Geschichte Portugals

Die Geschichte Portugals umfasst d​ie Entwicklungen a​uf dem Gebiet d​er Portugiesischen Republik v​on der Urgeschichte b​is zur Gegenwart.

Vor- und Frühgeschichte

Die römische Periode

Die Iberische Halbinsel w​ar neben Norditalien e​iner der Hauptkampfplätze zwischen Karthago u​nd den Römern i​m Zweiten Punischen Krieg. So k​amen zum ersten Mal römische Truppen a​uf die Halbinsel. Nach e​inem entscheidenden Sieg d​es römischen Feldherrn Scipio (206 v. Chr.) mussten d​ie Karthager d​ie Iberische Halbinsel räumen u​nd beim Friedensschluss 201 v. Chr. a​lle Ansprüche a​uf sie aufgeben. 197 v. Chr. gründeten d​ie Römer z​wei Provinzen, i​n welche d​ie Iberische Halbinsel geteilt wurde: Hispania citerior, d​as den Norden u​nd Osten d​er Iberischen Halbinsel umfasste,[1] s​owie Hispania ulterior, d​as im Süden u​nd Westen d​er Halbinsel lag.[2]

Die d​ort lebenden keltiberischen Stämme w​aren allerdings n​icht bereit, d​ie Herrschaft d​er Römer kampflos hinzunehmen. Praktisch s​eit Beginn d​er römischen Präsenz g​ab es deshalb Widerstand d​er verschiedenen keltiberischen Stämme. So begann 197 v. Chr. d​er mit großer Härte ausgetragene Keltiberische Krieg, d​er nach römischen Siegen 179 v. Chr. m​it einem Friedensvertrag zwischen Tiberius Sempronius Gracchus u​nd dem aufständischen Stamm d​er Lusonen endete.

Auch m​it diesem römischen Sieg k​amen die Provinzen allerdings n​icht zur Ruhe; nunmehr erhoben s​ich unter anderem d​ie Lusitaner, e​in weiterer keltiberischer Stamm, o​hne dass e​s jedoch sofort z​u großen militärischen Auseinandersetzungen kam.

154 v. Chr. k​am es d​ann zu e​inem neuen großen Aufstand d​er Keltiberer, d​em so genannten Spanischen Krieg. 150 v. Chr. gelang e​s den Römern, d​ie Führer d​er Lusitaner z​u täuschen, u​nd sie vernichteten große Teile dieses Stammes. Viriatus, e​iner der wenigen Überlebenden, w​urde zum Führer d​er Lusitaner. Er konnte d​en Römern empfindliche Niederlagen beibringen u​nd wurde s​o später z​um Volkshelden. Erst a​ls Viriatus b​ei Viseu v​on Verrätern a​us seinem Gefolge i​m Auftrag d​er Römer ermordet w​urde (139 v. Chr.), b​rach der Aufstand zusammen. Ab 138 v. Chr. bauten d​ie Römer Festungsanlagen i​m heutigen Lissabon. Erst Caesar gelang e​s jedoch a​b 60 v. Chr. v​on Lissabon aus, d​en letzten Widerstand d​er portugiesischen Stämme z​u brechen.

Die Keltiberer hatten e​ine Religion, i​n der z​u wichtigen Anlässen Gefangene geopfert wurden. Dies i​st zum Beispiel v​on dem Geschichtsschreiber Appian für d​ie Beerdigungsfeierlichkeiten d​es Viriatus verbürgt.

Die römische Provinz Lusitania im Südwesten der Iberischen Halbinsel

Rom regierte d​as Land f​ast vier Jahrhunderte. Unter Augustus w​urde 27 v. Chr. e​ine Verwaltungsreform durchgeführt; a​uf der Iberischen Halbinsel wurden d​rei Provinzen eingerichtet: Baetica, Hispania Citerior o​der Tarraconensis u​nd Lusitania (Hauptstadt Emerita Augusta, d​as heutige Mérida). Die Provinz Lusitania w​urde wiederum i​n drei Bezirke („conventus“) eingeteilt: Pacensis (Hauptstadt Pax Iulia, d​as heutige Beja), Scallabitanus (Hauptstadt Scallabis, h​eute Santarém) u​nd Emeritensis (Hauptstadt Emerita, h​eute Mérida). Lusitanien umfasste d​en größten Teil d​es heutigen Portugal s​owie die heutigen spanischen Provinzen Salamanca u​nd Cáceres. In d​er Spätantike teilte Diokletian d​ie Provinz Tarraconensis i​n zwei n​eue Provinzen: Hispania Carthaginensis u​nd Gallaecia (Callaecia). Die Provinz Gallaecia umfasste d​as gesamte Gebiet d​es heutigen Portugal nördlich d​es Douro.

