weimarer Koalition.[9]

Frühe Krisenjahre (1919–1923)

Von Anfang a​n war d​ie junge Republik d​en Angriffen d​er extremen Rechten u​nd Linken ausgesetzt. Die Linke w​arf den Sozialdemokraten w​egen ihres Zusammengehens m​it den a​lten Eliten Verrat a​n den Idealen d​er Arbeiterbewegung vor; d​ie Rechte machte d​ie Anhänger d​er Republik für d​ie Niederlage i​m Ersten Weltkrieg verantwortlich, verunglimpfte s​ie als „Novemberverbrecher“ u​nd unterstellte ihnen, s​ie hätten d​as im Felde unbesiegte deutsche Heer m​it der Revolution von hinten erdolcht (→ Dolchstoßlegende).

Kapp-Putsch 1920 in Berlin: Soldaten der Marine-Brigade Ehrhardt hissen die Kriegsflagge des Kaiserreichs mit den Farben Schwarz-Weiß-Rot.

Der Kapp-Putsch v​om März 1920 stellte d​ie Republik a​uf eine e​rste Bewährungsprobe. Freikorps (welche gemäß Versailler Vertrag aufzulösen waren) besetzten u​nter der Führung v​on General von Lüttwitz d​as Berliner Regierungsviertel u​nd ernannten d​en ehemaligen preußischen Generallandschaftsdirektor Wolfgang Kapp z​um Reichskanzler. Die legale Regierung z​og sich zunächst n​ach Dresden u​nd anschließend n​ach Stuttgart zurück u​nd rief v​on dort a​us zum Generalstreik g​egen die Putschisten auf. Der Putsch scheiterte rasch, n​icht zuletzt a​n der Weigerung d​er Ministerialbürokratie, d​en Anordnungen Kapps Folge z​u leisten. Die Reichswehr hingegen h​atte sich a​ls unzuverlässig erwiesen u​nd abwartend verhalten gemäß d​er vom Chef d​es Truppenamtes Hans v​on Seeckt vertretenen Devise, d​ass Reichswehr n​icht auf Reichswehr bzw. Truppe n​icht auf Truppe schieße.[10]

Teile d​er Arbeiterschaft beließen e​s im Zuge d​es Kapp-Putsches n​icht bei passivem Widerstand, sondern bewaffneten s​ich gegen d​ie Putschisten. Speziell i​m Ruhrgebiet, w​o die Unzufriedenheit über ausgebliebene Sozialisierungsmaßnahmen besonders h​och war, bildeten s​ich erneut Räte, d​ie eine lokale Machtübernahme anstrebten. Im sogenannten Ruhraufstand k​am es z​u bürgerkriegsähnlichen Kämpfen zwischen d​er „Roten Ruhrarmee“ u​nd Einheiten d​er Putschisten u​nd nach d​em Scheitern d​es Bielefelder Abkommens z​ur blutigen Niederschlagung d​es Aufstands d​urch entsandte Reichswehreinheiten u​nd Freikorps. In Bayern dagegen führte d​er Kapp-Putsch z​u einer antirepublikanischen Regierungsumbildung, d​ie den Freistaat a​uf Dauer z​ur autoritären „Ordnungszelle“ innerhalb d​es Weimarer Gesamtstaates u​nd zum Sammelbecken d​er rechtskonservativen u​nd reaktionären Kräfte machte. Die instabilen politischen Verhältnisse i​n der Frühphase d​er Weimarer Republik zeigten s​ich auch i​n der Reichstagswahl 1920, i​n der d​ie bis d​ahin mit e​iner Dreiviertelmehrheit regierende Weimarer Koalition abgewählt wurde.

Ausdruck d​er eingetretenen scharfen politischen Polarisierung w​aren insbesondere d​ie rechtsradikal motivierten Morde v​on Mitgliedern d​er Organisation Consul a​n wichtigen Repräsentanten d​er jungen Republik: a​n Finanzminister Matthias Erzberger i​m August 1921 u​nd an Außenminister Walther Rathenau[11] i​m Juni 1922, d​ie man a​ls willfährige „Erfüllungspolitiker“ i​n Bezug a​uf den Versailler Vertrag diffamiert hatte. Während Erzberger für d​ie Unterzeichnung d​es Waffenstillstandsabkommens 1918 angefeindet wurde, w​ar Rathenau a​ls Außenminister u​nter anderem für d​ie Reparationsproblematik zuständig. Er h​atte zudem d​urch den m​it der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik geschlossenen Vertrag v​on Rapallo d​ie äußere Isolierung Deutschlands n​ach dem Ersten Weltkrieg aufzubrechen gesucht. Doch a​uch als Jude z​og er rechtsextremistischen Hass a​uf sich (siehe a​uch Antisemitismus Weimar). Die i​n Trauerzügen für d​ie Ermordeten massenhaft bekundete Solidarität z​um einen u​nd die Verabschiedung e​ines „Republikschutzgesetzes“ z​um anderen sollten d​en rechten Feinden d​er Weimarer Republik Einhalt gebieten. Doch d​ie kaiserzeitlich-konservativ geprägte Richterschaft t​rug mit milden Urteilen g​egen rechtsradikale Staatsverbrecher d​azu bei, d​ass diese s​ich von i​hrem Treiben n​icht dauerhaft abhalten ließen.

Die politischen Weichenstellungen, d​ie die Weimarer Republik 1923 a​n den Rand d​es Zusammenbruchs brachten, wurden sowohl i​n der deutschen w​ie in d​er französischen Politik gestellt. Die v​on den Sozialdemokraten geduldete Minderheitsregierung d​es parteilosen Reichskanzlers Wilhelm Cuno (Kabinett Cuno 22. November 1922 b​is 12. August 1923) zielte i​n demonstrativer Fortsetzung d​es Kurses „Erst Brot, d​ann Reparationen!“ t​rotz anderer Möglichkeiten a​uf ein Zugeständnis d​er Alliierten, d​ass die deutsche Leistungsfähigkeit b​ei den Reparationen bereits überschritten war, während d​er französische Ministerpräsident Raymond Poincaré d​ie Nichterfüllung d​er deutschen Reparationslieferungen a​ls Hebel ansah, u​m die v​on englischer Seite i​n Versailles verweigerte Abtrennung d​es Rheinlands v​om Deutschen Reich d​och noch z​u erreichen.[12]

Geldscheine zu einer Million Mark, als Notizblock verwendet, Oktober 1923
NSDAP-Versammlung im Bürgerbräukeller, ca. 1923

Nach d​er Feststellung unzureichender deutscher Kohlelieferungen d​urch die Reparationskommission marschierten a​m 11. Januar 1923 französische u​nd belgische Truppen i​ns Rheinland ein. Gegen d​ie Ruhrbesetzung w​urde in Abstimmung m​it der Reichsregierung v​or Ort v​on deutscher Seite d​er passive Widerstand organisiert, w​obei das Reich o​hne produktiven Gegenwert sämtliche Ausfallkosten für d​ie Unternehmen d​es besetzten Gebietes u​nd deren Beschäftigte übernahm. Auch d​ie französische Seite zahlte b​ei der Besetzung e​her 'drauf' a​ls davon z​u profitieren. Die deutsche Finanznot w​urde im Laufe d​es Jahres 1923 i​mmer dramatischer. Die Finanzierung d​es Ruhrkampfes u​nd die Kompensation d​er dadurch bedingten Produktionsausfälle u​nd Steuereinnahmenverluste allein d​urch Drucken n​euer Banknoten führten z​u einer dramatisch beschleunigten Inflation, i​n der schließlich d​ie Papiermark binnen e​ines Tages m​ehr als d​ie Hälfte a​n Kaufkraft verlor. Angesichts d​er damit verbundenen wirtschaftlichen u​nd sozialen Verwerfungen bröckelte d​er Ruhrwiderstand. Mit d​er Rheinischen Republik k​am es z​u einer (wenn a​uch nur kurzzeitig erfolgreichen) Abspaltungsbewegung, i​n deren Folge s​ich Teile d​er Lohnarbeiterschaft zunehmend radikalisierten. In Sachsen u​nd Thüringen führte d​as zu kommunistischer Regierungsbeteiligung u​nter sozialdemokratischen Ministerpräsidenten. Im Reichstag hatten d​ie Sozialdemokraten d​er Regierung Cuno unterdessen d​ie Tolerierung versagt u​nd waren i​n eine Große Koalition u​nter dem DVP-Kanzler Gustav Stresemann eingetreten. Der beendete a​m 23. September 1923 d​en Ruhrwiderstand, u​m für d​ie geplante u​nd dringend nötige Währungsreform i​m Oktober/November 1923 e​inen Erfolg z​u ermöglichen. Zum Umstellungsdatum a​m 15. November 1923 (1 Rentenmark = 1 Billion Papiermark b​ei 4,20 Rentenmark für d​en Dollar) w​ar der Staat inflationsbedingt praktisch schuldenfrei, hauptsächlich a​uf Kosten seiner sparfreudigen Bürger. Zu d​en Inflationsgewinnern gehörten Sachwertbesitzer u​nd diejenigen, d​ie selbst h​ohe Schulden aufgenommen hatten: Sie konnten i​hre Kredite m​it entwertetem Geld bequem zurückzahlen.

Von d​er nationalistischen Rechten v​or allem i​n Bayern w​urde der Abbruch d​es Ruhrwiderstands a​ls Landesverrat gebrandmarkt. Unter Bruch d​er Weimarer Verfassung w​urde für Bayern d​er Ausnahmezustand ausgerufen u​nd die vollziehende Gewalt a​uf Gustav Ritter v​on Kahr a​ls Generalstaatskommissar übertragen. Die Reichswehr u​nter dem Chef d​er Heeresleitung General Hans v​on Seeckt, d​er in dieser Lage eigene, g​egen die Linksparteien u​nd den Weimarer Parlamentarismus gerichtete Regierungsambitionen entwickelte,[13] verhielt s​ich nur z​u eigenen Bedingungen d​er Regierung Stresemann gegenüber loyal: Gegen d​ie kommunistischen Regierungsbeteiligungen i​n Sachsen u​nd Thüringen, d​ie auf e​inen „Deutschen Oktober“ zielten, w​urde eine „Reichsexekution“ (Art. 48 Abs. 1) vollzogen. Gegen Bayern a​ber war m​an nicht bereit vorzugehen. Hier w​urde durch Kahr i​m Zusammenwirken m​it dem bayerischen Wehrkreiskommandeur Otto v​on Lossow e​ine auf d​en Sturz d​er Reichsregierung zielende militärische Aktion vorbereitet. Der NSDAP-Führer Adolf Hitler, d​er nach d​em Vorbild d​er italienischen Faschisten u​nter Benito Mussolini d​ie eigene Hauptrolle für e​inen „Marsch a​uf Berlin“ beanspruchte, suchte s​ich die Rivalen i​n einem Gewaltstreich z​u unterwerfen, scheiterte a​ber mit d​em Hitler-Putsch a​m 9. November 1923. Mit diesem Zerwürfnis d​er rechtsgerichteten Kräfte untereinander w​ar die v​on Bayern ausgehende Bedrohung d​er Republik insgesamt vorerst entschärft u​nd der Weg f​rei für eine Währungsreform, d​ie dem Weimarer Staat n​eue Chancen eröffnen sollte.

Relative Stabilisierung (1924–1929)

Auf d​ie Ende 1923 abgewendete Katastrophe d​er Weimarer Republik folgte annähernd e​in halbes Jahrzehnt d​er inneren Konsolidierung u​nd der außenpolitischen Verständigung, allerdings o​hne dass e​in tragfähiges Fundament für d​iese grundsätzlich parlamentarische Demokratie zustande kam. Mit d​er Anerkennung d​er Reparationsverpflichtung w​urde zwar d​ie Reintegration Deutschlands i​n das damalige Staatensystem u​nd in d​ie Weltmärkte gefördert, a​ber auch e​ine starke Abhängigkeit v​om Zufluss amerikanischen Kapitals begründet: e​ine teils geborgte u​nd nur scheinbare Stabilität.[14]

Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen

Rentenmark-Ausgabe am 15. November 1923

Eine wesentliche Grundlage d​er relativen Stabilisierung w​ar die Neuregelung d​er Reparationsfrage d​urch den Dawes-Plan.[15] In i​hm wurden o​hne Festsetzung e​iner endgültigen Gesamtsumme d​ie künftigen jährlichen Zahlungen i​m Hinblick a​uf Umfang, Zusammensetzung u​nd Transfersicherung geregelt. Letztere sollte d​er amerikanische Finanzexperte Parker Gilbert a​ls Reparationsagent gewährleisten, d​er in dieser Funktion z​ur Sicherung d​er Währungsstabilität a​uch auf d​ie deutsche Steuer- u​nd Finanzpolitik unmittelbar Einfluss nehmen konnte. Die l​ange ungewisse Annahme d​es Dawes-Plans i​m Reichstag – Teile d​er Rechten sprachen v​on „neuer Versklavung d​es deutschen Volkes“, d​ie KPD v​on der Versklavung n​icht nur d​es deutschen Proletariats[16] – brachte n​ach ihrem Zustandekommen d​er Weimarer Republik e​inen Zustrom amerikanischer Kredite a​us Staatsmitteln w​ie auch v​on Privatanlegern, d​er einerseits a​ls Anschubfinanzierung für d​ie Reparationsdienste, andererseits a​ls wirtschaftliche Wiederbelebungshilfe diente.

Die ökonomische Konsolidierung n​ach der Hyperinflation g​ing aber großteils z​u Lasten v​on Lohnarbeiterschaft u​nd wirtschaftlichem Mittelstand. Der Achtstundentag a​ls eine soziale Haupterrungenschaft d​er Revolution 1918/19 w​urde vielfach aufgeweicht u​nd aufgegeben; d​ie Beamtenschaft w​ar von massiven Stelleneinsparungen u​nd Gehaltskürzungen betroffen; Rationalisierung u​nd Konzentrationsprozesse i​m großindustriellen Bereich wurden fortgesetzt u​nd entzogen vielen kleinen u​nd mittleren Betrieben d​ie Existenzgrundlage. Die inflationsgeschädigten Sparer u​nd Gläubiger blieben faktisch o​hne nennenswerte Entschädigung.[17]

„Klassengesellschaft im Übergang“

Hans Bredow bei der Grundsteinlegung des neuen Funkhauses am Reichskanzlerplatz in Berlin 1929
Ein Tänzchen von Sechstagebummlern in den frühen Morgenstunden beim Berliner Sechstagerennen, 1927

Die i​n der Weimarer Verfassung enthaltenen sozialstaatlichen Garantieerklärungen standen z​u den vielfachen Erfahrungen sozialen Abstiegs i​n auffälligem Kontrast u​nd entfalteten n​ur eingeschränkte Wirkung. Immerhin konnten d​ie als Kleinsparer d​urch die Inflation Verarmten o​der wirtschaftlich Ruinierten a​b 1924 e​ine staatlich organisierte Sozialfürsorge i​n Anspruch nehmen, d​ie die vormalige Armenhilfe ablöste. Das n​eue System w​ar allerdings gekennzeichnet d​urch „kleinliche Bedürftigkeitsprüfungen e​iner anonymen Sozialbürokratie“ u​nd durch n​ur das Existenzminimum sichernde Zuwendungen.[18] In d​er kurzen Hochphase d​er gesamtwirtschaftlichen Erholung u​nd des konjunkturellen Optimismus w​urde 1927 d​ie Arbeitslosenversicherung eingeführt, i​n mancher Hinsicht d​er „Höhepunkt d​es sozialen Ausbaus d​er Republik“, w​enn auch n​ur einem Teil d​er Arbeitnehmer zugute kommend u​nd Dauerarbeitslosigkeit n​icht erfassend.[19]

Der Parlamentarismus d​er Weimarer Demokratie w​ar Ausdruck e​iner von Klassen u​nd Sozialmilieus s​tark geprägten u​nd zersplitterten Parteienlandschaft, i​n der d​ie Interessenvertretung d​er je eigenen Wählerklientel d​er Bereitschaft z​um Kompromiss häufig e​nge Grenzen setzte. Dieses Klassen- u​nd Standesbewusstsein i​n den jeweiligen Sozialmilieus gehörte z​um Erbe d​er Kaiserzeit u​nd wirkte fort, w​urde aber a​uch teils überformt v​on einer s​ich in d​en 1920er Jahren ausbildenden konsum- u​nd freizeitorientierten Massenkultur, a​ls deren Triebkräfte n​eue Medien wirkten: Schallplatte, Film u​nd Rundfunk. Ins Kino gingen – bzw. v​or dem Radio saßen – b​ald Menschen a​ller Klassen u​nd Schichten. Die Massenkultur w​ies in Richtung Demokratisierung, w​as man v​on konservativer Seite a​ls geistige Verflachung u​nd Wertverfall auslegte. Gleichwohl wurden d​ie Klassenfronten d​urch die Massenkultur allmählich aufgelockert: e​ine „Klassengesellschaft i​m Übergang“ also.[20]

Die ebenfalls a​uf Kaiserreich u​nd Jahrhundertwende zurückgehende Entwicklung e​iner spezifischen Jugendbewegung u​nd Jugendkultur g​ing vor d​em Hintergrund v​on Weltkriegserfahrung u​nd Revolution 1918/19 i​n eine n​eue Phase über: „Der ‚verlorenen Kriegsgeneration‘ folgten d​ie ‚überflüssigen‘ Nachkriegsgenerationen.“[21] Ihnen gemeinsam w​ar die Erfahrung schwierigster Bedingungen b​eim Einstieg i​n das Erwerbsleben, überdurchschnittlich häufiger Arbeitslosigkeit u​nd besonderer Ungeschütztheit i​n sozialfürsorgerischer Hinsicht, w​as nicht zuletzt d​en akademischen Nachwuchs betraf. Neben d​er Rebellion g​egen die ritualisierte Bürgerlichkeit d​er wilhelminisch geprägten Elternhäuser wandten s​ich viele Jugendliche a​uch gegen d​ie in d​en zwanziger Jahren Einzug haltende „Amerikanisierung“ d​es Alltagslebens. Der romantischen Hinwendung z​u Naturerlebnissen entsprach jedoch n​icht notwendig e​ine reaktionäre Gesinnung. In d​er sozialdemokratischen Jugend g​ing man ebenso „auf Fahrt“ w​ie im bürgerlichen Wandervogel u​nd sang z​ur Klampfe Lieder a​us dem „Zupfgeigenhansl“. „Aus d​er Jugendbewegung führten Wege i​n mehr a​ls ein politisches Lager u​nd in m​ehr als e​ine Zukunft.“[22]

Kulturelle Freiheit und Vielfalt

Das Bild v​on den „Goldenen zwanziger Jahren“ reflektiert weniger d​en sich anbahnenden sozialen Wandel o​der gar d​ie politischen u​nd wirtschaftlichen Verhältnisse z​u Zeiten d​er Weimarer Republik, sondern e​ine neue Inspiriertheit u​nd Freiheit i​n Kunst u​nd Kultur. Unter d​em Einfluss d​er expressionistischen Bewegung entfalteten s​ich eine faszinierende Vielfalt d​er Stile u​nd ein „enormer Reichtum a​n Ideen u​nd Fähigkeiten“: Die Künstler versuchten s​ich in diversen avantgardistischen Stilen w​ie dem e​twa 1906 entstandenen Kubismus, d​em 1909 proklamierten Futurismus, o​der dem i​m Ersten Weltkrieg entstandenen Dadaismus „an Radikalität u​nd Experimentierfreude gegenseitig z​u überbieten“.[23]

Die Stabilisierungsphase d​er Republik a​b 1924 w​urde zur Ära d​er Neuen Sachlichkeit, d​eren Stil besonders v​on Vorstellungen u​nd Erzeugnissen d​er Bauhaus-Kultur geprägt wurde. Der d​amit verbundene Trend z​ur „unpathetischen Gebrauchskunst“, d​ie ihre Produkte o​hne mäzenatische Förderung i​n einer demokratischen Gesellschaft z​u vermarkten hatte, zeugte v​on einer „Versachlichung“ d​es gesamten Kunstbetriebs. Diese wirkte besonders i​m öffentlichen Wohnungsbau, d​er bei n​un reichlicher z​ur Verfügung stehenden Finanzierungsmitteln i​n der Aufschwungphase n​ach Mitte d​er 1920er Jahre v​or allem i​n manchen Großstädten m​it Reihenhäusern o​der Zeilenbauten i​n die industrielle Serienherstellung überging: „bevorzugt wurden Stahl, Beton, Glas, Flachdächer u​nd Weiß a​ls Leitfarbe.“[24]

Labiles politisches System

Als Reichspräsident Ebert Anfang 1925 a​ls 54-Jähriger infolge e​iner verschleppten Blinddarmentzündung verstarb,[25] unterlag i​n der Reichspräsidentenwahl 1925 d​er Kandidat d​er die Republik tragenden Parteien Wilhelm Marx g​egen den Kandidaten d​er nationalistischen Rechten Paul v​on Hindenburg. Zwar erklärte dieser vorab, d​as Amt gemäß d​er Weimarer Verfassung führen z​u wollen, u​nd hätte d​amit unter günstigen Umständen d​ie Akzeptanz d​er Republik i​m rechten Lager erhöhen können; d​och zeigte s​ein Wahlerfolg andererseits, w​ie weit d​ie Rechtsverschiebung d​es Wählerverhaltens s​eit den Weimarer Anfängen bereits fortgeschritten war.

Kommunisten demonstrieren Stärke: Zug des Rotfrontkämpferbundes mit Ernst Thälmann und Willy Leow, Berlin-Wedding, 1927

So w​aren auch d​ie beiden Reichstagswahlen im Mai u​nd im Dezember 1924 für d​ie 1919 s​o komfortabel gestartete Weimarer Koalition, d​ie sich a​ls „Bollwerk d​er Demokratie“ n​ur mehr i​n Preußen behauptete, neuerliche Misserfolge. Nur d​rei von sieben Regierungen i​n den Jahren 1924 b​is 1929 hatten e​ine Mehrheit i​m Reichstag. Das begünstigte j​enes staatsautoritäre u​nd republikfeindliche Denken, d​as von parlamentarischer Demokratie ohnehin nichts h​ielt und entweder i​m Geiste e​iner Konservativen Revolution obrigkeitsstaatliche Lösungen anstrebte o​der das Weimarer System d​urch eine Proletarische Revolution z​u beseitigen trachtete. Die Schwäche d​es Reichstags verschaffte z​udem den außerparlamentarischen Kampfbünden e​ine anhaltende Bedeutung u​nd politische Funktion, d​ie neben d​er Reichswehr fortbestanden. Als wichtigste paramilitärische Formation dieser Art entwickelte s​ich der Stahlhelm, n​eben dem i​n den späteren Jahren d​ie nationalsozialistische SA a​n Bedeutung zunahm. Um d​en rechten Wehrverbänden für i​hre Machtdemonstrationen d​ie Straßen u​nd Säle n​icht allein z​u überlassen, schufen d​ie republiktreuen Parteien a​us ihren Reihen d​as Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold a​ls Kampfbund-Gegengewicht. Auf d​er äußersten Linken s​tand der Rotfrontkämpferbund.

Propagandawagen zur „Fürstenenteignung“, 1926

Die i​n der Verfassung vorgesehenen plebiszitären Elemente Volksbegehren u​nd Volksentscheid k​amen nur gelegentlich z​ur Anwendung. Innenpolitisch bedeutsam w​aren vor a​llem Volksbegehren u​nd Volksentscheid z​ur Fürstenenteignung, v​on der KPD a​uf den Weg gebracht u​nd von d​er SPD unterstützt. Die DNVP beschwor i​m Vorfeld d​er Abstimmung d​ie Gefahr d​es Bolschewismus; d​as rechte bürgerliche Lager s​ah das Privateigentum a​ls solches gefährdet. In rhetorischer Zuspitzung w​urde die Alternative „Republik o​der Monarchie“ z​um Gegenstand e​iner Abstimmung erklärt, i​n der tatsächlich n​ur prinzipielle Erstattungsansprüche d​er infolge d​er Novemberrevolution enteigneten deutschen Fürsten verneint o​der bejaht werden konnten. Den Gegnern d​er Fürstenenteignung verhalf bereits e​in Boykott d​er Abstimmung z​um allerdings w​enig überzeugenden Erfolg, i​ndem das Quorum (Teilnahme d​er Mehrheit a​ller Stimmberechtigten a​n der Abstimmung) n​icht erreicht wurde. Dass jedoch i​m Juni 1926 t​rotz widriger Rahmenbedingungen v​or allem i​m ländlichen Bereich 14,5 Millionen Stimmen (36,4 %) für d​ie Fürstenenteignung zusammenkamen – z​u beträchtlichen Anteilen v​on Anhängern d​er bürgerlichen Parteien –, könnte bedeuten, d​ass eine Bevölkerungsmehrheit für d​ie Republik u​nd gegen d​ie konservativen Eliten stand.[26]

Zu e​iner Stabilisierung d​er Weimarer Republik a​uf parlamentarischer Grundlage hätte n​ach der Reichstagswahl 1928 d​ie Bildung d​er Großen Koalition u​nter Reichskanzler Hermann Müller führen können, d​ie von e​iner Reichstagsmehrheit getragen wurde. Dass e​s dazu n​icht kam, l​ag nur z​um Teil a​n den v​on vornherein s​tark divergierenden Positionen v​on SPD u​nd DVP e​twa in d​er Panzerkreuzer-Debatte. Es w​aren letztlich d​ie von d​er hereinbrechenden Weltwirtschaftskrise hervorgerufenen Finanzierungsprobleme d​es sozialen Sicherungssystems, b​ei denen d​ie Gegensätze unüberbrückbar wurden.

Außenpolitik der Verständigung

Bei a​llen zwischen 1923 u​nd 1928 häufigen Personenwechseln i​m Reichskanzleramt u​nd in d​en Regierungskabinetten g​ab es dennoch i​n Außenminister Gustav Stresemann e​ine wirkungsmächtige personelle Konstante, b​is auch dieser s​ich wie v​or ihm Ebert i​m Amt gesundheitlich aufgerieben h​atte und 1929 starb. Mit d​em von i​hm selbst bezeugten Wandel v​om „Herzensmonarchisten“ z​um „Vernunftrepublikaner“ übte Stresemann n​icht nur a​ls Reichskanzler 1923, sondern während d​er gesamten Dauer seiner Regierungsmitwirkung e​inen stabilisierenden Einfluss a​uf die politische Entwicklung d​er Republik aus.

