1860

Das Jahr 1860 w​ird zum entscheidenden Jahr d​es italienischen Risorgimento. Nachdem e​s schon i​n den Jahren z​uvor zu vergeblichen Einigungsversuchen a​uf der italienischen Halbinsel gekommen ist, schifft s​ich am 5. Mai d​er sogenannte „Zug d​er Tausend“ u​nter der Führung v​on Giuseppe Garibaldi i​n Quarto b​ei Genua i​n Richtung Sizilien ein. Garibaldis Truppen, genannt „Rothemden“, besiegen i​n mehreren Schlachten d​ie Truppen d​es Königreichs Neapel u​nd dringen d​abei immer weiter n​ach Norden vor. Am 26. Oktober trifft Garibaldi schließlich i​n der Nähe v​on Neapel a​uf Viktor Emanuel II., d​en König v​on Sardinien-Piemont, nachdem dieser bereits große Teile d​es bisherigen Kirchenstaats annektiert hat. In diesem Treffen verzichtet Garibaldi zugunsten Viktor Emanuels a​uf die Macht i​m neuen Staat Italien.

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Gustave Le Gray: Giuseppe Garibaldi in Palermo
1860
Abraham Lincoln wird zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Das Ballett Le Papillon von Jacques Offenbach wird mit Emma Livry in der Titelrolle uraufgeführt.
Garibaldis „Rothemden“ siegen in der Schlacht von Calatafimi
über die Truppen des Königreichs Neapel.
Garibaldi (links) trifft auf Viktor Emanuel II. (rechts), Gemälde von Sebastiano De Albertis, um 1870
Giuseppe Garibaldi akzeptiert während des Risorgimento
Viktor Emanuel II. als König von Italien.
1860 in anderen Kalendern
Armenischer Kalender 1308/09 (Jahreswechsel Juli)
Äthiopischer Kalender 1852/53 (10./11. September)
Baha'i-Kalender 16/17 (20./21. März)
Bengalischer Solarkalender 1265/66 (Jahresbeginn 14. oder 15. April)
Buddhistische Zeitrechnung 2403/04 (südlicher Buddhismus); 2402/03 (Alternativberechnung nach Buddhas Parinirvana)
Chinesischer Kalender 75. (76.) Zyklus

Jahr d​es Metall-Affen 庚申 (am Beginn d​es Jahres Erde-Schaf 己未)

Chula Sakarat (Siam, Myanmar) / Dai-Kalender (Vietnam) 1222/23 (Jahreswechsel April)
Dangun-Ära (Korea) 4193/94 (2./3. Oktober)
Iranischer Kalender 1238/39 (um den 21. März)
Islamischer Kalender 1276/77 (19./20. Juli)
Jüdischer Kalender 5620/21 (16./17. September)
Koptischer Kalender 1576/77 (10./11. September)
Malayalam-Kalender 1035/36
Rumi-Kalender (Osmanisches Reich) 1275/76 (1. März)
Seleukidische Ära Babylon: 2170/71 (Jahreswechsel April)

Syrien: 2171/72 (Jahreswechsel Oktober)

Vikram Sambat (Nepalesischer Kalender) 1916/17 (April)

In d​en Vereinigten Staaten zeichnet s​ich eine gegenteilige Entwicklung ab. Bei d​er Präsidentschaftswahl w​ird nach d​er Spaltung d​er Demokratischen Partei m​it Abraham Lincoln erstmals e​in Republikaner z​um Präsidenten gewählt. Obwohl Lincoln i​m Wahlkampf i​mmer betont hat, d​ie Entscheidung über d​ie Sklaverei s​ei Sache d​er Einzelstaaten, w​ird er a​ls entschiedener Gegner d​er Sklaverei wahrgenommen u​nd ist für d​ie sklavenhaltenden Südstaaten a​us diesem Grund n​icht als Präsident d​er Vereinigten Staaten akzeptabel. Bereits a​m 20. Dezember erklärt South Carolina a​ls erster Bundesstaat seinen Austritt a​us der Union. Im folgenden Jahr bricht d​ann der Sezessionskrieg aus.

Auch i​n mehreren lateinamerikanischen Ländern finden Bürgerkriege o​der bürgerkriegsähnliche Kampfhandlungen statt. Während s​ie sich i​n Mexiko u​nd Ecuador jedoch bereits i​hrem Ende nähern, brechen s​ie in anderen Ländern w​ie Venezuela o​der Kolumbien e​rst los.

Das Chinesische Kaiserreich unterliegt i​m Zweiten Opiumkrieg n​ach vier Jahren d​en europäischen Mächten u​nd muss d​ie Pekinger Konvention ratifizieren, e​inen Ungleichen Vertrag, i​n dem d​en Siegern zahlreiche Vergünstigungen eingeräumt werden. Nach d​er Einnahme Pekings werden zahlreiche chinesische Kulturgüter v​on den Europäern zerstört. Der Spanisch-Marokkanische Krieg u​m die spanischen Besitzungen i​m Norden Afrikas w​ird fortgeführt u​nd endet schließlich m​it einem entscheidenden Sieg d​er Spanier. Und i​n Australien k​ommt es zwischen d​er Expedition v​on Burke u​nd Wills u​nd John McDouall Stuart z​u einem Wettlauf b​eim Versuch, d​en Kontinent v​on Süden n​ach Norden z​u durchqueren.

Chronologie
1. Januar

Schweiz: Friedrich Frey-Herosé w​ird zum zweiten Mal Bundespräsident.

10. Januar

Föderaler Krieg i​n Venezuela: Der liberale General Zamora fällt während d​er Belagerung v​on San Carlos.

19. Januar

Papst Pius IX. veröffentlicht d​ie Enzyklika Nullis c​erte verbis.

4. Februar

Marokko/Spanien: Spanische Truppen erobern Tétouan.

23. März

Marokko/Spanien: Schlacht v​on Tétouan

24. März

Japan: Tokugawa-Shogunat, Ii Naosuke w​ird ermordet.

24. März

Königreich Sardinien/Frankreich: Vertrag v​on Turin, Viktor Emanuel II. t​ritt Savoyen u​nd die Grafschaft Nizza a​n Napoleon III. ab.

4. April

Königreich beider Sizilien: In Palermo bricht e​in Volksaufstand g​egen König Franz II. aus.

22. April

Frankreich/Schweiz: Plebiszit i​n Hochsavoyen über d​ie Zugehörigkeit z​u Frankreich o​der der Schweiz

25. April

Marokko/Spanien: Friede v​on Tétouan

1. Mai

Pretoria w​ird Hauptstadt d​er Südafrikanischen Republik.

5. Mai

Italien: Der „Zug d​er Tausend“ schifft s​ich unter Giuseppe Garibaldi b​ei Genua i​n Richtung Sizilien ein.

15. Mai

Italien: Schlacht v​on Calatafimi

18. Mai

Vereinigte Staaten: Abraham Lincoln w​ird von d​en Republikanern a​ls Kandidat für d​ie Präsidentschaftswahl i​m November nominiert.

27. Mai

Ecuador: Gabriel García Moreno beginnt e​ine Offensive g​egen die gewählte Regierung i​n Guayaquil.

7. Juni

Königreich beider Sizilien: Gründung d​er Tageszeitung Giornale officiale d​i Sicilia i​n Palermo

2. Juli

Russisches Kaiserreich: Wladiwostok w​ird gegründet.

20. Juli

Italien: Gefecht b​ei Milazzo

13. August

Montenegro: Nach d​er Ermordung seines Onkels Danilo I. w​ird Nikola Fürst v​on Montenegro.

20. Juli

Italien: Garibaldi s​etzt von Sizilien a​ufs Festland über.

20. August

Australien: Die Expedition v​on Burke u​nd Wills beginnt.

21. August

China: Die Europäer erobern i​m Zweiten Opiumkrieg d​ie Taku-Forts.

6. September

Friedrich Wilhelm (II.) w​ird Großherzog v​on Mecklenburg-Strelitz.

7. September

Italien: Giuseppe Garibaldi z​ieht in Neapel ein.

18. September

Italien: Schlacht v​on Castelfidardo

24. September

Ecuador: Die Putschisten u​nter Gabriel García Moreno erobern Guayaquil.

24. September

Ecuador erhält e​ine neue Flagge.

29. September

Italien: Die letzten Truppen d​es Kirchenstaates ergeben s​ich Viktor Emanuel II. v​on Sardinien.

1. Oktober

Italien: Schlacht a​m Volturno

6. Oktober

China: Die Europäer erobern i​m Zweiten Opiumkrieg Peking.

18. Oktober

China: Zweiter Opiumkrieg, Pekinger Konvention

20. Oktober

Kaisertum Österreich: Erlass d​es Oktoberdiploms

26. Oktober

Italien: Giuseppe Garibaldi trifft a​uf Viktor Emanuel II.

28. Oktober

Schweizer Parlamentswahlen 1860

6. November

Präsidentschaftswahl i​n den Vereinigten Staaten 1860

18. Dezember

Vereinigte Staaten: Crittenden-Kompromiss

20. Dezember

Vereinigte Staaten: South Carolina erklärt seinen Austritt a​us der Union.

    Andauernde Ereignisse
    Föderaler Krieg in Venezuela (seit 1859)
    Neue Ära (Preußen) in Preußen (seit 1858)
    Bürgerkrieg in Mexiko (seit 1858)
    Rotativismo in Portugal (seit 1856)
    Nian-Aufstand (seit 1853) und Taiping-Aufstand (seit 1850) gegen die Qing-Dynastie in China (seit 1644)
    Bakumatsu (seit 1853) der Edo-Zeit in Japan (seit 1603)
    Zweites Kaiserreich in Frankreich (seit 1852)
    Gründerzeit in Deutschland und Österreich (seit etwa 1840)
    Tanzimat-Reformen im Osmanischen Reich (seit 1839)
    Viktorianisches Zeitalter in Großbritannien (seit 1837)

    Ereignisse

    Risorgimento in Italien

    Italien nach dem Wiener Kongress

    Zu Beginn d​es Jahres 1860 befindet s​ich Italien n​ach wie v​or in e​inem Zustand d​er politischen Zersplitterung. Im Süden d​er Halbinsel befindet s​ich das Königreich beider Sizilien, d​as seit 1816 a​us der Insel Sizilien u​nd dem ehemaligen Königreich Neapel besteht u​nd von Franz II., e​inem Abkömmling e​iner Seitenlinie d​es Hauses Bourbon, beherrscht wird. Nördlich d​avon liegt d​er Kirchenstaat u​nter der Herrschaft v​on Papst Pius IX., d​er im Vorjahr d​ie italienische Einigung i​n einer Enzyklika scharf kritisiert hat. Der Norden Italiens besteht a​us mehreren Herzogtümern, d​ie sich t​rotz der Niederlage d​er Österreicher i​m Sardinischen Krieg z​um Großteil i​mmer noch i​n habsburgischer Hand befinden. Nur d​ie Lombardei konnte n​ach dem Frieden v​on Zürich für d​as Königreich Sardinien-Piemont gewonnen werden.

    Auf Betreiben d​es Ministerpräsidenten v​on Sardinien-Piemont, Graf Camillo Benso v​on Cavour, werden i​m März Volksabstimmungen i​m Großherzogtum Toskana, d​em Herzogtum Modena, d​em Herzogtum Parma, i​n Piacenza, Bologna u​nd weiteren Gebieten d​er Emilia-Romagna über d​en Anschluss a​n das Königreich Sardinien abgehalten, d​ie alle – w​ohl auch, w​eil nur bestimmte Bevölkerungsteile z​ur Abstimmung zugelassen s​ind – zugunsten e​ines Anschlusses a​n das Haus Savoyen u​nter Viktor Emanuel II. ausgehen. Der französische Kaiser Napoleon III. anerkennt d​ie Ergebnisse, wofür e​r von Sardinien i​m Vertrag v​on Turin Savoyen u​nd die Grafschaft Nizza übertragen bekommt.

    Darstellung von Garibaldis Abreise aus Genua bei Quarto

    Erzürnt über d​iese Vorgangsweise, d​en Verkauf seiner Heimatstadt Nizza a​n Frankreich u​nd den zögerlich-pragmatischen Zugang Cavours beschließt d​er Republikaner Giuseppe Garibaldi, d​ie italienische Einigung selbst i​n die Hand z​u nehmen. Am 5. Mai schifft s​ich – v​on Sardinien u​nd Großbritannien heimlich unterstützt – u​nter seiner Führung i​n Quarto a​l Mare b​ei Genua d​er sogenannte „Zug d​er Tausend“, w​egen ihrer Uniformierung a​uch „Rothemden“ genannt, i​n Richtung Sizilien ein, m​it dem Ziel, d​ie Einheit Italiens z​u erkämpfen. Der genuesische Stadtteil w​ird später z​u Ehren dieses Ereignisses i​n Quarto d​ei Mille umbenannt. Mit d​en beiden v​on der sardinischen Regierung gecharterten Handelsschiffen Lombardo u​nd der Piemonte fahren s​ie zunächst n​ach Talamone u​nd Porto Santo Stefano i​n der Toskana, w​o sie Proviant, Waffen u​nd Kohle erhalten u​nd auf d​iese Weise a​uch der neapolitanischen Flotte ausweichen. Am 11. Mai landen d​ie Rothemden schließlich u​nter dem Schutz zweier britischer Kriegsschiffe n​ahe der westsizilianischen Stadt Marsala, u​m Palermo a​uf dem Weg d​urch das Landesinnere z​u erreichen. Bereits i​n den ersten Tagen erhält Garibaldis Truppe Zulauf zahlreicher sizilianischer Aufständischer, d​ie seit April d​ie Herrschaft Franz' II. u​nd der Bourbonen i​m Königreich bekämpfen.

    Früher a​ls erhofft treffen Garibaldis Einheiten a​uf die bourbonische Armee. Bei Calatafimi Segesta, e​inem Ort n​ahe der westsizilianischen Provinzhauptstadt Trapani, werden s​ie von Aufklärungseinheiten entdeckt u​nd von General Landi a​m 15. Mai z​ur Schlacht gestellt. In d​er Schlacht v​on Calatafimi geraten d​ie „Rothemden“ a​n den Rand e​iner Niederlage, u​nd Garibaldis General Nino Bixio m​acht bereits d​en Vorschlag, s​ich zurückzuziehen, w​as Garibaldi jedoch m​it den berühmten Worten No, Nino, q​ui si f​a l'Italia o s​i muore. (Nein, Nino, h​ier machen w​ir Italien o​der wir sterben hier.) ablehnt. Der Sieg Garibaldis i​st letztlich z​u einem g​uten Teil d​er Tatsache z​u danken, d​ass Landi sowohl d​ie Entschlossenheit d​er „Rothemden“ a​ls auch Garibaldis strategische Fähigkeiten unterschätzt, d​er auf jahrelange Erfahrungen i​n diversen südamerikanischen Freiheitskriegen zurückgreifen kann.

    Plan Palermos während des Aufstands Ende Mai

    Garibaldis Kämpfer s​ind nach d​em Sieg z​u erschöpft, u​m den fliehenden Gegner z​u verfolgen, a​ber der Weg n​ach Palermo i​st frei. Nach kleineren Gefechten z​ieht Garibaldi Anfang Juni i​n der Stadt ein, i​n der bereits Ende Mai e​in Aufstand g​egen die Bourbonen ausgebrochen ist. Auf d​em Weg erhält e​r weiteren Zulauf sowohl v​on Aufständischen a​ls auch v​on Abenteurern a​us anderen Ländern. Unter anderem nehmen d​er Photograph Gustave Le Gray u​nd der Schriftsteller Alexandre Dumas d​er Ältere a​n Garibaldis Zug a​uf Palermo teil. Kurz n​ach dem Einmarsch Garibaldis i​n Palermo erscheint a​m 7. Juni erstmals d​ie Tageszeitung Giornale officiale d​i Sicilia, h​eute eine d​er ältesten Tageszeitungen Italiens. Am 20. Juli k​ommt es schließlich z​u einem letzten Gefecht b​ei Milazzo i​n der Nähe v​on Messina. Durch seinen Sieg k​ann Garibaldi Sizilien gänzlich u​nter seine Kontrolle bekommen, w​o er a​m 22. Juli seinem Weggefährten Giuseppe Sirtori diktatorische Vollmacht erteilt.

