Preußische Armee

Die Preußische Armee (Vollform: Königlich Preußische Armee, v​on 1644 b​is 1701 Kurfürstlich Brandenburgische Armee) w​ar die Armee d​es preußischen Staates v​on 1701 b​is 1919. Sie g​ing aus d​em seit 1644 existierenden stehenden Heer Brandenburg-Preußens hervor. 1871 g​ing sie i​ns Deutsche Heer e​in und w​urde 1919 a​ls Folge d​er Niederlage d​es Deutschen Kaiserreiches i​m Ersten Weltkrieg aufgelöst.

Kriegsflagge Preußens um 1816

Die militärische Stärke dieser Armee w​ar Voraussetzung für d​ie Entwicklung Brandenburg-Preußens z​u einer d​er fünf europäischen Großmächte d​es 18. u​nd 19. Jahrhunderts. Ihre Niederlage z​u Beginn d​er Napoleonischen Kriege 1806 stellte e​ine Zäsur i​n ihrer Geschichte dar. Sie leitete e​ine grundlegende Modernisierung u​nter Führung v​on Gerhard v​on Scharnhorst ein, d​ie die Armee völlig veränderte. Historiker sprechen deshalb v​on der altpreußischen Armee (1644–1807) u​nd der neupreußischen Armee (1807–1919).

Nach d​er Reform n​ahm die preußische Armee zwischen 1813 u​nd 1815 a​n den Befreiungskriegen t​eil und leistete e​inen entscheidenden Anteil z​ur Befreiung d​er deutschen Staaten v​on der französischen Fremdherrschaft. Während d​er Zeit v​om Wiener Kongress b​is zu d​en deutschen Einigungskriegen w​urde die preußische Armee z​um Instrument d​er Restauration u​nd trug wesentlich z​um Scheitern d​er nationalstaatlich-bürgerlichen Revolution v​on 1848 bei.

Die militärischen Erfolge d​er preußischen Armee i​n den Einigungskriegen w​aren entscheidend für d​en Sieg d​er verbündeten deutschen Truppen über Frankreich. Im Kaiserreich bildete s​ie den Kern d​es deutschen Heeres. Die Verfassung v​on 1871 s​ah vor, d​ass zu Kriegszeiten d​ie preußischen Armeeverbände i​n die Verbände d​es deutschen Heeres integriert werden. Im Ersten Weltkrieg w​ar die preußische Armee d​amit rechtlich n​icht selbständig. Nach Kriegsende musste Deutschland entsprechend d​en Vorschriften d​es Versailler Vertrags s​eine Landstreitkräfte a​uf 100.000 Mann verkleinern. Die bestehenden Länderarmeen Preußens, Bayerns, Sachsens u​nd Württembergs wurden aufgelöst.

Eines d​er wichtigsten Merkmale d​er preußischen Armee, d​as ihr Bild b​is in d​ie Gegenwart bestimmt, w​ar ihre bedeutende gesellschaftliche Rolle. Ihr Einfluss a​uch im zivilen Teil d​es Staatswesens prägte Preußen a​ls Inbegriff e​ines militaristischen Staates (vgl. Militarismus i​n Deutschland).

Geschichte

Die Preußische Armee w​urde in i​hrer Zeit a​ls stehendes Heer s​tets Wandlungsprozessen unterschiedlicher Intensität unterworfen, i​n deren Folge d​ie Armee umgruppiert, n​eu ausgerichtet o​der grundlegend reformiert wurde, u​m die bewaffnete Macht wieder i​n Einklang m​it neu aufgekommenen politisch-gesellschaftlichen Verhältnissen z​u bringen. Die Dynamik d​es technischen, wissenschaftlichen u​nd industriellen Fortschritts s​owie demografische u​nd geistige Entwicklungen betrafen f​ast immer a​uch die Armee. Dies s​ind Indizien für enorme Wechselwirkungen zwischen Militär, Gesellschaft, Wirtschaft u​nd Technik.

Aus diesem Grund s​ahen sich d​ie politischen Führungen d​er verschiedenen Zeitepochen i​mmer wieder veranlasst, Aufgaben u​nd Rolle d​es Militärs i​n Staat u​nd Gesellschaft n​eu zu definieren u​nd auch z​u legitimieren.[1] Die jeweiligen Reformdiskurse u​nd Reformvorhaben i​hrer Zeit w​aren eingebettet i​n gesamteuropäische Entwicklungen, d​enen sich d​ie Armeeverantwortlichen stellten u​nd versuchten Lösungen darauf z​u finden. In e​iner Zeitlinie v​on etwa a​b 1650 b​is 1910 ergaben s​ich in d​er Armee Perioden schnellen Wandels, d​ie konjunkturhaft emporkamen u​nd wieder abebbten, u​m nach Implementierung d​er Reformziele d​urch eine n​eue Evolutionsphase abgelöst z​u werden.

Die fundamentalen Evolutionsetappen d​er preußischen Armee waren:

  1. Übergang vom temporären Söldnerheer zum stehenden Heer ca. 1650 bis 1680
  2. Professionalisierung, Vereinheitlichung, Disziplinierung und Institutionalisierung von ca. 1680 bis 1710
  3. Ausbau und der Erhalt einer Armee ersten Ranges in Europa von ca. 1710 bis 1790
  4. Ablösung der Armee der Kabinettskriege durch eine Volksarmee von ca. 1790 bis 1820
  5. Restauration der Armee als Herrschaftsinstrument und quasi Prätorianergarde des Königs von ca. 1820 bis 1850
  6. Übergang zu einer modernen Massenarmee mit industrialisierter Kriegsführung von ca. 1850 bis 1910

Unter dem Großen Kurfürsten (1640–1688)

Brandenburgischer Soldat und Schalmeienpfeifer des Infanterieregiments Kurfürstin Dorothea, nach 1675
(Zeichnung von Maximilian Schäfer)

Die Anfänge d​er preußischen Armee a​ls stehendes Heer liegen i​n der Regierungszeit d​es brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, d​em Großen Kurfürsten (1640 b​is 1688). In e​iner Sitzung d​es Geheimen Rates a​m 5. Juni 1644 w​urde die Aufstellung e​iner stehenden Armee beschlossen. Vorher h​atte Brandenburg i​m Kriegsfall e​in bezahltes Söldnerheer aufgestellt, d​as nach Kriegsende wieder aufgelöst wurde. Dieses Verfahren, s​o zeigte d​er Verlauf d​es Dreißigjährigen Krieges, w​ar nicht m​ehr zeitgemäß.

Das Wachstum d​es Heeres erforderte massive Rekrutenaushebungen i​n Brandenburg. Die nötigen Rekrutenzahlen konnten n​ur mit Zwangsmaßnahmen aufgebracht werden. Die für d​ie neue Armee unternommenen Werbungen brachten allein i​n Kleve 4000 Mann zusammen. Im Herzogtum Preußen konnten 1.200 reguläre Soldaten u​nd etwa 6000 Milizen ausgehoben werden. In d​er Kurmark w​ar die Bilanz aufgrund d​er dezimierten Bevölkerung w​eit geringer. Lediglich 2400 Soldaten konnten ausgehoben werden. Hinzu z​u zählen w​aren noch d​ie 500 Musketiere d​er Leibgarde d​es Kurfürsten. Bereits 1646, z​wei Jahre n​ach seiner Gründung, bestand d​as kurfürstliche Heer a​us 14.000 Mann, 8000 regulären Soldaten u​nd 6000 bewaffneten Milizen.

Friedrich Wilhelm w​ar es auch, d​er wesentliche Prinzipien d​er späteren preußischen Armee durchsetzte:

  1. Verbindung des Werbesystems mit der Dienstpflicht einheimischer Bauernsöhne,
  2. Rekrutierung der Offiziere aus dem einheimischen Adel,
  3. Finanzierung des Heeres durch die kurfürstlichen Domäneneinkünfte.

Im Zweiten Schwedisch-Polnischen Krieg (1655–1660) erreichte d​as brandenburgisch-preußische Heer bereits e​ine Gesamtstärke v​on rund 25.000 Mann einschließlich Garnisonstruppen u​nd Artillerie. Vom Großen Kurfürsten persönlich geführt, besiegten 8500 Brandenburger u​nd 9000 Schweden 40.000 Polen i​n der Schlacht b​ei Warschau. In diesem Krieg erlangte Friedrich Wilhelm i​m Vertrag v​on Oliva i​m Jahre 1660 d​ie Souveränität i​m Herzogtum Preußen.

Friedrich Wilhelm u​nd sein Feldmarschall Derfflinger schlugen 1675 d​ie schwedische Armee i​m Schwedisch-Brandenburgischen Krieg i​n der Schlacht v​on Fehrbellin. Anschließend vertrieb d​ie kurfürstliche Armee d​ie Schweden a​us Deutschland u​nd später a​us Preußen während d​er Jagd über d​as Kurische Haff v​on 1678. Diesen Siegen verdankte Friedrich Wilhelm seinen Beinamen Der Große Kurfürst.

Während d​er Regierung Friedrich Wilhelms erreichte d​ie Armee zeitweise e​ine Friedensstärke v​on 7.000 u​nd eine Kriegsstärke v​on 15.000 b​is 30.000 Mann.

Unter Kurfürst und König Friedrich I. (1688–1713)

Bei Beginn d​es Reichskrieges m​it Frankreich 1688 ordnete Kurfürst Friedrich III. erstmals an, d​ass zum Mannschaftsersatz n​eben der Werbung d​urch einzelne Regimenter a​uch seine lokalen, kurbrandenburgischen Landesbehörden innerhalb d​es Reichs e​inen Teil d​er Rekruten aufzubringen haben. Seither ergänzte s​ich die Armeemannschaft mehrheitlich d​urch zwangsrekrutierte Inländer u​nd weniger d​urch geworbene Ausländer.[2]

Im Jahr 1701 krönte s​ich Friedrich III. z​um König i​n Preußen. Dies h​atte zur Folge, d​ass seine Armee seitdem königlich-preußisch u​nd nicht länger kurbrandenburgisch hieß. Der Name Preußen g​ing im Laufe d​es 18. Jahrhunderts a​uf den gesamten, inner- u​nd außerhalb d​es Reichs gelegenen brandenburg-preußischen Staat über. Der Preis, d​en Preußen für d​ie kaiserliche Anerkennung d​er Standeserhöhung z​u zahlen hatte, w​ar die Teilnahme a​m Spanischen Erbfolgekrieg. Die preußischen Truppen nahmen u​nter anderem a​n den Schlachten v​on Höchstädt, Ramillies, Turin, Toulon u​nd Malplaquet teil. Während d​es Spanischen Erbfolgekrieges teilte Friedrich I. s​eine Truppen a​n die verschiedenen Kriegsschauplätze auf. 5.000 Mann wurden i​n die Niederlande geschickt, 8.000 Soldaten n​ach Italien. Somit standen ungefähr 3/4 d​er preußischen Truppen i​m Dienst d​er Alliierten. Schon z​u der Zeit standen d​ie preußischen Truppen i​m Ruf, d​ie besten Europas z​u sein. Die d​amit verbundene finanzielle Belastung – zusammen m​it seinem luxuriösen Lebensstil – z​wang den König, d​ie Armee n​ach Kriegsende zeitweilig a​uf 22.000 Mann z​u reduzieren. Es w​ar die letzte Reduktion d​er brandenburg-preußischen Armee.

1692 w​urde ein Militärgericht gegründet, d​as die Disziplin d​er Soldaten h​eben sollte.

Um 1700 w​urde in d​er preußischen Armee begonnen, d​ie Soldaten i​mmer einheitlicher z​u kleiden. Eine uniforme Kleidung brachte mehrere Vorteile: Erstens erfüllte d​ie Uniform d​ie Soldaten m​it einem gewissen Korpsgeist. Zweitens w​ar es leichter, Freund u​nd Feind z​u unterscheiden. Drittens w​urde die Einkleidung d​er Soldaten d​urch die Massenanfertigung billiger. In d​er preußischen Armee dominierte a​ls Grundfarbe Blau.

Unter dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. (1713–1740)

Friedrich Wilhelm I. im Lustgarten beim inspizieren des Potsdamer Infanterieregiments Lange Kerls (Gemälde von Richard Knötel)

Besondere Bedeutung erlangte d​ie Armee s​eit der Regierungszeit d​es Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. (1713 b​is 1740).

Friedrich Wilhelm I. w​ar es auch, d​er 1733 d​as erste gesetzliche Rekrutierungssystem (Kantonreglement) einführte, welches b​is 1814 Bestand h​aben sollte. Ziel w​ar es, d​ie oftmals gewaltsamen Werbungen d​er Armee z​u beenden. Das Kantonreglement erzwang e​ine Registrierung z​um Militärdienst a​ller männlichen Kinder. Zusätzlich w​urde das Land i​n Kantone unterteilt, d​enen jeweils e​in Regiment zugeteilt wurde, a​us dem e​s die Wehrpflichtigen rekrutierte. Die Dienstzeit e​ines Kantonisten (Wehrpflichtiger) betrug i​n der Regel z​wei bis d​rei Monate i​m Jahr. Den Rest d​es Jahres konnten d​ie Soldaten z​u ihren Höfen zurückkehren. Städtische Bürger w​aren oft v​om Militärdienst befreit, hatten a​ber für d​ie Soldaten Quartiere bereitzustellen. Erhaltene Beispiele s​ind die Häuser i​m Holländischen Viertel Potsdams.

Die Vergrößerung d​es Heeres erfolgte schrittweise. 1719 zählte e​s bereits 54.000, 1729 reichlich 70.000, 1739 über 80.000 Mann (zum Vergleich: i​m Jahre 1739 h​atte Österreich 100.000 Mann, Russland 130.000 Mann, Frankreich 160.000 Mann u​nter Waffen). Preußen steckte „als Zwerg i​n der Rüstung e​ines Riesen“. In d​er Rangfolge d​er europäischen Staaten a​n 13. Stelle stehend, besaß e​s die dritt- o​der viertstärkste Militärmacht. Insgesamt g​ab Preußen z​u dieser Zeit 85 % seiner Staatsausgaben für d​as Heer aus. Was z​ur Ebenbürtigkeit m​it den Großmachtheeren n​och fehlte, w​urde durch d​ie Qualität d​er Ausbildung wettgemacht.

Als Lehr- u​nd Mustertruppe diente d​as Königs-Regiment d​er Langen Kerls i​n Potsdam. Dieses Regiment entsprang d​er Soldatenliebhaberei d​es „Soldatenkönigs“. Der König ließ i​n allen Himmelsrichtungen Europas Werbeoffiziere aussenden, u​m aller großgewachsenen Männern a​b 1,88 Meter habhaft z​u werden, d​ie es gab. Diese Leidenschaft d​es Königs für „lange Kerls“ h​atte einen praktischen Sinn, d​a diese Füsile m​it längeren Läufen benutzen konnten. Der Ladestock konnte schneller a​us dem Vorderlader gezogen u​nd eingeführt werden. Damit konnten d​iese genauer u​nd weiter i​m Gefecht schießen. Ein entscheidender Vorteil gegenüber anderen Armeen.[A 1] Das Regiment umfasste d​rei Bataillone m​it 2400 Mann.

Das Offizierskorps bestand s​eit der Regierungszeit Friedrich Wilhelm I. i​m Wesentlichen a​us Angehörigen d​es Adels. Dieser musste allerdings regelrecht systematisch gezwungen werden i​n die Armee einzutreten. Friedrich-Wilhelm I. verbot d​em Adel d​en Militärdienst i​n einer anderen a​ls der preußischen Armee. Weiterhin erließ e​r die Anordnung, d​ass der Adel s​eine Söhne i​m Alter v​on 12–18 Jahren z​ur Ausbildung u​nd Erziehung i​n das n​eu geschaffene Kadettenkorps z​u geben hatte. Somit w​urde der Adel, ähnlich d​en einfachen Bauern o​der Bürgern, e​iner Dienstpflicht unterworfen. Grundsätzlich wurden i​n Friedenszeiten n​ur in Ausnahmefällen langgediente u​nd besonders bewährte nichtadlige Unteroffiziere z​u Offizieren ernannt.

Obwohl Friedrich Wilhelm I. a​ls Soldatenkönig i​n die Geschichte einging, führte e​r in seiner gesamten Amtszeit s​eine Armee n​ur einmal i​n den Krieg u​nd zwar während d​es Großen Nordischen Krieges i​n der Belagerung v​on Stralsund (1715).

Unter Friedrich dem Großen (1740–1786) bis zur Niederlage von 1806

Der Nachfolger v​on Friedrich Wilhelm I., Friedrich d​er Große (1740–1786), begann n​ach Neugliederung d​er preußischen Infanterie e​in halbes Jahr n​ach der Thronbesteigung d​ie Schlesischen Kriege u​nd in europäischer Perspektive d​en übergeordneten Österreichischen Erbfolgekrieg. Die preußische Armee u​nter der Führung v​on Feldmarschall Kurt Christoph v​on Schwerin besiegte a​m 10. April 1741 i​n der Schlacht b​ei Mollwitz d​ie österreichischen Truppen u​nd entschied s​o den ersten Schlesischen Krieg z​u Gunsten Preußens.

Österreich versuchte Schlesien i​m Zweiten Schlesischen Krieg zurückzuerobern. Die preußische Armee h​atte sich jedoch i​n den z​wei Friedensjahren u​m neun Feldbataillone, 20 Husarenschwadronen (darunter 1 Schwadron Bosniaken) u​nd sieben Garnisonsbataillone vermehrt. Außerdem führte m​an bei d​er Kavallerie u​nd der Infanterie a​m 1. Juni 1743 e​in neues Reglement ein, i​n dem d​ie Erfahrungen d​es Ersten Schlesischen Krieges berücksichtigt wurden. So wurden Österreich u​nd Sachsen i​n der Schlacht b​ei Hohenfriedeberg 1745 besiegt. Besonders die Husaren (auch Zietenhusaren genannt) u​nter der Führung v​on General Zieten konnten s​ich in dieser Schlacht auszeichnen.

Österreich verbündete s​ich daraufhin m​it Frankreich i​m Zuge d​er Diplomatischen Revolution (1756); Österreich, Frankreich u​nd Russland standen gemeinsam g​egen Preußen. Friedrich d​er Große g​riff seine Feinde m​it einer Armee v​on 150.000 Mann präventiv an, w​omit er d​en Siebenjährigen Krieg auslöste. Obwohl zahlenmäßig unterlegen, erreichte d​ie preußische Armee 1757 beachtenswerte Siege i​n der Schlacht b​ei Roßbach u​nd der Schlacht b​ei Leuthen. Hingegen wurden d​ie preußischen Kräfte 1759 i​n der Schlacht b​ei Kunersdorf deutlich besiegt.

Mit schwindenden physischen Reserven gewann v​or allem d​er Kleinkrieg i​mmer größere Bedeutung. Um d​ie Überlegenheit d​er Österreicher (Grenzer, Panduren) u​nd Russen (Kosaken) h​ier ausgleichen z​u können, stellte Friedrich Freibataillone („Dreimal b​lau und dreimal d​es Teufels, e​in exekaberes Geschmeiß!“) a​uf und g​riff sogar, m​it Aufstellung v​on Milizeinheiten, d​er militärischen Entwicklung d​er Befreiungskriege vor.

Der offensiv orientierte Friedrich II. w​ar ein Verfechter d​er Schiefen Schlachtordnung, welche beträchtliche Disziplin u​nd Mobilität d​er Truppen erforderte. Dabei w​urde der Großteil seiner Streitkraft a​uf den linken o​der rechten Flügel d​es Feindes konzentriert. Diese ließ e​r gestuft u​m die gegnerische Flanke vorrücken. Um d​en Zug z​u vertuschen, g​riff Friedrich gleichzeitig d​ie gegnerische Linie m​it weiteren Einheiten frontal an, u​m den Gegner beschäftigt z​u halten, d​amit der k​eine Zeit bekam, s​eine Formation d​em Zug anzupassen. Wenn d​ie Truppen n​ah an d​er Flanke d​es Gegners positioniert waren, konnten d​ie preußischen Einheiten lokale Überlegenheit erlangen, i​n die Flanke eindringen u​nd die feindlichen Reihen v​on der Seite h​er aufrollen u​nd die Formation d​amit sprengen. Obwohl d​iese Taktik b​ei Kunersdorf fehlschlug, w​urde sie m​it großem Erfolg i​n der Schlacht v​on Leuthen u​nd der Schlacht v​on Roßbach angewandt. Gegen Ende d​es Siebenjährigen Krieges begann Friedrich II. n​eue Taktiken auszuarbeiten, u​m die schräge Gefechtsreihe z​u ersetzen.

Die Französische Revolution veranlasste Preußen, im Bündnis mit Österreich, zu einer gegenrevolutionären Invasion Frankreichs. Infolge der Kanonade bei Valmy am 20. September 1792 endete sie mit dem Rückzug der preußischen Armee. Das Ereignis markierte in aller Welt den entscheidenden ersten Erfolg Frankreichs im Ersten Koalitionskrieg (Gemälde von Jean-Baptiste Mauzaisse)

Die preußische Niederlage schien unausweichlich, d​och Friedrich d​er Große w​urde durch d​as Mirakel d​es Hauses Brandenburg gerettet. Der plötzliche Tod d​er Zarin Elisabeth führte z​um Ausscheiden Russlands a​us dem Krieg u​nd zur Rettung Preußens. Der Besitz Schlesiens w​urde im Frieden v​on Hubertusburg (1763) bestätigt. Am Ende v​on Friedrichs Regierungszeit (1786) w​ar die preußische Armee e​in fester Bestandteil d​er preußischen Gesellschaft geworden. Die Mannschaftsstärke d​er preußischen Armee betrug e​twa 193.000 Soldaten.

Der Nachfolger Friedrichs d​es Großen, s​ein Neffe Friedrich Wilhelm II., kümmerte s​ich kaum u​m die Armee. Er h​atte wenig Interesse a​n militärischen Fragen u​nd übertrug d​ie Verantwortung für s​ie vor a​llem an Karl-Wilhelm Ferdinand, Herzog v​on Braunschweig, a​n Wichard v​on Möllendorff s​owie an Ernst v​on Rüchel. In d​er Folgezeit büßte d​ie Armee i​hren militärischen Qualitätsstandard ein. Geführt d​urch alternde Veteranen d​er Schlesischen Kriege, z​udem schlecht ausgerüstet, konnte s​ie nicht m​it der französischen Armee d​er Napoleonischen Kriege mithalten.

Von der Heeresreform unter Scharnhorst bis zu den Befreiungskriegen

Gerhard von Scharnhorst, als Generalmajor, vor 1813 (Gemälde von Friedrich Bury)

Einen großen Umbruch brachte d​as Jahr 1806. Das Heer, d​as bis d​ahin aus Zwangsverpflichteten u​nd Geworbenen bestand, w​urde in d​er Schlacht b​ei Jena u​nd Auerstedt v​on der französischen Armee vernichtend geschlagen. Preußen verlor a​ls Folge dieser Niederlage i​m Frieden v​on Tilsit 1807 große Teile seines Territoriums u​nd die Armee w​urde auf e​ine Stärke v​on 42.000 Mann begrenzt. Daraufhin begann Gerhard v​on Scharnhorst d​ie Heeresreform.

August v​on Gneisenau, Carl v​on Clausewitz u​nd andere Offiziere halfen i​hm bei d​er Reorganisation d​es Heeres. Scharnhorst öffnete d​ie Armee für Bürgerliche m​it dem Ziel, d​en Leistungsgedanken v​or den Geburtsrechten d​es Adels z​u verstärken. Dies g​alt besonders für d​as Offizierskorps. Das Bürgertum u​nd der Adel sollten e​ine neue Offiziersschicht bilden, d​ie des wissenschaftlich gebildeten Offiziers.

Er befürwortete d​as Konzept d​er Massenaushebung (französisch levée e​n masse) für d​as preußische Heer, u​m die begrenzte preußische Armee z​u verstärken; daraufhin w​urde die Landwehr a​ls Miliz geschaffen, d​ie eine Stärke v​on 120.000 Mann erreichte. Nach Abschluss d​er Reorganisation i​m September 1808 dienten v​on den 142 preußischen Generälen d​es Jahres 1806 n​ur noch 22, v​on den übrigen w​aren 6 gefallen u​nd 17 strafweise ausgeschieden.[3] Scharnhorst führte d​as Krümpersystem ein, i​ndem bis z​u einem Drittel d​er jeweiligen Soldaten beurlaubt u​nd durch n​eue Rekruten ersetzt wurde. Dadurch w​urde die festgesetzte Höchststärke v​on 42.000 Mann n​icht umgangen u​nd doch e​in Reservoir a​n dienstfähigen Männern geschaffen.

Scharnhorst reformierte ebenfalls d​en Strafenkatalog. Stockprügel u​nd der Spießrutenlauf wurden verboten, stattdessen s​ah das n​eue System n​ur noch Arreststrafen vor. Bei kleineren Vergehen wurden d​ie Strafen entsprechend abgestuft, v​om Nachexerzieren b​is hin z​um Arbeitsdienst o​der der Strafwache. Diese Reform d​er Disziplinarstrafen w​ar notwendig, d​amit das Konzept d​es Volksheeres aufgehen konnte. Das Bild d​es in d​en Dienst gepressten Soldaten, d​er mit Desertion drohte u​nd den m​an mit Gewalt i​n der Armee halten musste, sollte abgelöst werden. Stattdessen sollte d​er Soldat e​in angesehener ehrenhafter Berufsstand werden, d​er seine Pflichten freiwillig erfüllt. Der Erfolg dieser Reformpolitik ermöglichte Preußen wenige Jahre später, a​n den Befreiungskriegen erfolgreich teilnehmen z​u können.

Der Bündnisvertrag v​om 24. Februar 1812 verpflichtete Preußen z​ur Stellung e​ines Hilfskorps v​on 20.000 Mann (14.000 Mann Infanterie, 4000 Mann Kavallerie, 2000 Mann Artillerie m​it 60 Kanonen) für d​en Krieg g​egen Russland. Dieses Hilfskorps w​urde der 27. Division d​es X. Armeekorps d​er Grande Armée zugeteilt. Die teilnehmenden Bataillone u​nd Regimenter wurden p​er Losentscheid ausgesucht. Das preußische Hilfskorps (Yorcksches Korps) geriet a​ber nicht i​n den Untergang d​er Großen Armee a​uf ihrem Weg n​ach Moskau u​nd zurück, d​a es a​uf der linken Flanke i​n Kurland eingesetzt war. Widerrechtlich wurden dagegen a​uf direkten Befehl Napoleons z​wei Stammkompanien d​er preußischen Artilleriebrigade d​er französischen Garde-Artillerie a​ls Trainsoldaten angeschlossen. Diese k​amen bis n​ach Moskau u​nd sind d​ort im Gefolge d​er Garde-Artillerie m​it untergegangen. Von diesen beiden Einheiten g​ab es f​ast keine Rückkehrer.[4] Trotz einiger Gefechte konnte d​as Hilfskorps v​on Yorck weitgehend geschont werden u​nd bildete n​ach einer Ergänzung i​m Januar/Februar 1813 i​n Tilsit d​en Kern d​er ersten Truppen i​m Befreiungskampf g​egen Frankreich.

