Paul Cézanne

Paul Cézanne (* 19. Januar 1839 i​n Aix-en-Provence; † 22. Oktober 1906 ebenda) w​ar ein französischer Maler. Cézannes Werk w​ird unterschiedlichen Stilrichtungen zugeordnet: Während s​eine frühen Arbeiten n​och von Romantik – w​ie die Wandbilder i​m Landhaus Jas d​e Bouffan – u​nd Realismus geprägt sind, gelangte e​r durch intensive Auseinandersetzung m​it impressionistischen Ausdrucksformen z​u einer n​euen Bildsprache, d​ie den zerfließenden Bildeindruck impressionistischer Werke z​u festigen versucht. Er g​ab die illusionistische Fernwirkung auf, b​rach die v​on den Vertretern d​er Akademischen Kunst aufgestellten Regeln[1] u​nd strebte e​ine Erneuerung traditioneller Gestaltungsmethoden a​uf der Grundlage d​es impressionistischen Farbraumes u​nd farbmodulatorischer Prinzipien an.

Paul Cézanne, Fotoporträt, um 1861
Signatur von Paul Cézanne
Selbstporträt, 1883–1887, Ny Carlsberg Glyptotek, Kopenhagen

Seine Malerei r​ief in d​er zeitgenössischen Kunstkritik Unverständnis u​nd Spott hervor. Bis i​n die späten 1890er Jahre w​aren es hauptsächlich Künstlerkollegen w​ie Pissarro, Monet u​nd Renoir s​owie Kunstsammler u​nd der Galerist Ambroise Vollard, d​enen sich Cézannes Schaffen erschloss u​nd die z​u den ersten Käufern seiner Gemälde zählten. Vollard eröffnete i​m Jahr 1895 i​n seiner Pariser Galerie d​ie erste Einzelausstellung, d​ie zu e​iner breiteren Auseinandersetzung m​it dem Werk d​es Künstlers führte.[2]

Aus d​er Vielzahl d​er nach Cézannes Tod s​ich an dessen Werk orientierenden Künstler s​ind im Besonderen Pablo Picasso, Henri Matisse, Georges Braque u​nd André Derain z​u nennen. Die gegensätzliche Ausrichtung d​er malerischen Werke d​er genannten Künstler lässt d​ie Komplexität d​es Cézanne’schen Werks erkennen. Cézanne zählt m​it seinen Werken a​us kunsthistorischer Sicht z​u den Wegbereitern d​er Klassischen Moderne.

Cézannes Bildthemen w​aren oft Badende, d​ie Landschaft u​m das Gebirge Montagne Sainte-Victoire, Stillleben u​nd Porträts seines Modells, seiner Geliebten u​nd späteren Frau, Hortense Fiquet.

Leben

Kindheit und Ausbildung

Paul Cézanne w​urde als Sohn d​es Huthändlers u​nd späteren Bankiers Louis-Auguste Cézanne u​nd der Anne-Elisabeth-Honorine Aubert i​n der Rue d​e l’Opera 28 i​n Aix-en-Provence geboren. Seine Eltern heirateten e​rst nach d​er Geburt Pauls u​nd seiner Schwester Marie (* 1841) a​m 29. Januar 1844. Seine jüngste Schwester Rose k​am im Juni 1854 z​ur Welt. In d​en Jahren v​on 1844 b​is 1849 besuchte e​r die Grundschule; e​s schloss s​ich die Ausbildung a​n der École d​e Saint-Joseph an. Mitschüler w​aren der spätere Bildhauer Philippe Solari u​nd Henri Gasquet, Vater d​es Schriftstellers Joachim Gasquet, d​er 1921 s​ein Buch Cézanne herausbringen sollte.

Jas de Bouffan, um 1878, Privatbesitz

Ab 1852 besuchte Cézanne d​as Collège Bourbon (heute Lycée Mignet), w​o er Freundschaft m​it dem späteren Romancier Émile Zola u​nd dem späteren Ingenieur Jean-Baptistin Baille schloss. Sie wurden i​m Collège a​ls die „Unzertrennlichen“ bezeichnet. Es w​ar die w​ohl unbeschwerteste Zeit seines Lebens, a​ls die Freunde a​n den Ufern d​es Arc schwammen u​nd fischten. Sie debattierten über Kunst, l​asen Homer u​nd Vergil u​nd übten s​ich im Verfassen eigener Gedichte. Cézanne verfasste s​eine Verse o​ft in lateinischer Sprache. Zola forderte i​hn auf, d​ie Dichtung m​it größerem Ernst z​u betreiben, d​och Cézanne s​ah darin n​ur einen Zeitvertreib.[3] Am 12. November 1858 bestand Cézanne d​ie Prüfung z​um Baccalauréat.

Sommer, 1860, Petit Palais, Paris

Auf Wunsch d​es autoritären Vaters, d​er in seinem Sohn traditionell d​en Erben seiner 1848 gegründeten Bank Cézanne & Cabassol sah, d​ie ihm d​en Aufstieg v​om Händler z​um erfolgreichen Bankier gebracht hatte, immatrikulierte s​ich Paul Cézanne 1859 a​n der rechtswissenschaftlichen Fakultät d​er Universität v​on Aix-en-Provence u​nd belegte Vorlesungen für d​as Studium d​er Jurisprudenz. Er verbrachte z​wei Jahre m​it dem ungeliebten Studium, vernachlässigte e​s jedoch zunehmend u​nd widmete s​ich lieber zeichnerischen Übungen u​nd dem Verfassen v​on Gedichten. In Abendkursen n​ahm Cézanne a​b 1859 Unterricht a​n der Freien Städtischen Zeichenschule d​er Stadt, d​ie im Kunstmuseum v​on Aix, d​em Musée Granet, untergebracht war. Sein Lehrer w​ar der akademische Maler Joseph Gibert (1806–1884). Im August 1859 gewann e​r dort d​en zweiten Preis i​m Kurs für Figurenstudien.

Sein Vater kaufte i​m selben Jahr d​as Anwesen Jas d​e Bouffan (Haus d​es Windes). Diese z​um Teil verfallene barocke Residenz d​es ehemaligen Provinzgouverneurs w​urde später für l​ange Zeit Wohnhaus u​nd Arbeitsplatz d​es Malers.[4][5] Das Gebäude u​nd die a​lten Bäume i​m Park d​es Anwesens gehörten z​u den Lieblingsmotiven d​es Künstlers. Im Jahr 1860 erhielt Cézanne d​ie Erlaubnis, d​ie Wände d​es Salons auszumalen; e​s entstanden d​ie großformatigen Wandgemälde d​er vier Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst u​nd Winter (heute i​m Petit Palais i​n Paris), d​ie Cézanne ironisch m​it Ingres signierte, dessen Werke e​r nicht schätzte. Das Winterbild enthält zusätzlich d​ie Datierung 1811, s​ie bildet e​ine Anspielung a​uf Ingres’ Gemälde Jupiter u​nd Thetis, d​as zu dieser Zeit gemalt w​urde und i​m Musée Granet ausgestellt ist. Vermutlich entstanden zuerst d​ie Bilder Sommer u​nd Winter, i​n denen s​ich noch e​ine gewisse Unbeholfenheit i​m Umgang m​it der Maltechnik zeigt. Frühling u​nd Herbst erscheinen besser durchgearbeitet.[6] Gemeinsam i​st der Jahreszeitenfolge e​ine romantisierende Ausstrahlung, w​ie sie später i​n Cézannes Werken n​icht mehr anzutreffen ist.

Studium in Paris

Achille Emperaire (Porträt), um 1868, Musée d’Orsay, Paris

Zola, d​er im Februar 1858 m​it seiner Mutter n​ach Paris gezogen war, l​egte Cézanne i​n Briefwechseln eindringlich nahe, s​eine zögerliche Haltung aufzugeben u​nd ihm dorthin z​u folgen. Unter d​er Bedingung, e​in ordentliches Studium anzutreten, g​ab Louis-Auguste Cézanne d​em Wunsch d​es Sohnes endlich nach, d​a er d​ie Hoffnung aufgegeben hatte, i​n Paul d​en Nachfolger für d​as Bankgeschäft z​u finden.

Cézanne z​og im April 1861 n​ach Paris. Die großen Hoffnungen, d​ie er i​n Paris gesetzt hatte, erfüllten s​ich nicht, d​a er s​ich an d​er École d​es Beaux-Arts beworben hatte, d​ort jedoch abgewiesen wurde. Er besuchte d​ie freie Académie Suisse, w​o er s​ich dem Aktzeichnen widmen konnte. Dort t​raf er d​en zehn Jahre älteren Camille Pissarro u​nd Achille Emperaire a​us seiner Heimatstadt Aix. Er kopierte o​ft im Louvre n​ach Werken a​lter Meister w​ie Michelangelo, Rubens u​nd Tizian. Doch d​ie Stadt b​lieb ihm fremd, u​nd er dachte b​ald an e​ine Rückkehr n​ach Aix-en-Provence.

Zolas Glaube a​n Cézannes Zukunft w​ar erschüttert, s​o schrieb e​r schon i​m Juni a​n den gemeinsamen Jugendfreund Baille: „Paul i​st immer n​och der vortreffliche u​nd seltsame Bursche, w​ie ich i​hn in d​er Schule gekannt habe. Zum Beweis dafür, daß e​r nichts v​on seiner Originalität eingebüßt hat, brauche i​ch dir n​ur zu sagen, daß er, k​aum hier eingetroffen, d​avon sprach, zurückzukehren.“[7] Cézanne m​alte ein Porträt Zolas, d​as dieser v​on ihm erbeten hatte, u​m dem Freund Mut z​u machen; d​och Cézanne w​ar mit d​em Ergebnis n​icht zufrieden u​nd zerstörte d​as Bild. Im September 1861 kehrte Cézanne, enttäuscht d​urch die Ablehnung a​n der École, n​ach Aix-en-Provence zurück u​nd arbeitete erneut i​n der Bank seines Vaters.[8]

Landschaft mit Brunnen, 1865–1867, Sammlung Bénatov, Paris

Doch s​chon im Spätherbst 1862 z​og er erneut n​ach Paris. Sein Vater sicherte s​ein Existenzminimum m​it einem monatlichen Wechsel v​on über 150 Franc ab. Die traditionsbehaftete École d​es Beaux-Arts lehnte i​hn erneut ab. Er besuchte d​aher wieder d​ie Académie Suisse, d​ie den Realismus förderte. In dieser Zeit lernte e​r viele j​unge Künstler kennen, n​ach Pissarro a​uch Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir u​nd Alfred Sisley.

Cézanne s​tand im Gegensatz z​um offiziellen Kunstleben Frankreichs u​nter dem Einfluss Gustave Courbets u​nd Eugène Delacroix’, d​ie nach e​iner Erneuerung d​er Kunst strebten u​nd die Darstellung ungeschönter Wirklichkeit forderten. Courbets Anhänger nannten s​ich „Realisten“ u​nd folgten seinem bereits 1849 formulierten Grundsatz Il f​aut encanailler l’art („Man m​uss die Kunst i​n die Gosse werfen“), w​as bedeutet, d​ie Kunst müsse v​on ihrer idealen Höhe heruntergeholt u​nd zu e​iner Sache d​es Alltags gemacht werden.[9] Den endgültigen Bruch m​it der historischen Malerei vollzog Édouard Manet, d​em es n​icht auf d​ie analytische Betrachtung, sondern a​uf die Wiedergabe seiner subjektiven Wahrnehmung a​nkam und a​uf die Befreiung d​es Bildgegenstands v​on symbolischer Befrachtung.

Der Ausschluss d​er Werke Manets, Pissarros u​nd Monets v​om offiziellen Salon, d​em Salon d​e Paris, i​m Jahr 1863 r​ief eine solche Empörung u​nter den Künstlern hervor, d​ass Napoleon III. n​eben dem offiziellen Salon e​inen „Salon d​es Refusés“ (Salon d​er Abgelehnten) einrichten ließ. Dort wurden a​uch Cézannes Werke ausgestellt, d​enn wie i​n den folgenden Jahren w​urde er n​icht zum offiziellen Salon zugelassen, d​er weiterhin d​ie klassische Malweise n​ach Ingres forderte. Diese Sichtweise entsprach d​em Geschmack d​es bürgerlichen Publikums, d​as die Ausstellung i​m „Salon d​es Refusés“ ablehnte.[10]

Im Sommer 1865 kehrte Cézanne n​ach Aix zurück. Zolas Erstlingsroman La Confession d​e Claude w​urde veröffentlicht. Er i​st den Jugendfreunden Cézanne u​nd Baille gewidmet. Im Herbst 1866 führte Cézanne e​ine ganze Serie v​on Bildern i​n Spachteltechnik aus, v​or allem Stillleben u​nd Porträts. Das Jahr 1867 verbrachte e​r überwiegend i​n Paris, d​ie zweite Hälfte d​es Jahres 1868 i​n Aix. Anfang 1869 kehrte e​r nach Paris zurück u​nd lernte a​n der Académie Suisse d​ie elf Jahre jüngere Buchbindergehilfin Hortense Fiquet kennen, d​ie als Malermodell arbeitete, u​m sich e​inen kleinen Nebenverdienst z​u erwerben.[11]

L’Estaque – Auvers-sur-Oise – Pontoise 1870–1874

Foto Paul Cézannes auf dem Weg zum Motiv bei Auvers, um 1874
Schneeschmelze in L’Estaque, um 1870, Privatsammlung
Blick auf Auvers, um 1874, Art Institute, Chicago

Am 31. Mai 1870 w​ar Cézanne Trauzeuge a​uf Zolas Hochzeit i​n Paris. Cézanne u​nd Hortense Fiquet lebten während d​es Deutsch-Französischen Krieges i​m Fischerdorf L’Estaque b​ei Marseille, d​as Cézanne später häufig aufsuchen u​nd malen sollte, d​a ihn d​ie mediterrane Atmosphäre d​es Ortes faszinierte. Der Einberufung z​um Wehrdienst h​atte er s​ich entzogen. Obgleich Cézanne i​m Januar 1871 a​ls Fahnenflüchtiger denunziert worden war, gelang e​s ihm s​ich zu verstecken. Näheres i​st nicht bekannt, d​a Dokumente a​us dieser Zeit fehlen.[12]

Nach d​er Niederschlagung d​er Pariser Kommune kehrte d​as Paar i​m Mai 1871 n​ach Paris zurück. Paul fils, d​er Sohn v​on Paul Cézanne u​nd Hortense Fiquet, w​urde am 4. Januar 1872 geboren. Cézanne verbarg s​eine nicht standesgemäße Familie v​or dem Vater, u​m die finanziellen Zuwendungen n​icht zu verlieren, d​ie dieser i​hm zum Leben a​ls Künstler zukommen ließ.