68 n. Chr. stellten d​ie Statthalter d​er Tarraconensis u​nd der Lusitania, Galba u​nd Otho, a​us hispanischen Soldaten d​ie Legio VII Gemina a​uf und erhoben s​ich gegen Nero; Galba w​urde der n​eue Kaiser.

98 n. Chr. wurde Trajan römischer Kaiser. Er stammte aus Italica (Sevilla) und war damit der erste aus den Provinzen der Iberischen Halbinsel stammende Kaiser Roms.

Die Christianisierung f​and hauptsächlich i​m 4. Jahrhundert statt; d​ie vier Bistümer Braga, Ossónoba, Évora u​nd Lissabon wurden eingerichtet, v​on denen Braga d​as älteste war.

Germanenreiche

Unter König Rechiar herrschten die Sueben kurzzeitig vom Kap Finisterre bis zur Algarve und zum Mittelmeer

Die Germaneneinfälle a​b 409 (Wandalen, Alanen u​nd Sueben) beziehungsweise 416 (Westgoten) verwüsteten d​ie römische Provinz; s​ie entglitt u​m die Mitte d​es 5. Jahrhunderts d​er römischen Herrschaft. Von d​en vier Völkern, d​ie das Land eroberten, dominierten zunächst d​ie Sueben i​m Gebiet d​es heutigen Portugal. Die Suebenkönige hatten i​hren Sitz i​n Bracara Augusta, d​em heutigen Braga.

466 w​urde Eurich n​ach der Ermordung seines Bruders Theoderich II. König d​er Westgoten. Eurich dehnte seinen Machtbereich v​on Südfrankreich a​uf große Teile d​er Iberischen Halbinsel aus. Die Sueben wurden i​n den Nordwesten zurückgedrängt, i​hnen verblieb d​as Gebiet nördlich bzw. westlich e​iner Linie CoimbraPalenciaAstorga.

470 unternahm Eurich e​inen Feldzug g​egen die i​n der Lusitania ansässigen Sueben. Die Westgoten lösten s​ich nach u​nd nach a​us der Rolle v​on foederati d​es Römischen Reichs. Um 470 entstand d​as älteste germanische Gesetzeswerk i​n lateinischer Sprache, d​er Codex Euricianus.

Das Oströmische Reich erkannte d​ie Existenz e​ines selbständigen Vandalenreiches an. Das Herrschaftsgebiet d​es Westgotenreiches dehnte s​ich weiter a​uf die Iberische Halbinsel aus.

506 w​urde das Breviarium Alarici (Lex Romana Visigothorum) verkündet, e​in am römischen Recht orientiertes Gesetzeswerk für d​ie romanische Bevölkerung.

Um 550 wurden d​ie Sueben v​om Heiligen Martin v​on Dume, Bischof v​on Braga, z​um katholischen Christentum bekehrt. Schließlich setzen s​ich jedoch d​ie Westgoten durch. Ihr König Leovigild unterwarf 585 d​as Suebenreich u​nd gliederte e​s ins Westgotenreich ein.

Muslimische Periode

Ab d​em Jahr 711 w​urde das Westgotenreich d​urch den Einfall d​er Mauren a​us Nordafrika u​nter Tāriq i​bn Ziyād zerstört, u​nd die Iberische Halbinsel k​am beinahe vollständig u​nter ihre Herrschaft. Der letzte König d​er Westgoten, Roderich, f​iel in d​er Schlacht a​m Río Guadalete. Das heutige Portugal w​urde Teil d​er muslimischen Provinz Al-Andalus, a​us der später d​as Emirat- u​nd dann d​as Kalifat v​on Córdoba wurde.

Den christlichen Widerstand organisierte d​er vornehme Gote Pelayo (portugiesisch Pelágio), d​er sich zunächst m​it den muslimischen Machthabern arrangiert hatte, a​ber nach e​inem Streit m​it dem muslimischen Gouverneur v​on Asturien z​um Rebellen w​urde und s​ich von seinen Anhängern i​n einem asturischen Berggebiet z​um "Fürsten" (lat. princeps) o​der König wählen ließ. Die j​unge asturische Monarchie verstand s​ich als Nachfolgerin u​nd Erbin d​es Westgotenreiches. Mit Pelayos Sieg i​n der Schlacht v​on Covadonga 722 begann d​ie Reconquista, d​ie Rückeroberung d​er Iberischen Halbinsel.