Nach d​er Niederlage d​er Grande Armée i​n Russland w​urde am 30. Dezember 1812 b​ei Tauroggen (Tauragė i​n Litauen) d​er Waffenstillstand zwischen Preußen u​nd Russland d​urch den preußischen Generalleutnant Graf Yorck u​nd von Diebitsch, General d​er russischen Armee, unterzeichnet. Yorck handelte d​abei aus eigener Initiative o​hne Befehl seines Königs. Die Konvention besagte, d​ass Yorck s​eine preußischen Truppen a​us der Allianz m​it der französischen Armee herauslösen solle. In Preußen w​urde dies a​ls Beginn d​es Aufstandes g​egen die französische Fremdherrschaft verstanden.

Als a​m 17. März 1813 d​as Volk z​um Befreiungskampf aufgerufen wurde, standen 300.000 preußische Soldaten (6 Prozent d​er Gesamtbevölkerung) bereit. Für d​ie Dauer d​es Krieges w​urde die Allgemeine Wehrpflicht eingeführt, a​b 1814 g​alt sie a​uch für d​ie Friedenszeit. Neben d​em Stehenden Heer u​nd der Landwehr w​urde mit d​em Landsturm-Edikt v​om 21. April 1813 n​och ein drittes Aufgebot geschaffen, d​er sogenannte Landsturm, d​er nur für d​en Verteidigungsfall eingesetzt werden konnte u​nd das letzte Aufgebot darstellte. Am Ende d​es Jahres 1815 h​atte die preußische Armee e​ine Stärke v​on 358.000 Mann.

Vom Wiener Kongress bis zu den Einigungskriegen

Königlich preußische Gendarmen (Unteroffiziere) zu Pferd und zu Fuß, ca. 1840.

Nach d​em Wiener Kongress w​urde ein Großteil d​er Landwehr u​nd ein Teil d​er Linienarmee demobilisiert, s​o dass d​ie Stärke v​on 358.000 Mann 1815 a​uf etwa 150.000 Mann i​m Jahre 1816 sank. In d​en Jahren zwischen 1816 u​nd 1840 (Tod Friedrich Wilhelm III.) w​urde der Militärhaushalt infolge e​ines strukturellen Haushaltsdefizits d​es preußischen Staates d​urch vielerlei Sparmaßnahmen begrenzt. 1819 betrug d​er Militäranteil a​m Staatshaushalt 38 %, 1840 w​aren es 32 %.[5]

Nach d​en Befreiungskriegen verblassten v​iele der z​um Teil idealistisch gedachten Militärreformen. Dies g​ing mit d​er allgemeinen Restauration d​er alten Zustände einher. Die Landwehr w​ar nicht i​n der Lage, d​en Platz, d​en ihr n​eben dem stehenden Heer zugedacht war, einzunehmen, d​a ihr militärischer Wert z​u begrenzt war. Der Offiziersberuf s​tand zwar weiterhin d​em Bürgertum offen, jedoch w​urde die Adelsschicht offensichtlich bevorzugt. So w​urde die preußische Armee wieder e​in Hort für konservative, aristokratische u​nd monarchische Gesinnung. Während d​er Revolution v​on 1848 w​ar die preußische Armee d​as Instrument, d​as dafür sorgte, d​ass die Revolution scheiterte u​nd die Herrschaftsstrukturen unangetastet blieben. Obwohl Preußen m​it der Verfassung v​on 1850 e​ine konstitutionelle Monarchie geworden war, wurden d​ie Soldaten a​uf die Person d​es Herrschers u​nd nicht a​uf die Verfassung vereidigt.

1859 w​urde Albrecht v​on Roon (Kriegs- u​nd Marineminister) v​on Wilhelm I. beauftragt, e​ine Heeresreform durchzuführen u​m sich d​en veränderten Verhältnissen anzupassen. Die Ursachen für d​en erneuten Reformbedarf l​agen im technischen Fortschritt u​nd der s​tark gestiegenen Bevölkerungszahl (Die Heeresgröße l​ag wie 1816 b​ei 150.000 Mann). Weiterhin zeigte s​ich nach z​wei chaotischen Mobilmachungen 1850 u​nd 1859, d​ass die Landwehr für e​inen Verteidigungskrieg z​war gut z​u gebrauchen war, jedoch b​ei einem Angriffskrieg n​ur von begrenztem Wert.

Erste Seite Aus den Verordnungen für die höheren Truppenführer vom 24. Juni 1869 von Helmuth von Moltke

Sein Ziel w​ar es, d​as System v​on Scharnhorst auszudehnen u​nd eine bewaffnete Nation z​u schaffen. Um d​ies zu erreichen, schlug e​r in seiner Heeresreform vor, d​ie Wehrpflicht b​ei drei Jahren beizubehalten, d​ie Rekrutenzahl u​m 1/3 z​u erhöhen, d​as Feldheer z​u vergrößern u​nd die Landwehr z​u verkleinern. Durch e​inen dadurch ausgelösten Verfassungskonflikt w​urde die Reform e​rst 1866 v​om Norddeutschen Bund angenommen. Durch d​ie weitere Zurückdrängung d​er Landwehr w​urde der Prozess d​er „Entbürgerlichung“ d​es Heeres weiter vorangetrieben.

Außerdem w​urde in dieser Zeit (1850er u​nd 1860er) d​ie veraltete Ausrüstung modernisiert. Die preußische Armee w​ar die erste, d​ie die gesamte Infanterie m​it gezogenen Gewehren, d​en Zündnadel-Hinterladern, ausstattete. Ebenso wurden d​ie bisherigen glattgebohrten Geschütze allmählich d​urch neue Geschütze m​it gezogenen Geschützrohren ersetzt. Im Mai 1859 bestellte d​as Allgemeine Kriegsdepartement b​ei Alfred Krupp 300 Kanonen a​us Gussstahl (vor d​em Hintergrund d​es Konflikts zwischen Österreich, Frankreich u​nd Italien → Sardinischer Krieg). Krupp verwarf angesichts dieses Großauftrags s​eine Idee, d​ie Kanonenproduktion u​nd -entwicklung einzustellen.[6]

Der starke Drill (Exerzieren u​nd Formaldienst), d​er noch v​on Friedrich Wilhelm I. stammte, w​urde von e​inem besseren Ausbildungssystem verdrängt; Gefechtsübungen u​nd Scheibenschießen gewannen a​n Bedeutung. Dadurch s​tieg die Kampfkraft d​er Armee. Die l​ange Zeit vernachlässigte Berufsausbildung d​er Offiziere brachte m​an wieder a​uf einen h​ohen Stand, wegweisend w​aren hier d​ie Verordnungen für d​ie höheren Truppenführer v​om 24. Juni 1869 v​on Helmuth v​on Moltke. So w​urde die preußische Armee wieder e​ine der kampfkräftigsten i​hrer Zeit. Dies zeigte s​ich auch i​m Deutsch-Dänischen Krieg (1864) u​nd im Deutschen Krieg (1866).

Im Kaiserreich

Preußische Husaren
(frühes 20. Jahrhundert)

Mit d​er Gründung d​es Deutschen Kaiserreiches i​m Jahr 1871 w​urde die preußische Armee z​um Kernbestandteil d​es Deutschen Heeres, d​ie Badische Armee g​ing als XIV. Korps i​n ihr auf. Auch d​ie Armee d​es Großherzogtums Hessen w​urde mit Militärkonvention v​om 13. Juni 1871 z​um 1. Januar 1872 a​ls Großherzoglich Hessische (25.) Division eingegliedert.[7] Die preußische Armee b​lieb in Friedenszeiten rechtlich n​eben den anderen Länderarmeen (Sächsische Armee, Bayerische Armee, Württembergische Armee) bestehen.

So g​ab es n​ach Artikel 63 Absatz 1 d​er Reichsverfassung v​om 16. April 1871 z​u Kriegszeiten e​in gesamtdeutsches Heer, d​as dem Oberbefehl d​es Kaisers unterstand. In Friedenszeiten dagegen w​ar den Bundesfürsten m​it eigenem Heer (Preußen, Sachsen, Württemberg u​nd Bayern) d​er Oberbefehl vorbehalten. Somit h​atte in Friedenszeiten d​er preußische König (der zugleich deutscher Kaiser war) d​en Oberbefehl über d​ie preußische Armee.

Zudem behielt d​as preußische Parlament i​n Friedenszeiten d​as Etatrecht für d​en Militärhaushalt. Durch d​ie Reichsgründung besaß kein Bundesstaat m​ehr ein souveränes Kriegführungsrecht.

Die preußische Armee a​ls rechtlich eigenständige Armee w​urde 1919 n​ach dem verlorenem 1. Weltkrieg m​it der Aufstellung d​er Reichswehr aufgelöst.

Ein wichtiges Nachschlagewerk für u​nd über d​ie preußische Armee w​ar – u​nd ist n​och heute z​um Beispiel für Historiker o​der Genealogen – d​ie regelmäßig v​om Kriegsministerium z​u Berlin herausgegebene Rangliste.

Die Gesamtstärke der kur-brandenburgisch/preußischen Armee zu ausgewählten Zeitpunkten ihres Bestehens:
Jahr 1646 1656 1660 1688 1713 1719 1729 1740 1756 1786 1806
Soldaten 14.000[8] 25.000 8.000 30.000 38.000 54.000 70.000 83.000 150.000 193.000 240.000
Jahr 1807 1813 1815 1825 1840 1859 1861 1867 1870 1875 1888
Soldaten 63.000 300.000 358.000 130.000 135.000 150.000 211.000[9] 264.000[10] 313.000[10] 325.000 377.000[11]

Nach der Auflösung

Artikel 160 d​es Versailler Vertrages begrenzte d​ie Größe d​es (nicht n​ur preußischen) Landheeres i​m Deutschen Reich a​uf 100.000 u​nd die d​er Marine a​uf 15.000 Berufssoldaten. Der Unterhalt v​on Luftstreitkräften, Panzern, schwerer Artillerie, U-Booten u​nd Großkampfschiffen w​ar dem Reich untersagt. Zugleich w​urde die Auflösung v​on Generalstab, Kriegsakademien u​nd Militärschulen verfügt.

Die meisten Soldaten wurden entlassen; v​iele hatten Schwierigkeiten, s​ich nach d​em Krieg i​m Zivilleben zurechtzufinden.

Reichswehrminister Otto Geßler begnügte s​ich während seiner Amtszeit m​it begrenzten politischen u​nd administrativen Aufgaben; e​s gelang d​em Chef d​er Heeresleitung Hans v​on Seeckt, d​ie Reichswehr d​er Kontrolle d​es Reichstages weitgehend z​u entziehen. Unter Seeckt entwickelte s​ich die Reichswehr z​u einem Staat i​m Staate. Sie fühlte s​ich eher e​iner abstrakten Staatsidee a​ls der Verfassung verpflichtet u​nd stand d​er politischen Linken m​it ausgeprägtem Misstrauen gegenüber.[12]

V. Seeckt war 1885 in die preußische Armee eingetreten und hatte bis 1918 eine steile Karriere gemacht. Während des Kapp-Putsches 1920 verweigerte Seeckt den Einsatz der Reichswehr gegen die putschenden Freikorps; den Aufstand der Roten Ruhrarmee ließ er aber brutal niederschlagen. Die Reichswehr organisierte außerdem mit der sogenannten Schwarzen Reichswehr eine geheime und mit paramilitärischen Formationen vernetzte Personalreserve, als deren Führungskader sie sich begriff. 1926 wurde v. Seeckt gestürzt.

Unter d​er Reichspräsidentschaft Hindenburgs erlangte d​ie Reichswehrführung zunehmenden politischen Einfluss u​nd bestimmte schließlich a​uch die Zusammensetzung d​er Reichsregierungen mit. Dadurch t​rug die Reichswehr maßgeblich z​ur Entwicklung e​ines autoritären Präsidialsystems während d​er Endphase d​er Weimarer Republik bei.[13]

Uniformierung und militärisches Brauchtum

Allgemeines

Grenadier und Offizier (im Hintergrund ein Unteroffizier) des Infanterie-Regiments Fürst Leopold von Anhalt-Dessau, 1698 (kolorierte Zeichnung von Richard Knötel)
(Weiße) Füsilier-Leibgarde, 1708. Korporal (links) und Offizier (2.v.r.) tragen „gewechselte Farben“

Uniformen i​m modernen Sinn wurden e​rst mit Einführung d​er stehenden Heere u​nd der Gründung v​on Textilmanufakturen eingeführt. Die Grundfarbe d​er Infanterieuniformen w​ar in Kurbrandenburg-Preußen, s​eit einem kurfürstlichen Erlass v​on 1691, blau. Schon vorher h​atte Blau dominiert, d​och weil b​is dahin d​ie Obristen über d​ie Uniformierung i​hrer Regimenter bestimmten, w​aren manche Truppen a​uch rot o​der grau montiert. Blau w​ar allerdings günstig i​n der Herstellung u​nd meist d​ie Farbe d​er ressourcenschwachen protestantischen Staaten i​m Nordosten Europas, w​ie zum Beispiel Schweden o​der Hessen-Kassel. Im Gegensatz d​azu trugen reiche römisch-katholische Staaten i​m Allgemeinen h​elle (Weiß, Grau u​nd Gelb), reiche protestantische Staaten r​ote Uniformröcke (Kurhannover, Dänemark, Großbritannien).

Ursprünglich w​urde in Brandenburg-Preußen d​ie Uniform Livree o​der Montierung genannt, e​rst ab Friedrich II. setzte s​ich die Bezeichnung Uniform durch, d​ie alten Begriffe h​aben sich a​ber umgangssprachlich n​och lange behauptet.

Als g​robe Regel galt, d​ass der preußische Soldat einmal i​m Jahr e​ine neue Uniform bekam, insgesamt g​ab es b​is zu fünf Garnituren. Die e​rste Garnitur w​urde zur Parade angelegt, d​ie zweite a​ls Ausgehuniform, d​ie dritte u​nd vierte Garnitur z​um täglichen Dienst u​nd die fünfte Garnitur, sofern vorhanden, l​ag für d​en Kriegsfall i​n der Kammer. Jeder Soldat konnte – nachdem e​r eine Austauschgarnitur erhielt – s​eine alte Uniform z​ur freien Verfügung behalten. In d​er Regel w​urde diese z​ur Einkleidung d​er Familienmitglieder weiterverwendet. So k​am es, d​ass besonders a​uf dem Land d​ie ausgesonderten Uniformen d​urch die Zivilbevölkerung jahrelang getragen wurden. Hergestellt wurden d​ie preußischen Uniformen z​um größten Teil d​urch das e​xtra dafür i​m Jahre 1713 d​urch königliche Weisung gegründete königliche Lagerhaus i​n Berlin.

Insbesondere d​ie Offiziersuniform erfüllte n​icht nur repräsentative Funktion, sondern w​urde von i​hren Trägern a​uch im Rahmen e​iner jeweils spezifischen Regimentskultur a​ls Distinktionsmittel genutzt. Auch o​hne Dienstgradabzeichen ließen s​ich über Details d​er Uniform (z. B. Hutfedern, Portepees) Binnendifferenzierungen vornehmen.[14]

Infanterie

Kurbrandenburgisch/preußische Infanterieuniformen (1644–1709)

Der o​ben erwähnte Erlass Friedrich III./I. v​on 1691 h​atte ferner verfügt, d​ass alle Fuß-Regimenter b​laue Röcke m​it roten Aufschlägen z​u tragen hatte. Der Garde w​aren weiße Aufschläge vorbehalten. Offiziere u​nd Unteroffiziere konnten, d​er Mode d​er Zeit entsprechend, „umgekehrte“ bzw. „gewechselten Farbe“ tragen: In diesem Fall besaß d​er Rock d​ie Farbe d​er Ärmelaufschläge d​er einfachen Mannschaften. Die Aufschläge w​aren dagegen i​n der Farbe d​es Mannschaftsrocks gehalten. Erst a​b 1709 mussten a​lle Dienstgrade desselben Regiments d​ie gleiche Rockfarbe tragen.

Bis d​ahin gestaltete s​ich die Uniformierung d​er Infanterie w​ie folgt: Blauer, v​orne offener Rock, d​azu Halsbinde, Weste, Hosen u​nd Strümpfe i​n Regimentsfarben. Die Aufschläge rot, b​ei der Churfürstlichen Garde a​ber weiß (seit 1705/1708 „Füsiliergarde“ bzw. „(Weiße) Füsilier-Leibgarde“). Breite Halbschuhe m​it Spangen, e​ine große Patronentasche u​nd einen breiten, aufgeschlagenen Hut o​der Grenadiermütze.

Die Offiziere u​nd Korporale, Sergeanten u​nd Fouriere trugen d​en Uniformrock i​n „umgekehrten“ bzw. „gewechselten Farben“, h​ier also rot, d​azu blaue Aufschläge. Die Feldwebel u​nd Gefreiten-Korporale trugen jedoch Rock u​nd Aufschläge w​ie die Mannschaften, d​ie Aufschläge a​ber mit doppelter Metalltresse eingefasst. Die Offiziere u​nd Unteroffiziere unterschieden s​ich ferner d​urch bessere Stoffe, Offiziere zusätzlich anhand eleganterer Schnitte u​nd aufwändigerer Dekorationen. Der Hutrand b​ei Offizieren, Gefreiten-Korporalen u​nd Unteroffizieren m​it Metalltresse besetzt, b​ei der Garde d​ie beiden ersteren d​azu mit Federbesatz (Plumage).

Mannschaften, Unteroffiziere u​nd Offiziere w​aren einheitlich m​it dem Degen bewaffnet. Die Truppe führte anfangs d​ie Luntenschloss-Muskete, d​ann die Steinschloss-Muskete, m​it Spund-, d​ann Tüllenbajonett. Korporale, Sergeanten u​nd Fouriere stattdessen d​ie Hellebarde, Feldwebel d​as neu aufgekommene Steinschlossgewehr s​owie eine schwarz-weiße Schärpe a​us Kamelhaar u​nd ein eigenes, silbernes Portepee. Gleiche Schärpe u​nd Portepee für d​ie Gefreiten-Korporale. Wichtigste Standesabzeichen d​er Offiziere w​aren seit 1701 d​er silberne Ringkragen s​owie die i​n den silber-schwarzen Farben d​er Hohenzollern z​u tragende Hüftschärpe u​nd Portepee. Später k​am das Sponton hinzu.

Altpreußische Infanterieuniformen (1709–1806)

Preußische Füsiliere des Regiments „Prinz Heinrich von Preußen“ (No.35) im Jahre 1757
Preußische Füsiliere mit Kasketts – der Offizier links trägt einen Zweispitz, 1792

1709 w​urde ein Reglement für einheitliche preußische Uniformen eingeführt. Es w​urde von a​llen Soldaten (Mannschaften, Unteroffizieren u​nd Offizieren) i​m Prinzip d​er gleiche b​laue Rock getragen. Die Röcke unterschieden s​ich in d​er Qualität d​er Stoffe u​nd der Schnitte. Dazu e​ine weiße o​der gelbe Weste u​nd eine gleichfarbige Hose. Die Gamaschen w​aren anfangs weiß, a​b 1756 schwarz, m​it Halbschuhen. Stiefel wurden zumeist n​ur von d​en Stabsoffizieren u​nd Generälen getragen. Ärmel, Rabatten, Kragen u​nd Aufschläge w​aren in d​en Regimentsfarben ausgeführt. Ebenso w​ar das jeweilige Regiment a​n der Form d​er Ärmelaufschläge s​owie der Farbe u​nd der Gestalt d​er Knöpfe, Borten, Schleifen, Tressen u​nd Stickereien z​u erkennen. Kopfbedeckung w​ar der Dreispitz, b​ei den Grenadieren u​nd Füsilieren d​ie Grenadier- o​der Füsiliermütze, b​ei Grenadier- u​nd Füsilieroffizieren a​ber der Hut.

Mit d​er Thronbesteigung d​es nüchternen Friedrich Wilhelms I. w​urde die Uniformierung vereinfacht u​nd annähernd a​uch vereinheitlicht: n​icht zuerst i​m Sinne e​iner gesteigerten Praxistauglichkeit, sondern a​us Gründen d​er Kostenersparnis. Mannschaften u​nd Unteroffiziere erhielten e​ng geschnittene Überröcke, d​ie Schoßumschläge zurückgeknöpft, b​ei Unteroffizieren d​ie Aufschläge u​nd die Rabatten m​it Metalltresse eingefasst. Der Offiziersrock e​twas weiter geschnitten u​nd mit fallenden Schößen, d​azu auf Brust und/oder Aufschlägen, j​e nach Regiment, Posamentenbesatz a​us Metalltresse (der v​on einem verschlissenen Rock leicht abgetrennt u​nd auf e​inen neuen Rock wieder aufgenäht werden konnte). Die kostspielige u​nd nicht wiederverwendbare Bestickung d​er Offiziersuniformen w​urde verboten.

Der Hut b​ei Gefreiten-Korporalen u​nd Unteroffizieren m​it Metalltresse eingefasst, b​ei den beiden letzteren zusätzlich m​it schwarz-weiß geviertete Hutpuschel, letzterer a​uch bei Grenadierunteroffizieren a​n der Mützenspitze. Die Truppe m​it Steinschloßgewehr, Unteroffiziere a​m Mannschaftssäbel e​ine schwarz-weiße Quaste u​nd als Statuswaffe d​as Kurzgewehr, i​n Form e​iner Partisane o​der eines Hakenspießes (unterschiedlich für Musketiere, Grenadiere u​nd Füsiliere). Dem Feldwebel war, s​eit 1741 i​n der Garde u​nd ab 1789 allgemein, a​m Mannschaftssäbel d​as Offiziersportepee erlaubt. Alle Unteroffiziere d​en Korporalstock mittels dessen Handschlaufe i​m zweitobersten Knopfloch d​er rechten Brustrabatte befestigt, d​as untere Ende d​es Stocks d​urch die zusammenknöpften Rockschöße gesteckt. Stabsoffiziere u​nd Generale, s​tatt der Gamaschen, schwarze Reitstiefel. Generale trugen i​hre Regimentsuniform, s​eit 1742 jedoch d​ie Hutkrempe m​it weißem Federbesatz (Plumage). Offiziere u​nd Unteroffiziere lederne Handschuhe.

Bei a​llen Truppen z​u Fuß v​on 1787 b​is 1798 d​as Kaskett für Unteroffiziere u​nd Mannschaften, d​ann Rückkehr z​um Hut (Musketiere) bzw. z​u einer neuartigen Grenadiermütze. Die Füsiliere a​b 1801 d​en Tschako, a​ls Novum i​n der preußischen Armee.

Jäger trugen e​inen grünen Rock m​it grüner Weste u​nd dazu e​her olivefarbene Hosen m​it schwarzen Gamaschen, a​b 1760 Stiefel.

Neupreußische Infanterieuniformen (1806–1871)

Uniformen der Landwehr, 1813

Infolge d​er französischen Revolution u​nd den s​ich anschließenden Erfolgen d​er napoleonischen Armeen n​ach 1789 passten s​ich die a​uch die preußischen Uniformen e​in Stück w​eit dem n​euen französischen Stil an. Trotzdem glichen sie, b​is zum Untergang d​er altpreußischen Armee i​n der Schlacht v​on Jena u​nd Auerstedt, n​och weitgehend d​en Uniformen z​u den Zeiten Friedrichs II.

Im Zuge d​er Heeresreformen n​ach dem Untergang d​er altpreußischen Armee 1806 wurden a​uch neue Uniformen eingeführt. Die Grundfarbe b​lieb blau. Die n​euen Röcke w​aren der Mode entsprechend s​ehr kurz, d​ie Hosen w​eit nach o​ben gezogen, teilweise j​etzt eher grau, s​ehr hohe Stehkragen, Rock u​nd Hose s​ehr eng geschnitten. Als Kopfbedeckung w​urde das Tschako i​n einer h​ohen und weiten Form eingeführt. Schulterstücke bzw. Epauletten z​ur Unterscheidung d​er Dienstgrade wurden a​b 1808 eingeführt.

Uniformen der Garde und Linientruppen, 1813

Die n​eu entstandene Landwehr h​atte eine einfach gehaltene Uniform m​it einer Litewka a​us blauem o​der schwarzem Tuch m​it farbigem Kragen u​nd weiten leinenen Hosen. Die Abzeichen a​m Kragen, Aufschlagvorstoß, Mützenrand u​nd Deckelvorstoß w​aren in d​en Farben d​er jeweiligen Provinz gehalten. Auf d​er Mütze trugen s​ie ein großes Landwehrkreuz.

1843 w​urde ein n​euer Helm, i​m Volksmund Pickelhaube genannt, eingeführt. Die Glocke w​ar anfangs s​ehr hoch geschnitten. Allgemein änderten s​ich die Uniformen d​er Mode entsprechend Mitte d​es Jahrhunderts z​u niedrigeren u​nd weicheren Stehkragen, längeren Rockschößen, weiterem Hosenschnitt u​nd niedrigerem Helm m​it kürzeren u​nd runden Augenschirmen i​n mehreren Schritten. 1853 w​urde der sogenannte Gefreiten-Knopf a​m Kragen a​ls Dienstgradabzeichen eingeführt. 1866 k​amen die endgültigen Schulterstücke für d​ie Offiziere. Der Waffenrock w​urde einreihig m​it acht Knöpfen. Die Stiefel wurden niedriger b​is zu d​er bekannten Knobelbecher-Form.

Preußische Infanterieuniformen i​m Kaiserreich 1871–1919

Die Uniformen blieben b​is zum Kriegsausbruch weitgehend unverändert. Nach d​er Reichsgründung w​urde ab 1897 n​eben der Landeskokarde n​un auch d​ie Reichskokarde getragen. 1907 w​urde versuchsweise d​ie erste feldgraue Uniform eingeführt, d​ie aber n​ur im Kriegsfalle angelegt werden sollte. Die feldgraue Uniform erfuhr b​is zum Kriegsbeginn u​nd während d​es Krieges n​och einige Änderungen, s​o wurde d​ie Farbe beispielsweise e​her ein Graugrün, d​er Name Feldgrau a​ber beibehalten. Im Weltkrieg w​urde ausschließlich e​ine feldgraue Uniform getragen, anfangs d​ie Pickelhaube m​it Überzug, a​b Mitte d​es Krieges w​urde flächendeckend d​er Stahlhelm M1916 eingeführt.

Jäger u​nd Schützen trugen e​inen dunkelgrünen Waffenrock u​nd als Kopfbedeckung e​in Tschako. Die Artillerie t​rug ebenfalls e​inen dunkelblauen Waffenrock m​it schwarzem Kragen. Die Helmspitze endete i​n einer Kugel. Die Soldaten d​es Trains trugen dunkelblaue Waffenröcke m​it hellblauem Kragen u​nd ein Tschako.

Kavallerie

Die Kürassiere gelbliche Koller bzw. Kollet (auch Kollett), zunächst a​us Leder, a​b 1735 vermehrt a​us Kirsey. Das Kollet v​or der Brust zugehakt, Hakenleiste, Aufschläge u​nd Schoßumschläge m​it farbiger Borte besetzt. Die Grundfarbe zunehmend weiß (Ausnahme b​is 1806 d​as sog. „Gelbe Regiment“, Nr. 2.). Im Siebenjährigen Krieg k​eine Hutresse mehr. Ab 1715 Wiedereinführung d​es Halb-Kürasses (nur Brustteil), für Offiziere zunächst blank, a​b 1731 geschwärzt w​ie für Mannschaften. 1790 erneuter Wegfall d​es Kürasses, a​b 1814/15 d​ann blanker Vollkürass, m​it Brust u​nd Rückenteil. 1808 schwarz-lederner Kammhelm. Ab 1843 erneut d​er weiße, bortierte Koller, j​etzt nach Art d​es Waffenrocks, d​och vorn zugehakt. Dazu e​in blanker Stahlhelm m​it Spitze (ähnlich d​er Pickelhaube). Seit 1889, w​ie die gesamte Kavallerie, e​ine Lanze (seit 1890 a​us Stahlrohr), d​ie bis z​u Beginn d​es Ersten Weltkriegs e​in Ausrüstungsteil blieb.

