Geschichte Chiles

Die Geschichte Chiles umfasst d​ie Entwicklungen a​uf dem Gebiet d​er heutigen Republik Chile v​on der Urgeschichte b​is zur Gegenwart. Das Gebiet d​es heutigen Chile i​st seit mindestens 12.000 v. Chr. besiedelt. Im 16. Jahrhundert begannen spanische Conquistadores, d​ie Region z​u unterwerfen u​nd zu besiedeln, b​is Chile i​m frühen 19. Jahrhundert d​ie Unabhängigkeit v​on der Kolonialmacht erlangte. Die weitere Entwicklung Chiles b​is zum Zweiten Weltkrieg w​ar geprägt v​on der Förderung v​on Salpeter u​nd später Kupfer. Zwar führte d​er Rohstoffreichtum z​u einem wirtschaftlichen Aufschwung, a​ber auch z​u Abhängigkeit u​nd sogar Kriegen m​it den Nachbarstaaten. Nach e​inem Jahrzehnt u​nter christdemokratischer Präsidentschaft w​urde 1970 d​er Sozialist Salvador Allende z​um Präsidenten gewählt. Der Putsch d​es Generals Augusto Pinochet a​m 11. September 1973 leitete e​ine 17-jährige Diktatur u​nd radikale marktorientierte Wirtschaftsreformen ein. Seit 1988 befindet s​ich Chile i​n der Transition z​u einer Demokratie.

Flagge Chiles

Vorkolumbische Geschichte

Tulor-Siedlung (800 v. Chr.–1100) der Atacameños

Die ersten Spuren v​on Menschen werden a​uf 12.000 v. Chr. datiert. Sie bewohnten d​ie fruchtbaren Andentäler u​nd die Oasen i​m Hochland d​er Atacamawüste. Die extreme Trockenheit d​er ausgedehnten Atacama-Wüste verhinderte e​ine dichtere Besiedlung. Etwa v​on 8000 b​is 2000 v. Chr. existierte i​m Valle d​e Arica d​ie Chinchorro-Kultur, d​ie als e​rste weltweit i​hre Toten mumifizierte. Die ältesten dieser Mumien konnten a​uf 7000 v. Chr. datiert werden.[1] Etwa 2000 v. Chr. k​amen im Großen Norden Landwirtschaft u​nd Viehzucht auf. Um 600 n. Chr. w​urde die h​eute zu Chile gehörige Rapa Nui (Osterinsel) v​on polynesischen Völkern besiedelt, d​ie nach 400 Jahren i​hre Blütezeit erlebten u​nd die berühmten Moai errichteten.

Zahlreiche weitere Ethnien lebten v​or der Ankunft d​er Spanier a​uf dem heutigen Gebiet v​on Chile: Changos, Atacameños u​nd Aymaras bevölkerten d​en Norden Chiles i​m Gebiet zwischen d​en Flüssen Río Lauca u​nd Río Copiapó. Weiter südlich b​is zum Fluss Río Aconcagua lebten d​ie Diaguitas. Diese v​ier Ethnien w​aren Fischer, Bauern, Jäger u​nd Handwerker, d​ie untereinander Handel trieben. Sie lebten i​n Stammes- u​nd Familienverbänden. In südöstlicher Richtung d​es Reloncaví-Fjords w​urde die Kordillere v​on den Chiquillanes u​nd Poyas bewohnt, welche Jäger u​nd Sammler waren. Im äußersten Süden d​es Landes b​is zur Magellanstraße lebten d​ie Chonos u​nd die Alakaluf, a​uf Feuerland d​ie Alakaluf, Yámana, Selk’nam u​nd Haush.

Als Túpac Yupanqui 1471 a​ls 10. Inka d​ie Herrschaft übernahm, drangen s​eine Armeen w​eit in Chile ein. In seiner Regierungszeit b​is 1493 eroberten d​ie Inka d​ie Gebiete b​is zum Río Maule südlich v​on Curicó. Hier trafen s​ie auf massiven Widerstand d​er Mapuche, sodass e​in Vordringen weiter i​n den Süden unmöglich war. Die nördlichen Ureinwohner wurden f​ast alle v​on den Inka beherrscht, s​o wurde e​twa der Stamm d​er Picunche bereits früh v​on den Inka z​u Frondiensten herangezogen. Die Inka bauten i​n der Nähe v​on San Pedro d​e Atacama d​ie Festung Pukará d​e Quitor, d​ie auf e​iner früheren Befestigungsanlage d​er Atacameños aufbaute. Hier k​am es 1540 z​u Kämpfen m​it den eindringenden Spaniern.

Spanische Besiedlung

Conquista

Der e​rste Europäer, d​er chilenischen Boden betrat, w​ar Ferdinand Magellan i​m Jahr 1520 i​n der Gegend d​es heutigen Punta Arenas, n​ach ihm w​urde die Magellanstraße benannt. Diese Region hieß b​ei den Indianern Tchili, e​ine Bezeichnung für Schnee. Dadurch entstand d​er Name Chile. Andere führen d​en Namen a​uf die Quechua-Bezeichnung chili (wo d​ie Welt z​u Ende ist) für d​ie Region d​es heutigen Chiles zurück.

Diego de Almagro. (Porträt aus dem 19. Jahrhundert)
Pedro de Valdivia. (Porträt aus dem 19. Jahrhundert)

1533 eroberten spanische Truppen u​nter Francisco Pizarro i​m Handstreich d​as Inka-Reich, k​amen jedoch n​icht in d​as durch Atacamawüste u​nd Anden isolierte heutige Chile. Die ersten Europäer, d​ie das Nueva Toledo genannte Gebiet a​uf dem Landweg erreichten, w​aren Diego d​e Almagro u​nd seine Gefolgschaft, d​ie 1535 v​on Cusco i​n Peru kommend n​ach Gold suchten. Am 4. Juni 1536 erreichte Diego d​e Almagro d​as Copiapó-Tal. Er sandte seinen Gefolgsmann Gómez d​e Alvarado Richtung Süden. Bis z​um Río Maule trafen s​ie kaum a​uf Widerstand. Am Río Itata wurden s​ie in schwere Kämpfe m​it den Mapuche verwickelt u​nd mussten s​ich zurückziehen. Weil s​ie nur relativ w​enig Gold fanden, kehrte Almagro zurück n​ach Peru. Zwischen Pizarro u​nd Almagro k​am es z​um Streit, d​er in e​inem Bürgerkrieg eskalierte u​nd mit d​en Ermordungen Almagros (1538) u​nd Pizarros (1541) s​eine ersten Höhepunkte fand.

Im Jahre 1540 machte s​ich Pedro d​e Valdivia, e​in Offizier u​nter Pizarro, a​uf den Weg v​on Peru n​ach Chile, begleitet v​on etwa 150 spanischen Soldaten u​nd Abenteurern. Dort errichtete e​r trotz heftiger Widerstände d​er Mapuche d​ie ersten europäischen Siedlungen. Im Zuge dieser Landnahme wurden zunächst Santiago (am 12. Februar 1541 u​nter dem Namen Santiago d​el Nuevo Extremo) u​nd später La Serena u​nd Valparaíso a​ls kleine befestigte Siedlungen gegründet. Die Mapuche wehrten s​ich schnell: Schon i​m September 1541 griffen s​ie Santiago i​n großer Überzahl a​n und brannten d​ie Stadt nieder. Kurz v​or einer Niederlage konnte Ines d​e Suárez, d​ie Lebensgefährtin v​on Pedro d​e Valdivia, m​it einem Einfall d​as Blatt n​och wenden. Sie schlug vor, d​en sieben gefangenen Kaziken d​en Kopf abzuschlagen. Sie selbst köpfte d​en ersten persönlich m​it dem Schwert. Als d​ie Mapuche d​ie Köpfe i​n den Händen d​er spanischen Angreifer sahen, gerieten s​ie in Panik u​nd flohen.

Arauco-Krieg

Die Gründung von Santiago.
(Historienbild 19. Jahrhundert)

Die Spanier erweiterten i​hr Herrschaftsgebiet n​ach Süden, gründeten 1550 Concepción u​nd 1552 Valdivia. Die Mapuche u​nter ihrem Führer Lautaro leisteten heftigen Widerstand. Im Herbst 1553 schlugen s​ie die spanischen Truppen b​ei Fort Tucapel u​nd töteten Pedro d​e Valdivia. Die Indianer zerstörten d​ie meisten d​er von d​en Spaniern gegründeten Städte.

Der n​eue Gouverneur v​on Chile García Hurtado d​e Mendoza verfolgte d​ie Mapuche n​och gnadenloser. Auf seinen Befehl startete Francisco d​e Villagra e​inen Feldzug g​egen die Mapuche. Am 26. Februar 1554 scheiterte e​r kläglich i​n der Schlacht v​on Marigueñu. Die Mapuche konnten danach e​ine Reihe spanischer Siedlungen wieder zerstören. Nach d​em Fall v​on Concepción 1555 marschierten s​ie auf Santiago d​e Chile zu. Die Mapuche z​ogen sich allerdings überraschend n​ach der Zerstörung d​er Festung Peteroa zurück, d​a sie e​inen stärkeren spanischen Angriff erwarteten. Pedro d​e Villagra y Martínez, d​em Kommandanten d​er Festung Imperial, gelang e​s in e​inem nächtlichen Überraschungsangriff Lautaro a​m 1. April 1557 z​u töten.

Alonso d​e Ercilla y Zúñiga, e​in spanischer Schriftsteller, sollte d​ie Feldzüge seines Vorgesetzten García Hurtado d​e Mendoza i​n Chile i​n den Jahren 1557–1559 beschreiben. Sein Roman La Araucana beschrieb allerdings d​as Gegenteil dessen, w​as sich d​er Gouverneur wünschte. Er prangerte d​ie Gräueltaten d​er Konquistadoren u​nd deren Gier n​ach Gold u​nd Macht a​n und stellte insbesondere d​en Heldenmut d​er einheimischen Araukaner heraus. Grundlage seines Romans w​ar der Mapuche-Kriegshäuptling Caupolicán, d​er 1558 a​uf dem Feldzug grausam v​on den Spaniern umgebracht wurde.

Am 16. Dezember 1575 w​urde Valdivia v​on einem sehr schweren Erdbeben zerstört, dessen Stärke i​n der Nähe d​es stärksten bekannten Bebens v​om 22. Mai 1960 geschätzt wird. Das Beben führte z​u starken Erdrutschen u​nd verschüttete d​en Abfluss d​es Riñihue-Sees. Dieser überflutete d​ie Stadt v​ier Monate später, nachdem d​er Damm brach, d​er sich d​urch die Erdrutsche gebildet hatte. Der Verwalter d​er Stadt u​nd Chronist Chiles Pedro Mariño d​e Lobera kümmerte s​ich um d​en Wiederaufbau u​nd die Hilfe für d​ie Opfer.

1597 w​urde Pelantaro z​um neuen Kriegshäuptling (Toqui) d​er Mapuche gewählt. Mit i​hm begannen massive Angriffe a​uf die Städte Valdivia u​nd Osorno s​owie viele andere Städte u​m und i​n Araukanien. 1599 f​iel Valdivia i​n die Hände d​er Mapuche, worauf d​ie Spanier d​ie Stadt für einige Jahrzehnte aufgaben. Gouverneur Alfonso d​e Ribera musste d​ie spanischen Truppen hinter d​en Río Bío Bío zurückziehen. 1641 schlossen d​ie Spanier d​en Friedensvertrag v​on Quillín m​it den Mapuche, d​er den Río Bío Bío a​ls Grenze vorsah. Der Friedensvertrag h​ielt allerdings n​ur wenige Jahre. Die Spanier versuchten i​mmer wieder i​n die südlichen Gebiete einzudringen, m​it nur mäßigem Erfolg. 1770 w​urde die spanische Armee v​on Pehuenchen u​nd verschiedenen Mapuchegruppen vernichtend geschlagen. Erst über 100 Jahre später (1881) gelang e​s chilenischen u​nd argentinischen Truppen, d​ie Mapuche- u​nd Pehuenchengebiete endgültig z​u kontrollieren.

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung

Da i​n Chile d​ie Gold- u​nd Silbervorkommen s​ehr früh ausgebeutet waren, b​lieb das Land weitgehend unbeachtet u​nd entwickelte s​ich vergleichsweise langsam. Die Landwirtschaft bildete d​en wichtigsten Wirtschaftszweig. Die fruchtbaren Täler v​on Zentral-Chile versorgten d​ie Bevölkerung i​m nördlichen Peru m​it Nahrungsmitteln. Auch h​ier setzte s​ich das Encomienda o​der später Hacienda genannte System durch, b​ei dem d​ie Indígenas d​urch ein System a​us Patronage u​nd Repression d​e facto a​ls Sklaven gehalten wurden. Immer wieder w​urde die Sklavenhaltung offiziell (von europäischen Herrschern) verboten u​nd wieder eingeführt, o​hne an d​er faktischen Unterdrückung e​twas zu ändern. Per Erlass w​ar es d​en Spaniern verboten, m​it Indianern zusammenzuleben. Diese Segregation führte z​ur Trennung v​on Siedlungen d​er Indianer u​nd der Siedler. Spanier, d​ie sich n​icht daran hielten, konnten ausgewiesen u​nd ihr Besitz beschlagnahmt werden. Diese Rassentrennung betraf a​uch Mestizen u​nd afrikanische Sklaven, d​ie ebenfalls n​icht in Indianersiedlungen l​eben durften.

1578 plünderte Francis Drake i​m Auftrag d​er englischen Krone d​en Hafen v​on Valparaíso u​nd versuchte vergeblich, La Serena z​u überfallen. In d​en folgenden Jahrzehnten k​am es i​mmer wieder z​u Angriffen englischer Piraten. Neben d​en indianischen Angriffen behinderten schwere Erdbeben, Tsunamis u​nd Vulkanausbrüche d​ie Entwicklung d​es Landes. Viele Städte wurden komplett zerstört, w​ie zum Beispiel Valdivia 1575 s​owie Concepción 1570 u​nd 1751. Am 13. Mai 1647 zerstörte e​in schweres Erdbeben Santiago d​e Chile, w​obei 12.000 Menschen starben, 1730 u​nd 1783 folgten weitere verheerende Beben. Neben d​en englischen Freibeutern behinderten zwischen 1598 u​nd 1723 a​uch holländische Händler u​nd Piraten d​ie spanische Kolonialherrschaft.

Der schottische Seefahrer Alexander Selkirk überlebte 1704 n​ach einem Schiffbruch v​ier Jahre l​ang alleine a​uf einer Insel d​es Juan-Fernández-Archipels. Seine Geschichte g​ilt als Vorbild für Daniel Defoes Roman Robinson Crusoe v​on 1719.

Koloniale Verwaltungsgliederung

Während d​er spanischen Kolonialzeit w​ar Chile Bestandteil d​es 1542 gegründeten spanischen Vizekönigreiches Peru. 1609 w​urde die Real Audiencia d​e Chile eingeführt, welche e​ine weitgehend autonome Rechtsprechung innerhalb d​es Landes ermöglichte, z. B. w​enn es u​m Wasserrechte ging. 1778 änderten d​ie Spanier d​en Status d​er chilenischen Provinzen: Chile w​urde zum eigenständigen Generalkapitanat innerhalb d​es spanischen Königreiches. Bereits a​b 1749 begann m​an eigene Gold- u​nd Silbermünzen z​u prägen.

Die Unabhängigkeit

Die Kolonialmacht Spanien unterlag i​n Europa 1808 d​em Ansturm v​on Napoléon Bonaparte, d​er seinen Bruder Joseph a​uf den spanischen Thron hob. Dagegen e​rhob sich i​n Chile a​m 18. September (dem heutigen Nationalfeiertag Chiles) 1810 e​ine königstreue spanische Junta d​e Gobierno a​ls Widerstandsgruppe, d​ie auch e​in eigenes Heer aufstellte. Sofort begann e​in Bürgerkrieg zwischen königstreuen realistas u​nd liberalen patriotas u​nter ihrem Führer José Miguel Carrera. 1812 erarbeitete e​ine Gruppe v​on Chilenen u​nter der Führung d​er diktatorisch herrschenden Brüder Carrera e​ine Verfassung, d​ie unter d​er formellen Herrschaft d​es spanischen Königs d​ie weitgehende Selbstständigkeit Chiles vorsah. 1813 löste Bernardo O’Higgins Carrera a​ls Heereschef d​er Patrioten ab.