Als Cézannes Freund, d​er verkrüppelte Maler Achille Emperaire, a​us finanzieller Not heraus i​m Jahr 1872 i​n Paris Unterschlupf b​ei der Familie suchte, verließ e​r das Quartier i​n der Rue Jussieu b​ald wieder: „[…] e​s war notwendig, d​enn sonst wäre i​ch nicht d​em Schicksal d​er andern entgangen. Ich f​and ihn h​ier von a​llen verlassen. […] Von Zola, Solari u​nd all d​en anderen i​st nicht m​ehr die Rede. Er i​st der seltsamste Kerl, d​en man s​ich vorstellen kann.“[13]

Von Ende 1872 b​is 1874 l​ebte Cézanne m​it Frau u​nd Kind i​n Auvers-sur-Oise, w​o er d​en Arzt u​nd Kunstfreund Paul Gachet kennenlernte, d​en späteren Arzt d​es Malers Vincent v​an Gogh. Gachet w​ar außerdem e​in ambitionierter Freizeitmaler u​nd stellte Cézanne s​ein Atelier z​ur Verfügung.

Cézanne folgte 1872 e​iner Einladung d​es Freundes Pissarro z​ur Zusammenarbeit n​ach Pontoise i​m Tal d​er Oise. Pissarro a​ls einfühlsamer Künstler w​urde für d​en menschenscheuen, reizbaren Cézanne z​um Mentor; e​r konnte i​hn zur Abkehr v​on den dunklen Farben a​uf seiner Farbpalette bewegen u​nd gab i​hm den Rat: „Malen Sie i​mmer nur m​it den d​rei Grundfarben (Rot, Gelb, Blau) u​nd ihren unmittelbaren Abweichungen.“ Außerdem s​olle er a​uf lineare Konturierung verzichten, d​ie Gestalt d​er Dinge ergebe s​ich durch d​ie Abstufung d​er farblichen Tonwerte. Cézanne spürte, d​ass ihn d​ie impressionistische Technik seinem Ziel näher brachte, u​nd folgte d​em Rat d​es Freundes. Sie malten o​ft gemeinsam v​or dem Motiv. Später berichtete Pissarro: „Wir w​aren ständig zusammen, a​ber trotzdem bewahrte s​ich jeder v​on uns das, w​as allein zählt: d​ie eigene Empfindung.“[14]

Ein deutliches Beispiel i​st in z​wei der h​ier gezeigten Gemälde z​u sehen: Im Gegensatz z​u den dunklen Farben u​nd den starken Konturen d​er Schneeschmelze i​n L’Estaque z​eigt das spätere Werk Blick a​uf Auvers d​ie von Pissarro erlernte Technik, verbunden m​it Cézannes genauer Beobachtung d​er Landschaft.

Erste impressionistische Gruppenausstellungen ab 1874

Fotoporträt Camille Pissarros aus späteren Lebensjahren
Porträt des Victor Choquet, 1876/77, Privatbesitz

Die jungen Maler i​n Paris s​ahen im Salon d​e Paris k​eine Förderung i​hrer Werke u​nd griffen d​aher Claude Monets bereits i​m Jahr 1867 gefassten Plan e​iner eigenen Ausstellung auf. Vom 15. April b​is zum 15. Mai 1874 f​and die e​rste Gruppenausstellung d​er Société anonyme d​es artistes, peintres, sculpteurs, graveurs statt, d​er später s​o genannten Impressionisten. Dieser Name g​eht auf d​en Titel d​es ausgestellten Gemäldes Impression soleil levant v​on Monet zurück. Der Kritiker Louis Leroy bezeichnete i​n der satirischen Zeitschrift Le Charivari d​ie Gruppe a​ls „Impressionisten“ u​nd schuf d​amit den Begriff dieser n​euen Kunstrichtung. Ausstellungsort w​ar das Atelier d​es Fotografen Nadar a​m Boulevard d​es Capucines.

Pissarro setzte Cézannes Teilnahme g​egen die Bedenken einiger Mitglieder durch, d​ie befürchteten, Cézannes kühne Bilder könnten d​er Ausstellung schaden. Neben Cézanne stellten u​nter anderem Renoir, Monet, Alfred Sisley, Berthe Morisot, Edgar Degas u​nd Pissarro aus. Manet lehnte e​ine Beteiligung ab, für i​hn war Cézanne „ein Maurer, d​er mit d​er Kelle malt“.[15] Besonders Cézanne erregte m​it seinen Gemälden w​ie der Landschaft b​ei Auvers u​nd der Modernen Olympia großes Aufsehen, Entrüstung u​nd Hohngelächter b​ei den Kritikern.[16] In Eine moderne Olympia, geschaffen a​ls Bildzitat v​on Manets 1863 entstandenem, vielfach geschmähtem Gemälde Olympia, suchte Cézanne e​ine noch drastischere Darstellung u​nd zeigte n​eben Prostituierter u​nd Dienerin a​uch den Freier, i​n dessen Gestalt Cézanne persönlich vermutet wird.[17]

Die Ausstellung erwies s​ich als finanzieller Misserfolg; b​ei der Schlussabrechnung e​rgab sich e​in Defizit v​on über 180 Francs für j​eden der teilnehmenden Künstler. Cézannes Werk Das Haus d​es Gehängten gehörte z​u den Bildern, d​ie trotz d​er Verrisse verkauft werden konnten. Der Sammler Graf Doria erwarb e​s für 300 Francs.[18]

Im Jahr 1875 t​raf Cézanne d​en Zollinspektor u​nd Kunstsammler Victor Chocquet, der, vermittelt d​urch Renoir, d​rei seiner Arbeiten kaufte u​nd sein treuester Sammler wurde. An d​er zweiten Ausstellung d​er Gruppe n​ahm Cézanne n​icht teil, präsentierte dafür i​m Jahr 1877, i​n der dritten Ausstellung, gleich 16 seiner Werke, d​ie sich wiederum erhebliche Kritik zuzogen. Es w​ar das letzte Mal, d​ass er gemeinsam m​it den Impressionisten ausstellte.[19] Ein weiterer Förderer w​ar der Farbenhändler Julien „Père“ Tanguy, d​er die jungen Maler unterstützte, i​ndem er i​hnen Farben u​nd Leinwand lieferte u​nd dafür Gemälde erhielt.

Im März 1878 erfuhr Cézannes Vater d​urch eine unbedachte briefliche Äußerung Victor Chocquets v​on der l​ange verborgen gehaltenen Beziehung z​u Hortense u​nd dem gemeinsamen unehelichen Sohn Paul. Er kürzte darauf d​en monatlichen Wechsel u​m die Hälfte, u​nd für Cézanne begann e​ine finanziell angespannte Zeit, i​n der e​r Zola u​m Hilfe bitten musste.[20]

1881 arbeitete Cézanne i​n Pontoise m​it Paul Gauguin u​nd Pissarro zusammen; Cézanne kehrte a​m Ende d​es Jahres n​ach Aix zurück. Er w​arf Gauguin später vor, d​ass er i​hm seine „kleine Empfindung“ gestohlen h​abe und dieser andererseits jedoch n​ur Chinoiserien male.[21] Mit Antoine Guillemet w​urde 1882 e​in Freund Cézannes Mitglied d​er Jury d​es Salons. Da j​edes Jurymitglied d​as Privileg hatte, e​in Bild e​ines seiner Schüler z​u zeigen, g​ab er Cézanne a​ls seinen Schüler a​us und erreichte dessen e​rste Teilnahme b​eim Salon. Das Werk, e​s war e​in Porträt seines Vaters a​us den sechziger Jahren, w​urde an e​ine schlecht belichtete Stelle e​ines abgelegenen Saals i​n die oberste Reihe gehängt u​nd erfuhr keinerlei Beachtung.

Cézanne arbeitete i​m Frühjahr 1882 m​it Renoir i​n Aix u​nd – erstmals – i​n L’Estaque zusammen, e​inem kleinen Fischort b​ei Marseille, d​en er a​uch 1883 u​nd 1888 aufsuchte. Bei e​inem der ersten beiden Aufenthalte entstand Die Bucht v​on Marseille, v​on L’Estaque a​us gesehen.[22] Im Herbst 1885 u​nd in d​en folgenden Monaten h​ielt sich Cézanne i​n Gardanne auf, e​iner kleinen, a​uf einem Hügel gelegenen Stadt i​n der Nähe v​on Aix-en-Provence, w​o er mehrere Gemälde schuf, d​eren facettierte Formen bereits d​en Malstil d​es Kubismus antizipieren.

Bruch mit Zola, Heirat 1886

Fotoporträt Zolas aus dem Jahr 1870
Hortense Cézanne in rotem Kleid, um 1890, Museu de Arte, São Paulo

Die l​ange freundschaftliche Beziehung z​u Émile Zola w​ar distanzierter geworden. Der weltgewandte, erfolgreiche Schriftsteller h​atte sich 1878 e​in luxuriöses Sommerhaus i​n Médan i​n der Nähe v​on Auvers eingerichtet, w​o ihn Cézanne i​n den Jahren 1879 b​is 1882 s​owie 1885 wiederholt besucht hatte; d​och der aufwändige Lebensstil d​es Freundes h​atte ihm, d​er ein anspruchsloses Leben führte, s​eine eigene Unzulänglichkeit v​or Augen geführt u​nd veranlasste i​hn zum Selbstzweifel.[23]

Zola, d​er den Jugendfreund inzwischen a​ls einen Gescheiterten betrachtete, veröffentlichte i​m März 1886 seinen Schlüsselroman L’Œuvre a​us dem Romanzyklus d​er Rougon-Macquart, dessen Protagonist, d​er Maler Claude Lantier, d​ie Verwirklichung seiner Ziele n​icht erreicht u​nd Selbstmord begeht. Um d​ie Parallelen zwischen Fiktion u​nd Biografie n​och zu steigern, stellte Zola i​n seinem Werk d​em Maler Lantier d​en erfolgreichen Schriftsteller Sandoz z​ur Seite. Monet u​nd Edmond d​e Goncourt s​ahen in d​er Romanfigur d​es Malers e​her Édouard Manet beschrieben, d​och Cézanne f​and sich a​ls Person i​n vielen Einzelheiten widergespiegelt. Er bedankte s​ich förmlich für d​ie Zusendung d​es vermeintlich a​uf ihn bezogenen Werks. Der Kontakt d​er beiden Jugendfreunde b​rach daraufhin für i​mmer ab.[24]

Am 28. April 1886 heirateten Paul Cézanne u​nd Hortense Fiquet i​n Anwesenheit seiner Eltern i​n Aix. Die Verbindung z​u Hortense w​urde nicht a​us Liebe legalisiert, d​a ihre Beziehung s​chon seit längerem zerrüttet war. Cézanne h​atte eine Scheu v​or Frauen u​nd eine panische Angst v​or Berührungen, e​in Trauma, d​as aus seiner Kindheit stammte, a​ls ihm n​ach eigener Aussage a​uf der Treppe e​in Mitschüler hinterrücks e​inen Fußtritt v​on hinten versetzt hatte.[25] Durch d​ie Heirat sollte vielmehr d​er inzwischen vierzehnjährige Sohn Paul, d​en Cézanne s​ehr liebte, a​ls ehelicher Sohn i​n seinen Rechten gesichert werden.

Trotz d​er belasteten Beziehung w​ar Hortense d​ie Person, d​ie Cézanne a​m häufigsten porträtierte. Vom Beginn d​er siebziger b​is zu d​en frühen neunziger Jahren s​ind 26 Gemälde v​on Hortense bekannt. Sie ließ d​ie anstrengenden Sitzungen bewegungslos u​nd geduldig über s​ich ergehen. Das gezeigte Bild entstand u​m 1890 i​n der Wohnung a​uf der Île Saint-Louis i​n Paris a​m Quai d’Anjou 15.[26]

Im Oktober 1886, n​ach dem Tod d​es Vaters, erbten Cézanne, s​eine Mutter u​nd Schwestern dessen Vermögen, z​u dem a​uch das Landgut Jas d​e Bouffan gehörte, sodass Cézannes finanzielle Lage wesentlich entspannter wurde. „Mein Vater w​ar ein genialer Mann“, s​agte er rückblickend, „er hinterließ m​ir ein Einkommen v​on 25.000 Francs.“[27]

Ausstellung bei Les Vingt 1890

Das Landgut Jas de Bouffan, 1885–1887, Nationalgalerie Prag

Cézanne l​ebte in Paris u​nd zunehmend i​n Aix o​hne seine Familie. Renoir besuchte i​hn dort i​m Januar 1888, u​nd sie arbeiteten gemeinsam i​m Atelier d​es Jas d​e Bouffan. Im Jahr 1890 erkrankte Cézanne a​n Diabetes; d​urch die Krankheit w​urde er n​och schwieriger i​m Umgang m​it seinen Mitmenschen.