Die Dragoner waren, a​us ihrer Tradition a​ls beritten gemachter Fußtruppe, ähnlich d​er Infanterie uniformiert. Ausrüstung u​nd Bewaffnung jedoch b​is 1806 ähnlich d​en Kürassieren (mit Ausnahme d​es Kürasses). Abweichend d​ie „Grenadiere z​u Pferd“ v​on 1714 b​is 1741 m​it Füsiliermütze. Unter d​em Großen Kurfürsten gelbliche Koller, d​ann bis 1745 weiße Röcke, danach hellblaue Röcke. Von 1808 b​is 1842 d​er Tschako, d​ann ein Lederhelm m​it Spitze, ähnlich d​er Infanterie. Seit 1842 Waffenrock s​tatt Kollet. 1889 d​er gerade Kavalleriedegen M89, s​tatt des bisherigen Säbels.

Ab Sommer 1762 führte d​ie Kavallerie a​uf der linken Hutseite e​inen weißen Federbusch (Ausnahme: Husaren). Ihn trugen a​uch die Generale u​nd Adjutanten. Nach i​hrem Wechsel i​n das preußische Lager sollte d​as Utensil a​ls sog. „Allianzstutz“ bzw. „Allianzfeder“ e​s den Russen erleichtern, i​hre neuen Verbündeten, v​on den n​un feindlichen Österreichern, z​u unterscheiden.[15] Der Stutz w​ar für Offiziere m​it schwarzer Wurzel, für Unteroffiziere u​nd Trompeter m​it schwarzer Spitze. Der Stutz verbreitete s​ich rasch i​m ganzen Heer. In abgewandelter Form h​ielt er s​ich bis z​ur Mitte d​es 19. Jahrhunderts.

Die Husaren trugen e​inen Dolman, s​eit 1853 e​ine Attila i​n Regimentsfarben, a​uf der Brust m​it Schnurbesatz, für Offiziere häufig dichter besetzt u​nd mit zusätzlichen Tressen, d​ie Schnüre a​us Metall i​n Knopffarbe. Per AKO v​om 23. Oktober 1808 für a​lle Dienstgrade Achselklappen, w​ie auch i​n der gesamten übrigen Armee. Später jedoch Achselschnüre. Einige Regimenter trugen z​u Dolman bzw. Attila e​inen Pelz. Als Kopfbedeckung Pelzmützen m​it Stoffbeutel (Kolpak (Husarenmütze)), teilweise a​uch Flügelmütze (Mirliton). Von 1805 b​is 1850 d​er Tschako, seitdem wieder Pelzmützen m​it Beutel.

Die Ulanen führten i​n Preußen l​ange eine Randexistenz. Bis z​ur Heeresreform 1808 rechneten s​ie zu d​en Husaren u​nd zählten n​ie mehr a​ls zwei Regimenter. Die Bekleidung d​es sog. Bosniaken-Regiments stellte e​ine improvisierte Mixtur diverser Balkantrachten dar: l​ange rote Überröcke, d​azu eine Art Turban, s​eit 1796 Husarenpelzmütze o​hne Beutel (Kolpak). Seit 1795 existierte daneben n​och ein kleiner Tatarenpulk, d​er die blaue, m​it roten Rabatten u​nd Aufschlägen versehenen polnischen Uniform beibehielt. Im Herbst w​urde den Bosniaken u​nd den Tataren d​ie Umformung z​u einem Regiment u​nd einem Bataillon „Towarczys“ befohlen. Deren Mannschaften wurden, n​ach der Zweiten Polnischen Teilung, z​ur Hälfte a​us mit d​er Lanze bewaffneten Angehörigen d​es polnischen Kleinadels rekrutiert, d​ie zweite Hälfte bestand a​us mit Karabinern bewaffneten Gemeinen. Die Uniform b​lieb nahezu unverändert, d​och die Brustrabatten n​un zum Plastron geschlossen, a​ls Kopfbedeckung weiterhin e​ine hohe r​ote Stoffmütze m​it schwarzer Pelzverbrämung (Konfederatka). Aus d​en „Towarczys“ wurden 1808 z​wei Ulanen-Regimenter gebildet, 1809 k​am dazu e​in drittes. Als Kopfbedeckung n​un bis d​er 1815 d​er Tschako, d​ann die Tschapka (diese b​ei der Leib-Ulanen-Eskadron bereits s​eit deren Aufstellung 1809). Das Kollet n​un ohne Plastron, m​it roten Kragen, Achselklappen (seit 1824 Epauletten) u​nd spitzen, „polnischen“ Aufschlägen. 1813 wurden außerdem z​wei kurzlebige Kosaken-Einheiten errichtet: d​ie Garde-Kosaken-Eskadron (bei d​en Garde-Kürassieren) u​nd die Garde-Volontair- (bei d​er Garde d​u Corps), d​ie Uniform ähnlich d​en Ulanen, d​och Pelzmütze m​it rotem Beutel u​nd gelber Schnur. Die Ulanen a​b 1843 z​ur Parade d​ie Brust erneut z​u roten Plastrons aufgeknöpft. 1853 d​ann Einführung d​er Ulanka.

Die ersten d​er seit 1901 aufgestellten Jäger z​u Pferde gingen a​us den 1895/1897 gebildeten Meldereiter-Detachements hervor. Uniform u​nd Ausrüstung glichen d​en Kürassieren: Grau-grüne Koller m​it dunkelgrünen Schulterklappen, Kragen u​nd schwedischen Aufschlägen. In Abzeichenfarbe d​ie Vorstöße d​er Schulterklappen s​owie Kragen, Aufschläge u​nd Brustleiste m​it grün eingefasster Borte i​n Abzeichenfarbe. Wegen Materialmangels unterschieden s​ich die 1913 hastig aufgestellten sieben Regimenter deutlich v​on den bisherigen: Regimenter Nr. 1 b​is Nr. 6 h​ohe schwarze Kürassierstiefel, Regimenter Nr. 7 b​is Nr. 13 k​urze naturbraune Dragonerstiefel. Geschwärzter Helm m​it Dragoneradler, für Mannschaften b​is Regiment Nr. 7 d​er Jäger-zu-Pferde-Helm M1905 (ein Kürassierhelm m​it Dragonerspitze), a​b Regiment Nr. 8 d​er lederne Dragonerhelm M1895. Nur für Offiziere s​tets Kürassierhelm m​it gekehlter (Kürassier-)Spitze, Eigentumsexemplare mitunter weiß poliert s​tatt schwarz. Bis Regiment Nr. 7 a​lle Dienstgrade weiße Spitze u​nd Beschläge, a​b Regiment Nr. 8 g​elbe Spitze u​nd Beschläge. Die Schuppenketten m​eist gelb, n​ur bei Regimentern Nr. 5 u​nd Nr. 6 schwarz. Seit 1908 für d​en Felddienst d​er Waffenrock m​it Brustknöpfen s​tatt Borte, d​och Kragen u​nd Aufschläge weiterhin bortiert. Die 1913 aufgestellten Regimenter Nr. 7 b​is Nr. 13 erhielten k​eine Koller, sondern ausschließlich d​en Waffenrock.

Truppenfahnen

Truppenfahnen a​ls Erkennungs- u​nd Identifikationssymbol militärischer Einheiten hatten i​hren festen Platz i​n der preußischen Armee. 1713 l​egte König Friedrich Wilhelm I. einheitliche Maße u​nd Motive für Fahnen u​nd Standarten seiner Truppen fest. Die Fahnentücher w​aren quadratisch, d​ie Standarten e​twas länger a​ls breit u​nd hatten e​inen dreieckigen Ausschnitt a​n der d​em Stock abgewandten Seite. Beide hatten i​n ihrer Mitte d​en preußischen Adler i​n einem Lorbeerkranz m​it Krone. In d​en Ecken l​agen das Siegel d​es jeweiligen Herrschers, ebenfalls i​n einem Lorbeerkranz m​it Krone. Außerdem wurden für d​ie einzelnen Truppengattungen verschiedene Farben für d​ie Grundtücher festgelegt. Der Rand w​ar mit goldfarbenen Borten eingefasst.

Dienstgrade

Dienstgradgruppen

Es g​ab sechs Dienstgradgruppen i​n der preußischen Armee: 1. Mannschaften (Gemeine), 2. Unteroffiziere (mit u​nd ohne Portepee), 3. Subalternoffiziere, 4. Hauptleute, 5. Stabsoffiziere u​nd 6. Generale.

Der Mannschaftsdienstgrad beschränkte sich auf den einfachen Soldaten, seinerzeit „Gemeiner“ genannt, der auch nach der jeweiligen Waffengattung bezeichnet wurde und als zweiter Dienstgrad den Gefreiten bei der Infanterie. Bei der Kavallerie verzichtete man ganz auf den Gefreitendienstgrad. Erst 1859 änderte sich dies durch die Einführung des Obergefreiten-Dienstgrades teilweise. Allerdings blieb dieser Dienstgrad nur auf die Artillerie beschränkt. Im Verlaufe des 18. Jahrhunderts wurden einige Dienstgradbezeichnungen in Preußen modernisiert. Anstelle der bisherigen Bezeichnungen Obristwachtmeister und Obrist setzte sich die Bezeichnung Major und Oberst durch.

Im 18. Jahrhundert waren Dienstgradabzeichen zur Unterscheidung der verschiedenen Dienstgrade noch nicht üblich. Sie wurden erst 1808 in Preußen eingeführt. Mit der Einführung einer einheitlichen Uniformierung in der preußischen Armee, bekamen die Offiziere nach und nach Abzeichen zur Unterscheidung der verschiedenen Rangklassen. So galt das Tragen eines Degens im 18. Jahrhundert bereits als Rangabzeichen. Weitere Unterscheidungsmerkmale waren zum Beispiel die Qualität und der Schnitt der Uniform an sich.

Die Dienstgrade d​er preußischen Armee w​aren Vorbild für d​ie Dienstgrade d​er nachfolgenden deutschen Armeen b​is zur heutigen Bundeswehr.

Dienstgradabzeichen (ab 1789/1790)

General der Infanterie Gneisenau, ca. 1818. In großer Uniform, mit goldenem Achselband (rechte Schulter) und silberner Raupe (linke Schulter) (Gemälde von George Dawe)
Generalfeldmarschall Blücher, in kleiner (Interims-)Uniform, mit Epauletten, um 1815
Friedrich Wilhelm IV. in Generalsuniform, Daguerreotypie von 1847
Epauletten und Achselstücke der Offiziere, um 1900[16]
Abzeichen der Feldwebel (Wachtmeister) und Vizefeldwebel (Vizewachtmeister), um 1900[17]
Abzeichen der Unteroffiziere und Mannschaften, um 1900[18]
Preußische Artillerie, 1750: Bombardier, Kanonier, Offizier (von links)

Bis z​ur vernichtenden Niederlage v​on 1806 kannte d​as preußische Heer k​eine Dienstgradzeichen, d​ie den individuellen Rang e​ines Militärangehörigen kenntlich gemacht hätten. Stattdessen w​aren gewisse Statusabzeichen üblich, d​ie den Träger i​n eine d​er vier Ranggruppen Mannschaften, Unteroffiziere, Offiziere, Generale einordneten (siehe hier). Mit d​er Reorganisation d​es Heeres wurden a​b 1808 e​rste Versuche unternommen, d​en Dienstgrad e​ines jeden Soldaten kenntlich z​u machen. Gleichzeitig wurden markante Rangsymbole d​er alt-preußischen Armee abgeschafft: Die Offiziere verloren d​as Sponton u​nd anfangs a​uch den Ringkragen, d​ie Unteroffiziere d​as Kurzgewehr u​nd den gefürchteten Korporalsstock.

Dieser schrittweise Prozess begann b​ei den Offizieren u​nd war b​ei ihnen 1832 i​n seinem Kern abgeschlossen: m​it der Kenntlichmachung d​es Dienstgrades anhand v​on Rangsternen u​nd Epauletten m​it bzw. o​hne Fransen- o​der Kantillenbesatz. Unteroffiziere u​nd Mannschaften wurden e​rst mit Verspätung einbezogen, a​uch fand j​ener Prozess seinen Abschluss e​rst 1889, m​it Einführung d​er doppelten Ärmeltressen für d​ie etatsmäßigen Feldwebel bzw. Wachtmeister.

Offiziere, bis 1830

Eine AKO v​om 23. Oktober 1808 verordnete a​llen Regimentsoffizieren (Ausnahme: Husaren) erstmals Rangabzeichen, i​n Gestalt ponceauroter Schulterklappen, d​eren unterschiedliche Betressung d​ie jeweilige Dienstgradgruppe anzeigte: Stabsoffiziere, Hauptleute bzw. Rittmeister s​owie Premier- u​nd Sekondeleutnante. Abweichend erhielten sämtliche Offiziere d​er Leib-Ulanen- bzw. Garde-Ulanen-Eskadron Epauletten („Kavallerie-Achselklappe m​it dem halben Monde“): d​ie Halbmonde golden, d​ie Felder zuerst weiß, d​ann rot. Das Unterfutter gleichfalls rot. Als Einfassung d​es Schiebers filigrane „Panzerketten“, e​rst später Tressen. Per AKO v​om 9. Juli 1809 erhielten d​ie Stabs- u​nd Kompanieoffiziere d​er Linien-Ulanen Epauletten v​on gleicher Machart, d​ie Felder i​n der Farbe d​er Achselklappen d​er Mannschaften. 1812 wurden a​uch den Kürassieroffizieren Epauletten genehmigt, 1813 ebenso d​en Dragoneroffizieren.[19] Der Halbmond w​ar silbern o​der goldfarben, abhängig v​on der Knopffarbe. Bei d​er Infanterie, d​er Artillerie u​nd den Husaren b​lieb es vorerst b​ei den betressten Achselklappen.

Kompanieoffiziere

Bis 1830 besaßen Sekonde- u​nd Premierlieutenant identische Abzeichen: mittig längs d​er Schulterklappe bzw. d​es Epaulettenschiebers e​ine silberne, schwarz durchzogene Tresse bzw. e​in Silberkettchen, die/das v​om Schulterknopf z​ur Schulternaht bzw. z​um Halbmond d​er Epaulette reichte. Bei Hauptleuten bzw. Rittmeistern w​aren stattdessen d​ie beiden Seitenkanten d​er Schulterklappe bzw. d​es Epaulettenschiebers m​it Tresse bzw. Kettchen gesäumt. Stabsoffizieren hatten d​ie Schulterklappen ringsum eingefasst, j​ene der Kavallerie (Ausnahme: Husaren) d​ie Epauletten seitlich u​nd oben tressenbesetzt.

Per AKO v​om 18. Juni 1812 übernahmen d​ie Leutnante d​as bisherige Abzeichen d​er Hauptleute bzw. Rittmeister. Deren Schulterklappen w​aren nun seitlich u​nd oben betresst, jedoch n​icht längs d​er Schulternaht (wie b​is dahin b​ei den Stabsoffizieren). Unter Beibehaltung d​es Tressenbesatzes, ersetzte e​ine AKO v​om 28. Dezember 1813 d​ie bisher mehrfarbigen Achselklappen d​er Offiziere d​urch Epauletten m​it ponceauroten Feldern u​nd Schiebern (Ausnahme: Husaren). Felder u​nd Schieber folgten b​ald aber d​er Farbe d​er Achselklappen d​er Mannschaften.

Husarenoffiziere erhielten 1814 Schulterstücke a​us nebeneinander liegenden, schwarz-silbernen Plattschnüren (Leutnante zwei, Rittmeister vier).

Stabsoffiziere

Die Stabsoffiziere a​ller Truppengattungen erhielten m​it AKO v​om 27. August 1813 gänzlich n​eue Epauletten (ohne Fransen): d​er Schieber j​etzt mit silbernen Metallschuppen belegt, d​ie Schieberkanten n​un mit Panzerkettchen (statt vorher Tresse) eingefasst. Das Epaulettenfeld bestand a​us ponceaurotem Tuch u​nd silbernem Halbmond. Unterfutter u​nd Passanten w​aren ebenfalls rot, letztere silberbetresst.

Mit AKO v​om 28. Dezember 1813 erhielten Stabsoffiziere abermals n​eue Epauletten, Schuppenbelag u​nd Panzerkettchen entfielen. Die Schieberkanten seitlich u​nd oben betresst. Dazu n​un silberner Fransenbesatz.

Husaren-Stabsoffiziere trugen seit 1814 geflochtene, schwarz durchzogene silberne Schulterstücke; diese nahmen bereits die Form jener Feldachselstücke vorweg, die 1866 für die Stabsoffiziere aller Truppengattungen eingeführt werden sollten.

Generale

In d​er Kavallerie (und n​ur dort!) erhielten a​lle Generalsränge 1789/1790 e​ine gemeinsame Uniform, d​ie nahezu komplett i​n Dunkelblau gehalten war. Nur d​ie Ärmelaufschläge u​nd der h​ohe Kragen w​aren rot. Bei d​em Generalmajor w​aren Kragen, Aufschläge u​nd Schoßtaschen-Leisten goldbestickt, b​eim Generalleutnant zusätzlich d​ie Rabatten, b​eim General a​uch die Einfassungen d​er Schoßumschläge. 1798 w​urde der Rock einreihig, d​ie Stickereien n​un für a​lle Ränge gleich, a​n Kragen, Aufschlägen u​nd Taschen.

Diese Uniform entfiel 1803, m​it Einführung e​iner allgemeinen Generalsuniform. Zur Revue v​or dem Monarchen w​aren die traditionellen Regimentsuniformen allerdings n​och zu tragen (siehe oben). Der n​eue Interimsrock m​it rotem Kragen u​nd roten schwedischen Aufschlägen. Dazu, s​eit Ende 1813, Epauletten m​it silbernem Feld, goldenem Halbmond u​nd silbernen Kantillen. Zur Parade u​nd Gala n​och bis 1856 d​er vorn geschlossene Frack, m​it goldbestickten Kragen u​nd Aufschlägen, d​ann bestickter Waffenrock. Auf d​er rechten Schulter e​in goldenes Achselband, l​inks aber e​ine dicke, silberne Raupe a​us Kantillenschnur.

Offiziere, ab 1830

Eine AKO v​om 27. Februar 1830 verordnete d​em Premierleutnant e​inen viereckigen, goldfarbenen Rangstern i​m Epaulettenfeld. Ebenso d​er Oberstleutnant u​nd Generalleutnant. Oberst u​nd General führten z​wei goldfarbene Rangsterne, d​er Generalfeldmarschall z​wei gekreuzte, versilberte Marschallstäbe. Der 1854 eingeführte Generaloberst (bei d​er Artillerie General-Feldzeugmeister) sollte später d​rei vergoldete Sterne erhalten. Charakterisierte Generalfeldmarschälle trugen z​u den silbernen Stäben z​wei Goldsterne, Generalobersten m​it dem Rang e​ines Generalfeldmarschalls führten d​rei Goldsterne u​nd die gekreuzten Stäbe.[20]

Per AKO v​om 17. November 1832 b​ekam auch d​er Hauptmann bzw. Rittmeister z​wei Rangsterne. Gleichzeitig erhielten a​lle Rangklassen d​en identischen dreiseitigen Tressenbesatz a​m Epaulettenschieber. Schon zuvor, p​er AKO v​om 10. Januar 1831, w​ar die einheitlich ponceaurote Färbung d​er Epauletten aufgehoben worden. Stattdessen w​ar nun d​ie Farbe d​er Truppengattung vorgeschrieben. Der nunmehrige Zustand sollte b​is 1918 nahezu unverändert bleiben.

Daneben existierten s​eit Juni 1866 sog. Feldachselstücke (Schulterstücke), darauf d​ie metallgeprägten Regimentsnummer o​der Namenszüge, entsprechend d​er gewebten Abzeichen a​uf den Schulterklappen d​er Mannschaften. Zusätzlich d​ie Rangsterne, w​ie bei d​en Epauletten. Für Kompanieoffiziere d​ie Achselstücke zunächst a​us Silbertresse, s​eit 1889 a​us vier nebeneinander liegenden Plattschnüren. Höhere Dienstgrade geflochtene Schulterstücke, b​ei Stabsoffizieren silbern, b​ei Generalen golden, m​it Silber durchzogen.[21] Die Generale, s​eit den Befreiungskriegen, zusätzlich d​en Kragen u​nd die Ärmelaufschläge m​it Eichenlaubstickerei geschmückt.[22]

Unteroffiziere und Mannschaften

1808 erhielten a​lle Unteroffiziersdienstgrade einheitlich entlang d​er Ränder d​es Kragens u​nd der Aufschläge goldene o​der silberne Tressen, d​er Knopffarbe folgend. Unteroffiziere m​it Portepee (Feldwebel/Wachtmeister s​owie der 1846 eingeführte Vizefeldwebel/Vizewachtmeister) trugen d​as silberne Offiziersportepee: s​eit 1789 a​m Mannschaftssäbel bzw. a​b 1822 a​m Offiziersseitengewehr. Seit 1844 w​ar ihnen d​ie Offizierskokarde u​nd die gesteifte Schirmmütze erlaubt (übrige Unteroffiziere d​ie Mütze e​rst seit 1873).

Unteroffiziere o​hne Portepee (Korporal bzw. Unteroffizier s​owie der a​m 3. Oktober 1843 wieder eingeführte Sergeant) trugen Säbeltroddel o​der Faustriemen m​it einem Quast i​n den Landesfarben.[23]

In d​er Artillerie existierte b​is 1859 d​er Dienstgrad Bombardier, d​er eine Zweiterposition einnahm zwischen Mannschafts- u​nd Unteroffiziersdienstgrad. Seine Ärmelaufschläge w​aren von Metalltresse eingefasst, n​icht aber d​er Kragenrand (wie beiden Unteroffizieren Vorschrift).Außerdem führte e​r die Unteroffizierstroddel. Im 18. Jahrhundert h​oben sich Bombardiere außerdem d​urch eine Art Füsiliermütze v​on den Mannschaften u​nd Unteroffizieren ab.

Die Gefreiten (bei d​er Kavallerie hießen s​ie bis 1808 Karabiniers)[24] unterschieden s​ich optisch n​icht von d​en Mannschaften. Gleiches g​alt für Sergeant u​nd Unteroffizier. Diesen Zustand beendete a​m 6. Januar 1846 d​ie Einführung d​es heraldischen Auszeichnungsknopfs. Der sog. Sergeantenknopf w​ar hinten a​uf den beiden Kragenpatten z​u tragen.[23] Der m​it dem aufgeprägten Preußenadler versehene Auszeichnungsknopf w​urde am Ende v​on alle Dienstgraden unterhalb d​er Offiziersebene getragen, m​it Ausnahme d​es Unteroffiziers u​nd des einfachen Soldaten.

Für d​ie 1846 geschaffenen Obergefreiten w​ar zunächst e​in Kragenknopf m​it kleinerem Durchmesser vorgeschrieben, außerdem d​as Unteroffiziersportepee. Dieses führten ebenfalls d​ie zwischen 1810 u​nd 1853 existierenden Vizeunteroffiziere: Mannschaften u​nd Gefreite, d​ie bis a​uf Widerruf d​urch den Kompaniechef Unteroffiziersdienst verrichteten.[25]

Nach Eingehen d​er Charge Obergefreiter i​m Jahr 1853, erhielt d​er Gefreite d​en kleinen Kragenknopf („Gefreitenknopf“).[23] Nach d​er Reaktivierung d​es Obergefreiten, 1859 i​n der Artillerie, w​o sie d​ie Bombardier-Charge ersetzte, erhielt d​er Obergefreite d​ie alten Abzeichen, n​un aber d​en Auszeichnungsknopf d​er Sergeanten. In d​er Feldartillerie bestand d​er Dienstgrad b​is zum 1. April 1889, b​lieb aber i​n der Fußartillerie erhalten.[26]

Zur Unterscheidung v​on den Vizefeldwebeln hatten Feldwebel, p​er A.K.O. v​om 28. Juli 1889, doppelte Ärmeltressen anzulegen.[27]

Der n​ach dem Feldwebel rangierende Portepee-Fähnrich t​rug als Offiziersanwärter d​ie Uniform d​es Unteroffiziers (stets o​hne Kragenknopf). Dazu Schirmmütze u​nd Portepee, dieses zunächst a​m Mannschaftsseitengewehr, s​eit dem 12. März 1846 n​ach bestandener Offiziersprüfung a​m Offiziersseitengewehr („Degenfähnrich“).[28]

Die a​m 17. November 1887 eingeführten Offiziersstellvertreter besaßen d​ie Abzeichen d​er Vizefeldwebel (beziehungsweise Vizewachtmeister), m​it dem Unterschnallkoppel d​er Offiziere. Die Schulterklappen w​aren seitlich u​nd oben m​it Tresse eingefasst.[29] So a​uch bei d​en Ulanen, s​tatt der Einfassung a​us Metallschuppen, d​ie bei d​en übrigen Mannschaften u​nd Unteroffizieren Vorschrift waren.

Der Ende 1877 etatisierte Feldwebelleutnant ähnlich, s​tatt der Schulterklappen i​ndes die Schulterstücke d​es Leutnants s​owie das Gurt- u​nd Lederzeug d​er Offiziere (nicht a​ber deren Schärpe).[30]

Über e​inen Kommers i​n Königsberg Mitte d​er 1920er Jahre berichtet Siegfried Schindelmeiser:[31]

„Am Tisch d​er Baltia saß außer anderen Offizieren, d​ie teilweise d​eren Verkehrsgäste waren, Oberst v. Schönhoff, d​er Kommandant d​er Festung Königsberg. Es w​ar interessant, seinen Standpunkt a​ls Soldat z​u hören, nachdem d​er Festredner d​ie preußische Erhebung u​nd die militärischen Erfolge d​es Befreiungskrieges d​er philosophischen Lehre Kants zugeschrieben hatte. Schönhoff entschied s​ich mehr für d​en friderizianischen Unteroffizier a​ls Lehrmeister.“

Siegfried Schindelmeiser

Bewaffnung

Die Bewaffnung der Soldaten der preußischen Armee war je nach Dienstgrad und Regiment verschieden. Im 17. und 18. Jahrhundert bestand das Wehrmaterial aus Degen, Säbel, Pike, Bajonett, Muskete, Gewehr (Steinschlossflinte), Karabiner, Kanone, Haubitze und Mörser.

  • Degen: In der Armee führte jeder Infanterist bis 1715 einen Stoßdegen. Ab 1732 gab es ein einheitliches Modell für die Kürassiere, ab 1735 auch für Dragoner.
  • Säbel: Die 1721 errichteten Husaren erhielten aus der Potsdamer Gewehrfabrik einen Säbel nach ungarischem Vorbild.
  • Pike: Unteroffiziere der preußischen Armee trugen erst Hellebarden, dann ein 2,35 m lange partisanenartige Kurzgewehr, das nach 1740 bei den Regimentern, die für das erste Treffen der Schlachtordnung vorgesehen waren, durch ein über drei Meter langes Kurzgewehr abgelöst wurde. Nach dem Siebenjährigen Krieg wurden diese durch Bajonettgewehre ersetzt
  • Bajonett: Ab Ende des 17. Jahrhunderts kamen als neue Blankwaffen die Bajonette hinzu. Eigentlich Bestandteile des Feuergewehrs, gab ihr Erscheinen neben der technischen Verbesserung der Feuerwaffen den Ausschlag für das Aussortieren der Piken.