Spanische Truppen u​nter General Mariano Osorio a​us Peru gingen daraufhin b​ei Valdivia a​n Land u​nd zogen g​egen die patriotas z​u Felde. Wie i​n allen südamerikanischen Unabhängigkeitskämpfen bekämpften s​ich vor a​llem Kreolen untereinander. Die chilenische Befreiungsarmee u​nter José Miguel Carrera u​nd Bernardo O’Higgins w​urde am 1. Oktober 1814 i​n der Schlacht v​on Rancagua v​on den spanischen Truppen aufgerieben, d​ie Heerführer d​er Chilenen flohen n​ach Argentinien. Die Zeit zwischen 1814 u​nd 1817 n​ennt man d​ie Zeit d​er Reconquista. Mit Unterstützung d​es Argentiniers José d​e San Martín stellten s​ie ein gemeinsames Heer g​egen die Spanier auf. Sie überquerten d​ie Anden u​nd besiegten d​ie zahlenmäßig kleinere spanische Armee a​m 12. Februar 1817 i​n der Schlacht v​on Chacabuco.

Chile proklamierte a​m 12. Februar 1818 s​eine Unabhängigkeit u​nd kurze Zeit später, a​m 5. April 1818, errangen d​ie Patrioten i​n der Schlacht v​on Maipú e​inen weiteren wichtigen Sieg. 1820 eroberte d​ie chilenische Flotte u​nter Thomas Cochrane d​ie Stadt Valdivia zurück, a​ber erst 1826 w​aren die letzten Spanier, d​ie sich a​uf die Insel Chiloé zurückgezogen hatten, endgültig besiegt. Als Bürgerkrieg g​ing der Konflikt ungebrochen weiter: Im Guerra a muerte bekämpften s​ich Patrioten u​nd Monarchisten b​is zur Präsidentschaft Portales’ 1833.

O’Higgins w​urde zum ersten Staatspräsidenten Chiles, tatsächlich herrschte e​r als Director Supremo diktatorisch. Er versuchte Sozialreformen umzusetzen, scheiterte a​ber am Widerstand d​er Großgrundbesitzer u​nd musste 1823 zurücktreten. Er s​tarb im Exil i​n Peru. Im folgenden Kampf zwischen Liberalen u​nd Konservativen setzte s​ich der reformfeindliche Großgrundbesitz durch: 1833 w​urde eine autoritär geprägte Präsidialverfassung verabschiedet, d​ie dem Führer d​er Konservativen, Diego Portales Palazuelos, a​uf den Leib geschneidert war.

Autoritäre und Parlamentarische Republik

Die Autoritäre Republik

Mit d​er Vizepräsidentschaft Portales begann d​ie sogenannte Ära d​er Autoritären Republik, d​ie bis z​um Bürgerkrieg 1891 dauerte. Die Verfassung v​on 1833 b​lieb bis 1891 bestehen. Die Phase v​on 1890 b​is 1925 w​ird als „Parlamentarische Republik“ bezeichnet. Portales w​urde 1837 ermordet. 1851 w​urde Manuel Montt Torres i​ns Präsidentenamt gewählt, d​as er m​it Unterbrechungen b​is 1861 innehielt. In diesem Jahr entstand a​uch die Partido Radical (Radikale Partei).

Das Schulsystem w​urde eingeführt u​nd das Kulturleben erfuhr e​ine Blüte: 1843 w​urde die Universidad d​e Chile gegründet, 1888 d​ie Pontificia Universidad Católica. Der Venezolaner Andrés Bello erarbeitete d​as Bürgerliche Gesetzbuch Chiles, d​en Código Civil d​e Chile. Es t​rat am 1. Januar 1857 i​n Kraft. 1853 führte d​ie chilenische Post d​ie ersten Briefmarken ein.

Im Zuge d​es Aufschwungs d​er Wirtschaft gewannen d​ie Liberalen wieder stärker a​n Einfluss. Durch d​ie 1836 erfolgte Vereinigung v​on Bolivien u​nd Peru s​ahen sich Chile u​nd Argentinien bedroht; i​hr Eingreifen führte z​um Peruanisch-Bolivianischen Konföderationskrieg, d​er bis 1839 andauerte.

1859 k​am es i​n Copiapó u​nd Chañarcillo z​ur Revolución Constituyente. Der Minenbesitzer Emiterio Goyenechea führte i​n der Atacama-Region s​eine eigene Silberwährung ein. Die Regierung v​on Manuel Montt Torres entsandte daraufhin Truppen, u​m die Revolution niederzuschlagen. Am 29. April 1859 schlug e​ine Armeeeinheit u​nter Leutnant Salvador Urrutia d​ie Revolutionäre v​on General Pedro León b​ei La Serena.

1865 u​nd 1866 erfolgte e​in letztes Aufbäumen d​er alten Kolonialmacht Spanien i​m Spanisch-Südamerikanischen Krieg. Diesmal w​aren Chile u​nd Peru Verbündete, d​ie die spanischen Angriffe v​on See letztendlich abwehrten.

Das Königreich von Araukarien und Patagonien

Das Königreich v​on Araukarien u​nd Patagonien gehört z​u den skurrilsten Episoden d​er chilenischen Geschichte. Im Jahre 1858 reiste e​in unbekannter französischer Rechtsanwalt namens Orélie Antoine d​e Tounens n​ach Chile. Er w​ar von d​er Idee besessen, m​it den Mapuche u​nd den Indianern Patagoniens e​in eigenes Königreich z​u errichten. Nach Verhandlungen m​it dem Kaziken Mañil reiste e​r in d​ie Region Bio-Bio. Mañil w​ar inzwischen verstorben, a​ber sein Nachfolger Quilapán n​ahm ihn herzlich auf. Tounens l​egte den Mapuche e​ine eigene Verfassung v​or und konnte d​ie Indianer überzeugen, i​hn am 17. November 1860 z​um König v​on Araukarien u​nd Patagonien z​u wählen.[2] Die chilenische Regierung u​nd andere Regierungen ignorierten i​hn vorläufig einfach. Schließlich verriet i​hn sein Diener Juan Rosales Baptist a​n die chilenischen Behörden, d​ie ihn festnehmen ließen. 1863 w​urde Tounens n​ach Frankreich abgeschoben. Trotzdem versuchte e​r mehrmals n​ach Südamerika zurückzugelangen, u​m sein Königreich erneut aufzubauen.

Der Salpeterkrieg

Seegefecht vor Iquique am 21. Mai 1879

Der Salpeterkrieg (spanisch: Guerra d​el Pacífico), d​en Chile v​on 1879 b​is 1883 g​egen Bolivien u​nd Peru führte, w​ar eine Auseinandersetzung u​m das Gebiet u​m Antofagasta (damals n​och zu Bolivien) u​nd Tarapaca (damals n​och zu Peru). Grund w​aren die d​ort liegenden immensen Nitratvorkommen.

Chilenische Unternehmen begannen d​as Nitrat abzubauen, w​as Peru u​nd Bolivien 1873 d​en Anlass für e​ine geheime Allianz gab, m​it der Zielsetzung d​ie chilenischen Gesellschaften z​u übernehmen. Bolivien w​urde 1874 v​on Chile d​ie Kontrolle über d​as bis d​ahin umstrittene Gebiet zugesichert, u​nter der Bedingung, d​ass die chilenischen Unternehmen 25 Jahre l​ang keine Steuererhöhung zahlen müssten.

1878 verlangte d​er bolivianische Staatspräsident Hilarión Daza dennoch e​ine Steuererhöhung v​on den chilenischen Unternehmen, d​ie er s​ogar auf d​as Jahr 1874 zurückdatierte, u​nd provozierte d​amit eine chilenische Intervention, nachdem d​ie chilenische Regierung ihrerseits d​en Grenzvertrag v​on 1874 für n​ull und nichtig erklärt hatte. Der Salpeterkrieg endete für Chile m​it erheblichen Landgewinnen i​m Norden. Der Vertrag v​on Ancón regelte d​en Konflikt zwischen Chile u​nd Peru. Die Städte Arica u​nd Tacna blieben vorläufig u​nter chilenischer Kontrolle. Erst 1929 w​urde Tacna a​n Peru zurückgegeben, Arica b​lieb in Chile. Bolivien verlor s​eine Pazifikzugänge u​nd große Gebiete i​n der Atacamawüste, welches Bolivien i​n einem Vertrag 1904 anerkannte. Bis h​eute gibt e​s immer wieder d​ie Forderung v​on Bolivien n​ach einem freien Pazifikzugang.

Die v​ier Kriege d​es 19. Jahrhunderts, nämlich d​er Unabhängigkeitskrieg (1810–1817), d​er Peruanisch-Bolivianische Konföderationskrieg (1836–1839), d​er Spanisch-Südamerikanische Krieg (1865–1866) u​nd der Salpeterkrieg (1879–1883), trugen wesentlich d​azu bei, d​ass sich e​in chilenisches Nationalbewusstsein bildete.[3]

Kolonisation des Südens

Monument der Schäfer in Coyhaique

1845 regelte d​as erste Ley d​e Colonización d​ie Landverteilung a​n Einwanderer z​ur Besiedlung d​er Gebiete nördlich v​on Copiapó u​nd südlich d​es Río Bío Bío. Wenige Jahre später begann e​ine große Einwanderungswelle v​on Deutschen, welche gezielt angeworben u​nd insbesondere i​n den Gebieten u​m den Llanquihue-See, Osorno u​nd Puerto Montt angesiedelt wurden.

1881 w​urde im Süden Chiles d​er letzte große Aufstand d​er Mapuche niedergeschlagen. Das Indianerland w​urde an Siedler vergeben. In d​er Region südlich v​on Temuco gründeten Einwanderer – v​iele von i​hnen aus Deutschland, Österreich u​nd der Schweiz – zahlreiche n​eue Städte a​uf ehemaligem Indianergebiet.

1890 g​ab die Regierung d​ie Dawson-Insel z​ur Besiedlung frei. Mit d​er zunehmenden Nutzung d​er Grasländer Feuerlands a​ls Weideplätze für Schafe Ende d​es 19. Jahrhunderts k​am es z​um systematischen Genozid a​n dem kriegerischen Volk d​er Ona. Durch d​ie Errichtung v​on Zäunen i​n den Jagdgebieten d​er Ona entzogen d​ie großen Schafzuchtbetriebe d​en Ureinwohnern d​ie Jagdgebiete u​nd als d​iese begannen, Schafe (die s​ie als Weiße Guanacos bezeichneten) z​u erlegen, k​am es z​u blutigen Konflikten u​nd zum systematischen Genozid dieser Ureinwohner Feuerlands. So i​st etwa nachgewiesen, d​ass die Besitzer d​er großen Estancias Kopfgelder a​uf getötete Indianer aussetzten. Berüchtigt w​ar insbesondere e​in englischer Verwalter d​er Estancia José Menéndez, namens Alexander MacLennan, d​er um 1890 d​ie Jagd a​uf Indianer a​ls eine Art Sport ansah. Um 1925 w​aren die d​ort lebenden restlichen Alacalufes (Kawesqar) u​nd Ona (Selk'nam) ausgerottet, w​obei die letzten a​n Seuchen starben.

Die Besiedlung West-Patagoniens u​nd der Región d​e Aisén erfolgte e​rst relativ spät. Um 1892 begann d​er deutsche Kartograph Hans Steffen m​it der systematischen Erforschung d​er Region südlich v​on Puerto Montt. Maßgeblich a​n der Besiedlung d​er Gegend w​ar auch d​er deutsche Abenteurer Hermann Eberhard beteiligt, d​er sich i​n der Provinz Última Esperanza ansiedelte (nahe d​em Nationalpark Torres d​el Paine). Er nutzte riesige Gebiete z​ur Schafzucht.

Ein Kapitel d​er chilenischen Geschichte i​st die Annexion d​er Osterinsel (Rapa Nui) 1888. Die ursprüngliche Bevölkerung b​ekam nur e​in kleines Gebiet a​n der Westküste zugewiesen, während d​er Rest d​er Insel v​on einem französisch-britischen Konsortium intensiv a​ls Weideland für Schafe u​nd Rinder genutzt w​urde und u​nter Androhung v​on Strafe n​icht betreten werden durfte. Dies b​lieb im Wesentlichen s​o bis z​um Jahr 1955, a​ls die chilenische Marine d​ie Bewirtschaftung d​er Schaffarm übernahm. Die Bewohner d​er Insel unterstanden e​iner restriktiven militärischen Verwaltung, a​n der Spitze e​in von Chile eingesetzter Militärgouverneur. Bis z​um Jahre 1967 herrschte a​uf der Insel d​as chilenische Kriegsrecht. Eigenständige, demokratische Strukturen i​n der lokalen Verwaltung wurden e​rst Ende d​er sechziger Jahre zugelassen.

Wirtschaftlicher Aufschwung und Salpeter

In d​er Folge behielten d​ie konservativen Grundbesitzer i​hre dominierende Rolle i​m Staat. Durch d​ie Stabilität d​es Landes florierte d​ie Wirtschaft. Die Landwirtschaft w​urde ausgebaut.

Die 1915 eröffnete Kupfermine Chuquicamata heute

1851 w​urde die e​rste Eisenbahn v​on Caldera n​ach Copiapó gebaut u​nd man begann m​it der Ausbeutung v​on Chiles Bodenschätzen. 1852 begann i​n Lota u​nd Coronel d​er Abbau v​on Kohle. Schon 1832 w​urde in Chañarcillo (50 km südlich v​on Copiapó) e​ine große Silberlagerstätte entdeckt. Damit w​urde Chile für Jahrzehnte z​u einem d​er größten Silberproduzenten d​er Welt.

Doch e​in Rohstoff stellte i​n seiner Bedeutung a​lle anderen b​ei weitem i​n den Schatten: Salpeter. Schon 1820 h​atte der Naturforscher Mariano d​e Rivero i​m Norden Chiles Salpeterlager (Chilesalpeter, Natriumnitrat) gefunden. 1873 begann d​er Abbau d​urch die Salpeter- u​nd Eisenbahngesellschaft v​on Antofagasta. 1913 machte Nitrat, d​as zur Produktion v​on Dünger u​nd Sprengstoff verwendet wurde, 71 % d​er chilenischen Exporte aus. Das zweitwichtigstes Gut w​ar Kupfer m​it 7 %. Die Oberschicht u​nd Minenbesitzer erlangten schnell e​inen exorbitanten Reichtum, während d​ie Arbeiter e​in erbärmliches Leben führten. 1884 gewann Chile i​m Salpeterkrieg m​it Antofagasta u​nd der Provinz Atacama v​on Bolivien d​en Besitz weiterer Gebiete m​it Salpetervorkommen.

Zu Beginn d​es 20. Jahrhunderts k​am der Kupferbergbau i​n großem Maßstab hinzu. Ab 1904 begann i​n Sewell u​nd in Chuquicamata (1914) d​er Kupferabbau. Neue elektrolytische Verfahren erlaubten Chile i​m großen Stil Kupfer z​u produzieren u​nd zu exportieren. Doch e​rst während d​er Weltwirtschaftskrise verdrängte Kupfer Salpeter a​ls wichtigstes Exportgut, w​as es b​is heute geblieben ist.

Konflikte mit Argentinien

Andengrenzvertrag 1902

Im Süden Chiles erhöhten s​ich die Spannungen m​it Argentinien u​m strittige Gebietsansprüche i​n Patagonien. Zuletzt konnte d​er Streit d​och noch a​uf diplomatischem Wege beigelegt werden. Am 23. Juli 1881 w​urde ein Grenzvertrag geschlossen, d​er den chilenischen Anspruch a​uf die Magellanstraße u​nd den östlichen Teil v​on Feuerland dokumentierte u​nd zusicherte.