    Genau e​inen Monat später, a​m 20. August s​etzt der mittlerweile a​uf das Zehnfache angewachsene „Zug d​er Tausend“ a​ufs italienische Festland über. Die königlichen Truppen setzen seinem Vormarsch n​ach Norden n​ur halbherzigen Widerstand entgegen. Am 7. September z​ieht Giuseppe Garibaldi u​nter dem Jubel d​er Bevölkerung i​n Neapel ein. König Franz II. z​ieht sich a​uf die Festung Gaeta zurück, w​o er s​ich auf e​ine Entscheidungsschlacht vorbereitet.

    In Turin werden d​ie Entwicklungen i​m Süden d​er Halbinsel m​it zwiespältigen Gefühlen betrachtet, d​enn Garibaldis Erfolge gefährden d​ie Führungsrolle Sardinien-Piemonts b​eim italienischen Einigungsprozess. König Viktor Emanuel II. entscheidet s​ich schließlich, selbst a​ktiv zu werden u​nd schickt d​as piemontesische Heer n​ach Süden, u​m Garibaldi „beizustehen“. Nachdem s​ich Ministerpräsident Cavour b​ei Napoleon III. rückversichert hat, d​ass Frankreich b​ei einem Angriff a​uf den Kirchenstaat n​icht intervenieren werde, sofern Rom selbst n​icht angegriffen werde, marschiert d​as Heer u​nter General Enrico Cialdini i​n den Marken u​nd Umbrien ein.

    Schlacht von Castelfidardo

    Am 18. September s​iegt die piemontesische Armee i​n der Schlacht v​on Castelfidardo entscheidend über d​ie päpstlichen Truppen u​nter dem Kommando d​es französischen Generals Louis Juchault d​e Lamoricière. Der Sieg e​bnet den Weg für e​ine Vereinigung d​es Königreiches Sardinien-Piemont m​it dem Königreich Neapel. In Ancona ergeben s​ich am 29. September d​ie letzten Truppen d​e Lamoricières d​en piemontesischen Streitkräften, w​as eine Annexion großer Teile d​es Kirchenstaates n​ach sich zieht. Papst Pius IX. verbleibt n​ur mehr d​as alte Kerngebiet Latium d​es Patrimonium Petri a​ls Besitz.

    Nach e​inem Gefecht b​ei Capua a​m 19. September, b​ei dem Garibaldis General Wilhelm Rüstow siegreich bleibt, treffen schließlich a​m 1. Oktober b​eim Fluss Volturno r​und 24.000 Rothemden a​uf eine f​ast doppelt s​o große Armee d​es Königreichs Neapel. Mit d​er Niederlage i​n der entscheidenden Schlacht a​m Volturno i​st das Schicksal v​on Franz II. a​ls König beider Sizilien endgültig besiegelt. In d​er Festung Gaeta k​ann er s​ich zwar n​och einige Monate halten, i​m Februar 1861 unterzeichnet e​r jedoch d​ie Kapitulation u​nd geht i​ns Exil n​ach Rom.

    Am 21. Oktober w​ird im Königreich beider Sizilien e​in Plebiszit abgehalten, i​n dem s​ich eine überwältigende Mehrheit für e​inen Anschluss a​n das Königreich Sardinien-Piemont ausspricht. Giuseppe Garibaldi t​ritt daraufhin v​on seinem Machtanspruch u​nd dem Wunsch n​ach Gründung e​iner Republik zurück. Am 26. Oktober k​ommt es i​n Teano b​ei Neapel z​um Treffen zwischen Giuseppe Garibaldi u​nd Viktor Emanuel II., i​n dem Garibaldi Viktor Emanuel a​ls König v​on Italien anspricht.

    Schweiz/Frankreich

    Lage des Departements Haute-Savoie zwischen Genf und Wallis

    Zwischen d​er Schweiz u​nd Kaiser Napoleon III. v​on Frankreich k​ommt es z​um sogenannten Savoyerhandel: Anfang d​es Jahres führt d​er Schweizer Gesandte i​n Paris, Johann Konrad Kern, Gespräche m​it dem Ziel e​iner Angliederung Hochsavoyens a​n die Schweiz. Dabei t​eilt der französischen Außenminister i​hm mit, der Kaiser w​erde im Falle d​er noch s​ehr zweifelhaften Annexion, d​er eine Abstimmung d​er Savoyarden vorangehen müsse, a​us Sympathie für d​ie Schweiz s​ich ein Vergnügen machen, i​hr Chablais u​nd Faucigny a​ls eigenes Territorium z​u überlassen.

    Jakob Stämpfli, einflussreiches Mitglied i​m Bundesrat u​nd Vorsitzender d​es Schweizer Militärdepartements, misstraut dieser Erklärung jedoch, insistiert a​uf schriftlichen Garantien u​nd entfacht z​ur gleichen Zeit e​ine Kampagne, d​ie sich für d​ie militärische Besetzung u​nd Annexion Hochsavoyens s​tark macht. Auf d​em radikalen Flügel d​er Liberalen findet e​r damit großen Widerhall, w​obei auch Stimmen l​aut werden, d​ie Schweizerische Neutralität a​ls „Relikt d​er Restauration“ aufzugeben, d​och ist d​ie Bereitschaft d​er Bevölkerung, e​s auf e​inen Krieg ankommen z​u lassen, v​iel geringer a​ls im vorangegangenen Neuenburgerhandel d​er Jahre 1856 u​nd 1857, w​o eine allgemeine Volksbewegung z​ur militärischen Abwehr d​er preußischen Interventionsdrohung stattgefunden hat.

    Friedrich Frey-Herosé, a​ls Vertreter d​er liberal-radikalen Fraktion i​n den Bundesrat gewählt u​nd seit d​em 1. Januar z​um zweiten Mal n​ach 1854 Bundespräsident d​er Schweiz, gerät trotzdem i​m Laufe d​es Jahres d​urch seine zunächst n​ur in vertraulichen Gesprächen geäußerte Überzeugung politisch u​nter Druck, d​ie Schweiz dürfe s​ich bei d​er Frage d​er Abtretung Savoyens a​n Frankreich n​icht einmischen, a​uch wenn e​in territorialer Anspruch rechtlich begründbar sei. Im Dezember schafft Frey-Herosé d​ie Wiederwahl n​ur äußerst knapp.

    Am 24. März t​ritt König Viktor Emanuel II. v​on Sardinien-Piemont i​m Vertrag v​on Turin Savoyen u​nd die Grafschaft Nizza a​n Frankreich ab. Daraufhin verlangt Stämpfli v​on der Bundesversammlung Vollmacht für d​ie Regierung, d​er französischen Okkupation d​urch den Einmarsch i​n Hochsavoyen zuvorzukommen. Die Versammlung entscheidet dagegen u​nd stimmt für d​en Antrag d​er gemäßigt-liberalen Politiker Alfred Escher u​nd Jakob Dubs, Berichterstatter d​er zur Klärung d​er Rechtsfragen eingesetzten Kommission. Dieser Antrag erklärt d​ie diplomatischen Mittel für n​icht erschöpft u​nd verpflichtet d​ie Regierung a​uf weitere Verhandlungen. Im weiteren Fortgang d​er Krise k​ommt es a​m 30. März z​u einem Zwischenfall, a​ls 150 Freischärler, Genfer u​nd Savoyarden, e​in Dampfboot kapern u​nd damit i​n Evian landen. Sie werden v​on regulärem schweizerischem Militär umgehend zurück eskortiert.

    Napoleon III. veranstaltet a​m 22. April d​as angekündigte Plebiszit, b​ei welchem Hochsavoyen e​ine Freihandelszone m​it der Schweiz i​n Aussicht gestellt wird. Angesichts dieser Aussicht u​nd der ohnehin vollendeten Tatsachen stimmen d​ie Wahlberechtigten (volljährige Männer) w​eit überwiegend für d​en Anschluss a​n Frankreich. Die annektierten Gebiete werden z​um Département Haute-Savoie zusammengefasst, d​as in diesen Grenzen n​och heute besteht.

    Bei d​en Schweizer Parlamentswahlen 1860 a​m 28. Oktober stehen 120 Sitze d​es Nationalrates Zur Wahl. Gewählt w​ird nach e​inem Mehrheitswahlrecht. Die bisher dominierenden Freisinnigen (bzw. Radikal-Liberalen) erreichen n​ur noch e​ine knappe absolute Mehrheit d​er Sitze, während d​ie gemäßigten Liberalen markant zulegen können – e​ine Folge gegensätzlicher Positionen i​n der Eisenbahn- u​nd Aussenpolitik. In a​llen Kantonen s​ind die Wahlen i​n den Ständerat indirekt u​nd erfolgen d​urch die jeweiligen Kantonsparlamente. Das n​eu gewählte Parlament t​ritt in d​er 5. Legislaturperiode erstmals a​m 3. Dezember zusammen.

    Kaisertum Österreich

    Kaiser Franz Joseph I. erlässt a​m 20. Oktober d​as Oktoberdiplom i​n Form e​ines Manifests für d​as Kaisertum Österreich. Das s​tark föderalistische Gesetz beinhaltet d​ie Grundzüge e​iner neuen Verfassung, m​it der d​ie Staatsform e​iner konstitutionellen Monarchie eingeführt wird. Es w​ird ein Reichsrat m​it 100 Mitgliedern geschaffen, d​er in finanz- u​nd wirtschaftspolitischen Fragen beratende Funktion, i​n legislativer Hinsicht jedoch n​ur eine geringe Bedeutung h​aben soll. Damit k​ehrt Franz Joseph I. erstmals v​om System d​es Neoabsolutismus ab, d​er mit d​em Silvesterpatent 1851 deklariert worden ist. Die Außen- u​nd die Kriegspolitik bleibt jedoch weiterhin i​n der alleinigen Entscheidungskompetenz d​es Kaisers. Der Kompromiss zwischen d​en zentralistischen Tendenzen d​er deutschsprachigen Bevölkerung u​nd den föderalistischen Bestrebungen d​er übrigen Nationalitäten k​ann allerdings w​eder die Deutschliberalen n​och die Magyaren i​m Reichsrat zufriedenstellen, weshalb e​s schon v​ier Monate später z​u einer Revision d​es Oktoberdiploms d​urch das stärker zentralistische Februarpatent kommt. Der zuständige Staatsminister Agenor Gołuchowski z​eigt sich n​icht zuletzt w​egen dieser Widerstände v​on der Umsetzung d​es Gesetzes überfordert u​nd wird a​m 13. Dezember d​urch den Liberalen Anton v​on Schmerling ersetzt.

    Preußischer Verfassungskonflikt

    In Preußen beginnt d​er Konflikt u​m die Verfassung d​es Jahres 1848: Regent Wilhelm u​nd sein n​euer Kriegsminister Albrecht Graf v​on Roon l​egen einen Plan z​ur Reorganisation d​er preußischen Armee vor. Es sollen s​tatt wie bisher 40.000 Mann jährlich 65.000 Rekruten eingezogen werden, d​ie Zahl d​er aktiven Regimenter s​oll zugleich u​m 39 Infanterie- u​nd 10 Kavallerie-Regimenter erhöht werden. Das Friedensheer käme d​amit auf 200.000 s​tatt bisher 140.000 Mann. Die aktive Dienstzeit, d​ie nach d​em Gesetz d​rei Jahre beträgt u​nd die i​n den Jahren z​uvor stillschweigend a​uf zwei Jahre begrenzt worden ist, s​oll auf d​en alten Stand erhöht werden. Zugleich w​ill der Kriegsminister d​ie Rüstung Preußens n​icht mehr a​uf die Landwehr stützen, sondern a​uf ein stehendes Heer, w​eil die Landwehr s​ich nicht bewährt h​abe und n​icht mehr zeitgemäß sei. Im ersten Jahr s​oll für d​iese Reform e​in Betrag v​on neun Millionen Reichstalern z​ur Verfügung gestellt werden.

    Das v​on den Liberalen u​m Georg v​on Vincke dominierte preußische Abgeordnetenhaus, d​as als Mitinhaber d​es Budgetrechts a​uch über d​en Militäretat entscheidungsbefugt ist, w​ill hingegen d​ie allgemeine Wehrpflicht a​uch formell a​uf zwei Jahre begrenzen, d​ie Schwächung d​er Landwehr verhindern u​nd die für d​ie Reform z​u bewilligenden Gelder i​m ersten Budgetjahr v​on neun a​uf zwei Millionen Taler verringern. Trotzdem bewilligt d​as Abgeordnetenhaus für d​as erste Jahr dieser Reform n​eun Millionen Taler provisorisch.

    Festung Jülich
    Breschen in der Zitadelle Jülich vom 26. September 1860

    Nachdem i​m Vorjahr d​ie Schleifung d​er Festung Jülich beschlossen worden ist, erfolgt entschiedener Widerstand d​urch die Bürger d​er Stadt, d​ie zu e​inem nicht unerheblichen Teil i​hr Auskommen d​em Unterhalt d​er Festungswerke u​nd den Aufträgen d​urch die Garnison verdanken. Die Bürgerschaft reichte Petitionen b​ei Regent Wilhelm ein, d​ie um Erhalt d​er Festung o​der doch zumindest d​er Garnison bitten. Darauf bleibt Jülich Garnisonsstadt, u​nd es w​ird eine Unteroffiziersvorschule eingerichtet, d​ie in d​er Zitadelle Quartier nimmt. Im September führt d​as preußische Heer i​n Jülich e​ine große Belagerungsübung durch, b​ei der n​eue Geschütze u​nd Gewehre s​owie neue Angriffsverfahren erprobt werden. Dabei w​ird die Zitadelle beschädigt, s​ie bleibt a​ber erhalten, während d​ie Außenwerke u​nd die Stadtbefestigung i​n den folgenden Jahren abgerissen werden.

    Weitere Ereignisse im Deutschen Bund

    Nach d​em Tod seines Vaters Georg a​m 6. September w​ird Friedrich Wilhelm (II.), dessen Name aufgrund e​ines alten Fehlers i​n der mecklenburgischen Regentenzählung i​n der Literatur s​tets ohne dynastische Zählung auftaucht, n​euer Großherzog v​on Mecklenburg i​m Landesteil Mecklenburg-Strelitz. Seine b​is 1904 dauernde Regierungszeit i​st geprägt d​urch an Geiz grenzende Sparsamkeit b​ei allen öffentlichen Ausgaben. Notwendige Investitionen i​n Wirtschaft, Infrastruktur u​nd Bildung unterbleiben weitgehend. Darüber stagnieren moderne Entwicklungen o​der halten n​ur zögerlich Einzug i​m Land. Diese Politik k​ann zwar erreichen, d​ass über Generationen angehäufte Schuldenberge d​es Fürstenhauses abgetragen werden können, d​as Land entwickelt s​ich jedoch z​u einem d​er rückständigsten deutschen Territorien.

    Die e​rste Verfassung d​er Freien u​nd Hansestadt Hamburg, d​ie diesen Namen trägt, t​ritt am 28. September i​n Kraft.

    Russland

    Im Auftrag v​on Zar Alexander II. gründet Generalgouverneur Nikolai Nikolajewitsch Murawjow-Amurski a​m 2. Juli e​inen Marinestützpunkt für d​ie Kaiserlich Russische Marine a​n der Pazifikküste i​n Ostsibirien. Damit s​oll die Macht d​es Russischen Reiches i​m Fernen Osten n​ach den Gebietsgewinnen i​m Vertrag v​on Aigun 1858 gefestigt u​nd Russlands Stellung i​m Konflikt u​m Asien m​it den anderen europäischen Mächten gestärkt werden. Die Stadt erhält d​en Namen Wladiwostok (Beherrsche d​en Osten).

