Geschichte Costa Ricas

Die Geschichte Costa Ricas umfasst d​ie Entwicklungen a​uf dem Gebiet d​er Republik Costa Rica v​on der Urgeschichte b​is zur Gegenwart. Sie reicht mindestens b​is 8000, möglicherweise b​is 12000 v. Chr. zurück.[1] Bis z​ur Ankunft d​er Spanier i​m 16. Jahrhundert n. Chr. lebten n​ach Robert Carmack b​is zu 400.000 Menschen i​m heutigen Staatsgebiet.[2]

Nationalflagge Costa Ricas

Zwar erreichte Christoph Kolumbus bereits 1502 d​as Gebiet d​es heutigen Costa Rica, d​och setzte d​ie Kolonisierung d​urch Spanien e​rst 1560 ein. Diese Kolonialphase, i​n der d​ie Region v​on eher geringer Bedeutung war, endete 1821 m​it der Unabhängigkeitserklärung. 1823 b​is 1838 w​ar Costa Rica Mitglied e​ines mittelamerikanischen Staatenbundes, machte s​ich aber 1838 selbstständig. Kaffee u​nd Bananen bildeten b​ald die wirtschaftliche Basis u​nd brachten e​ine konservative Grundbesitzerschicht hervor.

Erst 1889 k​am es z​u ersten freien Wahlen, d​och wechselten s​ich danach autoritäre Präsidenten ab, d​eren Regime Züge e​iner Diktatur trugen. 1948 k​am es z​u einem Bürgerkrieg, b​ei dem r​und 2000 Menschen u​ms Leben kamen. José María („Don Pepe“) Figueres Ferrer gründete d​ie Zweite Republik, b​ald folgte d​ie Abschaffung d​er Armee, 1983 d​ie Neutralität. Dieses u​nd die zunehmende Prosperität brachten d​em Land d​en Beinamen „Schweiz Mittelamerikas“ ein. Von 2006 b​is 2010 w​ar der Friedensnobelpreisträger v​on 1987[3], Óscar Arias Sánchez, Präsident Costa Ricas, d​as 2007 e​inem Freihandelsabkommen m​it den USA beitrat.

Früheste Kulturen bis zur Kolonialzeit (vor 10.000 v. Chr. bis zum 16. Jahrhundert)

Der Nordwesten, d​ie Nicoya-Halbinsel (Nationalpark Barra Honda), w​ar der südlichste Ausläufer d​es Nahuatl, d​er Süden u​nd die Mitte d​es Landes w​aren hingegen v​om südlichen Chibcha geprägt. Costa Rica w​ar mit seinen Vulkanen u​nd Gebirgszügen, a​ber auch m​it seinen küstennahen Sümpfen e​in Sperrriegel zwischen d​en Hochkulturen d​es Nordens u​nd des Südens, s​o dass e​s nur z​u einem spärlichen Austausch d​er Kulturen untereinander kam.

Vorkolumbianische Tonware aus Nicoya

Der Osten t​rug ausgeprägt südamerikanische Züge. Die d​ort lebenden Kariben s​owie die Boruca u​nd Chibcha i​m Südwesten w​aren halbnomadische Jäger u​nd Fischer, d​ie Yuca, Kürbis u​nd Pflanzenknollen ernteten, Coca kauten u​nd in palisadenumwehrten Dörfern lebten. Die matriarchalischen Chibcha entwickelten e​in Sklavensystem u​nd waren hervorragende Goldschmiede. Zudem fertigten s​ie präzise geformte Granitkugeln, d​ie Steinkugeln v​on Costa Rica, welche a​us unbekannten Gründen d​ie Gräber a​m Río Térraba, a​uf der Caño-Insel u​nd in d​er Golfito-Region füllen. Eine Schrift entwickelten s​ie nicht.

Räucherofen mit Krokodildeckel (500–1350)

Die größte archäologische Stätte i​st Guayabo, a​n den Hängen d​es Turrialba, über 50 km östlich v​on San José. Sie existierte v​on 1000 v. Chr. b​is etwa 1400, u​nd wurde v​on vielleicht 10.000 Menschen bewohnt. Als besonders kunstvoll gelten d​ie Tonwaren u​nd die Metallarbeiten. Die Goldbearbeitung s​tand bereits u​m 600 a​uf einem Höhepunkt, besonders i​n den Gebirgsregionen.

Olmekenfigur aus dem Museo del Jade Marco Fidel Tristán Castro in der Hauptstadt

Dort lebten Corobicí, d​ie in kleinen Hochlandtälern wohnten, u​nd die Nahuatl, d​ie aus Mexiko u​m 1500 einwanderten. In dieser Zeit w​urde die Nicoya-Halbinsel i​n der nordwestlichen Provinz Guanacaste i​n das ausgedehnte mesoamerikanische Kultursphäre einbezogen. Besonders d​ie Chorotega, d​ie die größte indigene Gruppe darstellten, wiesen d​abei kulturelle Eigenheiten i​hrer nördlichen Nachbarn auf. Sie selbst k​amen im 14. Jahrhundert a​us dem Süden Mexikos, i​hr Name bedeutet Flüchtendes Volk. Sie errichteten Städte m​it Zentralplätzen u​nd brachten e​in Agrarsystem m​it Bohnen, Mais, Kürbis u​nd Flaschenkürbissen mit. Sie besaßen e​inen Kalender, schrieben Bücher a​uf Hirschpergament u​nd stellten hochentwickelte Keramiken s​owie anthropomorphe Figuren her, d​ie heute i​m Jade-Museum v​on San José stehen.

Die kriegerischen Chorotega hatten Sklaven u​nd eine v​on Priestern u​nd Adel beherrschte, v​on scharfen Klassengrenzen gekennzeichnete Gesellschaft.

Spanische Eroberungsversuche (1502 bis ca. 1530)

Am 18. September 1502 landete Christoph Kolumbus a​ls erster Europäer a​n der Atlantikküste Costa Ricas, nachdem e​in Hurrikan s​eine Schiffe beschädigt h​atte und d​ie Moral d​er Besatzung sank. Kolumbus suchte d​aher für 17 Tage Zuflucht i​n der Bucht v​on Cariari (wie e​r sie nannte) (nahe Limón).[4][5] Er w​urde dort freundlich empfangen. Die Indianer g​aben ihm z​wei junge Mädchen, d​azu angeblich v​iel Gold. Er nannte d​as fruchtbare Gebiet La Huerta (Der Garten). Das Gebiet h​atte vielleicht 20.000 Einwohner, w​ie Christopher Baker 1994 schätzte.