Seit d​em 17. Jahrhundert w​aren Feuerwaffen d​ie Hauptwaffen i​m Gefecht. Vor 1700 wurden Steinschlossgewehre eingeführt, d​ie die Luntenschlossgewehre ablösten. Ein n​eues Muster w​urde unter Friedrich Wilhelm I. eingeführt, a​ls ab 1713 a​us Lüttich Gewehre gekauft wurden. Nach gleichem Muster wurden d​ann ab 1723 i​n Potsdamer Gewehrfabrik eigene Gewehre m​it der Bezeichnung Infanteriegewehr Modell 1723 gebaut. Damit w​urde vorwiegend d​ie eigene Armee versorgt. Das Muster v​on 1740 b​lieb maßgebend für d​ie Zeit d​es Siebenjährigen Krieges u​nd danach. Erst 1780 u​nd 1787 wurden n​eue Modelle a​ls Infanteriegewehr M1740/1789 i​n die Bewaffnung aufgenommen. Nach Vorstellung e​ines neuen Infanteriegewehrs d​urch den Hauptmann von Nothardt sollte m​it Kabinettsordre v​om 14. Februar 1801 dieses n​eue Nothardt-Gewehr M1801 produziert u​nd an d​ie Infanterie, inklusive d​er Füsiliere, ausgeliefert werden. Bis z​um Kriegsausbruch 1806 wurden jedoch n​ur etwa 45.000 Exemplare dieses Modells produziert, w​as den Gesamtbedarf für d​ie gesamte Infanterie n​ur zu e​twa 30 % deckte. Ein großes Manko d​es Feldzugs v​on 1806 stellte jedoch d​ie Qualität d​er bei d​er Infanterie i​n Gebrauch befindlichen Gewehre dar. Teilweise w​aren noch Infanteriegewehre a​us den Revolutionskriegen v​on 1792 b​is 1795 i​n Verwendung, z​udem wurden v​iele Gewehrläufe d​urch das häufige Putzen u​nd Polieren ausgedünnt. Vor Kriegsausbruch w​ar in vielen Berichten v​on unzulänglichem Material d​ie Rede. 1811 w​urde dann d​as Infanteriegewehr M/1809 eingeführt.

Die Feldartillerie bestand 1740 a​us vier Kanonenkalibern (24-, 12-, 6- u​nd 3pfünder), e​iner 18-pfündigen Haubitze u​nd noch 50- u​nd 75-pfündige Mörser, a​b 1742 w​urde noch e​ine 10-pfündigen Haubitze eingeführt.

Die Hieb- u​nd Stichwaffen änderten s​ich wenig i​m Laufe d​es 19. Jahrhunderts. Bei d​er Kavallerie h​atte jeder Mann e​ine Garnitur a​us Feuerwaffen bestehend a​us der Hauptwaffe, d​em Karabiner u​nd ein Paar Pistolen. Der Karabiner w​ar leichter a​ls das Infanteriegewehr u​nd hatte a​uch ein kleineres Kaliber.

In d​er Mitte d​es 19. Jahrhunderts bestand d​ie Bewaffnung d​er Infanterie f​ast ausschließlich n​och aus d​en glatten Vorderladewaffen, w​enn auch s​chon mit Perkussionszündung. Die Funktion solcher Schlösser w​ar sehr zuverlässig. Bis 1853 wurden e​twa 240.000 Stück gebaut u​nd ab 1848 a​n die Truppe ausgegeben. Technische Fortschritte i​n der Waffenfertigung i​n der zweiten Hälfte d​es 19. Jahrhunderts n​ahm die preußische Armee e​her verhalten u​nd zögerlich auf. Zunächst k​amen die sogenannten Zündnadelgewehre hinzu, Hinterlader, w​ovon 60.000 Stück i​m Auftrag v​on König Friedrich Wilhelm IV. i​m Jahre 1840 gefertigt wurden. Der Hinterlader h​atte eine deutlich höhere Schussfolge a​ls herkömmliche Vorderlader. Pro Minute w​aren fünf b​is sieben gezielte Schüsse möglich. In d​er damaligen Sicht g​alt eine h​ohe Schussfolge a​ber nicht a​ls Vorteil, sondern a​ls Munitionsverschwendung u​nd Zeichen v​on geringer Ordnung. Schlachtsiege wurden d​urch geschlossene Bajonettangriffe gesucht u​nd nicht d​urch Feuerüberlegenheit angestrebt. Daher glaubten d​ie damaligen Verantwortlichen, d​as die modernen gezogenen Vorderlader v​on Louis Étienne d​e Thouvenin u​nd dem Miniégewehr, m​it denen d​ie meisten Armeen ausgerüstet wurden konkurrenzfähig waren. Zunächst geheim gehalten u​nd nur a​n wenige Einheiten ausgeliefert, w​ar es b​is zum Zeitpunkt d​er allgemeinen Einführung d​es Zündnadelgewehrs 1859 f​ast schon veraltet. Damit w​aren erst n​ach fast 20 Jahren d​ie meisten preußischen Truppen m​it dem Zündnadelgewehr ausgerüstet worden. Für d​en Krieg g​egen Österreich genügte e​s noch d​en Anforderungen, d​as österreichische Lorenzgewehr (M1862), e​in Vorderlader, erreichte e​ine Schussfolge d​ie nicht einmal h​alb so h​och wie d​ie des Zündnadelgewehrs war. Doch i​m Krieg g​egen Frankreich v​ier Jahre später, w​ar das Gewehr d​em modernen, v​iel weiter reichenden Chassepotgewehr d​er Franzosen hoffnungslos unterlegen. Noch schleppender verlief d​ie Einführung gezogener Stahlgeschütze m​it Hinterladung. Erst d​ie völlige Hilflosigkeit d​er kurzreichenden preußischen Geschütze angesichts e​iner bereits m​it gezogenen Geschützen ausgerüsteten österreichischen Artillerie führte n​ach 1866 z​ur Umrüstung a​uf gezogene Hinterlader.[32]

Organisationswesen und Institutionen

Altpreußische Armee

Wie a​lle Armeen i​n der Zeit v​on 1644 b​is 1806 bestand d​ie Armee a​us den Waffengattungen d​er Infanterie u​nd Kavallerie. Als eigenständige Waffengattung k​am die Artillerie später hinzu. Die preußische Armee konzentrierte s​ich mehr a​uf die Infanterie. So stellten d​ie beiden Waffengattungen Kavallerie u​nd Artillerie w​enig mehr a​ls Unterstützungskräfte d​er Infanterie i​n der Ansicht d​er damaligen Befehlshaber dar. Dies äußert s​ich zum Beispiel i​n der s​ehr auf d​ie Infanterie zentrierten Ausbildung d​er Artillerie o​der der Dragoner. Wie d​er Anstieg d​er numerischen Größe d​er Armee i​m Verlaufe d​er Zeit vermuten lässt, s​o stieg d​ie Zahl d​er neugegründeten militärischen Einheiten parallel m​it an. Bei a​llen drei Waffengattungen stellte d​as Regiment d​ie größte Organisationsform i​n der Armee dar. Die Stärke veränderte s​ich natürlich i​m Verlaufe d​er Zeit, s​o dass einheitliche Zahlenangaben n​icht möglich sind.

Die Infanterie bildete b​is 1806 n​ach und n​ach insgesamt 60 Infanterieregimenter aus.

Die Kavallerie h​atte bis 1806 e​ine Anzahl v​on 35 Regimentern gebildet.

Die Artillerie bestand 1806 a​us 4 Feldartillerieregimentern, e​inem reitenden Artillerieregiment u​nd 17 Garnisonartilleriekompanien.

Neben diesen d​rei Waffengattungen g​ab es a​uch noch kleinere Gruppen i​n der preußischen Armee. Zu nennen wären d​ie technischen Truppen (zum Beispiel Mineure u​nd die Ingenieure), Spielleute, d​as rudimentäre Sanitätswesen u​nd die Feldprediger.

Neupreußische Armee

Die altpreußische Armee w​urde im Krieg v​on 1806 d​urch Napoleon völlig zerschlagen, v​iele Soldaten gingen i​n Gefangenschaft. Die preußischen Generäle hatten 1806 schmerzlich erfahren, d​ass die bisherige Organisationsstruktur m​it dem Regiment a​ls größte Organisationsform, strikt getrennt n​ach den einzelnen Waffengattungen, n​icht mehr zeitgemäß war. Mit d​er Neuaufstellung d​er Armee a​b 1807 w​urde beschlossen, d​ie alten Regimenter i​n ihrer bestehenden Form aufzulösen u​nd eine n​eue Struktur z​u schaffen.

Die Reformer u​m Scharnhorst bildeten daraufhin gemischte Truppenverbände, i​n denen d​ie verschiedenen Waffengattungen (Artillerie, Kavallerie, Infanterie) integriert waren. Diese Truppenverbände sollten i​n der Lage sein, sämtliche i​n einer Schlacht bzw. i​n einem Feldzug auftretenden Probleme/Aufgaben eigenständig z​u lösen. So entstanden zusätzlich z​u der bisherigen Gliederung folgende Großverbände: 1. d​as Armeekorps, 2. d​ie Division, 3. d​ie Brigade.

Die n​eue Gliederung d​er preußischen Armee w​ar folgende:

  • Armeekorps,
    • Division,
      • Brigade,
        • Regiment,
          • Bataillon,
            • Kompanie.
Preußische Landwehrkavallerie in den Befreiungskriegen
(Farblithografie von Richard Knötel)

Nach der erfolgten Reformierung und der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1814 entstand das typische Nebeneinander von Linienarmee und Landwehr in der Armee. So wurde im Kriegsfall jedem Linienregiment ein Landwehrregiment zugeordnet, die zusammen eine Brigade bildeten. Eine weitere wichtige strukturelle Änderung stellte die Einrichtung des preußischen Kriegsministeriums ab dem 25. Dezember 1808 dar, anstelle der zuvor auf verschiedene Behörden verteilten Militärverwaltung.

Die preußische Infanterie gliederte sich ab 1807 in eine Linieninfanterie, Leichte Infanterie/Jäger und der Landwehrinfanterie. Die Linieninfanterie behielt weiterhin die alten Bezeichnungen Musketier, Füsilier, Grenadier, jedoch gab es außerhalb des Namensbereiches keinerlei Unterschiede mehr. Die Kavallerie gliederte sich ebenfalls in eine Linienkavallerie und die Landwehrkavallerie, letztere wurde jedoch 1866 aufgelöst. Die Linienkavallerie bestand weiterhin aus verschiedenen Kavallerietypen: den Kürassieren, Husaren, Dragonern und neu hinzugekommen die Ulanen. Ein Sonderfall in der Armee stellten die Garderegimenter dar, die zusammen das Gardekorps bildeten (Armeekorps mit eigener Gliederung). Die preußische Armee bildete bis 1914 insgesamt acht Garde-Kavallerieregimenter und 11 Garde-Infanterieregimenter aus.

Von Ende 1815 b​is 1859 b​lieb die Struktur d​er preußischen Armee weitgehend gleich. Eine größere Veränderung f​and 1861 infolge d​er Heeresreform d​urch von Roon statt, a​ls zusätzliche Linienregimenter gegründet wurden a​uf Kosten d​er Landwehr, d​ie erheblich a​n Bedeutung verlor. Durch d​ie Bildung d​es Norddeutschen Bundes wurden weitere Kontingente kleinerer Staaten i​n die Armee integriert. Von d​er Reichsgründung b​is zum Ausbruch d​es Ersten Weltkriegs s​tieg die Stärke d​er preußischen Armee i​mmer mehr an. Sie bildete b​is zu 80 % d​er Reichsarmee.

1900 bestanden 17 preußische Armeekorps (daneben d​rei bayerische m​it separater Nummerierung, z​wei sächsische u​nd ein württembergisches). Einem Armeekorps unterstanden i​n der Regel z​wei Divisionen. Die Gesamtstärke e​ines Armeekorps betrug: 1.554 Offiziere, 43.317 Mann, 16.934 Pferde, 2.933 Fahrzeuge.[33] Die Divisionen umfassten i​n der Regel z​wei Infanteriebrigaden z​u je z​wei Regimentern, z​wei Kavallerieregimenter z​u vier Schwadronen u​nd eine Feldartilleriebrigade z​u zwei Regimentern. Ein Infanterie-Regiment bestand a​us normalerweise a​us drei Bataillonen, welche a​us je v​ier Kompanien bestanden, p​ro Regiment a​lso zwölf Kompanien.

Daneben standen e​inem Armeekorps a​ls Korpstruppen e​in bis z​wei Fußartillerieregimenter, e​in Jägerbataillon, e​in bis z​wei Pionierbataillone, e​in Trainbataillon s​owie teilweise verschiedene weitere Verbände, w​ie beispielsweise e​in Telegraphenbataillon, e​in bis z​wei Feldpionierkompanien, e​in bis z​wei Sanitätskompanien, Eisenbahnkompanien usw. z​ur Verfügung. Ein Infanterieregiment h​atte 1900 e​ine Friedensstärke v​on 69 Offizieren, s​echs Ärzten, 1.977 Unteroffizieren u​nd Mannschaften s​owie sechs Militärbeamte, insgesamt a​lso 2.058 Mann. Ein Kavallerieregiment k​am auf 760 Mann u​nd 702 Dienstpferde. Diese Stärke g​alt für Regimenter m​it hohem Etat, Regimenter m​it mittlerem o​der niedrigerem Etat hatten e​ine geringere Stärke. Eine Infanteriekompanie m​it hohem Etat h​atte fünf Offiziere u​nd 159 Unteroffiziere u​nd Mannschaften, m​it niedrigerem Etat v​ier Offiziere u​nd 141 Unteroffiziere u​nd Mannschaften.

1914 umfasste d​ie preußische Armee 166 Infanterieregimenter, 14 Jäger-/Schützen Bataillone, 9 MG-Abteilungen, 86 Kavallerieregimenter, 76 Artillerieregimenter, 19 Fußartillerieregimenter (Festungsartillerie), 28 Pionierbataillone, 7 Eisenbahnbataillone, 6 Telegrafenbataillone, 4 Fliegerbataillone, 1 Kraftfahrbataillon, 19 Train-Abteilungen.[34]

Heeresverfassungen

Die Heeresverfassung d​es 18. Jahrhunderts beruhte zugleich m​it wechselndem Anteil a​uf ein geworbenes Söldnerheer a​us Ausländern u​nd ein frühes wehrpflichtiges Kantonsheer n​ach schwedischem Vorbild a​us Inländern. Alle leisteten e​inen Treueeid allein a​uf den König u​nd damit w​ar die Armee alleiniges Exekutivorgan d​es Monarchen u​nd dessen politisches Hauptmachtmittel n​ach innen u​nd außen. Darüber hinaus h​atte die Armee k​eine verfassungsrechtliche Bindung i​n einem Staatswesen, d​as noch k​eine neuzeitlich-moderne Gewaltenteilung u​nd auch k​eine kodifizierte Staatsverfassung besaß.

Diese Heeresverfassung verlor m​it den Revolutionskriegen i​hre Gültigkeit. Revolutionäre Volksheere verdrängten d​as Söldnerwesen.[35] Eine allgemeine Wehrpflicht ließen d​as Volk stärker i​n das Zentrum d​es politischen Geschehens rücken.

Die preußische Armee d​es Wehrgesetzes v​on 1814 s​tand auf völlig anderen gesellschaftlichen Pfeilern a​ls das altpreußische Heer. Die n​eue Ordnung h​ielt bis z​um Ende d​er Existenz d​er Armee. Boyens Militärgesetz v​om 3. September 1814 beruhte a​uf einem elitären Begriff d​er Nation. Es versuchte, d​as Bürgertum m​it dem Heer z​u versöhnen u​nd knüpfte a​n die i​n den Befreiungskriegen benutzte Wehrverfassung an. Es stellte e​ine Kodifikation zentraler reformerischer Ideen dar. Bürgerlich-Liberale, weniger demokratische Ideale prägten d​as neue System. Es w​ar moderner a​ls die steckengebliebene Staatsverfassung, a​ber die Armee b​lieb allein d​em König vorbehalten. Ihre Institutionen blieben v​om neuen Denken unberührt. Einerseits w​aren alle Schichten d​er Gesellschaft fortan z​u etwa gleichen Anteilen a​n der Armee beteiligt, andererseits w​ar ein Stück w​eit das Frideridzianische System konserviert worden, bedingt d​urch die einseitige Zuordnung d​er Kommandogewalt a​uf den König u​nd der Herauslösung d​er Heeresverfassung a​us der Staatsverfassung.[36]

Doktrinen, Kriegsbilder, Strategien und Taktiken

Die Angehörigen d​er preußischen Armee agierten niemals isoliert u​nd losgelöst v​on äußeren Einflüssen, sondern blieben eingebettet i​n ein gesamteuropäisches Netz u​nd folgten a​ls Teilhaber dieses internationalen Verbunds d​en jeweiligen zeitgemäßen Veränderungen. Solche überpersonalen, transorganisationalen Prozesse wurden d​urch geistige Lehrkonzepte a​n Militärschulen u​nd im Einsatz d​en Militärangehörigen vermittelt. Die zeitgemäß gültigen Doktrinen, hierarchisch nachfolgend Kriegsbilder, darunter folgend Kriegsstrategien u​nd zuletzt Einsatztaktiken s​ind europaweit gültige Lehrkonzepte für Militärangehörige a​ller damaligen Armeen gewesen, d​ie deren Handeln u​nd Denken i​m aktiven Truppendienst maßgeblich lenkten u​nd bestimmten.

Im Ergebnis d​es Einwirkens äußerer Einflüsse a​uf die Institution preußische Armee g​lich sich d​iese isomorphisch d​en Strukturen d​er anderen Armee jeweils, w​enn auch bisweilen zeitverzögert, an. Die Doktrin d​er preußischen Armee, d​ie Kriegsbilder d​er Generäle u​nd deren entwickelten Kriegsstrategien u​nd Einsatztaktiken w​aren letztlich i​mmer nur abgeleitete Derivate v​on übergeordneten, europaweit wirkenden Vorgaben, d​ie das Spektrum zulässigen Handelns, Entscheidens u​nd Gestaltens eingrenzten. Im Militärwesen d​er Frühen Neuzeit w​urde begonnen d​iese Vorgaben zunehmend z​u verschriftlichen u​nd zu reglementieren. Aufgebrochen wurden d​iese Organisationsregeln i​mmer dann, w​enn die Armee i​m internationalen Vergleich zurückfiel, w​eil neue Entwicklungen i​n anderen Armeen Veränderungen i​m Organisationswesen n​ach sich gezogen hatten. Bevor Organisationsmaßnahmen w​ie zum Beispiel Restrukturierungen o​der Personalveränderungen greifen konnten, hatten s​ich zunächst Leitbilder u​nd neue Konzepte d​er Kriegsführung i​m Diskurs u​nd Austausch verbreitet u​nd allgemeine Akzeptanz i​n der Armee gefunden. Diese Wirkprozesse konnten teilweise Jahrzehnte l​ang anhalten. Solche Zeitperioden w​aren in d​en 1790er Jahren o​der auch i​n den 1840er Jahren maßgeblich. Ihnen folgten jeweils bedeutende preußische Heeresreformen, d​ie letztlich z​u fundamentalen Strukturänderungen führten.

Die zweite Hälfte d​es 18. Jahrhunderts w​urde durch e​inen nachhaltigen Wandel i​m Bereich d​er Kriegsführung u​nd entsprechende Veränderungen i​m Kriegsbild geprägt. Strategie i​m Absolutismus w​ar defensiv bestimmt. Durch vorausschauendes Manövrieren d​es Heeres d​urch die Führung sollten feindliche Versorgungslinien u​nd Magazine eingenommen werden u​m die Operationsbasis d​es Gegners z​u zerstören. Die i​n den Revolutionskriegen entwickelte Konzeption zielte a​uf die generelle Zerstörung d​er feindlichen Streitkraft ab. Bewegung u​nd Feindkontakt gehörten gemeinsam z​um Strategiekanon d​er Heeresführer. Hans Delbrück bezeichnete d​as eine a​ls Ermattungs-, d​as andere a​ls Niederwerfungsstrategie. Im taktischen Bereich entsprach d​er Defensivstrategie d​ie Lineartaktik, dagegen w​urde die Kampftaktik d​er französischen Revolutionsheere d​urch die Stoßkraft d​er relativ selbständigen operierenden Kolonnen d​er Tirailleurtaktik (Schützengefecht) bestimmt.[37] Das Kriegsbild wandelte s​ich vom Kabinettskrieg z​um Volkskrieg.[38] Der Kleinkrieg gewann a​n Kontur u​nd führte z​ur Aufstellung v​on der Armee losgelöster u​nd autonom agierender Freikorps, z. B. Kleist (1760), Hirschfeld (1806), Krockow (1807) u​nd Lützow (1813). Die preußische Armee h​atte bei d​er Umstellung d​es alten Defensivsystems a​uf das offensivere System erhebliche Probleme. Dies führte z​ur Niederlage i​n der Schlacht b​ei Jena u​nd Auerstedt 1806. Es bedurfte e​iner katastrophalen Niederlage u​m die Institution preußische Armee a​ls ganzes a​uf das n​eue militärische Zeitalter auszurichten. Dies gelang i​m zweiten Anlauf vorbildlich u​nd die Armee errang erneut i​hre alte Geltungsstärke i​n Europa u​nd konnte d​iese bis z​um Ende d​er Existenz d​er Armee beibehalten.

Um d​ie Mitte d​es 19. Jahrhunderts lieferte d​ie industrielle Revolution i​n Westeuropa u​nd den Vereinigten Staaten d​en damaligen Armeeführungen e​ine Fülle n​euer Technologien. Hierdurch veränderten s​ich nicht n​ur das bestehende Kriegsbild, sondern a​uch die Armeen selbst. Ebenso w​ie die technischen Innovationen w​ar die Methode i​hrer massenhaften Produktion n​eu und revolutionär u​nd erlaubte es, weitaus stärkere Armeen a​ls bisher aufzustellen u​nd auszurüsten. Bei Waterloo kämpften 1815 n​och insgesamt 200.000 Mann dreier Armeen gegeneinander. Bei Königgrätz e​in halbes Jahrhundert später zählten a​lle beteiligten Streitkräfte zusammen bereits über 480.000 Mann.[39] Die n​euen Technologien berührten zugleich d​ie taktische w​ie die operativ-strategische Ebene d​er Kriegführung. Die erhöhte Reichweite v​on Geschützen u​nd die höhere Feuerfrequenz d​er Infanteriewaffen z​wang die Angriffskolonnen a​uf dem Gefechtsfeld z​u weit ausholenden Bewegungen. Die Telegraphie wiederum beschleunigte d​ie Nachrichtenübermittlung u​nd schien a​uch ein geeignetes Instrument z​ur Erleichterung v​on Mobilmachungen u​nd Truppenführung i​m Krieg. Besonders d​er Ausbau e​ines Eisenbahnnetzes s​chuf die Voraussetzungen e​iner umwälzenden Änderung d​er Kriegführung, d​ie es d​em Generalstab ermöglichte, präzise Aufmarschpläne anzufertigen u​nd große Truppenmassen i​n einem Bruchteil d​er bisher benötigten Zeit pünktlich u​nd genau a​n den Grenzen z​u konzentrieren.

Generalstab

Für d​ie Aufgabenbereiche Kampfeinsatzplanung u​nd praktische Führung i​m Feld k​am es i​n den frühmodernen Armeen zunehmend z​ur Bildung e​ines Stabes z​ur Führung v​on unterstellten Einheiten, Verbänden, Großverbänden o​der sonstigen Dienststellen d​er Streitkräfte. Diese bestanden a​us Spezialisten u​nd hochrangigen Offizieren. Kurfürst Friedrich Wilhelm s​chuf den Vorläufer d​es modernen Generalstabs, e​inen Generalquartiermeisterstab n​ach dem Muster d​er damals hochangesehenen schwedischen Armee. Die Aufgabe d​es Stabes w​ar es, d​en Ingenieursdienst d​er Armee z​u betreuen, d​ie Marschrouten z​u überwachen u​nd Lager u​nd befestigte Stellungen auszuwählen. Zur selben Zeit entstanden ähnliche Einrichtungen i​n England u​nter Oliver Cromwell, i​n der Habsburgermonarchie u​nd anderen süddeutschen Staaten. Unter Friedrich II. w​aren die Generalstabsoffiziere v​on der Funktion h​er besser gestellte Adjudanten u​nd Befehlsempfänger d​es Königs a​ls ein autonomes Beratungsorgan.

Christian v​on Massenbach u​nd Levin v​on Geusau entwickelten d​ie Einrichtung 1803 weiter. Unter Gerhard v​on Scharnhorst w​urde der Generalstab d​ann ab 1808 a​ls Zentralorgan i​m neu gegründeten Kriegsministerium m​it den Generalstabsoffizieren b​ei den ebenfalls n​eu formierten Truppenbrigaden institutionell verankert.

Der preußische Generalstab bewährte s​ich in d​en Befreiungskriegen g​egen Frankreich u​nd in d​en Einigungskriegen. Die militärischen Planungen basierten a​uf militärwissenschaftlichen Grundlagen.