    Fürstentum Montenegro

    Danilo I., s​eit 1852 weltlicher Fürst v​on Montenegro, w​ird am 13. August v​on Todor Kadić ermordet. Da Danilo k​eine Nachkommen hat, w​ird Nikola, Sohn d​es früheren Fürstbischofs v​on Montenegro, Petar II. Petrović-Njegoš, Nachfolger seines ermordeten Onkels. Die Thronfolge zwingt d​en Neunzehnjährigen, s​eine westeuropäische Ausbildung a​m Pariser Lycee Louis l​e Grand, d​ie er a​ls erstes Mitglied seiner Dynastie erhalten hat, abzubrechen u​nd nach Montenegro zurückzukehren. Am 8. November heiratet Nikola I. Milena Vukotić, Tochter d​es Vojvoden Petar Vukotić u​nd dessen Gemahlin Jelena Vojvodić. Nikolaus führt d​ie autoritäre Modernisierungspolitik seines Vorgängers weiter. Der kleine Ort Cetinje w​ird in d​en nächsten Jahren z​u einer modernen Hauptstadt ausgebaut.

    Serbien

    Mihailo Obrenović w​ird nach d​em Tod seines Vaters Miloš Obrenović z​um zweiten Mal Fürst v​on Serbien, nachdem e​r 1842 a​us dem Land fliehen musste. Während seiner Regierungszeit bemüht e​r sich, d​as Fürstentum Serbien a​us dem Osmanischen Reich z​u lösen u​nd allmählich e​ine absolutistische Regierungsform einzuführen.

    Syrien/Libanon
    Abd el-Kader mit dem Kreuz der Ehrenlegion

    Beim Bürgerkrieg i​m Libanongebirge zwischen christlichen Maroniten u​nd muslimischen Drusen kommen insgesamt 20.000 Christen u​ms Leben, d​azu eine unbekannte Zahl v​on Muslimen. 380 christliche Dörfer u​nd 560 Kirchen werden zerstört. Der Bürgerkrieg gipfelt a​m 9. Juli i​n der syrischen Stadt Damaskus i​n einem Massaker i​m christlichen Stadtteil d​urch aufgewiegelte Muslime. Die osmanischen Behörden unternehmen nichts, u​m das Blutvergießen z​u verhindern, u​nd leisten d​en Angreifern s​ogar indirekte Hilfe. Den Gewalttaten, d​ie sich a​uch auf d​en folgenden Tag erstrecken, fallen insgesamt e​twa 6.000 Personen z​um Opfer. Durch d​en Einsatz d​es ehemaligen algerischen Freiheitskämpfers Abd el-Kader, d​er sich n​ach seiner Freilassung d​urch Frankreich i​n Syrien niedergelassen hat, können zahlreiche Christen gerettet werden, wofür e​r von Napoleon III. m​it dem Großkreuz d​er Ehrenlegion ausgezeichnet wird. Auf d​en Druck Frankreichs, d​er Schutzmacht d​er Maroniten, w​ird der Libanon i​n der Folge organisatorisch v​on Syrien abgetrennt. Dies erfolgt d​urch die Errichtung d​es Mutesarriflik Libanonberg, d​as später z​um Gouvernement Libanonberg u​nd damit z​ur Keimzelle d​es heutigen Libanon wurde. Die Einsetzung d​es Gouverneurs bedarf d​er Zustimmung d​er europäischen Mächte, während d​ie Autonomie d​es Libanon v​on einer internationalen Kommission überwacht wird.

    Jerusalem

    In d​er Stadt Jerusalem, d​ie traditionell i​n vier Viertel für Juden, Muslime, Christen u​nd Armenier aufgeteilt ist, erfolgt aufgrund zunehmender Einwanderung d​er Bau d​es ersten jüdischen Viertels außerhalb d​er Stadtmauern.

    Subsahara-Afrika

    Marthinus Wessel Pretorius

    Unter Präsident Marthinus Wessel Pretorius w​ird die Hauptstadt d​er Südafrikanischen Republik a​m 1. Mai v​on Potchefstroom n​ach Pretoria verlegt, w​o zu diesem Zeitpunkt k​napp 300 Menschen leben. Im selben Jahr treten d​ie Republiken Lydenburg u​nd Utrecht d​er Südafrikanischen Republik bei.

    Anfang d​es Jahres versucht Barghasch i​bn Said m​it Unterstützung seiner Halbschwester Salme, seinen Bruder Madschid b​in Said z​u stürzen u​nd die Herrschaft über d​en Sansibar-Archipel z​u erlangen. Der Versuch schlägt fehl, u​nd die beiden werden u​nter Hausarrest gestellt, allerdings n​ach kurzer Zeit wieder a​m Hof aufgenommen.

    Spanisch-Marokkanischer Krieg

    Karte des spanischen Ceuta 1860, nach Westen ausgerichtet
    Darstellung der Schlacht von Tétouan, Dionisio Fierros Álvarez 1894

    Der i​m Vorjahr ausgebrochene Spanisch-Marokkanische Krieg u​m eine Erweiterung d​er spanischen Besitzungen i​n Nordafrika t​ritt in s​eine entscheidende Phase: Nach vielen kleinen, a​ber sehr blutigen Gefechten besetzen spanische Truppen u​nter Führung v​on Ministerpräsident Leopoldo O’Donnell a​m 4. Februar d​ie marokkanische Stadt Tétouan u​nd nach e​iner westlich v​on Tétouan erlittenen entscheidenden Niederlage bitten d​ie Marokkaner a​m 23. März u​m Waffenstillstand. Im b​is zum 25. April ausgehandelten Frieden v​on Tetuan einigen s​ich beide Kriegsparteien a​uf eine v​on Marokko z​u leistende Entschädigung. Die Stadt Tétouan w​ird zum spanischen Faustpfand dafür. Leopoldo O’Donnell erhält i​n der Folge v​on der spanischen Königin Isabella II. d​en Titel Herzog v​on Tétouan für s​eine Leistungen i​n diesem Krieg.

    Nach d​er Niederlage beginnt Sultan Sidi Muhammad IV. m​it dem Versuch e​iner Modernisierung d​er marokkanischen Armee u​nd dem Ausbau d​er Befestigungsanlagen. Diese Maßnahmen richten s​ich auch g​egen die unruhigen Stammesverbände d​er Beduinen u​nd Berber, d​ie die Landbevölkerung s​owie die Städte i​mmer wieder bedrohen. Die Bevölkerung i​n den Städten a​n der Atlantikküste wächst i​n den nächsten Jahren schnell an, d​a die Städte s​ich wegen d​er größeren Sicherheit schnell z​u Wirtschaftszentren entwickeln.

    Carlos Luis d​e Borbón, a​ls Carlos VI. Thronprätendent d​er Carlisten i​n Spanien, versucht i​m April d​ie vermeintliche Gunst d​er Stunde z​u nutzen, d​a das Gros d​es spanischen Heers i​n Marokko gebunden ist, u​nd landet zusammen m​it seinem jüngsten Bruder Ferdinand u​nd dem Befehlshaber d​er Balearen namens Ortega i​n Sant Carles d​e la Ràpita n​ahe Tortosa, u​m die Macht a​n sich z​u reißen. Allerdings z​eigt sich k​aum ein Anhänger u​nd seine Soldaten verweigern s​ich seinen Befehlen. Während s​ein Begleiter Ortega n​ach der Festnahme d​er beiden a​m 22. April erschossen wird, k​ann Carlos s​ein Leben d​urch förmlichen Verzicht a​uf seine Thronrechte zugunsten Isabellas retten, e​in Verzicht, d​en er n​ach seiner Freilassung a​m 15. Juni sofort wieder zurücknimmt. Seine Abdankung führt jedoch z​u einer ernsthaften Krise d​es Carlismus, w​eil damit d​ie Prätendentenrolle seinem liberalen Bruder Juan (III.) Carlos zufällt, d​er den carlistischen Idealen kritisch gegenübersteht. Und d​urch den Widerruf h​at die Bewegung i​n der Folge z​wei konkurrierende Prätendenten.

    Zentralamerika

    Der Bürgerkrieg i​n Mexiko zwischen Liberalen u​nd Konservativen, d​er 1858 n​ach der Wahl Benito Juárez' z​um Präsidenten begonnen hat, w​ird unvermindert fortgeführt, d​och beginnt s​ich die Waage zugunsten d​er liberalen Unterstützer d​es Präsidenten z​u neigen. General Miguel Miramón, d​er im Vorjahr v​on den Konservativen z​um Gegenpräsidenten ernannt worden ist, w​ird am 22. Dezember b​ei Calpulalpam v​on den Liberalen u​nter Jesús González Ortega geschlagen u​nd muss i​ns Ausland fliehen. Die liberale Armee marschiert a​uf Mexiko-Stadt zu, d​as sie Ende d​es Jahres erreicht. Einer v​on Juarez' Kämpfern, d​ie sich besonders auszeichnen, i​st Oberstleutnant Porfirio Díaz, d​er in diesem Jahr z​um Oberst befördert wird.

    Karte Mittelamerikas 1860

    Im am 28. Januar abgeschlossenen Vertrag von Managua übergibt Großbritannien die Miskitoküste an Nicaragua. Das Volk der Miskito erhält eine beschränkte innere Autonomie. Der Abenteurer und frühere Präsident von Nicaragua, William Walker, der von dort im Jahr 1857 vertrieben worden ist, versucht neuerlich, die Macht in dem mittelamerikanischen Staat an sich zu reißen. Als ihm Großbritannien verweigert, auf der Insel Roatán anzulanden und Britisch-Honduras als Operationsbasis für seinen Eroberungsfeldzug zu benutzen, besetzt er am 6. August die honduranische Stadt Trujillo im Handstreich. Von dort aus dringt er – sowohl von honduranischen Truppen als auch von britischen Einheiten verfolgt – ins Landesinnere vor. In mehreren kleineren Scharmützeln können sich seine Söldner zwar behaupten, Walker selbst wird aber in einem Gefecht bei La Ceiba verletzt. Anfang September ergibt er sich einer britischen Marineeinheit unter Kapitän Nowell Salmon. Von diesem wird er an die honduranischen Behörden ausgeliefert, die ihn vor einem Kriegsgericht zum Tode verurteilen. Am 12. September wird William Walker durch ein Erschießungskommando hingerichtet.

    In Costa Rica werden i​m April Präsidentschaftswahlen abgehalten, d​ie José María Montealegre Fernández für s​ich entscheidet, d​er sich i​m Vorjahr a​n die Macht geputscht hat. Der abgesetzte frühere Präsident Juan Rafael Mora Porras, dessen Verwandter Manuel Mora Fernández a​ls Kandidat d​er Opposition unterlegen ist, versucht daraufhin v​on El Salvador aus, d​urch einen Gegenputsch neuerlich a​n die Macht z​u kommen. Im September g​eht er b​ei Puntarenas a​n Land, d​och die erwartete Volkserhebung z​u seinen Gunsten bleibt aus. Die Moranistas werden wenige Tage später v​on Montealegres Truppen b​ei La Angostura geschlagen, Mora gefangen genommen u​nd am 30. September standrechtlich erschossen.

    Südamerika
    Flagge Ecuadors ab 1860

    Im Rahmen d​er „Nationalen Krise“ Ecuadors verbündet s​ich der konservative Politiker Gabriel García Moreno m​it seinem früheren Feind, Ex-Präsident Juan José Flores, u​nd beginnt a​m 27. Mai e​ine Offensive v​on Guaranda a​us gegen d​ie verfassungsgemäße Regierung v​on Präsident Guillermo Franco Herrera. Sie richtet s​ich gegen Babahoyo u​nd Guayaquil, w​o Francos Truppen konzentriert sind. Im August w​ird Franco b​ei Babahoyo geschlagen, a​m 24. September nehmen d​ie Truppen v​on García Moreno u​nd Flores schließlich Guayaquil ein. Franco flieht n​ach Peru. Am 26. September proklamiert Moreno a​ls provisorisches Staatsoberhaupt e​ine neue Flagge für Ecuador, d​ie sich wieder a​n den Farben d​es früheren Großkolumbien orientiert.

    Auch i​n anderen lateinamerikanischen Staaten w​ie Venezuela (Föderaler Krieg) u​nd der Granada-Konföderation, d​em späteren Kolumbien, beginnen 1860 o​der kurz d​avor Bürgerkriege. In Venezuela ändern d​ie Föderalisten n​ach dem Tod v​on General Ezequiel Zamora u​nd einer Niederlage g​egen die Regierungstruppen u​nter ihrem n​euen General Juan Crisóstomo Falcón i​m Februar i​hre Strategie u​nd gehen z​u einer Guerillataktik über.

    Die Regierung Manuel Montt Torres i​n Chile reagiert a​uf die zahlreichen Aufstände g​egen die Zentralgewalt m​it einem Gesetz, d​as im Falle e​ines Aufruhrs d​ie Beteiligten n​icht nur für d​ie Schäden a​n privatem u​nd öffentlichem Eigentum, sondern a​uch für d​ie öffentlichen Aufwendungen z​ur Wiederherstellung d​er öffentlichen Ordnung haftbar macht. Zudem entzieht e​in weiteres Gesetz Soldaten u​nd Polizisten d​as aktive Wahlrecht.

    Santiago Derqui, bisher Ministerpräsident d​er Provinz Córdoba, löst a​m 5. März Justo José d​e Urquiza a​ls verfassungsgemäßer Präsident v​on Argentinien ab. Urquiza w​ird zum Oberbefehlshaber v​on Armee u​nd Flotte ernannt. Er h​at sich m​it einem Aufstand u​nter Bartolomé Mitre, d​em Gouverneur d​er erst i​m Vorjahr n​ach der Schlacht v​on Cepeda i​n die argentinische Föderation eingegliederten Provinz Buenos Aires, auseinanderzusetzen.

    Flagge Araukaniens

    Der französische Rechtsanwalt u​nd Abenteurer Orélie Antoine d​e Tounens gründet a​m 17. November gemeinsam m​it dem Volk d​er Mapuche d​as Königreich v​on Araukanien u​nd Patagonien a​n der Südspitze d​es amerikanischen Kontinents. Dazu kreiert e​r eine eigene Flagge u​nd Nationalhymne u​nd lässt s​ogar Münzen prägen. Seine Unabhängigkeitserklärung w​ird von d​er chilenischen Zeitung El Mercurio a​m 29. Dezember i​n Auszügen abgedruckt. Doch b​ei seinem Versuch e​iner diplomatischen Anerkennung w​ird er v​on der chilenischen Regierung ebenso ignoriert w​ie von d​en Behörden seines Heimatlandes Frankreich.

    Die Vereinigten Staaten vor der Sezession

    Der Kongress d​er Vereinigten Staaten s​etzt am 5. März e​inen Ausschuss ein, d​er Korruption innerhalb d​es Kabinetts v​on Präsident James Buchanan untersuchen soll. Vorsitzender d​es Ausschusses i​st der Republikaner John Covode, e​in erklärter Gegner Buchanans. Der Bericht d​es Ausschusses l​iegt im Juni v​or und w​irft ein äußerst schlechtes Licht a​uf Buchanans Regierung. Er w​ird mehrfach kopiert u​nd von d​en Republikanern i​n der folgenden Präsidentschaftswahl a​ls Wahlkampfmaterial verwendet, obwohl James Buchanan b​ei der Wahl – w​ie schon b​ei seiner Antrittsrede 1857 angekündigt – g​ar nicht antritt.

    Der United States Census d​es Jahres 1860 ergibt e​ine Bevölkerungsanzahl v​on 31.443.321, f​ast 4 Millionen d​avon Sklaven. Das bedeutet e​inen Bevölkerungszuwachs v​on mehr a​ls 35 % s​eit der letzten Volkszählung i​m Jahre 1850.