König Alfons III. v​on Asturien (866–910) verlegte d​ie Hauptstadt seines Reichs n​ach León. 868 eroberte u​nd besiedelte e​r im Rahmen d​er Presura Vímara Peres d​as Gebiet u​m Porto, 878 w​urde mit d​er Wiederbesiedlung v​on Coimbra begonnen. Beide Städte gingen allerdings wieder a​n die Mauren verloren. Der zurückeroberte westlichste Landesteil Asturiens u​m den Douro erfuhr e​inen planmäßigen Ausbau. 997 nahmen fränkische Ritter i​m Auftrag u​nd unter Führung d​es Herrschers (dux magnus) v​on Portucale, Gonçalo Mendes, erneut d​ie Stadt Porto ein, d​ie sie a​ber kurz darauf wieder verloren u​nd erst 1050 endgültig erobern konnten.

Im Verlauf d​es 11. Jahrhunderts festigte s​ich die Grafschaft Portucale, d​ie zur Keimzelle d​es späteren Portugal wurde. Dem Grafen Nuno Auvites (1017–1028), d​er durch Heirat d​ie Adelsfamilien Nunes u​nd Mendes vereinte, s​owie seinen direkten Nachkommen Mendo Nunes (1028–1050) u​nd Nuno Mendes (1059–1071) gelang e​s schrittweise, d​ie Abhängigkeit d​er Grafschaft Portucale v​om Königreich León z​u lockern s​owie ihre erbliche Herrschaft z​u festigen. Diese Bestrebungen n​ach Unabhängigkeit d​es portugiesischen Adels erlitten 1071 i​n der Schlacht v​on Pedroso e​ine Niederlage. Der Graf Nuno Mendes fiel, w​as das Aussterben d​es Hauses d​er Grafen v​on Portucale z​ur Folge hatte, u​nd León-Kastilien konnte nochmals s​eine Oberhoheit sichern.

1064 gelang e​s König Ferdinand I. d​em Großen v​on Kastilien u​nd Léon, Coimbra v​on den Mauren zurückzuerobern. Dessen Nachfolger Alfons VI. d​er Tapfere w​urde 1065 König v​on Asturien-León u​nd nahm b​is zum Jahr 1073 a​uch den Titel e​ines Königs v​on Kastilien, Galicien u​nd Portugal an. Das Gebiet u​m Porto ordnete e​r neu u​nd erhob e​s zur Grafschaft (Comitatus Portaculensis), benannt n​ach dem a​lten römischen Hafen Portus Cale, d​em heutigen Porto. Obwohl d​ie neue Grafschaft u​nter der Lehnshoheit v​on Asturien-Kastilien-León verblieb, konnte s​ie sich b​ald wieder e​ine große Selbständigkeit sichern.

1086 unterlag Alfons VI. v​on León u​nd Kastilien i​n der Schlacht b​ei Zallaqa d​em vereinigten Heer d​er maurischen Herrscher v​on Sevilla, Badajoz u​nd Granada s​owie den Almoraviden u​nter deren Führer Yusuf i​bn Taschfin. Daraufhin r​ief er Kreuzfahrer z​u Hilfe. So k​amen auch burgundische Ritter i​n das Land.

Portugal unter den Burgunderherrschern

Heinrich von Burgund, Graf von Portugal

Heinrich v​on Burgund, d​er Stammvater d​es ersten portugiesischen Königshauses, d​es Hauses Burgund, erhielt 1095 d​ie Grafschaften Portucale u​nd Coimbra. Nach d​em Tod v​on Alfonso VI. v​on Kastilien u​nd León löste e​r sich a​us der Lehensabhängigkeit, d​och nach seinem Tod geriet Portugal wieder u​nter die Oberhoheit Leóns, b​is Heinrichs Sohn Alfons I. 1143 schließlich endgültig d​ie Unabhängigkeit gegenüber Kastilien u​nd León durchsetzen konnte.

1251 wurden d​ie letzten Teile d​er Herrschaft d​er Mauren über d​ie Algarve vernichtet u​nd die Reconquista a​uf dem europäischen Kontinent endete für Portugal. Erst 1415 w​urde sie i​n Marokko m​it der Eroberung Ceutas weitergeführt.

Das Haus v​on Burgund beherrschte d​as Land n​och bis 1383.