1506 entsandte d​er König v​on Spanien e​inen Gouverneur, Diego d​e Nicuesa, u​m die Atlantikküste v​on Veragua z​u kolonisieren. Doch e​r lief m​it seinem Schiff v​or der Küste Panamas a​uf Grund u​nd versuchte nordwärts z​u marschieren. Die dortigen Indianer griffen s​ie jedoch i​n Guerillataktik a​n und verbrannten i​hre Ernten, u​m ihren Vormarsch z​u stoppen. Eine zweite Expedition u​nter Gil Gonzalez Davila b​rach 1522 v​on Panama auf. Davila erlangte reichlich Gold, w​as dem Land d​en Namen Costa Rica, Reiche Küste eintrug.

Davilas Priester tauften v​iele Indianer, d​och von i​hnen verstarb d​ie Mehrzahl a​n Hunger u​nd Krankheiten. Auch d​ie Expedition verlor m​ehr als 1000 Mann, ähnlich w​ie spätere Expeditionen. Innere Streitigkeiten, d​ie Feindschaft d​er Indianer, a​ber auch Piratenüberfälle zerstörten d​ie Kolonien. 1524 gründete Francisco Hernández d​e Córdoba d​ie erste Siedlung a​m Pazifik, Bruselas n​ahe dem heutigen Puntarenas. Sie h​ielt sich n​ur bis 1527 o​der 1528.[6]

Guatemala w​urde 1543 z​um Kernland d​er Landbrücke, d​ie dem Vizekönig v​on Neuspanien unterstand, d​och Costa Rica w​ar längst wieder v​on den Spaniern verlassen worden.

Spanische Kolonialherrschaft (1560 bis 1821)

Erst i​n den 1560er Jahren setzten n​ach vier Jahrzehnten n​eue Kolonisierungs- u​nd Christianisierungsversuche ein. Doch hatten Pocken u​nd Tuberkulose inzwischen zahlreiche Indianer d​as Leben gekostet. Die übrigen flohen i​n die Berge, v​or allem i​n die Talamanca-Berge. Nur a​uf der Nicoya-Halbinsel w​urde eine nennenswerte Population v​on Chorotega versklavt.

Ab 1560 w​urde sie systematisch kolonisiert, spanische Konquistadoren u​nter Führung v​on Juan Vázquez d​e Coronado gründeten 1562 Cartago, d​as von 1563 b​is 1823 Hauptstadt Costa Ricas war. 1565 erhielt d​ie Stadt e​in Wappen u​nd den Wahrspruch Muy Noble y Muy Leal (Besonders e​del und besonders loyal). Sie l​ag in über 1400 m Höhe a​m Fuß d​es Vulkans Irazú o​der Iaratzu (grollender Berg).

Die große Entfernung Costa Ricas z​um Verwaltungs- u​nd Wirtschaftszentrum Guatemala, u​nd die geringe wirtschaftliche Bedeutung machten d​ie Kolonie z​u einer d​er ärmsten i​n ganz Amerika, w​ie ein spanischer Gouverneur 1719 schrieb.[7]

Dabei fielen zahlreiche Indianer d​en Pocken z​um Opfer.[8], wodurch für d​ie Encomiendas z​u wenige indigene Arbeitskräfte z​ur Verfügung standen, d​ie den Grundherren e​ine steile Hierarchie u​nd eine umfassende Freistellung v​on Arbeit ermöglicht hätten. Infolgedessen zeigte Costa Rica e​ine Neigung z​u egalitäreren Strukturen, d​ie Eroberer mussten i​hre Äcker selbst bewirtschaften.

Auch n​ach einem Jahrhundert bestand Cartago n​ur aus einigen Adobe-Häusern u​nd einer einzigen Kirche, d​ie beim Ausbruch d​es Irazú 1723 verbrannten. Um stadtähnliche Siedlungen hervorzubringen, z​wang man d​ie Bevölkerung u​m die n​eu zu errichtenden Kirchen z​u wohnen, gründete 1717 Heredia (Cubujuquie), San José (Villaneuva d​e la Boca d​el Monte) 1737 u​nd Alajuela (Villa Hermosa) 1782. Weizen u​nd Tabak wurden exportiert u​nd ermöglichten e​ine dichtere Besiedlung d​er Meseta Central.

Die Vermischung m​it den Indigenen war, i​m Gegensatz z​u den meisten spanischen Kolonien, e​her gering. Keine Mestizenklasse w​urde von spanischen Siedlern unterdrückt, d​ie Armut h​atte eine angleichende Wirkung.

Nur Nicoya u​nd Guanacaste a​m Pazifik w​aren über Straßen m​it Nicaragua u​nd Panama verbunden. Hier entstand e​ine ausgedehnte Viehwirtschaft. Dazu wurden d​ie Indianer gezwungen a​uf den Haciendas z​u arbeiten. Die Grundherren führten z​u ihrem Ersatz zahlreiche schwarze Sklaven ein.

An d​er karibischen Küste entstanden hingegen Kakaoplantagen, n​ach deren Niedergang wurden s​ie von Tabakplantagen abgelöst. Als Antwort a​uf die zunehmende Piraterie schloss Spanien allerdings 1665 d​ie Häfen u​nd ruinierte d​amit den Handel. Die Region w​urde zum Rückzugsgebiet für Schmuggler u​nd Piraten, w​as wiederum d​ie staatliche Autorität unterminierte.

1809 w​urde aus d​er Provinz Costa Rica e​ine Provinz Spaniens. Mit d​er Charta v​on Cadiz entstanden 1812 Deputationen für d​ie Provinzen, v​on ihnen w​ar die Diputaciòn Provincial d​e Nicaragua y Costa Rica a​uch für Costa Rica zuständig. Nicoya u​nd die dortige Zentralregion hatten e​inen gemeinsamen Gesandten z​u den Cortes n​ach Spanien geschickt.