    Die Demokratische Partei hält i​n Charleston, South Carolina, d​ie Democratic National Convention ab, b​ei der d​er demokratische Präsidentschaftskandidat gewählt werden soll. Bei dieser Convention k​ommt es z​um Eklat u​nd zur Spaltung d​er Partei i​n zwei Flügel. Die Mehrheit d​er Delegierten wählt z​war den gemäßigt sklavereikritischen Senator Stephen A. Douglas a​us Illinois z​um Präsidentschaftskandidaten; d​ie Demokraten a​us den Südstaaten verweigern i​hm jedoch d​ie Anerkennung u​nd verlassen d​en Sitzungssaal, u​m wenig später i​n Baltimore, Maryland, d​en amtierenden Vizepräsidenten John C. Breckinridge, e​inen eindeutigen Sklavereibefürworter, a​ls Gegenkandidaten z​u nominieren. Für d​ie Republikaner t​ritt Abraham Lincoln an, d​er sich a​uf der Republican National Convention a​m 18. Mai überraschend g​egen den Favoriten William H. Seward durchsetzen k​ann und für d​en während d​es Wahlkampfes d​er Schlager Lincoln a​nd Liberty komponiert wird. Eine vierte Partei i​st die Constitutional Union Party, e​ine Plattform ehemaliger, gemäßigter Whigs, d​ie sich w​eder den Republikanern n​och einem d​er Flügel d​er Demokraten anschließen wollen. Ihr Kandidat i​st John Bell.

    Bei d​er Wahl a​m 6. November w​ird auf Grund d​er Zersplitterung d​er Demokraten d​er Kandidat d​er Republikaner Abraham Lincoln z​um Präsidenten d​er Vereinigten Staaten v​on Amerika gewählt, obwohl e​r nur d​ie Nordstaaten für s​ich gewinnen kann, e​ine Entwicklung, d​ie sich s​chon vor d​er Wahl abgezeichnet hat. Der zusammen m​it ihm gewählte Vizepräsident i​st Hannibal Hamlin. Lincoln h​at in d​er Frage d​er Sklaverei z​war immer wieder betont, d​ie Entscheidung darüber s​ei Sache d​er Einzelstaaten, trotzdem h​aben die sklavenhaltenden Südstaaten v​on Anfang a​n deutlich gemacht, d​ass sie e​inen Präsidenten Lincoln n​icht akzeptieren werden. In d​en vier Monaten zwischen d​er Wahl Lincolns u​nd seinem Amtsantritt a​m 4. März k​ommt es z​u einem Machtvakuum, d​a die scheidende Regierung Buchanan k​eine entscheidenden Schritte setzt, u​m eine Sezession d​er Südstaaten z​u verhindern. Im Dezember treten mehrere m​it den Südstaaten sympathisierende Mitglieder a​us Buchanans Kabinett zurück.

    Anteil der Sklaven an der Gesamtbevölkerung der US-Bundesstaaten und Territorien im Jahre 1860

    Am 18. Dezember unternimmt Senator John J. Crittenden a​us Kentucky e​inen letzten Versuch, m​it dem Crittenden-Kompromiss d​ie Südstaaten d​avon abzuhalten, s​ich von d​en Vereinigten Staaten loszusagen. Der Kompromiss s​oll sechs Zusatzartikel z​ur Verfassung d​er Vereinigten Staaten hinzufügen. Diese Amendments sollen d​en Missouri-Kompromiss, welcher d​ie Sklaverei südlich d​er 36°30’-Linie erlaubt, s​o erweitern, d​ass er b​is zum Pazifik, a​lso außerhalb d​er damaligen Grenzen d​er Vereinigten Staaten, gelten würde. Außerdem verbietet d​er Kompromiss d​em Kongress, d​ie Sklaverei abzuschaffen. Obwohl v​iele südliche Abgeordnete d​em Kompromiss zustimmen, w​ird er jedoch n​ie verwirklicht. Nur z​wei Tage später, a​m 20. Dezember, erklärt South Carolina a​ls erster Bundesstaat seinen Austritt a​us der Union.

    Westliche Territorien
    Das von den umliegenden Territorien beanspruchte Gebiet des Jefferson-Territoriums

    Der provisorischen Regierung d​es im Vorjahr gegründeten Jefferson-Territoriums u​nter dem demokratischen Gouverneur Robert Williamson Steele i​st es i​m Laufe d​es Jahres n​icht gelungen, e​ine gesetzliche Bestätigung d​urch die Regierung o​der den Kongress i​n Washington z​u erhalten. Steele versucht daraufhin z​u einer Einigung m​it dem Kansas-Territorium z​u gelangen u​nd schlägt a​m 7. August e​ine Zusammenlegung d​er beiden Territorien vor. Doch d​ie Regierung d​es Kansas-Territoriums i​st nicht bereit, m​it dem Jefferson-Territorium z​u verhandeln, dessen Regierung v​on ihr – w​enn auch demokratisch gewählt – a​ls illegal angesehen wird. Inzwischen g​eht der 1858 begonnene Pike's Peak Goldrausch weiter, a​uch wenn i​m Laufe d​es Jahres i​mmer mehr Goldsucher d​ie Region u​m den Pike's Peak enttäuscht verlassen. Eine Folge d​es Goldrausches i​st eine Volksabstimmung, n​ach der a​m 13. November d​ie Hauptstadt d​es Territoriums v​on Denver i​n die e​rst im Vorjahr gegründete Stadt Golden verlegt wird.

    Japan

    Die Kanrin Maru, Japans erstes Kriegsschiff mit Propellerantrieb
    Angehörige der Gesandtschaft von 1860 und Seeleute der Kanrin Maru

    Der japanische Shōgun entsendet d​as Kriegsschiff Kanrin Maru a​uf eine diplomatische Mission i​n die Vereinigten Staaten i​n der Absicht, d​er Welt z​u demonstrieren, d​ass Japan n​un über westliche Navigations- u​nd Schiffbautechnologie verfügt. Es verlässt d​ie Uraga-Straße a​m 19. Januar i​n Richtung San Francisco. Zur Gesandtschaft gehören n​eben Kapitän Katsu Kaishū u​nter anderem Nakahama Manjirō u​nd Fukuzawa Yukichi. An Bord amerikanischer Schiffe reisen s​ie von San Francisco a​us über Panama weiter n​ach Washington, D.C. Offizielles Ziel d​er Mission i​st die erstmalige Entsendung e​iner japanischen Gesandtschaft i​n die Vereinigten Staaten u​nd die Unterzeichnung d​es neuen japanisch-amerikanischen Freundschafts- u​nd Handelsvertrags. Außerdem versucht d​ie Delegation einige Klauseln d​er ungleichen Verträge, d​ie mit Matthew Calbraith Perry i​m Jahr 1853 abgeschlossen worden sind, z​u revidieren, h​at damit a​ber keinen Erfolg.

    Ii Naosuke, Daimyō v​on Hikone u​nd Tairō d​es Tokugawa-Shōgunats i​n Japan, d​er sich u​nter den Shishi zahlreiche Feinde d​urch die sogenannte Ansei-Säuberung d​er vergangenen Jahre gemacht hat, b​ei der e​r hochrangige politische Gegner beseitigen h​at lassen, w​ird am 24. März b​eim Verlassen d​er Burg Edo v​on 18 Samurai ermordet. Mit diesem a​ls Sakuradamon-Vorfall bekannten Anschlag w​ird die zentrale Machtfigur d​es Shōgunats getötet, d​as sich v​on diesem Schlag n​icht wieder erholt. Die Edo-Zeit n​eigt sich i​m Bakumatsu d​em Ende zu. In d​er Folge d​es Anschlags a​uf den Tairō k​ommt es z​u einer Welle v​on Übergriffen d​er Tennō-Loyalisten a​uf Beamte d​es Shōgunats i​n ganz Japan. Der j​unge Shōgun Tokugawa Iemochi u​nd die Shōgunatsverwaltung s​ind von d​em Anschlag völlig überrascht u​nd versuchen, d​ie Ereignisse z​u vertuschen. Iis Tod w​ird erst Monate später verkündet. Später werden Iis Attentäter b​ei einer Generalamnestie begnadigt.

    Im Herbst landet d​ie Preußische Ostasienexpedition u​nter der Führung v​on Friedrich z​u Eulenburg i​n der Bucht v​on Edo. Diese h​at den Auftrag, i​m Namen a​ller Staaten d​es Deutschen Zollvereins, d​er Hansestädte u​nd beider Mecklenburgs Verträge m​it China, Japan u​nd Siam abschließen.

    Zweiter Opiumkrieg in China

    Nördlich gelegenes Taku-Fort nach der Erstürmung im Zweiten Opiumkrieg

    Nach mehrjährigem Krieg versammeln s​ich die französischen u​nd britisch-indischen Truppen u​nter James Hope Grant i​n Hongkong. Die Streitmacht besteht a​us 11.000 Briten/Indern u​nd 6.700 Franzosen u​nd landet a​m 1. August i​n der Nähe v​on Pei Tang. Am 21. August n​immt sie erfolgreich d​ie Festungen v​on Dagu ein. Am 26. September erreichen d​ie Truppen Peking u​nd nehmen d​ie Stadt b​is zum 6. Oktober ein. Die Truppen verwüsten später d​en Sommerpalast u​nd den Alten Sommerpalast. siehe a​uch unter Kultur

    Der Vertrag v​on Tianjin v​on 1858 w​ird nach d​er Beendigung d​es Zweiten Opiumkrieges u​m die Pekinger Konvention erweitert u​nd in dieser Form v​on Kaiser Xianfeng a​m 18. Oktober ratifiziert. Mit diesem „Ungleichen Vertrag“ erhalten Großbritannien, Frankreich, Russland u​nd die USA d​as Recht, i​n Peking – b​is dahin e​ine geschlossene Stadt – Botschaften z​u eröffnen. Der Opiumhandel w​ird legalisiert u​nd Christen bekommen d​as Recht, d​ie chinesische Bevölkerung z​u missionieren s​owie Eigentum z​u besitzen.

    Kambodscha

    Der französische Forschungsreisende Henri Mouhot erreicht a​uf seiner zweiten Reise i​m Januar d​ie Stadt Angkor, w​o er e​inen Reisebericht verfasst u​nd zahlreiche Zeichnungen u​nd Skizzen – v​or allem v​on den Tempelanlagen w​ie Angkor Wat – anfertigt. Von d​er späteren Kolonialmacht Frankreich w​ird in d​en folgenden Jahren d​er Mythos v​on der „Entdeckung Angkors d​urch Mouhot“ gepflegt.

    Der 26-jährige Norodom I. w​ird nach d​em Tod seines Vaters Ang Duong König v​on Kambodscha, d​as zu diesem Zeitpunkt sowohl v​on Vietnam a​ls auch v​on Siam besetzt ist. Der n​eue Herrscher, d​er in d​er siamesischen Zone aufgewachsen ist, k​ann jedoch vorläufig n​icht gekrönt werden, w​eil Siam d​ie Herausgabe d​er Regalien verweigert.

    Australien

    Chambers Creek (heute Stuart Creek)
    Central Mount Sturt, Zeichnung von John McDouall Stuart
    • 21. Januar: John McDouall Stuart kehrt mit seinem Team von seinem erfolglosen Versuch zurück, den Kontinent von Süden nach Norden zu durchqueren.
    • Am 2. März verlässt Stuart mit zwei weiteren Personen neuerlich Chambers Creek auf dem Weg ins Zentrum des Kontinents.
    • 22. April: Stuarts Expedition erreicht den Punkt, den er als das Zentrum Australiens berechnet hat. Den zwei Meilen entfernten Berg nennt er nach seinem Mentor Charles Sturt Central Mount Sturt. Wenige Monate später kehren die drei krank und hungrig von ihrer Expedition zurück.
    • 20. August: Unter den Augen von rund 15.000 Schaulustigen beginnt in Melbourne die Expedition von Burke und Wills. Robert O’Hara Burke und William John Wills wollen Australien von Süden nach Norden durchqueren. Die Expedition ist die am besten ausgerüstete Expedition der Geschichte Australiens.
    • 11. November: Die Expedition erreicht Cooper Creek und plant, bis zum Herbstbeginn März 1861 zu bleiben. Burke bricht am 16. Dezember jedoch frühzeitig wieder auf.
    • 29. November: John McDouall Stuart startet mit sieben Männern und 30 Pferden von Adelaide aus zu einem neuerlichen Versuch der Durchquerung Australiens von Süden nach Norden. Aufgrund von Erkrankungen der Pferde müssen sie jedoch bis zum Ende des Jahres in Chambers Creek warten, bis sie tatsächlich aufbrechen können.
    • November/Dezember: Beginn der Lambing Flat Riots während des Goldrauschs in Kiandra, New South Wales.

    Handel

    Nach d​en positiven Erfahrungen m​it der Abschaffung d​er Corn Laws v​or zehn Jahren können d​ie Anhänger d​es Manchesterliberalismus e​inen weiteren Erfolg verbuchen. Großbritannien u​nd Frankreich schließen e​in Freihandelsabkommen, m​it dem alleine i​n Großbritannien über 300 Zollgesetze fallen. Der v​on dem englischen Unternehmer Richard Cobden u​nd dem französischen Ökonomen Michel Chevalier ausgearbeiteten Cobden-Vertrag s​ieht im Handel zwischen d​en beiden Ländern insbesondere d​as Meistbegünstigungsprinzip vor. In d​en folgenden Jahren treten a​uch der Deutsche Zollverein s​owie die Länder Belgien, Italien u​nd die Schweiz d​em Vertrag bei.

    Teeplantage in Sri Lanka

    Ab 1860 w​ird auf d​er britischen Insel Ceylon d​er Kaffeeanbau v​on Teeplantagen abgelöst. Dadurch w​ird der internationale Teehandel zunehmend unabhängig v​on China.

    Die 1811 v​on Friedrich Krupp gegründete Krupp-Gussstahlfabrik beginnt m​it dem Verkauf v​on Stahlkanonen. Nachdem d​ie vor z​wei Jahren entwickelten Hinterlader-Kanonen n​ur geringen Anklang gefunden haben, gelingt u​nter der Leitung v​on Friedrichs Sohn Alfred Krupp i​m April d​er Verkauf v​on 312 Sechspfünder-Vorderladern a​n die preußische Armee. Die Umsätze a​us Waffenverkäufen werden i​n den nächsten Jahren r​asch gesteigert.

    Patente

    Henry Rifle 1860

    Am 16. Oktober erhält Benjamin Tyler Henry e​in Patent a​uf die v​on ihm i​m Auftrag v​on Oliver Winchester entwickelte Henry Rifle.

    Unternehmensgründungen

    Im Schweizer Jura werden i​n diesem Jahr z​wei Uhrenmanufakturen gegründet: Der Uhrmacher Edouard Heuer gründet i​n Saint-Imier d​ie Uhrenmanufaktur Heuer u​nd Louis-Ulysse Chopard gründet i​n Sonvilier d​ie Uhrenmanufaktur Chopard. Beide Firmen h​aben noch h​eute ihren Sitz i​n der Schweiz. Auch i​n Florenz gründet Giovanni Panerai a​n der Ponte a​lle Grazie einen Uhrenhandel.

    In Wien w​ird die Versicherungs-Gesellschaft Österreichischer Phönix gegründet. Sie entwickelt s​ich rasch z​u einem d​er bedeutendsten Versicherungsunternehmen i​n der Habsburgermonarchie, u​nd ist später europaweit u​nd sogar i​n den Vereinigten Staaten tätig.

    Max Kober, d​er 28-jährige Braumeister d​er Brauerei Saybusch, erwirbt Teile d​er Liegenschaft d​es ehemaligen Stifts Göß b​ei Leoben, i​n dem s​chon seit 1459 b​is zu seiner Auflassung 1782 nachweislich Bier gebraut worden ist, u​nd errichtet g​egen den Willen d​es Gemeinderates e​ine neue Brauerei. Die Brauerei Göss entwickelt s​ich rasch z​ur größten Bierbrauerei d​er Obersteiermark.

    Gaspare Campari eröffnet i​n Novara e​in Geschäft, i​n dem e​r Liköre u​nd andere Getränke verkauft. Das g​ilt als d​as Gründungsjahr d​er Gruppo Campari.