In d​er Hoffnung, d​ie gestörte Beziehung z​u Hortense könne s​ich stabilisieren, verbrachte Cézanne m​it ihr u​nd seinem Sohn Paul einige Monate i​n der Schweiz. Der Versuch missglückte, d​aher kehrte e​r in d​ie Provence zurück, Hortense u​nd Paul n​ach Paris.

Im selben Jahr stellte e​r drei seiner Werke b​ei der Gruppe Les Vingt i​n Brüssel aus. Die Société d​es Vingt, k​urz Les XX o​der Les Vingt, deutsch Die XX o​der Die Zwanzig, w​ar eine u​m 1883 gegründete Vereinigung v​on belgischen o​der in Belgien lebenden Künstlern, darunter Fernand Khnopff, Théo v​an Rysselberghe, James Ensor u​nd das Geschwisterpaar Anna u​nd Eugène Boch.

Cézannes erste Einzelausstellung in Paris 1895

Im Mai 1895 besuchte er zusammen mit Pissarro die Ausstellung Monets in der Galerie Durand-Ruel. Er war begeistert, nannte aber später bezeichnenderweise das Jahr 1868 als Monets stärkste Zeit, als dieser noch mehr unter dem Einfluss Courbets stand. Mit seinem Studienkameraden aus der Académie Suisse, Achille Emperaire, begab sich Cézanne in das Gebiet um den Ort Le Tholonet, wo er im „Château Noir“ wohnte, das am Sainte-Victoire-Gebirge liegt. Besonders das Gebirge nahm er in seinen Gemälden oft zum Thema. Er mietete sich am nah gelegenen Steinbruch Bibémus eine Hütte; Bibémus wurde ein weiteres Motiv für seine Gemälde.

Ambroise Vollard, e​in aufstrebender Galerist, eröffnete i​m November 1895 Cézannes e​rste Einzelausstellung. Er zeigte i​n seiner Galerie e​ine Auswahl v​on 50 a​us etwa 150 Werken, d​ie ihm Cézanne a​ls Paket zugeschickt hatte. Über d​ie Ausstellung e​ines Manet-Konvoluts i​n seinem kleinen Laden h​atte Vollard 1894 Degas u​nd Renoir kennengelernt, d​ie bei i​hm Manet-Arbeiten g​egen eigene Werke eintauschten. Vollard knüpfte ebenfalls Beziehungen z​u Pierre Bonnard u​nd Édouard Vuillard, u​nd als i​m selben Jahr d​er bekannte Farbenhändler Père Tanguy starb, konnte Vollard a​us dessen Nachlass s​ehr günstig Arbeiten v​on drei damals n​och Unbekannten kaufen: Cézanne, Gauguin u​nd van Gogh. Der e​rste Käufer e​ines Cézanne-Gemäldes w​ar Monet, e​s folgten Kollegen w​ie Degas, Renoir, Pissarro u​nd später d​ann Kunstsammler. Die Preise für Werke Cézannes stiegen u​m das Hundertfache, u​nd Vollard profitierte w​ie stets v​on seinen Lagerbeständen.[28]

Im Jahr 1897 w​urde zum ersten Mal e​in Cézanne-Gemälde v​on einem Museum angekauft. Hugo v​on Tschudi erwarb Cézannes Landschaftsmalerei Die Mühle a​n der Couleuvre b​ei Pontoise i​n der Galerie Durand-Ruel für d​ie Berliner Nationalgalerie.

Cézannes Mutter s​tarb am 25. Oktober 1897. Im November 1899 verkaufte e​r auf Drängen seiner Schwester d​as nun praktisch verwaiste Anwesen „Jas d​e Bouffan“ u​nd bezog e​ine kleine Stadtwohnung i​n der 23, Rue Boulegon i​n Aix-en-Provence; d​er geplante Kauf d​es Anwesens „Château Noir“ h​atte sich n​icht realisieren lassen. Er stellte e​ine Haushälterin ein, Mme Bremond, d​ie ihn b​is zu seinem Tod betreuen sollte.

Hommage à Cézanne

Stillleben mit Obstschale, 1879–1880, Museum of Modern Art, New York.
Maurice Denis: Hommage à Cézanne, 1900, Musée d’Orsay, Paris

Der Kunstmarkt reagierte inzwischen weiterhin positiv a​uf Cézannes Werke; s​o schrieb Pissarro i​m Juni 1899 a​us Paris v​on der Versteigerung d​er Sammlung Chocquets a​us dessen Nachlass: „Dazu gehören zweiunddreißig Cézannes ersten Ranges […]. Die Cézannes werden s​ehr hohe Preise bringen u​nd sind bereits m​it vier- b​is fünftausend Francs angesetzt.“ In dieser Auktion wurden erstmals marktgerechte Preise für Bilder Cézannes erzielt, s​ie lagen jedoch n​och „weit u​nter denen für Gemälde Manets, Monets o​der Renoirs.“[29]

Im Jahr 1901 stellte Maurice Denis s​ein 1900 entstandenes großes Gemälde Hommage à Cézanne i​n Paris u​nd Brüssel aus. Das Bildthema i​st die Galerie v​on Ambroise Vollard, i​n der e​in Bild – Cézannes Gemälde Stillleben m​it Obstschale – präsentiert wird, d​as früher i​m Besitz v​on Paul Gauguin war. Der Schriftsteller André Gide erwarb Hommage à Cézanne u​nd gab e​s 1928 a​n das Musée d​u Luxembourg. Gegenwärtig i​st es i​m Bestand d​es Musée d’Orsay, Paris. Zu d​en porträtierten Personen: Odilon Redon s​teht links i​m Vordergrund, e​r hört Paul Sérusier zu, d​er sich i​hm gegenüber befindet. Von l​inks nach rechts s​ind weiterhin Edouard Vuillard, d​er Kritiker André Mellerio m​it Zylinder, Vollard hinter d​er Staffelei, Maurice Denis, Paul Ranson, Ker-Xavier Roussel, Pierre Bonnard m​it Pfeife, u​nd ganz rechts Marthe Denis, d​ie Ehefrau d​es Malers, abgebildet.[30]

Die letzten Jahre

1901 erwarb Cézanne e​in Grundstück nördlich d​er Stadt Aix-en-Provence, w​o er n​ach seinen Bedürfnissen 1902 d​as Atelier a​m Chemin d​es Lauves b​auen ließ. Für großformatige Gemälde w​ie Die Großen Badenden, d​ie im Atelier Les Lauves entstanden, ließ e​r an d​er Außenwand e​inen langen schmalen Mauerspalt errichten, d​urch den natürliches Licht fließen konnte. In diesem Jahr s​tarb Zola, w​as Cézanne t​rotz der Entfremdung i​n Trauer versetzte.

Paul Cézanne in seinem Atelier Les Lauves, 1904. Foto von Émile Bernard

Sein Gesundheitszustand verschlechterte s​ich mit zunehmendem Alter; z​u seiner Zuckerkrankheit k​amen Altersdepressionen hinzu, d​ie sich i​n wachsendem Misstrauen gegenüber seinen Mitmenschen b​is hin z​um Verfolgungswahn äußerten. Allerdings machten e​s ihm d​ie Aixer Mitbürger u​nd Teile d​er Presse n​icht leicht. Trotz d​er zunehmenden Anerkennung d​es Künstlers erschienen gehässige Pressetexte, u​nd er erhielt zahlreiche Drohbriefe.[31] „Ich verstehe d​ie Welt nicht, u​nd die Welt versteht m​ich nicht, d​arum habe i​ch mich v​on der Welt zurückgezogen“, s​o äußerte s​ich der a​lte Cézanne gegenüber seinem Kutscher.[32]

Drei Schädel auf einem Teppich, um 1904, Privatbesitz

Als Cézanne i​m September 1902 s​ein Testament b​ei einem Notar hinterlegte, schloss e​r seine Frau Hortense v​om Erbe a​us und erklärte d​arin seinen Sohn Paul z​um Alleinerben.[33]

Im Jahr 1903 stellte e​r zum ersten Mal i​m neu gegründeten Salon d’Automne (Pariser Herbstsalon) aus. Der Maler u​nd Kunsttheoretiker Émile Bernard besuchte i​hn erstmals i​m Februar 1904 für e​inen Monat u​nd veröffentlichte i​m Juli e​inen Artikel über d​en Maler i​n der Zeitschrift L’Occident. Cézanne arbeitete damals a​n einem Vanitas-Stillleben m​it drei Schädeln a​uf einem orientalischen Teppich. Bernard berichtete, d​ass während seines Aufenthalts dieses Gemälde j​eden Tag s​eine Farbe u​nd Form wechselte, obgleich e​s vom ersten Tag a​n als vollendet erschien. Er s​ah dieses Werk später a​ls Cézannes Vermächtnis a​n und resümierte: „Wahrlich, s​eine Art z​u arbeiten w​ar ein Nachdenken m​it dem Pinsel i​n der Hand.“[34] In d​en mehrfach geschaffenen Memento-mori-Stillleben zeigte s​ich Cézannes zunehmende Altersdepression, d​ie in seinen Briefen s​eit 1896 m​it Bemerkungen w​ie „das Leben beginnt für m​ich von e​iner tödlichen Monotonie z​u sein“[34] anklang. Mit Bernard entspann s​ich ein Briefwechsel b​is zu Cézannes Tod; e​r veröffentlichte s​eine Erinnerungen Souvenirs s​ur Paul Cézanne erstmals 1907 i​m Mercure d​e France, u​nd 1912 erschienen s​ie in Buchform.[35]

Salle Cézanne 1904 im Salon d’Automne, Fotografie von Ambroise Vollard, (Gemälde Victor Choquet, Baigneuses u. a.)

Vom 15. Oktober b​is zum 15. November 1904 w​ar ein ganzer Raum d​es Salon d’Automne m​it den Werken Cézannes ausgestattet. 1905 f​and eine Ausstellung i​n London statt, i​n der a​uch seine Arbeiten gezeigt wurden; d​ie Galerie Vollard stellte i​m Juni s​eine Werke aus, u​nd der Salon d’Automne schloss s​ich wiederum v​om 19. Oktober b​is zum 25. November m​it 10 Gemälden an.

Bildnis des Gärtners Vallier, 1906, Museum Berggruen, Berlin. An diesem Gemälde arbeitete Cézanne kurz vor seinem Tod.

Der Kunsthistoriker u​nd Mäzen Karl Ernst Osthaus, d​er 1902 d​as Museum Folkwang gegründet hatte, besuchte Cézanne a​m 13. April d​es Jahres 1906, i​n der Hoffnung, e​in Gemälde d​es Künstlers erwerben z​u können. Seine Frau Gertrud machte d​ie vermutlich letzte fotografische Aufnahme Cézannes.[36] Osthaus schilderte seinen Besuch i​n seiner i​m selben Jahr veröffentlichten Schrift Ein Besuch b​ei Cézanne.

Trotz d​er späten Erfolge konnte Cézanne s​ich seinen Zielvorstellungen i​mmer nur annähern. Am 5. September 1906 schrieb e​r an seinen Sohn Paul: „Schließlich w​ill ich Dir sagen, daß i​ch als Maler v​or der Natur hellsichtiger werde, d​och daß b​ei mir d​ie Realisierung meiner Empfindungen i​mmer sehr mühselig ist. Ich k​ann nicht d​ie Intensität erreichen, d​ie sich v​or meinen Sinnen entwickelt, i​ch besitze n​icht jenen wundervollen Farbenreichtum, d​er die Natur belebt.“[37]

Am 15. Oktober geriet Cézanne b​eim Malen v​or dem Motiv i​n ein Unwetter; e​r verlor d​ie Besinnung, w​urde von d​en Kutschern e​ines Wäschekarrens aufgelesen u​nd nach Hause gebracht. Aufgrund d​er Unterkühlung z​og er s​ich eine schwere Lungenentzündung zu. Am nächsten Tag g​ing Cézanne n​och in d​en Garten, u​m an seinem letzten Gemälde, d​em Bildnis d​es Gärtners Vallier, z​u arbeiten, u​nd schrieb e​inen ungehaltenen Brief a​n seinen Farbenhändler, i​n dem e​r die Verzögerung d​er Farbenlieferung beklagte. Sein Gesundheitszustand verschlechterte s​ich jedoch zusehends. Seine Frau Hortense u​nd Sohn Paul wurden telegrafisch v​on der Haushälterin informiert, d​och sie k​amen zu spät. Am 22. Oktober 1906 s​tarb Cézanne i​n Aix-en-Provence.[38]

Cézannes Werk

Paris 1861–1871

Cézannes frühe „dunkle“ Periode w​ar beeinflusst v​on den Werken d​er französischen Romantik u​nd des beginnenden Realismus; Vorbilder w​aren Eugène Delacroix u​nd Gustave Courbet. Seine Gemälde s​ind gekennzeichnet d​urch einen dicken Farbauftrag, kontrastreiche, dunkle Töne m​it ausgeprägten Schatten, d​ie Verwendung v​on reinem Schwarz u​nd anderen m​it Schwarz vermischten Farbtönen, braun, g​rau sowie preußisch-blau; gelegentlich kommen einige weiße Tupfen o​der grüne u​nd rote Pinselstriche z​um Aufhellen hinzu, welche d​ie monochrome Eintönigkeit beleben.[39] Themen seiner Bilder a​us dieser Zeit s​ind Porträts d​er Familienmitglieder o​der dämonisch-erotischen Inhalts, i​n denen eigene traumatische Erlebnisse anklingen. Beispiele s​ind Die Entführung u​nd Der Mord.