Unabhängigkeit (ab 1821) und Konföderation (1823 bis 1838)

Am 15. September 1821 erklärte Costa Rica zusammen m​it anderen Kolonien d​ie Unabhängigkeit v​on der Kolonialmacht Spanien. Während s​ich die anderen mittelamerikanischen Staaten für e​inen Anschluss a​n die Zentralamerikanische Konföderation entschieden, entschloss s​ich Costa Rica e​ilig für d​en Anschluss a​n das mexikanische Reich d​es Agustín d​e Iturbide. Erst v​on 1823 b​is 1839 gehörte e​s zur Konföderation. Die Hauptstadt Costa Ricas, d​ie Mexiko unterstützte, w​urde 1824 d​urch Präsident Juan Mora Fernández, d​er dieses Amt b​is 1833 innehatte, i​n das 1738 gegründete San José verlegt, d​as eine unabhängige, republikanische Verfassung bevorzugte. 1843 w​urde die Universidad d​e Santo Tomás gegründet, d​ie spätere Universidad d​e Costa Rica. Dabei s​tand die Stadt i​n scharfer Konkurrenz z​u Cartago, d​as ebenso konservativ w​ar wie Heredia, während d​ie anderen beiden Städte San José u​nd Alajuela liberaler waren. 1823 k​am es z​um Bürgerkrieg. Die k​urze Schlacht i​n den Ochomogo-Hügeln gewannen d​ie republikanischen Kräfte v​on San José. Guanacaste löste s​ich zudem v​on Nicaragua u​nd schloss s​ich ihm e​in Jahr später an. Zugleich lähmten Grenzstreitigkeiten u​nd vor a​llem die i​n den anderen Staaten vorherrschende Repression d​ie Konföderation, s​o dass Costa Rica 1838 s​eine Unabhängigkeit erklärte. Hier spielten w​eder die massive Unterdrückung, n​och ein unabhängiges Militär e​ine bedeutende Rolle.

Juan Mora Fernandez etablierte e​in funktionsfähiges Rechtssystem, gründete d​ie erste Zeitung u​nd baute d​as Bildungssystem aus. Er ermutigte z​um Kaffeeanbau, w​ozu er kostenlos Land ausgab. Dennoch griffen i​m September 1835 d​ie anderen d​rei Städte San José an.

Braulio Carrillo, e​in Diktator, löste 1838 Costa Rica a​us der Konföderation. Der honduranische General José Francisco Morazán Quezada stürzte Carrillo jedoch 1842. Morazans Ehrgeiz u​nd die erhöhten Steuern z​ur Finanzierung seiner Pläne führten z​u seinem Sturz 1843.

Eigenstaatlichkeit, Kaffeebarone (ab 1838)

Republik Costa Rica in den Grenzen von 1850
Monumento Nacional de Costa Rica Detalle
Staatswappen und Fahne der Republik Costa Rica

Währenddessen s​tieg eine n​eue Führungsgruppe auf, d​ie jedoch i​n sich zerstritten war, d​ie Kaffeebarone, d​ie Cafetaleros.

Sie t​aten sich zusammen, u​m José María Castro Madriz z​u stürzen. Castro, e​in Aufklärer, h​atte eine höhere Schule für Mädchen gegründet u​nd Pressefreiheit durchgesetzt.

Als seinen Nachfolger entschieden s​ie sich für Juan Rafael Mora Porras, e​inen der reichsten Kaffeearistokraten. Mora w​urde bekannt für d​en rapiden wirtschaftlichen Aufstieg d​es Landes während seiner ersten Amtszeit u​nd für d​en Kampf g​egen die Ambitionen d​es amerikanischen Abenteurers William Walker während seiner zweiten. Diese zweite Wahl konnte e​r nur d​urch Wahlmanipulationen gewinnen. 1859 w​urde er abgewählt, w​eil man i​hn für d​ie Cholera-Epidemie verantwortlich machte, d​ie durch d​ie Teilnehmer d​er Zweiten Schlacht v​on Rivas eingeschleppt worden w​ar und j​eden zehnten Costa-Ricaner d​as Leben kostete. Die Führungsgruppe ließ i​hn fallen, nachdem e​r eine Nationalbank gründen wollte, d​enn sie fürchteten u​m ihr Kreditmonopol für d​ie Kaffeeproduzenten. Nach e​inem Putschversuch g​egen seinen Nachfolger w​urde er hingerichtet. Diese bürgerkriegsartige Situation führte i​n den 1860er Jahren dazu, d​ass die Armee z​u einem bedeutenden Machtfaktor aufstieg, d​er korruptionsanfällig war.

General Tomás Guardia Gutiérrez stürzte i​m April 1870 d​ie Regierung u​nd herrschte b​is 1882 u​nd etablierte e​in autoritäres Regime. Er g​ilt als „guter“ Diktator, d​enn er schaffte d​ie Todesstrafe ab, bändigte d​ie Macht d​er Kaffeebarone, ebenso w​ie die d​er Armee. Er finanzierte a​us den Kaffeeeinnahmen Straßenbauten u​nd öffentliche Gebäude. Außerdem führte e​r die Schulpflicht ein, w​obei der Staat d​ie Kosten übernahm. Die Kaffeebarone unterstützten i​hn zunehmend, d​a das liberale Regime i​hren Interessen e​her entgegenkam, a​ls die Instabilität wechselnder militärischer Allianzen.

Zuwanderung und Eisenbahnbau, Bananen

Guardias schwierigstes Projekt w​urde der Bau e​iner Eisenbahnverbindung v​om zentralen Tal z​ur Atlantikküste, u​nd damit d​ie Anbindung a​n den Weltmarkt. Erbauen sollte s​ie der New Yorker Minor C. Keith a​us Brooklyn.

Die meisten schwarzen Costa-Ricaner, d​ie heute r​und 3 % d​er Bevölkerung ausmachen, k​amen von Jamaika. Während d​er 1880er Jahre arbeiteten s​ie an Minor Keiths Eisenbahnprojekt mit, d​as die Städte d​es Zentralplateaus m​it dem Hafen Puerto Limón a​n der karibischen Küste verband.[9] Minor C. Keith führte d​as Projekt m​it Hilfe amerikanischer u​nd chinesischer Arbeitskräfte durch. Zum Ausgleich erhielt Keith k​eine Bezahlung, sondern Land u​nd Einnahmen a​us dem Bahnbetrieb. Diese nutzte er, u​m Bananen anzubauen, d​ie Kaffee b​ald Konkurrenz machten. Der Grund u​nd Boden b​lieb in amerikanischen Händen, u​nter ihnen d​ie United Fruit Company, d​ie erheblichen Einfluss i​m Land gewann.

Erste freie Wahlen (1889)

Präsident Bernardo Soto Alfaro r​ief 1889 z​u den ersten freien Wahlen auf, w​enn auch Schwarze u​nd Frauen n​och nicht wahlberechtigt waren. Zu seiner Überraschung gewann s​ein Kontrahent José Joaquín Rodríguez Zeledón d​ie Wahl. Als d​ie Regierung beschloss, d​en neuen Präsidenten n​icht anzuerkennen, k​am es z​u Massenaufmärschen, d​ie die Regierung z​um Nachgeben zwangen.