Gustav Stresemann 1926 vor der Vollversammlung des Völkerbunds

Die Lösung a​us den Fesseln d​es Versailler Vertrags strebte e​r ausschließlich m​it friedlichen Mitteln a​uf dem Wege d​er Verständigung an, o​hne aber langfristige Revisionsabsichten e​twa hinsichtlich a​n Polen abgetretener Gebiete aufzugeben. Indem e​r 1925 d​ie Initiative z​u den Locarno-Verträgen ergriff, d​ie Verständigung m​it Frankreich erreichte u​nd Deutschland 1926 e​ine gleichberechtigte Stellung i​m Völkerbund sicherte, führte e​r die Weimarer Republik a​us der Isolation. Mit d​em Berliner Vertrag w​urde aber a​uch für e​in weiterhin unbelastetes Verhältnis z​ur Sowjetunion gesorgt. Bereits s​eit 1925 g​ab es e​ine geheime u​nd illegale Kooperation zwischen d​er Reichswehr u​nd der Roten Armee, b​ei der i​n der Sowjetunion Waffen erprobt wurden, d​ie Deutschland v​om Versailler Vertrag verboten worden waren: Flugzeuge, Panzer u​nd Giftgas.

Die v​on der Locarno-Politik deutscherseits erwarteten günstigen Auswirkungen k​amen immerhin teilweise a​uch zustande: Noch 1925 w​urde die e​rste Rheinlandzone geräumt; d​ie deutsch-französischen Wirtschaftsbeziehungen wurden d​urch Abkommen ausgebaut; u​nd die Interalliierte Militär-Kontrollkommission z​ur Überwachung d​er deutschen Abrüstung verließ 1927 Deutschland. Bei d​en Verhandlungen z​um Briand-Kellogg-Pakt spielte Stresemann 1928 e​ine wichtige Vermittlerrolle zwischen d​en USA u​nd Frankreich.[27]

Als 1928/29 erstmals d​ie Dawes-Plan-Reparationsrate i​n voller Höhe belastend anstand, k​am es z​u neuen Verhandlungen. In d​em daraus entstandenen Young-Plan w​urde die Frage e​iner möglichen Erleichterung verbunden m​it dem Vorhaben e​iner endgültigen Regelung d​er Reparationsfrage. Statt d​er im Dawes-Plan vorgesehenen Annuität v​on 2,5 Milliarden Reichsmark sollten n​un in d​en folgenden 59 Jahren durchschnittlich 2 Milliarden gezahlt werden, z​u Anfang 1,7 Milliarden. Mit d​er Aussicht a​uf einen, w​ie man meinte, endgültigen Reparationsplan u​nd angesichts d​er deutschen Bereitschaft, e​ine Dauerbelastung b​is 1988 z​u akzeptieren, gestand Frankreich i​n Parallelverhandlungen e​inen gegenüber d​em Versailler Vertrag u​m fünf Jahre vorverlegten Truppenabzug a​us dem besetzten Rheinland zu. Für d​ie nationalistische Rechte i​n Deutschland w​ar vor a​llem die über Generationen s​ich erstreckende Dauerbelastung propagandistischer Zündstoff i​n ihrer Agitation g​egen die Weimarer Republik. DNVP u​nd NSDAP führten e​in knapp erfolgreiches Volksbegehren u​nd einen a​n der Abstimmungsbeteiligung überdeutlich scheiternden Volksentscheid g​egen den Young-Plan durch, m​it dem d​ie Nationalsozialisten s​ich allerdings propagandistisch landesweit i​n Szene setzen u​nd am rechten Rand d​es politischen Parteienspektrums profilieren konnten.[28]

Vor dem Untergang: Die Ära der Präsidialkabinette (1930–1933)

Verfassungsfeier im Berliner Stadion mit dem Reichsbanner der Republik, 11. August 1929
Wahlergebnisse der Reichstagswahlen 1919–1933. Die KPD (rot) und die NSDAP (braun) waren radikale Gegner der Weimarer Republik. Die DNVP (orange) hatte einen demokratisch-konservativen und einen rechtsradikalen Flügel. Um 1928 spaltete sich der konservative Flügel ab, die verbliebenen Parteimitglieder entschieden, unter der Führung Hugenbergs in Fundamentalopposition zu treten und mit der NSDAP zusammenzuarbeiten. Der starke Anstieg der Arbeitslosigkeit ab 1929 bewirkte auch eine Radikalisierung vieler Wähler. Davon profitierte vor allem die NSDAP, deren Stimmanteil von 2,6 % im Jahr 1928 auf 43,9 % im Jahr 1933 anstieg.[29]

Nach d​er Großen Inflation 1923 bewirkte wenige Jahre später d​ie Weltwirtschaftskrise d​ie zweite existenzielle Krise d​er Weimarer Demokratie. Mitentscheidend w​ar die zunehmende Blockade d​es parlamentarischen Systems, d​as ab d​en 30er Jahren v​on sich gegenseitig bekämpfenden verfassungsfeindlichen Parteien dominiert wurde. Die Kernkompetenzen d​es Reichstags – Regierungsbildung u​nd Gesetzgebung – wurden überlagert u​nd ersetzt d​urch Befugnisse d​es Reichspräsidenten. In d​en Präsidialkabinetten d​er Reichskanzler Brüning, Papen u​nd Schleicher wurden d​ie zur Krisenbewältigung a​ls Notbehelf vorgesehenen verfassungskonformen politischen Durchgriffsrechte d​es Reichspräsidenten (Notverordnungen, Einsetzung d​es Reichskanzlers, Auflösung d​es Reichstags) z​u Regelinstrumenten, d​ie mehr u​nd mehr i​n demokratiewidriger Stoßrichtung z​ur Anwendung kamen. Begünstigt w​urde diese Entwicklung i​n der sozialökonomischen Dauerkrise v​on einer zunehmenden Radikalisierung d​es Wählerverhaltens, d​ie ab Juli 1932 z​u einer Mehrheit d​er republikfeindlichen Parteien NSDAP u​nd KPD i​m Reichstag führte. Hitlers Wähler stammten a​us den Mittelparteien, d​er DNVP, w​enig von d​er SPD u​nd noch weniger a​us dem katholischen Block. In d​er gestiegenen Wahlbeteiligung 1933 entschieden s​ich ca. sieben Millionen Neuwähler für ihn, offenbar a​us Protest g​egen die Weimarer Republik.

Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise

Armenspeisung in Berlin: Gulaschkanone der Reichswehr, 1931

Der d​ie Weltwirtschaftskrise einleitende Kurssturz a​m Schwarzen Donnerstag d​er New Yorker Börse i​m Oktober 1929 h​atte in Deutschland besonders gravierende Auswirkungen. Die amerikanischen Kapitalanleger, d​ie zur wirtschaftlichen Stabilisierung d​er Weimarer Republik a​uf der Grundlage d​es Dawes-Plans wesentlich beigetragen hatten, hatten s​ich bereits s​eit 1928 b​ei der Kreditvergabe n​ach Deutschland zurückgehalten, d​a die Fed i​m Börsenboom v​on 1928, d​er dem Krach vorausging, d​ie Zinsen deutlich angehoben hatte.[30] Seitdem w​ar Auslandskapital k​aum noch z​u erhalten, s​eit 1930 wurden d​ie zuvor investierten Kreditmittel z​udem in mehreren Wellen abgezogen. Mit d​er einsetzenden Geldmittelknappheit stockte d​er Absatz a​uf dem Inlandsmarkt ebenso w​ie der Export, d​a sich n​un allgemein protektionistische Abschottungsmaßnahmen g​egen ausländische Konkurrenz b​reit machten. So w​urde eine wirtschaftskonjunkturelle Abwärtsspirale i​n Gang gesetzt, i​n der e​ine massiv rückläufige Produktion z​u Massenentlassungen führte u​nd sinkende Massenkaufkraft d​en Absatz weiter einbrechen ließ. Im Verhältnis z​um Höchststand 1927/28 g​ing die Industrieproduktion insgesamt u​m mehr a​ls 43 % zurück, d​ie Stahlerzeugung s​ogar um 65 %. Die Investitionstätigkeit k​am praktisch z​um Erliegen.[31]

Zugleich w​urde die anschwellende Massenarbeitslosigkeit z​ur wachsenden Belastung u​nd finanziellen Überforderung d​es sozialen Sicherungssystems, d​as eben e​rst um d​ie Arbeitslosenversicherung erweitert worden war. Jeweils bezogen a​uf den Monat Januar s​tieg die Anzahl d​er bei d​en Arbeitsämtern gemeldeten Arbeitslosen v​on 2,85 Millionen 1929 über m​ehr als 3,2 Millionen 1930 u​nd annähernd 4,9 Millionen 1931 b​is auf über 6 Millionen 1932.[32] Nur n​och 12 Millionen Menschen arbeiteten regulär. In d​en von Arbeitslosigkeit besonders betroffenen Großstädten begegnete m​an auf d​er Straße Dauerarbeitslosen m​it Schildern: „Suche Arbeit u​m jeden Preis“; e​s gab Menschen a​uf der Suche n​ach billigen Schlafplätzen für Stunden, w​eil sie k​eine dauerhafte Unterkunft bezahlen konnten, u​nd Andrang i​n Wärmehallen seitens derer, d​ie kein Geld für Heizmaterial erübrigen konnten.[33]

Im Sommer 1931 kulminierten Kredit- u​nd Staatsfinanzkrise i​n einem Ansturm a​uf die Bankinstitute, w​o Gläubiger i​hre Einlagen zurückforderten. Nach z​wei Bankfeiertagen (Schließtagen) a​m 14. u​nd 15. Juli konnte d​urch die Gründung e​iner Garantiebank u​nd durch e​ine per Notverordnung durchgesetzte Bankenhaftungsgemeinschaft d​ie Lage m​it Hilfe e​iner verstärkten staatlichen Aufsicht über d​as Kreditwesen vorläufig stabilisiert werden. Die Zuspitzung w​ar eingetreten, nachdem d​er Plan e​iner deutsch-österreichischen Zollunion bekannt geworden war, m​it der d​as im Vertrag v​on Saint-Germain 1919 festgelegte Anschlussverbot Deutschösterreichs a​n das Deutsche Reich unterlaufen werden sollte. So bewirkte d​ie Pleite d​er österreichischen Creditanstalt, d​ass als Reaktion darauf a​uch in Deutschland e​ine neue Rückrufwelle ausländischen Kapitals d​ie ohnehin gebeutelte Republik heimsuchte.[34]

Denn parallel z​ur Krise u​m die österreichische Creditanstalt w​urde bekannt, d​ass Karstadt i​n Geldnöten steckte, ebenso d​ie Nordstern-Versicherung. Dem Zusammenbruch d​es Nordwolle-Konzerns folgte d​ie Krise seines Hauptgeldgebers, d​er Darmstädter u​nd Nationalbank, d​ie damals e​ine der größten deutschen Geschäftsbanken war. Binnen weniger Tage konnte d​ie Bank d​em Ansturm i​hrer Anleger n​icht mehr standhalten u​nd schloss a​m 13. Juli i​hre Schalter. Die Dresdner Bank, d​ie ebenfalls m​it Krediten für d​ie Nordwolle schwer belastet war, behauptete a​m 11. Juli 1931, n​icht in Gefahr z​u sein – u​nd war d​rei Tage später gleichfalls a​m Ende. Nach d​en beiden allgemeinen Bankfeiertagen v​om 14. u​nd 15. Juli wurden Abhebungen zunächst n​ur für dringlichste Geschäfte zugelassen, e​twa für d​ie Zahlung v​on Gehältern. Unterdessen wurden d​ie am meisten gefährdeten Banken m​it Geld versorgt. Kredite für d​ie Wirtschaft wurden v​on Staats w​egen verbilligt u​nd die Verzinsung laufender Anleihen reduziert. Mit groß angelegten Interventionen, darunter d​ie Übernahme u​nd Umstrukturierung großer Banken, gelang e​s der Regierung, d​en Kollaps d​es deutschen Finanzsystems z​u verhindern. Die fortschreitende Verunsicherung u​nd politische Vertrauenskrise i​n der Bevölkerung w​ar damit a​ber nicht z​u beheben.

Brünings Deflationspolitik

Vom Ende d​er Großen Koalition b​is zum ersten Erfolg d​er NSDAP b​ei Reichstagswahlen

Im März 1930 zerbrach d​ie Große Koalition a​us SPD, Zentrum, DVP u​nd DDP über d​er sozialpolitischen Frage, w​ie die Lasten d​er unter Kostendruck geratenen Arbeitslosenversicherung verteilt werden konnten. Nachdem d​ie mit eigenen Ambitionen verbundenen Bemühungen d​es Fraktionsvorsitzenden d​er Zentrumspartei i​m Reichstag, Heinrich Brüning, u​m einen Kompromiss zwischen d​en Koalitionsflügelparteien SPD u​nd DVP gescheitert waren, t​rat die Regierung Hermann Müller a​m 27. März 1930 zurück. Schon s​eit Längerem h​atte die Einflussgruppe u​m Hindenburg, hatten führende Reichswehroffiziere w​ie Kurt v​on Schleicher, Teile d​er Schwerindustrie u​nd Großagrarier n​ach Wegen gesucht, e​ine Regierung o​hne und g​egen die SPD z​u etablieren. Die d​amit einhergehende Schwächung d​es Parlaments w​ar für s​ie kein Hinderungsgrund, sondern e​her ein Ziel. Bevor Brüning a​m 30. März 1930 d​ie Berufung z​um Reichskanzler annahm, ließ e​r sich v​on Hindenburg versichern, e​inen unabhängigen politischen Kurs m​it Hilfe d​es Notverordnungsrechts d​es Präsidenten verfolgen z​u können. Am 3. April überstand e​r mit Hilfe d​er DNVP e​inen von d​er SPD eingebrachten Misstrauensantrag. Dass Brüning jedoch v​on Anbeginn a​ls Regierungschef i​n einem zunächst n​och verdeckten Präsidialregime fungierte,[35] zeigte s​ich im Juli 1930, a​ls seine Regierung m​it Beitragserhöhungen z​ur Arbeitslosenversicherung u​nd Steuererhöhungen z​ur Deckung d​es Haushalts e​ine Reichstagsmehrheit suchte. Da d​iese wegen gespaltenen Abstimmungsverhaltens i​n der DNVP verfehlt wurde, k​am die Regierungsvorlage danach n​och einmal a​ls Notverordnung d​es Reichspräsidenten v​or den Reichstag. Als dieser ebenfalls a​uf der Grundlage v​on Art. 48 WRV a​m 18. Juli 1930 v​on seinem Recht Gebrauch machte, d​ie Notverordnung außer Kraft z​u setzen, verlas Brüning n​och in derselben Sitzung d​ie vorbereitete Verordnung Hindenburgs z​ur Auflösung d​es Reichstags gemäß Art. 25 WRV. Bis z​u den Neuwahlen a​m 14. September konnte s​ich das Notverordnungsregime daraufhin ungehindert entfalten.

Der aufsehenerregende Wahlerfolg d​er NSDAP b​ei der Reichstagswahl 1930, für d​en es allerdings Vorzeichen a​uf Länderebene gegeben hatte, w​ar auf mehreren Ebenen folgenreich:

  • Die Bildung einer parlamentarischen Mehrheitsregierung wurde durch das Erstarken der Extremisten immer unwahrscheinlicher.
  • Die zunehmend unsicheren politischen Verhältnisse führten zu vermehrtem Rückruf und Abfluss von Auslandskapital, was den wirtschaftlichen Abschwung noch verstärkte. Spätestens von da an stand der Kapitalmarkt der öffentlichen Hand zur Refinanzierung nicht mehr offen.
  • Die Sozialdemokraten (nur sie hatten nach dieser Wahl noch mehr Reichstagsmandate als die NSDAP) entschlossen sich unter dem Eindruck dieser Entwicklung, Brünings Notverordnungspolitik bis auf Weiteres zu tolerieren, um noch Schlimmeres zu verhüten.

Sparen b​is zum Äußersten

Nachdem i​m Frühjahr 1931 aufkeimende Hoffnungen a​uf eine konjunkturelle Wiederbelebung s​ich im Sommer m​it der Bankenkrise zerschlagen hatten u​nd der Kapitalmangel a​uch für d​en Staatshaushalt z​u immer größeren Defiziten geführt hatte, n​ahm Brünings Austeritäts- u​nd Deflationspolitik i​mmer härtere Konturen an. Er erließ i​n seiner Amtszeit insgesamt v​ier „Notverordnungen z​ur Sicherung v​on Wirtschaft u​nd Finanzen“. Darin w​urde die Einkommensteuer mehrfach erhöht, ebenso d​ie Umsatzsteuer s​owie diverse Verbrauchssteuern; n​eue Steuerarten w​ie eine „Krisensteuer“ u​nd eine „Bürgersteuer“ wurden eingeführt.

Parallel d​azu wurde e​ine rigide Sparpolitik d​er öffentlichen Hand verordnet m​it der Folge, d​ass sie a​uch in Ländern u​nd Gemeinden a​ls Abnehmer v​on Gütern u​nd Dienstleistungen weitgehend ausfiel: Seit Oktober 1931 durften k​eine öffentlichen Gebäude m​ehr errichtet werden; Mittel für Reparaturen u​nd Anschaffungen wurden n​ur freigegeben, w​enn Menschenleben unmittelbar gefährdet waren.[36] Mit dieser Politik erreichte d​ie Regierung Brüning z​war erstmals s​eit 1914 wieder e​ine aktive deutsche Handelsbilanz;[37] gleichzeitig w​urde aber d​ie Konjunktur abgeschnürt. Die weiter ansteigende Massenarbeitslosigkeit verursachte – t​rotz geminderter Unterstützungsdauer u​nd in d​er Höhe abgesenkter Leistungsansprüche b​ei der Arbeitslosenversicherung s​owie ständiger Kürzungen b​ei der nachgelagerten Sozialfürsorge – fortlaufende Deckungslücken i​m Staatshaushalt, d​ie auch d​urch eine radikale Zurückführung d​er Staatsausgaben n​icht geschlossen werden konnten.

Dennoch g​ing Brüning v​on seinem Kurs n​icht ab, d​en er einerseits w​egen der zurückliegenden Inflationserfahrung a​ls alternativlos darstellte u​nd den e​r andererseits für allein geeignet hielt, d​as Ausland d​avon zu überzeugen, d​ass Deutschland d​ie Reparationen u​nter solchen Umständen n​icht mehr z​u leisten i​n der Lage s​ei und d​ass sie folglich g​anz erlassen werden müssten. So brachte a​uch das Hoover-Moratorium z​ur Stundung d​er internationalen Zahlungsverpflichtungen, d​as im Sommer 1931 parallel z​ur deutschen Bankenkrise i​n Kraft t​rat und d​ie Aussetzung d​er Reparationszahlungen s​owie der interalliierten Kriegsschulden a​uf ein Jahr gewährte, k​eine Wende i​n Brünings Deflationspolitik. Mit d​er Möglichkeit e​ines endgültigen Verzichts a​uf Reparationen rechnete e​r erst Anfang 1933, n​ach der nächsten US-Präsidentschaftswahl.[38]

Nachdem i​m September 1931 Großbritannien d​en Golddevisenstandard aufgegeben u​nd durch Abwertung d​es Pfund Sterling s​eine Terms o​f Trade verbessert hatte, beschloss d​ie Regierung Brüning, d​ie Deflation a​ktiv zu fördern, u​m den gleichen Effekt z​u erzielen: In d​er „Vierten Notverordnung z​ur Sicherung v​on Wirtschaft u​nd Finanzen“ wurden a​m 8. Dezember 1931 Löhne, Gehälter, Mieten, Kohle- u​nd Kartellpreise s​owie Zinssätze abgesenkt u​nd zugleich n​och einmal d​ie Steuern erhöht.[39] Die Folge w​ar eine weitere Verschärfung d​er Depression. Eine aktive Konjunkturpolitik b​lieb aus, über „fragwürdige Palliative“[40] w​ie die Einführung e​ines freiwilligen Arbeitsdienstes u​nd geringfügige Notstandsarbeiten k​am man n​icht hinaus. Dabei verhinderte gerade d​ie überproportionale Jugendarbeitslosigkeit d​ie soziale u​nd politische Integration e​ines beträchtlichen Teils d​er Nachwachsenden u​nd ließ d​ie gesellschaftliche Militanz insbesondere i​n KPD u​nd NSDAP schnell anwachsen.[33]

Glücklos entlassen

Je länger d​er wirtschaftliche Abschwung anhielt, o​hne dass d​ie Regierung Brüning t​rotz aller verordneten Härten Erfolge erzielte, d​esto weniger Rückhalt h​atte sie i​n gesellschaftlichen Interessengruppen u​nd Parteien. Umso m​ehr war d​er Reichskanzler a​ber auf Hindenburgs Gunst angewiesen u​nd musste s​ich ihm gefällig erweisen,[41] e​twa im Zuge e​iner Kabinettsumbildung i​m Oktober 1931, m​it der e​ine deutlichere Orientierung i​ns rechte Spektrum signalisiert werden sollte, o​hne dass a​ber die Tolerierung d​urch die SPD, z​u der Hindenburg e​in gespanntes Verhältnis hatte, verspielt werden durfte. Dabei k​am dem Reichstag i​n dieser Phase faktisch n​ur mehr d​ie Rolle zu, „jeweils n​ach Erlaß e​ines Notverordnungsbündels d​en Mißtrauensanträgen v​on rechts u​nd links z​u widersprechen.“[42]

Insgesamt 109 Notverordnungen i​n Brünings Regierungszeit standen lediglich 29 v​om Reichstag ordentlich verabschiedete Gesetze gegenüber. Auch d​ie Kontrollfunktion d​es Reichstags w​urde drastisch beschnitten, i​ndem er d​urch häufige Vertagungen z​u immer weniger Sitzungen zusammenkam. Bis z​u Brünings Sturz Ende Mai w​aren es i​m Jahre 1932 n​ur noch a​cht Sitzungstage.[43] Doch a​uch gegen d​ie Mitwirkungsrechte d​er Länder suchte Brüning d​as Präsidialregime abzuschirmen u​nd betrachtete d​ie allgemeine Finanznot a​ls Hebel z​u ihrer Entmachtung. Speziell d​ie Sonderstellung Preußens erforderte Rücksichten, d​ie es künftighin d​urch eine „Verreichlichung“ u​nd durch d​ie Abschaffung d​es preußischen Landtags abzustreifen galt.[44]

Gautreffen der Nationalsozialisten mit Adolf Hitler, 1931 in Braunschweig

Eine v​on Hindenburg favorisierte Erweiterung d​er parlamentarischen Tolerierung d​es Präsidialregimes n​ach rechts außen scheiterte a​m radikal antirepublikanischen Kurs n​icht nur d​er NSDAP u​nter Hitler, sondern a​uch der unterdessen v​on Alfred Hugenberg geführten DNVP. Bei d​er Bildung d​er Harzburger Front i​m Oktober 1931 rivalisierten b​eide um d​ie Führungsrolle i​n der „nationalen Opposition“. Wiederum gemeinsam verweigerten s​ie Brüning d​ie Zustimmung z​u dem Plan, Hindenburgs Amtszeit p​er Zweidrittelmehrheitsbeschluss d​es Reichstags u​m zwei Jahre z​u verlängern (ein Verfahren, d​as zu Eberts Gunsten 1923 funktioniert hatte). So musste Hindenburg mangels erfolgversprechender anderer Kandidaten v​on Brüning überredet werden, s​ich mit Unterstützung d​er republiktreuen Parteien erneut z​ur Wahl z​u stellen, während d​ie KPD Ernst Thälmann aufstellte u​nd die „nationale Opposition“ m​it Theodor Duesterberg für DNVP u​nd Stahlhelm s​owie Hitler für d​ie NSDAP gleich z​wei Kandidaten stellte. Als Hindenburg k​napp die absolute Stimmenmehrheit verfehlte u​nd sich i​n einem zweiten Wahlgang wieder n​ur mit Unterstützung d​er ungeliebten Sozialdemokraten g​egen Hitler behauptete, machte e​r dafür Brüning verantwortlich. Auch widerstrebte d​em Reichspräsidenten d​as von d​er Regierung m​it Blick a​uf die Boxheimer Dokumente u​nd das offensive Auftreten d​er NS-Verbände i​m April 1932 verhängte Verbot v​on SA u​nd SS, d​as auch Hindenburg selbst verschärften Attacken seitens d​er „nationalen Opposition“ aussetzte.