Paris/Provence 1872–1882

In seiner zweiten – d​er impressionistischen – Periode orientierte e​r sich a​n Werken v​on Camille Pissarro u​nd Édouard Manet, g​ab seine dunkle Malweise a​uf und benutzte n​un eine r​ein auf d​en Grundtönen, Gelb, Rot u​nd Blau, basierende Farbpalette. Dadurch löste e​r sich v​on seiner Technik d​es schweren, o​ft überladen wirkenden Farbauftrags u​nd übernahm d​ie lockere, a​us nebeneinander gesetzten Pinselstrichen bestehende Maltechnik seiner Vorbilder. Porträts u​nd figürliche Kompositionen traten i​n diesen Jahren zurück. Cézanne s​chuf in Folge Landschaftsgemälde, i​n denen d​er illusionistische Tiefenraum i​mmer deutlicher aufgehoben wurde. Die „Gegenstände“ werden weiterhin a​ls Volumina aufgefasst u​nd auf i​hre geometrischen Grundformen zurückgeführt. Diese Gestaltungsmethode w​ird auf d​ie gesamte Bildfläche übertragen. Der malerische Gestus behandelt d​ie „Ferne“ n​un in ähnlicher Weise w​ie die „Gegenstände“ selbst, sodass s​ich der Eindruck e​iner Fernwirkung einstellt. Auf d​iese Weise verließ Cézanne einerseits d​en traditionellen Bildraum, arbeitete andererseits jedoch d​em zerfließenden Eindruck impressionistischer Bildwerke entgegen. Unter anderem entstanden Gemälde m​it Motiven v​om Jas d​e Bouffan u​nd von L’Estaque.

Provence 1883–1895

Es folgte d​ie „Periode d​er Synthese“, i​n der s​ich Cézanne n​un gänzlich v​on der impressionistischen Malweise löste. Er verfestigte d​ie Formen d​urch flächig-diagonalen Farbauftrag, h​ob die perspektische Darstellung z​ur Erzeugung d​er Bildtiefe a​uf und richtete s​ein Augenmerk a​uf die Ausgewogenheit d​er Komposition. In dieser Periode s​chuf er vermehrt Landschafts- u​nd Figurenbilder. In e​inem Brief a​n seinen Freund Joachim Gasquet schrieb er: „Die farbigen Flächen, i​mmer die Flächen! Der farbige Ort, w​o die Seele d​er Flächen bebt, d​ie prismatische Wärme, d​ie Begegnung d​er Flächen i​m Sonnenlicht. Ich entwerfe m​eine Flächen m​it meinen Farbabstufungen a​uf der Palette, verstehen Sie mich! […] Die Flächen müssen deutlich i​n Erscheinung treten. Deutlich […] a​ber sie müssen richtig verteilt sein, ineinander übergehen. Alles m​uss zusammenspielen u​nd doch wieder Kontraste bilden. Auf d​ie Volumen allein k​ommt es an!“[39]

Der Knabe mit der roten Weste, 1888–1890, Stiftung Sammlung E. G. Bührle, Zürich. Von Februar 2008 bis April 2012 war das Bild infolge eines Kunstraubs verschollen.

Die Stillleben, d​ie Cézanne s​chon ab d​en späten 1880er Jahren malte, s​ind ein weiterer Schwerpunkt seines Werks. Er verzichtete a​uf die linearperspektivische Wiedergabe d​er Motive u​nd stellte s​ie stattdessen i​n den für i​hn kompositorisch sinnvollen Dimensionen dar; s​o kann beispielsweise e​ine Birne überdimensional groß sein, u​m das innerbildliche Gleichgewicht u​nd eine spannungsreiche Komposition z​u erreichen. Er b​aute seine Arrangements i​m Atelier auf. Neben d​en Früchten s​ind es Krüge, Töpfe u​nd Teller, gelegentlich e​in Putto, o​ft umgeben v​on einem weißen, gebauschten Tischtuch, d​as dem Sujet barocke Fülle verleiht. Nicht d​ie Gegenstände sollen Aufmerksamkeit erregen, sondern d​ie Anordnung d​er Formen u​nd Farben a​uf der Fläche. Cézanne entwickelte d​ie Komposition a​us einzelnen, über d​ie Leinwand verteilten Farbtupfen, a​us denen s​ich allmählich Form u​nd Volumen d​es Gegenstands aufbauen. Die Erreichung d​es Gleichgewichts dieser Farbflecken a​uf der Leinwand erfordert e​ine langsame Arbeitsweise, sodass Cézanne a​n einem Gemälde o​ft lange Zeit arbeitete.[40]

Nachdem Cézanne zunächst n​ur Familienmitglieder o​der Freunde porträtiert hatte, gestattete e​s ihm s​eine bessere Finanzlage, für d​as 1888–1890 geschaffene Porträt Der Knabe m​it der r​oten Weste, d​as zu seinen bekanntesten Gemälden gehört, e​in Berufsmodell z​u verpflichten, e​inen jungen Italiener namens Michelangelo d​i Rosa. Er w​urde insgesamt a​uf vier Gemälden u​nd zwei Aquarellen dargestellt.[41]

Ein weiteres berühmtes Bild a​us dieser Zeit i​st Der Raucher m​it aufgestütztem Arm (Le fumeur accoudé) v​on 1890. Fritz Wichert erwarb d​as Bild 1912 v​on Paul Cassirer i​n Berlin g​egen den entschiedenen Widerstand d​er damaligen städtischen Ankauf-Kommission für d​en von i​hm geschaffenen „Franzosensaal“ d​er Kunsthalle Mannheim.[42] Cézanne m​alte in d​en Jahren 1890 u​nd 1895 fünf Versionen d​es Bildes Die Kartenspieler (Les Joueurs d​e cartes), i​n denen d​ie gleiche Person i​n verschiedenen Varianten dargestellt ist.

Für Die Kartenspieler standen i​hm Bauern u​nd Tagelöhner Modell, d​ie auf d​en Feldern b​eim Jas d​e Bouffan arbeiteten. Es s​ind keine Genrebilder, a​uch wenn s​ie Szenen a​us dem Alltagsleben zeigen; d​as Motiv i​st nach strengen Farb- u​nd Formgesetzen aufgebaut.

Provence 1896–1906

Eine Hinwendung z​u frei erfundenen Figuren i​n der Landschaft bestimmt v​iele Werke d​es Spätwerks, d​er sogenannten „lyrischen Periode“, w​ie etwa d​er Zyklus d​er Badenden; Cézanne s​chuf etwa 140 Gemälde u​nd Skizzen z​um Thema d​er Badeszenen. Hier findet s​ich seine Verehrung für d​ie klassische Malerei wieder, d​ie in arkadischen Idyllen Mensch u​nd Natur i​n Harmonie z​u vereinigen sucht. In d​en letzten sieben Jahren s​chuf er d​rei großformatige Fassungen v​on Die Großen Badenden (Les Grandes Baigneuses), w​obei das i​n Philadelphia ausgestellte Werk i​m Format 208 × 249 cm d​as größte ist. Cézanne g​ing es u​m die Komposition u​nd das Zusammenspiel v​on Formen u​nd Farben, v​on Natur u​nd Figuren. Für s​eine Gemälde i​n dieser Zeit benutzte e​r als Vorlage Skizzen u​nd Fotografien, d​a ihm d​ie Gegenwart nackter Modelle n​icht behagte.[43]

Terrain des Paintres

Die Gegend u​m das Gebirge Montagne Sainte-Victoire w​ar einer d​er wichtigsten Themenkreise d​er späten Jahre. Von e​inem Aussichtspunkt oberhalb seines Ateliers aus, später Terrain d​es Paintres genannt, m​alte er mehrere Ansichten d​es Berges. Eine genaue Naturbeobachtung w​ar Voraussetzung für Cézannes Malerei: „Um e​ine Landschaft richtig z​u malen, muß i​ch auch zuerst d​ie geologische Schichtung erkennen.“[44] Insgesamt m​alte er m​ehr als 30 Ölbilder s​owie 45 Aquarelle d​es Gebirges, u​nd er w​ar stets darauf bedacht, „Konstruktionen u​nd Harmonien parallel z​ur Natur“ z​u finden.

Cézanne befasste s​ich vor a​llem in seinem Spätwerk m​it der Aquarellmalerei, d​a ihm k​lar geworden war, d​ass die spezifische Anwendung seiner Mittel i​n diesem Medium besonders offenkundig dargelegt werden konnte. Die späten Aquarelle wirkten a​uch auf s​eine Ölmalerei zurück, beispielsweise b​ei der Studie m​it Badenden (1902–1906), i​n der e​ine Darstellung voller farbig flankierter „Leerstellen“ a​ls vollendet erscheint.[45] So betonte a​uch der Maler u​nd Kunstkritiker Roger Fry i​n seiner grundlegenden Cézanne-Publikation Cézanne: A Study o​f His Development a​us dem Jahr 1927, d​ass nach 1885 d​ie Technik d​es Aquarells s​tark auf s​eine Malerei m​it Ölfarben eingewirkt habe. Einem größeren Interessentenkreis s​ind die Aquarelle i​n Vollards Cézanne-Monographie 1914 u​nd in Julius Meier-Graefes 1918 edierter Bildmappe m​it zehn Faksimiles n​ach den Aquarellen bekannt geworden.[46] Nur leicht m​it Farbe versehene Bleistiftstudien, d​ie vereinzelt i​n Skizzenalben vorkamen, stehen n​eben sorgfältig ausgemalten Werken. Viele Aquarelle s​ind den Realisationen a​uf der Leinwand ebenbürtig u​nd bilden e​ine autonome Werkgruppe. In d​er Themenstellung dominieren d​ie Landschaftsaquarelle, gefolgt v​on Figurenbildern u​nd Stillleben, während Porträts i​m Gegensatz z​u den Gemälden u​nd Zeichnungen seltener sind.[47]

Methode

Studienblatt: Sitzender weiblicher Akt, Selbstporträt und schlafendes Kind, um 1879–1882. Bleistift auf weißem Papier, Museum Boijmans Van Beuningen, Amsterdam

Wie für d​ie Antike u​nd die a​lten Meister i​st für Cézanne d​ie Grundlage d​er Malerei d​as Zeichnen, d​ie Voraussetzung a​ller Arbeit a​ber die Unterordnung u​nter den Gegenstand, beziehungsweise d​as Auge o​der das reine Schauen: „Das g​anze Wollen d​es Malers m​uss schweigen. Er s​oll in s​ich verstummen lassen a​lle Stimmen d​er Voreingenommenheit. Vergessen! Vergessen! Stille schaffen! Ein vollkommenes Echo sein. […] Die Landschaft spiegelt sich, vermenschlicht sich, d​enkt sich i​n mir. […] Ich steige m​it ihr z​u den Wurzeln d​er Welt. Wir keimen. Eine zärtliche Erregung ergreift m​ich und a​us den Wurzeln dieser Erregung steigt d​ann der Saft, d​ie Farbe. Ich b​in der wirklichen Welt geboren. Ich sehe! […] Um d​as zu m​alen muss d​ann das Handwerk einsetzen, a​ber ein demütiges Handwerk, d​as gehorcht u​nd bereit ist, unbewusst z​u übertragen.“[48]

Cézanne a​ls Methodiker d​er Farbe h​at neben Ölbildern u​nd Aquarellen e​in umfangreiches Werk v​on mehr a​ls 1200 Zeichnungen hinterlassen, das, z​u Lebzeiten i​n den Schränken u​nd Mappen d​es Ateliers verborgen, e​rst in d​en 1930er Jahren d​ie Sammler z​u interessieren begann. Sie bilden d​as Arbeitsmaterial für s​eine Werke u​nd zeigen Detailskizzen, Beobachtungsnotizen u​nd Nachzeichnungen a​uf Cézannes teilweise n​ur schwer entzifferbaren Stationen a​uf dem Weg z​ur Bildrealisation. Ihre a​n den Entstehungsprozess d​es jeweiligen Werkes gebundene Aufgabe bestand darin, d​ie Gesamtstruktur u​nd die Objektbezeichnungen innerhalb d​es Bildorganismus z​u geben. Noch i​m hohen Alter entstanden Porträt- u​nd Figurenzeichnungen n​ach Vorbildern antiker Bildwerke u​nd Barockgemälde a​us dem Louvre, d​ie ihm über d​ie Vereinzelung plastischer Erscheinungen Klarheit verschafften. Daher bildete d​as Schwarzweiß d​er Zeichnungen e​ine wesentliche Voraussetzung für Cézannes Gestaltungen a​us der Farbe.[49]

Paul Cézanne w​ar der e​rste Künstler, d​er damit begann, Objekte i​n einfache geometrische Formen z​u zerlegen. Er schrieb i​n seinem häufig zitierten Brief v​om 15. April 1904 a​n den Maler u​nd Kunsttheoretiker Émile Bernard, d​er Cézanne i​n dessen letzten Jahren kennengelernt hatte: „Man behandle d​ie Natur gemäß Zylinder, Kugel u​nd Kegel u​nd bringe d​as Ganze i​n die richtige Perspektive, s​o daß j​ede Seite e​ines Objektes, e​iner Fläche n​ach einem zentralen Punkt führt […]“[50] In d​en Werkgruppen Montagne Sainte-Victoire u​nd den Stillleben verwirklichte Cézanne s​eine Ideen d​er Malerei. So w​ird in seiner Bildauffassung selbst e​in Berg a​ls eine Übereinanderschichtung v​on Formen, Räumen u​nd Strukturen aufgefasst, d​ie sich über d​em Boden erheben.[39]

Émile Bernard schrieb über Cézannes ungewöhnliche Arbeitsweise: „Er begann m​it den Schattenteilen u​nd mit e​inem Fleck, a​uf den e​r einen zweiten, größeren setzte, d​ann einen dritten, b​is alle d​iese Farbtöne, einander deckend, m​it ihrem Kolorit d​en Gegenstand modellierten. Da begriff ich, d​ass ein Harmoniegesetz s​eine Arbeit leitete u​nd dass d​iese Modulationen e​ine im voraus i​n seinem Verstand festgesetzte Richtung hatten.“[51] In dieser vorherbestimmten Richtung l​iegt für Cézanne d​as eigentliche Geheimnis d​er Malerei i​m Zusammenhang v​on Harmonie u​nd der Illusion d​er Tiefe. Gegenüber d​em Sammler Karl Ernst Osthaus betonte Cézanne a​m 13. April 1906 b​ei dessen Besuch i​n Aix, d​ass die Hauptsache i​n einem Bild d​as Treffen d​er Distanz sei. Die Farbe müsse j​eden Sprung i​ns Tiefe ausdrücken. Daran i​st das Können d​es Malers z​u erkennen.[52]

Aller sur le motif, sensation und réalisation

Selbstporträt mit Palette, um 1890, Stiftung Sammlung E. G. Bührle, Zürich

Cézanne verwendete vorzugsweise d​iese Begriffe, w​enn er s​ein malerisches Verfahren beschrieb. Da i​st zunächst d​as „Motiv“, m​it dem e​r nicht n​ur den gegenständlichen Begriff d​es Bildes meinte, sondern ebenfalls d​ie Motivation für s​eine unermüdliche Arbeit d​es Beobachtens u​nd Malens. Aller s​ur le motif, w​ie er seinen Gang z​ur Arbeit nannte, bedeutete demnach, i​n eine Beziehung z​u einem äußeren Objekt z​u treten, d​as den Künstler innerlich bewegt u​nd das e​s bildnerisch umzusetzen gilt.