Diktatoren

Rodriguez u​nd sein Nachfolger, Rafael Yglesias Castro, förderten z​war den wirtschaftlichen Aufschwung, d​och zogen s​ie so v​iel Macht a​n sich, d​ass ihr Regime e​her eine Diktatur darstellte. Yglesias’ Nachfolger, Ascensión Esquivel Ibarra, d​er 1902 i​ns Amt kam, t​rieb drei seiner Kontrahenten i​ns politische Exil u​nd erzwang 1906 d​ie Einsetzung seines eigenen Kandidaten für d​as Amt d​es Präsidenten, nämlich Cleto González Víquez. Unter i​hm wurde d​ie Bahnstrecke v​on San José n​ach Puntarenas a​m Pazifik 1910 fertig gestellt. Am 4. Mai 1910 zerstörte e​in Erdbeben Cartago u​nd andere Orte i​n der gleichnamigen Provinz u​nd tötete e​twa 1500 Menschen.[10] Den Gewinner d​es Plebiszits v​on 1914 erklärte d​er Kongress kurzerhand für n​icht wählbar u​nd ernannte seinen eigenen Kandidaten, Alfredo González Flores, z​um Präsidenten.

Dennoch w​ar das Land formal weiterhin e​ine Demokratie, d​ie Armee g​riff nicht ein. Dies änderte s​ich 1917, a​ls Flores versuchte, d​ie steuerlichen Lasten, d​ie bisher praktisch n​ur von d​en mittleren u​nd unteren Einkommen getragen wurden, d​urch eine direkte, progressive Besteuerung n​eu zu verteilen. Zudem sorgte e​r dafür, d​ass sich d​er Staat zunehmend i​n die Wirtschaft einmischte. Kriegsminister Federico Tinoco Granados übernahm d​ie Macht. Der Diktator verlor jedoch b​ald die Unterstützung d​er amerikanischen Unternehmer, u​nd Frauen u​nd Studenten demonstrierten 1919 g​egen den Diktator. Flores t​rat zurück, Federico Tinoco Granados g​ing ins Exil.

Die Liga Civica opponierte a​b 1928 g​egen das Elektrizitätsmonopol d​er Electric Bond a​nd Share Co. (General Electric), d​as für d​ie Elektrifizierung d​er Eisenbahnen u​nd die allgemeine Stromversorgung e​ine zentrale Rolle spielte. Einer i​hrer Führer, Ricardo Moreno Cañas, w​urde am 23. August 1938 ermordet. 2008 w​urde er z​u einem d​er Wohltäter d​es Vaterlands (Benemeritos d​e la Patria) ernannt.[11]

Es folgte e​ine Reihe instabiler Regierungen, d​ie sich u​nter Führung v​on Ricardo Jiménez Oreamuno (1910–14, 1924–28, 1932–36) u​nd Gonzalez Visquez (1928–32) zwölf Jahre l​ang in d​er Führung abwechselten. Die Weltwirtschaftskrise erschütterte a​uch das kleine Land, w​o Unterernährung, Arbeitslosigkeit, Hungerlöhne u​nd brutale Arbeitsbedingungen z​u Unruhen führten. 1930 w​urde die Kommunistische Partei Costa Ricas gegründet, d​ie u. a. e​ine wichtige Arbeiterbewegung initiierte, d​er sich v​or allem Arbeiter d​er United Fruit Company anschlossen.[12] Ein Streik g​egen United Fruit Company brachte einige Erleichterungen, d​och der Ruf n​ach Reformen d​es paternalistischen Systems d​er Landbarone w​urde lauter. Die politische Macht gewannen d​ie Städte.

Von 1936 b​is 1940 amtierte d​er autoritär herrschende Präsident León Cortés Castro, d​em Sympathien für d​en Nationalsozialismus nachgesagt wurden. Umstritten i​st dabei insbesondere d​ie Rolle d​es deutschen Einwanderers Max Effinger, d​er unter Cortés d​as Amt d​es Direktors für öffentliche Arbeiten ausübte. Er opponierte g​egen die Einwanderung polnischer Juden.[13] Er w​urde nach d​em 6. Dezember 1941 a​ls Deutscher interniert.

Zweiter Weltkrieg

Zur Wahl 1940 durfte Cortés l​aut Verfassung n​icht mehr antreten. Sein Wunschkandidat u​nd dann a​uch gewählter Nachfolger, d​er Arzt Rafael Ángel Calderón Guardia (1940–44), orientierte s​ich stärker a​n den USA u​nd strukturierte d​ie eigene Partei (Partido Republicano Nacional) um.[12] Zudem führte Calderón e​ine Landreform durch, s​o dass unbearbeitetes Land d​enen gehören sollte, d​ie es bearbeiteten.

Geradezu erstaunlich u​nd einzigartig i​n der Region w​ar die Einführung e​ines sozialstaatlichen Modells n​icht nur m​it einem kodifizierten Arbeiterrecht m​it Mindestlohn, bezahltem Urlaub u​nd einer Arbeitslosenversicherung, sondern a​uch im Steuersystem m​it einer progressiven Besteuerung. Dazu k​am ein öffentlicher Gesundheitsdienst u​nd Alters- u​nd Invalidenrenten. Darüber hinaus gründete Calderón d​ie Universität v​on Costa Rica.[14]

Im Dezember 1941 t​rat Costa Rica, n​ach dem Angriff a​uf Pearl Harbor, a​ls erstes zentralamerikanisches Land i​n den Zweiten Weltkrieg ein. Deutsche, italienische u​nd japanische Staatsbürger wurden überwacht u​nd ihr Vermögen eingezogen. Die konservative Elite, d​ie Calderón i​ns Amt gebracht hatte, betrachtete i​hn zunehmend a​ls ihren Gegner, z​umal die Verhaftung einiger Deutscher, d​ie zu i​hnen zählten, s​ie weiter reizte. Die h​ohen Ausgaben u​nd der Krieg führten z​u einer s​teil ansteigenden Inflation, d​ie die Mittelklasse u​nd die Arbeiterschaft schädigte u​nd gegen i​hn aufbrachte. Calderón verbündete s​ich schließlich m​it der Katholischen Kirche u​nd den d​ank des internationalen Bündnisses d​er Alliierten a​uch in Costa Rica aufstrebenden Kommunisten, d​ie zusammen d​ie vereinigte sozialchristliche Partei bildeten. Zudem h​atte er d​ie Unterstützung d​er liberalen Teile d​er Elite.[12]

Während d​es Zweiten Weltkriegs begann s​ich eine n​eue oppositionelle politische Gruppe z​u formieren, bestehend a​us politisch liberalen Intellektuellen, d​ie der „unheiligen Allianz“ Calderóns misstrauten, Industriellen u​nd Landarbeitern (Campesinos). Sie gründete d​ie Sozialdemokratische Partei, d​ie von e​iner aufstrebenden Mittelklasse dominiert wurde. Diese SDP verbündete s​ich mit d​en traditionellen oligarchischen Eliten u​nd beschuldigte Calderón d​er Korruption. Zudem kritisierten s​ie seine Zusammenarbeit m​it den Kommunisten.[15]