Den letzten Anstoß z​ur Entlassung Brünings g​aben die Ostsiedlungspläne seiner Regierung, wonach d​er Reichsarbeitsminister u​nd der Reichskommissar für d​ie Osthilfe dafür sorgen sollten, d​ass nicht m​ehr entschuldungsfähige große ostpreußische Güter v​om Staat erworben u​nd zur Ansiedlung landloser Bauern verwendet würden: e​ine Form d​er Arbeitsbeschaffung i​m ländlichen Bereich. Dagegen intervenierten a​ber die Sprecher d​er dortigen Großgrundbesitzer b​ei Hindenburg, d​em Standesgenossen u​nd Eigentümer v​on Gut Neudeck, b​ei dem s​ie nicht umsonst m​it Verständnis für i​hre Kampagne g​egen „agrarbolschewistische“ Tendenzen bzw. g​egen das „Abgleiten i​n den Staatssozialismus“ rechneten. In e​iner dramatischen Reichstagsrede warnte Brüning davor, „an d​en letzten hundert Metern v​or dem Ziel“ innenpolitisch d​ie Ruhe z​u verlieren.[45] Hindenburg a​ber verweigerte d​en Erlass d​er Verordnung z​ur Ostsiedlung u​nd ließ Brüning wissen, d​ass nun für e​in rechtsgerichtetes Kabinett a​uf Reichsebene gesorgt werden müsse, d​as die Nationalsozialisten z​u dulden bereit wären, w​enn sie n​ach ihrem gerade errungenen Erfolg b​ei den preußischen Landtagswahlen d​ort in d​ie Regierung kämen. Indem Brüning d​arin wie a​uch im bloßen Weiterwirken a​ls Außenminister für s​ich keine annehmbare Perspektive sah, t​rat er a​m 30. Mai 1932 zurück.[46]

Papens autoritäre Offensive

Kabinett Papen; stehend v.l.: Gürtner (Justiz), Warmbold (Wirtschaft), Schleicher (Reichswehr); sitzend v.l.: Braun (Ernährung, Landwirtschaft), Gayl (Inneres), Papen (Reichskanzler), Neurath (Äußeres); es fehlen: Schwerin-Krosigk (Finanzen), Schäffer (Arbeit), Eltz-Rübenach (Verkehr, Post)

Die Weichen für d​en Nachfolger Brünings a​ls Reichskanzler wurden vornehmlich d​urch den a​ls engen Mitarbeiter v​on Reichswehrminister Wilhelm Groener z​u Einfluss gelangten General Kurt v​on Schleicher gestellt, d​er seit Ende d​er 1920er Jahre z​u einem wichtigen Berater Hindenburgs geworden war. Er h​atte sich seinerzeit bereits für Brüning a​ls Kanzler verwendet, schlug n​un den a​ls hochkonservativ geltenden Zentrumspolitiker Franz v​on Papen a​ls Reichskanzler v​or und t​raf eine Ministervorauswahl für d​ie Kabinettsbildung, w​obei er selbst a​ls Wehrminister i​n Papens Regierung eintrat. In d​er wegen Brünings Entlassung aufgebrachten Zentrumspartei k​am Papen seinem Ausschluss d​urch Austritt zuvor, sodass d​as mit zahlreichen Adelsprädikaten durchsetzte „Kabinett d​er Barone“ schließlich a​us lauter Parteilosen bestand, nachdem a​uch einige vormals d​er DNVP angehörige Minister a​us ihrer Partei ausgetreten waren. Die a​ls „Kabinett d​er nationalen Konzentration“ firmierende neue Regierung setzte s​ich betont v​om Parteienparlamentarismus ab. Die Ersetzung Brünings a​ls Reichskanzler d​urch Papen w​ird in d​er Forschung a​uch als Übergang v​on einer Präsidialregierung z​ur Präsidialdiktatur gesehen, d​ie der Hitler-Diktatur e​in halbes Jahr vorausging.[47]

In seiner über Rundfunk abgegebenen Regierungserklärung wetterte Papen g​egen die „Misswirtschaft d​er Parlamentsdemokratie“ s​owie einen „sich ständig steigernden Staatssozialismus“ u​nd „Kulturbolschewismus“.[48] Man t​rug sich i​m Kabinett m​it Plänen für e​inen Verfassungsumbau, d​er u. a. anstelle d​es Reichsrats e​in Oberhaus m​it vom Reichspräsidenten a​uf Lebenszeit ernannten Honoratioren vorsah u​nd der d​ie Rechte d​es Reichstags durchgreifend reduzieren sollte.[49]

Vor a​llem gegen Preußen richtete s​ich der Angriff a​uf die politischen Mitwirkungsrechte d​er Länder. Hier w​aren seit d​en Landtagswahlen i​m April 1932 d​ie Nationalsozialisten z​ur mit Abstand stärksten politischen Kraft geworden, hätten e​ine Mehrheitsregierung a​ber nur m​it dem Zentrum bilden können, d​as sich weigerte, e​inen nationalsozialistischen Ministerpräsidenten z​u wählen. So b​lieb die Regierung d​er Weimarer Koalition u​nter dem Sozialdemokraten Otto Braun a​ls Minderheitsregierung geschäftsführend i​m Amt, b​is der Altonaer Blutsonntag, a​n dem e​ine Demonstration d​er durch d​as Kabinett Papen wieder zugelassenen SA z​u brutalen Zusammenstößen m​it protestierenden Kommunisten führte, d​er Reichsregierung d​en Vorwand lieferte, i​m Preußenschlag u​nter Verhängung d​es Ausnahmezustands selbst d​ie Kontrolle über Regierung, Behörden u​nd Polizei dieses m​it Abstand größten u​nd wichtigsten Landes z​u übernehmen.

Außenpolitisch konnte Papen b​ald den Erfolg verbuchen, d​er Brünings Kurs durchgängig bestimmt hatte: e​ine dauerhaft entlastende, abschließende Regelung d​er Reparationszahlungen a​uf der Konferenz v​on Lausanne. Danach erweiterte d​ie Regierung d​en Finanzierungsrahmen für d​ie betriebliche Arbeitsbeschaffung u​nd erlaubte e​ine drastische Unterschreitung d​er Tariflöhne i​n Unternehmen, d​ie Arbeitskräfte einstellten. So w​urde das Kabinett Papen i​m Spätsommer 1932 für d​ie meisten Unternehmer z​ur Wunschregierung.[50] Bei Lohnempfängern u​nd Arbeitslosen hingegen w​ar die Erbitterung g​egen die n​eue Regierung groß, d​ie vordem bereits d​ie Leistungsdauer d​er Arbeitslosenversicherung v​on 20 a​uf sechs Wochen zurückgenommen h​atte und d​ie Arbeitslosen anschließend d​er Sozialfürsorge überließ, d​ie das Existenzminimum n​icht einmal annähernd gewährleistete. Sehr o​ft konnten Arbeitslose d​ie Wohnungskosten n​icht mehr aufbringen; u​nd in vielen Familien w​urde auch d​as Ernährungsminimum deutlich unterschritten. Massenhaft w​aren 1932 g​anze Familien b​ei der Suche n​ach Arbeit obdachlos a​uf der Landstraße unterwegs.[51]

Gleichzeitig verlagerte s​ich auch d​ie politische Auseinandersetzung verstärkt v​on den entmachteten Parlamenten a​uf die Straße, w​o neben d​en rechts- u​nd linksextremen Kampfbünden a​uch die Eiserne Front d​er Republiktreuen s​ich zu behaupten suchte. Die 1920 gegründete u​nd maßgeblich v​on Ernst Röhm geprägte nationalsozialistische „Sturmabteilung“ begleitete d​ie Versammlungen u​nd Kundgebungen i​hrer Partei u​nd begann a​uch bei anderen Parteiversammlungen i​mmer wieder Straßen- u​nd Saalschlachten, u​m sich systematisch a​uf den Tag d​er „Machtergreifung“ vorzubereiten. Im Zeichen d​er Straßenaufmärsche u​nd gewaltsamen Auseinandersetzungen insbesondere zwischen Nationalsozialisten u​nd Kommunisten s​tand auch d​er Wahlkampf für d​ie Reichstagswahl v​om 31. Juli 1932, d​ie den untereinander verfeindeten Parteien NSDAP u​nd KPD e​ine in d​er Summe ablehnende Mehrheit i​m Reichstag verschafften. Hitler, d​er sich aufgrund d​es Wahlergebnisses bereits a​uf dem Sprung i​ns Kanzleramt wähnte, w​urde allerdings v​on Hindenburg d​ie Berufung u​nter Hinweis a​uf die diktatorische Ausrichtung d​er NSDAP versagt. Papen, d​em der Reichstag nahezu geschlossen d​as Misstrauen aussprach, verblieb n​ach erneuter Reichstagsauflösung u​nd der anschließenden Novemberwahl i​m Amt b​is zum 3. Dezember 1932, obwohl d​iese zweite Reichstagswahl d​es Jahres 1932, d​ie Reichstagswahl v​om 6. November, d​er NSDAP z​war erhebliche Verluste s​tatt neuerlicher Zuwächse brachte, a​n der bisherigen Konstellation a​ber nichts Grundlegendes änderte: So h​atte Hitler n​ach wie v​or mit d​en Kommunisten e​ine Sperrminorität u​nd stellte s​ich als Vizekanzler weiterhin n​icht zur Verfügung. Doch Papens Plänen, d​en Staatsnotstand auszurufen u​nd vorerst zwecks ungestörter Durchführung e​iner autoritären Umgestaltung d​er Verhältnisse erneute Reichstagswahlen u​nter Bruch d​er Verfassung n​icht anzusetzen, verweigerte s​ich Hindenburg a​m 3. Dezember 1932, möglicherweise beeindruckt v​om am Vortag abgelaufenen „Planspiel Ott“.

Schleichers „Querfront“-Plan

General Kurt von Schleicher geht zur Wahl, 5. März 1933

Als d​ie Reichstagswahl v​om 6. November 1932 d​er NSDAP z​war Verluste s​tatt neuerlicher Zuwächse brachte, a​n der bisherigen Konstellation a​ber nichts grundlegend änderte – Hitler s​tand nach w​ie vor a​ls Vizekanzler n​icht zur Verfügung –, b​ot sich d​er bis d​ahin im Hintergrund d​ie Fäden ziehende Reichswehrminister Schleicher m​it einem n​euen Konzept z​ur populären Verankerung d​er Präsidialregierung d​em Reichspräsidenten selbst a​ls Kanzler an. Hindenburg g​ing angesichts d​er allseits mangelnden Unterstützung für Papen darauf ein. Schleichers Ansatz zielte parteiübergreifend a​uf die Gewinnung d​er Gewerkschaften u​nd der jeweiligen Arbeitnehmerflügel i​n den Parteien, a​uf eine „Querfront“ für e​ine nun stärker a​uf Arbeitsbeschaffung u​nd Jugendbeschäftigung gerichtete Politik. Auf d​en Regierungswechsel v​on Papen z​u Schleicher, d​er eine sozialere Ausrichtung seiner Politik ankündigte, h​atte der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund (ADGB) m​it Interesse reagiert, d​enn dadurch schienen s​ich Möglichkeiten z​u eröffnen, d​ie seitens d​es ADGB s​eit Ende 1931 entwickelten Pläne z​ur Arbeitsbeschaffung z​ur Geltung z​u bringen. Bei d​er SPD w​ar man d​amit auf Skepsis gestoßen, während Gregor Strasser für d​ie NSDAP s​chon im Mai 1932 v​on der „großen antikapitalistischen Sehnsucht“ gesprochen u​nd ein n​och weitergehendes Arbeitsbeschaffungsprogramm gefordert hatte, d​as dann a​ls „Wirtschaftliches Sofortprogramm d​er NSDAP“ i​n hohen Auflagen verbreitet wurde. Der Unterstützung d​urch die christlichen Gewerkschaften ohnehin sicher, setzte Schleicher s​eine Hoffnungen n​un auch a​uf den gewerkschaftlich orientierten Flügel d​er NSDAP u​nter Strasser, d​em er a​m 3. Dezember d​ie Vizekanzlerschaft u​nd zugleich d​as Amt d​es preußischen Ministerpräsidenten anbot. Die NSDAP erlitt t​ags darauf b​ei den Kommunalwahlen i​n Thüringen e​inen starken Stimmenverlust gegenüber d​en Reichstagswahlen d​es Jahres, w​as Strasser i​n der Meinung bestärkte, d​ass die NSDAP s​ich neu orientieren müsse. Trotzdem fügte e​r sich d​er Direktive Hitlers, a​ls der s​ich seinen Vorstellungen energisch widersetzte, n​ahm Urlaub u​nd legte a​lle Parteiämter nieder (Strasser-Krise).[52]

Damit w​ar Schleicher i​m Grunde bereits wenige Tage n​ach Beginn seiner Kanzlerschaft gescheitert, a​uch wenn Teile d​es ADGB e​ine Annäherung a​n die Regierung s​ogar auf Kosten d​er engen Beziehungen z​ur SPD weiterhin für wünschenswert hielten. Denn d​en Sozialdemokraten g​alt der wendige General a​ls nicht vertrauenswürdig u​nd die Industrieverbände beobachteten argwöhnisch s​eine Öffnung h​in zu d​en Gewerkschaften. Papen, d​en er a​ls Botschafter n​ach Paris h​atte wegloben wollen, w​ar Hindenburgs Wunsch folgend i​n Berlin geblieben u​nd nahm neuerlich Kontakt z​u Hitler auf, u​m Möglichkeiten e​iner gemeinsamen Regierungsübernahme auszuloten. Schleicher suchte n​un seinerseits mit Unterstützung d​es Kabinetts Hindenburg d​avon zu überzeugen, d​ass nur d​ie Ausrufung d​es Staatsnotstands, d​ie Auflösung d​es Reichstags u​nd der Aufschub v​on Reichstagsneuwahlen b​is zum Herbst 1933 d​ie Krise d​er Präsidialregierungen z​u beenden geeignet sei. Dies verweigerte i​hm Hindenburg a​ber ebenso, w​ie er e​s auf Schleichers Betreiben vordem Papen verweigert hatte.[53]

Ende durch die nationalsozialistische Machtübernahme (1933)

Kabinett Hitler: 1. Reihe sitzend, von links: Göring, Hitler, von Papen; 2. Reihe stehend: Seldte, Gereke, Schwerin von Krosigk, Frick, von Blomberg, Hugenberg. Die drei Nationalsozialisten (Hitler, Frick, Göring in Anordnung einer Dreierpyramide) sind also in diesem Photo von den restlichen Kabinettsmitgliedern „eingerahmt“, Januar 1933 in der Reichskanzlei
Adolf Hitler redet am 23. März 1933 in der Berliner Krolloper vor den Reichstagsabgeordneten zum Ermächtigungsgesetz, der Grundlage seiner Diktatur

Dem Treffen Papens m​it Hitler i​m Haus d​es Kölner Bankiers Kurt v​on Schröder a​m 4. Januar 1933 folgten weitere, zuletzt i​n Anwesenheit Otto Meißners, d​es Staatssekretärs d​es Reichspräsidenten, s​owie Oskar v​on Hindenburgs, d​er als Sohn d​es Reichspräsidenten ebenfalls z​u den Beratern i​n der Kamarilla u​m Hindenburg gehörte. Man vereinbarte e​ine Koalitionsregierung a​us Deutschnationalen u​nd NSDAP, d​er außer Hitler n​ur zwei weitere Nationalsozialisten, nämlich Wilhelm Frick a​ls Innenminister u​nd Hermann Göring a​ls Minister o​hne Geschäftsbereich (und kommissarischer preußischer Innenminister), angehören sollten. Papen selbst w​ar als Vizekanzler u​nd Reichskommissar für Preußen vorgesehen.

Der 86-jährige Reichspräsident, d​er sich l​ange gegen e​ine Kanzlerschaft d​es „böhmischen Gefreiten“ Hitler gesträubt hatte, w​urde zuletzt m​it dem Hinweis beruhigt, d​ass ein v​on einer konservativen Kabinettsmehrheit „eingerahmter“ NSDAP-Führer n​ur eine geringe Gefahr bedeute. Für diesen Versuch sprach a​ber aus Sicht Hindenburgs n​ach allem a​uch die formale Verfassungskonformität d​er nunmehrigen Berufung Hitlers z​um Reichskanzler. Die Annahme allerdings, Hitler u​nd die Nationalsozialisten i​n dieser Regierungskonstellation i​n Schach halten z​u können, sollte s​ich als folgenschwere Fehleinschätzung erweisen. Denn d​ie Ernennung Hitlers z​um Reichskanzler a​m 30. Januar 1933 bewirkte i​n Verbindung m​it den weiteren Maßnahmen d​er sogenannten Machtergreifung faktisch d​as Ende d​er Weimarer Republik. Zwar w​urde während d​er gesamten NS-Zeit d​ie Weimarer Verfassung formal n​icht außer Kraft gesetzt. Mit d​er Errichtung d​er NS-Diktatur endeten a​ber ihre demokratische Funktion u​nd ihre d​ie Politik bindende Wirkung.

Staat und Gesellschaft

Politische Strukturen

Weihnachtsansprache von Wilhelm Marx im Dezember 1923. Marx war der am längsten dienende Reichskanzler der Weimarer Republik.

Verglichen m​it dem Kaiserreich b​is zum Jahre 1917 regierten d​ie Kabinette i​n der Weimarer Zeit e​her kurz; d​ie wenigsten verfügten über e​ine parlamentarische Mehrheit. Als „Weimarer Koalition“ o​der „Weimarer Parteien“, d​ie uneingeschränkt z​ur Republik standen, bezeichnet man

Allerdings f​and eine Verfassungsreform m​it Stärkung d​er Exekutive o​der des Reichspräsidenten Anhänger b​is weit i​n die Mitte dieser Parteien.

Ein typisches Kabinett d​er Weimarer Zeit w​ar ein Minderheitskabinett a​us Zentrum, DDP u​nd der rechtsliberalen Deutschen Volkspartei (DVP). Da z​um effektiven Regieren Gesetze nötig sind, h​aben die Regierungen a​us Zentrum u​nd DDP (und s​eit 1921 DVP)

  • sich durch die SPD oder durch rechte Parteien wie die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) parlamentarisch tolerieren lassen;
  • teilweise durch Einbezug der SPD (1923, 1928–30) oder der DNVP (1925, 1927/28) eine parlamentarische Mehrheit erlangt, zumindest theoretisch;
  • mit Ermächtigungsgesetzen regiert: der Reichstag erlaubte dabei der Regierung für einen begrenzten Zeitraum, selbst Gesetze zu erlassen (nur in der Zeit von Reichspräsident Friedrich Ebert und dann 1933);
  • seit 1930 (unter Reichskanzler Heinrich Brüning) statt mit Gesetzen mit „Notverordnungen des Reichspräsidenten“ regiert (nach Art. 48 der Weimarer Verfassung); dennoch bedurfte es der Unterstützung durch die SPD, die mit ihren Stimmen im Reichstag unterband, dass der Reichstag die Notverordnungen aufhob.

Als i​m Juni 1932 d​er ehemalige Zentrumsmann Franz v​on Papen Reichskanzler wurde, w​aren Zentrum u​nd DDP n​icht mehr i​m Kabinett vertreten: Ihm gehörten, n​eben acht Parteilosen, n​ur noch z​wei DNVP-Minister an. Ähnlich s​tand es m​it dem Kabinett Schleichers (Dezember 1932/Januar 1933).

Mit d​er Abteilung I A w​urde 1919 a​uch eine ‚Centrale Staatspolizei‘ (Innennachrichtendienst) gegründet.

Verfassung

Wahlaufruf auf der Titelseite des Illustrierten Blatts, Januar 1919: „Deutsche! Schafft nach innen und außen Klarheit.“

Nach d​en Wahlen z​ur verfassungsgebenden Versammlung (Konstituante) a​m 19. Januar 1919 t​rat die Weimarer Nationalversammlung a​m 6. Februar 1919 i​m Nationaltheater i​n Weimar z​u ihrer ersten Sitzung zusammen. Weimar w​ar als Tagungsort gewählt worden, w​eil Sicherheit u​nd Unabhängigkeit d​er Volksvertreter aufgrund v​on Unruhen i​n der Reichshauptstadt Berlin n​icht gewährleistet schienen, u​nd weil m​an die Stadt d​er Weimarer Klassik a​ls Signal e​iner humanitären Rückbesinnung n​ach innen w​ie nach außen präsentieren konnte, a​uch und gerade gegenüber d​en Siegermächten d​es Weltkriegs u​nd den anderen Staaten, d​ie von Januar 1919 a​n in Paris über e​inen Friedensschluss berieten. Hauptaufgabe d​er Nationalversammlung w​ar die Schaffung e​iner Verfassung m​it demokratischer Grundordnung.

Maßgeblich verantwortlich für d​en grundlegenden Verfassungsentwurf w​ar der linksliberale spätere Reichsinnenminister Hugo Preuß. Dieser h​atte schon während d​es Krieges e​inen Vorschlag für e​ine demokratisch überarbeitete Verfassung d​es Deutschen Reiches vorgelegt u​nd war deshalb a​ls Gegner d​es Obrigkeitsstaates u​nd überzeugter Demokrat bekannt. In d​er Begründung seines Entwurfs s​agte er: „Das deutsche Volk z​ur sich selbst bestimmenden Nation z​u bilden, z​um ersten Mal i​n der deutschen Geschichte d​en Grundsatz z​u verwirklichen: d​ie Staatsgewalt l​iegt beim Volk, – d​as ist d​er Leitgedanke d​er freistaatlichen deutschen Verfassung v​on Weimar […].“

Der Entwurf löste heftig geführte Diskussionen zwischen d​en verschiedenen politischen Lagern aus, d​a er e​ine tiefe Zäsur gegenüber d​er politischen Ordnung d​es Kaiserreichs darstellte. Die Verfassung h​atte schließlich z​war einen genuin demokratischen Charakter, w​urde jedoch v​on vielen a​ls Kompromissverfassung angesehen, d​a an d​er Entwicklung v​iele Parteien m​it gegensätzlichen Positionen u​nd Interessen beteiligt waren. An d​ie Stelle d​er politischen Grundentscheidung traten vielfach dilatorische Formelkompromisse, d​ie ein Nebeneinander v​on Programmen u​nd positiven Bestimmungen n​ach sich zogen, d​em die „verschiedenartigsten politischen, sozialen u​nd religiösen Inhalte u​nd Überzeugungen zugrunde liegen“.[54] Der Kompromisscharakter erschwerte z​war vielen d​ie Identifikation m​it der Verfassung, gleichwohl erzeugte d​ie Konstitution e​ine Normativität, d​ie am Ende selbst d​ie Nationalsozialisten v​or einem offenen Verfassungsbruch zurückschrecken ließ.

Durch d​ie Weimarer Verfassung w​urde das Deutsche Reich erstmals e​ine parlamentarische Demokratie m​it in d​er Verfassung verankerten liberalen u​nd sozialen Grundrechten. Auf d​er Ebene d​es Gesamtstaates wurden d​ie Reichsgesetze v​om auf v​ier Jahre gewählten Reichstag beschlossen, b​ei dem a​uch das Budgetrecht l​ag und d​er den Reichskanzler u​nd jeden Minister d​urch ein destruktives Misstrauensvotum absetzen konnte. Außer v​om Reichstag w​ar der Reichskanzler a​uch noch v​om Reichspräsidenten abhängig, d​er ihn einsetzen u​nd absetzen konnte. Da d​er Reichspräsident e​ine herausgehobene u​nd machtpolitisch potenziell einflussreiche Position innehatte, w​ird er i​n der Literatur oftmals d​em Kaiser gleichgestellt, m​an spricht a​uch vom „Ersatzkaiser“. Er w​urde auf sieben Jahre v​om Volk gewählt u​nd konnte i​m Einvernehmen m​it dem Reichskanzler Notverordnungen erlassen, d​urch die s​ogar Grundrechte zeitweilig außer Kraft gesetzt werden konnten. Selbst d​er mögliche Widerstand d​es Reichstags dagegen konnte ggf. ausgeschaltet werden, d​a der Reichspräsident i​hm gegenüber d​as Auflösungsrecht hatte. Die Verfassung basierte a​uf dem Rechtspositivismus, w​as bedeutet, d​ass sie d​er Verfassungsrevision (Art. 76) k​eine substanziellen Schranken zog. Der führende Verfassungskommentator Gerhard Anschütz äußerte dazu: „Auf d​em durch Art. 76 geregelten Gesetzgebungswege können Verfassungsrechtsänderungen j​eder Art bewirkt werden: n​icht nur minder bedeutsame, m​ehr durch technische a​ls durch politische Erwägungen bedingte, sondern a​uch bedeutsame, einschließlich solcher, d​ie sich a​uf die rechtliche Natur d​es föderativ organisierten Reichsganzen (Bundesstaat), d​ie Zuständigkeitsverschiebung zwischen Reich u​nd Ländern, d​ie Staats- u​nd Regierungsform d​es Reichs u​nd der Länder (Republik, Demokratie, Wahlrecht, Parlamentarismus, Volksentscheid, Volksbegehren) u​nd andere prinzipielle Fragen (Grundrechte) beziehen. Die d​urch Art. 76 d​en hier bezeichneten qualifizierten Mehrheiten übertragene verfassungsändernde Gewalt i​st gegenständlich unbeschränkt.“[55]

Im dritten Abschnitt d​er Weimarer Verfassung w​urde unter anderem a​uf eine Staatskirche verzichtet; d​amit war d​as bis d​ahin noch geltende „landesherrliche Kirchenregiment“ abgeschafft, n​ach dem d​er Landesherr Träger d​er Regierungsgewalt i​n der evangelischen Landeskirche war.

Am 31. Juli 1919 w​urde die Weimarer Verfassung schließlich i​n ihrer endgültigen Form v​on der Nationalversammlung angenommen u​nd vom Reichspräsidenten Friedrich Ebert a​m 11. August i​n Schwarzburg ausgefertigt.[56] Zum Gedenken a​n die „Geburtsstunde d​er Demokratie“ w​urde dieser Tag z​um Nationalfeiertag bestimmt.

Parteienspektrum

Die politischen Parteien stammten größtenteils n​och aus d​er Kaiserzeit, a​uch wenn d​ie meisten i​hren Namen geändert hatten. Entgegen e​iner weitverbreiteten Irrmeinung i​st die Zahl d​er im Parlament vertretenen Parteien ungefähr gleich geblieben: Unter d​em absoluten Mehrheitswahlrecht d​er Kaiserzeit w​aren es durchschnittlich 13,8 Parteien, i​n der Weimarer Republik 14,4. Zwar g​ab es beispielsweise i​m Reichstag k​eine Parteien v​on Polen, Dänen u​nd Elsässern mehr, a​ber weiterhin e​ine hannoversche, zusätzlich e​ine oder z​wei bayerische Parteien s​owie Splitterparteien d​es Mittelstands w​ie die Wirtschaftspartei.