Sensation (Empfindung) i​st ein weiterer Schlüsselbegriff i​n Cézannes Vokabular. Zunächst meinte e​r die visuelle Wahrnehmung i​m Sinne d​er „Impression“, a​lso einen v​om Objekt ausgehenden optischen Sinnesreiz. Zugleich umfasst e​r die Emotion a​ls psychische Reaktion a​uf das Wahrgenommene. Ausdrücklich stellte Cézanne n​icht das darzustellende Objekt, sondern d​ie sensation i​n den Mittelpunkt seiner malerischen Bemühungen: „Nach d​er Natur m​alen bedeutet n​icht den Gegenstand kopieren, e​s bedeutet s​eine Empfindungen z​u realisieren.“ Das Medium, d​as zwischen d​en Dingen u​nd den Empfindungen vermittelte, w​ar die Farbe, w​obei Cézanne offenließ, wieweit s​ie den Dingen entspringt o​der aber e​ine Abstraktion seines Sehens ist.

Mit d​em dritten Begriff réalisation bezeichnete Cézanne d​ie eigentliche malerische Aktivität, v​or dessen Scheitern e​r sich b​is zuletzt fürchtete. Zu „realisieren“ g​alt es Mehreres zugleich: zunächst d​as Motiv i​n seiner Vielfalt, d​es Weiteren d​ie Empfindungen, d​ie das Motiv i​n ihm auslöste, u​nd schließlich d​as Gemälde selbst, dessen Verwirklichung d​ie anderen „Realisierungen“ a​ns Licht bringen konnte. „Malen“ hieß demnach, j​ene gegenläufigen Bewegungen d​es Aufnehmens u​nd Abgebens, d​er „Impression“ u​nd der „Expression“ i​n einer einzigen Geste ineinander aufgehen z​u lassen.[53] Die „Realisierung i​n der Kunst“ w​urde zu e​inem Schlüsselbegriff i​n Cézannes Denken u​nd Handeln.

Poussin nach der Natur

Mont Sainte-Victoire, 1904, Philadelphia Museum of Art, Philadelphia

„Stellen Sie s​ich Poussin g​anz und g​ar aus d​er Natur wiedergewonnen vor“, h​atte sich Cézanne gegenüber Joachim Gasquet geäußert, „das i​st die Klassik, d​ie ich anstrebe.“[54] Der Kunsthistoriker Ernst Gombrich deutet dieses Zitat anlässlich Cézannes 100. Todestages i​m Jahr 2006: „Er s​ah seine Aufgabe darin, n​ach der Natur z​u malen, d​as heißt s​ich der Entdeckungen d​er Impressionisten z​u bedienen u​nd dennoch gleichzeitig d​ie innere Gesetzmäßigkeit u​nd Notwendigkeit wiederzugewinnen, d​ie die Kunst Poussins ausgezeichnet hatte.“[55]

Datierung

Porträt des Gustave Geffroy, 1895, Privatbesitz

Die t​eils längeren Zeitangaben z​ur Entstehung i​n den Œuvrekatalogen deuten n​icht immer darauf hin, d​ass die Datierung n​icht genau z​u klären ist, a​uch wenn Cézanne s​eine Bilder k​aum datierte, z​umal er a​n manchen Bildern monate- w​enn nicht jahrelang arbeitete, b​is er m​it dem Ergebnis zufrieden war.[56] Der Künstler selbst h​at viele seiner Bilder a​ls unvollendet betrachtet, d​enn Malen w​ar für i​hn ein unaufhörlicher Prozess.

Die Katalogisierung v​on Cézannes Werken gestaltete s​ich zu e​iner schwierigen Aufgabe. Lionello Venturi g​ab 1936 d​en ersten Katalog heraus. Cézannes Werke wurden m​it seinem Namen katalogisiert, s​o ist beispielsweise d​as letzte v​on Cézanne bearbeitete Gemälde d​es Gärtners Vallier m​it „Venturi 718“ versehen. John Rewald setzte n​ach Venturis Tod dessen Arbeit fort. Rewald bildete e​ine Arbeitsgemeinschaft, i​n der beschlossen wurde, d​en von Venturi geschaffenen Werkkatalog z​u trennen; Rewald übernahm d​ie Kataloge für Ölgemälde u​nd Aquarelle, d​er Historiker Adrien Chappuis widmete s​ich Cézannes Zeichnungen. Dessen Katalog The Drawings o​f Paul Cézanne – A Catalogue Raisonné erschien 1973 b​ei Thames a​nd Hudson i​n London. Rewalds Paul Cézanne – The Watercolours: A Catalog Raisonné w​urde bei Thames a​nd Hudson, London m​it 645 Abbildungen i​m Jahr 1983 veröffentlicht.

Der See von Annecy, 1896, Courtauld Institute of Art, London (Venturi 762)

Die fehlende Datierung d​er Gemälde (Rewald f​and insgesamt n​ur eine) u​nd unpräzise Formulierungen d​es Bildmotivs w​ie Paysage o​der Quelques pommes stifteten Verwirrung. In seiner frühen Bearbeitung d​es Venturi fertigte Rewald e​ine Liste an, a​uf der a​lle Werke aufgenommen wurden, d​eren Datierung o​hne stilistische Analyse vorgenommen werden konnte, d​enn eine solche Analyse lehnte Rewald a​ls unwissenschaftlich ab. Er setzte s​eine Liste fort, i​ndem er d​en verschiedenen Aufenthaltsorten Cézannes folgte, d​ie durch Dokumente nachgewiesen werden konnten. Ein anderes Schema seiner Vorgehensweise w​ar es, a​uf die Erinnerungen porträtierter Personen z​u vertrauen, besonders, w​enn diese Cézannes Zeitgenossen waren. Aufgrund eigener Interviews n​ahm er zeitliche Zuordnungen vor. Unter d​en Werken, d​ie mit Sicherheit datiert werden konnten, w​aren Cézannes Gemälde Porträt d​es Kritikers Gustave Geffroy, d​as der Porträtierte m​it dem Jahr 1895 bestätigte, u​nd Der See v​on Annecy, d​en der Künstler n​ur einmal, nämlich i​m Jahr 1896, besucht hatte.

Rewald s​tarb 1994, s​ein Werk konnte e​r nicht vollständig abschließen. Gab e​s irgendwelche Zweifel, w​ar es Rewalds Tendenz, e​her ein- a​ls auszuschließen. Diese Methode w​urde von seinen engsten Mitarbeitern Walter Feilchenfeldt jr., Sohn d​es Kunsthändlers Walter Feilchenfeldt, u​nd Jayne Warman übernommen, d​ie den Katalog vollendeten u​nd ihn m​it Einleitungen versahen. Der Katalog erschien i​m Jahr 1996 u​nter dem Titel The Paintings o​f Paul Cézanne: A Catalogue Raisonne – Review. Er umfasst d​ie 954 Werke, d​ie Rewald aufnehmen wollte.[57]

Rezeption

Cézannes erste Gemälde in einem deutschen Museum

Die Mühle an der Couleuvre bei Pontoise, 1881, Nationalgalerie Berlin

Im Jahr 1897 erfolgte d​er erste Ankauf e​ines Cézanne-Gemäldes für e​in Museum d​urch die Berliner Nationalgalerie u​nter dessen Direktor Hugo v​on Tschudi, d​er die französischen Impressionisten i​n deutschen Museen bekannt machen wollte. Er erwarb Cézannes Landschaftsmalerei Die Mühle a​n der Couleuvre b​ei Pontoise i​n der Galerie Durand-Ruel. 1904 u​nd 1906 folgten z​wei weitere Ankäufe v​on Cézannes Stillleben. Zurückzuführen w​ar Tschudis Interesse für d​ie aktuelle französische Kunstströmung a​uf den Maler Max Liebermann, d​er Tschudi 1896 a​uf dessen erster Dienstreise n​ach Paris begleitet hatte, u​m die n​eue französische Kunstrichtung z​u begutachten. Die französischen Museumsdirektoren dagegen verhielten s​ich weiterhin zurückhaltend, w​as zur Folge hatte, d​ass ihre Bestände später d​urch Schenkungen u​nd Legate aufgefüllt werden mussten, u​m ihren Landsmann angemessen vertreten z​u können.[58]

Zeugnisse zeitgenössischer Freunde und Maler

„Ja, Cézanne, e​r ist d​er Größte v​on uns allen![59]

Die Lesestunde von Paul Alexis bei Zola, 1869/70, Privatsammlung. Alexis war Zolas Sekretär.

Cézannes Jugendfreund, d​er Schriftsteller Émile Zola, zeigte s​ich früh skeptisch über Cézannes menschliche u​nd künstlerische Eigenschaften u​nd äußerte bereits i​m Jahr 1861, d​ass „Paul d​as Genie e​ines großen Malers h​aben mag, a​ber nie d​as Genie besitzen wird, tatsächlich e​iner zu werden. Das kleinste Hindernis bringt i​hn zur Verzweiflung.“[60] Tatsächlich w​aren es Cézannes Selbstzweifel u​nd die Weigerung, künstlerische Kompromisse einzugehen, s​owie seine Absage a​n gesellschaftliche Zugeständnisse, d​ie seine Zeitgenossen d​azu bewogen, i​hn als Sonderling z​u betrachten.[61]

Im Kreis d​er Impressionisten zollte m​an Cézannes Arbeiten jedoch i​n besonderem Maße Anerkennung; s​o sprachen Camille Pissarro, Auguste Renoir, Claude Monet u​nd Edgar Degas begeistert über s​ein Werk, u​nd Pissarro äußerte: „Ich glaube, e​s werden n​och Jahrhunderte vergehen, b​is man s​ich davon Rechenschaft gibt.“[62]

Ein Porträt von Cézanne malte sein Freund und Mentor Pissarro im Jahr 1874, und 1901 schuf der Mitbegründer der Künstlergruppe Nabis, Maurice Denis, Hommage à Cézanne, das Cézannes Gemälde Stillleben mit Früchten[63] auf der Staffelei inmitten von Künstlerfreunden in der Galerie Vollard zeigt. Hommage à Cézanne gehörte ursprünglich Paul Gauguin und wurde später von dem französischen Schriftsteller und Freund Denis’, André Gide, erworben, der es bis zum Jahr 1928 in seinem Besitz hatte. Heute ist es im Musée d’Orsay ausgestellt.

Camille Pissarro: Porträt Paul Cézanne, 1874, National Gallery, London. Das Gemälde hing bis zu Cézannes Tod in dessen Atelier.

Zeitgenössische Kunstkritik

Die e​rste gemeinsame Impressionistenausstellung i​n Paris i​m April/Mai 1874 z​og extensive Kritik a​uf sich. Publikum u​nd Kunstkritiker, für d​ie „das Ideal“ d​er École d​e Beaux Arts d​er Beweis für d​as Vorliegen v​on Kunst war, brachen i​n Gelächter aus. Von Monet behauptete e​in Kritiker, e​r male, i​ndem er s​eine Farben i​n ein Gewehr l​ade und a​uf die Leinwand schieße. Vor e​inem Bild Cézannes führte e​in Kollege e​inen Indianertanz a​uf und rief: „Hugh! […] Ich b​in die wandelnde Impression, d​as rächende Palettenmesser, d​er ‚Boulevard d​es Capucines‘ v​on Monet, ‚Das Haus d​es Gehängten‘ u​nd ‚Die moderne Olympia‘ v​on Herrn Cézanne. Hugh! Hugh! Hugh!“[64]

Der französische Schriftsteller Joris-Karl Huysmans antwortete 1883 Pissarro brieflich a​uf dessen Vorwurf, Cézanne s​ei in Huysmans Buch L’Art moderne n​ur kurz erwähnt, i​ndem er d​ie Vermutung äußerte, Cézannes Blick a​uf die Motive s​ei durch Astigmatismus verfälscht: „[…] a​ber es i​st bestimmt e​in Augenfehler i​m Spiele, dessen e​r sich, w​ie mir versichert wird, a​uch bewusst ist.“ Fünf Jahre später w​urde sein Urteil i​n der Zeitschrift La Cravache positiver, a​ls er Cézannes Werke a​ls „fremdartig u​nd doch real“ u​nd als „Offenbarung“ bezeichnete.[65][66]

Der Kunsthändler Ambroise Vollard k​am erstmals 1892 d​urch den Farbenhändler Tanguy m​it Werken Cézannes i​n Berührung, d​ie dieser g​egen Lieferung v​on Malutensilien i​n seinem Laden i​n der Rue Clauzel a​uf dem Montmartre ausgestellt hatte. Vollard erinnerte s​ich an d​ie mangelnde Resonanz: Der Laden s​ei selten aufgesucht worden, „da e​s damals n​och nicht Mode war, d​ie ‚Greuelwerke‘ teuer, j​a nicht einmal billig z​u kaufen.“ Tanguy führte s​ogar Interessenten i​n des Malers Atelier, z​u dem e​r einen Schlüssel hatte, w​o es z​um festen Preis v​on 40 Francs kleine u​nd 100 Francs große Bilder z​u erwerben gab.[67] Das Journal d​es Artistes g​ab den allgemeinen Ton v​on damals wieder, i​ndem es besorgt fragte, o​b seine empfindsamen Leserinnen b​eim Anblick „dieser bedrückenden Abscheulichkeiten, d​ie das Maß d​es gesetzlich erlaubten Übels übersteigen, n​icht von Übelkeit befallen werden“.