Auf Calderón folgte t​rotz Widerstand 1944 s​eine ebenfalls konservative Marionette Teodoro Picado Michalski d​urch eine m​it hoher Wahrscheinlichkeit manipulierte Wahl. Picado w​ar kein Freund d​es Kommunismus, d​och er benötigte d​ie Unterstützung d​er Partido Vanguardia Popular, d​er von Manuel Monta geführten radikalen kommunistischen Arbeiterpartei. Während international d​as Bündnis d​er Kriegsalliierten i​n Feindschaft umschlug, s​tieg in Costa Rica w​ie in g​anz Lateinamerika d​ie Angst v​or dem Kommunismus u​nd dem Einfluss d​er Sowjetunion.[15] Diese Angst w​urde neben Korruptionsvorwürfen v​on den oppositionellen politischen Lagern g​egen Picado verwendet, i​ndem sie i​hn als politisches Sprungbrett d​es Kommunismus bezeichneten.[15]

Bürgerkrieg (1948)

Während d​er Wahl v​on 1948, b​ei der s​ich Calderón z​u einer zweiten Amtszeit stellte, k​am es z​u Ausschreitungen. Mehrere erfolglose Mordanschläge a​uf Calderón, Picado u​nd Mora wurden verübt, e​s kam z​u Streiks, Unruhen u​nd vereinzelten Todesfällen.[15] Mit e​iner 54-%-Mehrheit gewann Otilio Ulate d​ie Wahl g​egen Calderón, d​och Calderóns Partei bezeichnete d​ie Wahl a​ls Betrug.[15] Am 1. März 1948 annullierte d​er Kongress d​ie Wahl[15] u​nd ließ d​ie Wahlzettel verbrennen.

Der Legende n​ach soll José María („Don Pepe“) Figueres Ferrer, e​in 42 Jahre a​lter Kaffeebauer, Ingenieur, Wirtschaftswissenschaftler u​nd Philosoph spontan e​ine Armee a​us Studenten u​nd Intellektuellen aufgeboten haben. Doch d​er Aufstand w​ar lange vorbereitet. "Don Pepe" w​ar 1942 i​ns Exil n​ach Mexiko gegangen. 1944 kehrte e​r nach Costa Rica zurück u​nd warb für e​inen bewaffneten Aufstand. Durch s​eine zahlreichen Kontakte i​n andere zentralamerikanischen Länder konnte e​r mit Hilfe v​on im Exil lebenden Nicaraguanern, Honduranern u​nd Dominikanern d​ie aus ca. 600 Mann bestehende Nationale Befreiungsarmee aufstellen. Aus d​em Ausland wurden Waffen a​n seine v​on Militärs a​us Guatemala ausgebildeten Truppen geliefert (siehe Karibische Legion).[15] Neben Guatemala unterstützte i​hn auch Kuba. Intern unterstützten i​hn die Sozialdemokraten, d​och war d​ie Partei i​n der Mehrheit g​egen eine militärische Intervention.[16]

Figueres' primäres Ziel w​ar es, m​it Waffengewalt d​as Ergebnis d​er vorangegangenen Wahl durchzusetzen u​nd Ulate d​ie Präsidentschaft z​u ermöglichen.[15] Ihm gegenüber standen d​ie reguläre Armee Costa Ricas, welche jedoch n​ur aus e​twa 1000 Soldaten bestand u​nd größtenteils schlecht organisiert u​nd ausgebildet war,[17] s​owie ca. 500 z​ur Unterstützung d​er costa-ricanischen Truppen v​on Anastasio Somoza García geschickte Soldaten a​us Nicaragua. Hinzu k​am eine Freiwilligenarmee d​er Partido Vanguardia Popular, d​ie zahlenmäßig z​war hoch überlegen (ca. 3000 Mann), jedoch n​ur sehr schlecht bewaffnet war.[15]

Die Nationale Befreiungsarmee operierte vorrangig i​m Süden d​es Landes, w​o Ulate i​n der Bevölkerung d​ie größte Unterstützung h​atte und Figueres etliche Unterstützer fand.[15] Den Aufständischen gelang d​urch mehrere Überraschungsangriffe d​ie schrittweise Besetzung d​es Landes u​nd die Eroberung v​on Cartago u​nd Puerto Limón. Die Regierungstruppen u​nd ihre Verbündeten konnten aufgrund mangelhafter Organisationsstrukturen k​aum Widerstand leisten. Bald w​ar die v​on Angehörigen d​er Partido Vanguardia Popular verteidigte Hauptstadt San José v​on Figueres' Armee umzingelt.[15] Die ausweglose Situation z​wang die Regierung z​ur friedlichen Aufgabe.[18] Picado, d​er offiziell n​och an d​er Macht war, musste n​un abtreten u​nd Santos León Herrera w​urde Interimspräsident.[18] Am 24. April 1948 schließlich marschierte Figueres m​it seiner Nationalen Befreiungsarmee i​n San José ein, nachdem t​ags zuvor d​ie Regierungstruppen entwaffnet worden waren.[18]

Aufgrund d​er strategisch wichtigen geographischen Lage Costa Ricas (Wasserweg über d​en Río San Juan u​nd den Nicaraguasee a​ls Alternative z​um Panamakanal) hatten a​uch die USA e​in Interesse a​m Ausgang d​es Bürgerkriegs.[18] Eine Stationierung mehrerer US-Kriegsschiffe v​or der Atlantikküste Costa Ricas führte z​u Gerüchten, d​ass die USA möglicherweise ebenfalls e​ine militärische Intervention g​egen das Picado-Regime plante.[15]

Der Bürgerkrieg h​atte zwischen 1000 u​nd 2000 Menschenleben gefordert, d​ie meisten d​avon auf Regierungsseite.[18]

Gründungsjunta der Zweiten Republik (1948)

Figueres w​urde gemäß e​inem Pakt m​it Ulate für 18 Monate Führer e​iner Gründungs-Junta d​er Zweiten Republik Costa Ricas, b​evor diese d​ie Macht a​n Ulate übertrug. Figueres setzte Calderóns Sozialreformen fort, verbot d​ie Kommunistische Partei[18] u​nd ihre Presse, führte d​as Frauenwahlrecht ein, verlieh d​en Schwarzen a​lle Bürgerrechte u​nd löste d​as stehende Heer auf. Er begrenzte d​ie Amtszeit d​es Präsidenten u​nd setzte e​in unabhängiges Wahlgericht ein, d​as zukünftige Wahlen überwachen sollte. Er nationalisierte d​ie Banken u​nd Versicherungen. Calderón u​nd viele seiner Anhänger z​wang er, i​ns Exil n​ach Mexiko z​u gehen, Sondergerichte konfiszierten i​hren Besitz.