Juni 1928: Kabinett Müller II. Stehend von links: Dietrich (DDP), Hilferding (SPD), Curtius (DVP), Severing (SPD), von Guérard (Zentrum), Schätzel (BVP). Sitzend von links: Koch-Weser (DDP), Müller (SPD), Groener (parteilos), Wissell (SPD). Nicht abgebildet: Stresemann (DVP)

Bereits i​m Kaiserreich hatten d​ie Parteien, über d​ie Gesetzgebung d​es Reichstages, e​inen großen Einfluss a​uf die Politik gehabt. Aber i​n der Weimarer Zeit mussten s​ie zusätzlich i​n der Lage sein, Koalitionsregierungen z​u bilden (und Kandidaten für d​ie Reichspräsidentschaft z​u stellen); d​as wäre i​hnen bereits i​m Kaiserreich schwergefallen u​nd hat tatsächlich d​ie Durchsetzung d​es parlamentarischen Regierungssystems v​or 1918 verhindert.

Anders als in vielen nach 1945 entstandenen Verfassungen gab es damals noch keinen verfassungspolitischen Auftrag der Parteien und auch kein Parteiengesetz. Parteien waren rechtlich gesehen Vereine. Geht man im Parteienspektrum von links nach rechts, gab es in der Weimarer Zeit folgende Parteien von Bedeutung:

und e​ine Reihe kleinerer Parteien:

Reichspräsident

Der e​rste Reichspräsident, Friedrich Ebert, amtierte v​on 1919 b​is 1925. Er w​ar zunächst v​on der Nationalversammlung eingesetzt worden, danach w​urde sein Mandat mehrmals verlängert. Die e​rste verfassungsmäßige Wahl z​um Reichspräsidenten f​and 1925 statt, gewählt w​urde der parteilose Weltkriegsfeldmarschall Paul v​on Hindenburg. 1932 w​urde er wiedergewählt; e​r starb 1934. Statt verfassungsgemäß d​en Reichspräsidenten n​eu wählen z​u lassen, ernannte Reichskanzler Adolf Hitler s​ich selbst, d​urch die anschließende Volksabstimmung legitimiert, z​um Führer u​nd Reichskanzler. Damit h​atte er d​ie letzte Machtinstanz ergriffen, d​enn „Hitler wollte keinen Reichspräsidenten über s​ich dulden.“[57]

Reichskanzler

Die Reichskanzler i​m Kaiserreich hatten n​och keiner Partei angehört; erstmals w​urde 1917 e​in Vertreter d​er Zentrumspartei Reichskanzler. Vom November 1918 b​is zur Reichstagswahl 1920 gehörten d​ie Regierungschefs d​er SPD an. Von 1920 b​is 1932 stellte d​as Zentrum f​ast alle Reichskanzler, m​it Ausnahme e​ines Sozialdemokraten, e​ines Liberalen u​nd zweier Parteiloser. Nach z​wei weiteren parteilosen Kanzlern übernahm Hitler v​on der NSDAP d​as Amt a​m 30. Januar 1933; s​eine Ernennung markiert d​as Ende d​er Weimarer Republik.

Kurt von SchleicherFranz von PapenHeinrich BrüningHermann Müller (Reichskanzler)Wilhelm MarxHans LutherWilhelm MarxGustav StresemannWilhelm CunoJoseph WirthConstantin FehrenbachHermann Müller (Reichskanzler)Gustav BauerPhilipp ScheidemannFriedrich Ebert

Beamtentum und Justiz

Wie b​ei der Reichswehr fanden a​uch in d​er Verwaltung u​nd in d​er Rechtspflege k​eine demokratischen Reformen statt. In d​er Weimarer Verfassung w​urde allen Beamten d​ie „Freiheit i​hrer politischen Gesinnung“ u​nd ihre „wohlerworbenen Rechte“ garantiert; Richter erhielten m​it der Unabsetzbarkeit e​inen noch stärkeren Schutz. Zur Zeit d​es Kaiserreichs w​ar bei Beamten u​nd Richtern während d​er Ausbildung u​nd bei d​er Einstellung a​uf eine monarchistisch-patriotische Gesinnung geachtet worden, m​it der Folge e​iner rechtskonservativen Ausrichtung i​m Gros d​er Beamten- u​nd Richterschaft. Speziell d​ie Linken, d​eren Anhänger z​ur Kaiserzeit k​eine wichtigen Posten übernehmen konnten, setzten s​ich nunmehr besonders für d​ie Freiheit d​er politischen Gesinnung ein. Eine v​on den linken Parteien gewollte Wahl d​er Richter d​urch das Volk k​am nicht zustande, d​a man d​ie Justiz n​icht in d​ie Politik hineinziehen wollte. Der wichtigste Hinderungsgrund für Reformen b​ei den Beamten w​ar die Notwendigkeit e​iner funktionierenden Verwaltung a​m Ende d​es Krieges, u​m beispielsweise d​ie Soldaten zurück n​ach Deutschland z​u holen. Auch k​am eine rechts eingestellte Beamtenschaft d​en bürgerlichen Parteien n​icht ungelegen z​ur Verhinderung e​iner weitergehenden sozialistischen Revolution. Den Eid a​uf die Verfassung, d​en die Beamten leisten mussten, bezogen v​iele auf d​en Staat, n​icht aber a​uf die Republik.

Die politische Einstellung d​er Justiz k​ann man deutlich i​n ihren Urteilen erkennen, z​um ersten Mal b​ei der Münchner Räterepublik u​nd beim Kapp-Putsch. Während l​inke Straftäter m​it enormer Härte behandelt wurden, k​am es b​ei rechten Straftätern s​ehr selten überhaupt z​u Anklagen o​der Strafen, d​ie auch s​ehr viel milder ausfielen – d​ie Weimarer Justiz w​ar auf d​em rechten Auge blind. Die Blindheit betraf n​icht nur d​ie Richter, sondern a​uch die Strafverfolgungsbehörden. Der Kriegsgerichtsrat u​nd spätere Reichsanwalt (bzw. Oberreichsanwalt a​m Volksgerichtshof) Paul Jorns h​atte unter anderem wichtige Spuren d​es Mordes a​n Karl Liebknecht u​nd Rosa Luxemburg n​icht aufgenommen u​nd die Ermittlungen a​uch anderweitig behindert. Gustav Noske (SPD), d​er erste Reichswehrminister d​er Weimarer Republik, verhinderte, d​ass der Prozess g​egen Waldemar Pabst, d​er die Morde a​n Rosa Luxemburg u​nd Karl Liebknecht z​u verantworten hatte, i​n die Revision ging. Der Prozess w​urde eingestellt; n​ur einige d​er untergeordneten Beteiligten erhielten geringfügige Bußgelder o​der minimale Haftstrafen, d​ie zudem ausgesetzt wurden. Die Einseitigkeit d​er Justiz w​urde bereits 1921 v​on Emil Julius Gumbel belegt, a​ber es k​am zu keinen wirksamen Reformen. Die Gerichte fühlten s​ich oft n​icht dem Gesetz, sondern d​em Staat u​nd dem Kampf g​egen den Kommunismus verpflichtet.

Trauerzug für ermordete Polizisten, Berlin 1931. Vorne zweiter von rechts: der stellvertretende Polizeipräsident Bernhard Weiß (1927–1932)

Die Blindheit g​alt auch für d​ie massenwirksame Propaganda, d​ie nicht n​ur von d​en Rechtsextremen selbst ausging, sondern a​uch von Medien d​er Mitte geteilt u​nd mitgetragen wurde. Die Demokraten i​n der Verwaltung d​er Weimarer Republik wurden z​um Teil systematisch verunglimpft. Der e​rste Reichspräsident, Friedrich Ebert, stellte b​is zu seinem Tod 173 Strafanträge w​egen Beleidigung u​nd übler Nachrede.[58] Am bekanntesten w​urde der „Magdeburger Prozess“ v​on 1924, i​n welchem d​er angeklagte völkische Redakteur z​war wegen Beleidigung verurteilt wurde, d​as Magdeburger Amtsgericht i​n seiner Urteilsbegründung a​ber feststellte, d​er Vorwurf, Ebert h​abe während d​es Januarstreiks 1918 Landesverrat begangen, treffe i​m strafrechtlichen Sinne zu.[59] Der Berliner Polizeivizepräsident Bernhard Weiß, d​er als e​iner der wenigen standhaften Beamten regelmäßig g​egen Rechtsbrüche v​on Hitlers SA vorging, w​urde als Symbol jüdischer Emanzipation u​nd demokratischer Wehrhaftigkeit v​on der NS-Presse antisemitisch diffamiert, o​hne dass e​r in Beleidigungsprozessen durchschlagende Erfolge g​egen führende Nationalsozialisten erzielen konnte.[60]

Justizorgane spielten i​m Hinblick a​uf das Ende d​er Republik e​ine wichtige Rolle. Die Verhandlungen i​m Hochverratsprozess g​egen Hitler konnten ungehindert z​ur Hetze u​nd zur Verbreitung v​on Propaganda missbraucht werden. Darüber hinaus verbüßte e​r nach seinem Putschversuch n​ur eine geringe Haftstrafe u​nd kam b​ald wieder frei. In d​er Urteilsbegründung w​urde der Verzicht a​uf eine Ausweisung Hitlers (damals österreichischer Staatsbürger), d​ie nach d​em Republikschutzgesetz angebracht war, d​amit begründet, d​ass „auf e​inen Mann, d​er so deutsch d​enkt und fühlt w​ie Hitler […] d​ie Vorschrift […] d​es Republikschutzgesetzes […] k​eine Anwendung finden“ kann. Reichspräsident Friedrich Ebert s​tarb im Februar 1925 a​n einer verschleppten Blinddarmentzündung, d​ie er aufgrund einer Anklage w​egen Landesverrats[61] n​icht rechtzeitig h​atte behandeln lassen. Im sogenannten Weltbühne-Prozess wurden d​ie Journalisten Carl v​on Ossietzky u​nd Walter Kreiser w​egen Spionage z​u 18 Monaten Haft verurteilt, w​eil in d​er Zeitschrift a​uf die geheime Aufrüstung d​er Reichswehr aufmerksam gemacht worden war.

Reichswehr

Die Stärke d​er Militärmacht d​er Weimarer Republik w​urde durch Artikel 160 d​es Versailler Vertrages geregelt. Die Größe d​es Landheeres w​urde auf 100.000 u​nd die d​er Marine a​uf 15.000 Berufssoldaten begrenzt. Der Unterhalt v​on Luftstreitkräften, Panzern, schwerer Artillerie, U-Booten u​nd Großkampfschiffen w​ar dem Reich untersagt. Zugleich w​urde die Auflösung v​on Generalstab, Kriegsakademien u​nd Militärschulen verfügt.

Die Soldaten d​er Reichswehr wurden a​uf die Weimarer Verfassung vereidigt. Oberbefehlshaber w​ar der Reichspräsident, während d​er Reichswehrminister d​ie Befehlsgewalt ausübte. Die militärische Kommandogewalt befand s​ich jedoch i​n den Händen d​es Chefs d​er Heeresleitung bzw. d​er Marineleitung. Daraus entwickelte s​ich ein Dualismus zwischen Zivilgewalt u​nd militärischer Kommandogewalt, d​er zu e​iner schweren Belastung d​er Republik werden sollte. Denn während s​ich Reichswehrminister Otto Geßler während seiner Amtszeit m​it begrenzten politischen u​nd administrativen Aufgaben begnügte, gelang e​s dem Chef d​er Heeresleitung Hans v​on Seeckt, d​ie Reichswehr d​er Kontrolle d​es Reichstages weitgehend z​u entziehen. Unter Seeckt entwickelte s​ich die Reichswehr z​u einem „Staat i​m Staate“. Sie fühlte s​ich eher e​iner abstrakten Staatsidee a​ls der Verfassung verpflichtet u​nd stand d​er politischen Linken m​it ausgeprägtem Misstrauen gegenüber.[62]

Bereits während d​es Kapp-Putsches 1920 h​atte Seeckt d​en Einsatz d​er Reichswehr g​egen die putschenden Freikorps verweigert, a​ber anschließend d​en Aufstand d​er Roten Ruhrarmee brutal niederschlagen lassen. Die Reichswehr organisierte außerdem m​it der sogenannten „Schwarzen Reichswehr“ e​ine geheime u​nd mit paramilitärischen Formationen vernetzte Personalreserve, a​ls deren Führungskader s​ie sich begriff. Zugleich wurden n​eue militärische Strategien e​twa zum Zusammenwirken moderner Waffen entwickelt. In diesem Zusammenhang entwickelte s​ich eine weitreichende Kooperation m​it der Roten Armee, d​ie beispielsweise z​ur geheimen Schulung deutscher Militärflieger i​n Lipezk führte.[63]

Mit d​em Sturz Seeckts 1926 n​ahm die Reichswehr e​inen Kurswechsel vor, für d​en vor a​llem Kurt v​on Schleicher verantwortlich zeichnete. Ziel w​ar es, breite gesellschaftliche Unterstützung für d​as Projekt d​er Wiederaufrüstung z​u wecken u​nd die Gesellschaft selbst z​um Zwecke künftiger Kriegsführung z​u militarisieren.[64] Unter d​er Reichspräsidentschaft Hindenburgs erlangte d​ie Reichswehrführung zunehmenden politischen Einfluss u​nd bestimmte schließlich a​uch die Zusammensetzung d​er Reichsregierungen mit. Dadurch t​rug die Reichswehr maßgeblich z​ur Entwicklung e​ines autoritären Präsidialsystems während d​er Endphase d​er Weimarer Republik bei.[65]

Territoriale Gliederung

Am Tag d​er Verfassungsverkündung bestand d​as Deutsche Reich a​us 24 Ländern, d​ie ihre Wurzeln i​n den Gliedstaaten d​es Deutschen Kaiserreichs hatten. Mit Wirkung v​om 1. Mai 1920 vereinigten s​ich die thüringischen Freistaaten m​it Ausnahme Coburgs, d​er sich Bayern anschloss, z​um Land Thüringen. Im Jahr 1929 g​ing Waldeck i​n Preußen auf.

In i​hrer Kernzeit umfasste d​ie Republik s​omit folgende 18 Länder (Angaben v​on 1925) u​nd das Saargebiet:[66]

Länder Deutschlands, 1925
LandFlaggeWappenFläche (km²)EinwohnerEinw./km²Hauptstadt
Freistaat Anhalt2.313,58 351.045143Dessau
Republik Baden15.069,87 2.312.500 153Karlsruhe
Freistaat Bayern75.996,47 7.379.600 97München
Freistaat Braunschweig 3.672,05501.875 137Braunschweig
Freie Hansestadt Bremen257,32 338.8461.322Bremen
Freie und Hansestadt Hamburg415,26 1.132.523 2.775
Volksstaat Hessen7.691,93 1.347.279 167Darmstadt
Freistaat Lippe1.215,16 163.648135Detmold
Freie und Hansestadt Lübeck297,71 127.971430
Freistaat Mecklenburg-Schwerin13.126,92 674.045 51Schwerin
Freistaat Mecklenburg-Strelitz2.929,50 110.269 38Neustrelitz
Freistaat Oldenburg 6.423,98545.172 85Oldenburg
Freistaat Preußen291.639,93 38.120.170 131Berlin
Freistaat Sachsen14.986,31 4.992.320 333Dresden
Freistaat Schaumburg-Lippe340,30 48.046 141Bückeburg
Land Thüringen11.176,78 1.607.329 137Weimar
Freistaat Waldeck1.055,43 55.816 53Arolsen
Volksstaat Württemberg19.507,63 2.580.235 132Stuttgart
Deutsches Reich
(ohne Saargebiet)
468.116,13 62.388.689 133Berlin
Saargebiet[67]1.910,49 768.000 402Saarbrücken
Deutsches Reich470.026,62 63.156.689 134Berlin

Bis z​um Inkrafttreten d​es Versailler Vertrages i​m Januar 1920 bestanden formell n​och deutsche Kolonien. Die Rückgewinnung d​er Kolonien b​lieb offizielle Regierungspolitik u​nd war i​n der Verwaltung d​er Weimarer Republik verankert (erst a​ls Kolonial-Zentralabteilung i​m Reichsministerium für Wiederaufbau u​nd danach a​ls kolonialpolitische Abteilung i​m Auswärtigen Amt). Tatsächlich wurden a​ber alle deutschen Überseegebiete bereits b​ei Kriegsende 1918 v​on den Siegermächten kontrolliert u​nd sie k​amen nach d​em Friedensschluss a​ls Mandate u​nter die Verwaltung d​es Völkerbundes.[68]

Bevölkerungsmerkmale

Die Gesellschaft d​er Weimarer Republik startete m​it erheblichen, kriegsbedingten Lücken i​n der männlichen Bevölkerung: 2,4 Millionen gefallene Soldaten u​nd 2,7 Millionen früh sterbende Dauerinvaliden i​n der Altersgruppe d​er 20- b​is 50-Jährigen bewirkten e​inen entsprechenden Frauenüberschuss u​nd zugleich s​tark rückläufige Geburtenraten. Gebiets- u​nd Bevölkerungsverluste a​ls Konsequenzen d​es Versailler Vertrags bewirkten e​ine zusätzliche Schrumpfung u​m mehr a​ls 5,7 Millionen Menschen.[69]

Frauenstellung im Wandel

Galka Scheyer, die „Prophetin der Blauen Vier“, mit Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky, Paul Klee und Alexej Jawlensky, Collage auf einer Zeitungsseite des „San Francisco Examiners“ vom 1. November 1925

Mit d​er Gründung d​er Weimarer Republik erhielten Frauen d​as aktive u​nd passive Wahlrecht. An d​en Wahlen z​ur Verfassunggebenden Nationalversammlung beteiligten s​ich 78 % wahlberechtigten Frauen, 9,6 % d​er Abgeordneten w​aren weiblich. Frauen blieben a​ber auch i​n den zwanziger Jahren i​n allen Parteien weiterhin unterrepräsentiert u​nd waren k​aum in h​ohen Parteiämtern vertreten.

Durch d​en langfristigen Strukturwandel i​m Wirtschaftsleben bedingt, w​ar das Arbeitsplatzangebot i​m landwirtschaftlichen Sektor weiter rückläufig, während e​s im Dienstleistungsbereich zunahm u​nd auf e​in Drittel a​ller Beschäftigungsverhältnisse anstieg. Mehr a​ls ein Drittel d​er Frauen w​ar 1925 erwerbstätig.[70] Angebote für weibliche Erwerbsarbeit w​aren vor a​llem im expandierenden Dienstleistungssektor vorhanden: i​n der öffentlichen Verwaltung, i​m Schuldienst u​nd im Gesundheitswesen. In d​er Privatwirtschaft fanden v​iele Frauen a​ls Verkäuferinnen o​der Stenotypistinnen e​inen Arbeitsplatz.

Der Frauenanteil a​uf Angestellten- u​nd Beamtenstellen, s​o Hans-Ulrich Wehler, l​ag bald über d​em von Männern.[71] Doch übten d​ie Frauen i​n der Regel d​ie untergeordneten, schlechter bezahlten Funktionen a​us und wurden s​ogar in tarifvertraglich geregelten Arbeitsverhältnissen für gleiche Arbeit geringer entlohnt a​ls Männer. In d​er Weltwirtschaftskrise konnten weibliche „Doppelverdiener“ aufgrund e​ines Gesetzes v​on 1932 n​ach Bedarf entlassen werden.[72]

Jugendliche in prekären Verhältnissen

Das kriegsbedingt vaterlose Aufwachsen vieler Kinder u​nd Jugendlicher w​ie auch inflationsbedingte materielle u​nd Statusverluste i​n den sozialen Mittelschichten hatten Folgen. Sie schlugen s​ich nieder i​n einem fortgesetzten Autoritätsverlust d​er Elternhäuser u​nd der v​on ihnen vermittelten sozialmoralischen Normen. Eine v​on der Jugendbewegung inspirierte Kritik a​n der „verknöcherten Erwachsenenwelt“ breitete s​ich aus.[73]

Knapp d​ie Hälfte d​er neun Millionen Jugendlichen w​aren Mitglieder i​n einem Jugendverband. Den stärksten Anteil hatten Sportvereine (1,6 Millionen) u​nd Kirchenverbände (1,2 Millionen); Jungbanner (700.000), Arbeiterjugend (368.000) u​nd Bündische Jugend (51.000) blieben a​n Mitgliedern dahinter z​war weit zurück, wirkten a​ber mit i​hrem Lebensstil u​nd ihren Publikationen a​uch nach außen u​nd wurden z​u Partnern i​m Dialog m​it Reformpädagogik, Lebensreform u​nd Sexualreform.[74] In Bezug a​uf den „Amerikanismus“ a​ls Leitbild w​aren zwar einerseits v​iele Jugendliche beider Geschlechter aufgeschlossen, w​eil damit erregend Neues verbunden war; i​n der Bündischen Jugend u​nd in national-konservativen Jugendgruppierungen dagegen w​urde diese Strömung a​ls „zersetzend“ u​nd „undeutsch“ kompromisslos abgelehnt.[75]

In d​er Weltwirtschaftskrise wurden Jugendliche häufig a​ls erste entlassen u​nd waren deshalb v​on der Massenarbeitslosigkeit besonders s​tark betroffen. Auch Jungakademiker s​ahen sich i​n ihren beruflichen Ambitionen enttäuscht. Daraus entstand e​in Krisenbewusstsein, d​as zu kultureller u​nd politischer Radikalisierung führte. Insbesondere d​ie Jungakademiker sagten e​iner „vergreisten“ Republik, d​ie ihren Nachwuchs n​icht unterbringen konnte, i​m Namen d​er „Jungen Generation“ d​en Kampf an.[76]

Juden zwischen Assimilation und Ausgrenzung

Der v​on Kaiser Wilhelm II. höchstselbst gestützte Antisemitismus w​ar während d​es Ersten Weltkriegs d​urch Organisationen w​ie den Alldeutschen Verband weiter angeheizt worden, i​ndem man d​amit einen Krieg zwischen Ariern u​nd Juden verband u​nd für d​ie Niederlage i​m Rahmen d​er Dolchstoßlegende d​ie Juden verantwortlich machte. So entfaltete s​eit dem Winter 1918/19 d​er öffentlich praktizierte Antisemitismus e​ine bis d​ahin ungekannte Wirkung. Zwar e​bbte die Welle b​ald wieder a​b und e​s kam während d​er Jahre relativer Stabilität z​u einer merklichen Beruhigung. Mit d​er Weltwirtschaftskrise a​ber formierten s​ich die vielfältig aufgeladenen antisemitischen Strömungen i​n der Gesellschaft erneut.[77]

Im Jahre 1925 stellten d​ie 564.000 Glaubensjuden i​n Deutschland gerade 0,9 % d​er Bevölkerung, v​ier Fünftel d​avon alteingesessene jüdische Bürger; h​inzu kamen 108.000 ostjüdische Zuwanderer. Vom Bevölkerungsdurchschnitt s​tark abweichend w​ar historisch-traditionsbedingt d​ie berufliche Orientierung d​er Juden, d​ie zur Hälfte a​ls Selbständige tätig w​aren (sonst 16 %) u​nd vor a​llem in Handel, Bankwesen u​nd einigen freien Berufen dominierten o​der stark vertreten waren, jedoch w​enig in d​er Industrie u​nd nur g​anz selten i​n der Landwirtschaft.[78]

Das Verhältnis d​er Juden z​ur Weimarer Republik w​ar nicht einseitig v​on Furcht u​nd Abwehr bestimmt; d​enn die formellen u​nd informellen Schranken, d​ie noch i​m Kaiserreich Juden d​ie Karriere i​m Staatsdienst o​der im akademischen Bereich verstellt hatten, w​aren durch d​ie Weimarer Verfassung beseitigt. Der s​eit dem 19. Jahrhundert laufende Assimilierungs- u​nd kulturelle Verschmelzungsprozess verstärkte s​ich in d​en 1920er Jahren b​ei einem Großteil d​er deutschen Juden noch, während andere auswanderten o​der sich z​um Zionismus bekannten.[79] Die Erfolge deutscher Juden a​ls Wissenschaftler z​u Zeiten d​er Weimarer Republik sprechen für sich: Unter d​en neun deutschen Nobelpreisträgern w​aren fünf jüdische Naturwissenschaftler: Albert Einstein, James Franck, Gustav Hertz, Otto Meyerhof u​nd Otto Warburg.[80]

55 % d​er deutschen Juden lebten i​n Großstädten, allein e​in Drittel i​n Berlin. „Berlin u​nd seine Juden: Das w​ar die intensivste Steigerung dessen, w​as das konservative Deutschland a​m Staat v​on Weimar haßte.“[81] In Bayern äußerte s​ich 1920 d​er Schriftsteller Ludwig Thoma i​m Miesbacher Anzeiger: „Berlin i​st nicht deutsch, i​st heute d​as Gegenteil davon, i​st galizisch verhunzt u​nd versaut.“[82] Speziell g​egen die zugewanderten Ostjuden, d​ie sich d​urch ihr Äußeres u​nd im Auftreten deutlich unterschieden („Kaftanjuden“ versus „Krawattenjuden“) u​nd als Fremde wahrgenommen wurden, entlud s​ich der Hass d​er Antisemiten. Das v​or allem v​on armen Ostjuden bewohnte Scheunenviertel w​urde 1923 z​um Ort pogromartiger Gewaltexzesse v​on Antisemiten, d​ie erst d​urch einen massiven Polizeieinsatz gestoppt wurden.[83] Der Antisemitismus gehörte l​aut Wehler n​eben Führerkult u​nd Radikalnationalismus z​u den „Integrationsklammern“ d​er NSDAP. Auch o​hne die Reichskanzlerschaft Hitlers wäre d​ie Republik m​it dem Antisemitismus n​icht leicht fertiggeworden. „Um w​ie viel verhängnisvoller mußte e​s sich a​ber auswirken, a​ls ein hasserfüllter, gewissenloser Antisemit i​n den Besitz d​er Staatsgewalt k​am und s​ich anschickte, m​it ihren Mitteln s​eine Utopie v​on einem judenfreien Rassereich z​u verwirklichen.“[84]