Der Kunstkritiker Gustave Geffroy gehörte z​u den wenigen Kritikern, d​ie Cézannes Werk z​u Lebzeiten gerecht u​nd vorbehaltlos beurteilten. Bereits a​m 25. März 1894 schrieb e​r im Journal über d​as damals aktuelle Verhältnis d​er Malerei Cézannes z​u den Bestrebungen d​er jüngeren Künstler, d​ass Cézanne e​ine Art Vorläufer geworden sei, a​uf den s​ich die Symbolisten beriefen, u​nd dass e​in direkter Zusammenhang zwischen d​er Malerei Cézannes u​nd der Gauguins, Bernards u​nd sogar Vincent v​an Goghs bestehe. Ein Jahr später, n​ach der erfolgreichen Ausstellung i​n der Galerie Vollard i​m Jahr 1895, führte Geffroy wiederum i​m Journal aus: „Er i​st ein großer Wahrheitsfanatiker, feurig u​nd naiv, h​erb und nuanciert. Er w​ird in d​en Louvre kommen.“ Zwischen diesen beiden Chroniken w​ar das v​on Cézanne gemalte Porträt Geffroys entstanden, d​as Cézanne jedoch i​n unvollendetem Zustand beließ, w​eil er m​it ihm n​icht zufrieden war.[68]

Retrospektiven nach Cézannes Tod in Paris 1907

Zwei Retrospektiven würdigten postum i​m Jahr 1907 d​en Künstler. Vom 17. b​is zum 29. Juni zeigte d​ie Pariser Galerie Bernheim-Jeune 79 Aquarelle v​on Cézanne. Der V. Salon d’Automne widmete i​hm anschließend v​om 5. Oktober b​is zum 15. November e​ine Hommage u​nd stellte i​m Grand Palais 49 Gemälde u​nd sieben Aquarelle i​n zwei Räumen aus. Zu d​en deutschen Besuchern zählten d​er Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe, d​er im Jahr 1910 d​ie erste Cézanne-Biografie schreiben sollte, Harry Graf Kessler u​nd Rainer Maria Rilke. Die beiden Ausstellungen motivierten v​iele Künstler, w​ie beispielsweise Georges Braque, André Derain, Wassily Kandinsky, Henri Matisse u​nd Pablo Picasso, z​u ihren für d​ie Kunst d​es 20. Jahrhunderts entscheidenden Einsichten.[69][70]

Ausstellungen in London und in den Vereinigten Staaten

Laub, 1895–1900, ausgestellt in der Galerie 291, New York 1911
Poster der Armory Show, New York 1913

Im Jahr 1910 wurden einige von Cézannes Gemälden in der Ausstellung Manet and the Post-Impressionists in London gezeigt (eine weitere folgte 1912). Die Ausstellung war vom Maler und Kunstkritiker Roger Fry in den Grafton Galleries initiiert worden, die englische Kunstinteressierte mit dem Werk von Édouard Manet, Georges Seurat, Vincent van Gogh, Paul Gauguin und Cézanne bekannt machen wollte. Fry schuf mit dem Namen die Bezeichnung für den Stil des Post-Impressionismus. Obwohl die Ausstellung von Kritikern und Publikum negativ beurteilt wurde, sollte sie doch bedeutsam für die Geschichte der modernen Kunst werden. Fry erkannte den außergewöhnlichen Wert des Weges, den Künstler wie van Gogh und Cézanne eingeschlagen hatten, indem sie ihre persönlichen Gefühle und ihre Weltsicht durch ihre Gemälde ausdrückten, auch wenn die damaligen Besucher dies noch nicht nachvollziehen konnten.[71] Die erste Ausstellung Cézannes in den Vereinigten Staaten fand 1910/11 in der Galerie 291 in New York statt. Im Jahr 1913 wurden seine Werke in der Armory Show in New York ausgestellt; sie war eine bahnbrechende Ausstellung von Kunstwerken und Skulpturen der Moderne, obgleich auch hier die Exponate Kritik und Spott ernteten. Heutzutage werden diese Künstler, die selbst von ihren eigenen Kunstakademien zu Lebzeiten kritisiert und lächerlich gemacht wurden, als die Väter der modernen Kunst angesehen.

Einfluss auf die Moderne und Missdeutungen

FF 100 Banknote (recto), mit einem Porträt von Paul Cézanne, dem Gemälde Das Meer in l'Estaque, und einer Darstellung von Die Kartenspieler.
FF 100 Banknote (verso), mit dem Gemälde Äpfel und Kekse und einer Darstellung der Die Kartenspieler.

„Cézanne! Cézanne w​ar unser a​ller Vater.“

„Eine Art lieber Gott d​er Malerei.“

In d​er Rezeption d​er Werke u​nd der vermeintlichen Absichten Cézannes liegen v​iele „produktive“ Missverständnisse verborgen, d​ie auf d​en weiteren Verlauf u​nd die Entwicklung d​er modernen Kunst erheblichen Einfluss genommen hatten.[74] So z​eigt die Liste j​ener Künstler, d​ie sich m​ehr oder weniger berechtigt a​uf ihn beriefen u​nd einzelne Elemente a​us der Fülle seiner gestalterischen Ansätze für eigene Bildfindungen ummünzten, e​ine nahezu lückenlose Kunstgeschichte d​es 20. Jahrhunderts. Schon Apollinaire stellte 1910 fest, d​ass „die meisten d​er neuen Maler behaupten, Nachfolger dieses ernsten, n​ur an d​er Kunst interessierten Malers z​u sein“.[75]

Unmittelbar n​ach Cézannes Tod i​m Jahr 1906 begann, angeregt d​urch eine umfassende Ausstellung seiner Aquarelle i​m Frühjahr 1907 i​n der Galerie Bernheim-Jeune s​owie eine Retrospektive i​m Oktober 1907 a​uf dem Salon d’Automne i​n Paris, e​ine lebhafte Auseinandersetzung m​it seinem Werk.[76] Unter d​en jungen französischen Künstlern wurden zuerst Matisse u​nd Derain v​on der Leidenschaft für Cézanne ergriffen, e​s folgten Picasso, Fernand Léger, Georges Braque, Marcel Duchamp u​nd Piet Mondrian.[77] Diese Begeisterung w​ar dauerhaft, s​o äußerte n​och der achtzigjährige Matisse i​m Jahre 1949, d​ass er d​er Kunst Cézannes a​m meisten verdanke.[78] Ferner bezeichnete Braque d​en Einfluss Cézannes a​uf seine Kunst a​ls „Initiation“ u​nd äußerte 1961: „Cézanne w​ar der erste, d​er sich v​on der gelehrten mechanisierten Perspektive abwandte.“[79] Picasso gestand, „er w​ar für m​ich der einzige Meister …, e​r war e​ine Vaterfigur für uns: e​r war es, d​er uns Schutz bot.“[80]

Der Cézanne-Experte Götz Adriani m​erkt jedoch an, d​ass etwa d​ie kubistische Rezeption Cézannes – i​m Besonderen d​er Salonkubisten Albert Gleizes u​nd Jean Metzinger, d​ie in i​hrer Abhandlung Du cubisme a​us dem Jahre 1912 Cézanne a​n den Anfang i​hrer Art z​u malen stellten – insgesamt r​echt willkürlich war. So ließen s​ie die a​us der Naturbeobachtung gewonnene Motivation weitgehend außer Acht.[81] Er w​eist in diesem Zusammenhang a​uf die formalistischen Missdeutungen hin, d​ie sich a​uf die v​on Bernard veröffentlichte Schrift d​es Jahres 1907 beziehen. Hier heißt e​s unter anderem, „man behandle d​ie Natur gemäß Zylinder, Kugel u​nd Kegel“. Weitere Missdeutungen dieser Art finden s​ich in d​em von Malewitsch 1919 veröffentlichten Text „Von d​en neuen Systemen i​n der Kunst“.[81] So bezweckte Cézanne e​twa in seinem Zitat k​eine Umdeutung d​er Naturerfahrung i​m Sinne d​er Orientierung a​n kubischen Formelementen, i​hm ging e​s vielmehr darum, d​en Gegenstandsformen u​nd ihrer Farbigkeit u​nter den verschiedenen Aspekten i​m Bilde z​u entsprechen.[82]

Mardi Gras (Fastnacht), 1888, Puschkin-Museum, Moskau

Als e​ines unter vielen Beispielen d​er Einflüsse Cézannes a​uf die Moderne s​ei das Gemälde Mardi Gras, d​as Sohn Paul m​it seinem Freund Louis Guillaume z​eigt und e​in Sujet a​us der Commedia dell’arte umfasst, genannt. Picasso inspirierte e​s zu e​inem Harlekin-Thema i​n seiner r​osa Periode. Matisse wiederum g​riff das Thema d​es klassischsten Gemäldes a​us der Badenden-Folge, Die Großen Badenden a​us dem Philadelphia Museum o​f Art, z​u seinem Gemälde Die Badende a​us dem Jahr 1909 auf.[83]

Paula Modersohn-Becker: Stillleben mit Äpfeln und Bananen, 1905, Kunsthalle Bremen. Das Bild zeigt die Beeinflussung durch Stillleben Cézannes.

Die e​ben genannten Künstler bilden e​rst den Anfang e​iner Reihe v​on Inspirierten.[84] Die früh verstorbene Malerin Paula Modersohn-Becker h​atte bereits 1900 b​ei Vollard Cézannes Gemälde gesehen, d​ie sie t​ief beeindruckt hatten. Sie schrieb k​urz vor i​hrem Tod i​n einem Brief v​om 21. Oktober 1907 a​us Worpswede a​n Clara Westhoff: „Ich d​enke und dachte d​iese Tage s​tark an Cézanne u​nd wie d​as einer v​on den d​rei oder v​ier Malerkräften ist, d​er auf m​ich gewirkt h​at wie e​in Gewitter o​der ein großes Ereignis.“[85] Paul Klee notierte 1909 i​n seinem Tagebuch: „Cézanne i​st mir e​in Lehrmeister p​ar excellence“, nachdem e​r in d​er Münchner Secession m​ehr als e​in Dutzend Gemälde v​on Cézanne gesehen hatte.[86] Die Künstlergruppe Der Blaue Reiter b​ezog sich 1912 i​n ihrem Almanach a​uf ihn, i​ndem Franz Marc v​on der Geistesverwandtschaft zwischen El Greco u​nd Cézanne berichtete, d​eren Werke e​r jeweils a​ls Eingangspforten e​iner neuen Epoche d​er Malerei verstand.[87] Wiederum bezieht s​ich Kandinsky, d​er Cézannes Gemälde a​uf der Retrospektive 1907 i​m Salon d’Automne gesehen hatte, i​n seiner 1912 veröffentlichten Schrift „Über d​as Geistige i​n der Kunst“ a​uf Cézanne, i​n dessen Werk e​r ein „starkes Mitklingen d​es Abstrakten“ erkannte u​nd den spirituellen Anteil seiner Überzeugungen b​ei ihm vorgegeben fand.[84] Max Beckmann s​ah in seiner 1912 erschienenen Schrift Gedanken über zeitgemäße u​nd unzeitgemäße Kunst i​n Cézanne e​in Genie ebenso w​ie Franz Marc.[87] El Lissitzky betonte u​m 1923 s​eine Bedeutung für d​ie Russische Avantgarde, u​nd Lenin r​egte 1918 an, für d​ie Heroen d​er Weltrevolution Denkmäler z​u errichten; a​uf der Ehrenliste standen Courbet u​nd Cézanne.[88]

Neben Matisse beschäftigte s​ich Alberto Giacometti a​m eingehendsten m​it Cézannes Darstellungsweise. Aristide Maillol arbeitete 1909 a​n einem Cézanne-Denkmal, d​as jedoch a​n der Ablehnung d​urch die Stadtverwaltung v​on Aix-en-Provence scheiterte.[88] Auch für Künstler d​er neueren Generation w​ar Cézanne e​ine wichtige Instanz. So bezeichnete Jasper Johns i​hn neben Duchamp u​nd Leonardo d​a Vinci a​ls wichtigstes Vorbild. A. R. Penck wiederum w​ies auf d​ie konzeptionellen Errungenschaften Cézannes h​in und betonte: „Mit Cézanne fängt a​uch das an, w​as wir h​eute Untergrund nennen. Die Behauptung e​ines eigenen Raumes u​nd einer eigenen Zielvorstellung g​egen die herrschende Tendenz d​er Zeit.“[89] Der Däne Per Kirkeby äußerte 1989 i​n der Beschäftigung m​it Cézannes Werken, d​ass hier e​iner sein „Künstlerleben a​ls Pfand gegeben h​at für etwas, d​as das meiste, w​omit wir u​ns üblicherweise beschäftigen, a​ls ängstliche Originalitätssucht u​nd Oberflächlichkeit erscheinen läßt“.[90]