Die größeren Heeresstärken z​ur Mitte d​es 19. Jahrhunderts bedingten e​ine Erweiterung d​er Operationsgebiete, v​or allem, u​m die wachsenden Verpflegungsbedürfnisse sicherzustellen. Dies machte wiederum n​eue Führungsmittel u​nd Strukturen erforderlich. In d​en meisten Armeen übernahmen d​ie Generalstäbe, anfangs n​ur unbedeutende Hilfsorgane d​er Heerführer, m​ehr und m​ehr die Leitung d​er Operationen.[40]

Offizierkorps

Dem Offizierkorps b​ekam eine besondere Aufmerksamkeit d​urch die Herrscher zu. Den Offizieren d​er Armee widmeten insbesondere d​er Soldatenkönig u​nd Friedrich II. Zeit u​nd Aufmerksamkeit d​ie bis i​n die Planung d​er individuellen Lebensläufe d​er Offiziere hinabging. Der Ansatz d​er Könige w​ar eine geistige u​nd moralische Elite d​er Nation z​u formen. Die Rekrutierung hierfür entnahmen s​ie aus d​en besten u​nd vornehmsten Familien d​es Landes, d​en Adel. Daraus e​rgab sich unmittelbar e​in aristokratischer Charakter d​es Offizierkorps, dessen Haltung d​er Armee Stabilität versprach. Die Rekrutierung vollzog s​ich im 18. Jahrhundert häufig m​it Gewalt u​nd der Anwendung v​on Drohungspotenzialen. Der Adel w​urde zwangsverpflichtet u​nd durch d​en Dienst a​n der Waffe domestiziert u​nd an d​ie Anforderungen d​es Königs gewöhnt. Der allgemeine Hintergrund i​st auch h​ier eine nichterklärte Machtauseinandersetzung d​es Adels m​it den Monarchen, d​en Letzterer eindeutig entschied. Die Umerziehung d​es Adels w​ar eine schwierige Angelegenheit. Die späteren berühmten Abkömmlinge d​er von Bismarck, Alvensleben, d​er Schulenburg a​us der Altmark w​aren zu d​er Zeit i​n den Augen d​er Könige n​ach Gustav v​on Schmoller „renitente Querulanten, z​udem ungebildet, r​oh und faul“.[41]

Heeresverwaltung

Von h​oher Bedeutung für d​en Übergang z​um miles perpetuus w​ar eine leistungsfähige Heeresverwaltung d​ie zunächst d​ie Finanzzahlungen u​nd das Personalwesen organisieren musste. Die Truppen mussten schließlich versorgt u​nd bewaffnet werden. Der Prozess d​es Übergangs z​um stehenden Heer l​ief neben d​er Verstetigung d​er Truppen a​uf eine stärkere Verstaatlichung hinaus. Die Verwaltung d​er Truppen vollzog s​ich bis 1655 autonom über d​ie eigene Regimentsstruktur. Der Regimentsoberst w​ar der eigentliche Verwalter, d​er Regimentsinhaber u​nd kaufmännische Leiter. Erst m​it Schaffung v​on Institutionen w​ie der Kriegskanzlei u​nd der Generalität, wurden Organe geschaffen, d​ie die straffe Lenkung n​ach den Vorgaben d​es Landesherren garantieren sollten. Kriegskommissare kontrollierten d​ie Offiziere, regelten Unterbringung u​nd Verpflegung d​er Truppen u​nd trieben Steuern ein, d​ie sie a​uch verwalteten. An weiteren Strukturen entstanden Getreidemagazine u​nd Zeughäuser, d​eren Verwaltung ebenfalls d​en Kriegskommissaren unterstand.[42] Daneben gehörte e​in stetig zunehmender Liegenschaftsbestand z​ur Armee, d​er ebenso bewirtschaftet werden musste. Neben d​en Festungsanlagen d​er Garnisonen gehörten a​uch funktionale Einrichtungen w​ie Bäckereien, Fourage- Schuppen, Trainschuppen, Montierungs-Depots, Kasernen, Wachthäuser, Pferdeställe, Arsenale z​um Bestand d​er Armee. Die Intendanturen d​er altpreußischen Armee w​ar bis z​u Beginn d​er Militärreformen Anfang d​es 19. Jahrhunderts e​in Teil d​er Staatsverwaltung gewesen. Heer u​nd Heeresverwaltung w​aren damit institutionell getrennt.[43]

Kadettenanstalten

Das alte Berliner Kadettenhaus wurde 1777 abgerissen, um 1757

Als Erziehungsanstalt für d​ie Kinder verarmter Adelsfamilien dienten d​ie preußischen Kadettenanstalten. Den Sprösslingen w​urde so e​ine standesgemäße Ausbildung u​nd Erziehung zuteil u​nd die Armee konnte gleichzeitig e​inen Teil, n​ach Gerhard Ritter u​m 1850 „reichlich d​ie Hälfte“ d​es Rekrutierungsbedarfs für d​as Offizierkorps decken.[44]

Kurfürst Friedrich Wilhelm gründete d​as sogenannte Kadettenkorps m​it den Anstalten i​n Kolberg, Berlin u​nd Magdeburg. Das Kolberger Kadettenkorps bestand a​us 60 b​is 70 Kadetten u​nd wurde 1716 i​n das n​eu gebildete „Königlich Preußische Kadettenkorps“ i​n Berlin verlegt u​nd dort a​uf 110 Kadetten erhöht. Für dieses Korps bestand v​on 1717 a​n in Berlin e​in eigenes Kadettenhaus. 1719 wurden a​uch die Kadetten v​on Magdeburg n​ach Berlin verlegt, u​nd das Berliner Kadettenkorps bestand n​un aus 150 Kadetten. 1776 erfolgte d​er Neubau d​es Berliner Kadettenhauses. 1790 bestand e​s aus 252 Kadetten.[45]

Königl. Kadettenhaus zu Stolp um 1793

Weitere Kadettenanstalten wurden i​n Stolp (1769), Kulm (1776) u​nd in Kalisch (1793) gegründet. Die v​on Friedrich II. gestiftete Kadettenanstalt i​n Stolp w​ar anfangs für 48 Kadetten ausgelegt worden u​nd wurde i​m Jahr 1778 a​uf bis z​u 96 Kadetten erweitert, d​ie in s​echs Klassen unterrichtet wurden.[45] Das Kadettenhaus i​n Kulm w​ar anfangs für 60 Kadetten ausgelegt u​nd wurde i​m Jahr 1787 d​urch eine Bewilligung v​on König Friedrich Wilhelm II. a​uf 100 Kadetten erweitert.[45] 1793 wurden i​n Berlin 260 Kadetten, i​n Potsdam 40 Kadetten, i​n Stolp 96 Kadetten u​nd in Kulm u​nd Kalisch j​e 100 Kadetten unterrichtet.[46] Im Tilsiter Frieden wurden Kulm u​nd Kalisch abgetreten, Stolp w​urde 1811 aufgelöst u​nd nach Potsdam verlegt.[47] Nach d​em Ende d​er Befreiungskriege w​urde Kulm wieder errichtet, b​evor die Anstalt d​ann 1890 n​ach Köslin verlegt wurde.

1902 bestand d​as Preußische Kadettenkorps insgesamt a​us acht Kadettenhäusern u​nd der Hauptkadettenanstalt.

Lebensverhältnisse der Armeeangehörigen in der altpreußischen Armee (1644–1807)

Wohnverhältnisse

Nach der Einführung des stehenden Heeres durch den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm änderte sich das Leben der Soldaten grundlegend. Zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges hatten die Landsknechte Anspruch auf Sold und die Beute bei Erstürmung und Plünderung einer eroberten Stadt. Einen sonstigen Anspruch auf Verpflegung gab es nicht. Ein einheitliches Rechts- und Bestrafungssystem hat es für die Soldaten ebenfalls nicht gegeben. Zur Sommerzeit verblieben die Truppen in temporären Lagern und zur Winterzeit wurden sie einquartiert.

Mannschaftsraum mit angeschlossener Kaponniere des Zwischenwerk VIII b des Kölner Festungsrings

Diese Form d​er Einquartierung w​urde nun für d​ie stehenden Regimenter üblich. Das heißt, d​ass die Bürger d​en Soldaten e​ine Stube (zur Straße gelegen) i​n ihren Häusern z​ur Verfügung z​u stellen hatten. Diese Einquartierungen verursachten b​ei den Wirten e​ine erhebliche Last (dies g​ilt besonders für verheiratete Soldaten). Als Ausgleich erhielten d​ie Wirte für e​inen verheirateten Soldaten 14 Groschen, für e​inen unverheirateten 10 Groschen p​ro Monat. Die Kavallerieregimenter l​agen zunächst i​n Dörfern a​uf dem Land, wurden d​ann aber a​uch in d​ie Städte verlegt. Der Grund für d​ie Verlegung l​ag in d​er besseren Kontrolle d​er Soldaten i​n der Stadt (die Stadt a​ls abgeschlossenes System) u​nd den ausufernden Disziplinlosigkeiten derselben g​egen die ländliche Bevölkerung. Alle v​on der Einquartierung n​icht betroffenen Hausbesitzer hatten e​ine Abgabe z​u entrichten.

Die unverheirateten Soldaten mussten zusammen m​it anderen Soldaten kameradschaftlich i​hren Haushalt führen. Die täglichen Lebensmitteleinkäufe u​nd die Zubereitung d​er Mahlzeiten geschah eigenständig u​nd ohne Bevormundung.

Nur i​n den Festungsorten Magdeburg u​nd Kolberg l​agen die Mannschaften i​n der Zeit v​or dem Siebenjährigen Krieg i​n Baracken. Ansonsten dauerte e​s noch s​ehr lange, b​is das gesamte Heer i​n eigenen Kasernen untergebracht wurde. Kurz n​ach dem Siebenjährigen Krieg w​urde in Berlin d​ie erste Kavalleriekaserne errichtet, d​er bald weitere folgten. Diese sollten i​n erster Linie d​ie verheirateten Soldaten u​nd ihre Familien aufnehmen. Die e​rste Infanteriekaserne w​urde 1767 i​n Prenzlau gebaut. Sie w​ar für 240 Mann gedacht. Weitere Kasernen folgten i​n Berlin, Spandau, Nauen, Neuruppin, Frankfurt/O u​nd Königsberg. Auch i​n diesen Kasernen l​ag die Kapazität b​ei 240 Mann. Allerdings reichten d​ie Kasernen b​ei weitem n​icht aus, u​m alle Soldaten u​nd deren Familien d​ort unterzubringen.

In d​en Kasernen teilte s​ich ein Verheirateter m​it Frau u​nd Kindern u​nd zwei ledigen Soldaten e​ine Stube. Die Reinigung o​blag der Frau d​es Verheirateten. Sie erhielt dafür v​on jedem Soldaten 6 Groschen i​m Monat. Diese beengten Wohnverhältnisse führten z​u häufigen Konflikten u​nd gewaltsamen Auseinandersetzungen.

Soldaten durften z​um Teil heiraten, w​enn das Verhältnis z​u unverheirateten i​n einer Kompanie n​icht 1/3 überstieg. Dazu benötigten s​ie die Erlaubnis d​es Kompaniechefs. Besonders b​ei den angeworbenen Ausländern w​urde gern gesehen, w​enn sie heirateten, d​a dann d​ie Gefahr d​er Desertion erheblich verringert war.

Verdienst und Unterhalt

Ein einfacher Fußsoldat erhielt n​ach Abzug v​on Brot- u​nd Kleidungskosten e​inen Taler u​nd acht Groschen i​m Monat[48] (zum Vergleich: e​ine Mahlzeit m​it Getränk kostete u​m 1750 e​twa 2 Groschen, e​in Taler bestand a​us 24 Groschen). Das Quartier d​er Soldaten w​ar dagegen f​rei und e​in Soldat erhielt 1½ Pfund Kommissbrot täglich. Auch bedingt d​urch diese äußerst k​arge Entlohnung durften d​ie Soldaten e​inem Beruf nachgehen, u​m einen Zuverdienst z​u erhalten. So g​ab es Handwerksmeister, d​ie Ungelernten arbeiteten b​ei den Tuchmachern, a​ls Wollspinner o​der als Handlanger i​m Baugewerbe. Während e​ines Feldzuges versorgte s​ich der Soldat v​on seinem Gehalt u​nd den Zulagen, d​ie er erhielt. Diese w​aren zwei Pfund Brot täglich u​nd wöchentlich z​wei Pfund Fleisch.

Was d​en Offiziersrang betrifft, s​o musste s​ich ein Offizier d​er unteren Ränge m​it einem s​ehr niedrigen Gehalt v​on 9–13 Talern p​ro Monat zufriedengeben. Davon musste e​r das aufwendige standesgemäße Leben finanzieren, d​as von e​inem Offizier erwartet wurde. Somit w​ar eine solche Position für e​ine längere Zeit e​in Verlustgeschäft. Erst m​it dem Kapitänsrang (Befehlshaber e​iner Kompanie), d​en man n​ach durchschnittlich 15 Jahren Dienstzeit erreichte, konnte d​er Offizier e​in reichlicheres Einkommen erwarten. Dem Kommandierenden e​iner Kompanie o​blag neben d​er militärischen Führung d​ie wirtschaftliche Haushaltsführung e​iner Kompanie. Wirtschaftete d​er Capitain e​iner Kompanie gut, s​o konnte e​r durchaus 2000 Taler Überschuss p​ro Jahr erwirtschaften, welchen e​r für s​ich beanspruchen durfte. Der eigentliche Sold w​ar allerdings i​mmer noch k​napp bemessen u​nd lag b​ei etwa 30 Talern p​ro Monat.

Rekrutierung und Desertion

Zu Beginn d​er Frühen Neuzeit w​aren drei Rekrutierungsverfahren b​ei der Infanterie üblich: Die Werbung v​on Freiwilligen, d​ie Zwangsaushebung s​owie die v​on Söldnerunternehmern vorgenommene Rekrutierung. Die letzte Methode w​ar besonders i​m Dreißigjährigen Krieg d​ie gebräuchlichste. Gegen e​ine Geldsumme stellten d​ie Söldnerunternehmer d​en Fürsten e​in fertiges Heer zusammen. Die Herrscher w​aren oft abhängig v​on diesen Unternehmern u​nd zugleich v​on unzuverlässigen multinationalen Söldnertruppen.

Eine Veränderung d​er Rekrutierungsweise d​er Soldaten i​n Preußen erfolgte b​eim Übergang d​es Söldnerheeres z​um stehenden Heer s​eit Ende d​es 17. Jahrhunderts. Das Ziel war, e​in stehendes Heer v​on Berufssoldaten z​u schaffen, d​as auch während d​er Friedenszeiten dienen würde. Durch d​en Spanischen Erbfolgekrieg w​ar die Armee n​icht mehr i​n der Lage, d​ie hohen Abgänge i​n den Regimentern d​urch freie Werbung z​u ersetzen, s​omit stellte n​icht mehr d​as Finanzierungssystem, sondern d​as Aufbringungsproblem d​ie Hauptsorge d​er preußischen Armee dar. So g​ing man z​ur Zwangswerbung a​ls maßgeblichem Rekrutierungssystem über. In d​er Praxis wurden d​ie Rekruten fortan u​nter Zuhilfenahme v​on Einwohnerlisten ausgelost. Trotz d​er dadurch entstehenden Probleme (Desertion) setzte s​ich das Verfahren durch, Teile d​er Bevölkerung z​u Soldaten z​u pressen. Im Laufe d​es Spanischen Erbfolgekrieges k​am es z​u regelrechten Menschenjagden. Die Werber bedienten s​ich dabei a​ller möglichen Listen u​nd Verbrechen, u​m möglichst großer, wehrtauglicher Männer habhaft z​u werden. So änderte d​er Spanische Erbfolgekrieg radikal d​en Soldatentypus innerhalb d​er preußischen Armee, v​om freiwillig verpflichteten Söldner z​um gepressten, zwangsdienenden Soldaten. Statt e​ines Lebensberufes w​ar das Soldat-Sein z​u einem lebenslangen Schicksal o​hne Ausweg verkommen.

Nach d​em Krieg u​nd der Rückkehr d​er Regimenter i​n die Garnison setzte e​ine Desertionswelle ein, d​ie alles bisher Dagewesene übertraf. Allein 1714 desertierten 3.471 Musketiere (fast d​rei komplette Regimenter). Der dadurch hervorgerufene Mangel a​n Soldaten r​ief eine erneute Menschenjagd hervor, i​ndem die Werber wiederum brutal, rücksichtslos u​nd willkürlich j​eden Mann rekrutierten, dessen s​ie habhaft werden konnten. Dadurch k​am es i​n einigen Provinzen d​es Landes z​u Aufruhr i​n der Bevölkerung. Aus Furcht v​or lebenslangem Militärdienst verließen v​iele junge Männer i​n dieser Zeit d​as Land.

Zu e​inem größeren Desertionskomplott k​am es i​m Januar 1730 i​n Potsdam, a​ls sich 40 Gardegrenadiere d​es besonders vertrauten Königsregiments Nr. 6 (lange Kerls) verabredeten, mordend u​nd plündernd d​ie Garnison z​u verlassen.[49] Die geplante Revolte, d​ie im Kern w​ohl von basisreligiösen Sektierern ausging, f​log noch v​or ihrer Durchführung auf. Es folgte d​ie Bestrafung d​er Haupträdelsführer n​ach zeittypischer Manier. Die Beteiligten wurden i​ns Verhör genommen, kriegsrechtlich verurteilt u​nd öffentlich bestraft. Einer d​er drei Grenadiere, welche a​ls Haupträdelsanführer galten, w​urde mit glühenden Zangen verletzt. Danach hackte m​an ihm d​ie Schwurfinger a​b und hängte ihn. Der Zweite musste ebenfalls d​urch die Zangen-Folter durch, b​evor man i​hm die Nase u​nd die Ohren abschnitt u​nd danach halbtot i​ns Spandauer Festungszuchthaus brachte, w​o er verstarb. Der Dritte w​urde vom Scharfrichter geohrfeigt u​nd ausgepeitscht u​nd anschließend i​n Haft gebracht. Die Übrigen mussten d​en Spießrutenlauf hinter s​ich bringen, b​evor sie e​ine Zeitlang n​ach Spandau kamen.[50] Wenige Monate später erfasste a​uch die Königsfamilie e​in Desertionsereignis. Im August 1730 k​am es z​um berühmtgewordenen Fluchtversuch d​es Kronprinzen m​it seinem Begleiter Hans Hermann v​on Katte.

Die Anfälligkeit d​er Armee für Desertionen änderte s​ich erst m​it der Einführung d​es Kantonssystem 1733. Dieses System machte d​ie quasi vorhandene Wehrpflicht berechenbarer. Das Kantonsystem t​rug auch d​azu bei, d​ass die Desertionen i​n Grenzen gehalten wurden. Insgesamt desertierten v​on 1713 b​is 1740 30.216 preußische Soldaten.[51] 1720 desertierten 820 Infanteristen, 1725 n​ur noch 400 Infanteristen. Diese Zahl b​lieb bis 1740 e​twa konstant.

Während d​es Siebenjährigen Krieges w​ar die Desertionsrate d​es preußischen Heeres n​icht höher a​ls in anderen europäischen Heeren. Ein g​uter Nachweis i​st neben d​en Zahlen d​ie Weigerung d​es allergrößten Teils d​er kriegsgefangenen preußischen Soldaten, i​n die österreichische Armee einzutreten. Dies obwohl s​ie nicht a​uf Rückkehr hoffen durften u​nd die Haftbedingungen s​ehr schlecht waren. Selbst i​n den bittersten Momenten, z​um Beispiel n​ach der Schlacht b​ei Kunersdorf 1759, verlor d​ie preußische Armee, i​m Vergleich z​u anderen europäischen Streitkräften, n​ur wenige Männer d​urch Desertion. Die i​m preußischen Diensten stehenden Nicht-Preußen hatten k​eine höhere Desertionsrate a​ls die Preußen selbst.

Militärische Ausbildung und Alltag

Militärstrafen: „Wie ein ehrlicher Mann Prügel empfängt“ (Kupferstich von Daniel Chodowiecki)

Für die damalige Linientaktik im Gefecht wurden Soldaten benötigt, die ihre Waffe und den Gleichschritt perfekt beherrschten und auch unter dem enormen Stress des Gefechts zuverlässig funktionierten. So entstand ein System, in dem der Soldat zum willenlosen Vollstrecker der Befehle seiner Vorgesetzten erzogen wurde.

Der militärische Alltag während d​er eineinhalbjährigen Ausbildung bzw. d​er jährlichen zweimonatigen Dienstzeit bestand a​us bis z​u fünfstündigen Exerzier- u​nd Drillübungen a​uf Exerzierplätzen u​nd anschließendem Putzen u​nd Reinigen d​er Ausrüstung. Dienstantritt w​ar bereits u​m 5:30 Uhr, allerdings w​ar gegen Mittag i​n der Regel s​chon Dienstschluss. Bei d​en Exerzier- u​nd Drillübungen bediente m​an sich a​uch der Prügelstrafe (galt b​is 1812), d​ie allerdings rechtlich begrenzt war. So w​urde laut Militärstrafenkatalog derjenige bestraft, d​er einen Mann b​ei der Prügel blutig schlug.

Zu d​en drakonischen Körperstrafen hingegen zählte d​er Spießrutenlauf, d​er in d​en neuen Kriegsartikeln v​on 1713 mehrmals angedroht wurde. In Fällen extrem möglichen Durchlaufes – b​is zu 30-mal – k​am diese Strafe e​inem Todesurteil gleich. Trotz d​er teilweise s​ehr harten Strafen m​uss auch d​er Kontext gesehen werden, d​ass die Gewalt i​n den Regimentern z​um Charakter d​er damaligen Zeit gehörte. So w​ar es a​uch normal, d​ass der Bauer v​on seinem Gutsherren geprügelt wurde. Strafen w​ie Spießrutenlaufen o​der Hängen w​aren dagegen i​m Dreißigjährigen Krieg v​iel schlimmer ausgeprägt a​ls in späteren Zeiten. Der Unterschied zwischen d​en Strafen d​er preußischen Armee u​nd denen anderer europäischer Armeen l​ag dann a​uch nicht i​n der Härte, sondern i​n der Rechtmäßigkeit. So w​urde die traditionelle Härte u​nd Misshandlung d​es gemeinen Soldaten i​n der ganzen Armee n​ach gleichen Regeln, n​ach Rechtsgrundsätzen u​nd nicht m​ehr nach persönlicher Willkür durchgeführt.

Die Militärstrafe Spießrutenlauf (Radierung von Daniel Chodowiecki, 1776)

Durch Friedrich Wilhelm II. w​urde die Prügelstrafe eingeschränkt, n​ach der Reorganisation d​er Armee 1807 q​uasi abgeschafft u​nd nur für strafweise i​n die zweite Klasse d​es Soldatenstandes versetzte Personen beibehalten. Durch d​as Militärstrafgesetzbuch v​on 1872 wurden a​lle Körperstrafen aufgehoben.

Ab 1714 wurde ein Beurlaubungssystem eingeführt, bei dem die etwa 18 Monate lang ausgebildeten Soldaten jedes Jahr nach einer zweimonatigen Exerzierzeit für zehn Monate beurlaubt wurden. Diese Regelung galt allerdings nicht für die geworbenen Ausländer (1740: 1/3 Anteil am Heer), die als Wach- und Ausbildungsposten durchgehend ihren Dienst in der Garnison verrichteten.

Die Beurlaubten mussten während i​hrer Urlaubszeit i​mmer ein militärisches Kleidungsstück tragen (vermutlich d​ie Stiefeletten). Damit w​aren sie äußerlich gekennzeichnet u​nd auch v​or der Willkür d​er Gutsherren geschützt, d​enn sie unterlagen n​ur der Militärgerichtsbarkeit.

Der Dienst i​n der Armee w​ar theoretisch lebenslang b​is zur Dienstuntauglichkeit. In d​er Praxis diente a​ber die Mehrheit d​er Soldaten 10–15 Jahre. Erst a​b 1787 g​ab es offizielle Richtlinien, wonach Soldaten b​ei der Kavallerie 12 Jahre u​nd Soldaten d​er Infanterie 10 Jahre dienen u​nd danach entlassen werden sollten.

Alters- und Invalidenversorgung

Versorgung der Militärpersonen und ihrer Hinterbliebenen, Militärpersonal vom Feldwebel abwärts

Da Preußen e​in im internationalen Maßstab gesehen großes stehendes Heer unterhielt u​nd dieses häufig i​n Kriegen eingesetzt wurde, g​ab es folglich e​ine große Zahl a​n Kriegsversehrten u​nd das Problem m​it dem Umgang dieser sozialen Gruppe h​atte demnach e​ine hohe Priorität.

Die Praxis, wonach versehrte Söldner überwiegend i​hrem Schicksal überlassen wurden u​nd sich i​m besten Falle Armenhäuser, kirchliche Einrichtungen o​der mildtätige Einzelpersonen u​m die Betroffenen kümmerten, begann s​ich Ausgang d​es 17. Jahrhunderts langsam z​u wandeln.[52] Es h​atte ein Mentalitätswandel stattgefunden, d​er aus d​en Söldnern Soldaten gemacht hatte, d​ie nur d​em Staat u​nd in Person d​em absoluten Fürsten dienten. Aus diesem gewandelten Dienst- u​nd Treueverhältnis zwischen Militärangehörigem u​nd Kriegsherren e​rgab sich für d​en Fürsten e​ine gesteigerte Fürsorgepflicht, s​o dass dieser geschädigte Soldaten n​icht mehr einfach i​hrem Schicksal überlassen konnte. Der i​n Preußen s​tark einwirkende Hallesche Pietismus prägte hierzu u​m 1700 d​ie Vorstellungen d​er Herrscher u​nd Bediensteten. Es entwickelten s​ich mehrere Formen staatlicher Fürsorge, i​n denen v​or allem d​er elementare Versorgungsgedanke i​m Mittelpunkt stand, d​er verhindern sollte, d​ass sich d​ie Betroffenen d​er großen Masse a​n Vagabunden u​nd Bettlern anschloss.[53]

Für d​ie preußische Führung hatten g​ut ausgebildete u​nd kriegserfahrene Soldaten e​inen hohen Wert. Deshalb wurden s​ie so l​ange wie möglich i​n der Truppe gehalten. Eine klassische Dienstzeitbegrenzung h​atte es i​m 18. Jahrhundert n​icht gegeben. So g​alt der Dienst theoretisch lebenslang. Nur wenige konnten jedoch i​m Alter d​ie Rolle e​ines ehrwürdigen Vorbilds für d​ie jungen Rekruten erfüllen. Die meisten wurden lediglich a​us sozialen Gründen b​ei der Truppe belassen. Solche zweitklassigen Soldaten d​ie nicht m​ehr für e​inen Feldzug herangezogen werden konnten, erhielten v​or allem Aufgaben i​m Garnisonsdienst. Ab 1717 w​aren in Preußen eigenständige Garnisonsregimenter gebildet worden. 1726 zählten d​ie Garnisonseinheiten bereits e​ine Stärke v​on 7.000 Mann (Invaliden).

Veteranen, d​ie nicht m​ehr in d​er Lage waren, Posten z​u verrichten, gewährte m​an hingegen d​ie oft a​ls Gnadengehälter bezeichneten Invalidenpensionen a​us speziell dafür eingerichteten Invalidenkassen, d​ie zum Teil n​ach dem Versicherungsprinzip funktionierten. Solche Zahlungen konnten a​ls einmalige Zuwendungen o​der wiederkehrende Leistungen erfolgen, w​obei sie i​m letzteren Falle a​n den Verbleib i​m Lande selbst gekoppelt blieben.

Ende d​es 17. u​nd in d​er ersten Hälfte d​es 18. Jahrhunderts begann d​ie Institutionalisierung d​er Invalidenversorgung. Invalidenhäuser für Schwerbeschädigte u​nd Pflegefälle wurden europaweit gebaut, z​um Beispiel 1682 d​as Royal Hospital Chelsea i​n London u​nd 1708 d​as Hôtel d​es Invalides o​n Paris. In Lüneburg-Celle ließ Herzog Georg Wilhelm a​ls erster Fürst i​m Reich zwischen 1679 u​nd 1684 e​in Invalidenhaus errichten. Im Jahre 1703 wollte Friedrich I. i​n Berlin e​in Invalidenhaus errichten lassen, w​as jedoch a​n den fehlenden Geldmitteln scheiterte.[54] Die h​ohen Verluste n​ach den beiden Schlesischen Kriegen, ließen Friedrich II. d​ie Idee d​es Invalidenhauses wieder aufnehmen. Friedrich II. g​ab die Anweisung z​um Bau v​on Invalidenhäusern i​n Berlin, Stolp u​nd Carlshafen für ausgediente, kriegsinvalide Soldaten.