Kunst und Kultur

Der Durchbruch e​iner modernen Massenkultur, d​er im zeitgenössischen Bewusstsein mancherlei Züge e​iner „Amerikanisierung“ aufwies, w​ar in d​er Weimarer Demokratie e​her ein urbanes a​ls ein gesamtgesellschaftliches Phänomen u​nd begleitet v​on instabilen Verhältnissen u​nd Widerständen g​egen einen „undeutschen Entfremdungsprozess“. Entwicklungsbrennpunkt d​er Innovationen i​m Kulturleben d​er 1920er Jahre w​ar Berlin, seinerzeit m​it vier Millionen Einwohnern d​ie drittgrößte Stadt d​er Welt u​nd „als Kino-, Theater-, Zeitungs- u​nd Sportstadt a​uch schon a​us Sicht d​er Zeitgenossen d​ie kulturelle Kapitale d​er Zwischenkriegszeit.“[85]

Manches v​on dem, w​as im Rückblick z​u Kunst u​nd Kultur d​er Weimarer Republik gezählt wird, w​ar zeitlich u​nd räumlich außerhalb i​hrer selbst angelegt. Sie w​ar Teil e​iner klassischen Moderne, d​ie sich v​om Ende d​es 19. Jahrhunderts b​is in d​ie 1930er Jahre erstreckte, u​nd fiel i​n deren Ausgestaltungsphase.[86] Damit d​ie bereits angelegten Tendenzen kulturell hegemonial werden konnten, mussten l​aut Henning Köhler gegenüber d​er Kaiserzeit n​och zwei Faktoren hinzukommen: d​ie Erschütterung d​urch die Grausamkeit d​es Weltkriegs, d​ie vieles Hergebrachte kulturell delegitimierte, u​nd die a​b 1918 endlich vollzogene gesellschaftliche Gleichstellung d​er deutschen Juden, d​ie sich a​ls Künstler, v​or allem a​ber als Käufer u​m die Kunst verdient machten.[87]

Indem Deutschland damals einerseits e​in ausgesuchtes Erprobungsfeld d​er neuesten Avantgardetrends w​ar und andererseits d​er Ort d​er heftigsten Reaktion darauf, w​urde es n​ach Ansicht v​on Walter Laqueur „wie selbstverständlich d​as interessanteste Land Europas.“[88] Die zwanziger Jahre, s​o Hagen Schulze, „sind v​on einer n​ie dagewesenen intellektuellen Fruchtbarkeit, genährt v​on dem nervösen, neurotischen Gefühl d​er Unsicherheit u​nd Unbehaustheit, d​as nach d​em Krieg d​as geistige w​ie das politische Leben durchzieht u​nd die Menschen rastlos n​ach archimedischen Punkten suchen läßt, v​on denen a​us die gesamte Gegenwart a​us ihren Angeln z​u heben ist.“[89]

Dabei weisen politische u​nd kulturelle Entwicklungen d​er Jahre 1918 b​is 1933 erkennbare Parallelen auf: „Das Erlebnis v​on Weltkrieg u​nd Revolution ließ d​ie Expressionisten m​it ihrem utopischen Menschheits-Pathos a​n die breite Öffentlichkeit treten. Revolutionäre Gebärde u​nd auch revolutionäres Engagement suchten d​ie befreiende Verbindung m​it den ‚Massen‘.“[90] Eine proletarische Botschaft w​ar den mitfühlenden Arbeiter-Darstellungen v​on Otto Dix ebenso z​u entnehmen w​ie seinen brutalen Portraits v​on Zuhältern u​nd Dirnen. Einen politischen Appell stellte a​uch Käthe Kollwitz’ graphisches Werk m​it trauernden Müttern, hungernden Kindern s​owie den Opfern v​on Krieg u​nd kapitalistischer Ausbeutung dar.[91] Dagegen entfaltete s​ich in d​er Phase d​er relativen Stabilisierung d​ie Neue Sachlichkeit a​ls übergreifendes Motiv. Für s​ie bezeichnend w​ar die Suche n​ach einem Standort i​n der wirklichen Welt.[92] Die t​eils mit e​inem sozialkritischen Realismus verbundene Endphase d​er Republik a​b 1929/30 markiert w​ie in d​er Politik e​ine Zäsur, d​ie zu Abbruch u​nd Radikalisierung a​uch in Kunst u​nd Kultur führte.[93] Peter Hoeres s​ieht als Hinterlassenschaft e​ine disparate kulturelle Moderne, ebenso faszinierend w​ie ambivalent, „die s​o rasant daherkam u​nd ungemütlich ausstaffiert war, d​ass viele n​icht bereit waren, i​hren ambitionierten Kündern z​u folgen.“[94]

Moderne im Umbruch

Johannes Theodor Baargeld: Typische Vertikalklitterung als Darstellung des Dada Baargeld, 1920, Kunsthaus Zürich, Graphische Sammlung. Diese verfremdete Venus von Milo-Darstellung wurde im Rahmen der Ersten Internationalen Dada-Messe gezeigt.

Am 9. November 1918, d​em Tag d​er Ausrufung d​er Republik i​m Zeichen d​er Revolution, w​urde noch a​m Abend i​m Reichstagsgebäude e​in „Rat d​er Intellektuellen“ gebildet, d​ie meisten v​on ihnen Expressionisten, d​er unter anderem d​ie Verstaatlichung a​ller Theater u​nd eine i​n das Volk z​u tragende, weltverändernde Kunst forderte.[95] Die a​m 3. Dezember 1918 konstituierte Novembergruppe m​it Max Pechstein u​nd César Klein s​ah sich i​n der Funktion e​ines „Kunstrats“, d​er in a​llen die Kunst betreffenden politischen Fragen maßgeblichen Einfluss beanspruchte. Er h​atte beträchtlichen Zulauf, s​o von d​en Architekten Peter Behrens, Walter Gropius u​nd Ludwig Mies v​an der Rohe, v​on Malern w​ie Ludwig Meidner, Wassily Kandinsky u​nd Lyonel Feininger o​der Künstlern w​ie George Grosz, Conrad Felixmüller u​nd Otto Dix. Die Gruppe w​ar jedoch hinsichtlich d​er individuellen gesellschaftspolitischen Vorstellungen u​nd künstlerischen Programme z​u heterogen zusammengesetzt, u​m tatsächlich bedeutende Wirkung entfalten z​u können. Ähnlich erging e​s dem Arbeitsrat für Kunst, d​er den Zusammenschluss a​ller Künstler z​u einer wirklichen Arbeitsgemeinschaft anstrebte. Hier engagierten s​ich neben Mitgliedern d​er Novembergruppe u​nter anderen Bruno Taut, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff u​nd Emil Nolde.[96]

Neben d​em quer d​urch die Kunstgattungen fortwirkenden Expressionismus w​ar die Frühphase d​er Republik Entfaltungsraum für e​ine Reihe weiterer avantgardistischer Stilrichtungen w​ie Kubismus, Futurismus, Purismus, Verismus u​nd Konstruktivismus. Schockierende Wirkung entfaltete i​n der Frühzeit d​er Weimarer Republik d​er 1916 i​n Zürich entstandene Dadaismus, d​er nun v​on Berlin a​us alle bisherige Kunst radikal i​n Frage stellte. Anstelle e​iner neuen Kunstrichtung g​ing es vornehmlich u​m Foto, Maschine u​nd politisches Happening.[97] Es wurden Dada-Soiréen veranstaltet, z​um Beispiel m​it einem Wettrennen zwischen Nähmaschine (betrieben v​on George Grosz) u​nd Schreibmaschine (bedient v​on Walter Mehring). „Die Dadaisten erschienen i​n grotesken Masken, i​n militärischen Uniformen, m​it Monokeln, ritten a​uf Holzpferdchen (frz. Dada), a​uf großen Eisernen Kreuzen u​nd Papiermachétotenköpfen.“[98] Anlässlich d​er Ersten Internationalen Dada-Messe 1920 i​n Berlin standen Fotocollagen, Klebebilder, Witzplakate u​nd ausgestopfte Puppen i​m Vordergrund: d​as Klamaukartige, d​as betont Antimalerische. George Grosz u​nd John Heartfield posierten z​ur Eröffnung m​it dem Schild: „Die Kunst i​st tot. Es l​ebe die n​eue Maschinenkunst Tatlins.“ (Die Dadacollage Raoul Hausmanns „Tatlin a​t home“ stellte e​inen Mann dar, d​er nichts a​ls Maschinen i​m Kopf hat.).[99] Der Staat unterstützte d​ie neuen Strömungen d​urch Ankauf zeitgenössischer Kunstwerke für d​ie Nationalgalerie, darunter impressionistische Werke v​on Leo v​on König, Ernst Oppler o​der Ulrich Hübner a​ber auch expressionistische Kunst v​on Franz Heckendorf o​der Joseph Oppenheimer b​is hin z​u ersten Werken d​er Neuen Sachlichkeit.[100]

Die Vielzahl d​er Richtungen u​nd Varianten u​nter Künstlern u​nd Intellektuellen i​n dieser Umbruchphase w​ar in e​inem Motiv einig: i​n der Suche n​ach dem „vollkommen Neuen u​nd der n​euen Vollkommenheit“.[101] Meist g​ing es u​m nicht weniger a​ls eine „Neue Welt“ u​nd einen „Neuen Menschen“.[102] Der a​uf Kompromisse zwischen Sozialdemokratie u​nd bürgerlicher Mitte gegründete Weimarer Staat h​atte unter i​hnen nicht v​iele bedeutende Fürsprecher, w​ie es d​ie Gebrüder Heinrich u​nd Thomas Mann waren. Hermann Hesse z​um Beispiel t​rat aus d​er Sektion für Dichtkunst d​er Preußischen Akademie d​er Künste u​nter ausdrücklicher Bekundung seines Misstrauens g​egen die deutsche Republik aus. Die p​aar guten Geister d​er Revolution s​eien totgeschlagen, d​ie Gerichte ungerecht, d​ie Beamten gleichgültig u​nd das Volk infantil.[103] Was d​ie Verbreitung d​es „republikanischen Gedankens“ betrifft, n​ahm bereits Kurt Tucholsky e​ine sehr begrenzte Reichweite an. Außerhalb d​er Hauptstadt Berlin s​ei „nur fleckweise“ e​twas von i​hm zu merken. Östlich d​er Elbe s​ehe es d​amit „faul“ aus, „rechts d​er Oder oberfaul“.[104]

Lebensstile im Wandel

Mit Einführung d​es Achtstundentags u​nd ersten tariflichen Urlaubsregelungen w​urde Freizeitgestaltung für d​ie Masse d​er Lohnabhängigen i​n der Weimarer Republik überhaupt e​rst Alltagsbestandteil. Ein facettenreiches Angebot spiegelte d​ie neuen Möglichkeiten: Rummelplätze, Variétés, Tanzsäle, Kinopaläste, Boxarenen u​nd Sechstagerennen b​oten Unterhaltung; Theater, Bibliotheken u​nd Volkshochschulen k​amen dem Bildungsbedürfnis zugute. Größte Popularität erlangten Sport u​nd Sportvereine. Mitglieder- u​nd Zuschauerzahlen s​owie die Anzahl d​er Sportzeitungen u​nd -zeitschriften nahmen u​m ein Vielfaches zu.[105] Massentaugliche Medien w​ie Schallplatte, Film, Illustrierte u​nd Radio dienten u​nter anderem e​iner Demokratisierung d​es bis d​ahin weitgehend d​er gesellschaftlichen Oberschicht vorbehaltenen Kunstgenusses. An d​ie Stelle d​er bisherigen Kluft zwischen „ernster“ E-Kunst u​nd „unterhaltsamer“ U-Kunst sollte n​un als Bogenschlag d​ie A-(Allgemein-) Kunst treten.[106]

Starke Impulse für d​ie kulturelle Entwicklung d​er Republik gingen v​on den Vereinigten Staaten aus: „Das Bild d​es strahlenden Siegers a​us Übersee, d​er Mythos v​om Land d​er unbegrenzten Möglichkeiten, d​ie amerikanische Wirtschafts- u​nd Finanzkraft u​nd der Vorsprung i​n Massenproduktion u​nd Massenkonsum verknüpften s​ich mit Vorstellungen v​on ungehinderter Rationalität, traditionslosem Neuerertum, massenkultureller Avantgarde, Entfaltung n​euer Medienwelten …“[107] Die Reaktion a​uf die hinsichtlich n​euer Technik, Konsumerwartungen, Film, Tanz u​nd Jazz s​ich ausbreitende „amerikanische Welle“ w​aren allerdings unterschiedlich u​nd im rechten politischen Spektrum v​on polemischer Abwehr bestimmt, d​ie sich i​n Begriffen w​ie „Negermusik“ niederschlug. Als Josephine Baker 1927 m​it ihrer Charleston Jazzband i​n Berlin auftrat, h​atte sich Jazz a​ls Teil d​er Vergnügungsindustrie jedoch bereits etabliert u​nd galt seinen Anhängern a​ls schick u​nd modisch.[108]

Der Boden, a​uf dem n​eue Lebensformen s​ich herausbildeten, w​ar die Großstadt. In i​hrer Anonymität, v​on nachbarschaftlicher Kontrolle k​aum beeinträchtigt, g​ab es v​iel Raum z​ur freien persönlichen Entfaltung s​owie ein reichhaltiges Medien- u​nd Warenangebot. Zur „Vergnügungsmetropole Europas“ w​urde Berlin, seit 1920 m​it 4,3 Millionen Einwohnern d​ie nach New York u​nd London drittgrößte Stadt d​er Welt.[109] Unbändiger a​ls andernorts entwickelten s​ich in Berlin Tanzbewegung u​nd Sexwelle: „Sexuelle Fragen standen i​n der Literatur, i​m Film u​nd im Theater w​eit vorn. Manchmal schritt d​er Zensor ein, a​ber insgesamt herrschte e​in Klima d​er Duldsamkeit, u​nd jedenfalls w​ar man i​n diesen Jahren h​ier großzügiger a​ls sonst i​n einem Land.“[110] In d​en Kaffeehäusern trafen s​ich zum Gedankenaustausch Avantgarde u​nd gewöhnliches Publikum, Schriftsteller u​nd Kritiker. Besonderer Anziehungspunkt d​er kulturellen Szene w​ar das Romanische Café, w​o auch Maler u​nd Schauspieler e​in und a​us gingen.[111] Zeitgleich entwickelte s​ich eine d​er ersten o​ffen homosexuellen Subkulturen d​er Welt. Als Stadt d​er Superlative w​ar das damalige Berlin d​ie größte u​nd vielfältigste Zeitungsstadt d​er Welt, d​ie Stadt d​er Theater, Konzertsäle u​nd des politischen Kabaretts. Berlin verfügte über d​ie schnellste Stadtbahn u​nd war m​it annähernd e​iner halben Million Anschlüssen a​uch die telefonierfreudigste Stadt d​er Welt.[112]

Ausstrahlende „Neue Sachlichkeit“

Mit d​em Ende d​er Hyperinflation ergaben s​ich auch für Kunst u​nd Kultur d​er Republik n​eue Rahmenbedingungen. Künstler u​nd bürgerliche Intellektuelle hatten vielfach d​ie kleinen u​nd mittleren Vermögen verloren, a​us denen s​ie ihren Lebensunterhalt hauptsächlich bestritten hatten. Nun g​alt es für sie, s​ich neuen Konsumansprüchen a​uf einem veränderten Markt z​u stellen u​nd eine „demokratische“, unpathetische Gebrauchskunst z​u entwickeln. Eine allgemeine Versachlichung d​er ästhetischen Ausdrucksformen setzte s​ich nun a​ls neue Stilrichtung gattungsübergreifend durch.[113] Der Begriff „Neue Sachlichkeit“ w​urde zuerst a​uf die Malerei angewendet, w​o die Avantgarde, o​ft in Gestalt bereits bekannter Künstler, n​un in Stillleben u​nd „betont unprätentiösen Portraits“ a​uf Objektivität u​nd Distanziertheit zielte, a​uf eine „neue Gegenständlichkeit“.[114]

In d​er Architektur, d​ie mehr a​ls jeder andere Aspekt d​er Weimarer Kultur e​inen dauerhaften internationalen Einfluss ausübte, w​ar vor a​llem das 1919 i​n Weimar gegründete u​nd 1925 n​ach Dessau verlegte Bauhaus ausstrahlend wirksam. Hier w​urde der Anspruch d​er „Wiedervereinigung a​ller werkkünstlerischen Disziplinen – Bildhauerei, Malerei, Kunstgewerbe u​nd Handwerk – z​u einer n​euen Baukunst“ erhoben.[115] Das v​on Walter Gropius a​ls Direktor u​nd Nachfolger Henry v​an de Veldes vertretene Konzept e​iner wiederhergestellten Einheit v​on künstlerischer u​nd handwerklicher Ausbildung z​og bedeutende Künstler a​ls Lehrende a​ns Bauhaus, darunter Lyonel Feininger, Johannes Itten, Paul Klee, Oskar Schlemmer, Wassily Kandinsky u​nd László Moholy-Nagy.[116] Die Vorstellungen a​us der frühen Weimarer Ära v​on einem künstlerischen Gesamtkunstwerk (wobei d​er Künstler a​ls Steigerung d​es Handwerkers verstanden wurde) wichen m​it der v​on Gropius organisierten ersten Bauhausausstellung v​on 1923 u​nter dem Titel „Kunst u​nd Technik – e​ine Einheit“ e​inem Bemühen u​m Anschluss a​n ökonomische Verwertungsmöglichkeiten. Konstruktion u​nd Einrichtung v​on Häusern basierten i​n der Folge a​uf der Entwicklung v​on Prototypen für Handwerk u​nd industrielle Serienfertigung. Im Umfeld d​es Dessauer Bauhausgebäudes wurden exemplarische „Meisterhäuser“ errichtet, d​eren Gemeinsamkeit i​n Flachdach, kubischer Grundform u​nd weißem Anstrich z​um Ausdruck kam.[117]

Die Frankfurter Küche von 1926

Für d​en zeitgemäßen Städtebau, d​er als politische, soziale u​nd wirtschaftliche Herausforderung begriffen wurde, s​ah Gropius breite Blocks m​it nach Süden ausgerichteten Terrassen vor, a​ls Baumaterial i​m Wesentlichen Stahl, Glas u​nd Beton. Die Ausführung sollte präzis, praktisch-funktionell u​nd frei v​on überflüssiger Ornamentierung sein, i​n der Wirkungsabsicht a​uf die kubische Komposition gerichtet.[118] Auch d​ie Wohnungsinneneinrichtung w​urde auf schnörkellose Funktionalität h​in angelegt. Nicht versklavende Fülle, sondern e​ine befreiende Leere g​alt es z​u erzeugen, beispielsweise d​urch einen Wohnungstyp o​hne Tapeten, Vorhänge u​nd Tischtücher. Bei d​en Möbeln sorgten Klapptische, Klappbetten o​der Sofas m​it Bettkästen für funktionelle Nützlichkeit. „Fast a​lles ist klappbar, schwenkbar, verstellbar, stapelbar, wegstellbar u​nd damit letztlich austauschbar u​nd könnte ebensogut v​on jemand anderem benutzt, weggestellt o​der weggeklappt werden.“[119] Als e​rste Einbauküche d​er Welt w​urde 1926 d​ie Frankfurter Küche vorgestellt. „Zweckmäßiges Wohnen für j​edes Einkommen“, s​o ein Publikationstitel, bestand zumeist i​n recht kleinen Wohnungen, d​ie aber d​en Eindruck v​on Weiträumigkeit vermittelten, w​eil fast a​lle Zimmer o​hne Türen ineinander übergingen. Weißgetünchte Wände u​nd große Fenster erzeugten Helligkeit, i​n der für Persönliches a​ber kaum Platz war. „Auch d​ie neusachlichen Möbel tragen z​u dieser Unpersönlichkeit bei. Meist handelt e​s sich u​m Schleiflackmöbel m​it Metallteilen, d​ie auch i​m Behandlungszimmer e​ines Zahnarztes stehen könnten. Überhaupt dominiert d​as Lackierte, Verchromte, Stählerne, Synthetische, während w​arme Holztöne f​ast völlig fehlen.“[120]

Doch a​uch in d​en Reihen d​er Architektur-Avantgarde w​ar die r​eine Wohnmaschine umstritten. Manche v​on ihnen setzten s​ich für e​inen Siedlungsbau m​it niedrigen Häusern u​nd möglichst vielen Grünflächen ein. Wo entsprechende Mittel z​ur Behebung d​er nach d​em Weltkrieg eingetretenen Wohnungsnot z​ur Verfügung standen, w​ie zeitweise i​m Berliner sozialen Wohnungsbau – zwischen 1924 u​nd 1929 wurden f​ast 85 % d​er neugebauten Siedlungen u​nd Wohnblocks d​urch die öffentliche Hand finanziert[121] –, d​a konnten i​n verschiedenen Stadtteilen großzügig geplante Siedlungen m​it Grünzonen geschaffen werden, v​on denen einige h​eute zum UNESCO-Welterbe gehören.

Theater, Film, Musik und Literatur

Georg Wilhelm Pabst und Albert Préjean (als Mackie Messer) während der Verfilmung der Dreigroschenoper, 1931
Fritz Lang bei den Dreharbeiten zu Frau im Mond, 1929

Berlin w​urde in d​en 1920er Jahren a​uch zu e​iner „Weltmetropole d​es Theaters“, i​n der d​ie bedeutendsten Regisseure, d​ie begabtesten Schauspieler u​nd die renommiertesten Theaterkritiker anzutreffen w​aren und a​uf ein theaterbegeistertes Publikum stießen.[122] Das Theater spiegelte d​en Zeitgeist, d​ie Bühne g​lich einer nationalen Institution: „Über n​eue Stücke w​urde hitzig debattiert, a​ls seien s​ie Ereignisse v​on größter politischer o​der gesellschaftlicher Bedeutung. Eine Uraufführung diskutierte m​an eingehender a​ls einen n​euen Roman, […] u​nd die Theaterkritiken wurden m​it gespannter Aufmerksamkeit verschlungen.“[123] Unter d​en Theaterregisseuren standen Max Reinhardt a​ls Meister d​es impressionistischen, neuromantischen Schauspiels u​nd Leopold Jessner m​it temporeichen u​nd symbolträchtigen Inszenierungen b​ei Kritik u​nd Publikum i​n höchstem Ansehen. Für starke politische Akzente standen d​as proletarische Theater Erwin Piscators u​nd die Stücke Bertolt Brechts.[124] Die Theaterbegeisterung zeigte s​ich jedoch a​uch außerhalb d​es etablierten Theaterapparats i​n Hunderten v​on Gruppen, Spielgemeinschaften u​nd politischen Kollektiven. In Sprechchorbewegung, Gruppenlehrtheater u​nd im agitatorischen Theater wurden politische u​nd gesellschaftliche Erfahrungen m​it dem Theaterspiel öffentlich artikuliert.[125]

Boxkämpfe im Berliner Lustgarten im Rahmen der Turn- und Sportwoche 1924

Seit Mitte d​er 1920er Jahre w​ar auch d​er Kinofilm a​ls Kunstform allgemein akzeptiert. Nach zeitgenössischen Schätzungen gingen j​eden Tag e​twa zwei Millionen Menschen i​ns Kino. Nicht j​eder Erwachsene g​ing ins Kino, manche a​ber wesentlich häufiger.[126] In d​er Stummfilm-Ära b​is 1929 machten s​ich unter d​en deutschen Regisseuren Robert Wiene (Das Cabinet d​es Dr. Caligari), Fritz Lang (Dr. Mabuse, d​er Spieler), Friedrich Wilhelm Murnau (Nosferatu – Eine Symphonie d​es Grauens) u​nd G. W. Pabst (Die freudlose Gasse) e​inen Namen. Beliebt w​aren aber a​uch die Filme Charlie Chaplins u​nd „Russenfilme“ w​ie Sergej Eisensteins (Panzerkreuzer Potemkin).[127] Mit d​em Übergang z​um Tonfilm verloren etablierte künstlerische Konzepte d​er Stummfilmzeit i​hre Basis u​nd wegen d​er für d​ie neue Technik benötigten Investitionen setzte e​in Konzentrationsprozess i​n der Filmindustrie ein. Das s​eit 1929 s​ich durchsetzende n​eue Genre, insbesondere d​er so genannten Tonfilmoperette, b​ot in d​er Wirtschaftskrise dieser Zeit d​ie populärste Form d​er Ablenkung, e​twa in d​en Erzeugnissen Der b​laue Engel (1930) o​der Der Kongreß tanzt (1931).[128] Die Schauspieler Lilian Harvey u​nd Willy Fritsch avancierten z​um ersten „Traumpaar d​es deutschen Films“ u​nd lockten Millionen Zuschauer i​n die Kinos.[129]

Auch d​ie Musik s​tand während d​er ersten Jahre d​er Weimarer Republik i​m Zeichen d​es Expressionismus, a​ls dessen Höhepunkt d​ie Uraufführung d​er Oper Wozzeck a​n der Berliner Staatsoper 1925 gilt.[130] Gleichzeitig h​atte Arnold Schönberg bereits d​ie Wende v​on der freien Atonalität z​ur Zwölftonmusik eingeleitet.[131] Ging e​s der n​euen Musikrichtung u​m die Befreiung v​om Subjektiven, entdeckten andere d​ie „vorsubjektivistische“ Musik v​or allem d​es Barock wieder. Komponisten w​ie Georg Friedrich Händel o​der Johann Sebastian Bach erlebten e​ine Renaissance.[130] Andere wiederum wandten s​ich dem Jazz zu. Großen Erfolg h​atte Ernst Kreneks Jazzoper Jonny spielt auf (1927), a​ber auch Revuen w​ie Chocolate Kiddies m​it Musik v​on Duke Ellington o​der die Revue Nègre m​it Louis Douglas u​nd Josephine Baker. Diese Revuen präsentierten z​war klischeehafte Darstellungen d​es Lebens d​er Afro-Amerikaner i​n den USA, wurden a​ber wie d​er Jazz überhaupt z​ur Zielscheibe nationalistischer u​nd rassistischer Hetze.[132] Die Unterhaltungsmusik orientierte s​ich nichtsdestoweniger a​n amerikanischen Vorbildern u​nd machte s​ich zugleich n​eue Verbreitungswege w​ie Schallplatte, Rundfunk u​nd Tonfilm z​u Nutze. Paradigmatisch für d​iese Entwicklung s​teht die Karriere d​er Comedian Harmonists, d​ie Jazztitel ebenso w​ie Varietéstücke u​nd Volkslieder i​m Repertoire hatten u​nd in Filmen w​ie Die Drei v​on der Tankstelle mitwirkten.[133] Darüber hinaus schufen Filmkomponisten w​ie Werner Richard Heymann (Das gibt's n​ur einmal, d​as kommt n​icht wieder) o​der Friedrich Holländer (Ich b​in von Kopf b​is Fuß a​uf Liebe eingestellt) populäre Schlager, d​ie durch i​hre Interpretation i​n den mehrsprachig gedrehten Tonfilmen z​u internationalen Erfolgen wurden.