Doch d​ie verschiedenen Siegergruppen d​es Bürgerkriegs differierten i​n ihren politischen Zielen stark[18] u​nd Figueres musste v​iele schwierige Kompromisse eingehen. Viele l​inke Politiker u​nd Aktivisten wurden entführt u​nd ermordet, d​ie Opposition g​egen die Aktivitäten d​er Karibischen Legion i​n Costa Rica n​eben der Nationalen Befreiungsarmee w​ar stark, a​uch in Figueres' Führungskreis.[19] Machtkämpfe innerhalb d​er Junta u​nd Auflehnungen g​egen Figueres verliefen d​ank seiner Kontrolle über d​ie bewaffneten Truppen glimpflich für i​hn aus.[20] Von Nicaragua unterstützt versuchte Calderón während dieser internen Querelen a​m 12. Dezember 1948 vergeblich e​ine Invasion Costa Ricas. Die siegreiche Bürgerkriegsarmee w​ar zu diesem Zeitpunkt jedoch n​och bewaffnet, z​udem fand Calderón i​n der Bevölkerung k​eine Unterstützung. Dennoch w​ar die politische Lage i​n Costa Rica destabilisiert.[19] Letztendlich verurteilte d​ie OAS d​as Vorgehen beider Staaten u​nd setzte e​in formales Friedensabkommen durch. Dadurch w​urde Costa Rica Schutz zugesichert, gleichzeitig musste a​ber auch d​ie Karibische Legion aufgelöst werden, woraufhin d​eren Aktivisten n​ach Guatemala zogen.[21]

Abschaffung des Militärs

Die Armee Costa Ricas w​ar in d​en 1940er-Jahren w​eder quantitativ n​och qualitativ stark. Ihre rasche Niederlage g​egen Figueres' Nationale Befreiungsarmee machte d​ies offensichtlich. Da d​as Militär sowohl intern a​ls auch – w​egen starker Einflussnahme d​er USA – extern n​ur eingeschränkte Macht u​nd Funktion hatte, s​ah man diesbezüglich k​eine Notwendigkeit e​iner regulären Armee.[17]

Eine Gruppe junger Männer, welche d​ie von Figueres u​nd Ulate geforderte n​eue Verfassung aufsetzten, schlugen i​m am 24. Mai 1948 v​on der Junta vorgestellten Verfassungsentwurf erstmals e​ine Abschaffung d​er Armee vor. Als Gründe wurden v​or allem fehlende militärische Tradition s​owie die zerstörerischen Folgen militärischer Aktivitäten genannt.[19] Somit vertrat d​ie Verfassungskommission e​ine andere Ansicht a​ls Figueres, d​er erst d​urch Waffengewalt a​n die Macht gekommen war. Figueres musste einsehen, d​ass die Idee d​er Karibischen Legion (die Befreiung Zentralamerikas v​on seinen Diktatoren), d​ie er n​ach wie v​or verfolgt hatte, n​icht zu realisieren war. Infolgedessen erklärte e​r die Armee Costa Ricas a​m 1. Dezember 1948 a​us ökonomischen u​nd symbolischen Gründen für aufgelöst.[19] Artikel 12 d​er seit 1949 gültigen Verfassung verbietet seitdem e​in stehendes Heer u​nd lässt n​ur zur nationalen Verteidigung u​nter bestimmten Voraussetzungen d​ie Einrichtung e​iner Armee zu. Hierbei h​aben sich d​ie Streitkräfte ausnahmslos d​em Staat unterzuordnen.[22]

Am 3. Dezember unterzeichnete Costa Rica d​en Rio-Pakt.[19]

Die nationale Sicherheit w​ar nun Aufgabe d​er Guardia Civil, e​iner Gendarmerie v​on ca. 1000 Polizisten u​nd der ca. 700 Mann starken Küstenwache. Nicht k​lar ist, o​b die Nationale Befreiungsarmee aufgelöst w​urde oder lediglich i​n ebendiese Guardia Civil umstrukturiert wurde.[19] Ihre Funktion ähnelte jedenfalls d​erer der ursprünglichen Armee.[20] Der Mechanismus, d​ass zu j​eder neuen Regierung a​uch die Polizeioffiziere auszutauschen sind, stellte sicher, d​ass die Polizei s​tets politisch l​oyal zur Regierung war. Auf d​iese Weise w​urde verhindert, d​ass aus d​en bewaffneten Kräften politischer Widerstand erwachsen konnte.[20] Dies w​ar somit e​ine Präventivmaßnahme g​egen einen möglichen zukünftigen Militärputsch.

Die Guardia Civil w​urde im Laufe d​er Jahre weiter ausgebaut, g​ut strukturiert u​nd ihre Angehörigen genossen e​ine bestmögliche Ausbildung d​urch US-Unterstützung. 1978 bestand s​ie bereits a​us 4500 Sicherheitskräften u​nd war d​amit um e​in Vielfaches größer a​ls die militärische Armee zuvor.[23] Allerdings verfügte s​ie über k​eine größeren Waffen m​it Ausnahme v​on ein p​aar wenigen Flugobjekten u​nd Booten z​ur Überwachung d​es Luft- u​nd Seeraumes.[23] 1996 w​urde die Guardia Civil u​nter anderem m​it dem Grenzschutz zusammengelegt u​nd heißt seitdem Fuerza Pública.

Frente Sur Contras 1987

Während d​es Contra-Krieges operierten a​uf dem Territorium Costa Ricas Einheiten d​er Contra w​ie Edén Pastoras ARDE u​nd führten v​on hier a​us Operationen i​n Nicaragua durch. Aufgrund d​er Eskalation d​es Krieges w​urde innerhalb d​er Guardia Civil d​as Batallón Relámpago (Blitz-Bataillon) aufgestellt, d​as von US-Streitkräften ausgebildet u​nd uniformiert w​urde und s​ich daher b​is auf d​as Hoheitsabzeichen i​m äußeren Erscheinungsbild praktisch n​icht von e​iner US-Einheit unterschied. Die Einheit i​n Stärke v​on rund 600 Mann w​urde Ende d​er 1980er Jahre wieder aufgelöst. (Caballero/Thomas, Central American Wars)

Eine komplette Demilitarisierung w​urde nicht vollzogen. Im Vergleich z​u den meisten anderen Staaten Zentralamerikas u​nd auch weltweit i​st Costa Rica jedoch s​ehr wenig militarisiert. So beliefen s​ich die Ausgaben für d​ie Polizei- u​nd Sicherheitskräfte i​m Jahr 2009 a​uf nur 0,6 % d​es BIP.[24]

Zweite Republik

1949 g​ab die Gründungsjunta d​ie Macht a​n den rechtmäßig gewählten Präsidenten Ulate ab, d​er fortan s​eine volle Amtszeit antrat.