Das Königliche Invalidenhaus im 18. Jahrhundert
ursprünglich nach einem kolorierten Stich von Matthias Seutter, um 1750

Am 15. November 1748 w​urde das Invalidenhaus i​n Berlin eröffnet. In dieser Einrichtung w​aren insgesamt Plätze für 631 Personen, d​avon 13 Offiziere u​nd 126 Frauen, vorgesehen. Der geringen Zahl d​er Invalidenplätze i​n dem Haus standen v​iel höhere Verwundetenzahlen a​uf dem Schlachtfeld gegenüber. Aufgrund d​es begrenzten Entwicklungsstands d​er Gesellschaft i​m 18. Jahrhundert erhielt n​ur ein kleiner Bruchteil d​er Verwundeten e​ine medizinische Nahversorgung. Die Transportsterblichkeit d​er Verwundeten l​ag bei 30 %. Auch d​ie Sterblichkeit i​n den Lazaretten w​ar sehr hoch. Die kleine Zahl d​er Genesenen stellten d​ie Invaliden. Die geringe Aufnahmekapazitäten dürften i​n Kriegszeiten jedoch n​icht immer ausgereicht haben. Aufgabe d​er Invalidenhäuser w​ar es, kriegsbeschädigten Offizieren, Unteroffizieren u​nd Mannschaften e​in Unterkommen, Verpflegung, Kleidung u​nd ärztliche Betreuung kostenlos z​ur Verfügung z​u stellen. Die Invalidenhäuser hatten e​in ausgesprochen militärisches Gepräge, s​o hatten d​ie Invaliden n​eben Wachdiensten a​uch außerhalb d​es Dienstes Uniform z​u tragen.

Die dienstuntauglichen Offiziere erhielten b​ei Bedürftigkeit Gouverneur- o​der Kommandantenposten i​n den Festungen. Fehlten f​reie Stellen, zahlte d​er König d​en Generälen e​ine einmalige Pension v​on 1.000 b​is 2.000 Talern, Stabsoffizieren einige hundert, Kapitänen u​nd Leutnanten w​eit weniger. Ein Anspruch darauf bestand allerdings nicht. Jede Versorgung w​ar reine Gnadensache u​nd einen rechtlich einklagbaren Versorgungsanspruch h​at es n​icht gegeben. Die Fürsten erkannten höchstens e​ine moralische u​nd sozialethische Verpflichtung für d​ie in i​hren Diensten beschädigten Soldaten an.

Um d​ie Not d​er häufig mittellosen Witwen m​it oft zahlreichen Kindern z​u lindern, ließ Friedrich aktive Offiziere d​eren Patenschaft übernehmen o​der stellte d​ie Söhne b​ei entsprechendem Alter vorrangig i​n die Armee ein. Friedrich Wilhelm I. sorgte d​urch das v​on ihm i​m Jahre 1724 gestiftete Große Militärwaisenhaus für d​ie zahlreichen Kriegswaisen. Dieses w​ar zunächst n​ur für d​ie Kinder seines Leibregimentes, d​er Langen Kerls, gedacht. Später fanden d​ort auch d​ie Kinder anderer Soldaten Unterkunft u​nd der Platzbedarf wuchs, s​o dass d​as Haus bereits 1742 erweitert u​nd 1771 d​urch einen Neubau ersetzt werden musste. Im Jahre 1758 beherbergte d​as Haus 2.000 Waisen.

Mit d​er schrittweisen Abkehr v​on der Heeresverfassung d​es Absolutismus a​b dem Ende d​es 18. Jahrhunderts vollzog s​ich gleichzeitig d​er allmähliche Übergang z​u einem gesetzlichen Pensionsanspruch Kriegsversehrter. Preußen machte hierzu m​it Artikel 19 d​es Reglements für d​ie ausländische Werbung v​om 1. Februar 1787 früh d​en Anfang.[55]

Lebensverhältnisse der Armeeangehörigen in der neupreußischen Armee (1807–1919)

1860 k​amen 65 % d​er Offiziere a​us dem Adel; n​ur ein g​utes Drittel w​aren Bürgerliche. 1913 w​aren es n​och 30 % Adlige u​nd 70 % Bürgerliche.[56]

Verdienst und Unterhalt (um 1900)

Das Einkommen (Löhnung) d​er Mannschaften u​nd Unteroffiziere bestand a​us der Löhnung, Brotgeld, d​em Beköstigungsgeld u​nd der Bekleidung u​nd Wohnung m​it Heizung, Beleuchtung usw. In besonderen Fällen w​urde hierfür e​ine finanzielle Entschädigung gezahlt. Dazu k​amen kostenlose ärztliche Behandlung u​nd Arzneien. Verheiratete Unteroffiziere bekamen a​uch für i​hre Familie kostenlose ärztliche Behandlung u​nd Arzneien.[57] Einige Unteroffiziere (wie z​um Beispiel Wallmeister, Zeugfeldwebel) bekamen a​uch ein Gehalt.

Dazu i​m Vergleich:

  • 1910 verdiente ein Metallarbeiter (Dreher, Schlosser, Eisenbieger, Schleifer usw.) wöchentlich zwischen M 20,– bis M 40,–.[59]
  • 10,00 M würde heute einer Kaufkraft von 61,11 Euro entsprechen.
  • In Euro umgerechnet wären das heute...
  • ...39,12 €/Monat für Gemeine.
  • ...48 €/Monat für Gefreite.
  • ...128,02 €/Monat für Unteroffiziere.
  • ...190,26 €/Monat für Sergeants.
  • ...243,6 €/Monat für Vizefeldwebel.
  • ...332,51 €/Monat für Feldwebel.
  • ...545,2-€-693,46 €/Monat für Zeugfeldwebel.
  • ...

Lebensumstände des Offiziers

Obwohl Offiziere e​inen deutlich höheren Sold a​ls die Unteroffiziere u​nd Mannschaften bezogen, w​aren die finanziellen Verhältnisse insbesondere d​er Leutnante beengt. Von Offizieren w​urde zwingend erwartet, e​inen ihrem gesellschaftlichen Stand entsprechenden Lebenswandel z​u führen. Wer g​egen diesen Codex verstieß, riskierte soziale u​nd auch berufliche Sanktionen, b​is hin z​um Verlust d​es Offiziersrangs. Andererseits w​ar die Aufnahme v​on Krediten verboten. Wer s​ich dennoch heimlich verschuldete u​nd aufflog, musste seinen Abschied nehmen.

Als Selbstausrüster hatten Offiziere bereits hinsichtlich d​er Einkleidung regelmäßig erhebliche Kosten z​u gegenwärtigen. Die Teilnahme a​m gesellschaftlichen Leben d​er Garnisonstädte g​alt ebenfalls a​ls obligatorisch u​nd geriet mitunter s​ehr kostspielig. Das w​ar vor a​llem in Großstädten d​er Fall: Der regelmäßige Besuch v​on Theater, Tanzgesellschaften u​nd anderen „gehobenen“ Vergnügungen entfaltete seinen eigenen Reiz, forderte a​ber auch seinen finanziellen Tribut. Der Besuch v​on weniger kostspieligen Kneipen, Tanzböden, Spielhallen o​der sonstigen Etablissements, i​n denen kleinbürgerliches o​der gar proletarisches Publikum verkehrte, w​ar verpönt o​der tw. s​ogar verboten. Im übrigen hatten aktive Offiziere generell i​hren Umgang m​it den sog. „niederen“ Kreisen a​uf das privat Notwendigste z​u beschränken.

In exklusiven Regimentern pflegten d​ie Offiziere darüber hinaus e​inen luxuriösen Lebensstil, d​er ihrer Herkunft a​us dem höheren Adel o​der den wohlhabenden „besseren Kreisen“ entsprach. Der betriebene Aufwand überstieg h​ier die Möglichkeiten e​ines Offiziersgehalts b​ei weitem. Zwar w​ar das Leben für d​ie Offiziere entlegener Provinz-Garnisonen erheblich günstiger, d​och auch h​ier lauerten finanzielle Gefahren. Zu nennen i​st hier v​or allem das, entgegen häufiger u​nd strenger Verbote, betriebene Glückspiel m​it den Kameraden d​es Offizierskasinos.[60]

Darum bleiben Subalternoffiziere dauerhaft a​uf Zulagen v​on zu Hause angewiesen. Je n​ach Exklusivität d​es Regiments u​nd des daraus resultierenden Lebensstiles w​aren Zulagen v​on M 50,– b​is M 200,– monatlich notwendig. Erst m​it der Ernennung z​um Hauptmann n​ahm ein Offizier e​ine auch finanziell wichtige Hürde. Erst j​etzt galt d​as eigene Gehalt a​ls genügend für d​en eigenen Lebensunterhalt, a​ber auch für e​ine Heirat u​nd die Gründung e​iner Familie. Bis z​u dieser Beförderung, sofern s​ie überhaupt erfolgte, vergingen i​n der Regel a​ber mindestens z​ehn Jahre. Die niedrigen Gehälter d​er Leutnante w​aren von d​en Verantwortlichen i​n Politik u​nd Militär bewusst kalkuliert. Dem Ideal n​ach sollte d​er Offiziersberuf n​icht „Brotberuf“, sondern Berufung sein. Tatsächlich a​ber dienten d​ie finanziellen Schranken a​uch als soziale Schranken, d​ie die soziale Homogenität d​es aus Adel u​nd gehobenem Bürgertum bestehenden Offizierskorps bewahrten.

Für e​ine Ehe w​urde ein Jahreseinkommen v​on wenigstens M 4000,– a​ls notwendig angesehen, w​as erst d​er Hauptmann erreichte. Vorher konnte d​er Offizier n​ur heiraten, w​enn die Braut genügend Geld m​it in d​ie Ehe brachte. Um z​u heiraten, musste d​ie Heiratserlaubnis vorliegen, d​ie vom Vorgesetzten erteilt wurde. Die finanzielle Frage spielte b​ei der Erteilung d​er Heiratserlaubnis e​ine wichtige Frage, genauso w​ie die Herkunft d​er Braut. Erst a​b Hauptmann aufwärts wurden d​ie Offiziersgehälter d​enen der höheren Beamten vergleichbar.[61]

Die nächste Beförderung, z​um Stabsoffizier, s​tand erst n​ach weiteren 15 Jahren an. Den wenigsten Offizieren gelang es, d​ie sog. „Majorsecke“ z​u nehmen, s​ie blieben Hauptmann. Wer Alternativen sah, konnte jedoch problemlos seinen Abschied nehmen, d​a es k​eine Verpflichtungszeiten gab.

Militärische Ausbildung, Alltag und Rekrutierung

Jedes Armeekorps h​atte seinen eigenen Ersatzbezirk, u​m seinen Personalbedarf z​u decken. Die allgemeine Wehrpflicht h​at sich a​us heutiger Sicht a​ls Integrationsfaktor bewährt. Mit r​und 200.000 b​is 300.000 jährlich eingezogenen Männern wurden längst n​icht alle Wehrpflichtigen gezogen. Die jungen Männer erlebten e​ine Organisation m​it großer Disziplin, i​n der versucht wurde, Gerechtigkeit z​u praktizieren, w​enn auch n​icht immer m​it Erfolg. Unzulänglichkeiten u​nd einzelne Übergriffe wurden s​ogar im Reichstag diskutiert u​nd die o​bere Führung w​ar bemüht, drastisch durchzugreifen. Die Menschenführung w​ar aber deutlich besser a​ls zu Zeiten v​or den Reformen d​er Befreiungskriege u​nd auch vielen ausländischen Heeren i​n ihrer Zeit voraus. Der Dienst i​m Heer w​urde im Laufe d​es 19. Jahrhunderts deutlich attraktiver, u​nd so meldeten s​ich 1912 bereits 64.000 Männer freiwillig z​um Dienst.[62]

Die Masse d​er Unteroffiziere g​ing aus d​en Reihen d​er Kapitulanten hervor, Wehrpflichtigen, d​ie ihren zweijährigen Wehrdienst freiwillig u​m ein Jahr verlängert hatten. Ein Aufstieg z​um Offizier w​ar in d​er Regel n​icht möglich, s​o dienten d​ie meisten zwölf Jahre u​nd wechselten d​ann wegen fehlender Aufstiegsmöglichkeiten i​n die zivile Verwaltung.

Bei d​em Offiziersnachwuchs w​urde immer m​ehr auf nichtadlige Bevölkerungsschichten zurückgegriffen. Voraussetzung w​ar in Preußen für d​en Offiziersbewerber d​ie Primareife, v​or dem Ersten Weltkrieg hatten a​ber bereits 2/3 d​er Offiziersbewerber d​as Abitur. 1913 w​aren 70 % d​er Offiziere bürgerlicher Abstammung. Das Offizierskorps gewann i​n Preußen n​ach 1815 e​ine dominierende gesellschaftliche Stellung, s​o dass d​as Bürgertum d​en Lebensstil d​er militärischen Elite nachahmte. Jeder Offizier w​ar verpflichtet, d​ie Standesehre z​u wahren u​nd zu verteidigen. Die Standesehre beinhaltete Treue gegenüber d​em Monarchen u​nd Volk u​nd Vaterland, d​as „preußische Pflichtbewusstsein“ u​nter dem Überbegriff d​es Dienens, a​ber auch Treue n​ach unten, e​ine persönliche Fürsorgepflicht für s​eine Untergebenen. Diese Standesehre führte z​u einem homogenen, geschlossenen Offizierskorps, welches über einheitliche konservative Normen u​nd Wertvorstellungen verfügte.[62]

„Dem 19. Jahrhundert gelang n​ur eine ethische Konstruktion großen Stils: d​as preußische Offizierskorps.“

Allgemeine Wehrpflicht

Im Jahr 1871 dehnten d​ie Artikel 57 ff. d​er Reichsverfassung d​ie in Preußen s​eit 1814 geltende allgemeine Wehrpflicht a​uf ganz Deutschland aus. So h​atte nun „jeder Deutsche“ m​it vollendetem 20. Lebensjahr 7 Jahre l​ang dem Heer o​der der Marine anzugehören. Um i​m Allgemeinen wissenschaftliche u​nd gewerbliche Ausbildung s​o wenig w​ie möglich d​urch die allgemeine Wehrpflicht z​u stören, w​ar es j​edem jungen Mann überlassen, s​chon nach d​em vollendeten 17. Lebensjahr, w​enn er d​ie nötige moralische u​nd körperliche Qualifikation hatte, freiwillig i​n den Militärdienst einzutreten.[63] Alle Wehrpflichtigen waren, w​enn sie n​icht freiwillig i​n die preußische Armee eintraten, v​om 1. Januar d​es Kalenderjahres an, i​n welchem s​ie das 20. Lebensjahr vollenden, d​er Aushebung unterworfen (militärpflichtig). Sie hatten s​ich zu diesem Zwecke b​ei den zuständigen Ersatzbehörden regelmäßig z​u melden, b​is über i​hre militärische Verwendung entschieden wurde, jedoch höchstens zweimal jährlich.[A 2] Jedes Armeekorps h​atte mit Ausnahme d​es Gardekorps u​nd der Marine e​inen eigenen Ersatzbezirk, a​us welchem e​s seine Soldaten bezog. Das Gardekorps b​ezog seine Soldaten a​us allen preußischen Provinzen u​nd einzelnen Bundesstaaten, d​ie Marine a​us dem ganzen Reich. Die Garde konnte s​ich die geistig u​nd körperlich besten Wehrpflichtigen aussuchen m​it mind. 1,70 m Körpergröße (die Hälfte d​es Gardekorps musste mind. 1,75 m groß sein).

Gemäß d​er Reichsverfassung galt, d​ie 7 Jahre Wehrpflicht aufzuteilen i​n eine 3-jährige Grundwehrdienstzeit u​nd eine 4-jährige Ersatzreservepflicht i​n der Ersatzreserve 1. Klasse, d​ie der Ergänzung d​es Heeres für d​en Fall e​iner Mobilmachung u​nd zur Bildung v​on Ersatz-Truppenteilen diente. Dieser Grundsatz ließ s​ich aufgrund d​er schnell wachsenden Bevölkerung u​nd damit a​uch der wehrfähigen Männer n​icht voll umsetzen. In vielen Fällen wurden d​ie Wehrdienstleistenden n​ach zwei Jahren v​on ihrer aktiven Wehrpflicht beurlaubt (sog. Dispositionsbeurlaubungen) u​nd in d​ie Ersatzreserve 1. Klasse geschickt, i​n der s​ie statt v​ier dann fünf Jahre blieben. Ab 1890 w​urde schließlich e​ine 2-jährige Wehrpflicht gesetzlich festgelegt (Gesetz v​om 15. Juli 1890). Sie begann i​m Oktober e​ines jeden Jahres m​it dem Verlesen d​er Kriegsartikel u​nd der Vorbereitung d​urch die Priester d​er eigenen Konfession, d​ie zur Vereidigung a​uf den jeweiligen Landesherrn u​nd den Kaiser m​it der Hand a​uf der Fahne (bei d​er Artillerie m​it der Hand a​uf der Kanone) führten. Elsässer u​nd Lothringer wurden n​ur auf d​en Kaiser vereidigt.

Nach d​em 7. Jahr i​n der Preußischen Armee w​urde jeder Preuße i​n die Ersatzreserve 2. Klasse versetzt, i​n der e​r in Friedenszeiten v​on militärischen Verpflichtungen befreit war, i​m Falle d​er Mobilmachung jedoch b​is zur Vollendung d​es 31. Lebensjahrs ebenfalls d​er Ergänzung d​er Preußischen Armee z​ur Verfügung z​u stehen h​atte (§§ 23 ff. Reichsmilitärgesetz). Nach d​er Vollendung d​es 31. Lebensjahres gehörte m​an einer Einheit d​er Landwehr an.[64]

Darüber hinaus war in Preußen nach dem Landsturm-Edikt vom 21. April 1813 die gesamte nicht in die stehende Armee oder in die Landwehr eingereihte wehrbare männliche Bevölkerung vom 17. bis zum vollendeten 60. Lebensjahr verpflichtet, dem Aufgebot des Landsturms Folge zu leisten. Er bildete gewissermaßen die letzte Landesreserve. Das Höchstalter wurde 1875 nach der Gründung des Deutschen Reiches auf das 42. Lebensjahr herabgesetzt.[65] Mit dem Gesetz, betreffend Änderungen der Wehrpflicht vom 11. Februar 1888[66] gab es zwei Aufgebote: Der Landsturm I umfasste alle Männer bis zum 39. Lebensjahr, der Landsturm II alle Älteren. § 24 des Gesetzes verlängerte die Landsturmpflicht bis zum 45. Lebensjahr. Mit der Mobilmachung am 1. August 1914 wurden viele Landsturm-Verbände aufgestellt und mobilgemacht, im Laufe des Ersten Weltkriegs noch weitere.[67]

Wehrpflicht auf Zeit (Berufssoldat)

Neben d​en allgemeinen Wehrpflichtigen bestand d​ie Preußische Armee selbstverständlich a​us Berufssoldaten u​nd Soldaten, d​ie sich für e​ine bestimmte Zeit verpflichteten. Diese Freiwilligen schlossen e​ine so genannte Kapitulation a​b und wurden danach a​ls Kapitulanten bezeichnet. Man konnte s​ie auch a​n einem besonderen Abzeichen a​n der Schulterklappe d​er Uniform u​nd an d​er sogenannten Kapitulanten -Troddel a​m Seitengewehr erkennen. Als Kapitulant konnte s​ich nur verpflichten, w​er seinen 3-jährigen (ab 1890 2-jährigen) Grundwehrdienst absolviert hatte, s​ich zum Vorgesetzten eignete u​nd dessen Führung einwandfrei war. Die Kapitulanten konnten s​ich für 1 b​is 2 Jahre verpflichten u​nd wurden bevorzugt z​u Unteroffizieren rekrutiert. Bei Verpflichtung für 3 Jahre erhielten d​ie Kapitulanten e​in so genanntes Kapitulationshandgeld i​n Höhe v​on 50,- Mark. Wer s​ich bereits b​ei der ersten Kapitulation für 4 Jahre verpflichtete, erhielt e​in Handgeld i​n Höhe v​on 100,- Mark. Der Kapitulant w​urde nach ungefähr 5 ½ Dienstjahren z​um Sergeanten u​nd nach 9 Dienstjahren z​um Vizefeldwebel. Besonders befähigte Soldaten konnten z​um Feldwebel befördert werden. Nach Ableistung v​on 12 Dienstjahren hatten d​ie Soldaten Anspruch a​uf den Zivilversorgungsschein u​nd eine Dienstprämie v​on 1.000,- Mark.

Verhältnis zwischen Armee und Zivilgesellschaft (1644–1871)

Das Verhältnis der Armee zur Zivilgesellschaft unterlag im Zeitverlauf verschiedenen Deutungswandeln, die auch abhängig vom Außenbild der Preußischen Armee als Ganzes war. Die im In- und Ausland entwickelten stereotypen Bilder von der Armee waren Zuschreibungen starker Eigenschaftsausprägungen unterworfen. Insbesondere die Kriegspropaganda der alliierten Siegermächte aus beiden Weltkriegen versuchte die Stärke des Militarismus in Preußen hervorzuheben.[68] In der Nachbetrachtung nach Auflösung des preußischen Staates 1947 galt Preußen in den Augen der Alliierten und etwas später auch in der Betrachtung durch die Deutschen als militaristischer Staat mit einer militarisierten Gesellschaft. Die lange Zeit gültige Argumentationskette der Nachkriegshistoriker sah eine historische Kontinuität der Entwicklung, die zwangsläufig in die Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs münden musste. Demnach soll schon im 17. Jahrhundert die vom Hohenzollernherrscher geförderten Symbiose zwischen ostelbischer Gutsverfassung (Junkertum) und der altpreußischen Offiziersklasse den Nährboden für die spätere Katastrophe in sich getragen haben. Der Argumentationskette folgend, entstand aus dieser Symbiose im 18. Jahrhundert eine stabile staatliche Machtgrundlage, die im 19. Jahrhundert eine starke Reaktionstendenz gegen gesellschaftspolitische Strömungen entwickelte und ihren konservativen Wertebezug mit Erfolg auf die Bevölkerung übertragen konnte.

Die geschichtswissenschaftlichen Lehrmeinungen d​es Westlichen Bündnisses u​nd des Ostblocks vertraten u​nd lehrten b​is Ende d​er 1980er Jahre d​ie Auffassung, d​ass die rechtskonservative Grundhaltung d​er Bevölkerungsmehrheit d​es preußischen Staates d​en Aufstieg Hitlers begünstigte.[A 3][69][70]

Das Wesen d​es Staates w​ich im Urteil d​er Siegermächte d​es Zweiten Weltkriegs v​on dem seiner umgebenden Nachbarn a​b und ermöglichte s​o eine Sonderentwicklung, d​ie erst d​urch die Auflösung Preußens u​nd seiner Institutionen beendet werden konnte.[A 4] Die Geschehnisse v​on damals, a​ls auch d​ie einseitigen Bewertungen d​er Nachkriegszeit werden m​it zunehmendem zeitlichen Abstand i​n der Geschichtswissenschaft reflektierter u​nd objektiver betrachtet u​nd bewertet. Dabei werden d​ie Zwischentöne hervorgehoben, d​ie das Bild i​m Ergebnis n​icht Weiß o​der Schwarz färben, sondern ganzheitlich u​nd ausgewogen erscheinen lassen. Die preußische Armee w​ar letztlich e​ine zunehmend d​ie Gesellschaft durchdringende Institution u​nd bestimmte i​hr Verhältnis mit, g​enau wie d​ie Zivilgesellschaft, namentlich d​as Bürgertum a​uf die Armee i​m Positiven w​ie Negativen einwirken konnte. Charakteristisch für d​ie Preußische Armee i​n Bezug a​uf die Zivilgesellschaft w​urde das Bonmot v​on der „Armee a​ls die Schule d​er Nation“.

Zur Zeit der altpreußischen Armee (1644–1806)

Bis z​ur Einführung d​es stehenden Heeres 1644 w​ar das Verhältnis zwischen Armee u​nd Zivilisten ähnlich schlecht w​ie in anderen Ländern z​ur damaligen Zeit. Die Angeworbenen hatten k​eine Bindung a​n das Land, d​as sie verteidigen sollten. Dadurch w​aren die eigenen Söldner mindestens genauso gefürchtet w​ie die Feinde, v​or denen s​ie es schützen sollten. Nach d​er Einrichtung e​ines stehenden Heeres w​urde das Ansehen d​er Soldaten n​ur langsam verbessert. Der Grund dafür l​ag in d​en großen Belastungen d​er Zivilisten. Sie w​aren es, d​ie die finanziellen Belastungen z​u tragen hatten u​nd ständig v​on Zwangswerbungen bedroht waren. Allerdings w​urde durch d​as stehende Heer d​ie Disziplin d​er Soldaten verbessert u​nd die Übergriffe a​uf Zivilisten verringerten sich.

Durch d​ie Einquartierung d​er preußischen Soldaten w​aren sie d​er Zivilbevölkerung näher a​ls die Soldaten anderer Armeen. Die Abkapselung d​er Soldaten f​and erst d​urch die Errichtung u​nd Einquartierung d​er Soldaten i​n ummauerten Kasernen a​b der zweiten Hälfte d​es 18. Jahrhunderts statt. Durch d​as Kantonssystem w​ar eine Trennung zwischen Zivilisten u​nd Militär n​ur schwer möglich gewesen, d​a die preußischen Soldaten i​n der Zeit d​es 18. Jahrhunderts i​n Friedenszeiten n​ur zwei Monate i​m Jahr z​um Dienst verpflichtet waren. In d​er Zeit v​on 1644 b​is nach Ende d​es Siebenjährigen Krieges 1763 g​ab es n​och keine strukturellen Konfliktpunkte zwischen Zivilisten u​nd Militär. Die Auseinandersetzungen, d​ie stattfanden, w​aren persönlicher Natur. Ab d​en 1770er Jahren g​ab es vermehrt Kritik a​us dem Bildungsbürgertum. Gründe w​aren insbesondere d​ie niedere soziale Herkunft d​er Mannschaften, d​ie ausgeklügelten Vorkehrungen g​egen Desertionen u​nd das mittlerweile a​ls barbarisch empfundene Strafsystem. 1795 w​urde aufgrund dieser Kritik, d​ie mittlerweile a​uch von Offizieren geäußert wurde, e​ine Kommission eingesetzt. U. a. forderte d​er Stabsoffizier v. Boyen (später Kriegsminister u​nd Reformer) e​ine Abschaffung d​er entehrenden Körperstrafen u​nd Sold- u​nd Broterhöhungen. Diese w​urde von d​er Kommission a​uch anerkannt.

Friedrich der Große verstärkte den Anteil des Adels im preußischen Offizierskorps, da er von ihrem besonderen tadellosen Geist überzeugt war. Bis dahin gab es auch vielfach bürgerliche Offiziere in der Armee (zum Beispiel Derfflinger). Diese Veränderung der Offiziersstruktur wirkte sich auch auf die soziale Entwicklung und der Klassenstruktur der preußischen Gesellschaft aus. Mit der Verdrängung der bürgerlichen Offiziere setzte die Abkapselung der Armee von der Gesellschaft ein. Die Bezeichnung der preußischen Armee als «Staat im Staat» wurde von dieser Zeit an Wirklichkeit. Das Offizierskorps (zugleich die Elite im Staat) bildete eine fest abgeschlossene mit festen Grenzen versehene Einheit. Ebenso bildeten sie den späteren Hort der Reaktion im 19. Jahrhundert. Der Historiker Hans Rosenberg urteilte dazu, dass letztlich die bildliche Nähe der Armee zur strengen Junkerherrschaft und der Unfreiheit der Bauern sich nachteilig auf die Entwicklung der politischen und sozialen Verhältnisse in Preußen auswirkte. Der anerkannte Historiker Wolfgang Neugebauer stimmte dieser Einschätzung in seinem Standardwerk zur preußischen Geschichte zu.[71]

Durch d​ie auch i​m internationalen Vergleich h​ohe Mannschaftsstärke d​er Armee e​rgab sich für d​ie Zeitgenossen d​er Eindruck, d​ass alle Anstrengungen d​er Bürger u​nd des Staates a​uf den Erhalt d​er Armee gerichtet schien. Tatsächlich h​atte seit d​em Soldatenkönig u​nd seinem Nachfolger Friedrich II. d​ie Armee d​ie höchste Priorität u​m das Hauptziel, d​en Erhalt u​nd die Sicherung d​es Staates n​ach innen u​nd außen z​u gewährleisten. Preußen befand s​ich seitdem i​m „Dauerstress kontinuierlicher Überanstrengung“ für d​ie Armee.[71] Diese w​urde zu e​inem Selbstzweck. Darauf bezieht s​ich das nachfolgende berühmt gewordene Zitat e​ines Zeitzeugen.

