Bundespräsident (Schweiz)
Der Bundespräsident (französisch Président de la Confédération, italienisch Presidente della Confederazione, rätoromanisch President da la Confederaziun) ist dasjenige Mitglied der Schweizer Regierung, des Bundesrats, welches als primus inter pares den Vorsitz bei den Sitzungen führt. Sein Stellvertreter ist der Vizepräsident des Bundesrates.
Bundespräsident | |
«Corporate Design Bund» | |
Amtierender Bundespräsident Ignazio Cassis (FDP/TI) 1. Januar 2022 – 31. Dezember 2022 | |
Amtssitz | Bundeshaus in Bern |
Amtszeit | ein Jahr (keine Wiederwahl im Folgejahr) |
Amtsgründung | 21. November 1848 |
Letzte Wahl | 8. Dezember 2021 |
Nächste Wahl | 7. Dezember 2022[1] |
Stellvertreter | Alain Berset (SP/FR), Vizepräsident des Bundesrates |
Vorgänger | Guy Parmelin (2021) |
Nachfolger | voraussichtlich und turnusgemäss Alain Berset (ab 1. Januar 2023) |
Webseite | www.admin.ch |
Am 9. Dezember 2020 wurde Guy Parmelin mit 188 gültigen Stimmen (von insgesamt 246) der Vereinigten Bundesversammlung für das Jahr 2021 zum Bundespräsidenten gewählt.[2] Er übte dieses Amt zum ersten Mal aus. Am 8. Dezember 2021 wurde turnusgemäss der amtierende Vizepräsident Ignazio Cassis als Bundespräsident für das Jahr 2022 mit 156 Stimmen (von 237) gewählt.[3] Er hat sein Amt am 1. Januar 2022 angetreten. Als Vizepräsident des Bundesrates wurde Alain Berset gewählt.
Kompetenzen
Anders als der Bundespräsident in den Nachbarländern Österreich oder Deutschland ist der Schweizer Bundespräsident kein Staatsoberhaupt. Die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft kennt weder ein Staatsoberhaupt noch einen Regierungschef. All diese Funktionen werden vom gesamten Bundesrat als Kollegium wahrgenommen.
In der Funktion als Vorsitzender des Bundesrates gilt das Votum des Bundespräsidenten bei Stimmengleichheit als ausschlaggebend; er fällt den sogenannten „Stichentscheid“.[4]
Zusätzlich zur Leitung seines Departements übernimmt der Bundespräsident lediglich einige Repräsentationsaufgaben eines Staatsoberhaupts. Zunächst war dies nur im Inland der Fall: Der Bundespräsident hält die Radio- und Fernsehansprachen zu Neujahr und zum Schweizer Bundesfeiertag am 1. August, und er gibt dem Diplomatischen Corps den traditionellen Neujahrsempfang im Bundeshaus, an dem er und der jeweilige Apostolische Nuntius in der Schweiz kleine Ansprachen halten. In einer Zeit vermehrter Auslandskontakte reist der Bundespräsident auch häufiger ins Ausland.
Da jedoch die Schweiz kein Staatsoberhaupt hat, pflegt man selbst keine Staatsbesuche abzustatten. Wenn sich der Bundespräsident ins Ausland begibt, tut er dies nur als zuständiger Departementsvorsteher. Falls jedoch einem Staatsoberhaupt eines anderen Landes ein offizieller Besuch abgestattet wird, so tut dies in der Regel der Bundespräsident; das Gleiche gilt bei Auftritten an der Seite mehrerer Staatsoberhäupter anderer Länder, etwa in der UNO-Generalversammlung.
Wahl
Der Bundespräsident wird in der Wintersession Anfang Dezember jedes Jahres von der Vereinigten Bundesversammlung jeweils für ein Jahr aus dem Kreis der Bundesräte gewählt. Die Amtszeit des Bundespräsidenten dauert vom 1. Januar bis 31. Dezember eines Kalenderjahres.
Im 19. Jahrhundert war die Wahl zum Bundespräsidenten eine Auszeichnung für besonders geschätzte Bundesräte. Weniger einflussreiche Regierungsmitglieder wurden hingegen regelmässig übergangen. So war der St. Galler Wilhelm Matthias Naeff, der 27 Jahre lang der Schweizer Landesregierung angehörte, nur einmal (1853) Bundespräsident.
Seit dem 20. Jahrhundert ist die Wahl gewöhnlich unbestritten. Es gilt die ungeschriebene Regel, dass derjenige Bundesrat Bundespräsident wird, der dieses Amt schon am längsten nicht mehr (oder noch nicht) bekleidet hat. So kommt jeder Bundesrat in sieben Amtsjahren mindestens einmal zum Zuge. Für Spannung bei der Wahl sorgt einzig noch die Frage, wie viele Stimmen in der Bundesversammlung der zu Wählende erzielt, was als Popularitätstest gewertet wird. Dabei galten in den 1970er und 1980er Jahren 200 Stimmen (von 246 möglichen) als ausgezeichnetes Resultat. In einer Epoche wachsender parteipolitischer Konflikte gab es nach 1990 nur einen Bundespräsidenten (Ueli Maurer, 2019) der mehr als 200 Stimmen bekam. Daher gelten seitdem schon 180 Stimmen als respektables Ergebnis.
Bis 1920 war es – mit Unterbrechungen – üblich, dass der jeweilige Bundespräsident das Aussenministerium übernahm. Es kam also jedes Jahr zu einer wenigstens kleineren Rochade, wenn der abtretende Bundespräsident in sein altes Departement zurückkehrte und der neue ins Aussenministerium wechselte. Auch war es Brauch, dass der Bundespräsident – selbst als Aussenminister – während seines Amtsjahres die Schweiz nicht verliess.
Ebenfalls jährlich gewählt wird der Vizepräsident des Bundesrates. Dieser ist der Stellvertreter des Bundespräsidenten und wird gewöhnlich im darauf folgenden Jahr zum Bundespräsidenten gewählt.
Siehe auch
- Liste der Schweizer Bundespräsidenten
- Protokollarische Rangordnung in der Schweiz
- Liste der Staatsbesuche in der Schweiz
- Liste der offiziellen Besuche in der Schweiz
- Liste der Auslandsreisen der Schweizer Bundespräsidenten
- Politisches System der Schweiz, Portal:Politik
- Bundespräsident (Deutschland), Bundespräsident (Österreich)
Präsidien weiterer eidgenössischer Staatsorgane:
Weblinks
Einzelnachweise
- Sessionsdaten. Abgerufen am 9. Dezember 2021.
- 20.219 | Bundesrat. Wahl des Bundespräsidenten und des Vizepräsidenten des Bundesrates für 2021 | Amtliches Bulletin | Das Schweizer Parlament, 9. Dezember 2020.
- Amtliches Bulletin. Abgerufen am 8. Dezember 2021.
- Das Recht zum Stichentscheid wird v. a. in Österreich „Dirimierungsrecht“ genannt.