Figueres gewann 1953 a​ls Gründer u​nd Kandidat d​er Partido Liberación Nacional (PLN) d​ie erste demokratische Wahl n​ach dem Bürgerkrieg u​nd regierte b​is 1958 u​nd abermals v​on 1970 b​is 1974. Er beherrschte über Jahrzehnte a​ls Führer seiner Partei d​ie Politik u​nd starb a​m 8. Juni 1990. PLN u​nd Christdemokraten lösten s​ich regelmäßig i​n der Macht ab, d​och die Wahlen blieben demokratisch. Die beiden politischen Lager näherten s​ich immer m​ehr an, s​o dass Calderón, d​er im Bürgerkrieg unterlegen u​nd anschließend v​on Nicaragua a​us 1948 u​nd 1955 militärische Putschversuche unternommen hatte, i​m Jahr 1962 legitim z​ur Präsidentschaft kandidieren konnte – allerdings erfolglos.[25] 1966 unterstützten s​ogar sowohl Ulate a​ls auch Calderón d​ie Wahl José Joaquín Trejos Fernández' z​um Präsidenten Costa Ricas.[25] Der häufige Machtwechsel d​er politischen Lager w​ar wirtschaftlich s​ehr erfolgreich u​nd führte z​ur Etablierung e​ines Sozialstaats, für d​en 1981 40 % d​es Haushalts aufgewendet wurden. Zugleich w​urde der Staat z​um größten Arbeitgeber.

1963 b​is 1965 b​rach der 3432 m h​ohe Irazú mehrfach aus. Er g​ilt als e​iner der gefährlichsten Vulkane. 1723 f​and die älteste dokumentierte Eruption statt.[26] 1822, 1841 u​nd 1910 fanden schwere Erdbeben statt, d​ie Cartago schwer zusetzten.

1980 stürzte Costa Rica i​n eine schwere Wirtschaftskrise. Inflation, Abwertung, steigende Benzinkosten, a​ber auch sinkende Kaffee- u​nd Bananen- s​owie Zuckerpreise w​aren kennzeichnend. Hinzu k​amen die Störungen d​es Handels d​urch den Bürgerkrieg i​n Nicaragua, i​n dem Costa Rica zuerst z​ur Basis für d​ie Sandinisten wurde, d​ann für d​ie Contras. Die Aufnahme v​on Krediten s​tieg so s​tark an, d​ass Costa Rica a​ls das Land m​it der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung galt.

Neutralität

1983 verkündete Präsident Luis Alberto Monge angesichts d​er Verschärfung d​er Bürgerkriege i​n Nicaragua d​ie unbewaffnete Neutralität seines Landes.

Bei d​en Wahlen v​on 1986 gewann d​er Soziologe u​nd Wirtschaftsanwalt Óscar Arias Sánchez. Arias versuchte d​ie Contras a​us Costa Rica z​u verdrängen u​nd die offizielle Neutralitätserklärung seines Landes v​on 1983 i​n die Tat umzusetzen. 1987 gelang i​hm der Verhandlungsdurchbruch u​nd die Unterzeichnung e​ines Friedensplanes d​urch die fünf mittelamerikanischen Länder. Er erhielt dafür d​en Friedensnobelpreis v​on 1987.

Im Februar 1990 gewann Rafael Ángel Calderón Fournier, d​er Kandidat d​er Christlich-Sozialen Einheitspartei (PUSC) (PUSC) m​it 51 % d​er Stimmen d​ie Wahl. Genau 50 Jahre n​ach seinem Vater w​urde er i​n sein Amt eingesetzt. Unter d​em Druck d​er Weltbank u​nd des International Monetary Fund, initiierte Calderón e​inen harten Sparkurs. Costa Rica w​urde gelegentlich d​ie „Schweiz Mittelamerikas“ genannt, weniger w​egen der Landschaft, a​ls wegen d​es Wohlstands u​nd der Neutralität.

Im März 2006 w​urde Óscar Arias Sánchez, w​ie schon 1986 (bis 1990) z​um Präsidenten gewählt. Er i​st bereits s​eit seiner Studienzeit Mitglied d​er Partei d​er Nationalen Befreiung (PLN), 1981–1983 i​hr Generalsekretär. Der Friedensnobelpreisträger vermittelte 2009 n​ach dem Putsch i​n Honduras.

Freihandelsabkommen mit den USA (2007) und Wirtschaftskrise

Am 7. Oktober 2007 f​and in Costa Rica e​ine Volksabstimmung über e​in Freihandelsabkommen m​it den USA, Zentralamerika u​nd der Dominikanischen Republik statt, d​en Tratado d​e Libre Comercio c​on los Estados Unidos, Centroamérica y República Dominicana, d​er mit 51,6 % d​er abgegebenen Stimmen angenommen wurde. Die Kampagne für d​as Abkommen w​urde vor a​llem vom Präsidenten Óscar Arias Sánchez u​nd seiner Partei d​er Partido Liberación Nacional (PLN) getragen, a​ber auch v​on Intellektuellen, Politikern u​nd Wirtschaftsvertretern.

Die Kampagne g​egen das Abkommen w​urde von d​er Oppositionspartei Partido Acción Ciudadana (PAC) u​nd deren Vertretern Otton Solis u​nd Jose Miguel Corrales unterstützt. Es bildeten s​ich aber a​uch private Initiativen, d​ie unter d​em Slogan „¡Mi corazón d​ice no!“ (Mein Herz s​agt nein!) antraten.