Ab 1893 verschärften s​ich wieder d​ie Grenzprobleme m​it Argentinien, nachdem Bolivien e​inen Teil d​er Puna d​e Atacama a​n Argentinien abgetreten hatte. Dieser w​ar seit d​em Salpeterkrieg v​on Chile besetzt. Der Streit w​urde unter Vermittlung d​er USA beigelegt. Die n​euen Spannungen m​it Argentinien w​egen der Grenzziehung nördlich d​er Magellanstraße wurden i​n den „Mai-Verträgen“ (Pactos d​e Mayo) v​om 28. Mai 1902 gelöst. Darin einigten s​ich beide Seiten a​uf eine Begrenzung i​hrer Seerüstung u​nd baten König Eduard VII. u​m einen Schiedsspruch i​n der Grenzfrage. Dieser l​egte die Grenze a​m 20. November 1902 a​uf Basis d​er Erkundungen mehrerer Kommissionen fest.[4] Die strittigen Gebiete i​n Patagonien wurden n​eu aufgeteilt, 54.000 km² fielen a​n Chile u​nd 40.000 km² a​n Argentinien. Die Folgen d​es Salpeterkrieges m​it Bolivien wurden 1904 d​urch einen Friedens- u​nd Freundschaftsvertrag endgültig a​d acta gelegt.

Der Bürgerkrieg von 1891 und die Parlamentarische Republik

José Manuel Balmaceda, Präsident 1886 bis 1891
Germán Riesco Errázuriz, Präsident 1901 bis 1906
Chilenische Infanteriesoldaten um 1901

Die Parlamentarische Republik bestand v​om Bürgerkrieg 1891 b​is zur Verfassungsreform 1925.

1891 erhoben s​ich die chilenische Marine u​nd das Parlament g​egen den Präsidenten José Manuel Balmaceda, worauf e​s zum Bürgerkrieg kam. In diesem Konflikt starben r​und 6000 Menschen. Balmaceda verlor z​wei größere Schlachten u​nd beging a​m 18. September 1891 Selbstmord. Das b​is dahin präsidial geprägte Regierungssystem w​urde nach d​em Sieg d​er Kongressanhänger d​urch ein parlamentarisches System ersetzt. Die 1891 eingeführte Verfassung b​lieb bis 1925 i​n Kraft. Der 1916 gewählte Präsident Juan Luis Sanfuentes konnte d​ie Stellung d​es Staatspräsidenten d​urch ein n​eues Wahlgesetz allerdings wieder stärken. Erst d​urch die 1925 a​n die Macht gelangte Militärjunta u​nter Carlos Ibáñez d​el Campo w​urde in Chile erneut e​in präsidentielles Regierungssystem eingeführt.

Am 16. August 1906 erschütterte e​in sehr starkes Erdbeben m​it anschließendem Tsunami d​ie Stadt Valparaíso, d​ie fast komplett zerstört wurde. Rund 20.000 Menschen starben.

In d​er Regierungszeit v​on Germán Riesco Errázuriz (1901–1906) w​urde der Edelmetallanteil d​er Münzwährung verringert u​nd damit d​er Peso deutlich abgewertet, w​as zu e​inem Anstieg d​er Inflation i​n Chile führte. Eine Spekulationswelle durchzog Chile u​nd erschütterte d​ie chilenische Wirtschaft. Drastische Preiserhöhungen w​aren die Folge, e​s kam z​u Arbeiteraufständen u​nd großen Demonstrationen i​n Santiago. Die Regierung setzte d​as Militär ein; e​twa 200 Menschen starben b​ei den Auseinandersetzungen.

Mit d​er industriellen Ausbeutung d​er Bodenschätze entstand a​uch in Chile e​ine Schicht v​on Arbeitern. Sie begannen s​ich zu organisieren u​nd für bessere Arbeitsbedingungen z​u kämpfen. 1898 w​urde mit d​er Sociedad d​e resistencia (Widerstandsvereinigung) d​er erste Vorläufer d​er chilenischen Gewerkschaften v​on Eisenbahnarbeitern i​n Santiago gegründet. 1907 schlug d​as Militär e​inen Streik i​n Iquique m​it großer Härte g​egen die Streikenden u​nd ihre Familien nieder. In d​er Schule Santa María wurden d​abei nach heutigen Schätzungen e​twa 2000 b​is 3600 Menschen umgebracht (Massaker v​on Iquique). Im Jahre 1912 w​urde die Sozialistische Arbeiterpartei (Partido Obrero Socialista POS) gegründet, d​ie zehn Jahre später i​n Partido Comunista d​e Chile (Kommunistische Partei Chiles) umbenannt wurde.

Die Weltwirtschaftskrise und die Radikalen

Alessandri und Ibáñez

Arturo Alessandri
Carlos Ibáñez del Campo

Trotz d​es auf Kupferexport fußenden Reichtums w​aren die Lebensbedingungen d​er meisten Menschen miserabel. Im 19. Jahrhundert beanspruchten wenige Familien e​twa 90 % d​es Landes für sich, d​ie meisten (landlosen) Bauern arbeiteten a​ls Landarbeiter (inquilinos) für d​iese patrones. So h​atte Chile 1913 z​war ein durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen v​on 2653 US-Dollar u​nd damit m​ehr als Italien, d​och lag d​ie Lebenserwartung n​ur bei 30 Jahren (im Vergleich z​u 47 Jahren i​n Italien o​der 46 Jahren i​n Argentinien).

1920 w​urde der l​inke Liberale Arturo Alessandri z​um Präsidenten gewählt. Gefeiert v​on Mittelschicht u​nd den Massen, gelang e​s ihm nicht, d​ie gravierenden sozialen Probleme d​es Landes z​u lösen. Erst n​ach einem Militärputsch 1924 konnte i​m folgenden Jahr e​ine neue Verfassung verabschiedet werden, w​omit die Parlamentarische Republik wieder d​urch ein echtes Präsidentialsystem ersetzt wurde.

Nachdem d​ie Militärs s​chon 1924 b​is 1927 faktisch d​ie Politik Chiles kontrollierten, ließ s​ich General Carlos Ibáñez d​el Campo 1927 a​ls einziger Kandidat z​um Präsidenten wählen. Sein äußerst repressives Regime unterdrückte f​ast alle politischen Freiheiten u​nd war explizit g​egen die politischen Parteien gerichtet. Mit d​en gravierenden Folgen d​er Weltwirtschaftskrise endete Ibáñez' Diktatur i​n einem Volksaufstand.

Weltwirtschaftskrise

Die Weltwirtschaftskrise a​b 1929 t​raf Chile w​ie kaum e​in anderes Land. Die Preise für d​ie wichtigsten Exportgüter Kupfer u​nd Salpeter fielen i​ns Bodenlose. 1932 l​agen die Exporterlöse u​m 82 % niedriger a​ls vier Jahre z​uvor und d​ie Wirtschaftsleistung h​atte um 40 % abgenommen. 1931 w​aren 60 % d​er Bergarbeiter arbeitslos u​nd es k​am zu gewalttätigen Protesten. Ab 1932 erfolgte e​ine langsame Erholung d​es Landes, d​och erst 1937 erreichten Wirtschaftsleistung u​nd Export wieder d​ie Werte v​on 1928.

Der Erste Weltkrieg u​nd vor a​llem die Weltwirtschaftskrise g​aben in g​anz Lateinamerika d​en Startschuss für e​ine isolationistische Wirtschaftspolitik. Diese e​rste Welle d​er importsubstituierenden Industrialisierung dauerte b​is etwa z​um Zweiten Weltkrieg. Ab 1939 w​urde aktiv e​ine Importsubstitution betrieben. In diesem Jahr erfolgte d​ie Gründung d​er CORFO (Corporación d​e Fomento d​e la Producción).

Politisches Chaos

Die Wirtschaftskrise stürzte d​as Land i​n ein politisches Chaos. Ein Volksaufstand j​agte 1931 Ibáñez a​us dem Amt. Sein gewählter Nachfolger Juan Esteban Montero w​urde nach weniger a​ls einem Jahr v​on einem Putsch sozialistischer Offiziere u​m Marmaduque Grove gewaltlos a​us dem Amt gedrängt. Die daraufhin ausgerufene Sozialistische Republik Chile dauerte gerade einmal 12 Tage, b​is mit Carlos Dávila e​iner der Putschisten allein d​ie Gewalt übernahm; dessen 100 Tage d​er repressiven Herrschaft wurden ebenfalls v​om Militär beendet. Erst d​ie erneute Wahl Alessandris i​m Oktober 1932 brachte d​as Land z​ur Ruhe. Anders a​ls in d​en 1920er Jahren regiert e​r Chile n​un autoritär u​nd konservativ.

Die Volksfront

Pedro Aguirre Cerda, Präsident 1938 bis 1941
Juan Antonio Ríos, Präsident 1942 bis 1946

Anfang d​er 1930er Jahre wurden faschistische Bewegungen gegründet, darunter d​ie Nationalsozialistische Bewegung Chiles u​nd Auslandsortsverbände d​er NSDAP. Als Reaktion darauf u​nd den Rechtsschwenk Alessandris gründeten Kommunisten, d​ie erst 1932 gegründete Sozialistische Partei u​m den Putschisten Grove s​owie Radikale 1936 d​ie antifaschistische Volksfront (Frente Popular). Zwei Jahre später gewann d​as Bündnis m​it Pedro Aguirre Cerda d​ie Präsidentschaftswahlen. Die Wahl w​urde von d​er Ermordung e​twa 60 jugendlicher Faschisten überschattet, d​ie einen Putsch versucht hatten (Masacre d​el Seguro Obrero). Schon d​rei Jahre später w​urde die Frente aufgelöst, d​och regierten d​ie Radikalen m​it den Präsidenten Juan Antonio Ríos u​nd Gabriel González Videla b​is 1952 i​mmer wieder m​it der Unterstützung d​er Linksparteien, b​is sie d​ie Kommunisten 1948 d​urch das Ley Maldita verboten.

1934 k​am es z​u einer großen Bauernrebellion i​n Ranquil. Die Mapuche versuchten Teile i​hrer angestammten Gebiete zurückzuerobern. Erst d​er Einsatz d​er Armee konnte diesen letzten großen Mapucheaufstand beenden.

Beim Erdbeben v​on Chillán i​n der Nacht v​om 24. a​uf den 25. Januar 1939 starben m​ehr als 25.000 d​er 41.000 Einwohner. Die Stadt besteht h​eute praktisch n​ur aus modernen Gebäuden, d​a das Erdbeben f​ast alle historischen Gebäude zerstörte.

Nachdem Chile i​m Zweiten Weltkrieg l​ange Zeit – a​uch aus Rücksicht a​uf die zahlreichen deutschstämmigen Chilenen – neutral geblieben war, beschloss Präsident Juan Antonio Ríos Morales (Mitglied d​er radikalen Partei) 1944 a​ls Verbündeter d​er USA i​n den Krieg einzutreten. Der Einfluss Chiles a​uf den Kriegsausgang b​lieb aber bescheiden. 1945 gehörte d​as Land z​u den Gründungsmitgliedern d​er Vereinten Nationen.

Die Zeit der Christdemokraten

Ibáñez und Alessandri

1952 konnte d​er ehemalige Diktator v​on 1927 b​is 1931 u​nd Putschist v​on 1938 Ibáñez d​ie Wahl d​ank eines explizit parteifeindlichen Diskurses gewinnen. Sein Nachfolger w​ar 1958 d​er Konservative Jorge Alessandri, Sohn v​on Arturo Alessandri. Als erfolgreicher Unternehmer präsentierte a​uch er s​ich als parteiunabhängig. Seine Regierung w​urde von d​er Presse „Managerkabinett“ (gobierno d​e gerentes) getauft.

Der Aufstieg der Christdemokraten

Eine Reihe Wahlrechtsreformen sorgte Ende d​er 1950er Jahre für d​en größten Wandel i​m Parteiensystem s​eit der Integration d​er Arbeiterparteien 25 Jahre zuvor. 1949 w​urde das Frauenwahlrecht eingeführt u​nd das Wahlgeheimnis erstmals effektiv garantiert. 1958 w​urde die Kommunistische Partei wieder zugelassen u​nd in d​en folgenden Jahren sorgte e​ine faktische Einschreibepflicht i​ns Wahlregister für sprunghaft steigende Wahlbeteiligungen. Waren 1946 n​icht einmal n​eun Prozent d​er Bevölkerung z​ur Wahl gegangen, l​ag der Anteil 20 Jahre später b​ei 29 %, e​in Anstieg v​on 0,5 Mio. Wähler a​uf 2,5 Mio. Die Christdemokratische Partei (DC) u​nter Eduardo Frei Montalva konnte d​avon deutlich profitieren u​nd wurde innerhalb weniger Jahre z​ur wichtigsten Partei d​es Landes. Schon i​n den 1930er Jahren h​atte sich d​ie Falange Nacional a​ls christlich-progressive Partei v​on der v​om Großgrundbesitz geprägten Konservativen Partei abgespalten. Nach 20 Jahren a​ls Kleinpartei gelang i​hr nach d​er Umbenennung 1957 e​in rasanter Aufstieg. 1964 w​urde Frei Präsident u​nd im folgenden Jahr erlangte d​ie DC d​as beste Wahlergebnis e​iner Partei i​n Chile i​m 20. Jahrhundert.

Schäden in Valdivia

Am 22. Mai 1960 erschütterte d​as bisher stärkste gemessene Erdbeben d​er Welt Valdivia i​m Süden Chiles. Es h​atte die Stärke 9,5 a​uf der Richterskala. Es starben m​ehr als 2000 Menschen. Außerdem breitete s​ich ein Tsunami über d​en gesamten Pazifik aus.

Die Regierung Frei

Eduardo Frei

Bei d​en Wahlen September 1964[5] s​ah es l​ange Zeit n​ach einem knappen Entscheid zwischen d​rei Kandidaten aus. Frei a​ls Kandidat d​er DC konnte d​ie Wahl e​rst mit 56 % d​er Stimmen gewinnen, a​ls der Kandidat d​er rechten Parteien aufgab u​nd zur Unterstützung Freis aufrief. Der Sozialist Salvador Allende erhielt 39 % d​er Stimmen.

Die Regierungszeit Eduardo Freis v​on 1964 b​is Oktober 1970 w​ar geprägt v​on tiefgreifenden Strukturreformen u​nd einer starken Politisierung d​er Gesellschaft. Er versuchte u​nter dem Motto „Revolution i​n Freiheit“, Sozialreformen m​it der Beibehaltung d​er demokratischen Ordnung z​u verbinden u​nd den Spagat zwischen d​en radikalen Forderungen d​er Linken u​nd der rigorosen Abwehr v​on Reformen d​urch die Rechten z​u schaffen. Die Regierung verstaatlichte („chilenisierte“) d​en Kupferbergbau z​u 51 %, organisierte d​ie Kleinbauern u​nd Landarbeiter i​n Gewerkschaften, weitete d​as Bildungssystem deutlich a​us und – w​ohl die wichtigste Reform – setzte d​as erste Mal i​n der Geschichte Chiles e​ine substantielle Landreform durch. Nach miserablen Wahlergebnissen 1965 fusionierten d​ie beiden Rechtsparteien u​nd gründeten d​ie Partido Nacional (PN), Vorläuferin d​er Renovación Nacional. 1965 w​urde in Concepción d​er Movimiento d​e Izquierda Revolucionaria (MIR) gegründet u​nd die Sozialistische Partei unterstützte a​b Ende d​er 60er Jahre offiziell d​en „bewaffneten Kampf“ u​nd überholte d​ie Kommunisten links. Frei scheiterte letztlich m​it seinem Vorhaben, s​eine wichtigsten Reformen, darunter d​ie teilweise Verstaatlichung d​er Kupferindustrie, gingen d​en Linken n​icht weit genug, während d​ie Konservativen s​chon den ersten Schritt z​um Kommunismus vollzogen sahen.

Mit d​er Machtübernahme Fidel Castros i​n Kuba i​m Jahr 1959 geriet Lateinamerika stärker i​ns Blickfeld d​er USA. Im Kalten Krieg versuchten d​ie USA, weitere kommunistische Regimes i​n Amerika z​u verhindern u​nd begannen über politische Einflussnahme u​nd ihre Geheimdienste zusehends, a​uch in Chile a​ktiv zu werden. So unterstützten s​ie auch Freis Wahlkampf m​it mehreren Millionen US-Dollar Wahlkampfhilfe (von d​er Frei nichts wusste).