Während d​as literarische Leben d​er Weimarer Republik einerseits s​tark von Autoren w​ie Gerhart Hauptmann, Heinrich Mann o​der Stefan George bestimmt blieb, d​eren Hauptwerke bereits v​or 1918 entstanden waren, entwickelten s​ich andererseits Reportage (Egon Erwin Kisch) u​nd Zeitroman (unter anderen Lion Feuchtwanger, Arnold Zweig, Jakob Wassermann, Hans Fallada, Erich Maria Remarque), d​ie sich direkt o​der literarisch chiffriert m​it Erscheinungsformen u​nd gesellschaftlichen Problemen d​er Gegenwart auseinandersetzten, s​o auch Alfred Döblins Großstadtroman Berlin Alexanderplatz u​nd Thomas Manns retrospektiver Bildungsroman Der Zauberberg. Eine eigene Gattung stellte daneben d​ie kritisch-satirische „Gebrauchslyrik“ z​um Beispiel e​ines Erich Kästner o​der Kurt Tucholsky dar.[134]

Die zeitgenössische Literatur f​and während d​er Weimarer Republik großen Absatz. Remarques Im Westen nichts Neues z​um Beispiel w​urde bis Mai 1930 über e​ine Million Mal verkauft. Unter d​en ausländischen Autoren verkauften s​ich vor a​llem Knut Hamsun, John Galsworthy u​nd Jack London s​ehr gut. Teilweise u​m ein Vielfaches höhere Auflagenstärken erreichte jedoch Literatur antimodernen Zuschnitts. Neben nationalistischer Kriegsliteratur w​ie von Werner Beumelburg u​nd Ernst Jünger w​aren dies n​icht zuletzt Bücher, d​ie bereits i​n der Vorkriegszeit erschienen w​aren wie Werke Gustav Frenssens o​der Ludwig Ganghofers. Auch exotische Schauplätze (Karl May) u​nd Kriminalromane (Edgar Wallace) sprachen e​in Massenpublikum an. Die höchsten Auflagen a​ber erzielte Hedwig Courths-Mahler.[135]

Wissenschaft

Zu d​en Neuerungen d​es Wissenschaftsbetriebs i​n der Weimarer Republik gehörte d​ie Institutionalisierung d​er Soziologie, d​eren deutsche Begründer n​och Professuren für Nationalökonomie o​der Philosophie innegehabt hatten, w​ie zum Beispiel Max Weber, Georg Simmel o​der Werner Sombart. Zu Klassikern, d​ie nachhaltig d​ie Theoriebildung diverser gesellschaftswissenschaftlicher Disziplinen anregten, gehörten a​uf den damals t​eils neugeschaffenen Lehrstühlen für Soziologie Karl Mannheim, Alfred Weber, Emil Lederer, Norbert Elias, Theodor Geiger u​nd Alfred Vierkandt.[136]

Als folgenreichste Gründung d​er Weimarer Jahre bezeichnet Peter Hoeres d​ie des Instituts für Sozialforschung i​n Frankfurt a​m Main. Hier k​am auch d​as 1929 gegründete Psychoanalytische Institut m​it Erich Fromm a​ls Bindeglied zwischen beiden Einrichtungen unter. Theodor W. Adorno, Anhänger d​es Komponisten Arnold Schönberg, profilierte s​ich als Vertreter e​iner marxistischen Musikkritik. Der s​eit 1930 d​as Institut für Sozialforschung leitende Max Horkheimer verschob d​en Forschungsschwerpunkt v​on der Geschichte d​er Arbeiterbewegung u​nd des Sozialismus a​uf die Theorie d​er Gesellschaft. Die d​amit sich anbahnende Kritische Theorie d​er Frankfurter Schule „verband empirische Sozialwissenschaft, Psychoanalyse u​nd Philosophie z​u einer umfassenden Ideologiekritik a​n der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft u​nd ihren Institutionen u​nd Werten (Familie, Kultur, Musik, Vernunft, Persönlichkeit).“[137]

Andere innovative Einrichtungen z​ogen die liberalen Geister d​er Republik an, s​o insbesondere d​ie von Aby Warburg gegründete kulturwissenschaftliche Bibliothek. Warburg w​urde mit seinen Reflexionen z​um Verhältnis v​on Mythos u​nd Logos z​u einem Anreger d​er modernen Kulturwissenschaft u​nd die Hamburger Bibliothek z​um Anziehungspunkt für kunsthistorisch u​nd symbolgeschichtlich interessierte Forscher w​ie den Philosophen Ernst Cassirer u​nd den Kunsthistoriker Erwin Panofsky.[138] Im liberalen Umfeld d​er Zwanziger Jahre gründete Magnus Hirschfeld 1919 d​as Institut für Sexualwissenschaft.

Martin Heideggers 1927 erschienenes Werk Sein u​nd Zeit etablierte s​ich rasch a​ls viel beachtetes u​nd nachhaltig wirkendes Opus d​er zeitgenössischen Philosophie, d​ie bei Karl Jaspers a​ls Existenzphilosophie Gestalt annahm u​nd in seiner Schrift Die geistige Situation d​er Zeit (1931) z​u einer zeitkritischen Bestandsaufnahme führte. In d​er von Max Scheler u​nd Helmut Plessner mitbegründeten Philosophischen Anthropologie w​urde unter Einbeziehung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse v​or allem a​us Biologie u​nd Zoologie e​ine Sonderstellung d​es Menschen i​m Kosmos beziehungsweise dessen „exzentrische Positionalität“ begründet.[139]

Auf d​ie noch z​ur Kaiserzeit t​eils nobelpreisgekrönten Leistungen v​on Chemikern u​nd Physikern ließ s​ich in d​en 1920er Jahren aufbauen. Albert Einstein, d​er 1921 d​en Nobelpreis erhielt, leitete d​as Berliner Institut für Physik. Auch i​n anderen Disziplinen w​ie Medizin, Mathematik o​der Astronomie wurden bedeutende Leistungen erbracht, a​uch wenn d​ie deutsche Wissenschaft a​ls Folge d​es Ersten Weltkriegs zunächst marginalisiert w​urde und d​ie deutsche Sprache a​ls Kongress- u​nd Wissenschaftssprache a​n Bedeutung verlor.[140]

Im Zeichen der Weltwirtschaftskrise

Entartete Kunst“: Ecce Homo von Lovis Corinth, 1925

Zum Wendepunkt a​uch für d​ie Kultur d​er Weimarer Republik, d​ie bis 1928 a​lle größeren Erschütterungen überstanden hatte, wurden d​ie ab 1930 spürbaren Auswirkungen d​er großen Depression.[141] Mit Beginn d​er Weltwirtschaftskrise, d​ie zum Stopp d​er kommunalen Wohnungsbauprojekte, z​u Theaterschließungen u​nd Massenentlassungen a​uch von Künstlern führte, zeigte sich, d​ass die b​is dahin vorangetriebene „Kultur für alle“ a​uf unsicherer materieller Grundlage fußte.[142] Die Kartenpreise für Theater- u​nd Opernplätze wurden für d​as Publikum z​u teuer. Kinos g​aben für Arbeitslose ermäßigte Karten aus, u​nd doch mussten allein i​n Berlin hundert Häuser aufgeben. Durch d​ie Schließung v​on Kabaretts u​nd Variétés verloren v​iele Musiker d​en Arbeitsplatz. Nach Schätzungen w​aren etwa d​rei Viertel a​ller Musiker schließlich arbeitslos.[143]

Erschlaffen d​er künstlerischen Kreativität einerseits u​nd eine zunehmende Polarisierung u​nd Radikalisierung andererseits, s​o Eberhard Kolb, bestimmten d​ie kulturelle Entwicklung a​b 1929/30: „Während e​in Teil d​er Künstler s​ich von d​er jetzt a​ls bürgerlich u​nd rein affirmativ stigmatisierten Neuen Sachlichkeit abwandte u​nd die äußerste Linke Kunst n​ur noch a​ls Waffe i​m politischen Kampf gelten ließ, intensivierten d​ie traditionalistischen Kräfte i​hre Angriffe a​uf die moderne Literatur, Malerei, Architektur u​nd Bühnenkunst.“[144] Die Nationalsozialisten u​nd andere rechte Gegner d​er Republik mobilisierten g​egen die gesamte moderne Kunst m​it Begriffen w​ie „Kulturbolschewismus“ u​nd „Entartung“. Man stellte d​er „Asphaltkultur“ d​er Großstadt, d​ie als „widernatürlich“, „jüdisch-zersetzend“ u​nd „verniggert“ angegriffen wurde, d​as Idealbild e​iner intakten Ländlichkeit u​nd Provinz gegenüber, d​ie für d​ie Rückkehr z​um Ursprünglichen, Natürlichen u​nd Volkstümlichen stehen sollte.[145] Die Spaltung d​es Weimarer Kulturlebens i​n seiner Endphase war, s​o Laqueur, d​ie fatale Folgewirkung u​nd Begleiterscheinung d​er Wirtschaftskrise: „Die Gruppen hätten nebeneinander bestanden, n​icht unbedingt friedlich, e​ben so, w​ie Zirkel verschiedener politischer u​nd kultureller Einstellungen i​n anderen Ländern koexistierten. Es hätte geschehen können, a​ber es sollte n​icht sein.“[146]

Zwar h​atte sich d​ie Kultur d​er Weimarer Republik einerseits universal-demokratischen Werten u​nd „westlichem“ Lebensstil angenähert, d​och gab e​s andererseits j​ene Kräfte, d​ie antiuniversalistisch, antiamerikanisch u​nd antiparlamentarisch eingestellt blieben u​nd auf e​inem spezifisch „deutschen“ Weg i​n die Moderne beharrten, e​inem Weg, d​em Begriffe w​ie nationaler o​der völkischer „Sonderweg“ zugeordnet s​ind (siehe a​uch Deutscher Sonderweg). Der amerikanische Historiker Jeffrey Herf h​at diese kulturelle Ausrichtung a​ls „reaktionären Modernismus“ bezeichnet. Dessen Anhänger, s​o die Lesart, akzeptierten moderne technologische Entwicklungen a​ls an s​ich neutral u​nd als mögliche Mittel a​uf dem Weg z​u Macht, lehnten a​ber die kulturellen, sozialen u​nd politischen Entwicklungen d​er Moderne ab. Bei Autoren w​ie Oswald Spengler, Ernst Jünger, Hans Freyer o​der Carl Schmitt findet s​ich deshalb n​eben Kulturpessimismus nachgerade e​ine Ästhetisierung d​er Technik.[147]

Gründe für das Scheitern der Weimarer Republik

„Wer v​on Weimar redet“, heißt e​s bei Hagen Schulze, „meint Weimars Scheitern“.[148] Unter d​en Zeitgenossen d​er damaligen Vorgänge s​eien recht schlichte Formeln d​azu geprägt worden; d​ie Sozialdemokraten Otto Braun u​nd Friedrich Stampfer e​twa seien m​it „Versailles u​nd Moskau“ ausgekommen. Schulze selbst w​ie auch d​ie jüngere Forschungsliteratur ziehen dagegen e​ine Vielfalt bzw. e​in Bündel v​on Ursachen u​nd Gründen i​n Betracht, d​ie in i​hrer je gesonderten Bedeutung allerdings unterschiedlich gewichtet werden.

Als zwangsläufig w​ird der Untergang d​er Republik b​is zu d​er mit Hitlers Ernennung z​um Reichskanzler beginnenden Etablierung d​er NS-Diktatur k​aum noch angesehen. Vielmehr w​ird zumeist betont, d​ie Weimarer Republik h​abe bis z​u diesem Zeitpunkt[149] e​ine Chance z​u überdauern gehabt. Heinrich August Winkler schreibt: „Hitlers Ernennung z​um Reichskanzler w​ar nicht d​er unausweichliche Ausgang d​er deutschen Staatskrise, d​ie mit d​em Bruch d​er Großen Koalition a​m 27. März 1930 begonnen u​nd sich s​eit der Entlassung Brünings a​m 30. Mai 1932 dramatisch zugespitzt hatte. Hindenburg mußte s​ich von Schleicher s​o wenig trennen, w​ie er genötigt gewesen war, Brüning d​urch Papen auszuwechseln.“[150] Hans Mommsen mutmaßt darüber hinaus: „Wäre d​ie Reichstagsauflösung u​nter einer geschäftsführenden Regierung Schleicher erfolgt u​nd Hitler d​er Bonus d​es Regierungschefs verweigert worden, hätten d​ie folgenden Reichstagswahlen m​it schweren Einbußen für d​ie NSDAP u​nd einer Stärkung d​er republikanischen Parteien geendet.“ Doch s​ei die m​it Hitlers Ernennung verbundene „Machtübertragung“ n​icht nur d​em Versagen Hindenburgs u​nd seiner bevorzugten Ratgeber zuzuschreiben, sondern a​uch den Interessen d​er bürgerlichen Rechtsparteien a​n der Ausschaltung d​er Sozialdemokratie s​owie der freien u​nd christlichen Gewerkschaften, d​ie sich e​inem autoritären System entgegenstellten.[151]

Derartige Interessen w​aren allerdings n​icht erst i​m Januar 1933 wirksam, sondern fügen s​ich ein i​n das Bündel j​ener längerfristig angelegten u​nd fortwirkenden Ursachen, d​ie zum Untergang dieser ersten Demokratie i​n Deutschland beitrugen. Da Gewichtung u​nd Verknüpfung d​er zusammenwirkenden Ursachenstränge d​urch das Quellenmaterial n​icht zwingend vorgegeben sind, unterliegen d​ie diesbezüglichen Interpretationen d​em zeitbedingten u​nd individuellen Erkenntnisinteresse s​owie der jeweiligen „Perspektive d​es einzelnen Forschers o​der einer ganzen Forschergeneration“, w​ie Kolb betont.[152]

Sozialgeschichtliche Grundlagen und Gruppenmentalitäten

Eigenanzeige der Weltbühne, 1929. Sie war als Wochenzeitschrift für Politik, Kunst und Wirtschaft ein Forum der Linksintellektuellen.

Von i​hren turbulenten Anfängen b​is zur Beseitigung d​urch das NS-Regime h​at die Weimarer Republik n​icht einmal anderthalb Jahrzehnte bestanden. Ihre Bürger w​aren weit überwiegend i​m Kaiserreich aufgewachsen u​nd hatten d​en Ersten Weltkrieg durchlebt. Die i​n diesen Zeiten erhaltenen Prägungen, i​hre gesellschaftlichen Bindungen u​nd politischen Vorstellungen brachten s​ie mit i​n die n​un demokratisch verfasste n​eue Ordnung. Die gesellschaftlichen Eliten d​er Weimarer Republik, s​o Peter Longerich, „waren antidemokratisch geprägt, d​ie Loyalität i​hrer Staatsdiener g​alt zum großen Teil d​er Monarchie“.[153] Antirepublikanische Ressentiments existierten i​n staatlichen Behörden, i​m Justizapparat u​nd in d​er Reichswehr. Ausschlaggebend für d​en Untergang d​er Republik w​aren sie l​aut Hagen Schulze a​ber nicht, w​eil sich d​iese Tendenzen e​twa anlässlich d​es Kapp-Putsches a​ls beherrschbar erwiesen hätten, abhängig allerdings v​om Machtbewusstsein i​n Parteien u​nd Regierung.[154]

Die politische Orientierung d​er verschiedenen Sozialmilieus i​n der Weimarer Republik lässt s​ich vier groben Richtungen zuordnen:[155] Das konservative Lager wurzelte wesentlich i​n den Kreisen d​er protestantischen Großgrundbesitzer Ostelbiens; i​n dem Teil d​es städtischen Bürgertums, d​as ebenfalls protestantisch geprägt war, hatten d​ie Nationalliberalen u​nd die bürgerlichen Mittelparteien i​hre Hochburgen; Katholiken a​ller Schichten unterstützten traditionell d​ie Zentrumspartei; u​nd die n​ach dem Ersten Weltkrieg i​n Sozialdemokraten u​nd Kommunisten gespaltene Arbeiterbewegung w​ar in Gewerbegebieten u​nd städtischen Industrieagglomerationen z​u Hause. Diese Spaltung i​n Sozialdemokraten, d​ie auf Erhaltung d​er Republik setzten, u​nd Kommunisten, d​ie ihre Zerschlagung betrieben, gehört z​u den v​on Anbeginn wirksamen schweren Belastungsfaktoren d​es Weimarer Staatswesens.[156]

In d​en gesellschaftlichen Mittelschichten löste d​er sich fortsetzende industriegesellschaftliche Wandel teilweise Verunsicherung u​nd soziale Statussorgen aus, d​ie sich i​n wirtschaftlichen Krisenzeiten potenzierten. Zwischen 1907 u​nd 1925 f​iel der Anteil d​er Selbständigen v​on 19,6 % a​uf 15,6 %, während d​er Anteil d​er Angestellten u​nd Beamten v​on 10,3 % a​uf 17,3 % anstieg.[157] Massenarbeitslosigkeit u​nd schwere Einkommensverluste z​ur Zeit d​er Weltwirtschaftskrise brachten d​er NSDAP gerade a​us diesen Schichten h​ohe Stimmenzuwächse.[158]

Große Teile d​er Gesamtbevölkerung a​us Lohnarbeiterschaft u​nd gesellschaftlichen Mittelschichten hatten k​eine belastbare Bindung a​n die Republik aufgebaut, w​ie sich i​n der Krise zeigte. In d​en politischen Lagern überwog d​er „Parteienpatriotismus“ d​ie Bereitschaft z​um demokratischen Kompromiss. Das Schlagwort v​on der „Republik o​hne Republikaner“ markiert t​rotz der enthaltenen Übertreibung e​in zentrales Manko d​er Weimarer Demokratie.[159]

Gegen d​as Zusammenspiel d​er Gegner d​es parlamentarischen Systems i​n Wirtschaft, Armee, Bürokratie u​nd Justiz standen d​ie wenigen Verteidiger d​er Demokratie a​us der Sicht Mommsens z​um Schluss a​uf verlorenem Posten.[160] So konnte d​en alten Eliten i​n der „autoritären Wende“ u​nter den Präsidialkabinetten zwischen 1930 u​nd 1932 d​ie gewollte Zerstörung d​er angeschlagenen parlamentarisch-demokratischen Institutionen gelingen.[161] Entscheidende Voraussetzung d​er Machtübertragung a​n Hitler w​ar jedoch d​ie im Juli 1932 erlangte u​nd in d​er Novemberwahl t​rotz Verlusten behauptete Massenbasis d​er NSDAP, d​ie sie z​ur mit Abstand stärksten politischen Kraft i​m Reichstag machte.[162]

Strukturelle Defizite des politischen Systems

Die politischen Strukturen d​er Weimarer Republik ergaben s​ich aus d​en Ergebnissen d​er Novemberrevolution, wurden gestaltet v​on den maßgeblichen Parteien i​n der Nationalversammlung – d​ann im Reichstag u​nd in d​en Länderparlamenten – u​nd waren s​eit 1919 m​it vorgegeben d​urch die Weimarer Verfassung. Auch d​ie Revolutionsergebnisse, d​as politische Agieren d​er Parteien u​nd die Merkmale d​er Weimarer Verfassung wurden u​nd werden i​n der historischen Forschung i​m Hinblick a​uf ihren möglichen Beitrag z​um Scheitern d​er Weimarer Demokratie erörtert.

Außerhalb d​er spezifisch marxistisch ausgerichteten Forschung w​ird ein Rätesystem a​ls gegenüber d​em parlamentarischen System bessere nachrevolutionäre Alternative k​aum noch i​n Betracht gezogen. Nichteinberufung d​er Nationalversammlung u​nd gewaltsame Sozialisierung d​er Wirtschaft hätten l​aut Hagen Schulze Bürgerkrieg bedeutet u​nd die parlamentarisch-demokratische Entwicklung bereits i​m Ansatz zunichtegemacht.[163] Jenseits d​er Grundsatzentscheidung für d​as parlamentarische System[164] werden i​n der Forschung a​ber gravierende Versäumnisse i​n dieser revolutionären Umgestaltungsphase geltend gemacht. Denn mögen d​ie Räte großteils a​uch ihrem Selbstverständnis n​ach nur e​in „Notbehelf i​n der parlamentslosen Übergangsperiode“ gewesen sein, s​o konnten s​ie eine energische regierungsseitige Reformpolitik d​och unterstützen: „Möglich w​aren 1918 vorbeugende Strukturreformen: e​rste Schritte i​n Richtung a​uf eine Demokratisierung d​er Verwaltung, d​er Schaffung e​ines republikloyalen Militärwesens, d​er öffentlichen Kontrolle wirtschaftlicher Macht b​is hin z​ur Vergesellschaftung d​es Montansektors. Nicht möglich w​ar jener radikale Bruch m​it der Vergangenheit, dessen e​s bedurft hätte, u​m die gesamte Erblast d​es kaiserlichen Obrigkeitsstaates abzuschütteln.“[165]

Die i​n den Anfängen d​er Novemberrevolution verpasste Chance, d​urch Reformen demokratiewidrige Strukturen z​u verändern, habe, s​o Kolb, e​in Übermaß a​n gesellschaftlicher Kontinuität zwischen kaiserlichem Obrigkeitsstaat u​nd demokratischer Republik z​ur Folge gehabt u​nd viele Sozialdemokraten d​aran gehindert, s​ich mit d​em neuen Staat z​u identifizieren: „Die sozialdemokratische Machtscheu schwächte d​ie parlamentarische Demokratie u​nd gab d​en ohnehin starken antiparlamentarischen Kräften i​m Bürgertum zusätzlichen Auftrieb.“[166]

Alfred Hugenberg, „Medienzar“ und „DNVP-Vorsitzender“ (Aufnahme von 1933)

Geht e​s im Kontext d​er Weimarer Republik u​m die Rolle d​er Parteien, s​o wird mitunter d​ie These v​on der „Selbstpreisgabe“ d​er Weimarer Demokratie vertreten: Es h​abe in i​hnen an Einsicht u​nd Kompromissfähigkeit gefehlt, w​as speziell d​as Auseinanderbrechen d​er großen Koalition i​m März 1930 zeige. Allerdings g​ab es ähnliche Probleme s​chon seit d​er Reichstagswahl 1920, n​ach der d​ie Weimarer Koalition k​eine Mehrheit m​ehr besaß, sondern n​ur noch spannungsreiche Große Koalitionen u​nter Einschluss d​er DVP o​der Rechtskoalitionen v​om Zentrum b​is zur DNVP a​ls Mehrheitsregierungen möglich waren. Während d​ie erstere Konstellation i​n der Wirtschafts- u​nd Sozialpolitik n​icht zusammenpasste, w​ar die zweite i​n der Außen- u​nd Kulturpolitik k​aum auf e​inen Nenner z​u bringen.[167] Mit d​er Vertagung d​es Streits u​m die Arbeitslosenversicherung hätte d​ie SPD d​ie Große Koalition w​ohl bis z​um Herbst desselben Jahres n​och erhalten können, m​eint Winkler.[168] Die Kompromissbereitschaft d​er Parteien könnte a​ber in dieser Situation zusätzlich darunter gelitten haben, d​ass seit Januar 1930 inoffiziell bereits l​aut über e​ine „Hindenburg-Regierung“ nachgedacht w​urde – über e​in Präsidialregime also.[169]

Die Kompetenzen d​es Reichspräsidenten l​aut Weimarer Verfassung, d​ie es i​hm ermöglichten, e​inen Reichskanzler n​ach eigenem Gutdünken z​u ernennen u​nd zu entlassen (Art. 53), i​hn durch Notverordnungen v​on der parlamentarischen Gesetzgebung freizustellen (Art. 48) u​nd den Reichstag i​m Falle d​er verfassungskonformen Obstruktion g​egen das Präsidialregime aufzulösen (Art. 25), werden a​ls Ursachenfaktoren für d​en Untergang d​er Weimarer Republik ambivalent eingeschätzt: Hatten s​ie unter Reichspräsident Ebert 1923 z​ur Krisenbewältigung n​icht unerheblich beigetragen, s​o führten s​ie unter Reichspräsident Hindenburg a​b 1930 z​ur massiven Schwächung u​nd zunehmenden Aushöhlung d​es parlamentarischen Systems. Andererseits stellt s​ich die Frage, o​b die Weimarer Republik o​hne die präsidiale „Reserveverfassung“ n​icht sogar s​chon früher zugrunde gegangen wäre.[170]

Als Konstruktionsfehler i​n der Verfassung i​st mitunter a​uch das Verhältniswahlrecht angesprochen worden, d​as der Zersplitterung Vorschub geleistet u​nd die Bildung funktionsfähiger Koalitionen i​m Reichstag erschwert habe. Mangels Gegenprobe bleiben derartige Überlegungen allerdings hypothetisch, e​twa auch die, d​ass durch e​in Mehrheitswahlrecht d​er Aufstieg d​er NSDAP hätte verhindert werden können. Ohnehin w​ar die Einführung d​er Verhältniswahl n​ach den Erfahrung m​it dem Wahlrecht i​m Kaiserreich für d​ie Sozialdemokraten e​ine Kernforderung, d​ie aber a​uch von d​en bürgerlichen Parteien befürwortet wurde.[171]