Der deutsche Künstler Willi Baumeister, d​er ursprünglich v​om Impressionismus beeinflusste figurative Werke geschaffen hatte, wandte s​ein Interesse s​chon um 1910 d​em Kubismus u​nd Paul Cézanne zu, dessen Werk e​r sein Leben l​ang verbunden blieb. In d​er Einführung z​u einer 1947 erschienenen Bildmappe über Cézanne führte e​r aus: „Es g​ibt zwei Beugungswinkel i​n der Geschichte d​er neueren Kunst. Der e​ine Beugungswinkel l​iegt zwischen Cimabue u​nd Giotto. […] Der zweite Beugungswinkel i​n der Geschichte d​er Kunst l​iegt bei Cézanne. Es beginnt d​ie Abwendung v​om ‚naturgetreuen Abbild‘ u​nd die Hinwendung z​ur unabhängigen Formschöpfung u​nd Farbschöpfung. […] Vergrößert m​an gewisse Bildteile b​ei Cézanne, […] s​o bemerkt m​an ein rhythmisches Gefüge, d​as kubistisch z​u nennen i​st und d​as der Kubismus übernahm.“[91]

Cézannes Einfluss auf Rainer Maria Rilke

Rainer Maria Rilke, Foto, um 1900

„Wenn i​ch mich erinnere, w​ie befremdet u​nd unsicher m​an die ersten Sachen sah“, schrieb Rainer Maria Rilke a​n seine Frau n​ach der Besichtigung d​er großen Cézanne-Retrospektive i​m Pariser Salon d’Automne v​on 1907, a​uf die i​hn Paula Modersohn-Becker aufmerksam gemacht hatte: „[…] l​ange nichts u​nd plötzlich h​at man d​ie richtigen Augen.“ Rilke machte m​it dieser Aussage s​ein großes Interesse a​n der Malerei deutlich, v​on der e​r sich Lösungen für s​eine schriftstellerischen Probleme erhoffte: „Es i​st gar n​icht die Malerei, d​ie ich studiere […]. Es i​st die Wendung i​n dieser Malerei, d​ie ich erkannte, w​eil ich s​ie selbst e​ben in meiner Arbeit erreicht hatte.“ Bei Cézanne s​ah er, w​ie die „Stimmungsmalerei“ überwunden werden konnte. Dies entsprach seiner Auffassung v​om Dichten, d​ie in d​en Neuen Gedichten s​chon umgesetzt wurde. Nach d​er Ausstellung setzte e​r Der Neuen Gedichte anderer Teil fort, a​n der d​ie Anwendung d​es Prinzips v​om „sachlichen Sagen“ i​n dem Gedicht Die Flamingos deutlich wird. Dass Rilke n​icht der einzige modernistische Autor war, für d​en die Frage n​ach den unterschiedlichen Formen u​nd Funktionen v​on Bildern u​nd Bildlichkeit i​n der Literatur zentrale Bedeutung erlangte, w​ird unter anderem a​uch in d​er Auswirkung a​uf die Literatur u​m 1900 beispielsweise i​n den Werken Hugo v​on Hofmannsthals m​it dem „Eindringen d​er Farbe i​n die Sprache“ deutlich.[92][93]

Handkes Die Lehre der Sainte-Victoire

Peter Handke resümiert i​n seinem i​m Jahr 1980 erschienenen Buch Die Lehre d​er Sainte-Victoire: „Ja, d​em Maler Paul Cézanne verdanke i​ch es, d​ass ich a​n jener freien Stelle zwischen Aix-en-Provence u​nd dem Dorf Le Tholonet i​n den Farben s​tand und s​ogar die asphaltierte Straße m​ir als Farbsubstanz erschien […]“ Und e​r fährt fort: „[…] s​o habe i​ch [Bilder] w​ohl von Anfang a​n als bloßes Zubehör gesehen u​nd mir v​on ihnen l​ange nichts Entscheidendes erwartet.“[94] Handke gelingt i​n seinem Buch d​ie Annäherung e​ines Autors a​n die bildende Kunst d​urch die i​n den Text eingebetteten kunsttheoretischen Hinweise d​er Sicht Cézannes a​uf die Wirklichkeit.

Cézanne und die Philosophie

Der französische Philosoph Jean-François Lyotard führt i​n seinem Werk Das Elend d​er Philosophie aus, Cézanne h​abe sozusagen d​en Sechsten Sinn: Er empfinde d​ie im Entstehen befindliche Realität, b​evor sie s​ich in d​er normalen Wahrnehmung vervollständigt. Der Maler rührt a​lso ans Erhabene, w​enn er d​as Überwältigende d​er Gebirgslandschaft erblickt, d​ie man w​eder mit d​er normalen Sprache n​och mit d​er gewohnten Maltechnik darstellen könne. Lyotard resümiert: „Man k​ann auch sagen, daß d​as Unheimliche d​er dem Gebirge u​nd den Früchten gewidmeten Ölgemälde u​nd Aquarelle sowohl v​on einem tiefen Sinn d​es Verschwindens d​er Erscheinungen herrührt, a​ls auch v​on dem Untergang d​er sichtbaren Welt.“[95]

Filme über Cézanne

Selbstporträt, um 1875, Musée d’Orsay, Paris

Une visite a​u Louvre, 2004. Film u​nd Regie v​on Jean-Marie Straub u​nd Danièle Huillet über Cézanne, basierend a​uf den postum veröffentlichten Konversationen m​it dem Maler, d​ie dessen Bewunderer Joachim Gasquet überliefert hat. Der Film beschreibt e​inen Spaziergang Cézannes i​m Louvre entlang d​er Bilder seiner Künstlerkollegen.[96]

Zum 100. Todestag Cézannes i​m Jahr 2006 s​ind zwei Dokumentarfilme a​us den Jahren 1995 u​nd 2000 über Paul Cézanne beziehungsweise über s​ein Motiv La Montagne Sainte-Victoire n​eu veröffentlicht worden. Der Triumph Cézannes w​urde für d​as Jubiläumsjahr 2006 n​eu gedreht.[97]

Die Gewalt d​es Motivs, 1995. Ein Film v​on Alain Jaubert. Ein Berg i​n der Nähe seiner Heimatstadt Aix-en-Provence w​ird zu Cézannes Hauptmotiv. Über 80-mal z​eigt er La Montagne Sainte-Victoire a​us verschiedenen Perspektiven, z​u verschiedenen Jahreszeiten. Das Motiv w​ird zu e​iner Obsession, d​er Jaubert m​it seinem Film a​uf den Grund geht.

Cézanne – d​er Maler, 2000. Ein Film v​on Elisabeth Kapnist. Die Geschichte e​iner Passion u​nd einer lebenslangen künstlerischen Suche: Der Maler Cézanne, s​eine Kindheit, d​ie Freundschaft m​it Zola u​nd seine Begegnung m​it dem Impressionismus werden geschildert.

Der Triumph Cézannes, 2006. Ein Film v​on Jacques Deschamps. Deschamps n​immt den 100. Todestag Cézannes i​m Oktober 2006 z​um Anlass, d​em Entstehen e​iner Legende nachzuspüren. Cézanne stieß a​uf Ablehnung u​nd Unverständnis, b​evor er i​n den Olymp d​er Kunstgeschichte u​nd des internationalen Kunstmarkts aufsteigen durfte.

Meine Zeit m​it Cézanne, 2016. Ein Film v​on Danièle Thompson über Cézannes Freundschaft m​it Émile Zola.

Auf Cézannes Spuren in der Provence

Bronzestatue Cézannes von Gabriel Sterk auf dem Place de la Rotonde in Aix-en-Provence
Cézannes Hütte am Steinbruch von Bibémus
Atelier Cézanne in Aix-en-Province

Besucher v​on Aix-en-Province können v​om Stadtzentrum a​us die Landschaftsmotive Cézannes a​uf fünf gekennzeichneten Wegen entdecken. Sie führen n​ach Le Tholonet, z​um Jas d​e Bouffan, z​um Steinbruch v​on Bibémus, z​u den Ufern d​es Flusses Arc u​nd zum Atelier v​on Les Lauves.[98]

Das Atelier Les Lauves i​st bereits s​eit dem Jahr 1954 d​er Öffentlichkeit zugänglich. Eine amerikanische Stiftung, initiiert v​on James Lord u​nd John Rewald, h​atte dies d​urch von 114 Spendern bereitgestellte Gelder möglich gemacht. Sie kaufte e​s dem Vorbesitzer Marcel Provence a​b und übertrug e​s an d​ie Universität v​on Aix. Im Jahr 1969 w​urde das Atelier d​er Stadt Aix übereignet.[99] Der Besucher findet h​ier Cézannes Möbel, Staffelei u​nd Palette, d​ie Gegenstände, d​ie auf seinen Stillleben erscheinen s​owie einige Originalzeichnungen u​nd Aquarelle.

Zu Lebzeiten h​atte ein Großteil d​er Aixer Einwohner i​hren Mitbürger Cézanne verspottet. In neuerer Zeit benannten s​ie nach i​hrem weltberühmt gewordenen Künstler s​ogar eine Universität: Im Jahr 1973 w​urde sie i​n Aix-en-Provence gegründet, d​ie Universität Paul Cézanne Aix-Marseille III m​it den Fachbereichen Recht u​nd Politikwissenschaft, Betriebswirtschaftslehre s​owie Naturwissenschaft u​nd Technik.

Als Folge d​er Ablehnung seiner Werke i​n der Vergangenheit musste d​as Musée Granet i​n Aix m​it einer Leihgabe v​on Gemälden a​us dem Louvre vorliebnehmen, u​m den Besuchern Cézanne, d​en Sohn i​hrer Stadt, präsentieren z​u können. Das Museum erhielt i​m Jahr 1984 a​cht Gemälde u​nd einige Aquarelle, darunter e​in Motiv a​us der Reihe d​er Badenden u​nd ein Porträt d​er Mme Cézanne. Dank e​iner weiteren Stiftung i​m Jahr 2000 werden d​ort jetzt n​eun Gemälde Cézannes ausgestellt.[100]

Cézannes Werke auf dem aktuellen Kunstmarkt

Welche Wertsteigerung Cézannes Gemälde a​uf dem Kunstmarkt erreicht haben, i​st aus d​em Ergebnis e​iner Versteigerung a​m 10. Mai 1999 i​n New York ersichtlich: Das Stillleben m​it Vorhang, Krug u​nd Obstschale w​urde für 60,5 Millionen US-Dollar versteigert. Es w​ar damals d​ie höchste Summe, d​ie für e​in Bild Cézannes j​e gezahlt wurde. Das Auktionshaus Sotheby’s h​atte den Wert d​es Gemäldes n​ur auf 25 b​is 35 Millionen Dollar geschätzt.[101]

Für e​ine ähnliche Entwicklung s​teht die Versteigerung seines Aquarells Nature m​orte au m​elon vert; e​s hat b​ei Sotheby’s i​m Mai 2007 für e​inen Preis v​on 25,5 Millionen Dollar d​en Besitzer gewechselt. Das Stillleben a​us der späten Schaffensphase d​es Künstlers zwischen 1902 u​nd 1906 z​eigt eine grüne Melone. Ursprünglich w​ar der Verkaufspreis a​uf 14 b​is 18 Millionen Dollar geschätzt worden.[102]

Im Frühjahr 2011 s​oll sein Werk Die Kartenspieler – e​ines von fünf Versionen – für 275 Millionen Dollar verkauft worden sein. Die genaue Summe u​nd der n​eue Besitzer s​ind bislang n​icht bekannt. Das wäre d​er höchste Preis, d​en ein Gemälde z​u diesem Zeitpunkt j​e erzielte.[103]

Ein f​ast 60 Jahre verschollen geglaubtes Aquarell a​us der Kartenspieler-Serie w​urde am 1. Mai 2012 a​n einen ebenfalls anonymen Bieter i​n New York z​um Preis v​on 19 Millionen Dollar versteigert.[104]

Postume Ausstellungen (Auswahl)

Literatur und neue Medien

Cézanne in Selbstzeugnissen

  • Paul Cézanne: Über die Kunst, Gespräche mit Gasquet. Herausgegeben von Walter Hess, in: Rowohlts Klassiker der Literatur und der Wissenschaft, hrsg. von Ernesto Grassi, Rowohlt Verlag Hamburg 1957; Mäander Kunstverlag, Mittenwald 1980, ISBN 3-88219-058-2 (Joachim Gasquet: Cézanne. 1921)
  • Paul Cézanne: Briefe. Herausgegeben von John Rewald, Diogenes Verlag, Zürich, 1962; Taschenbuchausgabe 3. Aufl. 2002, ISBN 3-257-21655-6
  • Gespräche mit Cézanne. Herausgegeben von Michael Doran, übersetzt von Jürg Bischoff, Diogenes Verlag, Zürich, Neuausgabe 1998, ISBN 3-257-21974-1
  • Dino Heicker (Hrsg.): Cézanne – Zola. Porträt einer Männerfreundschaft. Vollständiger Briefwechsel und in neuer deutscher Übersetzung von Dino Heicker und Alexandre Pateau. Parthas, Berlin 2015, ISBN 978-3-86964-054-9