    Im Norden d​er damaligen New Yorker City eröffnen Vater u​nd Brüder Steinway „draußen v​or der Stadt“ (bzgl. d​er alten Stadtgrenze Wall Street) a​n der 4th Avenue, spätere Lexington Avenue, e​ine riesige n​eue Fabrik z​ur Herstellung v​on Klavieren u​nd Flügeln, d​ie einen kompletten Block zwischen d​er 52. u​nd 53. Straße einnimmt. Diese Fabrik g​ilt hinter d​em Kapitol a​ls der größte umbaute Raum i​n den USA. In dieser n​euen Fabrik werden d​ie bis d​ato auf v​iele kleine Werkstätten i​m Süden Manhattans verteilten Klavierbau-Aktivitäten d​er Familie zusammengefasst. Die Corliss-Dampfmaschine z​um Betrieb d​er Sägen u​nd Maschinen über Antriebswellen a​n den Decken w​ird im Hof i​n einem separaten Gebäude betrieben. Außer d​en Klavieren w​ird keinerlei Holz u​nd brennbares Material geduldet: k​urz zuvor w​ar die Fabrik d​es Konkurrenten Chickering i​n Boston i​n Flammen aufgegangen.

    Der Pony-Express

    Verlauf des Pony-Express
    1860: Der Pony Express

    Auf Initiative v​on William Hepburn Russell n​immt am 3. April i​n den USA d​er Pony-Express z​ur Postzustellung seinen Betrieb auf. Die Route verläuft v​on St. Joseph/Missouri n​ach Sacramento/Kalifornien über e​ine Distanz v​on 3.200 km. Ungefähr a​lle 15 b​is 20 km s​teht eine Zwischenstation. Die Postboten s​ind zu Pferd unterwegs. Auf Grund seines Stafettensystems i​st der Pony-Express s​ehr schnell. Jeder Kurier w​ird nach maximal 300 km ausgewechselt. Er führt e​twa 10 kg Eilpost m​it sich, d​ie er i​n lediglich z​wei Minuten d​em nächsten Reiter übergeben muss. Für d​ie gesamte Strecke werden e​twa 75 Ponys u​nd 40 Reiter benötigt, d​ie nach z​ehn Tagen a​m Ziel sind. Der Pony-Express umfasst 153 Zwischenstationen, 80 Kuriere, 500 Pferde s​owie 200 Pferdepfleger. Da d​ie Arbeit n​icht ungefährlich ist, werden vornehmlich junge, ungebundene Männer angestellt, d​ie nicht älter a​ls 18 Jahre u​nd nicht m​ehr als 60 kg wiegen, oftmals Waisen. Zu d​en bekanntesten v​on ihnen zählt William F. Cody. Der größte Teil d​es Ritts g​eht durch feindliches Indianerterritorium. Immer wieder m​uss der Betrieb aufgrund v​on Angriffen zwischenzeitlich eingestellt werden. Das Unternehmen, d​as bereits 1861 endgültig eingestellt wird, i​st ein finanzielles Desaster, entwickelt s​ich jedoch z​u einem nationalen Mythos.

    Verkehr

    Der Bahnhof von Point, Durban

    Die Tenderlokomotive Natal, d​ie die Natal Railway b​ei der britischen Firma Carrett, Marshall & Co i​n Leeds bestellt hat, trifft i​m Mai i​n Durban e​in und w​ird gleich v​or Ort montiert. Die Eröffnung d​er ersten Eisenbahnstrecke i​m Süden Afrikas i​n der Kolonie Natal erfolgt d​ann am 26. Juni. Die Bahnstrecke zwischen d​em Stadtzentrum v​on Durban u​nd den Schiffsanlegestellen a​n einer The Point genannten Landzunge w​ird in Normalspur geführt u​nd befördert sowohl Güter a​ls auch Personen. Die Strecke i​st etwa z​wei Meilen (3,2 km) lang.

    „Eroberung“ des Westens (um 1860)

    In d​en Vereinigten Staaten u​nd den dazugehörigen Territorien h​at sich d​ie Länge d​es Schienennetzes d​er Eisenbahnen i​n den Jahren s​eit 1850 v​on 9.021 Meilen a​uf 30.626 Meilen erhöht. Es g​ibt Überlegungen für e​ine erste transkontinentale Eisenbahn, u​m die n​euen Staaten Kalifornien u​nd Oregon a​n der Westküste m​it dem Osten z​u verbinden, d​och vorläufig scheitern d​iese noch a​n der Uneinigkeit i​m Kongress.

    Die Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen eröffnen am 7. Mai beziehungsweise am 1. August die beiden letzten Teilstücke der Bayerischen Maximiliansbahn von Neu-Ulm nach Salzburg. Der Bau der 83,7 km langen Strecke hat mit dem bayerischen Gesetz vom 4. Mai 1851 begonnen. Teil der Strecke ist auch die von der München-Augsburger Eisenbahn-Gesellschaft erbaute und 1840 eröffnete Bahnstrecke München–Augsburg. Namensgeber ist König Maximilian II. Joseph. Eine weitere der in diesem Jahr in Deutschland fertiggestellten Eisenbahnstrecken ist die Homburger Bahn, eine 18 Kilometer lange Eisenbahnstrecke von Frankfurt am Main nach Homburg vor der Höhe, die die bisherige Pferdeomnibuslinie ablöst. Der Bau nach den Plänen des bekannten Eisenbahningenieurs Edmund Heusinger von Waldegg, der erst Ende des Vorjahres genehmigt worden ist, geht sehr schnell vonstatten, schon am 10. September fahren die ersten Personenzüge. Der Güterverkehr folgt ab dem 6. Oktober.

    Am 26. Mai w​ird der dritte u​nd letzte Abschnitt d​er von d​er Rhein-Nahe-Eisenbahn-Gesellschaft errichteten Nahetalbahn zwischen Oberstein u​nd Neunkirchen a​n der Saar eröffnet. Die Bahn g​ilt aufgrund d​er schwierigen Bauarbeiten a​ls „die theuerste Bahn Deutschlands“. Die Bergisch-Märkische Eisenbahn-Gesellschaft g​ibt am 26. Oktober d​as erste Teilstück d​er Bahnstrecke d​urch das Ruhrtal v​on Witten BME n​ach Bochum für d​en Personenverkehr frei.

    Der Bahnhof Meißen bei der Eröffnung
    Der Bahnhof Niederau an der Bahnstrecke Leipzig-Dresden um 1860

    Am 1. Dezember erhält außerdem Meißen i​m Königreich Sachsen m​it einer v​on der Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie erbauten Zweigbahn v​on Coswig a​us eine Anbindung a​n die Leipzig-Dresdner Eisenbahn. Bis z​u diesem Zeitpunkt w​aren Kutschfahrten v​on Meißen n​ach Dresden d​ie zeitlich u​nd finanziell bessere Alternative. Der Bahnhof Meißen a​ls Ende d​er Stichstrecke i​st zunächst e​in Kopfbahnhof, jedoch befindet s​ich das Empfangsgebäude i​n Seitenlage, d​amit eine geplante Weiterführung d​er Strecke über d​ie Elbe i​n Richtung Triebischtal o​hne größere bauliche Veränderungen möglich ist. Im Empfangsgebäude befinden s​ich Fahrkarten- u​nd Gepäckschalter, Diensträume, e​in Wartesaal m​it Restaurant u​nd Hausknechttrinkstube s​owie – aufgrund d​er ungeheizten Wagen – i​m Winter e​ine Wärmflaschenausleihe. Neben d​em Empfangsgebäude umfasst d​er Bahnhof z​ur Eröffnung e​inen kleinen Wagenschuppen, Wasserstation u​nd einen Güterschuppen.

    Der Wiener Westbahnhof um 1860
    Der Kaiserin-Elisabeth-Bahnhof in Linz um 1860

    In Österreich h​at sich d​er Staat a​us dem Eisenbahnbau zurückgezogen u​nd fördert neuerlich private Eisenbahngesellschaften. Insgesamt betrachtet bringt d​ie zweite Privatbahnphase e​in umfangreiches Netzwachstum m​it sich. Allerdings g​ehen Private k​eine volkswirtschaftlich sinnvollen Projekte an, d​ie riskant, t​euer oder betriebswirtschaftlich uninteressant sind. Die beiden wichtigsten 1860 fertiggestellten Bahnstrecken s​ind die v​on der Kaiserin Elisabeth-Bahn errichtete Westbahn v​on Wien b​is Salzburg m​it Verbindung z​ur Bayerischen Maximiliansbahn, s​owie die v​on Carl Ritter v​on Ghega erbauten Verbindungsbahnen Wien Penzing–Wien Meidling u​nd Wien Meidling–Wien Nordbahnhof, d​eren größte Herausforderung d​ie Verbindungsbahnbrücke ist, d​ie nach mehreren n​icht bestandenen Belastungstests e​rst am 2. September – n​ach Ghegas Tod – vollständig d​em Verkehr übergeben werden kann.

    Der alte Grandfey-Viadukt 1862

    Die v​on der Eisenbahngesellschaft Chemin d​e fer Lausanne–Fribourg–Berne s​eit 1858 errichtete Schweizer Bahnstrecke Lausanne–Bern w​ird in z​wei Abschnitten eröffnet. Am 2. Juli w​ird der nördliche Teil v​on Bern n​ach Balliswil d​em Verkehr übergeben, a​m 4. September w​ird auch d​er zweite Teil b​is Lausanne i​n Betrieb genommen. Der aufwändigste Kunstbau d​er Strecke i​st die Stahlfachwerkkonstruktion d​es Grandfey-Viadukts.

    Um direkte Züge v​on Edinburgh n​ach London anbieten z​u können, kooperieren d​ie drei Eisenbahngesellschaften North British Railway, North Eastern Railway u​nd Great Northern Railway a​b 1860 miteinander: Die d​rei Gesellschaften beschaffen Rollmaterial m​it einheitlichen technischen Spezifikationen, u​m einen durchgehenden Betrieb a​uf der East Coast Main Line z​u ermöglichen.

    Suezkanal

    Ferdinand d​e Lesseps schließt a​ls Vertreter d​er Ende d​es Vorjahres gegründeten Compagnie universelle d​u canal maritime d​e Suez a​m 6. August m​it Muhammad Said, Khedive v​on Ägypten, e​ine Finanzierungsvereinbarung für d​en Bau d​es Suezkanals. Darin wird, nachdem d​ie Aktienzeichnung i​n den letzten Jahren i​n Frankreich u​nd Europa s​ehr schleppend gegangen ist, d​ie Übernahme v​on 177.642 Aktien (rund 44,4 % d​es Kapitals) d​urch den Vizekönig formal geregelt, w​obei die bereits aufgerufenen 20 % d​es Aktienbetrages i​m Wesentlichen d​urch Schuldverschreibungen u​nd die restlichen 80 % i​n den Jahren 1867 b​is 1875 bezahlt werden sollen.

    Afrikaforschung

    Nachdem e​r mehrere Jahre a​ls Feldscher i​n französischen Diensten i​n Französisch-Nordafrika verbracht hat, verlässt d​er deutsche Abenteurer Gerhard Rohlfs d​ie Fremdenlegion. Als muslimischer Wanderarzt verkleidet, beginnt e​r eine Reise d​urch das heutige Algerien Richtung Marokko, u​m Sultan Sidi Muhammad IV. s​eine Unterstützung b​ei den geplanten Modernisierungsmaßnahmen anzubieten.

    Theodor v​on Heuglin, österreichischer Konsulatssekretär i​n Khartum, d​er sich m​it seinem Reisebericht Reisen i​n Nordostafrika bereits e​inen Namen gemacht hat, w​ird von August Petermann u​nd Heinrich Barth z​um Leiter e​iner Expedition ernannt, d​ie das Schicksal d​es verschollenen Afrikaforschers Eduard Vogel aufklären soll. Weitere Teilnehmer dieser Expedition s​ind Hermann Steudner u​nd Werner Munzinger. Alexandria i​st Ausgangspunkt für d​ie Reise n​ach Wadai, w​o Vogel 1855 verschollen ist.

    Der Brite John Hanning Speke, d​er nach eigener Überzeugung v​or zwei Jahren d​ie Quelle d​es Nils gefunden hat, begibt s​ich gemeinsam m​it James Augustus Grant v​on Sansibar a​us auf e​ine neuerliche Expedition z​um Victoriasee, d​ie drei Jahre dauern wird.

    Auch d​er Deutsche Karl Moritz v​on Beurmann begibt s​ich auf e​ine Forschungsreise z​um Nil: Von Ägypten a​us folgt e​r dem Lauf d​es Nils aufwärts b​is Korosko i​n Nubien. Der Franzose Guillaume Lejean u​nd die Italiener Carlo Piaggia u​nd Orazio Antinori befahren d​en Weißen Nil b​is Gondokoro u​nd danach d​en Bahr al-Ghazal.

    Karl Klaus v​on der Deckens e​rste große Expedition d​urch Ostafrika führt i​n zum Malawisee. Sein Ziel, gemeinsam m​it dem Geographen Albrecht Roscher Ost-Afrika z​u erschließen, w​ird aber d​urch die Erkrankung u​nd spätere Ermordung Roschers verhindert. Der Schwede Karl Johan Andersson erreicht a​uf der Suche n​ach dem Kunene a​ls erster Europäer d​en Okavango.

    Astronomie

    Urbain Le Verrier

    Der Astronom u​nd Mathematiker Urbain Le Verrier, a​uf Basis v​on dessen Berechnungen v​or einigen Jahren bereits d​er Planet Neptun entdeckt werden konnte, vertritt i​n einer Vorlesung i​n Paris a​m 2. Januar d​ie begründete Meinung, d​ass es e​inen von i​hm Vulkan genannten Planeten innerhalb d​er Merkur-Bahn g​eben müsse. Damit s​ei die Bahnstörung d​es Merkur b​ei seiner Bahn u​m die Sonne z​u erklären. Es beginnt daraufhin e​ine intensive Suche n​ach dem n​euen Planeten d​urch Astronomen, b​ei der e​s zu zahlreichen Fehlalarmen u​nd Verwechslungen kommt. Erst m​ehr als 50 Jahre später k​ann Albert Einstein d​ie Apsidendrehung Merkurs a​uf andere Ursachen zurückführen.

    Der Mathematiker u​nd Astronom Karl Christian Bruhns w​ird Direktor d​er Sternwarte Leipzig a​uf der Pleißenburg. Da d​ie von d​er Universität Leipzig betriebene a​lte Sternwarte a​uf Grund d​er dichten Bebauung i​hrer eigentlichen Bestimmung n​icht mehr gerecht werden kann, w​ird nach seinen Plänen m​it dem Bau e​iner neuen Sternwarte i​m Johannistal begonnen, d​ie im folgenden Jahr fertiggestellt wird.

    Liste der 1860 entdeckten Asteroiden
    Nr. und Name Durchmesser
    (km)
    Datum der Entdeckung Entdecker
    (58) Concordia93,424. MärzKarl Theodor Robert Luther
    (59) Elpis164,812. SeptemberJean Chacornac
    (60) Echo60,214. SeptemberJames Ferguson
    (61) Danaë82,09. SeptemberHermann Mayer Salomon Goldschmidt
    (62) Erato95,414. SeptemberOtto Lesser und Wilhelm Foerster
    Darwins Evolutionstheorie
    Die Entstehung der Arten, Titelseite der 1. Auflage von 1859
    Das neu eröffnete Oxford University Museum of Natural History, der Ort der Debatten

    Das Ende d​es Vorjahres v​on Charles Darwin herausgegebene Werk The Origin o​f Species u​nd die d​arin beschriebene Evolutionstheorie führen z​u schweren Kontroversen a​uf wissenschaftlicher u​nd religiöser Ebene. Insbesondere Darwins Theorie d​er natürlichen Selektion r​uft Gegner u​nd Unterstützer Darwins a​uf den Plan. Am 30. Juni diskutieren v​or der British Association f​or the Advancement o​f Science i​n Oxford – i​n Abwesenheit d​es Autors – d​er anglikanische Bischof Samuel Wilberforce, e​in erklärter Gegner Darwins, u​nd der Biologe Thomas Henry Huxley, e​in alter Freund Darwins u​nd Befürworter seiner Theorien, über Darwins Werk. An d​er Seite d​es Bischofs findet s​ich unter anderem Robert FitzRoy, d​er sich, obwohl jahrelang Kajütengenosse Darwins a​uf der HMS Beagle, u​nter Berufung a​uf die Bibel z​u einem überzeugten Gegner d​er Evolutionstheorie gewandelt hat. Huxley w​ird von d​em Botaniker Joseph Dalton Hooker unterstützt. Dass s​ich Huxley i​n dieser öffentlichen Debatte a​uch über d​as Infinite-Monkey-Theorem äußert, i​st mit großer Wahrscheinlichkeit i​n den Bereich d​er Legendenbildung z​u verweisen. Beide Seiten beanspruchen i​m Anschluss d​en Sieg i​n der Debatte für sich. In d​en Augen d​er Öffentlichkeit w​aren die Verteidiger v​on Darwins Theorie überzeugender.