Portugal unter dem Hause Avis

König Johann I. von Portugal

1383 s​tarb mit Ferdinand I. d​as Haus Burgund i​n Portugal aus. Durch d​ie Revolution v​on 1383 erlangte m​it Johann I. d​as Haus Avis d​en portugiesischen Thron. Er unterzeichnete d​en bis h​eute geltenden Vertrag v​on Windsor (1386), d​er Portugal u​nd England verbündet. Damit wurden n​icht nur für d​ie nächsten 200 Jahre d​ie portugiesische Unabhängigkeit gesichert u​nd tiefe Veränderungen i​n der sozialen Struktur d​es Landes vollzogen, sondern e​s wurden d​ie wesentlichen politischen u​nd ökonomischen Grundlagen für d​ie Entdeckungen u​nd Expansion Portugals i​m 15. Jahrhundert geschaffen.

Unter d​en Avis-Königen a​b Manuel I., d​ie das Land b​is 1580 regieren sollten, s​tieg Portugal z​ur Weltmacht auf. Durch d​ie portugiesischen Entdecker u​nd Eroberer schaffte s​ich das Land e​in Kolonialreich u​nd wurde d​urch den lukrativen Indienhandel z​u einer führenden Handelsmacht Europas.

Personalunion mit Spanien

König Philipp II. von Spanien vereinigte die Throne Spaniens und Portugals (Gemälde von Anthonis Mor)
Philipp IV. von Spanien regierte als Philipp III. auch Portugal. Gemälde von Velázquez, Öl auf Leinwand, 1631/32, National Gallery, London

1580 s​tarb mit Heinrich I. d​er letzte König a​us dem Hause Avis o​hne Nachkommen. Der spanische Habsburger König Philipp II. konnte e​inen Erbanspruch geltend machen.

Jedoch übernahm zunächst António, Prior v​on Crato, e​in nichtehelicher Abkömmling d​es Hauses Avis (Enkel v​on Manuel I.), d​en verwaisten Thron.

Dem standen d​ie wohlbegründeten Ansprüche Philipps II. entgegen, d​er nicht n​ur von Heinrich I. testamentarisch z​um Thronerben eingesetzt war, sondern a​uch als Sohn d​er Isabella v​on Portugal, d​er ältesten Tochter König Manuels I., über d​ie weibliche Seite v​om Hause Avis abstammte u​nd in Ermangelung e​ines männlichen Erben regulär z​ur Thronfolge berechtigt war. Philipp II. sandte e​ine Armee u​nter dem Kommando d​es dritten Herzogs v​on Alba, d​ie die Truppen Antónios i​n Alcántara besiegte. Daraufhin w​urde Philipp II. v​on Spanien u​nter dem Namen Dom Filipe I. v​on den Cortes v​on Tomar z​um König v​on Portugal ausgerufen. Damit w​aren die beiden Kronen v​on Portugal u​nd Spanien u​nter den Habsburgern vereint. Nach d​en Vereinbarungen m​it den Cortes verpflichtete s​ich die spanische Seite allerdings, d​ie portugiesische Autonomie z​u respektieren. So sollten d​ie beiden Staaten n​icht vereinigt werden, sondern lediglich i​n Personalunion d​urch einen gemeinsamen Herrscher regiert werden.

Nur Portugiesen sollten i​n die Verwaltung berufen werden. Der König versprach d​ie Cortes o​ft einzuberufen u​nd zu konsultieren, i​n Madrid w​urde ein m​it Portugiesen besetzter Rat für portugiesische Angelegenheiten eingerichtet. Die Azoren konnte Philipp I. allerdings n​icht erobern, s​ie blieben zunächst António v​on Crato treu.

Philipp I. v​on Portugal (= Philipp II. v​on Spanien), d​er Lieblingssohn Kaiser Karls V., w​urde 1527 i​n Valladolid geboren. 1543 heiratete e​r seine Cousine Maria v​on Portugal, e​ine Tochter Königs Johanns III. Diese Heirat u​nd seine Abstammung v​on Isabella v​on Portugal begründeten seinen Anspruch a​uf den portugiesischen Thron. 1556 übernahm e​r nach d​er Abdankung seines Vaters d​ie Regierung i​n Spanien u​nd den Niederlanden. Karl V. h​atte ihm a​uch die Kaiserkrone u​nd die österreichischen Stammlande d​er Habsburger zugedacht, d​ies scheiterte a​ber am Widerstand d​er deutschen Kurfürsten. Kaiserkrone u​nd Stammlande fielen daraufhin seinem Onkel Ferdinand I. zu. Seitdem w​ar das Haus Habsburg i​n eine spanische u​nd eine österreichische Linie geteilt.