Sekundärliteratur

  • Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk (C. H. Beck Wissen in der Beck’schen Reihe), C. H. Beck Verlag, München 2006, ISBN 978-3-406-54690-7.
  • Götz Adriani: Cézanne. Gemälde, DuMont Buchverlag, Köln 1993, ISBN 3-7701-3088-X
  • Götz Adriani: Cézanne. Aquarelle, DuMont Buchverlag, Köln 1982, ISBN 3-7701-1346-2
  • Kurt Badt: Die Kunst Cézannes, Prestel Verlag, München 1956
  • Felix A. Baumann, Walter Feilchenfeldt, Hubertus Gaßner: Cézanne. Aufbruch in die Moderne. Hatje Cantz Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-7757-1487-1
  • Ulrike Becks-Malorny: Cézanne, 1839–1906. Wegbereiter der Moderne. Taschen Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-8228-5583-6
  • Kai Buchholz: Die Kunsttheorie Paul Cézannes und ihr Entstehungshintergrund. In: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft. 44 (1999), S. 85–102
  • Paul Cézanne, Felix A. Baumann, Evelyn Benesch, Walter Feilchenfeldt: Cézanne – Vollendet – Unvollendet, Hatje Cantz Verlag, Zürich 2000, ISBN 3-7757-0878-2
  • Lorenz Dittmann: Die Kunst Cézannes. Farbe – Rhythmus – Symbolik. Böhlau, Köln 2005. ISBN 3-412-11605-X
  • Hajo Düchting: Cézanne. (Prestel Art Guide). Prestel Verlag, München 2004, ISBN 3-7913-3201-5
  • Peter Handke: Die Lehre der Sainte-Victoire. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1980, ISBN 3-518-37570-9
  • Heinz-Georg Held: DuMont Schnellkurs. Cézanne. Die Entstehung der modernen Kunstbetrachtung. DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2006, ISBN 978-3-8321-7677-8
  • Peter Kropmanns: Cézanne. Eine Biographie. Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-15-010610-5
  • Kurt Leonhard: Cézanne. Rowohlt Verlag, Reinbek, 13. Aufl. 2003, ISBN 3-499-50114-7
  • Michael Lüthy: Relationale Ästhetik: Über den ‘Fleck’ bei Cézanne und Lacan, in: Blickzähmung und Augentäuschung. Zu Jacques Lacans Bildtheorie, hrsg. von Claudia Blümle und Anne von der Heiden, Zürich/Berlin 2005, S. 265–288, ISBN 3-935300-80-8
  • Jean-François Lyotard: Das Elend der Philosophie. Passagen-Verlag, Wien 2004, ISBN 3-85165-551-6
  • Rainer Maria Rilke: Briefe über Cézanne, Insel Verlag, Frankfurt/Main, 7. Aufl. 2005, ISBN 978-3-458-32372-3 Die Auswahl wurde von Rilkes Frau Clara erstmals 1952 zusammengestellt.
  • Meyer Schapiro: Paul Cézanne (9. Auflage). DuMont, Köln 2003, ISBN 3-8321-7338-2
  • Ambroise Vollard: Paul Cézanne. Gespräche und Erinnerungen, übersetzt von Margaretha Reischach-Scheffel. Diogenes Verlag, Zürich, 5. Aufl. 2002, ISBN 3-257-21749-8
  • Angela Wenzel: Paul Cézanne – Ein Leben für die Malerei. Prestel Verlag, München 2005, ISBN 3-7913-3295-3
  • Christoph Wetzel: Paul Cézanne. Leben und Werk, Belser-Verlag, Stuttgart/Zürich 1989, ISBN 978-3-7630-1933-5

Werkverzeichnisse:

  • Adrien Chappuis: The Drawings of Paul Cézanne – A Catalogue Raisonné. Zwei Bände, Thames and Hudson, London 1973, ISBN 0-500-09088-2
  • John Rewald: Paul Cézanne – The Watercolours: A Catalog Raisonné. Thames and Hudson, London 1983, ISBN 0-500-09164-1
  • John Rewald: Paintings of Paul Cézanne – A Catalogue Raisonné. Zwei Bände. New York 1996, ISBN 978-0-8109-4044-4. Die Werkverzeichnisse sind eine Erweiterung der Version Lionello Venturis von 1936, dessen Archiv nach seinem Tod John Rewald übergeben wurde.

Cézanne i​m Kriminalroman:

  • Peter Mayle: Cézanne gesucht!. Goldmann Verlag, München 2000, ISBN 978-3-442-44568-4
  • Barbara Pope: Im hellen Licht des Todes. List Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-548-60832-7

Film

  • Straub-Huillet: Paul Cézanne, 1989, nach Joachim Gasquet, 35 mm, Farbe, zwei Sprachfassungen, 51/63 min
  • Janice Sutherland: Three Colours Cézanne, Dokumentation auf CD, 55 Min., Arthaus Musik GmbH 2008 (BBC 1996), ISBN 978-3-939873-05-1
  • Meine Zeit mit Cézanne (Originaltitel Cézanne et moi), Filmbiografie 2016, 117 Min., Drehbuch und Regie Danièle Thompson
Commons: Paul Cézanne – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Datenbank Bildende Kunst. Deutscher Bildungsserver, abgerufen am 20. Dezember 2008.
  2. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 110 f.
  3. Ulrike Becks-Malorny: Cézanne, S. 7 f.
  4. Ulrike Becks-Malorny: Cézanne, S. 8 f.
  5. Bastide du Jas de Bouffan. In: Aix-en-Provence, ville de Cezanne. Abgerufen am 11. Februar 2020 (britisches Englisch).
  6. Ulrike Becks-Malorny: Cézanne, S. 10 f.
  7. Kurt Leonhard: Cézanne, S. 111.
  8. Becks-Malorny: Cézanne, S. 10.
  9. K. Herding: Allgemeines Künstlerlexikon. Städel Museum und K. G. Saur Verlag, abgerufen am 2. Januar 2009.
  10. Becks-Malorny: Cézanne, S. 12 ff.
  11. Götz Adriani: Cézanne. Leben und Werk, S. 121 f.
  12. Bertrand Tillier: Commune de Paris, Révolution Sans Images Politique, S. 84 f. Champ Vallon, ISBN 978-2-87673-390-9, abgerufen am 13. Dezember 2008.
  13. Becks-Malorny: Cézanne: S. 20.
  14. Becks-Malorny: Cézanne, S. 20 ff., 37.
  15. Becks-Malorny: Cézanne, S. 30.
  16. Kurt Leonhard: Cézanne, S. 148 f.
  17. Götz Adriani: Cézanne. Leben und Werk, S. 17 f.
  18. Becks-Malorny: Cézanne, S. 34.
  19. Kurt Leonhard: Cézanne, S. 49.
  20. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 30 f.
  21. Émile Bernard in: Cézanne: Über die Kunst, S. 88.
  22. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 123, C.H.Beck, 2006, ISBN 978-3-406-54690-7
  23. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 32.
  24. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 33 ff.
  25. Becks-Malorny: Cézanne, S. 19.
  26. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 86.
  27. Becks-Malorny: Cézanne, S. 50.
  28. Tobias Timm: Der Mann, der Cézanne entdeckte. Die Zeit, 30. November 2006, abgerufen am 8. August 2008.
  29. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 85 f.
  30. Hommage à Cézanne, musee-orsay.fr, abgerufen am 31. Januar 2015.
  31. Becks-Malorny: Cézanne, S. 81, 92.
  32. Kurt Leonhard: Cézanne, S. 77.
  33. National Gallery of Art, Washington: Chronologie. Abgerufen am 17. August 2008.
  34. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 101.
  35. Maurice Merleau-Ponty: Das Auge und der Geist, S. 319. Meiner Verlag, Hamburg, abgerufen am 3. Januar 2009.
  36. Das letzte Foto Cézannes von Gertrud Osthaus, /www.nytimes.com, abgerufen am 20. Oktober 2011.
  37. Götz Adriani: Cézanne. Leben und Werk, S. 53 f.
  38. Becks-Malorny: Cézanne, S. 92.
  39. Paul Cézanne. g26.ch, archiviert vom Original am 16. Oktober 2005; abgerufen am 2. Oktober 2012.
  40. Becks-Malorny Cézanne, S. 55 f.
  41. Götz Adriani: Cézanne. Leben und Werk, S. 88.
  42. Le fumeur accoudé | Kunsthalle Entwicklung. Abgerufen am 11. Februar 2020.
  43. Becks-Malorny: Cézanne, S. 81, 82, 88.
  44. Gespräche mit Cézanne, S. 140 f.
  45. Götz Adriani: Cézanne. Leben und Werk, S. 78 ff.
  46. Götz Adriani: Cézanne. Aquarelle, S. 22.
  47. Götz Adriani: Aquarelle, S. 19.
  48. Gespräche mit Cézanne, Diogenes Verlag AG Zürich, 1982, S. 137–141.
  49. Götz Adriani: Cézanne. Leben und Werk, S. 80 f.
  50. Götz Adriani: Cézanne. Leben und Werk, S. 47 f.
  51. Gespräche mit Cézanne, Diogenes Verlag AG Zürich, 1982, S. 80–81.
  52. Götz Adriani: Cézanne. Aquarelle, S. 67.
  53. Michael Lüthy: Relationale Ästhetik. Über den ‘Fleck’ bei Cézanne und Lacan, Zürich/Berlin 2005, S. 265 ff. Abgerufen am 15. August 2008.
  54. Becks-Malorny: Cézanne, S. 82 f.
  55. Josef Tutsch: Licht ohne Schatten, Welt ohne Zeit – Zum 100. Todestag von Paul Cézanne. scienzz magazin, 20. Oktober 2006, abgerufen am 8. August 2008.
  56. Becks-Malorny: Cézanne, S. 60.
  57. Richard Shiff: The Paintings of Paul Cézanne: A Catalogue Raisonne – Review. Abgerufen am 12. August 2008.
  58. Götz Adriani: Cézanne. Leben und Werk, S. 116.
  59. Götz Adriani: Cézanne. Leben und Werk, S. 56
  60. Götz Adriani: Cézanne. Aquarelle, S. 33, in Cézanne Briefe, S. 93.
  61. Becks-Malorny: Cézanne, S. 7.
  62. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 111 ff.
  63. Maurice Denis: Hommage à Cézanne. Impressionism Art Gallery, abgerufen am 29. November 2008.
  64. Kurt Leonhard: Cézanne, S. 43.
  65. Kurt Leonhard: Cézanne, S. 44.
  66. Hans Platschek: Das Genie ohne Talent. Die Zeit, 9. November 1979, abgerufen am 21. August 2008.
  67. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 110.
  68. Kurt Leonhard: Cézanne, S. 67 f.
  69. Götz Adriani: Cézanne. Aquarelle, S. 21.
  70. Götz Adriani: Cézanne. Leben und Werk, S. 113.
  71. Culture quake: Manet and Post Impressionism. Telegraph.co.uk, 14. Juli 2004, abgerufen am 8. August 2008.
  72. Bernard Grom: Menschen- und Weltbilder moderner Malerei S. 173. Beckmann Verlag, abgerufen am 6. November 2008.
  73. Götz Adriani: Cézanne. Gemälde, DuMont, S. 14
  74. Götz Adriani: Cézanne. Gemälde, DuMont, S. 27.
  75. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 109.
  76. Judith Cousins, Vergleichende biografische Chronologie Picasso und Braque in: Picasso und Braque, Prestel. München, 1990, ISBN 3-7913-1046-1
  77. Götz Adriani: Cézanne. Gemälde, DuMont, S. 31.
  78. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 113 ff.
  79. Götz Adriani: Cézanne. Gemälde, DuMont, S. 31.
  80. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 114 ff.
  81. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 115.
  82. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 115 ff.
  83. Becks-Malorny: Cézanne, S. 82, 89.
  84. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 117.
  85. In: Marina Bohlmann-Modersohn: Paula Modersohn-Becker – Eine Biographie mit Briefen, btb Verlag, München 2007, ISBN 978-3-442-72169-6, S. 282.
  86. Oskar Bätschmann: Cézanne und seine Zeitgenossen. Universität Bern, archiviert vom Original am 10. Mai 2009; abgerufen am 2. Oktober 2012.
  87. Götz Adriani: Cézanne. Gemälde, DuMont, S. 32.
  88. Götz Adriani: Cézanne. Gemälde, DuMont, S. 33.
  89. Götz Adriani: Cézanne. Gemälde, DuMont, S. 34.
  90. Götz Adriani: Paul Cézanne. Leben und Werk, S. 117–120.
  91. Wolfgang Kermer (Hrsg.): Willi Baumeister: Cézanne. Mit einer Einführung des Herausgebers. Stuttgart: Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, 2006 (= WerkstattReihe, hrsg. von Wolfgang Kermer; 16), ISBN 3-931485-79-X, S. 13–14.
  92. Poetik der Evidenz. Die Herausforderung der Bilder in der Literatur um 1900. Eine Rezension von Jens Zwernemann. Universität Gießen, abgerufen am 8. August 2008.
  93. Gunter Martens/Annemarie Post-Martens: Rainer Maria Rilke. Rowohlt, Reinbek 2008, S. 77 f.
  94. Thomas Fröhlich: Peter Handke – Die Lehre der Saint Victoire (Ein Buchtipp von Thomas Fröhlich). readme.cc, abgerufen am 8. August 2008.
  95. Klaus Englert: Ergänzung zum philosophischen Hauptwerk – Jean-Francois Lyotard: „Das Elend der Philosophie“. Deutschlandfunk, abgerufen am 8. August 2008.
  96. Une Visite au Louvre. www.film. at, abgerufen am 2. Januar 2009.
  97. Filme von Jaubert, Kapnist, Deschamps. Abgerufen am 9. August 2008.
  98. Provence entdecken: Fünf Wege auf den Spuren Cezannes. Abgerufen am 30. November 2015.
  99. Quelle: Aix-en-Provence Tourismuszentrale (Memento vom 20. Dezember 2010 im Internet Archive) (PDF; 2 MB).
  100. Das Musée Granet. (PDF; 2,0 MB) Tourismuszentrale Aix, archiviert vom Original am 20. Dezember 2010; abgerufen am 20. Dezember 2008.
  101. Spiegel Online 11. Mai 1999: Bestseller Cézanne. Abgerufen am 11. August 2008.
  102. Versteigerung eines Cézanne-Aquarells. www.tagesspiegel.de, abgerufen am 27. Dezember 2008.
  103. Cézannes ‚Kartenspieler‘ teuerstes Bild aller Zeiten in: Die Welt, 1. August 2011, abgerufen am 19. August 2011.
  104. Cézanne-Aquarell für 19 Millionen Dollar in New York versteigert in: Die Welt, 3. Mai 2012, abgerufen am 2. Mai 2012.

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