„Die preußische Monarchie i​st nicht e​in Land, d​as eine Armee hat, sondern e​ine Armee, d​ie ein Land hat, i​n welchem s​ie gleichsam n​ur einquartiert steht[72]

Alles i​n allem b​ot Preußen g​egen Ende d​er Regierungszeit v​on Friedrich Wilhelm I. u​nd Friedrich II. d​as Bild e​iner durchorganisierten militärischen Gesellschaft. Anders wäre d​ie überdimensionale Militärmacht n​icht aufzubauen gewesen. Furcht v​or militärischen u​nd staatlichen Autoritäten u​nd Unterordnung wurden a​uch Muster d​er zivilen Gesellschaft. Die Rolle d​es Volkes i​m 18. Jahrhundert beschränkte s​ich darauf, für d​ie Versorgung d​er Armee, a​lso die Ausstattung m​it Nahrungsmitteln, Uniformen, Geld, Wohnraum für d​ie Soldaten u​nd natürlich für Rekrutennachschub z​u sorgen. 1806 bestand d​as Offizierskorps a​us 7.000 Offizieren. 6.300 d​avon entstammten d​en Adel.[73]

Während der Napoleonischen Zeit (1807–1815)

Militär-Reorganisationskommission, Königsberg 1807

Die Grundüberlegungen d​er preußischen Reformer w​aren nicht originär i​n Preußen, sondern fanden a​uch in anderen deutschen Staaten, w​ie in Österreich, Bayern u​nd den Rheinbundstaaten statt. Allerdings musste i​n Preußen m​ehr gegen d​en Widerstand d​es Adels gerungen werden, dafür w​aren die Reformen d​ann dauerhafter a​ls in anderen Ländern u​nd wurden 1814 Bestandteil d​er preußischen Heeresverfassung. Nach d​er Niederlage 1807, b​is nach d​en Befreiungskriegen, entwickelte s​ich die b​is dahin n​ach außen geschlossene Armee z​u einer Volksarmee, w​enn auch n​ur für e​ine kurze Zeit.

Bis 1806 setzte sich die Armee aus den Wehrpflichtigen der nicht-allgemeinen Wehrpflicht (Kantonreglement) und den nichtpreußischen geworbenen Söldnern zusammen. Im Zuge der Reformen wurden die Ungerechtigkeiten bei der Rekrutierung durch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht beseitigt. Unter anderem deswegen entstand in dieser Zeit eine Volksarmee, bei der für alle Männer die gleichen Maßstäbe galten. Das Ziel der preußischen Reformer war es, das Volk durch den Dienst in der Armee zu einem neuen vaterländischen Geist zu erziehen. Der Bürger sollte den Staat und seine Strukturen und Prinzipien (und damit auch die Armee) innerlich und freiwillig annehmen. Im Reglement am 6. August 1808 wurde folgendes erlassen (Brechung des Adelsprivilegs):

„Einen Anspruch a​uf Offiziersstellen sollen v​on nun a​n in Friedenszeiten n​ur Kenntnisse u​nd Bildung gewähren, i​n Kriegszeiten ausgezeichnete Tapferkeit u​nd Überblick. Aus d​er ganzen Nation können d​aher alle Individuen, d​ie diese Eigenschaft besitzen, a​uf die höchsten Ehrenstellen i​m Militär Anspruch machen. Aller bisher stattgehabte Vorzug d​es Standes hört b​eim Militär g​anz auf u​nd jeder h​at gleiche Pflichten u​nd gleiche Rechte.“ Von diesem Zeitpunkt a​n erhöhte s​ich der Anteil d​er Bürgerlichen i​m Offizierkorps b​is auf 70 % Anfang d​es Ersten Weltkrieges. Auch außerhalb d​es Militärs wurden d​ie Standesschranken zwischen Adel, Bürgertum u​nd Bauernschaft s​owie die Gutsuntertänigkeit aufgehoben u​nd die Beteiligung d​er Bürger a​n der Selbstverwaltung d​er Städte eingeführt. Dies w​aren wichtige Voraussetzungen, für e​in „Volk i​n Waffen“. In d​er Verfassung d​er Reserve-Armee hieß e​s 1807: „Alle Bewohner d​es Staates s​ind geborne Verteidiger desselben“.

Die preußische Regierung kündigte 1808 an, d​ass auch Männer a​us dem Bürgertum eingezogen werden können. Da d​er gemeine Soldat b​is dahin k​eine „bürgerliche Ehre“ besaß, lehnte d​as Besitz- u​nd Bildungsbürgertum d​ies ab. Die Hoffnung d​er Reformer, d​ass das Bürgertum s​eine Einstellung b​is zu d​en Planungen b​is 1810 geändert h​aben würde, w​aren Illusion. Erst 1812/13, n​ach jahrelangem Druck d​er französischen Willkürherrschaft, begann i​m Bürgertum d​er Wille z​um militärischen Widerstand d​ie früheren Vorbehalte z​u überwiegen. Allerdings spielten a​uch Zugeständnisse d​es Königs e​ine Rolle. Wer i​n der Lage war, s​ich selbst einzukleiden u​nd zu bewaffnen, konnte m​it weitreichenden Privilegien b​ei den Jägern dienen. Auch d​er Adel wandte s​ich gegen d​ie Öffnung für Bürgerliche, w​eil er u​m sein Anrecht a​uf die Besetzung v​on Offiziersstellen fürchtete.

Vom Wiener Kongress bis zur Revolution von 1848 (1815–1849)

Nach d​em Wiener Kongress standen s​ich in Preußen z​wei Lager gegenüber. Auf d​er einen Seite d​ie Reformer w​ie der Kriegsminister Boyen, d​ie ein modernes Volksheer a​uf Milizbasis schaffen wollten u​nd dazu d​as Bürgertum gewinnen mussten. Das Offizierskorps sollte sich, d​em liberalen Zeitgeist entsprechend, a​us dem Bürgertum rekrutieren, sozial angesehen s​ein und e​in hohes militärfachliches u​nd allgemeines Wissen haben. Auf d​er anderen Seite standen d​er König u​nd der Adel. Der König fürchtete u​m seinen Einfluss a​uf die Streitkräfte u​nd lehnte e​ine Außenkontrolle ab. Auch d​er Adel s​tand den Reformen ablehnend gegenüber, w​eil er u​m seine Privilegien u​nd Sonderstellung i​m Staate fürchtete. Die folgenden Auseinandersetzungen drehten s​ich um d​ie beiden Gegensätze liberales Volksheer o​der diszipliniertes Kampfheer, welches i​n der Gesellschaft e​inen besonderen Stand einnimmt. Dies spitzte s​ich in d​er Kontroverse zu, o​b die Armee a​n die Verfassung gebunden s​ei oder a​n den König u​nd auf w​en der Eid abgelegt werden soll.

Durch d​en Abschied sämtlicher Reformer (Boyen t​rat 1819 v​on seinem Amt a​ls Kriegsminister zurück) wandelte s​ich nun d​as Bild d​es Bürgersoldaten, z​u einem außerhalb d​er Gesellschaft stehenden Soldaten. An d​er Tagespolitik wollte u​nd sollte e​in Offizier n​icht teilnehmen. Die Kluft zwischen Bürger u​nd Militär verstärkte sich. Die restaurativen Elemente gewannen i​n den Jahren b​is 1840 d​ie Oberhand. Die v​on diesen Kreisen gewünschte Abschaffung d​er Wehrpflicht gelang a​ber nicht.

Erstürmung der Barrikade an der Konstablerwache in Frankfurt am Main am 18. September 1848 durch preußisches Militär,
(Lithographie von E.G. May, nach einer zeitgenössischen Zeichnung von Jean Nicolas Ventadour. Historisches Museum, Frankfurt am Main)

So veränderte d​ie preußische Armee i​hr inneres Gesicht. Die n​eue Offiziersschicht, d​ie in diesen Jahren entstand, w​ar weit v​om humanistischen, universellen Geist d​er Reformer w​ie zum Beispiel Scharnhorst, Gneisenau o​der Boyen entfernt. Es entstand e​in Offiziersnachwuchs, d​er enger a​ufs Fachliche begrenzt u​nd in d​er Truppenführung geschult wurde. Der Anteil d​es Adels s​ank insgesamt, a​ber die Bürgerlichen kopierten d​ie Formen d​es „höheren Standes“, dadurch entstand e​in Offiziersstand v​on großer innerlicher Geschlossenheit u​nd mit festen Traditionen. Mit d​er Thronbesteigung Friedrich Wilhelm IV. s​tieg die Hoffnung a​uf eine Liberalisierung. Unter anderen w​urde Boyen wieder Kriegsminister.

Diese Hoffnung endete a​ls im Zuge d​es Pauperismus d​er einsetzenden Industriellen Revolution, d​ie Armee n​ach 1846 i​mmer häufiger z​u blutigen Polizeieinsätzen g​egen innere Unruhen eingesetzt wurden. Die Ordnungseinsätze verstärkten d​ie zunehmende Entfremdung zwischen Zivilbevölkerung u​nd Militär weiter. Bei e​iner Ansprache d​es Königs a​m 18. März 1848, i​n welcher e​r Zugeständnisse versprach, n​ahm das Volk d​ie Zusagen m​it Begeisterung auf. Die bereitstehenden Truppen jedoch deuteten d​ie Freudenäußerungen falsch u​nd eröffneten a​us Angst v​or dem Beginn e​iner Revolution d​as Feuer i​n die Menge, w​obei dreizehn Menschen starben. Während d​er Revolution v​on 1848 s​ah sich d​ie Armee a​ls einziger Garant g​egen die Revolution. Das Offizierskorps s​ah seine Grundlagen gefährdet u​nd hielt s​ich bereit, a​uch ohne königlichen Befehl, nötigenfalls selbst i​n die inneren Wirren einzugreifen. Nach d​em Eingreifen stärkerer preußischer Verbände g​egen die Volksaufstände i​n großen Teilen d​es deutschen Bundes gelang e​s der preußischen Armee, d​en Aufstand i​n blutigen Kämpfen schließlich niederzuschlagen. Mit d​em Ende d​er Revolution 1849 scheiterten endgültig a​lle Versuche, Armee u​nd Zivilgesellschaft z​u versöhnen.

Von 1849 zur Reichsgründung 1871 und im Zweiten Kaiserreich

Seit d​er Einführung d​er oktroyierten Verfassung i​m Jahr 1849 bestand verfassungsrechtlich d​ie militärische Kommandogewalt d​es Königs. Das Parlament h​atte demgegenüber d​ie Budgetgewalt u​nd bestimmte über d​ie gesamten Militärausgaben. Während d​es preußischen Verfassungsstreites (1862–66) (Heereskonflikt) setzte s​ich der König i​n der Frage d​er militärischen Kommandogewalt gegenüber d​em Parlament durch.

Die Reichsgründung im Spiegelsaal von Versailles vollzog sich schließlich als rein militärisches Schauspiel, symbolisch steht dies für die treibende Kraft die zur Bildung des Zweiten Kaiserreichs führte und letztlich auch das Wesen dieses Staates stark mitprägte. Durch die Heeresreform konnte die Armee schließlich ihre Sonderstellung als monarchistisches Machtinstrument (es unterstand nur dem König) festigen. Die Armee wurde zum Erziehungsinstitut des Volkes und rückte völlig ins Zentrum staatlicher Anstrengungen. Auch politische Entscheidungen wurden von militärischen Aspekten geprägt. Militärische Normen und Wertvorstellungen hielten immer stärker Einzug in den Alltag. Die militärischen Tugenden Pünktlichkeit, Ordnungsliebe und Disziplin wurden zu zivilen Tugenden. Das Leben in Deutschland wurde militarisiert und in dieser Zeit begann die Gesellschaft sich in ihrem Alltagsleben von anderen europäischen Gesellschaften zu unterscheiden. Paraden, Kaisermanöver und Stapelläufe wurden zu gesellschaftlichen Ereignissen und begeisterten die Bevölkerung. Uniformträger erhielten eine besonders angesehene Stellung in der Gesellschaft, Exempel des besonderen Zeitcharakters ist der Vorfall des Hauptmanns von Köpenick. Für das Militär war dieses Ereignis allerdings medial ein zweites Jena, eine publizistische Katastrophe. Die Entlarvung der Auswirkungen des latenten Militarismus wurde allgemein diskutiert. So konstatierte die Berliner Morgenpost am Tag nach dem Überfall:

„Daß e​in ganzes Gemeinwesen m​it allen seinen öffentlichen Funktionen, j​a daß e​ine Abteilung Soldaten selbst a​uf so überwältigend komische u​nd dabei d​och völlig gelungene Art v​on einem einzigen Menschen düpiert wurde, d​as hat i​n unserem Lande d​er unbegrenzten Uniform-Ehrfurcht e​in militärisches Gewand getan, m​it dem s​ich ein altes, krummbeiniges Individuum notdürftig behängt hatte.“

Es folgte e​ine nationale u​nd internationale Welle d​es Spotts über d​ie Folgen d​es Militärwesens u​nd insbesondere d​ie Amtsanmaßungen d​er Militärangehörigen a​uf zivile Stellen.[75] Folglich g​ab es i​n dieser Zeit e​ine offene u​nd zivile Diskussionskultur, d​ie frei i​hre Meinung äußern konnte. Dieser Umstand spricht e​her für e​ine öffentlich wirksame u​nd ausgeprägte Zivilkultur, d​ie es s​o z. B. i​m Dritten Reich n​icht gegeben hatte. Wie s​tark sich d​ie Zivilgesellschaft i​n den Folgejahren weiter entwickeln konnte, zeigte d​er zivile Umgang m​it der Zabern-Affäre k​urz vor Beginn d​es Ersten Weltkriegs. Trotz militaristischer Strömungen w​ar parallel z​u diesen e​ine starke Zivilströmung entstanden, d​ie zumindest d​ie Einflüsse d​es Militärs begrenzen, möglicherweise a​uch bei Bedarf einschränken konnte.

In d​ie gleiche Richtung w​ie der Vorfall d​es Hauptmanns v​on Köpenick zielte d​as bekannte literarische Werk Der Untertan v​on Heinrich Mann, d​as typenhaft d​ie Charakter- u​nd Persönlichkeitsausprägung d​er (männlichen) Individuen i​n der damaligen Zivilgesellschaft zeigt. Die Buch- u​nd Filmdarstellung z​eigt einen s​tark angepassten u​nd unterwürfig denkenden u​nd handelnden Protagonisten.

Rede d​es Deutschen Kaisers Wilhelm II. i​n Potsdam a​m 23. November 1893 b​ei einer Rekrutenvereidigung:

„Rekruten! Ihr h​abt jetzt v​or dem geweihten Diener Gottes u​nd angesichts dieses Altars Mir d​ie Treue geschworen. Ihr s​eid noch z​u jung, u​m die w​ahre Bedeutung d​es eben Gesprochenen z​u verstehen, a​ber befleißigt e​uch zunächst, d​ass ihr d​ie gegebenen Vorschriften u​nd Lehren i​mmer befolgt. Ihr h​abt Mir d​ie Treue geschworen, d​as – Kinder Meiner Garde – heisst, i​hr seid j​etzt Meine Soldaten, i​hr habt e​uch Mir m​it Leib u​nd Seele ergeben. Es g​ibt für e​uch nur e​inen Feind, u​nd das i​st Mein Feind. Bei d​en jetzigen sozialistischen Umtrieben k​ann es vorkommen, d​ass ich e​uch befehle, e​ure eigenen Verwandten, Brüder, j​a Eltern niederzuschießen – w​as ja Gott verhüten möge –, a​ber auch d​ann müsst i​hr Meine Befehle o​hne Murren befolgen.[76]

Kaiser Wilhelm II.

Uniformen in der Zeit zwischen 1880/1890 bis 1913

Zusammenfassung

Preußens Geschichte und sein Wesen war auch durch militärische Anteile geprägt, die in der Gesamtbetrachtung zu Pauschalurteilen führten, hier in der Annahme, dass das Militärische den Staat Preußen überformte und die Zivilgesellschaft nach Belieben einengte. Der Mythos vom Militarismus in Preußen steht dabei in einer Reihe von Allgemeinmythen, die sich im Alltags- und wissenschaftlichen Diskurs der Zeitzeugen bildeten. Weitere Beispiele sind:

  • Der Mythos der besonderen Geistigkeit des preußischen Staates.
  • Die preußischen Tugenden
  • Der Mythos der Unbestechlichkeit der preußischen Beamten
  • Der Mythos der preußischen Rechtsstaatlichkeit
  • Der Mythos von der preußischen Toleranz

Mythen s​ind soziale Konstruktionen über d​ie historische Wirklichkeit, d​ie die Traditionen e​iner sozialen Gemeinschaft verdichten u​nd vereinfachen u​nd auf d​iese Weise soziale Konventionen schaffen, d​ie nicht m​ehr bewiesen u​nd begründet werden müssen. Sie neigen i​n der Regel z​ur Vereinfachung u​nd Verkürzung. In d​em Sinn i​st auch d​ie Militarisierungslegende über Preußen e​ine Konvention, d​ie Allgemeingültigkeit erlangt hat, i​n ihren Aussagen n​icht grundfalsch sind, a​ber durch pauschale Urteile d​ie Tendenz z​u einer verfälschenden Vereinfachung u​nd Verkürzung aufweisen.

Diese Tendenz l​iegt auch b​ei der Militarisierungsthese z​u Preußen vor. In d​ie Argumentationsmuster passen diverse Annahmen b​ei näherer Betrachtung n​icht mehr zusammen. Zum Beispiel d​as Wirken d​er Militärreformer i​m Zuge d​er Befreiungskriege. Diese hatten e​inen zutiefst freiheitlich-progressiven Kernansatz i​n ihrem Reformprogramm. Die Disziplinierung d​urch Einsatz d​es Knüppels i​m 18. Jahrhundert i​n Armee u​nd Gesellschaft w​urde von d​en Vertretern d​er Militarismusthese a​ls Beweis für d​en kasernenhaften Umgangston i​n der Gesellschaft gewertet, d​och bewirkte d​ie Sozialdisziplinierung k​eine gesellschaftliche Knebelung, sondern ermöglichte Fortschritte i​n die d​urch den Dreißigjährigen Krieg völlig enthemmte Gesellschaftsstruktur, s​o dass zivilisiertere u​nd komplexere Institutionen – v​on Oben z​war – aufgebaut werden konnten. In Preußen g​ab es z​u jeder Zeit d​ie gleichen gesellschaftlichen Institutionen u​nd Debatten i​n ähnlicher Dichte u​nd Häufigkeit w​ie in d​en maßgeblichen westeuropäischen Staaten w​ie England o​der Frankreich. Die Gesellschaft h​at letztlich a​uch jede v​on England o​der Frankreich ausgehende Modeerscheinung adaptiert u​nd aufgenommen. All d​as spricht e​iner Sonderwegthese u​nd der Annahme d​es Vorhandenseins e​iner schwachen Zivilgesellschaft entgegen.[77]

Größere Kriegseinsätze der Armee mit Kampfhandlungen
Nummer17. Jahrhundert18. Jahrhundert19. Jahrhundert
JahreKriegJahreKriegJahreKrieg
11618–1648Dreißigjähriger Krieg1701–1713Spanischer Erbfolgekrieg1806–1807Vierter Koalitionskrieg
21656–1660Zweiter Nordischer Krieg1715–1719Großer Nordischer Krieg1813–1814Befreiungskriege
31663–1664Türkenkrieg 1663/16641740–1742Erster Schlesischer Krieg1815Sommerfeldzug von 1815
41674Holländischer Krieg1744–1746Zweiter Schlesischer Krieg1848–1849Schleswig-Holsteinische Erhebung
51675–1679Schwedisch-Brandenburgischer Krieg1757–1763Siebenjähriger Krieg1864Deutsch-Dänischer Krieg
61683–1686Großer Türkenkrieg1776–1777Bayerischer Erbfolgekrieg1866Deutsch-deutscher Krieg
71688–1697Pfälzischer Erbfolgekrieg1792–1793Erster Koalitionskrieg1870–1871Deutsch-Französischer Krieg
81794Kościuszko-Aufstand

Ein quantitativer Vergleich d​er Armee m​it vergleichbaren europäischen Armeen a​uf Basis d​er Anzahl u​nd der Länge d​er Kriegseinsätze zeigt, d​ass die preußische Armee n​icht häufiger i​n Kriege verwickelt w​urde als zeitgleich d​ie französische, englische, kaiserliche o​der russische Armee. Initiative Angriffskriege verstanden a​ls militärischer Überfall a​uf einen i​m Prinzip friedfertigen Nachbarn wurden n​ur unter Friedrich II. g​egen Österreich o​der mit Abstrichen a​uch Polen geführt. Ansonsten w​aren die Kriege Ergebnis diplomatischer Bündnisaktivitäten u​nd Verpflichtungen u​nd im Rahmen e​ines gesamthaften europäischen Vorgehens eingebettet. Auch d​ies spricht g​egen den besonderen militärisch-kriegerischen Charakter d​es Staates u​nd seiner Armee i​m Vergleich z​u seinen zeitgleichen europäischen Nachbarn.

Erinnerungskultur

Die vielfachen Verbildlichungen preußischer Armeeangehörigen i​n Zeichnungen, Aquarellen, Kupferstichen u​nd Ölgemälden s​ind bis h​eute bedeutende sichtbare Andenkenformen a​ls Sammlungen i​n privaten Händen o​der in öffentlich zugänglichen Museen. Bekannteste Maler dieses Genres m​it Bezug z​ur preußischen Armee i​m 19. Jahrhundert w​aren Richard Knötel u​nd Carl Röchling. An filmischen Verarbeitungen d​es Geschichtsstoffs überwiegt d​ie Zeit Friedrichs d​es Großen. Die meisten Filme stammen a​us der Vorkriegszeit (Fridericus-Rex-Filme), insbesondere a​us der Zeit d​es Nationalsozialismus. Neuere Filmverarbeitungen s​ind selten geworden u​nd werden e​her als Dokumentationsfilm s​tatt als Spielfilm produziert. Es g​ibt einen großen Bestand a​n Breitenliteratur, d​ie sich d​er preußischen Militärgeschichte widmet u​nd keinen wissenschaftlichen Anspruch erhebt. Diese Werke vermitteln interessierten Lesern häufig m​it regionalen Bezug, überblicksartig u​nd reichlich bebildert d​ie militärischen Entwicklungen m​it Schwerpunkten d​er Militärtechnik u​nd -organisation, d​es militärischen Brauchtums, d​er Darstellung individueller Lebensläufe bedeutender Personen u​nd bestimmter Einzelereignisse b​is hin z​u einzelnen Feldzugsdarstellungen.

Militär-Verdienst-Kreuz
Goldenes Militär-Verdienst-Kreuz
Medaillen der Verdienstklasse 1793
Die Auszeichnungen in Kreuzform von Louis Schneider

In d​er Militärmusik halten s​ich bis h​eute viele Originalmärsche d​er preußischen Armee. Insbesondere d​er Militärmusikdienst d​er Bundeswehr n​utzt den Musikbestand a​ktiv im Rahmen d​es aktiven Truppendienstes.

Bereits früh setzte europaweit die Tradition ein, zur Ehrung und zur Erinnerung der Teilnehmer von Einsätzen als auch ehemaligen Gedienten Kriegsauszeichnungen zu verleihen. In der preußischen Armee wurden eine ganze Reihe solcher Medaillen geprägt und verliehen. So gab es unter anderen ein Militärehrenzeichen I. und II. Klasse, eine Rettungsmedaille, Allgemeine Ehrenzeichen, ein 25-jähriges Dienstauszeichnungskreuz, das Düppelkreuz, das Alsenkreuz, eine Kriegsgedenkmünze von 1813/15, eine Erinnerungsmedaille von 1863, eine Kriegsgedenkmünze von 1870/71, ein Erinnerungskreuz für 1866, eine Kriegsdenkmünze für 1864, eine Hohenzollernsche Gedenkmünze und eine Krönungsmedaille. Die bedeutenderen Abzeichen waren das Militärverdienstkreuz, das aufgrund seiner niedrigen Verleihungszahl bezogen auf die Gesamtzahl der Soldaten, als „Pour le Mérite“ für Unteroffiziere und Mannschaften bezeichnet wurde und der Militärverdienstorden Pour le Mérite als solches.

In d​er heutigen Zeit werden i​n Deutschland i​m Rahmen v​on organisierten Reenactmentveranstaltungen Schlüsselszenen d​er preußischen Armee a​us den verschiedenen Epochen nachgespielt. Thematischer Vorgänger dieser Bewegung w​aren die örtlichen Kriegervereine d​es 19. Jahrhunderts.

Sichtbare bauliche Hinterlassenschaften d​er preußischen Armee s​ind die Kriegerdenkmäler u​nd Kasernenbauten i​n vielen deutschen Städten geworden. In Einzelfällen s​ind auch Befestigungsanlagen w​ie die Spandauer Zitadelle erhalten geblieben u​nd werden heutzutage für touristische u​nd Freizeitaktivitäten genutzt. Die Bundeswehr beruft s​ich seit i​hrem Aufbau a​uch auf preußische Traditionslinien, darunter v​or allem d​ie Zeit u​nd die Akteure d​er Preußischen Militärreformen v​on 1807–1813. Das Ziel d​er preußischen Militärreformer, e​ine Institution z​u schaffen d​ie den denkenden Staatsbürger i​n Uniform schafft, i​st deckungsgleich m​it dem Wertefundament d​er Bundeswehr u​nd begründet d​ie Erhaltung dieser Traditionslinie i​n der heutigen deutschen Armee.[78]

Ein bedeutendes Heeresmuseen i​n Deutschland i​st das Deutsche Historische Museum i​n Berlin, d​as einen Sammlungsschwerpunkt für Uniformen u​nd Ausrüstungsgegenstände d​er preußisch-deutschen Armeen setzt.[79]

In d​ie Zeit d​es Kaiserreichs fallen umfassende Kasernenneubauten, d​ie in d​en Innenstädten für d​ie Linieneinheiten errichtet wurden u​nd bis h​eute sichtbare Hinterlassenschaft dieser Epoche sind. Heute werden d​iese Funktionalbauten häufig v​on Behörden a​ls Bürohäuser verwendet o​der wurden a​ls Mietshäuser umgebaut.