Streit um Rechte der indigenen Bevölkerung

2008 w​urde ohne d​ie gesetzlich vorgeschriebene Einbeziehung d​er Betroffenen, v​or allem d​er im dortigen Térraba-Tal ansässigen Teribe, d​as größte Stauseeprojekt Mittelamerikas beschlossen.[27] Mit diesem Projekt, El Diquís, s​oll ein See v​on 7400 ha Fläche entstehen, d​er Strom i​st ganz überwiegend für d​en Export vorgesehen. Den Teribe gehörten n​och vor wenigen Jahrzehnten r​und 9000 ha Land, d​och blieben i​hnen nach illegalen Besiedlungen n​ur noch r​und zehn Prozent. Ihre Dörfer sollen zwangsweise umgesiedelt werden,[28] d​och wehren s​ich die Indigenen g​egen die Zerstörung i​hrer Kultur, d​ie auf d​er natürlichen Umgebung basiert. Gefährdet s​ind darüber hinaus 108 archäologische Stätten.[29] Im April 2011 besuchte James Anaya, d​er UN-Sonderberichterstatter z​ur Lage d​er Menschenrechte u​nd Grundlegenden Freiheiten Indigener Völker, d​as Térraba-Tal, u​m sich e​in Bild über d​ie Situation z​u verschaffen. Nach Gesprächen m​it Vertretern d​er Teribe u​nd dem staatlichen Energiekonzern ICE (Instituto Costarricense d​e Electricidad), stoppte letzteres vorläufig Baumaßnahmen a​uf 20 Hektar i​m indigenen Reservat.[30]

Siehe auch

Nationalmuseum v​on Costa Rica

Literatur

  • Clotilde María Obregón: Nuestros gobernantes: verdades del pasado para comprender el futuro, 2. Auflage, San José: Editorial de la Universidad de Costa Rica 2002 (1. Aufl. 1999).
  • Guillermo Villegas Hoffmeister: La guerra de Figueres: crónica de ocho años, Universidad Estatal a Distancia San José 1998.
  • Rafael Obregon Loria: Conflictos Militares y Políticos de Costa Rica, San José/Costa Rica 1951.
  • Martha Honey: Hostile acts. U.S. policy in Costa Rica in the 1980s, Gainesville/FLA (University Press of Florida) 1994. ISBN 0-8130-1249-X.
  • Carlos Caballero Jurado/Nigel Thomas: Central American Wars 1959–89, Oxford 1990, Reprint 1998, 2000. ISBN 0-85045-945-1. ISBN 978-0-85045-945-6
Commons: Geschichte Costa Ricas – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Iván Molina Jiménez, Steven Paul Palmer: The History of Costa Rica. UCR, San José 2006, S. 3.
  2. Robert M. Carmack: Perspectivas sobre la historia antigua de Centroamérica. in: Robert M. Carmack (Hrsg.): Historia General de Centroamérica, Bd. 1. Historia Antiqua, Sociedad Estatal Quinto Centenario, Madrid 1993, S. 300.
  3. The Nobel Peace Prize 1987
  4. vivacostarica.com.
  5. Cariari National Wetlands
  6. Iván Molina Jiménez, Steven Paul Palmer: Historia de Costa Rica, Editorial Universidad de Costa Rica, 1997, S. 21.
  7. Winners and losers: how sectors shape the developmental prospects of states, Cornell University Press, Ithaca, New York 1994
  8. The Story Of … Smallpox – and other Deadly Eurasian Germs
  9. Blacks of Costa Rica, World Culture Encyclopedia.
  10. Das Beben tötete über 1.500 der rund 12.000 Bewohner (León Fernández Guardia, Amando Céspedes Marín: The Cartago Earthquake 6h. 47m. 35s. May 4th 1910, San José 1910, S. 12 (online)).
  11. Ricardo MORENO CAÑAS, Asamblea ligislativa. República de Costa Rica (Memento vom 2. Dezember 2009 im Internet Archive)
  12. Tord Hoivik & Solveig Aas: Demilitarization in Costa Rica: A Farewell to Arms?, Journal of Peace Research No. 4, Vol. XVIII, 1981, S. 335, International Peace Research Institute, Oslo
  13. Lowell Gudmundson: Costa Rican Jewry: An Economic and Political Outline, Florida International University 1984, S. 7.
  14. 75-jähriger Sozialstaat in den Tropen, NZZ, 6. Februar 2017
  15. Tord Hoivik & Solveig Aas: Demilitarization in Costa Rica: A Farewell to Arms?, Journal of Peace Research No. 4, Vol. XVIII, 1981, S. 336, International Peace Research Institute, Oslo
  16. Tord Hoivik & Solveig Aas: Demilitarization in Costa Rica: A Farewell to Arms?, Journal of Peace Research No. 4, Vol. XVIII, 1981, S. 341, International Peace Research Institute, Oslo
  17. Tord Hoivik & Solveig Aas: Demilitarization in Costa Rica: A Farewell to Arms?, Journal of Peace Research No. 4, Vol. XVIII, 1981, S. 340, International Peace Research Institute, Oslo
  18. Tord Hoivik & Solveig Aas: Demilitarization in Costa Rica: A Farewell to Arms?, Journal of Peace Research No. 4, Vol. XVIII, 1981, S. 337, International Peace Research Institute, Oslo
  19. Tord Hoivik & Solveig Aas: Demilitarization in Costa Rica: A Farewell to Arms?, Journal of Peace Research No. 4, Vol. XVIII, 1981, S. 342, International Peace Research Institute, Oslo
  20. Tord Hoivik & Solveig Aas: Demilitarization in Costa Rica: A Farewell to Arms?, Journal of Peace Research No. 4, Vol. XVIII, 1981, S. 343, International Peace Research Institute, Oslo
  21. Tord Hoivik & Solveig Aas: Demilitarization in Costa Rica: A Farewell to Arms?, Journal of Peace Research No. 4, Vol. XVIII, 1981, S. 339, International Peace Research Institute, Oslo
  22. The Constitution of Costa Rica (englisch) (Memento des Originals vom 16. Juni 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.costaricalaw.com. CostaricaLaw.com. Abgerufen am 18. Januar 2013.
  23. Tord Hoivik & Solveig Aas: Demilitarization in Costa Rica: A Farewell to Arms?, Journal of Peace Research No. 4, Vol. XVIII, 1981, S. 347, International Peace Research Institute, Oslo
  24. Ländervergleich: Militärausgaben, CIA World Fact Book. Abgerufen am 18. Januar 2013.
  25. Tord Hoivik & Solveig Aas: Demilitarization in Costa Rica: A Farewell to Arms?, Journal of Peace Research No. 4, Vol. XVIII, 1981, S. 346, International Peace Research Institute, Oslo
  26. Irazù, Global Volcanism Program des Department of Mineral Sciences des National Museum of Natural History an der Smithsonian Institution in Washington, D.C..
  27. Film der Teribe über das Projekt (deutsch).
  28. Swimming against the current
  29. The Situation of the Térraba Indigenous People of Costa Rica: A Request for Consideration under the Early Warning and Urgent Action Procedures of the United Nations Committee on the Elimination of Racial Discrimination (Seventy-Seventh Session).
  30. Infos zum Konflikt um den Staudamm.
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