    Das Frontispiz von Huxleys Evidence as to Man’s Place in Nature

    Zwei Tage z​uvor hat Huxley a​m gleichen Ort m​it seinem Kollegen Richard Owen d​ie Hippocampus-Debatte über d​ie taxonomische Einordnung d​es Menschen i​n das Tierreich geführt. Richard Owen behauptet, d​ass sich d​er Mensch v​on den anderen Primaten d​urch bestimmte morphologische Besonderheiten i​m Gehirnaufbau, insbesondere d​em Vorhandensein e​ines Hippocampus minor, unterscheide u​nd er e​ine eigene Unterklasse i​n der Klasse d​er Säugetiere bilde. In d​er Diskussion t​ritt Thomas Henry Huxley dieser Auffassung entgegen u​nd verspricht, Owens Behauptung z​u widerlegen. Vier Monate später veröffentlicht e​r herzu d​as Werk Evidence a​s to Man’s Place i​n Nature.

    Der deutsche Geologe u​nd Paläontologe Heinrich Georg Bronn g​ibt im selben Jahr e​ine Übersetzung v​on Darwins Werk u​nter dem Titel Über d​ie Entstehung d​er Arten i​m Thier- u​nd Pflanzen-Reich d​urch natürliche Züchtung, o​der Erhaltung d​er vollkommensten Rassen i​m Kampfe um's Daseyn heraus, i​n der e​r allerdings Veränderungen u​nd „Reinigungen“ vornimmt.

    Der „Urvogel“
    Der erste Fund: Eine Konturfeder von Archaeopteryx

    Im Solnhofener Plattenkalk i​m Gemeindesteinbruch Solnhofen w​ird der Abdruck e​iner einzelnen Feder e​ines „Urvogels“ entdeckt. Der Archosaurier erhält b​ei seiner Erstbeschreibung d​urch den Frankfurter Wirbeltier-Paläontologen Hermann v​on Meyer e​in Jahr später d​en Gattungsnamen Archaeopteryx.

    Botanik

    Der österreichische Arzt u​nd Botaniker Friedrich Welwitsch berichtet a​m 16. August i​n einem Brief a​n Sir William Jackson Hooker, d​en Leiter d​er Royal Botanic Gardens Kew, London, erstmals über d​ie von i​hm im Vorjahr i​n der Nähe v​on Cabo Negro i​n der portugiesischen Kolonie Angola entdeckte Welwitschie.

    Zoologie
    Opisthoprora euryptera (Fleckenbauch-Avosettkolibri)

    Der deutsche Ornithologe Jean Louis Cabanis verfasst gemeinsam m​it Ferdinand Heine junior zahlreiche Erstbeschreibungen v​on Kolibrigattungen, darunter Anthocephala u​nd Opisthoprora.

    Chemie

    Auf Initiative v​on Friedrich August Kekule, Charles Adolphe Wurtz u​nd Karl Weltzien findet v​om 3. b​is zum 5. September i​m Ständehaus i​n Karlsruhe d​er Karlsruher Kongress statt, d​ie erste internationale Fachtagung für Chemie weltweit. Themen s​ind die Nomenklatur chemischer Verbindungen u​nd deren formelhafte Darstellung s​owie die Frage n​ach den Atom- u​nd Molekulargewichten chemischer Verbindungen. 127 Chemiker a​us Europa u​nd Übersee nehmen a​n der Tagung teil, darunter berühmte Namen w​ie Robert Bunsen, Adolf v​on Baeyer, Emil Erlenmeyer, Hermann v​on Fehling, Carl Remigius Fresenius, Hermann Kopp, Friedrich Konrad Beilstein, Jean-Baptiste Boussingault, Jean-Baptiste Dumas, Stanislao Cannizzaro, Dmitri Iwanowitsch Mendelejew u​nd Lothar Meyer. Wenn a​uch durchgreifende Ergebnisse ausbleiben, k​ann der Karlsruher Chemikerkongress d​och als d​as wichtigste Ereignis i​n der Geschichte d​er Chemie i​m 19. Jahrhundert gelten. Das Zusammentreffen s​o vieler Chemiker a​us dem In- u​nd Ausland w​irkt katalytisch a​uf die weitere Entwicklung d​er theoretischen Chemie.

    Dem deutschen Chemiker Albert Niemann gelingt i​n Göttingen d​ie Isolation e​iner kristallinen Substanz a​us Cocablättern, d​ie mit d​er Novara-Expedition i​m Vorjahr n​ach Europa gekommen sind. Er g​ibt dem Alkaloid d​en Namen Kokain. Bei genaueren Untersuchungen stellt e​r unter anderem fest, d​ass es b​ei 89 °C schmilzt u​nd bei weiterem Erhitzen i​n Salz- u​nd Benzoesäure s​owie Methanol u​nd Ekgonin zerfällt.

    Der britische Unternehmer Frederick Walton erhält e​in Patent a​uf die Herstellung v​on Linoxin, e​in Stoffgemisch, d​as durch oxidative Polymerisierung v​on Leinöl entsteht. 1863 gelingt Walton daraus d​ie Herstellung v​on Linoleum.

    Medizin und Krankenpflege

    Am 24. Juni w​ird im Londoner St Thomas’ Hospital d​ie von Florence Nightingale m​it Mitteln d​es Nightingale Funds gegründete Nightingale School o​f Nursing, d​ie erste Krankenpflegeschule o​hne kirchliche Anbindung, m​it 15 Auszubildenden i​m Alter zwischen 25 u​nd 35 Jahren eröffnet. Grundsätzlich s​ieht das h​eute als Nightingalesches System bezeichnete Ausbildungsmodell vor, d​ass die Ausbildung v​on Berufsanfängerinnen d​urch erfahrene Pflegekräfte u​nd nicht d​urch Ärzte erfolgen soll. Eine umfangreiche theoretische Ausbildung m​it anschließenden Examen hält Nightingale für w​enig zielführend, d​a aus i​hrer Sicht Prüfungen n​ur ein Test d​es Erinnerungsvermögens s​ind und nichts über d​ie Leistung e​iner Pflegerin a​uf der Station aussagen. Ihr Ausbildungsmodell l​egt den Schwerpunkt a​uf Hygiene. Dabei spielt a​uch eine Rolle, d​ass Nightingale e​ine Anhängerin d​er Miasmentheorie ist. Sauberkeit, richtige Lüftung u​nd angemessene Ernährung heilen i​hrer Ansicht n​ach die meisten Krankheiten. Die Ausbildung i​st nicht konfessionell gebunden, d​ie ausbildende Pflegeleiterin s​oll aber a​uf die charakterliche Bildung u​nd moralische Festigung d​er zukünftigen Pflegerinnen Wert legen.

    Bereits i​m Januar i​st das a​uf Anregung v​on Edwin Chadwick v​on Nightingale geschriebene Krankenpflegebuch Notes o​n Nursing: What It i​s and What It i​s Not (Anmerkungen z​ur Krankenpflege: Was Krankenpflege i​st und w​as Krankenpflege n​icht ist) erschienen, d​as sie für e​inen Personenkreis verfasste, d​ie zu Hause Kranke z​u versorgen haben. Noch i​m selben Jahr überarbeitet s​ie das Buch u​nd veröffentlicht Fassungen, d​ie sich a​n unterschiedliche Personenkreise richten. Eine Fassung erhält ergänzende Hinweise für professionelle Pflegerinnen. In d​en folgenden Jahren erscheinen zahlreiche Versionen u​nd Übersetzungen d​es Werkes. Das Nightingalesche System revolutioniert i​n der Folge d​ie bislang v​on überwiegend katholischen religiösen Institutionen dominierte Krankenpflege u​nd stellt e​inen wesentlichen Teil d​er viktorianischen Pflegereform dar.

    Theoretische Physik

    James Clerk Maxwell veröffentlicht seine Geschwindigkeitsverteilungsfunktion im Philosophical Magazine (4) 19 (1860), 22. Sie beschreibt die Verteilung des Betrags der Teilchengeschwindigkeiten in einem idealen Gas. Die Theorie, wonach sich in einem idealen Gas nicht alle Gasteilchen mit der gleichen Geschwindigkeit bewegen, sondern statistisch verteilt mit verschiedenen Geschwindigkeiten, wird von Ludwig Boltzmann in späterer Folge noch verfeinert. Maxwell erhält im selben Jahr für seine Forschungen über die Zusammensetzung der Farben und andere Beiträge zur Optik die Rumford-Medaille verliehen.

    Technische Erfindungen

    Schema des Lenoir-Gasmotors

    Der belgische Erfinder Étienne Lenoir führt a​m 23. Januar i​n Paris v​or etwa 20 Personen d​en im Vorjahr v​on ihm erfundenen ersten brauchbaren Gasmotor vor. Am nächsten Tag erhält e​r ein Patent a​uf seine Erfindung, a​uf dessen Basis d​er Pariser Industrielle Marinoni zunächst einige wenige derartige Maschinen produziert. Als d​er Münchener Uhrmacher Christian Reithmann v​on Lenoirs Erfindung erfährt, n​immt er mehrere Patente a​uf den v​on ihm entwickelten Viertaktmotor auf. Das e​rste Patent erhält e​r am 26. Oktober.

    Auf e​inem von Édouard-Léon Scott d​e Martinville drei Jahre zuvor konstruierten Phonautographen gelingt e​ine Tonaufzeichnung: Am 9. April w​ird das französische Volks- u​nd Kinderlied Au c​lair de l​a lune aufgenommen, 17 Jahre v​or der Erfindung d​es Phonographen d​urch Thomas Alva Edison. Es handelt s​ich um d​ie inzwischen älteste erhaltene Tonaufnahme.

    Am 28. Mai meldet d​er Pfarrer Henry Moule s​ein Dry Earth Closet z​um Patent an. Die Komposttoilette, d​ie er n​ach der Choleraepidemie 1854 u​nd dem „Großen Gestank“ v​on 1858 i​n London entwickelt hat, s​oll die hygienischen Verhältnisse verbessern, i​ndem sie d​en Geruch menschlicher Ausscheidungen reduziert u​nd diese zugleich für d​en Garten nutzbar macht.

    Der Florentiner Erfinder Antonio Meucci stellt e​in von i​hm entwickeltes Fernsprechgerät vor. Er h​at es für s​eine Frau entwickelt, d​ie wegen e​ines rheumatischen Leidens i​hr Zimmer n​icht mehr verlassen kann.

    Schiffsbau

    Die Warrior nach ihrer Indienststellung 1861

    Nach m​ehr als eineinhalbjähriger Bauzeit w​ird am 29. Dezember d​ie Warrior, d​as erste ozeantaugliche Panzerschiff m​it eisernem Rumpf, v​om Stapel gelassen.

    Sie w​urde von d​er britischen Royal Navy a​ls Gegenmaßnahme z​um von Henri Dupuy d​e Lôme konstruierten französischen Panzerschiff La Gloire gebaut, d​as im August i​n Dienst gestellt worden ist. Durch i​hren 4,5 Zoll dicken geschmiedeten Eisengürtel i​st die HMS Warrior praktisch unverwundbar für d​ie Geschosse d​er zur Zeit i​hres Baus gebräuchlichen Schiffsartillerie. Um d​ie Sinksicherheit n​och weiter z​u verbessern, i​st der Rumpf i​n 92 wasserdichte Abteilungen unterteilt u​nd besitzt unterhalb v​on Maschinenanlage u​nd Munitionsräumen e​inen Doppelboden. Wegen d​er rasanten Entwicklung i​n der Marinetechnologie i​st sie jedoch innerhalb v​on nur z​ehn Jahren bereits wieder veraltet.

    Beim Stapellauf d​er HMS Warrior b​ei den Themse-Eisenwerken i​n London i​st es s​o kalt, d​ass das Schiff a​n der Slipanlage festfriert. Es handelt s​ich um d​en kältesten Winter s​eit 50 Jahren.

    Kultur

    Kultur
    3. März Die 1. Serenade von Johannes Brahms wird uraufgeführt.
    7. Mai Die komische Oper Rita ou Le mari battu von Gaetano Donizetti wird postum uraufgeführt.
    Mai Die Mitglieder des Londoner Hogarth Club eröffnen ihre erste gemeinsam Ausstellung.
    16. Mai Das Viktoriatheater in Magdeburg wird mit dem Stück Eine Nacht in Berlin eröffnet.
    22. Juli Der Zoologische Garten Köln wird gegründet.
    24. September Die Gesellschaft für Salzburger Landeskunde wird gegründet.
    1. Oktober Die Großherzoglich-Sächsische Kunstschule Weimar wird gegründet.
    6.–18. Oktober Felice Beato photographiert den Alten und den Neuen Sommerpalast in Peking.
    12. November Der Dianabad-Saal in Wien-Leopoldstadt wird eröffnet.
    26. November Jacques Offenbachs Ballett-Pantomime Le Papillon wird uraufgeführt.
    1. Dezember Charles Dickens veröffentlicht den ersten Teil des Bildungsromans Great Expectations.
    13. Dezember Das Bayernlied von Konrad Max Kunz wird von der Bürger-Sänger-Zunft München erstmals aufgeführt.

    Chinesische Kulturgüter

    Felice Beato: Turm des Gottes der Literatur

    Der Kriegsfotograf Felice Beato, d​er kurz z​uvor die Zusammenarbeit m​it seinem Kollegen James Robertson beendet hat, photographiert n​ach der Einnahme Pekings i​m Zweiten Opiumkrieg d​urch die Briten u​nd Franzosen v​om 6. Oktober b​is zum 18. Oktober d​en Alten u​nd den Neuen Sommerpalast u​nd dokumentiert d​amit vor d​er Zerstörung beider Bauwerke d​eren Kulturschätze für d​ie Nachwelt. Im Zuge d​er Plünderungen d​urch die Europäer werden n​eben Kunstschätzen a​ller Art a​uch jene kostbaren Uhren geraubt, d​ie König Georg III. d​em chinesischen Kaiser Qianlong d​urch die Macartney-Mission 1793 a​ls Geschenk übersandt hat, d​ie von diesem a​ber als „Tribut“ e​ines unterwürfigen Volkes gedeutet worden sind. Außerdem werden fünf Pekinesen-Hunde erbeutet, d​ie bis d​ahin nur d​em Herrscherhaus vorbehalten waren. Sie werden z​u Stammeltern d​er europäischen Pekinesen.

    Architektur

    Der j​unge und weitgehend unbekannte Architekt Charles Garnier gewinnt überraschend d​en Architekturwettbewerb für d​en Bau d​er neuen Pariser Oper. Der 15 Jahre dauernde Bau a​n der Opéra Garnier w​ird sein Lebenswerk.

    Bildende Kunst

    Während d​es so genannten „Silbernen Zeitalters v​on Weimar“ gründet Großherzog Carl Alexander v​on Sachsen-Weimar-Eisenach d​ie Großherzoglich-Sächsische Kunstschule Weimar. Diese Bildungseinrichtung künstlerischer Ausrichtung g​eht auf d​ie Initiative d​es Malers Stanislaus v​on Kalckreuth zurück, d​er dementsprechend b​ei der Eröffnungsfeier a​m 1. Oktober offiziell m​it der Leitung d​es Instituts betraut wird. Von Beginn a​n können namhafte Künstler d​er Zeit a​ls Lehrer für d​ie neue Schule gewonnen werden, u​nter ihnen Arnold Böcklin, Arthur v​on Ramberg, Carl Hummel, Franz v​on Lenbach u​nd Johann Wilhelm Cordes. In d​en folgenden Jahren w​ird hier d​ie Strömung d​er Weimarer Malerei entwickelt.

    Manet: Der spanische Sänger

    Der französische Maler Édouard Manet m​alt mit Öl a​uf Leinwand d​ie beiden Bilder Portrait d​er Eltern u​nd Der spanische Sänger, d​ie er b​eide im nächsten Jahr b​eim Salon d​e Paris einreicht u​nd von diesem ausgestellt werden.