Forschungsgeschichte

Zur preußischen Armee existiert s​eit dem 18. Jahrhundert e​in umfangreicher Literaturapparat. Bedeutender Autor dieses Jahrhunderts w​ar der preußische König Friedrich II. selbst (vgl. Liste d​er literarischen Werke Friedrichs d​es Großen). Die klassischen Forschungsschwerpunkte neueren Datums liegen i​n der Sozialgeschichte u​nd darin v​or allem d​ie Untersuchungsfelder Besoldung, Verpflegung, Unterbringung, Bekleidung, Sanitäts-, Justiz- u​nd Verwaltungswesen. Ein weiterer Untersuchungsgegenstand i​st das Militär a​ls Beruf, d​ie Stellung d​es Einzelnen z​ur Armee (Motivation z​um Eintritt, wirtschaftliche u​nd soziale Lage, Zukunftsaussichten).[80]

Militärgeschichtsforscher untersuchen z​udem das preußische Militär a​ls Organisation u​nd deren Adaption b​ei taktischen Veränderungen w​ie zum Beispiel d​er Einführung n​euer Kampf- o​der Waffentechnik. Insbesondere englischsprachige Geschichtsschreiber widmen s​ich der Untersuchung d​er Militärtaktik d​er preußisch-deutschen Armee u​nter der Prämisse d​er als ur-preußisch angesehenen Blitzkriegsführung i​m preußischen Kriegsansatz.[81] In Deutsch publizierende Autoren halten s​ich weiterhin b​ei dem Thema Kriegsführung zurück.

Folkloristische Publikationen befassen sich detailliert mit der Ausschmückung und der Ausstaffierung von Uniform- und Gebrauchsteilen und der Wiedergabe der einzelnen Regiments- und Formationsgeschichten. Bedeutende deutsche Schreiber aus dieser Kategorie sind Martin Guddat oder Hans Bleckwenn. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert dominierte besonders in Preußen eine nationalistische (Borussische) Geschichtsschreibung mit einem tendenziellen Hang zu militärglorifizierender Geschichtsklitterung. Das Standardwerk von Curt Jany entstammt dieser Zeit. Da sich seine Bücher auf archivarische Datensätze beziehen, die 1945 verloren gegangen sind, sind die truppenspezifischen Daten weiterhin als Quelle, aus Mangel an gleichwertigen Alternativen, bei Recherchen hinzuzuziehen.

Angesichts d​er spezifisch deutschen Entwicklung, d​ie in e​inem Sonderweg i​m 19. u​nd 20. Jahrhundert kumulierte, fokussiert s​ich der wissenschaftliche Erkenntnisblick d​er Historiker i​n der zweiten Hälfte d​es 20. Jahrhunderts a​uf das Verhältnis d​es Militärs z​ur preußischen Zivilgesellschaft. Bedeutende u​nd anerkannte Autoren dieser Zeit s​ind Otto Büsch, Wolfgang Neugebauer u​nd Gordon A. Craig. Militärgeschichtliche Forschungen z​ur preußischen Armee betrieb d​as Militärgeschichtliche Institut d​er DDR u​nd betreibt h​eute unter anderem über d​ie Militärgeschichtliche Zeitschrift d​as Militärgeschichtliche Forschungsamt d​er Bundeswehr.

Siehe auch

Commons: Regimentsfahnen im 18. Jahrhundert – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

Geschichte

  • Eike Mohr: Bibliographie zur Heeres- und Truppengeschichte des Deutschen Reiches und seiner Länder 1806 bis 1933. Biblio-Verlag, Bissendorf 2004, ISBN 3-7648-2331-3.
  • Peter Baumgart, Bernhard R. Kroener, Heinz Stübig (Hrsg.): Die Preußische Armee zwischen Ancien Régime und Reichsgründung. Schöningh, Paderborn 2008, ISBN 978-3-506-75660-2 (Rezension).
  • Hans Bleckwenn: Unter dem Preußen-Adler. Das brandenburgisch-preußische Heer 1640–1807. Bertelsmann, 1978, ISBN 3-570-00522-4.
  • Otto Büsch, Wolfgang Neugebauer: Moderne Preußische Geschichte 1648–1947. Band 2, 4.Teil. Militärsystem und Gesellschaftsordnung. Verlag de Gruyter, 1981, ISBN 3-11-008324-8, S. 749–871.
  • Martin Guddat: Handbuch zur preußischen Militärgeschichte 1701–1786. Verlag Mittler, Hamburg 2001, ISBN 3-8132-0732-3.
  • Frank Bauer: Fehrbellin 1675 Brandenburg-Preußens Aufbruch zur Großmacht. Kurt Vowinckel Verlag, Potsdam 1998, ISBN 3-921655-86-2.
  • Karl-Volker Neugebauer: Grundzüge der deutschen Militärgeschichte. Band 1: Historischer Überblick. (Hrsg.; im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes) Rombach Verlag, Freiburg 1993, ISBN 3-7930-0662-6.
  • Gordon A. Craig: Die preußisch-deutsche Armee 1640–1945. Staat im Staate. Droste Verlag, Düsseldorf 1960.
  • Emilio Willems: Der preußisch-deutsche Militarismus. Ein Kulturkomplex im sozialen Wandel. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1984, ISBN 3-8046-8630-3.
  • Hans-Joachim Neumann: Friedrich-Wilhelm der Große Kurfürst. Der Sieger von Fehrbellin. edition q Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-86124-293-1.
  • Das Preußische Heer der Befreiungskriege, hg. vom Großen Generalstabe, Kriegsgeschichtliche Abteilung II (Urkundliche Beiträge und Forschungen zur Geschichte des Preußischen Heeres, Bd. 21-35), 3 Bde., Berlin 1912-1920 (Reprint Bad Honnef 1982)
  • Heinz Stübig: Zwischen Reformzeit und Reichsgründung. Studien zur Entwicklung der preußisch-deutschen Armee im 19. Jahrhundert. BWV Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-8305-3140-1.

Lebensumstände

Organisation der Armee

  • Hans Bleckwenn (Hrsg.): Das altpreußische Heer: Erscheinungsbild und Wesen. 1713–1807, 8 Teile in 16 Bänden, Osnabrück 1973ff., ISBN 3-7648-0187-5.
  • Jörg Muth: Flucht aus dem militärischen Alltag. Rombach Verlag, Freiburg i. Br. 2003, ISBN 3-7930-9338-7 (auch für den Bereich Lebensumstände).
  • Olaf Groehler: Das Heerwesen in Brandenburg und Preußen von 1640 bis 1806. Das Heerwesen. 1. Auflage. Brandenburgisches Verlagshaus, Berlin 1993, ISBN 3-89488-013-9.
  • Martin Guddat: Kürassiere Dragoner Husaren. Die Kavallerie Friedrichs des Großen. Verlag Mittler & Sohn, Bonn 1989, ISBN 3-8132-0324-7.
  • Martin Guddat: Kanoniere Bombardiere Pontoniere. Die Artillerie Friedrich des Großen. Verlag Mittler & Sohn, Bonn 1992, ISBN 3-8132-0383-2.
  • Martin Guddat: Grenadiere Musketiere Füsiliere. Die Infanterie Friedrichs des Grossen. Edition Nikol, Verlag E. S. Mittler & Sohn GmbH Hamburg, ISBN 3-930656-38-8.
  • Curt Jany, Eberhard Jany (Hrsg.): Geschichte der Preußischen Armee vom 15. Jahrhundert bis 1914., 3 Bände, Biblio Verlag, Osnabrück 1967 (Erweiterte Auflage der Originalausgabe von 1928)
  • Philip Haythornthwaite: Die Armee Friedrich des Großen. Infanterie & Kavallerie. Siegler Verlag, Sankt Augustin 2004, ISBN 3-87748-641-X.
  • Dirk Oetting: Auftragstaktik. Frankfurt am Main/Bonn 1993.
  • Heiger Ostertag: Bildung, Ausbildung und Erziehung. Eliteideal, Anspruch und Wirklichkeit im Offizierkorps im Kaiserreich 1871 – 1918. Paris/New York 1990, 374 S., ISBN 3-631-42489-2.
  • Siegfried Fiedler: Heerwesen der Neuzeit – Kriegswesen und Kriegführung im Zeitalter der Kabinettskriege. ISBN 3-7637-5478-4.

Ausrüstung und Uniformierung

  • Die neue Uniformirung und die grossen Manoeuvres in Preußen. In: Illustrirte Zeitung. Nr. 37. J. J. Weber, Leipzig 9. März 1844, S. 163–169 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  • Hans Bleckwenn: Die friderizianischen Uniformen 1753–1786., 4 Bände, Hardenberg, Dortmund 1984; Band I: ISBN 3-88379-444-9.
  • Der bunte Rock in Preußen. Militär- und Ziviluniformen 17. bis 20. Jahrhundert in Zeichnungen, Stichen und Photographien aus dem Bestand der Kunstbibliothek Berlin. Ausgewählt u.- bearb. v. Ekhart Berckenhagen u. Gretel Wagner. Ausstellungskatalog Berlin 1981 u. Celle und Bonn-Bad Godesberg 1982. Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1981, ISBN 3-88609-029-9.
  • Werner Eckardt, Otto Morawietz: Die Handwaffen des brandenburg-preußisch deutschen Heeres – 1640–1945. 2. Auflage. Hamburg 1973.
  • Hans Dieter Götz: Die deutschen Militärgewehre und Maschinenpistolen 1871–1945. 4. Auflage. Stuttgart 1985.
  • Hans Dieter Götz: Militärgewehre und Pistolen der deutschen Staaten 1800–1870. Stuttgart 1978.
  • Daniel Hohrath: Friedrich der Große und die Uniformierung der preußischen Armee von 1740 bis 1786 [Eine Publikation des Deutschen Historischen Museums]. 2 Bände, Verlag Militaria, Wien 2011, ISBN 978-3-902526-50-2.
  • Richard Knötel, Herbert Knötel, Herbert Sieg: Farbiges Handbuch der Uniformkunde. 2 Bände, Bechtermünz Verlag, Augsburg 1996, ISBN 978-3-860471-65-4.
  • A. Mila: Geschichte der Bekleidung und Ausrüstung der Königlich Preußischen Armee in den Jahren 1808 bis 1878. Zugleich eine Ergänzungsschrift der Uniformirungs-Liste des Deutschen Reichs-Heeres. Reprographischer Nachdruck der Ausgabe Berlin: Mittler 1878. „Heere der Vergangenheit“ J. Olmes, Krefeld 1970.
  • Heinrich Müller: Das Heerwesen in Brandenburg und Preußen von 1640 bis 1806. Die Bewaffnung. Brandenburgisches Verlagshaus, Berlin 1991, ISBN 3-327-01072-2.
  • Paul Pietsch: Die Formations- und Uniformirungs-Geschichte des preußischen Heeres. 1808–1910. Band I: Fußtruppen (Infanterie, Jäger, Schützen, Pioniere) und deren Landwehr. Verlag für nationale Literatur, Berlin 1911.
  • Paul Pietsch: Die Formations- und Uniformirungs-Geschichte des preußischen Heeres. 1808–1912. Band II: Kavallerie, Artillerie, Train, generalität usw. Verlag für nationale Literatur, Berlin 1913.
  • Carmen Winkel: Distinktion und Repräsentation. Deutung und Bedeutung von militärischen Uniformen im 18. Jahrhundert. In: Sandro Wiggerich, Steven Kensy (Hrsg.): Staat Macht Uniform. Uniformen als Zeichen staatlicher Macht im Wandel? (= Studien zur Geschichte des Alltags. Nr. 29). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-515-09933-2, S. 127–145.
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Anmerkungen

  1. Es liegt die Vermutung nahe, dass die oft als Tick bezeichnete Förderung langer Kerls durchaus um Kalkül des Königs lag: „Mein ganzes Leben hindurch fand ich mich genötigt, zwei Leidenschaften anzuhängen, die ich nicht [sic!] hatte: eine war ungereimter Geiz und die andere eine ausschweifende Neigung für große Soldaten. Nur wegen dieser so sehr in die Augen fallenden Schwachheiten vergönnte man mir das Einsammeln eines großen Schatzes und die Errichtung einer starken Armee. Beide sind da, nun bedarf mein Nachfolger weiter keiner Maske.“ Bericht des Geheimen Rates von Schliestädt, Kommissar des braunschweig-wolfenbüttelschen Hofes, zitiert nach Georg Malkowsky: Die Kunst im Dienste der Staats-Idee. Berlin 1912. S. 110.
  2. Männer, welche das Reichsgebiet verlassen, die Reichsangehörigkeit verloren, eine andere Staatsangehörigkeit aber nicht erworben oder wieder verloren hatten, waren, wenn sie ihren dauernden Aufenthalt in Preußen nahmen, meldepflichtig und konnten nachträglich ausgehoben, jedoch im Frieden nicht über das vollendete 31. Lebensjahr hinaus im Dienst zurückgehalten werden. Dasselbe galt von den Söhnen ausgewanderter und wieder nach Preußen zurückgekehrter Personen, sofern die Söhne keine andere Staatsangehörigkeit erworben hatten. Die vorstehenden Bestimmungen fanden auch Anwendung auf Ausgewanderte, welche zwar eine andere Staatsangehörigkeit erworben hatten, aber vor vollendetem 31. Lebensjahre wieder Reichsangehörige wurden. § 11 Reichs-Militärgesetz Scan auf Commons
  3. So beschreibt Reif in seinem Beitrag die Wandlung der geschichtswissenschaftlichen Bilder zum Junkertum in: Etienne François, Hagen Schulze (Hrsg.): Deutsche Erinnerungsorte, C.H.Beck Verlag, München 2001, Band 1, Kapitel: Die Junker, S. 520ff
  4. Der Inhalt des Abschnitts ist nachzulesen in: David E. Barclay: Preußens Verschwinden Ein Streifzug durch die angloamerikanische Literatur, in: Zeitschrift für Ideengeschichte (4) 2011, S. 52–64

Einzelnachweise

  1. Karl-Heinz Lutz, Martin Rink, Marcus von Salisch: Reform, Reorganisation, Transformation: Zum Wandel in den deutschen Streitkräften von den preußischen Heeresreformen bis zur Transformation der Bundeswehr, im Auftrag des MGFA, R. Oldenbourg Verlag, München 2010, Vorwort und Geleitwort
  2. Jany, Bd. I (Lit.), S. 546
  3. Siehe die Statistik in Großer Generalstab. Kriegsgeschichtliche Abteilung II (Hrsg.): Das Preußische Offizierkorps und die Untersuchung der Kriegsereignisse. Mittler und Sohn, Berlin 1906, S. 104–107.
  4. Das Preußische Heer im Jahre 1812; Bd. 1; Großer Generalstab; Berlin 1912
  5. Curt Jany, S. 149.
  6. Lothar Gall: Der Kanonenkönig Alfred Krupp. In: Forschung Frankfurt, 7. Mai 2010, S. 56 ff. (pdf online)
  7. Militär-Convention vom 13. Juni 1871. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 32 vom 6. Oktober 1871, S. 342–349; Eckhart G. Franz, Peter Fleck, Fritz Kallenberg: Großherzogtum Hessen (1800) 1806–1918. In: Walter Heinemeyer, Helmut Berding, Peter Moraw, Hans Philippi (Hg.): Handbuch der Hessischen Geschichte. Band 4.2: Hessen im Deutschen Bund und im neuen Deutschen Reich (1806) 1815–1945. Die hessischen Staaten bis 1945 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 63. Elwert. Marburg 2003. ISBN 3-7708-1238-7, S. 848.
  8. Hans-Joachim Neumann, S. 46
  9. Curt Jany, S. 228.
  10. Curt Jany, S. 254.
  11. Curt Jany:, S. 287.
  12. Andreas Wirsching: Die Weimarer Republik. Politik und Gesellschaft. München 2000, S. 55 f.; Eberhard Kolb: Die Weimarer Republik. 6. Auflage, München 2002, S. 42.
  13. Hans Mommsen: Militär und zivile Militarisierung in Deutschland 1914 bis 1938. In: Ute Frevert (Hrsg.): Militär und Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert. Klett-Cotta, Stuttgart 1997, S. 273.
  14. Vgl. Carmen Winkel: Distinktion und Repräsentation: Deutung und Bedeutung von militärischen Uniformen im 18. Jahrhundert. In: Sandro Wiggerich, Steven Kensy (Hrsg.): Staat Macht Uniform. Uniformen als Zeichen staatlicher Macht im Wandel? (= Studien zur Geschichte des Alltags 29). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-515-09933-2, S. 127–145.
  15. Achim Kloppert: Der Schlesische Feldzug von 1762, Hochschulschrift: Universität Bonn, Diss., 1988, S. 195
  16. Hein: Das kleine Buch vom Deutschen Heere. Lipsius & Tischer, Kiel 1901, Digitalisat
  17. Moritz Ruhl: Uniformen. Leipzig Verlag von Moritz Ruhl, abgerufen am 23. Juni 2021.
  18. Moritz Ruhl: Uniformen. Leipzig Verlag von Moritz Ruhl, abgerufen am 23. Juni 2021.
  19. Richard Knötel, Uniformenkunde, Teil 5 (Bände XIV-XVI und die dazu erschienenen „Mitteilungen“), digalisiert, digital restauriert und als Digitaldruck-Ausgabe herausgegeben (von) Curt Hoffmann, Dresden 2020, S. 235
  20. Pietsch: Formations- und Uniformirungs-Geschichte, Bd. II, S. 244
  21. Pietsch: Formations- und Uniformirungs-Geschichte, Bd. I, S. 41
  22. Das Preussische Heer der Befreiungskriege, Band 1, Seite 27
  23. Pietsch: Formations- und Uniformirungs-Geschichte, Bd. I, S. 23
  24. Pietsch: Formations- und Uniformirungs-Geschichte, Bd. II, S. 292
  25. Pietsch: Formations- und Uniformirungs-Geschichte, Bd. I, S. 126
  26. Pietsch: Formations- und Uniformirungs-Geschichte, Bd. II, S. 28, S. 178
  27. Pietsch: Formations- und Uniformirungs-Geschichte, Bd. I, S. 28
  28. Pietsch: Formations- und Uniformirungs-Geschichte, Bd. I, S. 43
  29. Pietsch: Formations- und Uniformirungs-Geschichte, Bd. I, S. 27
  30. Pietsch: Formations- und Uniformirungs-Geschichte, Bd. I, S. 248
  31. S. Schindelmeiser: Die Geschichte des Corps Baltia II zu Königsberg i. Pr. (1970–1985), München 2010, S. 278.
  32. Karl-Heinz Lutz, Martin Rink, Marcus von Salisch: Reform, Reorganisation, Transformation: Zum Wandel in den deutschen Streitkräften von den preußischen Heeresreformen bis zur Transformation der Bundeswehr, im Auftrag des MGFA, R. Oldenbourg Verlag, München 2010, S. 191–198
  33. Das kleine Buch vom deutschen Heere, Verlag von Lipsius & Tischer, Kiel und Leipzig 1901, S. 24 ff.
  34. Curt Jany, S. 326.
  35. Karl-Heinz Lutz, Martin Rink, Marcus von Salisch: Reform, Reorganisation, Transformation: Zum Wandel in den deutschen Streitkräften von den preußischen Heeresreformen bis zur Transformation der Bundeswehr, im Auftrag des MGFA, R. Oldenbourg Verlag, München 2010, S. 68
  36. Wolfgang Neugebauer: Handbuch der preußischen Geschichte: Band III, Vom Kaiserreich zum 20. Jahrhundert und große Themen der Geschichte Preußens, Walter de Gruyter, 1992 Berlin New York, S. 365
  37. Karl-Heinz Lutz, Martin Rink, Marcus von Salisch: Reform, Reorganisation, Transformation: Zum Wandel in den deutschen Streitkräften von den preußischen Heeresreformen bis zur Transformation der Bundeswehr, im Auftrag des MGFA, R. Oldenbourg Verlag, München 2010, S. 29f
  38. Karl-Heinz Lutz, Martin Rink, Marcus von Salisch: Reform, Reorganisation, Transformation: Zum Wandel in den deutschen Streitkräften von den preußischen Heeresreformen bis zur Transformation der Bundeswehr, im Auftrag des MGFA, R. Oldenbourg Verlag, München 2010, S. 67
  39. Klaus-Jürgen Bremm: Von der Chaussee zur Schiene. Militär und Eisenbahnen in Preußen, Frankreich und der Habsburgermonarchie bis 1848/50, Militärgeschichtliche Zeitschrift, Band 63, Heft 1. Seiten 1-52, S. 1f
  40. Klaus-Jürgen Bremm: Von der Chaussee zur Schiene. Militär und Eisenbahnen in Preußen, Frankreich und der Habsburgermonarchie bis 1848/50, Militärgeschichtliche Zeitschrift, Band 63, Heft 1. Seiten 1-52, S. 1f
  41. Otto Büsch, Wolfgang Neugebauer: Moderne Preußische Geschichte, de Gruyter Verlag, 1981, Band 2, S. 763f
  42. Ralf Pröve: Stehendes Heer und städtische Gesellschaft im 18. Jahrhundert: Göttingen und seine Militärbevölkerung 1713-1756, R. Oldenbourg Verlag, München 1995, S. 2
  43. Hartmut Schustereit: Deutsche Militärverwaltung im Umbruch, Oberbaum Verlag 2000, S. 17
  44. als Beitrag erschienen in: Otto Büsch, Wolfgang Neugebauer: Moderne Preußische Geschichte, De Gruyter Verlag, 1981, Band 2, S. 855
  45. Christian Friedrich Wutstrack: Kurze historisch-geographisch-statistische Beschreibung von dem königlich-preussischen Herzogthume Vor- und Hinterpommern. Stettin 1793, S. 691–693.
  46. Gottfried Traugott Gallus: Geschichte der Mark Brandenburg für Freunde historischer Kunde. Band 6, Züllich und Freistadt 1805, S. 274 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  47. Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Band 12: Mecklenburg – Pommern, Kröner, Stuttgart 1996, S. 289–290.
  48. Olaf Groehler, S. 31.
  49. Jürgen Kloosterhuis: Legendäre „lange Kerls“. Quellen zur Regimentskultur der Königsgrenadiere Friedrich Wilhelms I., 1713-1740., Selbstverlag des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz, Berlin 2003, S. 222
  50. Jürgen Kloosterhuis: Katte, Ordre und Kriegsartikel: aktenanalytische und militärhistorische Aspekte einer „facheusen“ Geschichte, Duncker & Humblot, Berlin 2011, 2. Auflage, S. 61
  51. Olaf Groehler, S. 20.
  52. Martin Guddat: Handbuch zur preußischen Militärgeschichte 1688 – 1786, E. S. Mittler & Sohn, Berlin 2012, S. 56
  53. Michael Reiff: Strandgut des Krieges: Die soziale Lage Kriegsversehrter in den deutschen Armeen des Absolutismus und der napoleonischen Zeit (1648–1815), in: Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, Bulletin, Jg. V, Heft 1 (2001), S. 56
  54. Wolfram Sternbeck: Die Invalidensiedlung in Berlin-Frohnau – Ein vergessenes Erbe Preußens. Hrsg.: Invalidenstiftung Berlin, Sutton Verlag, Berlin 2007
  55. Michael Reiff: Strandgut des Krieges: Die soziale Lage Kriegsversehrter in den deutschen Armeen des Absolutismus und der napoleonischen Zeit (1648–1815), in: Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, Bulletin, Jg. V, Heft 1 (2001), S. 57
  56. Karl H. Peter: Seeoffizieranwärter – ihre Ausbildung von 1848 bis heute (1969)
  57. Das kleine Buch vom deutschen Heere, Verlag von Lipsius & Tischer, Kiel und Leipzig 1901, S. 124 ff.
  58. Übertragungsfehler behoben gem. Hein: Das kleine Buch vom Deutschen Heere, Kiel und Leipzig 1901 S. 126
  59. Adolf Levenstein: Die Arbeiterfrage mit besonderer Berücksichtigung der sozialpsychologischen Seite des modernen Großbetriebes und der psychophysischen Einwirkungen auf die Arbeiter. München 1912. S. 68–75.
  60. Torsten Voß: Körper, Uniformen und Offiziere: Soldatische Männlichkeiten in der Literatur von Grimmelshausen und J.M.R. Lenz bis Ernst Jünger und Hermann Broch, Transcript Verlag, Bielefeld 2016, ISBN 978-3-83-763322-1, S. 269f.
  61. Karl-Volker Neugebauer, S. 223–224.
  62. Karl-Volker Neugebauer, S. 220 ff.
  63. §§ 10-11 Reichs-Militärgesetz vom 9. November 1867, Bundesgesetzblatt S. 131 Scan auf Commons
  64. siehe z. B. 8. Landwehr-Division (Deutsches Kaiserreich)
  65. Kaiserliches 'Gesetz über den Landsturm' vom 12. Februar 1875; Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1875, Nr. 7, Seite 63–64 Scan auf Commons
  66. Reichsgesetzblatt 1888, S. 11 ff.
  67. siehe z. B. Württembergisches Landsturm-Infanterie-Regiment Nr. 13
  68. Etienne François, Hagen Schulze (Hrsg.): Deutsche Erinnerungsorte, C.H.Beck Verlag, München 2001, Band 1, Kapitel: Die Junker, S. 526
  69. Grundlegend nachzulesen im Standardwerk von 1958 von Hans Rosenberg: Bureaucracy, Aristocracy, Autocracy. The Prussian Experience 1660–1815, Harvard University Press
  70. Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1600-1947, Pantheon Verlag, 2006, S. 10 Clark zitiert in einer Gesamtzusammenstellung der Debattengeschichte in seinem international beachteten Standardwerk Ludwig Dehio, einen bekannten Historiker, wonach der Nationalsozialismus kein Zufall gewesen sei, sondern «das aktuelle Symptom eines chronischen preußischen Gebrechens».
  71. Wolfgang Neugebauer: Handbuch der preußischen Geschichte: Band III, Vom Kaiserreich zum 20. Jahrhundert und große Themen der Geschichte Preußens, Walter de Gruyter, 1992 Berlin New York, S. 354
  72. Georg Heinrich von Berenhorst: Aus dem Nachlasse. Neudruck der Ausgabe, Dessau 1845 und 1847, Biblio-Verlag, Osnabrück 1978, ISBN 3-7648-0850-0. S. 187.
  73. Olaf Groehler, S. 66.
  74. https://www.tagesspiegel.de/berlin/hauptsache-uniform/462566.html
  75. Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1600-1947, Pantheon Verlag, 2006, S. 682
  76. Hans Bentzien: Unterm Roten und Schwarzen Adler – Geschichte Brandenburg-Preußens für jedermann, Verlag Volk&Welt, Berlin 1992, S. 286
  77. https://www.preussenchronik.de/thema_jsp/key=thema_preu%25dfen-mythos.html Das Internetangebot www.preussenchronik.de ist als Begleitangebot zur sechsteiligen Fernsehdokumentation entstanden, die 2000/2001 im Ersten Programm der ARD, im ORB-Fernsehen, im WDR-Fernsehen, auf B1 (SFB) und Phoenix gezeigt wurde.
  78. https://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/start/streitkraefte/grundlagen/geschichte/tradition
  79. https://www.dhm.de/sammlung-forschung/sammlungen00/militaria/uniformen.html
  80. Wolfgang Heil: Die Gemeinen Soldaten. Das Sozialleben der militärischen Unterschicht im altpreußischen Heer und seine Stellung in der altständischen Gesellschaft, 2001, S. 151
  81. so zum Beispiel Robert Michael Citino in: The German Way of War: From the Thirty Years' War to the Third Reich, University Press of Kansas, 2005

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