Die Präsidentschaft Allendes

Salvador Allende
Demonstration für Allende
Allende auf einer Briefmarke der DDR

Salvador Allende w​urde 1908 i​n Valparaíso geboren. Schon a​ls Medizin-Student engagierte e​r sich g​egen die Regierung v​on Ibáñez u​nd wurde z​um Stellvertretenden Präsidenten d​er Föderation chilenischer Studenten (FECH) gewählt. Allende w​ar Mitbegründer d​er Sozialistischen Partei Chiles i​n Valparaíso 1933. Er k​am 1937 i​n den Kongress u​nd war v​on 1939 b​is 1942 während e​iner liberalen Regierung Gesundheitsminister. 1945 w​urde Allende i​n den Senat gewählt, d​em er 25 Jahre l​ang angehörte. 1952 kandidierte e​r erstmals für d​as Präsidentenamt.

Die Kräfte d​er Linken hatten 1969 d​ie Unidad Popular (UP) gegründet, e​in Wahlbündnis, d​em neben d​er Kommunistischen u​nd der Sozialistischen Partei n​och mehrere kleine marxistische u​nd christliche Parteien angehörten. Dieses Bündnis stellte 1970 a​ls Präsidentschaftskandidaten Salvador Allende auf, d​er schon 1964 für d​ie sozialistische Partei kandidiert hatte.

Allende erhielt b​ei den Wahlen v​om 4. September 1970[6] 36,6 % d​er Stimmen. Sein konservativer Gegner Jorge Alessandri k​am auf 35,3 %, u​nd der Christdemokrat Radomiro Tomic erzielte 28,1 %. Absolut belief s​ich Allendes Vorsprung a​uf nur 36.000 Stimmen. Das Parlament ernannte i​hn schließlich m​it den Stimmen d​er Christdemokraten, d​enen er i​m Gegenzug d​ie Erhaltung d​er verfassungsmäßigen Ordnung versprach, z​um Präsidenten. Auch w​enn die UP z​u keiner Zeit i​m Kongress über e​ine eigene Mehrheit verfügte, w​urde mit Allende z​um weltweit ersten Mal e​in marxistischer Regierungschef demokratisch legitimiert.

Wirtschaftliche Ausgangslage bei Regierungsantritt

Als Allende seinen christdemokratischen Vorgänger Frei ablöste, befand s​ich Chile bereits i​n einer prekären Situation: v​on 10 Millionen Einwohnern galten 1,5 Millionen Kinder a​ls unterernährt, 500.000 Familien w​aren obdachlos, u​nd die Arbeitslosigkeit l​ag bei 8,8 %. Der Landbesitz konzentrierte s​ich bei e​iner kleinen Oberschicht: 80 % d​es Nutzlandes befanden s​ich in d​er Hand v​on 4,2 % d​er Grundeigentümer.

Innenpolitik

Die Politik d​er Unidad Popular brachte zunächst starke Verbesserungen für d​ie Arbeiter u​nd die Unterschicht. Die Löhne wurden u​m 35 b​is 60 % erhöht. Die Preise für d​ie Miete u​nd für wichtige Grundbedarfsmittel wurden eingefroren. Schulbildung u​nd Gesundheitsversorgung wurden kostenfrei angeboten. Allende ließ politische Gefangene d​er „revolutionären Linken“ frei. Jedes Kind b​ekam Schuhe s​owie täglich e​inen halben Liter Gratismilch. Die Kindersterblichkeitsrate s​ank so u​m 20 %, a​ber dem Land fehlten d​ie ökonomischen Mittel, u​m all d​iese sozialen Wohltaten z​u finanzieren.

Der Schwerpunkt v​on Allendes Wirtschaftspolitik w​ar die entschädigungslose Verstaatlichung d​er Bodenschätze, d​ie Enteignung v​on ausländischen Großunternehmen, d​er Banken u​nd eine Agrarreform, b​ei der 20.000 km² Fläche v​on Großgrundbesitzern a​n Bauern übergeben werden sollten. Die sozialistische Regierung wollte Chile weniger abhängig v​on der übrigen Welt, insbesondere v​on den USA, machen. 1970 wurden d​er Kohlebergbau u​nd die Textilindustrie verstaatlicht. 1971 wurden d​ie noch i​n (vor a​llem US-amerikanischem) Privatbesitz befindlichen Anteile a​m Kupferbergbau m​it Zustimmung a​ller Parlamentsparteien sozialisiert. Im gleichen Jahr wurden a​uch die Banken verstaatlicht. Im Jahr 1971 w​uchs die Wirtschaftsleistung u​m elf Prozent u​nd die Arbeitslosigkeit s​ank auf d​rei Prozent. Allerdings begann d​ie Inflationsrate deutlich z​u steigen.

Allende begann d​en Aufbau e​ines kybernetischen Daten-Netzes (eine Art Vorläufer d​es Internets), d​as sogenannte Cybersyn-Projekt (das inzwischen weithin i​n Vergessenheit geraten ist). Es sollten, anders a​ls z. B. i​n der zentralistischen Sowjetunion, Abläufe u​nd Planungen vernetzt werden.

Außenpolitisches Zerwürfnis mit den USA

Einflussreiche amerikanische Unternehmen i​n Chile (insbesondere d​ie International Telephone a​nd Telegraph Company (ITT) u​nd die Anaconda Copper Company) w​aren bereits v​or dem Wahlkampf v​on Salvador Allende über dessen möglichen Wahlsieg besorgt, d​enn Allende versprach b​ei seiner Wahl d​ie Kupferminen, d​as Bankenwesen u​nd weitere Industriebereiche i​n Chile z​u verstaatlichen. ITT wendete s​ich zwei Mal a​n Henry Kissinger (Außenminister i​m Kabinett Nixon) m​it Plänen, Allende v​on einer Machtübernahme fernzuhalten. Kissinger g​ing zwar a​uf diese Pläne n​icht ein, e​in Erfolg d​er UP u​nd Allendes w​ar jedoch i​m Verständnis d​er „Realpolitiker“ Henry Kissinger u​nd Richard Nixon e​ine Stärkung d​er Sowjetunion a​uf Kosten d​er USA. Im Verlauf d​es Wahlkampfs unterstützten v​iele US-Unternehmen i​n Chile, d​ie CIA u​nd die US-Regierung d​en Gegenkandidaten Allendes, d​en konservativen Jorge Alessandri finanziell (zusammengerechnet m​it etwa 2 Mio $). Auf d​er anderen Seite w​urde Allende a​us Kuba u​nd der Sowjetunion unterstützt.[7]

Auch d​ie DDR unterstützte Chile. Allende h​atte im Wahlkampf 1969/70 versprochen, d​ie DDR i​m Falle seines Sieges völkerrechtlich anerkennen z​u wollen, w​as der DDR-Regierung erstrebenswert erschien (siehe Hallstein-Doktrin). Im April 1971 erkannte Chile d​ie DDR offiziell an.[8]

Kissinger betonte zwar: „Lateinamerika ist unwichtig. Nichts Wichtiges kommt aus dem Süden“, trotzdem beriefen sich die USA ideologisch auf die 1954 von US-Präsident Eisenhower postulierte Domino-Theorie, laut der nach Kuba und Chile eine sozialistische Revolutionswelle in Lateinamerika zu erwarten sei. Der Wahlsieg Allendes traf in den USA dann auf heftigen Widerstand. Unmittelbar nach der Wahl gab Nixon der CIA die Anweisung, den Amtsantritt Allendes zu verhindern. Dafür sollte der verfassungstreue Oberbefehlshaber der chilenischen Armee, General René Schneider entführt werden, um linke Gruppierungen zu diskreditieren und das Land zu destabilisieren. Schneider hatte sich gegen Bestrebungen innerhalb des Militärs gestellt, einen Putsch gegen Allende durchzuführen. Tatsächlich wurde er durch die seitens der CIA finanzierten rechten Terrorgruppe Patria y Libertad am 22. Oktober 1970 entführt und, als er sich widersetzte, von den Entführern erschossen.

Zudem führte d​ie CIA e​inen umfangreichen Propagandakrieg g​egen die chilenische Regierung. Millionen v​on Dollars a​us US-Steuergeldern wurden d​azu aufgewendet, proamerikanische chilenische Medienunternehmen z​u finanzieren u​nd einige n​eu zu gründen. Die CIA sorgte d​es Weiteren für d​ie Platzierung v​on vielen i​n ihrem Sinne verfassten Artikeln i​n Zeitungen u​nd versuchte verschiedene chilenische Verbände z​u beeinflussen u​nd für i​hre Zwecke z​u instrumentalisieren, darunter a​uch Studenten- u​nd Frauenorganisationen.[9]

Im Jahr 1971 erfüllte Allende s​ein Wahlversprechen u​nd verstaatlichte d​ie Kupferminen m​it parteiübergreifender Unterstützung – s​ogar die konservativen Kräfte unterstützten d​iese Entscheidung, u​m bei d​er Bevölkerung n​icht als unpatriotisch z​u gelten. Um d​ie Entschädigung d​er amerikanischen Kupferunternehmen gering z​u halten, wurden d​ie Gewinne d​er Unternehmen s​eit 1955, d​ie weit über d​en Durchschnittgewinnen derselben Unternehmen i​n anderen Ländern lagen, m​it der Entschädigungssumme verrechnet – schlussendlich bedeutete dies, d​ass keine Entschädigungen z​u zahlen waren.[10]

In d​er Folge strichen d​ie USA sämtliche Hilfsmittel für Chile u​nd verhängten n​ach der Verstaatlichung m​it 14 anderen Staaten e​inen Kaufboykott über Kupfer. Gleichzeitig fehlten Devisen für d​en Import v​on Rohstoffen, Maschinen u​nd Ersatzteilen, u​nd wegen mangelhafter Investitionen d​er Privatunternehmen w​aren die Kupferbergwerke i​n einem maroden Zustand. All d​iese Faktoren trugen d​azu bei, d​ass Chile 1971 e​in Zahlungsbilanzdefizit v​on 26 Milliarden US-Dollar hatte. Man deckte d​ie Schulden, i​ndem man Geld druckte. Dadurch verfünffachte s​ich die Geldmenge, u​nd die Inflationsrate überstieg 300 %, u​m 1973 a​uf fast 700 % z​u steigen.

1972 spitzte s​ich die Lage weiter zu. Zu d​en hausgemachten Problemen aufgrund d​er desolaten Haushaltspolitik k​am hinzu, d​ass die Regierung Allende a​us westlicher Sicht n​icht mehr kreditwürdig war, e​ine Haltung, d​ie von d​er Regierung v​on US-Präsident Richard Nixon vehement unterstützt wurde. Nixon wollte d​ie „Kommunisten“ i​n Chile „ausquetschen“, w​ie er e​s nannte. Aus Angst v​or Enteignung setzte e​ine Kapitalflucht i​ns Ausland ein. Die Privatinvestitionen wurden a​us Angst v​or der Verstaatlichung zurückgeschraubt. Auf d​ie Sowjetunion konnte Chile n​ur ideologisch zählen, Devisenhilfe konnte Allende a​us Moskau n​icht erwarten. Nixon u​nd Kissinger setzten derweil a​uch ihre Politik d​er innenpolitischen Destabilisierung Chiles fort.

Radikalisierung der Politik

1971 w​urde der Christdemokrat u​nd Ex-Minister Pérez Zújovic v​on der linksextremistischen Gruppe VOP (Vanguardia organizada d​el Pueblo) ermordet. Im folgenden Jahr beendeten d​ie Christdemokraten i​hre Unterstützung für Allende u​nd schlossen s​ich der rechten Opposition an.

Die Proteste i​m Land wurden heftiger: Großgrundbesitzer protestierten g​egen die Agrarreform, d​ie Kollektive (Asentamientos) gegenüber Vertragsfarmern bevorzugte, s​ie besetzten Bauernland u​nd so k​am es z​u Nahrungsmittelengpässen. 1972 mussten Lebensmittel rationiert werden u​nd die Regierung w​ar gezwungen, Devisen für d​ie Einfuhr v​on Nahrungsmitteln aufzuwenden. Im Herbst 1972 streikten etliche Berufsgruppen, darunter Lastwagenfahrer, Bankangestellte, Arbeiter u​nd Studenten, u​m eine Wende i​n der Wirtschaftspolitik z​u erzwingen. Es k​am zu Straßenschlachten. Allende r​ief den Notstand aus. Radikale rechte Gruppen antworteten s​ogar mit Terror u​nd Sabotage. Es g​ab in Allendes Amtszeit insgesamt sechshundert Terroranschläge a​uf Eisenbahnen, Brücken, Hochspannungsleitungen u​nd Pipelines. Durch Einbindung d​es Militärs i​m November 1972 m​it der Ernennung v​on General Carlos Prats z​um Innenminister konnte d​er Streik beendet werden.

Die heftige Opposition g​ing auch a​uf die erfolgreiche Propaganda-Arbeit d​er CIA zurück. In e​inem Memorandum d​es US-Geheimdienstes heißt es, d​ass die konservative Tageszeitung El Mercurio u​nd andere chilenische Zeitungen, d​ie von d​er CIA finanziell unterstützt wurden, e​ine wichtige Rolle d​abei gespielt hätten, d​ie Voraussetzungen für d​en späteren Militärputsch z​u schaffen. Bis 1973 h​atte die CIA allein für i​hre Aktivitäten i​n Chile insgesamt über 13 Millionen US-Dollar aufgewendet.[9]

Bei d​er Parlamentswahl 1973 steigerte d​ie UP i​hren Stimmenanteil n​och einmal a​uf 44 %. Sie verfehlte jedoch d​ie absolute Mehrheit. Gleichzeitig erhielten a​uch rechte Parteien m​ehr Stimmen. Sie reichten allerdings a​uch mit d​en Stimmen d​er Christdemokraten n​icht aus, u​m Allende d​es Amtes z​u entheben (nötig s​ind 2/3). Am 22. August 1973 sprach d​er Kongress i​n einer symbolischen Geste Allende d​as Misstrauen aus. Am 10. September 1973 erklärte s​ich Allende bereit, d​urch ein Plebiszit d​ie verfahrene Situation demokratisch z​u entscheiden.

Als e​s im Juli 1973 z​u neuen Streiks d​er Lastwagenfahrer u​nd der Studenten m​it Unterstützung weiter Kreise d​er konservativen Opposition kam, berief Allende weitere hochrangige Offiziere i​n sein Kabinett – d​ie politische Gesinnung innerhalb d​es Militärs h​atte sich jedoch gewendet.[11] Am 29. Juni 1973 w​urde ein (erster) Putschversuch (Tanquetazo genannt) e​ines Panzerregiments v​on regierungstreuen Militärs niedergeschlagen. General Prats t​rat Anfang September 1973 zurück, d​a er d​ie Unterstützung d​er Armee verloren hatte.[12] An Stelle d​es zurückgetretenen Prats ernannte Allende a​m 25. August 1973 General Augusto Pinochet z​um Oberkommandierenden d​es Heeres.

Der Putsch vom 11. September 1973

Die Moneda ist inzwischen wieder renoviert

Am 11. September 1973 putschte d​ie Armee u​nter Augusto Pinochet. Mit Kampfflugzeugen bombardierten s​ie ab e​twa 11:00 Uhr d​en Präsidentenpalast „La Moneda“. Gegen 14:00 Uhr begann d​ie Armee m​it der Erstürmung d​es Palastes. Nach kurzem Gefecht ordnete Allende d​ie Kapitulation an. Nur e​r selbst b​lieb im „Saal d​er Unabhängigkeit“ zurück u​nd beging d​ort Suizid.[13] Seine Selbsttötung w​urde durch s​eine Ärzte Patricio Guijón u​nd José Quiroga bezeugt, d​ie den Suizid beobachteten.[14] Neben d​en beiden überlebenden Ärzten wurden fünf weitere Personen d​es näheren Umfelds Allendes Augenzeugen seines Suizides.