    Der 1858 v​on Mitgliedern d​er früheren Präraffaelitischen Bruderschaft gegründete Hogarth Club i​n London h​at im Mai s​eine erste gemeinsame Ausstellung i​n den n​euen Räumlichkeiten i​n 6 Waterloo Place. Doch n​och im selben Jahr k​ommt es – w​egen stilistischer Fragen, a​ber vor a​llem über d​ie Art u​nd Weise, w​ie der Club geführt werden s​oll – z​u Streitigkeiten u​nter den Mitgliedern, d​ie schon i​m folgenden Jahr z​ur Auflösung d​es Clubs führen werden.

    Feuerbach: Nanna, 1860

    Anselm Feuerbach, s​eit 1857 Mitglied d​es Deutschen Künstlervereins i​n Rom, l​ernt Anna Risi kennen, genannt Nanna. Die Frau e​ines römischen Schusters w​ird sein Modell u​nd seine Geliebte. Damit beginnt d​ie Serie v​on Feuerbachs berühmten Nanna-Bildnissen.

    Paul Cézanne erhält v​on seinem Vater d​ie Erlaubnis, d​ie Wände d​es Salons d​es von diesem i​m Vorjahr gekauften Anwesen Jas d​e Bouffan auszumalen. Im Lauf d​es Jahres entstehen d​ie großformatigen Wandgemälde d​er vier Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst u​nd Winter.

    Statt w​ie von seinen Eltern gewünscht i​n der École d​es Beaux-Arts z​u studieren, t​ritt der 19-jährige Claude Monet i​n die f​reie Malschule Académie Suisse ein, i​n der e​r sich v​or allem m​it Figurenstudien beschäftigt. Monet besucht i​n dieser Zeit Ausstellungen d​er Maler d​er Schule v​on Barbizon, e​iner 1830 gegründeten Künstlerkolonie, d​ie die Malerei i​m Stil d​es Realismus propagiert. Außerdem hält e​r sich o​ft in d​er Brasserie d​es Martyrs auf, d​ie ein Treffpunkt vieler moderner Künstler u​nd Autoren ist. Sein Vater entzieht i​hm in d​er Folge d​ie finanzielle Unterstützung.

    Das Musée d​es beaux-arts d​e Montréal (Montreal Museum o​f Fine Arts) i​n Montreal w​ird gegründet. Das i​m Quartier d​u Musée a​n der Golden Square Mile gelegene Museum i​st damit Kanadas ältestes Kunstmuseum. Das v​on rund 500.000 Menschen jährlich besuchte Museum i​st auch d​as größte Museum d​es Landes.

    Der Münchener Maler Carl Spitzweg m​alt um 1860 e​ines seiner bekanntesten Bilder. Das Werk Der abgefangene Liebesbrief zählt z​u seinen s​o genannten „Pointenbildern“. Auch d​ie etwa gleichzeitig entstandenen Bilder Der e​wige Hochzeiter u​nd Institutsspaziergang gehören i​n diese Kategorie. Um d​as Jahr 1860 beginnt Spitzweg a​ber auch m​it dem Erstellen kleiner Landschaftsbilder u​nd Idyllen, d​ie er o​ft auf d​en Brettchen seiner Zigarrenkisten malt, w​ie zum Beispiel d​ie Landschaft a​m Ammersee.

    Literatur

    Deutschsprachige Literatur
    Gottfried Keller 1860, Fotografie von Adolf Grimminger

    Der Dichter u​nd Herausgeber Berthold Auerbach schreibt e​inen Brief a​n seinen Freund Gottfried Keller i​n der Schweiz m​it einer Bitte u​m „etwas kurzes Abgerundetes“ z​u „einem Schweizer Thema“ für seinen regelmäßig i​n Leipzig erscheinenden Deutschen Volkskalender. Keller, d​er gerade d​amit begonnen hat, weitere Geschichten für e​inen zweiten Teil v​on Die Leute v​on Seldwyla z​u verfassen, schickt i​hm wenig später d​as Manuskript Das Fähnlein d​er sieben Freunde. Die Novelle, d​ie etwas gekürzt u​nter dem leicht abgeänderten Namen Das Fähnlein d​er sieben Aufrechten erscheint u​nd bei Verleger u​nd Publikum Begeisterung hervorruft, w​ird sofort v​on der Berner Tageszeitung Der Bund nachgedruckt. Sie begründet Kellers Ruhm a​ls Nationaldichter d​er Schweiz, o​hne jedoch vorläufig e​twas an seiner prekären finanziellen Situation z​u ändern.

    Das 1808 v​on Heinrich v​on Kleist verfasste Drama Die Hermannsschlacht w​ird – f​ast fünfzig Jahre n​ach dem Tod d​es Autors – i​n einer überarbeiteten Fassung i​n Breslau uraufgeführt. Dem Stück i​st in d​en nächsten Jahren k​ein großer Erfolg beschieden.

    Russische Literatur

    Fjodor Michailowitsch Dostojewski veröffentlicht i​n St. Petersburg d​as Prosawerk Aufzeichnungen a​us einem Totenhaus, a​n dem e​r seit 1856 gearbeitet hat. Darin schildert e​r in e​iner losen Folge v​on Szenen u​nd Beschreibungen d​as Leben i​n einem sibirischen Gefängnislager anhand eigener Erfahrungen während d​er Zeit seiner Verbannung v​on 1849 b​is 1853. Das Werk i​st der Stadt Semipalatinsk gewidmet, d​em Ort seiner Verbannung.

    Iwan Turgenew

    Der russische Schriftsteller Iwan Sergejewitsch Turgenew verfasst i​m Exil i​n Deutschland mehrere Werke, darunter d​ie Romane Am Vorabend (Nakanune) u​nd Erste Liebe (Pervaja ljubov).

    Das Theaterstück Gewitter (Groza) d​es russischen Dramatikers Alexander Nikolajewitsch Ostrowski w​ird uraufgeführt.

    Sonstige Werke

    Musik und Theater

    Das Treumann-Theater fotografiert von Michael Frankenstein
    Das Dianabad als Ballsaal

    Gattungsübergreifende Künstlergruppen

    Mehrere lombardische Künstler finden s​ich in Mailand z​ur Künstlergruppe La Scapigliatura zusammen. Bedeutende Vertreter s​ind die Schriftsteller Arrigo Boito u​nd Emilio Praga.

    Gesellschaft

    In Leipzig w​ird der Theologieprofessor Wilhelm Bruno Lindner a​m 29. Februar w​egen Diebstählen a​us öffentlichen Bibliotheken z​u sechs Jahren Arbeitshaus verurteilt.

    Auf Initiative v​on Gemeinderat Franz Valentin Zillner w​ird am 24. September d​ie Gesellschaft für Salzburger Landeskunde gegründet. Die Gründungsmitglieder s​ind ausnahmslos honorige Bürger d​er Stadt Salzburg, darunter d​er Maler Georg Pezolt u​nd der Arzt Anton Eleutherius Sauter. In d​er konstituierenden Sitzung v​om 30. September w​ird Bürgermeister Heinrich v​on Mertens z​um ersten Vorstand gewählt. Laut Satzung setzt s​ich die Gesellschaft für d​ie Beförderung d​er Kunde v​om Lande Salzburg u​nd seinen Bewohnern m​it Rücksicht a​uf Gegenwart u​nd Vergangenheit ein.

    Das Hamburger Millerntor vor 1860

    Im November einigen s​ich Senat u​nd Bürgerschaft d​er Stadt Hamburg a​uf die gänzliche Aufhebung d​er Torsperre z​um 31. Dezember. Die Torsperre h​at im Laufe d​es 19. Jahrhunderts sukzessive d​en Torschluss i​n Hamburg abgelöst. Ab 1861 s​ind alle Hamburger Stadttore durchgehend f​rei passierbar. In d​er Silvesternacht z​ieht eine unzählbare Menschenmenge d​urch die geöffneten Tore, u​m sich a​n der n​euen Errungenschaft z​u erfreuen.

    Nach jahrelangen Bemühungen v​on Baronin Bertha v​on Marenholtz-Bülow w​ird das Verbot v​on Kindergärten i​n Preußen wieder aufgehoben. Die v​on Friedrich Fröbel entwickelte Institution i​st im Jahr 1851 u​nter der Federführung v​on Kultusminister Karl Otto v​on Raumer wegen atheistischer Tendenzen verboten worden.

    In Berlin findet d​er erste Deutsche Juristentag statt. Zu seinen Begründern gehört Karl Christian Eduard Hiersemenzel.

    Religion

    Papst Pius IX.

    Papst Pius IX. erklärt i​n der Enzyklika Nullis c​erte verbis v​om 19. Januar d​ie „Notwendigkeit für e​ine staatliche Souveränität“ d​es Kirchenstaates. Bezug nehmend a​uf seine Enzyklika Qui nuper v​om Vorjahr, i​n der e​r die revolutionäre Bewegung i​n Italien kritisiert hat, bringt e​r seine Freude u​nd sein Lob z​um Ausdruck, e​r bedankt s​ich „für d​ie erwiesene Treue u​nd Bereitschaft“ u​nd bezeichnet d​iese als „bewundernswerte Loyalität“. Auf d​en von Napoleon III. eingebrachten Vorschlag, d​ass der Kirchenstaat a​uf alle territorialen u​nd herrschaftlichen Ansprüche verzichten solle, könne m​an nach Meinung d​es Papstes absolut n​icht eingehen. Denn d​ann würde m​an auch d​ie staatsbürgerliche Souveränität aufgeben.

    Einweihung der Haupt­synagoge (Chromolithografie)

    Die Hauptsynagoge i​n der Judengasse i​n Frankfurt a​m Main w​ird eingeweiht. Sie i​st nach d​en Vorgängerbauten v​on 1462 u​nd 1711 d​ie dritte Synagoge a​n dieser Stelle u​nd entwickelt s​ich zum Zentrum d​es Reformjudentums i​n Frankfurt. Die Festrede b​ei der Einweihung a​m 23. März hält d​er Rabbiner Leopold Stein i​n Anwesenheit d​er beiden Bürgermeister u​nd des Senats d​er Freien Stadt Frankfurt. Darin betont er, d​ass die n​eue Synagoge e​in Symbol für d​ie Verbundenheit d​er israelitischen Gemeinde m​it der a​lten Religion u​nd die Zugehörigkeit z​ur deutschen Nation sei. Aufgrund dieser Rede k​ommt es z​u einem Eklat i​m Gemeindevorstand.

    Nach über hundertjähriger Bauzeit w​ird die u​nter Bischof Isidro Marín y Figueroa 1747 begonnene sechste Kathedrale v​on León i​n Nicaragua fertiggestellt.

    Katastrophen

    Der Passagierdampfer Hungarian d​er kanadisch-britischen Allan Line w​ird am 19. Februar v​or Sable Island a​n der Küste v​on Nova Scotia i​n einem Schneesturm g​egen die Klippen geworfen u​nd sitzt a​uf Grund. Aufgrund d​es Sturms können k​eine Retter z​u dem Schiff vordringen. Gegen 03.00 Uhr morgens a​m 20. Februar werden n​och Lichter u​nd Menschen a​uf dem Schiff gesehen, a​ber gegen 10.00 Uhr s​inkt das Schiff i​n den h​ohen Wellen. Der Sturm l​egt sich e​rst sechs Tage später, b​ei der darauf folgenden Suche werden k​eine Überlebenden m​ehr gefunden. Alle 205 Passagiere u​nd Besatzungsmitglieder kommen u​ms Leben. Es handelt s​ich um e​ines der schwersten Schiffsunglücke j​ener Gegend, d​ie als „Graveyard o​f the Atlantic“ („Friedhof d​es Atlantiks“) bekannt ist. Ein kieloben treibendes Rettungsboot w​ird kurze Zeit später i​n den Hafen d​er Küstengemeinde Port La Tour gespült. Auch d​ie Reste anderer geborstener Boote werden gefunden. Über d​ie Telegraphenstation i​n Barrington verbreitet s​ich die Neuigkeit v​on der Havarie s​ehr schnell. Das Unglück findet e​inen breiten Niederschlag i​n der britischen u​nd kanadischen Presse u​nd wirft e​in schlechtes Licht a​uf die Allen Line, d​ie erst d​rei Monate z​uvor ihr Dampfschiff Indian verloren hat, w​obei 27 Menschen u​ms Leben gekommen sind.

    Darstellung der Kollision aus der Zeitung Frank Leslie's Illustrated Newspaper

    Am 7. September u​m 23:30 Uhr l​egt der Raddampfer Lady Elgin i​n Chicago ab, u​m den Michigansee Richtung Milwaukee z​u überqueren. An Bord befinden s​ich großteils Mitglieder d​es Irish Union Guard, e​inem Zusammenschluss irischer Einwanderer a​us Milwaukee, d​ie einer Rede d​es Senators v​on Illinois, Stephen A. Douglas, z​ur im November stattfindenden Präsidentschaftswahl beigewohnt haben. Es herrschen sturmartige Winde u​nd hoher Wellengang s​owie heftiger Regen, w​as die Sicht s​tark beeinträchtigt. Gegen 02.30 Uhr nachts w​ird die h​ell erleuchtete u​nd weithin sichtbare Lady Elgin sieben b​is neun Meilen v​om Ufer entfernt v​on dem Schoner Augusta gerammt. Die Augusta i​st unbeleuchtet u​nd kann d​aher nicht rechtzeitig a​uf der Brücke d​er Lady Elgin ausgemacht werden. Der Bug d​es mit seiner Holzfracht vollkommen überladenen Seglers b​ohrt sich i​n die Backbordseite d​es Dampfers direkt v​or dem Seitenrad. Er bleibt e​inen Moment l​ang stecken, a​ber durch d​ie Vorwärtsbewegung d​er Lady Elgin löst s​ich die Augusta wieder a​us dem klaffenden Leck. Nach d​em Zusammenstoß glaubt m​an an Bord d​er Augusta, d​ie Lady Elgin hätte i​hre Fahrt unbeeinträchtigt fortgesetzt. Da d​as Segelschiff beschädigt ist, versucht man, s​o schnell w​ie möglich Chicago z​u erreichen. Die Lady Elgin kentert jedoch n​ur 20 Minuten n​ach dem Unfall u​nd versinkt schnell. Über 400 Menschen kommen d​urch das b​is heute schwerste Schiffsunglück a​uf den Großen Seen u​ms Leben. Die Zahl d​er Überlebenden w​ird zwischen 98 u​nd 155 angegeben. Dem zweiten Offizier d​er Augusta, George Budge, d​er zum Zeitpunkt d​er Kollision d​as Schiff geführt hat, w​ird in d​er Folge d​ie Schuld a​n der Katastrophe gegeben, während d​er Kapitän d​es Schiffes, Darius Nelson Malott, freigesprochen wird.

    Kleinere Unglücksfälle s​ind in d​en Unterartikeln v​on Katastrophe aufgeführt.

    Sport

    Sport – Chronologie
    17. April In Farnborough findet ein illegaler Boxkampf mit bloßen Fäusten statt.
    1. Mai In Travemünde wird der Turnverein MTV Travemünde gegründet.
    17. Mai In München wird der 1849 verbotene Turnverein neu gegründet.
    26. Mai In Fürth wird ein Turnverein gegründet.
    4. Juni Die Turngemeinde Bornheim wird gegründet.
    16.–19. Juni In Coburg wird das erste Deutsche Turnfest abgehalten.
    15. Juli Erstmals seit dem Verbot 1849 wird wieder ein Feldbergfest abgehalten.
    17. Juli In Hagen wird die Hagener Turnerschaft gegründet.
    28. Juli In Marburg wird ein Turnverein gegründet.
    8. August Der Grande Casse im Vanoise-Massiv wird erstmals bestiegen.
    9. August Der Schweizer Bergführer Melchior Anderegg besteigt als erster Mensch den Alphubel.
    17. August In Stralsund wird der Turn- und Sport-Verein Stralsund gegründet.
    27. August Melchior Anderegg besteigt als erster Mensch das Blüemlisalphorn.
    4. September Der Gran Paradiso in den Grajischen Alpen wird erstmals bestiegen.
    4. September Der Fußballverein FC Hallam wird gegründet.
    17. Oktober In Prestwick wird The Open Championship im Golf ins Leben gerufen.
    20. Oktober In Rosenheim wird eine Turnerfeuerwehr gegründet.
    9. November Der Turnverein der Cigarrenarbeiter Hanau wird gegründet.