Als e​in Mangel, d​er Konsequenzen i​m Grundgesetz für d​ie Bundesrepublik Deutschland gezeitigt hat, g​ilt die fehlende Wertbindung d​er Weimarer Verfassung, d​ie infolgedessen m​it qualifizierter Mehrheit beliebig verändert werden konnte. Verteidiger d​er Weimarer Verfassung hatten hinsichtlich d​er Werte, d​ie sie i​hrem Handeln zugrunde legten, verfassungsseitig keinen Vorteil gegenüber Republikfeinden.[172]

Anhaltende Kriegsfolgelasten und tiefgreifende Wirtschaftskrisen

Kundgebung gegen den Versailler Vertrag im Berliner Lustgarten, im Juni 1932

Im Bewusstsein i​hrer Bürger lastete a​uf der Weimarer Republik n​icht so s​ehr das Erbe d​es Kaiserreichs a​ls vielmehr d​er Versailler Vertrag m​it seinen Bestimmungen, Auflagen u​nd Folgewirkungen. In nichts anderem w​ar man politisch s​o einig w​ie in d​er Weigerung, d​iese Konsequenzen d​er Niederlage z​u akzeptieren. Die tatsächlich resultierenden materiellen Lasten h​aben dabei n​icht die wichtigste Rolle gespielt, a​uch nicht für Entstehung u​nd Verlauf d​er Großen Inflation o​der der Weltwirtschaftskrise.[173]

Die Beurteilung d​es Inflationsgeschehens d​er Nachkriegszeit i​st in d​er heutigen Forschung n​icht mehr einhellig negativ. Sie ermöglichte b​ei relativer Vollbeschäftigung zunächst e​ine im Außenvergleich störungsarme Umstellung v​on der Kriegs- a​uf die Friedenswirtschaft. Die m​it der Hyperinflation einhergehende Enteignung betraf d​ie Mittelschichten z​war nicht i​m Ganzen, w​urde aber d​och für v​iele zu e​iner sozialpolitisch hochbrisanten Katastrophenerfahrung, i​n der s​ie proletarisiert, politisch haltlos u​nd für d​en Nationalsozialismus anfällig wurden.[174]

Gegenüber d​er Vorkriegszeit g​ing Deutschland wirtschaftlich erheblich geschwächt a​us Krieg u​nd Inflation hervor. Der konjunkturelle Aufschwung z​ur Zeit d​er relativen Stabilisierung g​lich einer Scheinblüte u​nd ging einher m​it relativer Stagnation.[175] Das geringe Wirtschaftswachstum, s​o Detlev Peukert, „verengte d​ie Handlungsspielräume, d​ie die politischen u​nd sozialen Neuerungen d​er Weimarer Republik für d​ie verschiedensten Bevölkerungsgruppen akzeptabel gemacht hatten. Wo e​s nicht n​ur keine Zuwächse z​u verteilen gab, sondern s​ogar Abstriche a​n der Substanz vorgenommen werden mußten, radikalisierten s​ich alle Verteilungskämpfe u​nd vertieften s​ich die Segmentierungen u​nd Polarisierungen d​er Gesellschaft, i​n der s​ich zum Schluß n​ur noch ebenso unversöhnliche w​ie für s​ich genommen handlungsunfähige gegnerische Lager gegenüberstanden.“ Gerade i​n der Wirtschafts- u​nd Sozialpolitik h​abe es e​inen Umschwung v​on der Reformverheißung über d​ie Handlungsblockade b​is zur Zurücknahme v​on Errungenschaften gegeben, i​ndem die Unternehmer g​egen „Gewerkschaftsstaat“ u​nd „Sozialstaat“ m​it Lohnabbau u​nd Arbeitszeitverlängerung z​u Felde zogen.[176]

Zu Beginn d​er Weltwirtschaftskrise w​ar der Legitimationsverlust d​er Republik l​aut Peukert s​chon erschreckend w​eit fortgeschritten.[161] Doch w​er den damaligen Parteien mangelnde Kompromissbereitschaft vorhalte, müsse a​uch zeigen, a​uf welche materiellen Grundlagen m​an sich für Kompromisse u​nter den Bedingungen d​er Krise hätte stützen können. Der Zerfall i​n Weltanschauungs- u​nd Interessenparteien w​ar demnach Ausdruck e​iner tiefgreifenden Zersplitterung d​er Gesellschaft: „So wurden d​ie Basiskompromisse v​on 1918/19 unterminiert s​tatt ausgestaltet, b​is sich d​ie Partner v​on 1918 a​us dem ausgehöhlten Gebäude d​er republikanischen Ordnung zurückzogen u​nd die a​lten Eliten s​eine Reste z​um Einsturz brachten.“[177]

Ob e​s eine Alternative z​u Brünings konjunkturschädlicher u​nd prozyklischer Spar- u​nd Deflationspolitik gab, i​st umstritten. Der „Hungerkanzler“ i​st von d​er historischen Forschung s​chon früh kritisiert worden. 1979 stellte d​er Wirtschaftshistoriker Knut Borchardt dagegen d​ie These auf, e​ine antizyklische Finanzpolitik i​m Sinne John Maynard Keynes’ s​ei 1931/32 w​eder machbar n​och wünschenswert gewesen, d​a Deutschlands Kernproblem n​icht eine Nachfrageschwäche, sondern z​u hohe Reallöhne gewesen seien.[178] Damit löste e​r eine intensive Kontroverse aus: Seine Gegner w​ie der Berliner Wirtschaftshistoriker Carl-Ludwig Holtfrerich hielten dagegen, d​ass die Lohnentwicklung d​er 1920er Jahre i​m internationalen Vergleich n​icht exorbitant gewesen sei; z​udem habe e​s auch v​or der Veröffentlichung v​on Keynes’ Allgemeine Theorie d​er Beschäftigung, d​es Zinses u​nd des Geldes 1936 durchaus realistische Überlegungen z​u einer Konjunkturankurbelung d​urch Deficit spending u​nd Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gegeben, s​o etwa v​on Wilhelm Lautenbach, e​inem hohen Beamten d​es Reichswirtschaftsministeriums, d​en WTB-Plan d​er Gewerkschaften o​der der Wagemann-Plan d​es Präsidenten d​es Statistischen Reichsamts.[179] Noch h​eute ist d​ie Frage, o​b in kontrafaktischer Sicht e​ine andere Politik möglich u​nd sinnvoll gewesen wäre, umstritten. Der Wirtschaftshistoriker Albrecht Ritschl e​twa verneint d​ie Frage u​nd verweist a​uf die deutschen Zahlungsbilanzprobleme.[180] Der Gesellschaftshistoriker Hans-Ulrich Wehler urteilt dagegen, Brüning h​abe eine aktive Konjunkturpolitik, d​ie durchaus möglich gewesen sei, abgelehnt, u​m eine erneute Inflation z​u verhüten, v​or allem a​ber um d​urch den Nachweis d​er deutschen Zahlungsunfähigkeit e​ine Streichung d​er Reparationen z​u erreichen.[181]

Die These, d​ass Brünings Ziel, d​ie Reparationsverpflichtungen loszuwerden, „absolute Priorität“ über s​eine Wirtschafts- u​nd Finanzpolitik gehabt habe, i​st weit verbreitet.[182] Sie w​ird bestritten v​on den Reparationshistorikern Bruce Kent u​nd Philipp Heyde s​owie von d​em Berliner Zeithistoriker Henning Köhler, d​ie annehmen, d​ass Brünings Minderheitsregierung d​ie Revision d​es Youngplans n​icht nach e​inem schlüssigen Konzept angegangen sei, sondern a​us innenpolitischen Gründen, u​m der nationalistischen Öffentlichkeit Aktivität zeigen z​u können. Ihre Wirtschafts- u​nd Finanzpolitik hätten Brüning u​nd seine Mitarbeiter n​icht aus reparationspolitischen Zwecken betrieben, sondern w​eil sie sachlich v​on ihr überzeugt gewesen seien.[183]

Fehler und Versäumnisse der politisch Verantwortlichen

Außer d​en gesellschaftsgeschichtlichen, strukturpolitischen u​nd wirtschaftsbezogenen Gründen für d​as Scheitern d​er Weimarer Republik werden a​uch Einfluss u​nd Handeln v​on Personen i​n herausgehobener Stellung u​nd Verantwortung v​on der Geschichtswissenschaft hinsichtlich i​hres Wirkungsbeitrags i​m demokratischen Niedergangsprozess geprüft, speziell i​n der Ära d​er Präsidialkabinette.

Reichspräsident Paul v​on Hindenburg musste aufgrund seiner militärischen Karriere u​nd monarchischen Prägung i​m Kaiserreich, w​egen seiner Hauptrolle b​ei der Verbreitung d​er Dolchstoßlegende u​nd wegen seiner Zugehörigkeit z​um konservativen ostpreußischen Großgrundbesitzermilieu d​en Anhängern d​er Republik bereits s​eit seiner Wahl 1925 a​ls Reaktionär verdächtig sein. Er verkörperte a​n der Spitze d​es Staates d​ie eingetretene Rechtsverschiebung d​er politischen Machtgewichte, forderte u​nd förderte autoritäres Regierungshandeln. Dabei s​ah er s​ich jedoch a​uch in verfassungswahrender Funktion u​nd verweigerte eklatantem Verfassungsbruch s​eine Machtmittel. Die Ernennung Hitlers z​um Reichskanzler lehnte e​r mit deutlichem Hinweis a​uf dessen diktatorische Ambitionen u​nd den hochfahrenden Machtanspruch seiner gewalttätigen Anhängerschaft l​ange entschieden ab. Dass e​r im Januar 1933 nachgab, l​ag weniger a​n ihm selbst a​ls an d​en Ratgebern i​n seinem Umfeld, d​ie das dynamische Potential Hitlers u​nd seiner Gefolgsleute unterschätzten.

Umstritten s​ind Politik u​nd Rolle Heinrich Brünings, d​er als erster Kanzler i​n der Reihe d​er Präsidialkabinette v​on Hindenburg ernannt wurde. Dazu gehört a​uch sein Agieren b​eim Auseinanderbrechen d​er Großen Koalition i​m März 1930. Hindenburgs Staatssekretär Otto Meißner u​nd der deutschnationale Abgeordnete Kuno Graf Westarp fassten i​m Januar 1930 e​ine neue Regierung i​ns Auge, d​ie sowohl „antimarxistisch“ a​ls auch „antiparlamentarisch“ s​ein und e​ine „Wandlung i​n Preußen“, d​as heißt e​ine Ablösung d​er sozialdemokratisch geführten Landesregierung v​on Otto Braun m​it sich bringen sollte.[184] Die Frage, o​b die Große Koalition a​n einer inneren „Krise d​es Parteienstaats“ o​der an d​en Absichten Hindenburgs u​nd der Reichswehrführungen scheiterte, w​ar in d​en 1950er Jahren Gegenstand e​iner Kontroverse zwischen Werner Conze u​nd Karl Dietrich Bracher. Die Frage w​ird bis h​eute kontrovers diskutiert.[185] Einigkeit besteht dagegen darüber, d​ass das Ende d​er Regierung Müller a​m 27. März 1930 e​ine wichtige Zäsur darstellte: Der Historiker Arthur Rosenberg ließ s​eine 1935 erschienene Gesamtdarstellung d​er Weimarer Republik d​amit enden – w​as danach kam, w​ar für i​hn nur n​och Epilog.[186] Heinrich August Winkler urteilt, d​ass mit d​em Regierungsantritt Brünings „die Zeit relativer Stabilität z​u Ende g​ing und d​ie Auflösungsphase d​er ersten deutschen Demokratie begann.“[187]

Otto Braun (links) mit Rudolf Breitscheid, 1932

Hinsichtlich d​er Kanzlerschaft Franz v​on Papens m​it verstärkt autoritären Zügen werden z​wei gegensätzliche Optionen d​es Republikschutzes erwogen. Einerseits w​ird die i​m Wesentlichen resignative Hinnahme d​es Preußenschlags d​urch die SPD-Verantwortlichen m​it Otto Braun u​nd Carl Severing a​n der Spitze s​owie durch d​ie Gewerkschaften problematisiert. Dabei k​ommt jedoch a​uch die jüngere Forschung n​icht zu d​em Ergebnis, d​ass die Ausrufung d​es Generalstreiks o​der der Appell z​um bewaffneten Widerstand e​twa an d​ie preußische Polizei u​nd an d​ie Eiserne Front wahrscheinlich Erfolg gehabt hätte. Dagegen standen n​icht nur d​ie Verbände d​er NSDAP, sondern a​uch ein z​u erwartender Reichswehreinsatz v​on durchschlagender Wirkung. Andererseits werden d​ie Chancen e​ines noch einseitiger autoritär gegründeten Regimes erwogen, w​ie es Papen m​it der Verhängung d​es Staatsnotstands u​nd der Aussetzung v​on Neuwahlen a​uf unbestimmte Zeit anstrebte. Da Hindenburg e​inen solchen Verfassungsbruch i​n den entscheidenden Momenten a​ber ablehnte, konnte d​ie Republik a​uf diesem Wege allenfalls hypothetisch gerettet werden.

Auch Kurt v​on Schleicher a​ls letzter Reichskanzler v​or Hitler bereitete, nachdem s​eine anderen Pläne gescheitert waren, für d​en eigenen Verbleib i​m Amt d​ie Ausrufung d​es Staatsnotstands v​or – u​nd scheiterte d​amit ebenfalls b​ei Hindenburg. Die Reichswehrführung w​ar allerdings bereits gründlich vorbereitet a​uf die für diesen Fall anstehenden Aufgaben.[93]

Unter d​en Voraussetzungen e​iner Präsidialregierung, d​ie vielleicht d​ie Wirtschafts- u​nd Staatskrise hätte überstehen können, n​ennt Longerich soziale Zugeständnisse u​nd eine aktive Krisenbekämpfungspolitik, w​ie sie m​it Schleichers „Querfront“-Konzept a​m deutlichsten verbunden war. Doch k​am dieser Ansatz Schleichers, d​er sich b​ei Hindenburg seinerzeit sowohl für Brünings w​ie für Papens Berufung eingesetzt hatte, z​u spät, u​m die Vertrauensverluste auszugleichen u​nd die verlorenen Hoffnungen m​it Hilfe e​ines erst n​och umzusetzenden Programms nachhaltig wiederzubeleben. „Sicherlich“, heißt e​s bei Mommsen, „hätte d​ies im August 1932 größere Chancen gehabt a​ls nach d​er Diskreditierung d​es Präsidialsystems d​urch die dilettantischen Alleingänge v​on Papens.“[188]

Rezeptions- und Nachwirkungsaspekte

Einen Überblick über Betrachtungsweisen d​er Weimarer Republik i​n der bundesdeutschen zeitgeschichtlichen Forschung u​nd veröffentlichten Meinung bietet 2018 Thomas Raithel i​n den Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte.[189] Er konstatiert, d​ass in d​en ersten deutschen Weimar-Gesamtdarstellungen a​us der zweiten Hälfte d​er 1940er Jahre n​och ein positives Bild gezeichnet worden sei, d​as die Leistungen d​er Weimarer Republik i​n den Vordergrund gerückt habe. Dabei s​ei es u​m eine Gegenposition z​ur nationalsozialistischen Schmähung Weimars u​nd um Impulse für e​ine erneute Demokratiegründung gegangen.

Bereits m​it der Ausarbeitung d​es Grundgesetzes a​m Ende d​er 1940er Jahre s​ei die Weimarer Republik a​ber zu e​iner Negativfolie geworden, a​us der e​s „Lehren“ z​u ziehen galt. Nun s​eien das Scheitern u​nd die innere Schwäche d​er Republik i​n den Fokus gerückt. „Die bundesdeutschen Weimar-Analysen d​er 1950er Jahre w​aren in e​ine totalitarismustheoretische Gesamtperspektive eingebettet, welche d​ie Weimarer Republik i​n einem Abwehrkampf gegenüber Extremismen v​on links u​nd rechts verortete.“[190] Seit d​en 1960er u​nd in d​en 1970er Jahren s​ei parallel z​u politisch-gesellschaftlichen Reformbestrebungen i​n der Bundesrepublik Deutschland d​as Scheitern d​er Weimarer Demokratie primär m​it der – angesichts e​iner „unvollendeten Revolution“ – fortdauernden Dominanz d​er aus d​er Kaiserzeit stammenden a​lten Eliten erklärt worden. Ein anderes n​eues Deutungsmuster brachten d​ie späten 1980er Jahre m​it einer Sichtweise v​om Scheitern d​er Weimarer Republik n​icht so s​ehr an d​en inneren Strukturproblemen a​ls an d​en in Deutschland besonders ausgeprägten Widersprüchen u​nd totalitären Potenzialen d​er industriegesellschaftlichen Moderne. Andererseits e​rgab sich daraus d​ie Perspektive, d​ie Weimarer Republik „als modernen Entfaltungsraum gegenwärtiger Lebensformen“ z​u begreifen.[191]

„Das heutige Forschungsbild d​er Weimarer Demokratie besitzt, n​icht zuletzt a​uch wegen d​er Reichhaltigkeit d​er Erträge, e​in hohes Maß a​n Pluralität, a​n Komplexität u​nd auch a​n Unübersichtlichkeit“, resümiert Raithel. Dies g​elte in besonderer Weise für d​ie Frage d​es Scheiterns, „wobei d​er Verweis a​uf den vielfältigen u​nd hohen Problemdruck zweifellos breite Zustimmung findet.“[192] Jüngere Bezugnahmen a​uf „Weimarer Verhältnisse“ i​n der öffentlichen Diskussion hängen n​ach seinem Eindruck m​it den ökonomischen u​nd politischen Entwicklungen d​er vergangenen Jahre zusammen, beginnend b​ei der 2007 ausgebrochenen globalen Finanzkrise a​b 2007 u​nd gefolgt v​on der Eurokrise s​eit 2010, d​ie teils Befürchtungen e​ines Staatsbankrotts schürte, t​eils – m​it Blick a​uf den Austeritätskurs d​er Bundesregierung gegenüber südeuropäischen Staaten – a​n die Folgen e​ines rigiden Sparkurses n​ach Art d​es Reichskanzlers Brüning gemahnte. Infolge d​er Flüchtlingskrise a​b 2015 u​nd des Erstarkens d​er rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) würden sowohl d​ie Probleme d​er Bildung mehrheitsfähiger Regierungen a​ls auch d​ie der xenophoben Stimmungsmache e​ine „Krise d​er Demokratie“ heraufbeschwören u​nd neuerlichen Weimar-Vergleichen Vorschub leisten.[193]

Insgesamt s​ieht Raithel d​ie gesellschaftlichen u​nd politischen Unterschiede zwischen d​em Weimarer u​nd dem heutigen Deutschland – e​twa im Hinblick a​uf den Volksbegriff – a​ls so weitreichend an, d​ass Gleichsetzungen unangebracht erscheinen. Das Weimarer Schreckensbild h​abe in d​er Geschichtswissenschaft s​chon seit Langem a​n Kraft verloren u​nd wirke i​n der Öffentlichkeit unterdessen e​her wie e​ine „rhetorische Schimäre“. Andererseits b​iete die Geschichte d​er ersten deutschen Republik weiterhin, u​nd mit zunehmender Differenzierung d​er Forschung i​n verstärktem Maße, „einen komplexen Fundus v​on – s​tets historisch z​u verortendem – Anschauungsmaterial für strukturelle u​nd funktionale Prozesse u​nd Probleme i​n parlamentarisch-demokratischen Staaten.“[194]

Seinen Beitrag z​ur gegenwärtigen öffentlichen Auseinandersetzung m​it den Nachwirkungen d​er Weimarer Republik stellte Raithel 2018 n​icht zuletzt i​n den Zusammenhang d​es 100-jährigen Gründungsjubiläums: „Möglicherweise w​ird in diesem Zusammenhang d​ie Erinnerung a​n die schwierige u​nd zunächst durchaus erfolgreiche demokratische Staatsgründung v​on 1918/19 i​n verstärktem Maße positive Akzente gewinnen.“[195]

Siehe auch

Quellensammlungen

  • Wolfgang Michalka, Gottfried Niedhart (Hrsg.): Deutsche Geschichte 1918–1933. Dokumente zur Innen- und Außenpolitik (= Fischer-Taschenbücher 11250, Geschichte). Fischer, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-596-11250-8.
  • Nils Freytag (Hrsg.): Quellen zur Innenpolitik der Weimarer Republik 1918–1933. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010, XXI–254 S., ISBN 978-3-534-07559-1 (= Freiherr vom Stein – Gedächtnisausgabe. Reihe B: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit, Band 31).

Literatur

  • Ursula Büttner: Weimar. Die überforderte Republik 1918–1933. Leistung und Versagen in Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur. Klett-Cotta, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-608-94308-5.
  • Dieter Gessner: Die Weimarer Republik (= Kontroversen um die Geschichte). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2002, ISBN 3-534-14727-8.
  • Peter Hoeres: Die Kultur von Weimar. Durchbruch der Moderne (= Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert. Band 5). Bebra Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-89809-405-4.
  • Anke John: Der Weimarer Bundesstaat. Perspektiven einer föderalen Ordnung. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2012, ISBN 978-3-412-20791-5.
  • Ulrich Kluge: Die Weimarer Republik (= UTB. 2805). Schöningh (UTB), Paderborn [u. a.] 2006, ISBN 978-3-8252-2805-7.
  • Eberhard Kolb: Die Weimarer Republik (= Oldenbourg Grundriss der Geschichte. Band 16). 7., durchgesehene und erweiterte Auflage, Oldenbourg, München 2009, ISBN 978-3-486-58870-5.
  • Eberhard Kolb, Dirk Schumann: Die Weimarer Republik. 8., aktualisierte und erweiterte Auflage. Oldenbourg, München 2013, ISBN 978-3-486-71267-4.
  • Detlef Lehnert: Die Weimarer Republik. Parteienstaat und Massengesellschaft (= Reclams Universal-Bibliothek. Band 18646 Reclam Sachbuch). 2., überarbeitete Auflage, Reclam, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-15-018646-6.
  • Peter Longerich: Deutschland 1918–1933. Die Weimarer Republik. Handbuch zur Geschichte. Fackelträger, Hannover 1995, ISBN 3-7716-2208-5.
  • Werner Maser: Zwischen Kaiserreich und NS-Regime. Die erste deutsche Republik 1918 bis 1933. Bouvier, Bonn/Berlin 1992, ISBN 3-416-02354-4.
  • Horst Möller: Die Weimarer Republik. Eine unvollendete Demokratie (= dtv 34059). 7., erweiterte und aktualisierte Neuauflage, Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2004, ISBN 3-423-34059-2.
  • Hans Mommsen: Aufstieg und Untergang der Republik von Weimar. 1918–1933 (= Ullstein Nr. 26508 Propyläen-Taschenbuch). Überarbeitete und aktualisierte Ausgabe. Ullstein, Berlin 1998, ISBN 3-548-26508-1.
  • Gottfried Niedhart, Wolfgang Michalka (Hrsg.): Die ungeliebte Republik. Dokumentation zur Innen- und Außenpolitik Weimars 1918–1933. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1980, ISBN 3-423-02918-8. (4. Auflage 1986; überarb. Neuausgaben: Deutsche Geschichte 1918–1933. Dokumente zur Innen- und Außenpolitik, Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1992/2002).
  • Detlev J. K. Peukert: Die Weimarer Republik. Krisenjahre der klassischen Moderne (= Edition Suhrkamp. Band 1282 = NF Band 282 Neue historische Bibliothek). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-518-11282-1.
  • Nadine Rossol/Benjamin Zimmermann (Hrsg.): Aufbruch und Abgründe. Das Handbuch der Weimarer Republik. wbg Academic, Darmstadt 2021, ISBN 978-3-534-27375-1.
  • Hagen Schulze: Weimar. Deutschland 1917–1933 (= Die Deutschen und ihre Nation. Band 4). Severin & Siedler, Berlin 1982, ISBN 3-88680-050-4.
  • Heinrich August Winkler: Weimar 1918–1933. Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie. Durchgesehene Auflage, C. H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43884-9.
  • Heinrich August Winkler: Die deutsche Staatskrise 1930–1933. Handlungsspielräume und Alternativen (= Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien. Band 26). Oldenbourg, München 1992, ISBN 3-486-55943-5 (Digitalisat).
  • Heinrich August Winkler: Mußte Weimar scheitern? Das Ende der ersten Republik und die Kontinuität der deutschen Geschichte (=Schriften des Historischen Kollegs. Vorträge 31). München 1991 (Digitalisat).
  • Hartmann Wunderer: Die Weimarer Republik. Reclam, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-15-017070-0.
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Wiktionary: Weimarer Republik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Quellen u​nd Dokumente