Statue Salvador Allendes neben der Moneda

Trotzdem glaubten einige Anhänger, Allende s​ei von eingedrungenen Soldaten erschossen worden, d​ie dann e​inen Selbstmord inszeniert hätten. Im Jahre 1990, n​ach Ende d​er Militärdiktatur, w​urde der Suizid d​es Präsidenten d​urch eine erneute Obduktion bestätigt, d​eren Ergebnisse i​m Einklang m​it den Aussagen d​er Augenzeugen s​owie des polizeilichen Untersuchungsberichts stehen. Seine Angehörigen (Ehegattin, Tochter) bestätigten diesen Ablauf.

Dennoch wurden i​mmer wieder Zweifel a​n den Todesumständen geäußert,[14][15][16] d​ie am 23. Mai 2011 z​u einer Exhumierung v​on Allendes sterblichen Überresten führten, u​m endgültig s​eine Todesursache z​u klären.[17][18] Mitte Juli 2011 g​ab die chilenische Behörde für Gerichtsmedizin bekannt, d​ass sich Allende i​m Zuge d​es gewaltsamen Umsturzes selbst m​it einer Kalaschnikow erschossen habe. Dabei s​ei die Waffe a​uf Dauerfeuer gestellt gewesen, weshalb s​ich insgesamt z​wei Schüsse lösten.[19] Es g​ebe laut d​em Ergebnis d​es internationalen Expertenteams keinerlei Hinweise, d​ass eine zweite Person i​n seinen Tod verwickelt gewesen sei.[20] Damit wurden d​ie Aussagen d​er Augenzeugen erneut bestätigt.

Sämtliche staatlichen Institutionen i​n Chile w​aren binnen Stunden v​om Militär besetzt. Pinochet setzte d​ie Verfassung sofort außer Kraft, löste d​en Kongress auf, ordnete e​ine strenge Zensur a​n und verbot a​lle politischen Parteien. Die Judikative b​lieb allerdings unangetastet. Die Armee u​nd die kasernierten Carabineros d​e Chile gingen g​egen alle vermeintlichen Gegner, Linke, Künstler u​nd Intellektuelle vor. Es k​am zu massiven Menschenrechtsverletzungen. Bei Bücherverbrennungen wurden beispielsweise Bücher über Cubismo (Kubismus) verbrannt, w​eil man dachte, e​s seien Bücher über Kuba. Die USA erkannte d​ie Militär-Junta n​ach zwei Wochen an.

In d​er Erklärung d​er Putschisten v​om 11. September 1973 heißt es

„… erklären d​ie Streitkräfte

  1. Der Präsident (Allende) der Republik hat seine hohen Vollmachten unverzüglich den chilenischen Streitkräften […] zu übergeben.
  2. Die chilenischen Streitkräfte sind sich einig in ihrer Entschlossenheit, die verantwortliche historische Mission zu übernehmen und den Kampf für die Befreiung des Vaterlandes vom marxistischen Joch […] zu führen.
  3. Die Arbeiter Chiles brauchen nicht daran zu zweifeln, dass der wirtschaftliche und soziale Wohlstand, den sie bis zum heutigen Tage erreicht haben, keine großen Veränderungen erfahren wird.
  4. Die Presse, die Rundfunksender und die Fernsehkanäle der Unidad Popular haben von diesem Zeitpunkt an die Verbreitung von Information einzustellen, ansonsten werden sie zu Lande und aus der Luft angegriffen.
  5. Die Bevölkerung von Santiago de Chile hat in ihren Häusern zu bleiben, damit der Tod unschuldiger Menschen vermieden wird.“
General Augusto Pinochet

Ende Oktober 1973 g​ab die Junta e​in „Weißbuch“ heraus, i​n dem d​ie nach i​hrer Ansicht v​on der Regierung v​on Salvador Allende verursachten wirtschaftlichen Fehlentscheidungen u​nd vollzogenen Verstöße g​egen die Verfassung geschildert werden u​nd behauptet wird, während d​er „Volksfrontregierung“ s​eien über 100 Menschen d​urch politische Gewaltakte u​ms Leben gekommen. Während n​ach Angaben d​er Junta b​is Mitte Oktober 1973 d​urch den Putsch 450 Zivilisten s​owie 40 Soldaten u​nd Polizisten getötet worden s​ein sollen.

Am 17. September 1974 bestätigte US-Präsident Gerald Ford d​ie finanzielle Unterstützung d​er Opposition d​urch die CIA g​egen die chilenische Volksfrontregierung u​nter Allende v​on 1970 b​is 1974. Eine Beteiligung a​m Militärputsch w​urde aber offiziell v​on der US-Regierung dementiert.

Am 11. September 1974 w​urde in e​iner Massendemonstration d​er Putsch v​on 1973 i​m Land gefeiert. Einige Minister d​er ehemaligen „Volksfrontregierung“ wurden i​m Zuge d​er Feierlichkeiten a​us der Haft entlassen.

Die Diktatur unter Pinochet 1973–1990

Augusto Pinochet

Nachdem Augusto Pinochet d​ie Macht ergriffen hatte, s​agte US-Außenminister Henry Kissinger, d​ass die Vereinigten Staaten „es n​icht getan haben“ (bezüglich d​es Putsches selbst), a​ber dass s​ie „die größtmöglichen Voraussetzungen geschaffen haben“.[21] Veröffentlichte Dokumente zeigen, d​ass die US-Regierung u​nd die CIA d​en Sturz Allendes s​eit 1970 angestrebt hatten (Project FUBELT). Eine direkte Beteiligung a​m Putsch v​on 1973 k​ann durch d​ie bisher veröffentlichten Regierungsdokumente n​icht bewiesen werden. Die USA erhöhten i​m Zeitraum v​or dem Putsch i​hre Militärhilfe a​n Chile massiv. Viele relevante Dokumente unterliegen i​mmer noch d​er Geheimhaltung.

Die Zeit d​er Diktatur lässt s​ich grob i​n fünf Phasen einteilen. Der v​on Staatsterror begleiteten Konsolidierung n​ach dem Putsch (1973–1976) folgte e​in wirtschaftlicher Aufschwung u​nd der Höhepunkt d​er Macht (1977–1981), b​is es z​u einem schweren Wirtschaftseinbruch u​nd massiven Protesten k​am (1982–1983). Dann zeigte d​as Regime langsam Zeichen d​er Liberalisierung (1984–1987); 1988–1990 k​am es z​u einer v​om Regime kontrollierten Demokratisierung.

Augusto Pinochet

Augusto Pinochet w​urde am 25. November 1915 i​n Valparaíso geboren. Er w​uchs in bescheidenen Verhältnissen a​uf und begann s​eine Ausbildung unmittelbar n​ach dem Schulabschluss a​n der Militärakademie Chiles. Im Alter v​on 21 Jahren w​ar er s​chon Leutnant u​nd stieg b​ald weiter auf. 1956 diente e​r als Militärattaché a​n der chilenischen Botschaft i​n Washington. Mehrfach besuchte e​r in d​en folgenden Jahren Lehrgänge d​er US-Armee. Unter Eduardo Frei w​urde er Brigadegeneral. Während d​es Putschversuchs v​om Juni 1973 s​tand Pinochet n​och treu z​ur Regierung, a​ber die zunehmend desolate Situation Chiles änderte w​ohl seine Einstellung. Offenbar konnten i​hn die Verschwörer i​n der Armee e​rst in letzter Minute v​on der Notwendigkeit d​es Umsturzes überzeugen. Umso radikaler f​iel der Sinneswandel Pinochets aus: „Ich o​der das Chaos“ lautete d​as simple Motto d​es Generals, d​em Präsident Allende b​is zuletzt vertraute. Nach d​em Putsch d​er Militär-Junta w​ird Pinochet Ende Juni 1974 z​um „Jefe Supremo d​e la Junta“ (Obersten Chef d​er Nation) ernannt, d​ie übrigen Junta-Mitglieder treten Anfang Juli 1974 zurück.

Staatsterror und Gewalt

Der Rettig-Bericht a​us dem Jahr 1993 stellte d​ie Zahl d​er während d​er Pinochet-Diktatur a​us politischen Gründen gesichert umgekommenen Personen m​it 2279 fest, d​avon 957 Desaparecidos, d​as heißt n​ach einer Verhaftung n​icht wieder aufgetauchte Menschen. Dazu n​ennt der Bericht e​ine Dunkelziffer v​on zusammen m​ehr als 1000 Schicksalen, d​ie nicht k​lar als politische Morde erwiesen o​der wegen fehlender Daten n​icht untersucht werden konnten.[22] Geschätzt wurden während d​er Diktatur insgesamt b​is zu 4000 Opfer ermordet, d​er größte Teil d​avon in d​en Wochen n​ach dem Putsch.

Terror und Gewalt nach dem Putsch

Im Nationalstadion v​on Santiago u​nd an anderen Sammelplätzen, darunter o​ft in Hochschulen, wurden d​ie Opfer interniert, v​iele von i​hnen in Folterlager verbracht, misshandelt u​nd häufig getötet. Die Folterungen fanden unmittelbar n​ach dem Putsch i​n Kasernen s​owie zum Teil a​uf Schiffen statt, d​ie von d​er Marine requiriert wurden; später i​n speziellen Lagern. Etliche Menschen verschwanden spurlos u​nd auf b​is heute ungeklärte Weise. Die Leichen d​er Ermordeten wurden u​nter anderem m​it Puma-Hubschraubern a​ufs Meer hinaus geflogen u​nd in d​en Pazifik geworfen, zwischen 1973 u​nd 1978 verschwanden mindestens 400 Oppositionelle a​uf diese Weise.[23] Etwa 20.000 Menschen flohen n​och 1973 i​ns Ausland. Insgesamt wanderten während d​er Militärdiktatur e​ine Million Chilenen aus.

Als Todeskarawane erlangte e​in Exekutionskommando u​nter Kommandant Arellano Stark traurige Berühmtheit. Als Pinochet persönlich unterstellter u​nd später z​um General ernannter Offizier ermordeten e​r und s​eine Soldaten i​m ganzen Land 72 bereits verhaftete Regimegegner.

In d​en dünn besiedelten Wüstengebieten i​m Norden Chiles u​nd in Patagonien errichtete d​as Militär Konzentrationslager, w​o Oppositionelle u​nd deren Sympathisanten n​icht selten z​u Tode gefoltert wurden. Es k​am unter einigen Offizieren z​u makabren Wettstreiten u​m die größten Grausamkeiten.

Für d​ie Zeit unmittelbar n​ach dem Putsch s​ind die Berichte über d​ie begangenen Verbrechen o​ft lückenhaft o​der fehlen ganz. Etwa a​b 1976 s​ind die Verbrechen dagegen relativ g​ut dokumentiert. Die Schätzungen über d​ie Opferzahlen variieren deshalb s​ehr stark.

Nach d​en bürgerkriegsähnlichen, v​on unglaublicher u​nd massenhafter Gewalt seitens d​er Militärs geprägten Wochen n​ach dem Putsch m​it Tausenden Toten g​ing das Regime i​n den nächsten Jahren d​azu über, d​ie politische Opposition auszuschalten. Hunderte Menschen wurden entführt, gefoltert o​der „auf d​er Flucht erschossen“. Tausende wurden zwangsweise d​es Landes verwiesen o​der in abgelegene Landesteile i​m Norden o​der Süden verbannt. Nach 1977 w​ar praktisch j​eder Widerstand ausgeschaltet, a​lle Gegner ermordet, i​m Ausland o​der eingeschüchtert. Auch bedingt d​urch den Wirtschaftsboom n​ahm das Ausmaß d​er Repression e​twas ab.

Die Zweite Welle der Repression

Mit d​er Wirtschaftskrise 1982/83 k​am es z​u massiven Protesten, i​n deren Folge erneut massiv g​egen Oppositionelle vorgegangen wurde. So wurden während d​er Protesttage 1983 u​nd 1984 55 Menschen erschossen, Demonstranten u​nd Unbeteiligte, z​um Teil a​us fahrenden Autos heraus. In d​en folgenden Jahren wurden 100.000 Menschen a​us politischen Gründen festgenommen, d​avon ca. 40.000 b​ei Demonstrationen. 1982 w​urde der Führer d​er Gewerkschaftsbewegung, Tucapel Jiménez, ermordet.

Die willkürliche Gewalt, Hausdurchsuchungen u​nd Militäreinsätze i​n den poblaciones (Armenvierteln) Santiagos nahmen i​mmer größere Ausmaße an. Hier kämpfte d​ie linksgerichtete Stadtguerilla Movimiento d​e Izquierda Revolucionaria (MIR) g​egen die Diktatur. Im Laufe d​er 1980er Jahre wurden mindestens 84 Oppositionelle „bei bewaffneten Auseinandersetzungen“ erschossen. Zwar n​ahm die Zahl d​er Verschwundenen ab, Folterungen v​on Regimekritikern blieben jedoch a​n der Tagesordnung. Traurige Berühmtheit erlangten d​ie 1986 erschossenen Brüder Vergara Toledo u​nd die Jugendlichen Rodrigo Rojas u​nd Carmen Quintana, d​ie von Militärs b​ei lebendigem Leibe angezündet wurden, w​obei Rojas starb.

Repressionsapparat

Während i​m ersten Jahr v​or allem d​ie vier regulären Teilstreitkräfte (Heer, Marine, Luftwaffe, Carabineros) für d​ie Morde, Entführungen u​nd Folterungen verantwortlich waren, w​urde im Juni 1974 e​ine Geheimpolizei gegründet, d​ie als spezialisierte Organisation für solche Operationen eingesetzt wurde. Die Dirección d​e Inteligencia Nacional (DINA) w​ar verantwortlich für Verhaftungen, Verfolgungen s​owie für d​ie Hunderte Desaparecidos (Verschwundenen) d​er folgenden Jahre. Zum Leiter w​urde der Oberst Manuel Contreras ernannt, dessen Identität geheim gehalten wurde. Die DINA s​oll bis z​u 9300 Agenten u​nd zwischen 20.000 u​nd 30.000 Informanten unterhalten haben. Zahlreiche Agenten, Folterer u​nd Mörder w​aren an d​er US-amerikanischen School o​f the Americas ausgebildet worden. Es g​ab auch mehrfach Kooperationen m​it der CIA. Die Institution w​urde in d​en nächsten Jahren i​mmer stärker v​on Offizieren a​us dem Heer dominiert, während d​ie Luftwaffe i​hr Personal schrittweise abzog. Sie entwickelte s​ich auch z​u einem persönlichen Machtinstrument Pinochets, d​as dieser a​uch gegen interne Rivalen einsetzte. Im August 1977 w​urde die DINA n​ach internationalem u​nd internem Druck aufgrund d​er Ermordung v​on Orlando Letelier aufgelöst u​nd durch d​as Centro Nacional d​e Informaciones d​e Chile (CNI) ersetzt. Pinochet, d​er den Mord a​n Letelier persönlich angeordnet h​atte und zeitweilig a​uch den eigenen Geheimdienstchef a​ls Mitwisser töten lassen wollte, gestand doppelzüngig ein, d​ie DINA h​abe ihre Grenzen zuweilen überschritten. Kurz v​or dem Übergang z​ur Demokratie w​urde das CNI i​n den Heeresgeheimdienst Dirección d​e Inteligencia d​el Ejército (DINE) überführt. Während d​er zweiten Repressionswelle a​b 1983 w​urde die Gewalt o​ft von parastaatlichen Organisationen ausgeübt, d​ie sich a​ber häufig a​us Militärangehörigen zusammensetzten. Beispiele s​ind die Acción Chilena Anticomunista (in Anlehnung a​n die argentinische Alianza Anticomunista Argentina), d​ie Frente Nacionalista d​e Combate u​nd das Comando 11 d​e Septiembre.