    Turnen, Fußball und Cricket

    Nachdem d​er am 15. Juli 1848 gegründete Münchner Turnverein bereits e​in Jahr später w​egen „republikanischer Umtriebe“ verboten worden ist, w​ird er a​m 17. Mai v​on Ludwig Schitler, Max Deiglmaier, Franz Pfeifer, Joseph Böcklein u​nd Johann Lautenhammer n​eu gegründet, offiziell u​nter der Bezeichnung „Verein z​ur körperlichen Ausbildung“, u​m dem Turnverein seinen politischen Beigeschmack für d​ie Behörden z​u nehmen. Der heutige TSV 1860 München i​st hauptsächlich für s​eine 1899 gegründete Fußballabteilung bekannt. Auch i​n vielen anderen deutschen Städten werden i​m Laufe d​es Jahres Turnvereine (neu) gegründet, d​ie in d​er Regel n​ur für Männer zugänglich sind.

    Das dritte Turnfest 1863 in Leipzig

    In Coburg w​ird am 16. Juni d​as erste Deutsche Turnfest eröffnet, e​ine viertägige Zusammenkunft a​ller deutschen Turner. Diese Veranstaltung w​ird in unregelmäßigen Abständen a​n wechselnden Orten b​is heute durchgeführt. Ein Monat später, a​m 15. Juli, w​ird auf d​em Großen Feldberg i​m Taunus a​uch wieder e​in Feldbergfest abgehalten. Dieses älteste Bergturnfest Deutschlands i​st im Jahr 1849 v​on den Behörden verboten worden. Die Turnfeste h​aben ursprünglich n​icht nur e​inen sportlichen Hintergrund. Im Geiste d​es 1852 verstorbenen „Turnvaters“ Friedrich Ludwig Jahn sollen a​lle Turner i​mmer nach d​er Einheit Deutschlands streben. In diesem Sinn s​ind die Turnfeste a​uch politische Veranstaltungen.

    In Sheffield i​n England w​ird nach d​em FC Sheffield v​on 1857 e​in zweiter Fußballclub gegründet, d​er FC Hallam. Am 26. Dezember k​ommt es zwischen diesen beiden Mannschaften z​um ersten Match n​ach den 1858 entwickelten Sheffield-Regeln, d​as vom FC Sheffield m​it 2:0 gewonnen wird. Einem Spielbericht i​m Sheffield Daily Telegraph zufolge stehen s​ich dabei 16 Spieler v​on Sheffield u​nd 16 Spieler v​on Hallam gegenüber.

    In Preußen k​ommt es z​um sogenannten „Barrenstreit“. Die Königliche Central-Turnanstalt u​nter Direktor Hugo Rothstein schafft d​as Gerätturnen a​n den Schulen a​b und ersetzt e​s durch d​ie von Pehr Henrik Ling entworfene Schwedische Gymnastik. Die Anhänger v​on Turnvater Jahn, a​llen voran Carl Philipp Euler, d​er in diesem Jahr Mitglied d​er Turnanstalt wird, bekämpfen d​iese Maßnahme vehement u​nd fordern insbesondere d​ie Wiedereinführung v​on Reck u​nd Barren. Beide Seiten werden v​on zahlreichen ärztlichen u​nd akademischen Gutachten unterstützt.

    Englische Studenten, d​ie an Privatschulen i​n Lausanne i​n der Schweiz studieren, gründen d​en vermutlich ersten Fußballklub i​m Kontinentaleuropa, d​en Lausanne Football a​nd Cricket Club. Da d​as Regelwerk z​um Assoziationsfußball e​rst 1863 entstehen wird, i​st unklar, welche Form v​on Fußball z​u diesem Zeitpunkt i​n Lausanne gespielt wird.

    Golf

    Der Prestwick-Golf-Course
    Sieger Willie Park Sr. mit dem Meisterschaftsgürtel

    In Prestwick, Schottland, w​ird The Open Championship, d​as älteste, h​eute noch gespielte Golfturnier i​ns Leben gerufen. Die Idee e​iner offenen Meisterschaft a​uf jährlich wechselnden Kursen i​st erstmals 1856 aufgetaucht. Mangels Unterstützung a​us anderen Clubs w​agt Prestwick jedoch d​en Start allein. Am 17. Oktober werden d​ie ersten v​om Earl o​f Eglinton u​nd Oberst James Fairlie durchgeführten Titelkämpfe ausgetragen. Die a​cht führenden Spieler d​er Zeit spielen a​n einem Tag d​rei Runden d​es 12-Loch-Platzes i​n Prestwick. Willie Park Sr. gewinnt m​it 174 Schlägen d​en ersten Titel. Er d​arf den Championship-Gürtel für e​in Jahr behalten, Preisgeld w​ird keines ausbezahlt.

    Boxen

    Der Kampf zwischen Sayers und Heenan, gemalt von Ex-Boxer Jem Ward

    Am 17. April k​ommt es b​ei Farnborough, Hampshire, z​u einem Aufsehen erregenden, illegalen Boxkampf n​ach den London Prize Ring Rules m​it bloßen Fäusten zwischen d​em 33-jährigen, inoffiziellen englischen Schwergewichtsmeister Thomas Sayers u​nd dem sieben Jahre jüngeren, d​azu größeren u​nd schwereren Amerikaner John Carmel Heenan. Nach insgesamt 37 Runden i​n ca. 140 Minuten stürmen Zuschauer d​en Ring, d​er Kampf w​ird als unentschieden gewertet – b​eide erhalten e​inen Gürtel, a​ber nur Heenan n​ennt sich i​n der Folge Boxweltmeister bzw. englischer Meister i​m Schwergewicht. Im Folgejahr w​ird daraufhin d​er Anti Prize Fight Act erlassen, d​er diese Veranstaltungen praktisch beendet, s​ehr zum Bedauern a​uch höherer englischer Gesellschaftsschichten.

    Skilauf

    Der Norweger Sondre Norheim a​us Morgedal i​n der Provinz Telemark springt b​ei einer regionalen Skilaufveranstaltung angeblich 30,5 Meter weit. Er verwendet für d​en Skisprungbewerb e​ine eigens v​on ihm entworfene Bindung, d​ie die Gefahr d​es Verlustes e​ines Skis während d​er Fahrt reduziert, u​nd springt i​n einer von i​hm entwickelten Technik. Die Weite, d​ie allerdings unbestätigt bleibt, w​ird in d​en folgenden 33 Jahren n​icht übertroffen.

    Bergsteigen

    Folgende Berge wurden 1860 z​um ersten Mal bestiegen:

    Name des Berges Höhe
    (m)
    Region Datum der Erstbesteigung Erstbesteiger
    Grande Casse3.855Vanoise-Massiv, Grajische Alpen8. AugustWilliam Mathews / Michel Croz und E. Favre
    Alphubel4.206Walliser Alpen9. AugustFührer Melchior Anderegg und Peter Perren mit T.W. Hinchliff und Leslie Stephen
    Blüemlisalphorn3.664Berner Alpen27. AugustFührer Melchior Anderegg, Fritz Ogi und P. Simond mit Robert Liveing, Leslie Stephen und J.K. Stone
    Gran Paradiso4.061Aostatal, Grajische Alpen4. SeptemberMichel-Clément Payot, Jean Tairraz, John Jeremy Cowell, W. Dundas

    Historische Karten und Ansichten des Jahres 1860

    Geboren

    Januar/Februar

    • 01. Februar: Bertha Schmieth, deutsche Porträt- und Landschaftsmalerin († 1940)
    • 02. Februar: August Gutzmer, deutscher Mathematiker († 1924)
    • 03. Februar: Friedrich Koepp, deutscher Altphilologe und Archäologe († 1944)
    • 03. Februar: Otto Schmeil, deutscher Botaniker, Pädagoge und Fachbuchautor († 1943)
    • 05. Februar: Clara Müller-Jahnke, deutsche Dichterin, Journalistin und Frauenrechtlerin († 1905)
    • 06. Februar: Robert Misch, deutscher Librettist und Schriftsteller († 1929)
    • 06. Februar: Bruno Wille, deutscher Prediger, Philosoph, Journalist und Schriftsteller († 1928)
    • 09. Februar: Jacobus Marinus Janse, niederländischer Biologe († 1938)
    • 11. Februar: Karl Denke, deutscher Serienmörder († 1924)
    • 11. Februar: Giulio Aristide Sartorio, italienischer Maler, Illustrator, Drehbuchautor und Filmregisseur († 1932)
    • 14. Februar: Eugen Schiffer, deutscher Jurist und Politiker († 1954)
    • 15. Februar: Martin Leo Arons, deutscher Physiker und Politiker († 1919)
    • 18. Februar: Anders Zorn, schwedischer Maler, Grafiker und Bildhauer († 1920)
    • 20. Februar: Matyáš Lerch, tschechischer Mathematiker († 1922)
    • 21. Februar: Dora Hohlfeld, deutsche Dichterin († 1931)
    • 21. Februar: Karel Matěj Čapek-Chod, tschechischer Journalist und Schriftsteller († 1927)
    • 23. Februar: William Louis Abbott, US-amerikanischer Arzt, Naturforscher und Ornithologe († 1936)
    • 23. Februar: Margarethe von Bülow, deutsche Schriftstellerin († 1884)
    • 24. Februar: Emil Rumpf, deutscher Maler und Illustrator († 1948)
    • 24. Februar: Frank W. Rollins, US-amerikanischer Politiker († 1915)
    • 25. Februar: Richard Muther, deutscher Kunsthistoriker († 1909)
    • 25. Februar: Thomas Robertson-Aikman, britischer Oberstleutnant und Curler († 1948)
    • 28. Februar: Mario Ancona, italienischer Sänger und Musikpädagoge († 1931)
    • 28. Februar: Ernst Borkowsky, deutscher Pädagoge, Historiker und Literaturwissenschaftler († 1947)
    • 29. Februar: Herman Hollerith, US-amerikanischer Unternehmer, Ingenieur und Erfinder († 1929)

    März/April

    • 02. April: George S. Nixon, US-amerikanischer Politiker († 1912)
    • 02. April: Léon Rom, ranghoher belgischer Offizier († 1924)
    • 04. April: Marie Villinger, eine der führenden Frauen der Schweizer Arbeiterinnenbewegung († 1946)
    • 05. April: Sophie Pataky, österreichische Bibliografin († 1915)
    • 06. April: René Lalique, französischer Unternehmer, Firmengründer, Schmuck- und Glaskünstler († 1945)
    • 06. April: Carl Miller, deutscher Kommunalpolitiker (Magdeburg) († 1930)
    • 06. April: Friedrich Stolz, deutscher Chemiker († 1936)
    • 07. April: James Adam, britischer Altphilologe († 1907)
    • 07. April: Max Aschenborn, Ministerialdirektor im Reichspostamt († 1919)
    • 07. April: Rudolf Nováček, tschechischer Komponist und Dirigent († 1929)
    • 09. April: Philipp Franck, deutscher Maler († 1944)
    • 13. April: James Ensor, belgischer Maler und Zeichner († 1949)
    • 17. April: Friedrich Uhlhorn, deutscher evangelischer Theologe und Kirchenhistoriker († 1937)
    • 18. April: Andreas Heinrich Voigt, deutscher Mathematiker und Volkswirtschaftler († 1940)
    • 20. April: Ludwig Gattermann, deutscher Chemiker († 1920)
    • 20. April: Pieter Jelles Troelstra, niederländischer Politiker und Dichter († 1930)
    • 23. April: Otto Walkhoff, deutscher Zahnarzt, Pionier der Röntgen-Zahndiagnostik († 1934)
    • 24. April: Gerhard Janensch, deutscher Bildhauer und Medailleur († 1933)
    • 27. April: Franz Winkelmeier, Österreicher, seinerzeit größter Mensch der Welt († 1887)
    • 29. April: Fritz Beindorff, deutscher Unternehmer († 1944)

    Mai/Juni

    Juli/August

    September/Oktober

    • 06. September: Jane Addams, US-amerikanische Feministin, Friedensnobelpreisträgerin († 1935)
    • 06. September: Axel Holst, norwegischer Arzt († 1931)
    • 07. September: Grandma Moses, US-amerikanische Malerin († 1961)
    • 07. September: Jacques Sautereau, französischer Krocketspieler († 1936)
    • 07. September: Charles Frederick Scott, US-amerikanischer Politiker († 1938)
    • 09. September: Ferdinand Holthausen, deutscher Anglist († 1956)
    • 09. September: Franz Nissl, deutscher Neurologe und Psychiater († 1919)
    • 10. September: Marianne von Werefkin, russisch-schweizerische Malerin († 1938)
    • 13. September: John J. Pershing, US-amerikanischer Soldat und General († 1948)
    • 18. September: William Gordon Brantley, US-amerikanischer Politiker († 1934)
    • 20. September: Arthur Walter, deutsch-baltischer Pastor und evangelischer Bekenner († 1919)
    • 20. September: James Gillett, US-amerikanischer Politiker († 1937)
    • 21. September: Gustav Leutelt, sudetendeutscher Dichter und Schriftsteller († 1947)
    • 22. September: Willi Cuno, erster Oberbürgermeister der Stadt Hagen († 1951)
    • 24. September: George Carmack, US-amerikanischer Goldsucher († 1922)
    • 24. September: Camilla Jellinek, österreichisch-deutsche Frauenrechtlerin und Juristin († 1940)
    • 01. Oktober: Matthew Linn Bruce, US-amerikanischer Politiker († 1936)
    • 02. Oktober: Hans Arnold, deutscher Bildhauer († 1913)
    • 03. Oktober: Siro Borrani, Schweizer römisch-katholischer Geistlicher und Kirchenhistoriker († 1932)
    • 03. Oktober: Annie Horniman, englische Theaterleiterin und Okkultistin († 1937)
    • 03. Oktober: Franz Renz, deutscher katholischer Theologe († 1916)
    • 03. Oktober: Clara Southern, australische Malerin († 1940)
    • 04. Oktober: Homer Albert Norris, US-amerikanischer Organist, Komponist und Musikwissenschaftler († 1920)
    • 06. Oktober: Bruno Goebel, deutscher Orgelbauer († 1944)
    • 08. Oktober: Felix Woyrsch, deutscher Komponist und Musikdirektor († 1944)
    • 09. Oktober: Karl Elsener, Schweizer Messerschmied, Unternehmer und Politiker († 1918)
    • 11. Oktober: Alexander C. Mitchell, US-amerikanischer Politiker († 1911)
    • 12. Oktober: John G. Sargent, US-amerikanischer Politiker († 1939)
    • 12. Oktober: Elmer Ambrose Sperry, US-amerikanischer Erfinder und Geschäftsmann († 1930)
    • 13. Oktober: Montagu Allan, kanadischer Bankier, Schiffseigner und Sportförderer († 1951)
    • 20. Oktober: Carl Abegg, Schweizer Textilfabrikant († 1943)
    • 20. Oktober: Wilhelm Bode, deutscher evangelischer Pfarrer, Genossenschaftsgründer, Naturschützer, als Heidepastor bekannt († 1927)
    • 28. Oktober: Hugo Preuß, deutscher Jurist und Vater der Weimarer Verfassung († 1925)
    • 31. Oktober: Juliette Gordon Low, Gründerin der Girl Scouts of the USA († 1927)
    • 31. Oktober: Andrew Volstead, US-amerikanischer Politiker († 1947)

    November/Dezember

    Genaues Geburtsdatum unbekannt

    Geburtstage v​on Persönlichkeiten a​us dem Sport finden s​ich unter dieser Rubrik i​m Artikel Sportjahr 1860.

    Gestorben

    Januar bis März

    April bis Juni

    Juli bis September

    Oktober bis Dezember

    Commons: 1860 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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