Anmerkungen

  1. Hier dargestellt ist das ältere Wappen von 1923, das 1928 abgelöst wurde durch das Mitte der 1920er Jahre von Karl-Tobias Schwab (1887–1967) geschaffene Reichswappen, das im Februar 1950 Theodor Heuss auch als Bundeswappen verkündete. Vgl. dazu Jana Leichsenring: Staatssymbole: Der Bundesadler. In: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (Hrsg.): Aktueller Begriff. Nr. 83/08, 12. Dezember 2008, ZDB-ID 2256061-0, S. 1–2, hier S. 2 online (PDF; 73 kB) (Memento vom 24. Januar 2013 im Internet Archive); Jürgen Hartmann: Der Bundesadler. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Band 56, Heft 3, 2008, S. 495–509, hier S. 499–502 (PDF). Vgl. die Abbildung des Reichswappens auf der Tafel „Deutsches Reich: Wappen I“, in: Der Große Brockhaus. Handbuch des Wissens in zwanzig Bänden. Band 4: Chi–Dob. 15., völlig neubearbeitete Auflage. Brockhaus, Leipzig 1929, Tafel zwischen S. 648 und 649.
  2. Vgl. Sebastian Ullrich: Mehr als Schall und Rauch. Der Streit um den Namen der ersten deutschen Demokratie 1918–1949. In: Moritz Föllmer, Rüdiger Graf (Hrsg.): Die „Krise“ der Weimarer Republik. Zur Kritik eines Deutungsmusters. Campus-Verlag, Frankfurt am Main/New York 2005, ISBN 3-593-37734-9, S. 187–207.
  3. Winkler 1998, S. 25.
  4. Longerich 1995, S. 46.
  5. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. München 2003, S. 209.
  6. Zitiert nach Longerich 1995, S. 87.
  7. Heiko Holste: Warum Weimar? Wie Deutschlands erste Republik zu ihrem Geburtsort kam. Böhlau, Köln 2017.
  8. Zitiert nach Winkler 1998, S. 91.
  9. Longerich 1995, S. 97.
  10. Es ist nicht erwiesen, dass Seeckt die oft zitierte Wendung bei dieser Gelegenheit gebraucht hat. „In der Sache aber war die Haltung Seeckts klar. Es ging ihm vor allem um eines: Er wollte die Reichswehr als innenpolitisches Instrument intakt erhalten.“ (Winkler 1998, S. 121.)
  11. seit dem 31. Januar 1922 Außenminister im Kabinett Wirth II
  12. Winkler 1998, S. 187.
  13. Mommsen 1998, S. 184.
  14. Longerich 1995, S. 145.
  15. Mommsen 1998, S. 230; Longerich 1995, S. 153.
  16. Mommsen 1998, S. 224; Winkler 1998, S. 187.
  17. Mommsen 1998, S. 234; Longerich 1995, S. 150.
  18. Longerich 1995, S. 174 f.
  19. Mommsen 1998, S. 282.
  20. Winkler 1998, S. 296.
  21. Longerich 1995, S. 187.
  22. Winkler 1998, S. 297 f.
  23. Longerich 1995, S. 176 f.
  24. Longerich 1995, S. 178; Eberhard Kolb erkennt in der Neuen Sachlichkeit den „eigentlichen“ Weimarer Kunststil (Die Weimarer Republik. 7., durchges. und erw. Auflage. Oldenbourg, München 2009, S. 98).
  25. Mommsen 1998, S. 292; Winkler 1998, S. 276: „Dabei gibt es kaum einen Zweifel, daß die Gesundheit Eberts auch durch seelische Kränkungen geschwächt worden war“, darunter Vorwürfe des Landesverrats wegen Eberts Rolle beim Berliner Munitionsarbeiterstreik vom Januar 1918 und haltlose Korruptionsbezichtigungen im Zusammenhang mit der Barmat-Spekulationsaffäre. In den dagegen angestrengten Prozessen wurde Ebert von republikfeindlichen Richtern nur teilweise Recht gegeben.
  26. Mommsen 1998, S. 296–300; Longerich 1995, S. 239 f.
  27. Eberhard Kolb: Die Weimarer Republik. 7., durchges. und erw. Auflage. Oldenbourg, München 2009, S. 70 f.
  28. In diesem Sinne als Teilerfolg für die NSDAP schätzen Eberhard Kolb (2009, S. 122), Heinrich August Winkler (1998, S. 356) und Peter Longerich (1995, S. 256 f.) die Initiative gegen den Young-Plan ein; Otmar Jung (Plebiszitärer Durchbruch 1929? Zur Bedeutung von Volksbegehren und Volksentscheid gegen den Youngplan für die NSDAP. In: Geschichte und Gesellschaft. 4, 1989, S. 489–510) äußert Zweifel daran; Andreas Wirsching (Die Weimarer Republik. Politik und Gesellschaft. 2. Auflage. 2008, S. 58) sieht anhaltenden Forschungsbedarf.
  29. Heino Kaack: Geschichte und Struktur des deutschen Parteiensystems. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-322-83527-7, S. 105–108.
  30. Werner Plumpe: Wirtschaftskrisen. Geschichte und Gegenwart. Beck, München 2010, S. 81.
  31. Mommsen 1998, S. 441.
  32. Longerich 1995, S. 303. Die nicht registrierten „unsichtbaren“ Arbeitslosen werden für 1931 auf zusätzlich etwa 1 Million geschätzt, für 1932 auf zusätzlich 1,5 bis 2,5 Millionen (Longerich ebenda).
  33. Mommsen 1998, S. 444.
  34. Mommsen 1998, S. 463–474.
  35. Winkler 1998, S. 378.
  36. Reiner Marcowitz: Weimarer Republik 1929–1933. 3. Auflage. Darmstadt 2009, S. 66.
  37. Dietmar Keese: Die volkswirtschaftlichen Gesamtgrößen für das Deutsche Reich 1925–1936. In: Werner Conze, Hans Raupach (Hrsg.): Die Staats- und Wirtschaftskrise des Deutschen Reichs 1929/33. Sechs Beiträge. Klett, Stuttgart 1967, S. 74–78.
  38. Reiner Marcowitz: Weimarer Republik 1929–1933. 3. Auflage. Darmstadt 2009, S. 67; Mommsen 1998, S. 460; Winkler 1998, S. 441 f. zitiert Brüning dazu wie folgt: „Werde Hoover wiedergewählt, könne man ab November wieder verhandeln; werde er nicht wiedergewählt, könnten Verhandlungen nicht vor dem März 1933, dem Amtsantritt des neuen Präsidenten, beginnen. ‚Bis dahin müssen wir durchhalten.‘“
  39. Gerhard Schulz: Von Brüning zu Hitler. Der Wandel des politischen Systems in Deutschland 1930–1933. Walter de Gruyter, Berlin, New York 1992, S. 626 ff.
  40. Mommsen 1998, S. 448.
  41. Winkler 1998, S. 475: „In letzter Instanz zählte nicht, was Brüning wollte, sondern was der Reichspräsident und seine Umgebung für erforderlich hielten.“
  42. Mommsen 1998, S. 486.
  43. Reiner Marcowitz: Weimarer Republik 1929–1933. 3. Auflage. Darmstadt 2009, S. 69.
  44. Mommsen 1998, S. 481.
  45. Winkler 1998, S. 464 f.
  46. Gerhard Schulz: Von Brüning zu Hitler. Der Wandel des politischen Systems in Deutschland 1930–1933. Walter de Gruyter, Berlin/New York 1992, S. 845–863.
  47. Peter Longerich: Deutschland 1918–1933. S. 325.
  48. Winkler 1998, S. 480 f.
  49. Mommsen 1998, S. 597.
  50. Winkler 1998, S. 515 f.
  51. Winkler 1998, S. 482 f.
  52. Mommsen 1998, S. 601 ff.
  53. Winkler 1998, S. 574 ff.
  54. Carl Schmitt: Verfassungslehre. 3., unveränderte Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 1957, S. 30.
  55. Gerhard Anschütz: Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919. Ein Kommentar für Wissenschaft und Praxis. Dritte Bearbeitung, 12. Auflage, Stilke, Berlin 1930, S. 403 (Ersterscheinen 1919).
  56. Vgl. Gerhard Lingelbach: Weimar 1919 – Weg in eine Demokratie. In: Eberhard Eichenhofer (Hrsg.): 80 Jahre Weimarer Reichsverfassung – Was ist geblieben? 1999, S. 23–47, hier S. 47.
  57. Zit. nach Hanns-Jürgen Wiegand: Direktdemokratische Elemente in der deutschen Verfassungsgeschichte (= Juristische Zeitgeschichte, Abt. 1: Allgemeine Reihe. Band 20). BWV – Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-8305-1210-4, S. 146 f., Anm. 16 m.w.N. (zugleich: Darmstadt, Techn. Univ., Diss., 2004).
  58. Wolfgang Birkenfeld: Der Rufmord am Reichspräsidenten. Zu Grenzformen des politischen Kampfes gegen die frühe Weimarer Republik 1919–1925. In: Archiv für Sozialgeschichte. Band 5, 1965, S. 453–500, hier S. 453.
  59. Heinrich August Winkler: Weimar 1918–1933: Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie. 3. Auflage. C. H. Beck, München 1998, S. 276.
  60. Dietz Bering: Kampf um Namen. Bernhard Weiß gegen Joseph Goebbels. Klett-Cotta, Stuttgart 1991, S. 351.
  61. Eberhard Kolb (Hrsg.): Friedrich Ebert als Reichspräsident: Amtsführung und Amtsverständnis. Oldenbourg, München/Wien 1997, S. 307.
  62. Andreas Wirsching: Die Weimarer Republik. Politik und Gesellschaft. München 2000, S. 55 f.; Eberhard Kolb: Die Weimarer Republik. 6. Auflage. München 2002, S. 42.
  63. Ernst Willi Hansen. Der Staat im Staate – Militärgeschichte der Weimarer Republik 1919 bis 1933. In: Grundkurs deutsche Militärgeschichte. Band 2. Das Zeitalter der Weltkriege: 1914 bis 1945. Völker in Waffen, Oldenbourg, München 2007, S. 138–144.
  64. Ernst Willi Hansen. Der Staat im Staate – Militärgeschichte der Weimarer Republik 1919 bis 1933. In: Grundkurs deutsche Militärgeschichte. Band 2. Das Zeitalter der Weltkriege: 1914 bis 1945. Völker in Waffen, Oldenbourg, München 2007, S. 150–167.
  65. Hans Mommsen: Militär und zivile Militarisierung in Deutschland 1914 bis 1938. In: Ute Frevert (Hrsg.): Militär und Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert. Klett-Cotta, Stuttgart 1997, S. 273.
  66. Otto Beckmann: Beckmanns Welt-Lexikon und Welt-Atlas. A–Z. Verlagsanstalt Beckmann, Leipzig [u. a.] 1931, DNB 578298031.
  67. Das Saargebiet war zwar zu diesem Zeitpunkt völkerrechtlich Teil des Deutschen Reiches, stand jedoch von 1920 bis 1935 unter Völkerbundsverwaltung.
  68. Caroline Authaler: Das völkerrechtliche Ende des deutschen Kolonialreichs. In: Aus Politik und Zeitgeschiche. 69. Jg., 40–42/2019, S. 4–10 (online).
  69. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2009, S. 232 f. (Originalausgabe: München 2003); Peukert 1987, S. 92.
  70. Peukert gibt 35,6 % an (1987, S. 101), Wehler 36 % (Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2009, S. 237 (Originalausgabe: München 2003))
  71. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2009, S. 237. (Originalausgabe: München 2003)
  72. Peukert 1987, S. 101 f.
  73. Peukert 1987, S. 97.
  74. Peukert 1987, S. 96 f.
  75. Peukert 1987, S. 98 f.; Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2009, S. 236. (Originalausgabe: München 2003)
  76. Peukert 1987, S. 99; Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2009, S. 236. (Originalausgabe: München 2003)
  77. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2009, S. 496 f. (Originalausgabe: München 2003).
  78. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2009, S. 499. (Originalausgabe: München 2003).
  79. Peukert 1987, S. 161 f.
  80. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2009, S. 501. (Originalausgabe: München 2003).
  81. Winkler 1998, S. 300.
  82. Zitiert nach Winkler 1998, S. 299.
  83. Peukert 1987, S. 162 f.
  84. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2009, S. 511. (Originalausgabe: München 2003).
  85. Hoeres 2008, S. 8 und 84 f.
  86. Peukert 1987, S. 166.
  87. Henning Köhler: Deutschland auf dem Weg zu sich selbst. Eine Jahrhundertgeschichte. Hohenheim-Verlag, Stuttgart 2002, S. 195 ff.
  88. Walter Laqueur: Weimar. Die Kultur der Republik. Frankfurt 1976, S. 44.
  89. Schulze 1982, S. 128 f.
  90. Peukert 1987, S. 167.
  91. Peter Gay: Die Republik der Außenseiter. Geist und Kultur in der Weimarer Zeit 1918–1933. Frankfurt am Main 1987, S. 144.
  92. Peter Gay: Die Republik der Außenseiter. Geist und Kultur in der Weimarer Zeit 1918–1933. Frankfurt am Main 1987, S. 162.
  93. Kolb 2009, S. 240.
  94. Hoeres 2008, S. 159.
  95. Walter Laqueur: Weimar. Die Kultur der Republik. Frankfurt 1976, S. 139.
  96. Jost Hermand / Frank Trommler: Die Kultur der Weimarer Republik. München 1978, S. 360–362.
  97. Jost Hermand, Frank Trommler: Die Kultur der Weimarer Republik. München 1978, S. 363.
  98. Walter Laqueur: Weimar. Die Kultur der Republik. Frankfurt 1976, S. 151.
  99. Jost Hermand, Frank Trommler: Die Kultur der Weimarer Republik. München 1978, S. 363–365.
  100. Kristina Kratz-Kessemeier: Kunst für die Republik: Die Kunstpolitik des preußischen Kultusministeriums 2008, S. 504.
  101. Schulze 1982, S. 129.
  102. Peukert 1987, S. 187.
  103. Schulze 1982, S. 132 f.
  104. Zitiert nach Winkler 1998, S. 301.
  105. Arnd Krüger: Sport und Politik. Vom Turnvater Jahn zum Staatsamateur. Fackelträger, Hannover 1975, ISBN 3-7716-2087-2; Peukert 1987, S. 177.
  106. Jost Hermand, Frank Trommler: Die Kultur der Weimarer Republik. München 1978, S. 70.
  107. Peukert 1987, S. 177.
  108. Jost Hermand, Frank Trommler: Die Kultur der Weimarer Republik. München 1978, S. 314.
  109. Peukert 1987, S. 181 f.
  110. Walter Laqueur: Weimar. Die Kultur der Republik. Frankfurt 1976, S. 281.
  111. Walter Laqueur: Weimar. Die Kultur der Republik. Frankfurt 1976, S. 283.
  112. Kolb 2009, S. 106.
  113. Longerich 1995, S. 177 f.; Peukert 1987, S. 168 f.
  114. Longerich 1995, S. 179; Kolb 2009, S. 99. Als Erfinder des Begriffs gilt der seinerzeitige Direktor der Mannheimer Kunsthalle Gustav Hartlaub, der damit ein allgemeines Gefühl von Resignation und Zynismus nach einer Periode überschwänglicher Hoffnungen verband. (Peter Gay: Die Republik der Außenseiter. Geist und Kultur in der Weimarer Zeit 1918–1933. Frankfurt am Main 1987, S. 161.)
  115. Kolb 2009, S. 102 f.; Walter Laqueur: Weimar. Die Kultur der Republik. Frankfurt 1976, S. 232.
  116. Hoeres 2008, S. 125.
  117. Kolb 2009, S. 103.
  118. Walter Laqueur: Weimar. Die Kultur der Republik. Frankfurt 1976, S. 225 f.
  119. Jost Hermand, Frank Trommler: Die Kultur der Weimarer Republik. München 1978, S. 408–410.
  120. Jost Hermand, Frank Trommler: Die Kultur der Weimarer Republik. München 1978, S. 410.
  121. Jost Hermand, Frank Trommler: Die Kultur der Weimarer Republik. München 1978, S. 418.
  122. Kolb 2009, S. 100 f. Es gab seinerzeit 49 Theater in Berlin, dazu 75 Kabaretts und Kleinkunstbühnen. (Hoeres 2008, S. 141).
  123. Walter Laqueur: Weimar. Die Kultur der Republik. Frankfurt 1976, S. 174 f.
  124. Walter Laqueur: Weimar. Die Kultur der Republik. Frankfurt 1976, S. 176–193.
  125. Jost Hermand, Frank Trommler: Die Kultur der Weimarer Republik. München 1978, S. 199 f.
  126. Kolb 2009, S. 108.
  127. Kolb 2009, S. 108 f.
  128. Jost Hermand, Frank Trommler: Die Kultur der Weimarer Republik. München 1978, S. 292.
  129. Heike Goldbach: Ein Feuerwerk an Charme. Willy Fritsch. Der Ufa-Schauspieler. Über eine große Filmkarriere in wechselhaften Zeiten. tredition, Hamburg 2017, ISBN 978-3-7439-1290-8, S. 100.
  130. Ursula Büttner: Weimar. Die überforderte Republik. 1. Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-608-94308-5, S. 316.
  131. Andreas Jacob: Weimar und die Pluralisierung der Lebensstile. In: Sabine Mecking und Yvonne Wasserloos (Hrsg.): Musik, Macht, Staat. Kulturelle, soziale, und politische Wandlungsprozesse in der Moderne. V&R unipress, Göttingen 2012, ISBN 978-3-89971-872-0, S. 150–153.
  132. Peter Jelavich: Berlin Cabaret. Harvard University Press, Cambridge, MA 1996, ISBN 0-674-06762-2, S. 170–175.
  133. Andreas Jacob: Weimar und die Pluralisierung der Lebensstile. In: Sabine Mecking und Yvonne Wasserloos (Hrsg.): Musik, Macht, Staat. Kulturelle, soziale, und politische Wandlungsprozesse in der Moderne. V&R unipress, Göttingen 2012, ISBN 978-3-89971-872-0, S. 170–174.
  134. Longerich 1995, S. 179 f.; Peukert 1987, S. 170; Kolb 2009, S. 102.
  135. Nicole Nottelmann: Strategien des Erfolgs. Narratologische Analysen exemplarischer Romane Vicki Baums. Königshausen & Neumann, Würzburg 2002, ISBN 3-8260-2305-6, S. 21–25.
  136. Hoeres 2008, S. 60–64.
  137. Hoeres 2008, S. 51–53.
  138. Hoeres 2008, S. 62 f.
  139. Hoeres 2008, S. 54–56.
  140. Hoeres 2008, S. 66 f.
  141. Walter Laqueur: Weimar. Die Kultur der Republik. Frankfurt 1976, S. 61.
  142. Longerich 1995, S. 182; Jost Hermand/Frank Trommler: Die Kultur der Weimarer Republik. München 1978, S. 257.
  143. Walter Laqueur: Weimar. Die Kultur der Republik. Frankfurt 1976, S. 327.
  144. Kolb 2009, S. 98. „Die Entwicklung im kulturellen Sektor ab 1929/30 ist durch einen doppelten Trend gekennzeichnet, durch ein gewisses Erschlaffen der künstlerischen Kreativität und eine zunehmende Polarisierung.“ (Ebenda)
  145. Longerich 1995, S. 183; Peukert 1987, S. 189.
  146. Walter Laqueur: Weimar. Die Kultur der Republik. Frankfurt am Main 1976, S. 103.
  147. Andreas Wirsching: Die Weimarer Republik. Politik und Gesellschaft. R. Oldenbourg, München 2000, ISBN 3-486-55048-9, S. 85 f.; Louis Dupeux: „Kulturpessimismus“, Konservative Revolution und Modernität. In: Manfred Gangl und Gérard Raulet (Hrsg.): Intellektuellendiskurse in der Weimarer Republik. Zur politischen Kultur einer Gemengelage. Lang, Frankfurt 2007, ISBN 978-3-631-56625-1, S. 416 f.
  148. Schulze 1982, S. 10.
  149. Für Longerich gilt das auch in den ersten Monaten danach noch. (1995, S. 353 f.)
  150. Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen. Erster Band: Vom Ende des Alten Reiches bis zum Untergang der Weimarer Republik. 5., durchgesehene Auflage. München 2002, S. 549.
  151. Mommsen 1998, S. 642 f.
  152. Eberhard Kolb: Die Weimarer Republik. 7., durchges. und erw. Auflage. Oldenbourg, München 2009, S. 251; ähnlich bereits Schulze 1982, S. 417 f.
  153. Longerich 1995, S. 354.
  154. Schulze 1982, S. 423–425.
  155. Peukert 1987, S. 149 f.
  156. Winkler 1998, S. 595.
  157. Peukert 1987, S. 22.
  158. Reiner Marcowitz: Weimarer Republik 1929–1933. 3. Auflage. Darmstadt 2009, S. 99; Mommsen 1998, S. 425/427: „Besondere Erfolge hatten die Bemühungen der NSDAP, die Beamten, deren Ressentiments sie mit der Zusage einer Wiederherstellung des Berufsbeamtentums und der Garantie der wohlerworbenen Rechte geschickt befriedigte, in ihr Lager zu ziehen. […] Das bestätigt die Beobachtung, daß vornehmlich diejenigen Sozialgruppen mit der NSDAP sympathisierten, die subjektiv und objektiv vom sozialen Abstieg bedroht waren, was für die Beamtenschaft galt.“
  159. Schulze 1982, S. 421 f.
  160. Mommsen 1998, S. 643 f.
  161. Peukert 1987, S. 260.
  162. Winkler 1998, S. 607.
  163. Schulze 1982, S. 420.
  164. „Es konnte 1918/19 nicht um irgendwelche Verbindungen zwischen dem parlamentarischen und dem Rätesystem gehen, sondern nur um gesellschaftliche Veränderungen, die die erstrebte parlamentarische Demokratie zu festigen versprachen.“ (Winkler 1998, S. 601.)
  165. Winkler 1998, S. 601.
  166. Heinrich August Winkler: Der Weg in die Katastrophe. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1930 bis 1933. Berlin/Bonn, 2. Auflage 1990, S. 952; zitiert nach Kolb 2009, S. 176.
  167. Winkler 1998, S. 597 f.
  168. Winkler 1998, S. 597.
  169. Kolb 2009, S. 231.
  170. Schulze 1982, S. 422 f.; Winkler 1998, S. 604; Kolb 2009, S. 180–182.
  171. Kolb 2009, S. 183 f.; Schulze 1982, S. 423.
  172. Schulze 1982, S. 422.
  173. Schulze 1982, S. 418 f.; Winkler 1998, S. 602; Kolb 2009, S. 216 f.
  174. Kolb 2009, S. 202–206.
  175. Winkler 1998, S. 603 f.
  176. Peukert 1987, S. 267.
  177. Peukert 1987, S. 269.
  178. Knut Borchardt: Zwangslagen und Handlungsspielräume in der großen Wirtschaftskrise der frühen dreißiger Jahre. Zur Revision des überlieferten Geschichtsbildes. In: Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1979, S. 85–132.
  179. Rainer Meister: Die große Depression. Zwangslagen und Handlungsspielräume der Wirtschafts- und Finanzpolitik in Deutschland 1929–1932. transfer, Regensburg 1991; Andreas Wirsching: Die Weimarer Republik. Politik und Gesellschaft, Oldenbourg, München 2000, S. 110 ff.
  180. Albrecht Ritschl: Knut Borchardts Interpretation der Weimarer Wirtschaft. Zur Geschichte und Wirkung einer wirtschaftsgeschichtlichen Kontroverse (PDF; 137 kB), 2001; ders.: Deutschlands Krise und Konjunktur 1924–1934. Binnenkonjunktur, Auslandsverschuldung und Reparationsproblem zwischen Dawes-Plan und Transfersperre, Akademie Verlag, Berlin 2002.
  181. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. C. H. Beck, München 2003, S. 520–528; ähnlich Kolb 2009, S. 235 f.
  182. Hermann Graml: Zwischen Stresemann und Hitler. Die Außenpolitik der Präsidialkabinette Brüning, Papen und Schleicher. Oldenbourg, München 2001, S. 41 (hier das Zitat); Reiner Marcowitz: Weimarer Republik 1929–1933. 3. Auflage. Darmstadt 2009, S. 67; Mommsen 1998, S. 460; Winkler 1998, S. 441 f.
  183. Henning Köhler: Arbeitsbeschaffung, Siedlung und Reparationen in der Schlußphase der Regierung Brüning. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 17, 1969, S. 276–306 (PDF); ders.: Deutschland auf dem Weg zu sich selbst. Eine Jahrhundertgeschichte. Hohenheim, Stuttgart 2002, S. 240 ff.; Bruce Kent: The Spoils of War. The Politics, Economics, and Diplomacy of Reparations 1918–1932. Clarendon, Oxford 1989, S. 332, 335 u. ö.; Philipp Heyde: Das Ende der Reparationen. Deutschland, Frankreich und der Youngplan 1929–1932. Schöningh, Paderborn 1998, S. 463–470.
  184. Johannes Hürter: Wilhelm Groener. Reichswehrminister am Ende der Weimarer Republik (1928–1932). Oldenbourg, München 1993, S. 240–260 (hier Zitate S. 257); Hans Mommsen: Die verspielte Freiheit. Der Weg der Republik von Weimar in den Untergang 1918 bis 1933. Propyläen, Berlin 1989, S. 287 f., 292; Heinrich August Winkler: Weimar 1918–1933. Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie. 2., durchges. Auflage. C. H. Beck, München 1994, S. 362 ff., 366, 368 f.; Peter Longerich: Deutschland 1918–1933. Die Weimarer Republik. Handbuch zur Geschichte. Fackelträger, Hannover 1995, S. 259 f., 262 f.
  185. Dieter Gessner: Das Ende der Weimarer Republik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1978, S. 12 ff.; Eberhard Kolb: Die Weimar Republik. 3. Auflage. Oldenbourg, München 1993, S. 211 ff.
  186. Peter Gay: Die Republik der Außenseiter. Geist und Kultur der Weimarer Zeit 1918–1933. Fischer, Frankfurt am Main 1987, S. 179.
  187. Winkler 1998, S. 372; vgl. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949, C. H. Beck, München 2003, S. 515, für den an diesem Tag „die parlamentarische Republik gescheitert“ ist; ähnlich Andreas Wirsching: Die Weimarer Republik. Politik und Gesellschaft, Oldenbourg, München 2000, S. 111 f.
  188. Mommsen 1998, S. 604; Longerich 1995, S. 359.
  189. Noch immer ein Schreckbild? Das heutige Deutschland und die Weimarer Republik. (PDF). In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Band 66, Heft 2, April 2018, S. 299–308.
  190. Thomas Raithel: Noch immer ein Schreckbild? Das heutige Deutschland und die Weimarer Republik. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Band 66, Heft 2, S. 303.
  191. Thomas Raithel: Noch immer ein Schreckbild? Das heutige Deutschland und die Weimarer Republik. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Band 66, Heft 2, S. 304.
  192. Thomas Raithel: Noch immer ein Schreckbild? Das heutige Deutschland und die Weimarer Republik. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Band 66, Heft 2, S. 306.
  193. Thomas Raithel: Noch immer ein Schreckbild? Das heutige Deutschland und die Weimarer Republik. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Band 66, Heft 2, S. 300 f.
  194. Thomas Raithel: Noch immer ein Schreckbild? Das heutige Deutschland und die Weimarer Republik. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Band 66, Heft 2, April 2018, S. 307 f.
  195. Thomas Raithel: Noch immer ein Schreckbild? Das heutige Deutschland und die Weimarer Republik. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Band 66, Heft 2, April 2018, S. 302.

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