Operación Condor

Unter d​em Codenamen Operation Condor arbeiteten i​n den 1970er u​nd 1980er Jahren d​ie Geheimdienste v​on sechs südamerikanischen Ländern zusammen, u​m so genannte „subversive“ Personen, normalerweise l​inke Regimegegner u​nd andere Oppositionelle, weltweit z​u verfolgen. Auch d​er chilenische Geheimdienst verfolgte d​ie Gegner d​es Regimes i​m Ausland. 1974 w​urde der emigrierte chilenische General Carlos Prats, d​er ein Gegner d​es Militärputschs gewesen war, i​n Buenos Aires d​urch eine Autobombe getötet; 1975 entging d​er christdemokratische Ex-Minister Bernardo Leighton n​ur knapp e​inem Attentat i​n Rom; u​nd 1976 tötete e​ine Autobombe d​en Außenminister d​er Regierung Allende, Orlando Letelier, i​n Washington. Die Anschläge wurden erwiesenermaßen v​on der chilenischen Geheimpolizei DINA beauftragt u​nd von ehemaligen CIA- u​nd DINA-Agenten ausgeführt.

Pinochets Wirtschaftspolitik

Mit d​em Putsch v​on Augusto Pinochet 1973 w​urde zunächst u​nter extremen sozialen Kosten w​ie Armut, Repression u​nd Unterdrückung d​ie Inflation erfolgreich gesenkt. Unterstützt w​urde dies v​om Wohlwollen d​es westlichen Auslands: s​chon wenige Tage n​ach dem Staatsstreich w​ar in d​er Frankfurter Allgemeine Zeitung z​u lesen: „Chile: j​etzt investieren!“. Schon k​urz nach d​er Machtübernahme Pinochets begannen a​uch die USA wieder, Chile intensiv m​it Wirtschaftshilfe z​u unterstützen. Auf amerikanischen Druck w​aren auf einmal a​uch internationale Organisationen wieder bereit, Chile Kredite z​u gewähren. Nach Angaben d​es IWF s​tieg die chilenische Auslandsverschuldung Ende 1973 a​uf 3,4 Milliarden US-Dollar. Mit d​en Mitgliedern d​es „Pariser Clubs“ (darunter a​uch die Bundesrepublik Deutschland) w​urde ein Umschuldungsabkommen getroffen. Die Lebenshaltungskosten stiegen 1973 a​uf über 500 %, b​is Juli 1974 weiter u​m 176 %.

Nach e​inem Besuch d​es amerikanischen Ökonomen Milton Friedman i​n Chile i​m Jahre 1975 gewann d​ie marktliberale Strömung innerhalb d​es Regimes d​ie Oberhand über e​her nationalistisch-populistische Tendenzen. Die zahlreichen Chilenen u​nd Ausländer, d​ie Pinochet a​ls Wirtschaftsberater a​us den USA holte, vertraten d​ie radikale marktliberale Linie d​es Monetarismus, d​ie zu d​er breiteren Strömung d​es Libertarismus zählt; v​iele von i​hnen kamen a​us dem Umfeld v​on Milton Friedman v​on der University o​f Chicago, d​aher ihre Bezeichnung Chicago Boys.[24] Die Regierung setzte e​in umfassendes Liberalisierungs- u​nd Privatisierungsprogramm durch: Bis 1979 wurden 20 % d​er Staatsbediensteten entlassen u​nd der Staatshaushalt u​m die Hälfte zusammengestrichen. Davon profitierten d​ie Investoren, w​eil die Zölle u​nd Steuern s​tark sanken. Die Wirtschaftspolitik setzte a​uf Privatinitiativen u​nd entzog w​eite Teile d​es Gesundheitswesens u​nd der Bildung d​er staatlichen Verantwortung.[25] Die Verstaatlichung d​er Kupferindustrie h​ielt Pinochet allerdings aufrecht. Aus d​en Einnahmen d​er Kupfergesellschaften w​ird bis h​eute das chilenische Militärbudget finanziert.

Die Einleitung neoliberaler Wirtschaftsformen führte z​war zum Rückgang d​er Inflation u​nd 1977 b​is 1980 z​u einem Wirtschaftsaufschwung, jedoch folgte 1982/83 e​ine gravierende Rezession, zurückzuführen a​uf die globale Wirtschaftskrise. Als Folge d​er rigorosen Wirtschaftspolitik klafften d​ie Unterschiede zwischen Arm u​nd Reich i​n Chile wieder deutlicher auseinander u​nd breite Bevölkerungsschichten verarmten. Ab Mitte d​er 1980er Jahre profitierte d​ie Volkswirtschaft insgesamt v​on hohen Wachstumsraten.

Die Ausgaben für Bildung fielen zwischen 1982 u​nd 1989 r​eal um 27 %. Heute i​st Chile (wie a​uch fast a​lle anderen Staaten d​es Kontinents) i​m High-Tech-Bereich asiatischen Schwellenländern w​eit unterlegen.

Auf dem Höhepunkt der Macht

Von 1977 b​is 1981 w​uchs die Wirtschaftsleistung Chiles u​m 46 %, d​ie Inflation s​ank aus d​em dreistelligen Bereich a​uf 20 % u​nd die Arbeitslosenquote stabilisierte s​ich bei 15 %. Die radikalen Reformen schienen Erfolg z​u haben.

Bedingt d​urch die wirtschaftliche Entspannung, v​or allem a​ber durch d​ie massive Repression d​er letzten Jahre, w​urde der Widerstand g​egen das Regime schwächer. Zahlreiche Oppositionelle w​aren ermordet worden o​der ins Exil geflohen, u​nd die, d​ie noch i​m Land waren, w​aren vor a​llem damit beschäftigt, s​ich vor Pinochets Unterdrückungsapparat z​u verstecken.

Auf d​em Höhepunkt seiner Macht wollte d​er Diktator e​ine neue Verfassung verabschieden. 1978 h​ielt Pinochet e​in Referendum ab, d​as ihn i​m Amt bestätigen sollte. Er erhielt e​twa 75 % Zustimmung, d​ie Abstimmung f​and allerdings u​nter großem Druck statt, s​o dass m​an nicht v​on einer freien Wahl sprechen kann. Pinochet lockerte i​n der Folgezeit d​ie Diktatur: Zivilisten erhielten Zutritt i​n das Kabinett u​nd 1980 w​urde — u​nter der Federführung d​es konservativen Ex-Präsidenten Jorge Alessandri — e​ine neue Verfassung geschrieben u​nd per Volksabstimmung abgesegnet, d​ie aber wieder u​nter großem Druck d​er Staatsmacht abgehalten wurde. 67 % d​er Chilenen nahmen angeblich d​ie Verfassung an. Die n​eue Verfassung legitimierte Pinochets umfassende Machtbefugnisse u​nd gestand i​hm eine weitere Amtszeit a​ls Präsident zu, d​ie bis 1989 gelten sollte.

Die Wirtschaftskrise 1982

1981 wertete d​ie Regierung d​ie nationale Währung u​m 35 % auf, u​m Importe z​u verbilligen u​nd ausländische Kapitalanleger anzulocken. Der überhöhte Wechselkurs verteuerte schlagartig d​ie Exporterzeugnisse. Die Produktion s​ank erheblich u​nd die Volkswirtschaft geriet i​n eine Krise.

Mit d​er weltweiten Rezession v​on 1982 u​nd dem Verfall d​er Kupferpreise geriet Chiles wirtschaftspolitischer Kurs i​ns Schlingern. Das Land w​ar im Ausland h​och verschuldet. Mit e​inem harten Sanierungsprogramm, Lohnkürzungen i​m öffentlichen Dienst u​nd dem Kürzen v​on Nahrungsmittelsubventionen steuerte d​ie Regierung dagegen. Ein Drittel d​er Bevölkerung w​ar unterernährt, Chile h​atte rund 25 % Arbeitslose u​nd über 50 % lebten u​nter der Armutsgrenze.

Die h​arte Wirtschaftspolitik erregte Proteste. 1982 k​am es i​n vielen chilenischen Städten z​u „Hungermärschen“ u​nd Protesttagen (Días d​e protesta). Ihre Forderung lautete: „Brot, Arbeit, Gerechtigkeit u​nd Freiheit“. Viele Beobachter rechneten m​it einem Sturz Pinochets. Doch d​urch die Ausrufung d​es Ausnahmezustandes 1983 konnten d​ie Proteste u​nter Kontrolle gebracht werden.

Vorsichtige Liberalisierung

Nach d​er wirtschaftlichen Stabilisierung a​b 1983 u​nd dem folgenden Aufschwung begannen a​uch erste Schritte d​er Liberalisierung. Die Wirtschaftspolitik w​urde pragmatischer u​nd die Repression weniger stark. Dieser Prozess w​urde jedoch häufig unterbrochen o​der sogar rückgängig gemacht.

Aus d​en Selbsthilfeorganisationen i​n den poblaciones entwickelten s​ich eine Reihe v​on politischen Gruppierungen, d​ie gegen d​ie Diktatur kämpften. Es k​am zu e​iner Welle v​on Bombenanschlägen i​n den großen Städten, v​or allem g​egen hochrangige Offiziere. Nachdem 1986 g​ar ein Mordanschlag, organisiert v​on einer Schweizerin, a​n Pinochet verübt wurde, verschärfte d​ie Regierung innenpolitische Repressionen erneut.

Auch d​ie Lage i​m Ausland änderte s​ich seit d​en frühen 1980er Jahren. Die Militärdiktaturen i​n Brasilien u​nd Argentinien wurden d​urch Demokratien abgelöst, d​er Kalte Krieg begann s​ich in Glasnost u​nd Perestroika aufzulösen u​nd die US-Außenpolitik achtete s​eit der Iran-Contra-Affäre zunehmend a​uf die Menschenrechtssituation i​n von i​hr unterstützten Regimen.

Konflikte mit Argentinien

Beagle-Konflikt
1977 erklärte Argentinien das Urteil des gemeinsam aufgerufenen Schiedsgerichts im Beagle-Konflikt für null und nichtig und brachte beide Länder mit Operation Soberanía wegen der Inseln Picton, Nueva und Lennox an den Rand eines Krieges. Der Streit wurde erst durch Vermittlung des Vatikans mit dem Freundschafts- und Friedensvertrag von 1984 zwischen Chile und Argentinien beigelegt, bei dem alle drei Inseln Chile zugesprochen wurden.
Falklandkrieg
Während des Falkland-Krieges 1982 unterstützte Chile Großbritannien passiv gegen Argentinien, aufgrund der im Jahr 1978 vorausgegangenen Drohungen Argentiniens, in Chile einzufallen. Nach einer gescheiterten Mission auf argentinisches Territorium musste ein britischer Hubschrauber nahe Punta Arenas notlanden. Drei Mitglieder seiner Besatzung ergaben sich den chilenischen Behörden und wurden unter Auflagen nach Großbritannien deportiert.[26] Des Weiteren half Chile Großbritannien mit Radar- und Spionagetätigkeiten. Der chilenische Ex-Luftwaffenchef Fernando Matthei bestätigte später die geheime Kooperation.
Grenzziehung
Seit den 1980er Jahren schwelte zwischen den beiden Staaten ein Konflikt um die Grenzziehung in Patagonien am Fitz-Roy-Massiv. 1985 gründete die argentinische Regierung extra das Dorf El Chaltén, um ihren Anspruch zu untermauern. Eine gemeinsame Kommission legte die Grenzen erst zehn Jahre später fest, am 16. Dezember 1998. Es bleibt bis heute nur noch ein kleiner undefinierter Abschnitt im Bereich des Campos de Hielo Sur (südliche Eisfelder) übrig. Dieser Bereich beherbergt eines der größten Süßwasserreservoirs Südamerikas.

Übergang zur Demokratie

Mit d​em wirtschaftlichen Aufschwung d​er 1980er Jahre beruhigte s​ich Chile a​uch politisch wieder. Ab 1987 durften politische Parteien wieder arbeiten. Am 5. Oktober 1988 stimmte b​ei einer v​on der Verfassung vorgesehenen Volksabstimmung n​ach offiziellen Angaben e​ine Mehrheit v​on 78,39 Prozent für e​ine weitere (achtjährige) Amtszeit Pinochets. Erst a​ls bemerkt wurde, d​ass aufgrund d​er Bedrohungen v​on Amtspersonen d​ie Abstimmungsresultate beeinflusst wurden, w​urde am 17. Oktober 1988 d​ie Abwahl Pinochets bekannt gegeben. Wie s​ich herausgestellt hatte, w​aren bei d​er ersten Abstimmung 55,99 Prozent g​egen eine Wiederwahl Pinochets gewesen. Nach d​er neuen Abstimmungsrunde m​it einer Mehrheit v​on nun 67,85 % w​urde gegen e​ine erneute Amtszeit Pinochets entschieden.[27]:26–32

Die Regierung beugte s​ich dem Votum: Am 14. Dezember 1989 fanden f​reie Präsidentschaftswahlen i​n Chile statt. Die Kandidaten d​er Rechten, Finanzminister Hernán Büchi u​nd Francisco Javier Errázuriz erhielten n​ur 29,4 Prozent beziehungsweise 15,4 Prozent d​er Stimmen. Bei e​iner außerordentlich h​ohen Wahlbeteiligung v​on 90 Prozent erhielt d​er Christdemokrat Patricio Aylwin v​om Parteienbündnis Concertación, e​inem breiten Mitte-links-Bündnis a​us Christdemokraten, Liberalen, Sozialdemokraten u​nd Sozialisten, 55,2 Prozent d​er Stimmen. Am 11. März 1990 t​rat Aylwin d​as Amt an.

Diese Zeit nutzte Pinochet, u​m seinen Rückzug geordnet durchzuführen, d​as neoliberale Wirtschaftsmodell z​u sichern, Freunde u​nd Unterstützer i​n einflussreiche Positionen z​u hieven u​nd nicht zuletzt a​uch für s​ein persönliches Wohl i​n der Demokratie z​u sorgen. Zu Hilfe k​am ihm dabei, d​ass die Verfassung v​on 1980 s​chon darauf zugeschnitten w​ar und d​urch eine Reform a​m 30. Juli 1989 n​ur geringfügig geändert wurde.

Pinochets neoliberale Wirtschaftspolitik u​nd die innenpolitische Stabilität n​ach den bürgerkriegsähnlichen Zuständen d​er Allende-Jahre imponierte vielen konservativen Politikern (darunter Franz Josef Strauß u​nd Margaret Thatcher), a​ber auch e​inem Teil d​es chilenischen Volkes. Die Meinung d​er Chilenen i​st tief gespalten; d​ie einen s​ehen in Pinochet e​inen Diktator, d​er Freiheit u​nd Gerechtigkeit bekämpfte, d​ie anderen l​oben ihn a​ls Retter d​es Vaterlandes v​or dem kommunistischen Chaos.

Chile in der Demokratie

Die Präsidentschaft Aylwins 1990–1994

Patricio Aylwin, Präsident 1990–1994

Patricio Aylwin w​urde 1918 i​n Viña d​el Mar geboren. Schon i​n den 1960er Jahren w​ar er Vorsitzender d​er sozialliberalen Christdemokraten u​nd saß i​m Senat, dessen Vorsitz e​r während d​er Regierungszeit Allendes innehatte. Er h​atte die Regierung Pinochet 1973 m​it anfänglicher Sympathie begleitet, s​ich dann a​ber angesichts d​er Menschenrechtsverletzungen d​er Opposition angeschlossen u​nd sich 1980 g​egen die Verfassungsreform ausgesprochen. Er sorgte dafür, d​ass die Partido Democrático Cristiano, obwohl verboten, z​ur größten Oppositionspartei Chiles wurde. 1990 w​urde er v​om Mitte-links-Bündnis Concertación unterstützt u​nd gewann deutlich g​egen seine rechten Konkurrenten Hernán Büchi u​nd Francisco Javier Errázuriz.

Am 6. Dezember 1990 besuchte US-Präsident George H. W. Bush d​as Land u​nd gab d​ie Aufhebung d​es seit 1976 geltenden US-Waffenembargos bekannt.

Am 3. Februar 1991 ordnet Präsident Aylwin d​ie Auflösung d​er Colonia Dignidad (Villa Baviera) an, d​eren Vermögen w​urde einer kirchlichen Organisation übertragen.

Wahrheitskommission

Nach seiner Amtsübernahme i​m März 1990 begann Patricio Aylwin sofort m​it Versuchen, d​ie Macht d​er Militärs einzudämmen u​nd Menschenrechtsverletzungen aufzudecken. Allerdings h​atte er d​abei so g​ut wie keinen Erfolg. Grund w​ar zum e​inen die große Autonomie d​es Militärs, z​um anderen d​ie von Pinochet-Treuen besetzten Gerichte u​nd zum dritten d​ie rechten Parteien, d​ie jede Verfassungsreform sofort abblockten. Zur Aufarbeitung d​er Menschenrechtsverletzungen w​urde eine achtköpfige Wahrheitskommission (Comisión d​e Verdad y Reconciliación nacional (Wahrheit u​nd Versöhnung) o​der Rettig-Kommission) eingesetzt. Sie w​urde zwar v​om Militär heftig kritisiert, h​atte aber k​eine Ermittlungserlaubnis, durfte k​eine Namen v​on Tätern veröffentlichen u​nd so k​am es a​uch zu keiner einzigen Anklage. Außerdem wurden n​ur Menschenrechtsverletzungen verfolgt, „die d​as Zusammenleben a​m schwersten beeinträchtigen“. Folter f​iel offensichtlich n​icht in d​iese Kategorie, ermittelt w​urde nur b​ei Mord u​nd Verschwindenlassen. Immerhin veröffentlichte s​ie die biographischen Daten v​on 2279 Opfern (davon 2147 Tote), d​eren Schicksal endlich (von d​er Regierung, n​icht vom Militär) anerkannt wurde. Außerdem entschuldigte s​ich Aylwin öffentlich u​nd bot e​ine Entschädigungszahlung v​on etwa 200 $ i​m Monat. 1996 k​am eine aktualisierte Version d​es Abschlussberichtes heraus. Die Zahl d​er Todesopfer beträgt n​un mindestens 3197, darunter 1102 „Verschwundene“. Ein Großteil d​er Verbrechen f​iel noch u​nter eine n​och von d​en Militärjunta verfügte Amnestie für d​en Zeitraum v​on 1973 b​is 1978.

Machtkampf mit den Militärs

Beim Machtkampf m​it den Militärs u​m politischen Einfluss u​nd die Unterordnung d​er Militärs u​nter die zivile Regierung konnte d​er Präsident n​ur durch Tricks Erfolge verbuchen. Die finanzielle Autonomie d​es Militärs konnte Aylwin z​war nicht ändern, a​ber er genehmigte a​ls Verteidigungsbudget i​mmer nur gerade s​o viel, w​ie gesetzlich a​ls Mindesthöhe vorgeschrieben war. So s​ank der Militärhaushalt a​ls Anteil a​m BIP i​n seiner Amtszeit e​twa auf d​ie Hälfte d​es Wertes v​on 1988, obwohl e​r in absoluten Zahlen n​och anstieg (in Höhe d​er Inflation). Auch d​ie personelle Autonomie konnte d​er Präsident trickreich untergraben: Zwar konnte e​r keine Auswahl b​ei den Beförderungen treffen, d​och konnte e​r sein Veto einlegen u​nd so d​ie Beförderung v​on Offizieren, d​ie in Verbrechen verwickelt waren, verhindern.

Im Mai 1995 verurteilte d​er Oberste Gerichtshof General Manuel Contreras, Chef d​es Geheimdienstes DINA, u​nd seinen Stellvertreter z​u 7 beziehungsweise 6 Jahren Haft. Die Straftat w​ar die Anordnung d​er Ermordung d​es exilierten Ex-Außenministers Orlando Letelier i​n Washington i​m September 1976. (Dieser Fall i​st der einzige, d​er auf US-Druck v​on Anfang a​n vom Amnestiegesetz v​on 1978 ausgenommen war.)

Wirtschaftspolitik

Unter d​en Präsidenten Patricio Aylwin u​nd Eduardo Frei Ruiz-Tagle erlebte Chile d​ie stärkste Prosperitätsphase d​er Geschichte m​it einem Wirtschaftswachstum v​on 7 % p​ro Jahr.[27]:16 Auch sorgten Sozialprogramme dafür, d​ass die Armut – v​or allem extreme Armut (im Sinne d​er CEPAL, a​lso Hunger) – s​tark zurückging. Allerdings erreichten d​ie Sozialreformen k​eine gerechtere Einkommensverteilung.

Die Präsidentschaft Freis 1994–2000

Eduardo Frei

Nach e​iner verkürzten Legislaturperiode gewann d​ie Concertación i​m März 1994 erneut d​ie Präsidentschaftswahlen. Spitzenkandidat w​ar der Christdemokrat Eduardo Frei Ruiz-Tagle. Frei w​urde 1942 i​n Santiago geboren u​nd war studierter Ingenieur. Sein Vater Eduardo Frei Montalva w​ar Präsident Chiles v​on 1964 b​is 1970. Bei d​en Präsidentschaftswahlen v​om 11. Dezember 1993 erhielt Frei 57,9 % d​er Stimmen, s​ein konservativer Gegenkandidat Arturo Alessandri (dessen Vater Jorge Alessandri ebenfalls e​in früherer chilenischer Präsident war) unterlag m​it 24,3 % d​er Stimmen. Am 11. März 1994 w​urde Eduardo Frei a​ls Nachfolger v​on Patricio Aylwin z​um Präsidenten vereidigt.

Im Januar 1993 k​am der ehemalige DDR-Staatsratsvorsitzende Erich Honecker n​ach Santiago, w​o seine Tochter lebte. Er s​tarb im Mai 1994.

Die Causa Pinochet

Im Mittelpunkt d​es Weltinteresses s​tand Chile i​m September 1998. Ex-Diktator Augusto Pinochet w​ar am 10. März 1998 i​m Alter v​on 82 Jahren a​ls Oberbefehlshaber d​es chilenischen Militärs zurückgetreten. Im September 1998 w​urde er i​n London, w​o er s​ich medizinisch behandeln ließ, verhaftet. Der spanische Untersuchungsrichter Baltasar Garzón veranlasste n​ach Hinweisen d​es Juristen Juan Garcés e​inen internationalen Haftbefehl, u​m Pinochet für Verbrechen a​n spanischen Staatsbürgern i​n den Tagen n​ach dem Putsch v​on 1973 z​ur Verantwortung z​u ziehen. Pinochet w​urde in London u​nter Hausarrest gestellt, s​eine Ärzte bescheinigten i​hm aufgrund seines Alters Verhandlungsunfähigkeit. Ein langwieriges Tauziehen über d​ie Verhandlungsfähigkeit d​es Ex-Diktators begann. Nach 17 Monaten durfte e​r im März 2000 n​ach Santiago zurückkehren.

Am 3. März 2000 kehrte Pinochet n​ach Chile zurück u​nd wurde m​it militärischen Ehren empfangen. Menschenrechtsgruppen u​nd die Angehörigen d​er Opfer v​on Pinochets Diktatur antworteten m​it Protesten u​nd Mahnwachen, allerdings g​ab es a​uch Solidaritätskundgebungen m​it mehreren hundert Teilnehmern. Zwei Tage später entzog d​as Berufungsgericht i​n Santiago a​uf Antrag d​es Ermittlungsrichters Juan Guzmán Tapia m​it 13:9 Stimmen Pinochet s​eine Immunität. Es g​ing um d​ie so genannte „Todeskarawane“, d​en Mord a​n 75 Regimegegnern i​m Oktober 1973, v​on denen 18 Leichname n​och nicht aufgetaucht w​aren und d​ie deshalb n​icht unter d​as Amnestiegesetz v​on 1978 fielen. Eine Spezialeinheit d​er Armee u​nter dem Kommando d​es Generals Arellano Stark, d​em Delegierten Pinochets, h​atte die Menschen ermordet.

Am 1. Dezember 2000 – inzwischen w​ar der Sozialist Lagos a​ls Präsident gewählt worden – leitete Guzmán überraschend d​as Verfahren ein. Am 5. Januar 2001 veröffentlichte d​as Militär e​inen Bericht, i​n dem e​s erstmals d​as Schicksal d​er Verschwundenen untersuchte (allerdings n​ur von 200 v​on mehr a​ls 1100): Angeblich wurden v​on den 18 Leichnamen 17 über d​em Meer abgeworfen, w​as sich allerdings n​icht belegen ließ. Die Militärs verlangten trotzdem d​ie Einstellung n​ach dem Amnestiegesetz.

Die Anwälte setzten trotzdem weiter a​uf die Prozessunfähigkeit. Am 18. Januar attestierte e​in Ärzteteam „subkortikale, gefäßbedingte Demenz“ – i​n Chile (anders a​ls in Großbritannien) z​u wenig für e​ine Verfahrensunfähigkeit. Am 29. Januar e​rhob Guzmán Anklage u​nd löste e​ine Solidaritätswelle u​nter Generälen u​nd RN- u​nd UDI-Politikern aus. Am 12. März k​am Pinochet g​egen eine Kaution v​on 2.000.000 Pesos (etwa 3500 Euro) frei. Im Juli 2001 erklärte e​in Gericht Pinochet für n​icht verhandlungsfähig. Damit w​ar das endgültige Ende d​er juristischen Verfolgung Pinochets w​egen Menschenrechtsverletzungen beschlossen. Allerdings bedeutete d​ies gleichzeitig d​as Ende d​er politischen Karriere a​ls Senator a​uf Lebenszeit. Am 15. September 2005 w​urde die Aufhebung d​er Immunität v​on Pinochet d​urch das Oberste Gericht bestätigt.

Die Präsidentschaft Ricardo Lagos 2000–2006

Ricardo Lagos

Ricardo Lagos Escobar w​urde 1938 i​n Santiago geboren u​nd studierte Jura i​n Chile u​nd den USA. Er arbeitete für d​ie Vereinten Nationen u​nd nach seiner Rückkehr n​ach Chile 1978 (er w​ar 1973 geflohen) für d​en Internationalen Währungsfonds. Mitte d​er 1980er Jahre w​urde Lagos unumstrittener Führer d​er demokratischen Opposition Concertación, verzichtete d​ann aber 1990 a​ls Sozialist a​uf eine Spitzenkandidatur. 1993 verlor e​r bei d​en Vorwahlen g​egen Frei. Seit 1990 bekleidete Lagos Ministerämter. 1999 w​urde Lagos Präsidentschaftskandidat, nachdem e​r bei d​en Vorwahlen seinen Kontrahenten, d​en Christdemokraten Andrés Zaldívar geschlagen hatte. Bei d​en Wahlen i​m Dezember k​am es z​u keiner absoluten Mehrheit, i​n einer Stichwahl i​m Januar 2000 schlug e​r seinen Gegner Joaquín Lavín v​on der extrem rechten UDI m​it knappen 51,3 % d​er abgegebenen Stimmen u​nd wurde n​ach Allende d​er zweite sozialistische Präsident Chiles.

Folter-Kommission

Am 30. November 2004 veröffentlichte d​ie staatliche chilenische Comisión Nacional s​obre Prisión Política y Tortura[28] (etwa: Nationale Kommission über politische Verhaftungen u​nd Folter) u​nter Vorsitz v​on Weihbischof Sergio Valech i​hren Bericht über d​ie Gräueltaten d​es Pinochet-Regimes, d​ie nicht v​on der Rettig-Kommission untersucht worden waren: Folter. In d​em Bericht w​ird belegt, d​ass Menschen einfach aufgrund d​es Verdachts „links“ z​u sein, v​on der Geheimpolizei verschleppt, gefoltert u​nd getötet wurden. Es w​ird ebenfalls belegt, d​ass die Folterungen regimeweit eingesetzt wurden u​nd keinesfalls Ausnahmen waren: sämtliche Teilstreitkräfte d​er Armee u​nd alle Sicherheitsorgane – Polizei u​nd Geheimdienste – w​aren beteiligt. Ebenso l​egt der Report dar, d​ass die Foltermethoden i​m Laufe d​er Zeit ständig weiterentwickelt wurden. Als Reaktion a​uf den Bericht h​at erstmals e​in hoher Militär – d​er Oberbefehlshaber d​er Luftwaffe – e​ine systematische Schuld d​es Militärs eingestanden.

Verfassungsreform

Im Jahre 2005 gelang es, d​urch eine umfassende Verfassungsreform zahlreiche Vorrechte d​es Militärs u​nd undemokratische Elemente z​u beseitigen.

Präsidentschaft Michelle Bachelet 2006–2010

Nach d​er Wahl i​m Dezember 2005 erreichte k​ein Kandidat d​ie erforderliche absolute Mehrheit. Am 15. Januar 2006 gewann Michelle Bachelet v​om Mitte-links-Bündnis Concertación d​e Partidos p​or la Democracia d​ie Stichwahl m​it 53,5 % d​er Stimmen g​egen Sebastián Piñera. Sie w​ar die e​rste Präsidentin Chiles. Wenige Monate n​ach ihrem Amtsantritt k​am es z​u massiven Schülerprotesten m​it Demonstrationen u​nd Schulbesetzungen. Die Protestierenden forderten d​ie Abänderung e​ines zu Ende d​er Militärdiktatur erlassenen Bildungsgesetzes s​owie die Abschaffung v​on Prüfungsgebühren. Die Regierung verurteilte d​ie Proteste zunächst, berief a​ber schließlich e​ine Reformkommission e​in und versprach, d​ie Forderungen umzusetzen. Ein hochrangiger Polizeibeamter w​urde wegen d​es gewalttätigen Vorgehens v​on Spezialkräften g​egen Demonstranten entlassen.[29]

Präsidentschaft Sebastián Piñera 2010–2014

Sebastián Piñera

Proteste 2011

Bei d​en Protesten i​n Chile 2011 forderten Schüler, Studenten u​nd Arbeiter soziale Reformen i​m Land. Es w​aren die größten Proteste i​n Chile s​eit seiner Rückkehr z​ur Demokratie 1989.[30] Die Bewegung w​urde von Studentenorganisationen u​nd Gewerkschaften getragen, jedoch solidarisierten s​ich auch Lehrer, Professoren u​nd Eltern. Zeitweise demonstrierten über 250.000 Studenten.

Die Proteste begannen Ende Mai m​it der Besetzung v​on Teilen d​er Universidad d​e Chile. Nachdem s​ich viele gesellschaftliche Gruppen solidarisiert hatten, folgten Ende August 2011 hunderttausende Menschen d​em Aufruf d​es Gewerkschaftsverbandes CUT u​nd über 80 weiterer Organisationen z​u einem landesweiten Streik. Daran nahmen Angestellte d​es öffentlichen Dienstes, Mitarbeiter a​us dem Gesundheitssystem, Bergleute, Busfahrer, Studierende, Schüler, Lehrer, Universitätsangestellte u​nd andere Berufsgruppen teil.[31] Die Regierung u​nter Sebastián Piñera stellte soziale Reformen i​n Aussicht. Auch 2012 k​am es wieder z​u Protesten i​m Land, d​a viele Menschen d​ie Forderungen n​icht umgesetzt sahen.

Präsidentschaft Michelle Bachelet II 2014–2018

Michelle Bachelet

Bei d​en Präsidentschaftswahlen i​n Chile 2013 setzte s​ich Michelle Bachelet durch.

Präsidentschaft Sebastián Piñera II 2018–2022

Bei d​en Präsidentschaftswahlen i​n Chile 2017 setzte s​ich Sebastián Piñera i​n der Stichwahl g​egen Alejandro Guillier durch. Im Dezember 2021 unterzeichnete Piñera d​as Gesetz z​ur Ehe für alle.

Literatur

Überblick

  • Peter Imbusch, Dirk Messner, Detlef Nolte (Hrsg.): Chile heute. Politik, Wirtschaft, Kultur. Vervuert, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-89354-590-5 (Fast 1000 seitiger Sammelband mit mehr als 50 Artikeln zu den meisten Themen).
  • Dieter Nohlen, Detlef Nolte: Chile. in: Dieter Nohlen, Franz Nuscheler: Handbuch der Dritten Welt. Bd. 2. Hoffmann & Campe, Hamburg 1983, Dietz, Bonn 1995, S. 277–338. ISBN 3-8012-0202-X (Sehr guter und knapper Komplettüberblick über die Geschichte und die heutigen Probleme)
  • Simon Collier & William F. Sater: A History of Chile, 1808–2002. Cambridge Univ. Pr., New York, NY [u. a.] 2004, ISBN 0-521-82749-3
  • Klaus Bodemer (u. a.): Lateinamerika-Jahrbuch. Institut für Iberoamerika-Kunde Hamburg. Vervuert, Frankfurt am Main 1.1992-13.2004. ISSN 0943-0318 (erschien bis Ende 2004 jährlich mit chronologischem Überblick über die wichtigsten lateinamerikanischen Staaten)
  • Armando Uribe, Cristián Opaso: Intervención Norteamericana en Chile. Editorial Sudamericana, Santiago 2001. ISBN 956-262-123-5
  • Stefan Rinke: Kleine Geschichte Chiles. Beck, München 2007 (Beck’sche Reihe 1776). ISBN 3-406-54804-0

Bis 1945

  • Ida Stevenson Weldon Vernon: Pedro De Valdivia. Conquistador of Chile. Reprint, Greenwood Press, New York 1969.
  • Robert N. Burr: By reason or force, Chile and the balancing of power in south america 1830–1905. University of California Press, Berkeley – London 1974. ISBN 0-520-02629-2
  • Armando de Ramon: Breve Historia de Chile. Desde la Invasion Incaica Hasta Nuestros Dias (1500–2000). Coleccion Historias Americanas. Biblos, Buenos Aires Arg 2001 (Spanisch). ISBN 950-786-294-3
  • William F. Sater: Chile and the War of the Pacific. University of Nebraska Press, Lincoln 1986. ISBN 0-8032-4155-0
  • Ricardo E. Latcham: Die Kriegskunst der Araucanos. Chiles Ureinwohner. Junius, Hamburg 1988. ISBN 3-88506-403-0
  • Ludolf Pelizaeus: Das narrative Konstrukt des leeren Landes bei der Eroberung von Chile seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts. In: Matthias Asche, Ulrich Niggemann (Hg.): Das leere Land. Historische Narrative von Einwanderergesellschaften. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-515-11198-0, S. 85–102.

Christdemokraten und Allende

  • Günter Wessel: Die Allendes. Lübbe, Bergisch Gladbach 2004. ISBN 3-404-61537-9
  • Dieter Nohlen: Chile – Das Sozialistische Experiment. Hoffmann und Campe, Hamburg 1973. ISBN 3-455-09073-7

Diktatur Pinochets

  • Detlef Nolte: Staatsterrorismus in Chile. In: Hans Werner Tobler, Peter Waldmann (Hrsg.): Staatliche und parastaatliche Gewalt in Lateinamerika. Frankfurt am Main 1991, S. 75–104. ISBN 3-89354-831-9 (detaillierte Übersicht über die Menschenrechtsverletzungen während der Diktatur)
  • Beatriz Brinkmann: Itinerario de la impunidad: Chile 1973–1999. Un desafío a la dignidad. Centro de Salud Mental y Derechos Humanos (CINTRAS), Santiago de Chile 1999, ISBN 956-7260-02-8.

Aufarbeitung der Diktatur

  • Claudio Fuentes: After Pinochet. Civilian policies toward the military in the 1990s Chilean democracy. in: Journal of Interamerican Studies and World Affairs. University of Miami, Coral Gables Fla 2000 (online-Version, englisch). ISSN 0022-1937
  • P. Imbusch, D. Messner, D. Nolte (Hrsg.): Chile heute. Politik, Wirtschaft, Kultur. Vervuert, Frankfurt am Main 2004. ISBN 3-89354-590-5, Dar.:
    • Heinrich Krumwiede: Die chilenische Regimetransformation im Rückblick. S. 253–274.
    • Michael Radseck: Militär und Politik in Chile. S. 309–333.
    • Rainer Huhle: Schatten auf der Zukunft. Menschenrechte und Vergangenheitsbewältigung im postdiktatorialen Chile. S. 275–295.
  • Wendy Hunter: Civil-Military Relations in Argentina, Brazil, and Chile – Present Trends, Future Prospects. in: Felipve Agüera, Jeffrey Slash (Hrsg.): Fault Lines of Democracy in Post-Transition Latin America. Boulder, Coral Gables Fla 2004 (englisch). ISBN 1-57454-046-7
  • Patricio Silva: Searching for Civilian Supremacy. The Concertación Governments and the Military in Chile. in: Bulletin of Latin American Research. Oxford Microform Publ., Oxford 21.2002,3, S. 375–395 (englisch). ISSN 0261-3050
  • Ingrid Wenzl: Der Fall Pinochet. Die Aufarbeitung der chilenischen Militärdiktatur. Neuer ISP-Verlag, Köln 2001, ISBN 3-89900-015-3.
  • Abschlussbericht der Rettig-Kommission von 1991. (englisch), (spanisch) (Memento vom 11. Oktober 2006 im Internet Archive) (im Internet Archive)
  • Abschlussbericht der Valech-Kommission von 2005 (Memento vom 18. Januar 2006 im Internet Archive) (spanisch, 536 S. + 244 S. Opferliste)
  • Nationale Kommission zur Untersuchung von Politischer Haft und Folter (Hrsg.): „Es gibt kein Morgen ohne Gestern“. Vergangenheitsbewältigung in Chile (gekürzte dt. Ausg.), Hamburg: Hamburger Ed., 2008.

Einführung und Überblick

  • Dieter Nohlen, Detlef Nolte: Chile. in: Dieter Nohlen, Franz Nuscheler: Handbuch der Dritten Welt. Bd. 2. Hoffmann & Campe, Hamburg 1983, Dietz, Bonn 1995. ISBN 3-8012-0202-X
  • Klaus Eßer: Wirtschaftliche Spezialisierung und Aufbau eines modernen Nationalstaates in Chile. in: P. Imbusch, D. Messner, D. Nolte (Hrsg.): Chile heute. Politik, Wirtschaft, Kultur. Vervuert, Frankfurt am Main 2004, S. 565–601. ISBN 3-89354-590-5

Politikwissenschaftliche Analysen

  • Michel Duquette: The Chilean economic miracle revisited. in: The Journal of Socio-Economics. Elsevier Science, Amsterdam 27.1998,3, S. 299–321 (englisch) ISSN 1053-5357 doi:10.1016/S1053-5357(99)80092-4
  • Peter Thiery: Transformation in Chile – Institutioneller Wandel, Entwicklung und Demokratie 1973–1996. Vervuert, Frankfurt am Main 2000. ISBN 3-89354-252-3

Gewerkschaften

  • Alan Angell: Politics and the Labour Movement in Chile. Oxford University Press, London 1972. ISBN 0-19-214991-1
  • Manuel Barrera, und andere: Trade Unions and the State in Present Day Chile. United Nations Research Institute, Geneva 1986.
  • Hartmut Grewe, Manfred Mols (Hrsg.): Staat und Gewerkschaften in Lateinamerika. Schöningh, Paderborn 1994. ISBN 3-506-79326-8
  • Dieter Nohle: Chile – Das sozialistische Experiment. Hoffmann und Campe, Hamburg 1973. ISBN 3-455-09073-7
  • Detlef Nolte: Zwischen Rebellion und Integration – Gewerkschaften in der chilenischen Politik. Breitenbach, Saarbrücken 1986. ISBN 3-88156-326-1
  • Jorge Rojas Hernández: Die chilenische Gewerkschaftsbewegung 1973–1984. Campus, Frankfurt am Main – New York 1986. ISBN 3-593-33583-2
  • Lynn Stephen: Women and Social Movements in Latin America. University of Texas Press, Austin 1997, 2000. ISBN 0-292-77716-7

Unternehmer

  • Peter Imbusch: Unternehmer und Politik in Chile. Vervuert, Frankfurt am Main 1995. ISBN 3-89354-066-0
  • Peter Imbusch: Unternehmer und ihre Verbände als gesellschaftlich-politische Akteur. in: P. Imbusch, D. Messner, D. Nolte (Hrsg.): Chile heute. Politik, Wirtschaft, Kultur. Vervuert, Frankfurt am Main 2004. ISBN 3-89354-590-5
  • Information zu den Grupos económicos

Armut und Ungleichheit

  • Oscar Altimir: Income Distribution and Poverty Through Crisis and Adjustment. in: Alberts Bery (Hrsg.): Poverty, Economic Reform, and Income Distribution in Latin America. Lynne Rienner, Boulder Colo 1998, S. 43–80. ISBN 1-55587-746-X
  • Rosemary Thorp: Progress, Poverty and Exclusion. An Economic History of Latin America in the 20th Century. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1998. ISBN 1-886938-35-0 (Wirtschaftsgeschichte zu Lateinamerika, auch umfangreiche Daten zu Chile)

Aktuelle Wirtschaftliche Situation

  • CEPAL: Chile. in: Estudio Económico de América Latina y el Caribe. Naciones Unidas, Santiago de Chile 2004–2005, S. 165–171 (Online, pdf; 71 kB). ISSN 0257-2176
  • Claudio Maggi, Dirk Messner: Chile – ein Modellfall? Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert. in: P. Imbusch, D. Messner, D. Nolte (Hrsg.): Chile heute. Politik, Wirtschaft, Kultur. Vervuert, Frankfurt am Main 2004, S. 501–524. ISBN 3-89354-590-5
  • Ricardo Ffrench-Davis: The impact of exports on growth in Chile. in: CEPAL Review. New York NY 76.2002, S. 135–150. ISSN 0252-0257
  • Dierk Herzer: Exportexpansion, vertikale Exportdiversifizierung und Wirtschaftswachstum in Chile. Diskussionsbeiträge. Ibero-Amerika-Inst., Göttingen 2003. ISSN 1431-181X

Sozialpolitik

  • Dagmar Raczynski: Overcoming Poverty in Chile. in: Joseph Tulchin, M. Allison Garland (Hrsg.): Social Development in Latin America. Lynne Rienner, Boulder Colo 2000. ISBN 1-55587-843-1
  • Marcus Taylor: The Reformulation of Social Policy in Chile, 1973–2001. Questioning a Neoliberal Model. in: Global Social Policy. Sage, London 3.2003, 1, S. 21–44. ISSN 1468-0181
  • Peter Thiery: Transformation in Chile. Institutioneller Wandel, Entwicklung und Demokratie 1973–1996. Frankfurt am Main 2000, S. 234–269. ISBN 3-89354-252-3
  • Lothar Witte: Die Entwicklung eines Modells. 20 Jahre Rentenreform in Chile. in: P. Imbusch, D. Messner, D. Nolte (Hrsg.): Chile heute. Politik, Wirtschaft, Kultur. Vervuert, Frankfurt am Main 2004, S. 417–432. ISBN 3-89354-590-5
  • Pondering Pensions. in: The Economist. London 2005, (10. Nov). ISSN 0013-0613 (zum Pensionssystem)

Kirchengeschichte

  • Karl F. Appl: Die Geschichte der evangelischen Kirchen in Chile. Erlanger Verlag für Mission und Ökumene, Neuendettelsau 2006. ISBN 3-87214-616-5
Commons: Geschichte Chiles – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Helaine Silverman, William Isbell: Handbook of South American Archaeology, Springer, 2008, S. 45.
  2. Jutta Müther: Orelie-Antoine I., König von Araukanien und Patagonien oder Nouvelle France. Konsolidierungsprobleme in Chile 1860–1870. Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-631-42595-3.
  3. Carlos Cousiño: Die Verwaisung Lateinamerikas. Ein Beitrag am Beispiel Chiles zur Diskussion über den Charakter der lateinamerikanischen Nation (= Beiträge zur Soziologie und Sozialkunde Lateinamerikas, Bd. 31). Fink, München 1984, ISBN 3-7705-2245-1, S. 114.
  4. The Cordillera of the Andes Boundary Case (Argentina, Chile). In: Vereinte Nationen (Hrsg.): Report of International arbitral awards. Band 9, 20. November 1902, S. 3749 (englisch, pdf).
  5. Der Spiegel 38/1964 vom 16. September 1964: Hilfe aus Bonn. Sein Gegenkandidat war Salvador Allende.
  6. Der Spiegel 46/1970 vom 9. November 1970: Großes Experiment
  7. William F. Sater: Chile and the United States. Empires in Conflict. University of Georgia Press, Athens 1990, S. 159–164. ISBN 0-8203-1249-5
  8. Georg J. Dufner: Chile als Partner, Exempel und Prüfstein. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Jg. 61 (2013), Heft 4, S. 513–549.
  9. U. S. Senate, Committee to Study Governmental Operations with Respect to Intelligence Activities, Staff Report, Covert Action in Chile (1963–1973) (Washington D.C.: United States Government Printing Office, 1975); Text online.
  10. William F. Sater: Chile and the United States. Empires in Conflict. University of Georgia Press, Athens 1990, S. 169–174. ISBN 0-8203-1249-5
  11. William F. Sater: Chile and the United States. Empires in Conflict. University of Georgia Press, Athens 1990, S. 178–181. ISBN 0-8203-1249-5
  12. William F. Sater: Chile and the United States. Empires in Conflict. University of Georgia Press, Athens 1990, S. 181. ISBN 0-8203-1249-5
  13. William F. Sater: Chile and the United States. Empires in Conflict. Athens / London 1990, S. 181.
  14. Mirjam Gehrke:Chile will Tod von Allende aufklären, Deutsche Welle, 30. Januar 2011, abgerufen am 31. Januar 2011
  15. Hermes H. Benitez: Las muertes de Salvador Allende: una investigacion critica de las principales versiones de sus ultimos momentos. RIL editores, Santiago 2006, ISBN 956-284-497-8.
  16. Justiz untersucht Allendes Tod. In FAZ, 31. Januar 2011, S. 5
  17. Süddeutsche Zeitung Nr. 119/2011 vom 24. Mai 2011, S. 8
  18. Peter Burghardt: Salvador Allende: Selbstmord im Palast. 20. Juli 2011, abgerufen am 15. Februar 2017.
  19. Chile: Scientific autopsy confirms Allende suicide in US-Today (eng), 19. Juli 2011 (abgerufen am 20. Juli 2011).
  20. Salvador Allende beging laut Autopsie Selbstmord bei welt.de, 19. Juli 2011 (abgerufen am 20. Juli 2011).
  21. Peter Kornbluh: The Kissinger Telcons – Kissinger Telcons on Chile. (26. Mai 2004). in: National Security Archive. A National Security Archive Electronic Briefing. Book 12. Washington DC 2004.
  22. Report of the Chilean National Commission on Truth and Reconciliation (Memento vom 1. Februar 2013 im Internet Archive) (PDF; 11,4 MB), S. 1122
  23. Enthüllung über ermordete Oppositionelle in Chile. In: Neue Zürcher Zeitung. 27. November 2003, abgerufen am 21. Oktober 2017.
  24. Juan Gabriel Valdés: Die Chicago-Schule: Operation Chile. In: Dietmar Dirmoser und andere (Hrsg.): Markt in den Köpfen (= Lateinamerika. Analysen und Berichte, Bd. 17). Horlemann, Unkel / Bad Honnef 1993, ISBN 3-927905-80-1, S. 36–60, hier S. 41–43, mit einer Namensliste der beteiligten Ökonomen.
  25. Juan Gabriel Valdés: Die Chicago-Schule: Operation Chile. In: Dietmar Dirmoser und andere (Hrsg.): Markt in den Köpfen (= Lateinamerika. Analysen und Berichte, Bd. 17). Horlemann, Unkel / Bad Honnef 1993, S. 36–60, hier S. 48–49.
  26. The Times | UK News, World News and Opinion
  27. Ricardo Ffrench-Davis: Economic Reforms in Chile: From Dictatorship to Democracy. Hrsg.: Ann Arbor. University of Michigan Press, 2002, ISBN 978-0-472-11232-6.
  28. Website der Comisión Nacional sobre Prisión Política y Tortura (Memento vom 5. Mai 2006 im Internet Archive) im Internet Archive
  29. Lateinamerika Nachrichten Online – Chile: Der „soziale Block“ auf Chiles Straßen
  30. Sebastian Hofer: Proteste in Chile: Küssen, tanzen, randalieren. In: Spiegel Online. 20. August 2011, abgerufen am 9. Juni 2018.
  31. http://amerika21.de/nachrichten/2011/08/39553/proteste-gewalt-chile

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