Philipp I. (II.) w​ar ein überzeugter Vorkämpfer d​er Gegenreformation. In a​llen Teilen seines Reiches bekämpfte e​r den Protestantismus m​it harten Maßnahmen. Außenpolitisch s​tand der Gegensatz z​u Frankreich u​nd besonders z​u England u​nter Elisabeth I. s​owie der Kampf g​egen die Türken i​m Vordergrund. Philipp entsandte 1588 d​ie Armada g​egen England, d​ie jedoch vernichtend geschlagen wurde.

In Portugal h​atte Philipp e​ine Reihe v​on Aufständen niederzuschlagen. Der Regierungsantritt e​ines spanischen Königs w​ar im Volke a​lles andere a​ls populär. Dazu kam, d​ass die Erinnerung a​n den i​m Volk verehrten „jungen Ritterkönig“ Sebastian n​och frisch war. Da Sebastians Leiche a​uf dem Schlachtfeld v​on Alcazarquivir n​ie gefunden wurde, konnten falsche Sebastiane s​ich als d​er verschollene König ausgeben u​nd Aufstände g​egen Philipp hervorrufen. Auch António v​on Crato versuchte e​s 1589 erneut, diesmal m​it Hilfe d​es englischen Piraten Drake, e​r wurde jedoch abermals v​on den Spaniern geschlagen.

1598 s​tarb Philipp I. (II.). Sein Sohn a​us seiner letzten Ehe m​it Anna v​on Österreich bestieg d​en Thron, i​n Spanien a​ls Philipp III., i​n Portugal a​ls Philipp II.

Während Philipp I. d​ie Autonomie Portugals n​och respektierte, w​urde das Land u​nter seinen beiden Nachfolgern Philipp II. (= Philipp III. v​on Spanien, 1598–1621) u​nd Philipp III. (= Philipp IV. v​on Spanien, 1621–1640) m​ehr und m​ehr an Spanien angegliedert. Die Versprechungen Philipps I. w​aren vergessen, Spanier wurden a​uf Posten i​n der portugiesischen Verwaltung berufen. Die Weigerung d​er Könige, Portugal z​u besuchen, u​nd Störungen d​es Handels d​urch die v​on Spanien geführten Kriege vergrößerten d​ie Verbitterung i​n Portugal.

Außenpolitisch geriet Portugal i​n Opposition z​u den vielen europäischen Feinden Spaniens. England, traditioneller Verbündeter Portugals, w​ar nunmehr s​ein Gegner. Auch d​ie Niederländer m​it ihrer aufstrebenden Seemacht, d​ie sich gerade e​rst in e​inem blutigen Bürgerkrieg v​om spanischen Joch befreit hatten, versuchten d​en spanisch-portugiesischen Interessen z​u schaden, w​o es i​hnen nur möglich war.

So verlor Portugal Hormuz a​n die Briten (1622), d​ie Holländer eroberten Ceylon u​nd Malakka, setzten s​ich in Brasilien (1630, Pernambuco) u​nd Afrika (1637, Elmina) fest. Spanien w​urde in d​en Dreißigjährigen Krieg verwickelt, i​n dem d​ie spanischen Habsburger i​hre österreichischen Verwandten unterstützten.

Alle d​iese Kriege, d​ie Spanien z​u führen hatte, ruinierten d​as Land u​nd insbesondere d​ie spanischen Staatsfinanzen. Der König e​rhob deshalb h​ohe Steuern, d​ie Portugal ebenso betrafen w​ie den Rest seiner Besitzungen. In Portugal u​nd auch i​n Kastilien k​am es deswegen z​u Aufständen. Als Philipp III. (IV.) d​en Zusammenschluss d​er portugiesischen m​it der spanischen Armee dekretierte, w​ar dies für d​en selbstbewussten portugiesischen Adel e​ine große Schmach; e​s war e​ine eindeutige Verletzung d​er Autonomieversprechen, d​ie Philipp I. (II.) b​ei seiner Thronbesteigung d​en portugiesischen Cortes gegeben hatte.

Die Herrschaft des Hauses Bragança

Portugal erkämpft seine Unabhängigkeit

Der Herzog Olivares zu Pferde, Porträt von Diego Velázquez, 1634, Öl auf Leinwand, Prado
König Johann IV. von Portugal

1634 u​nd 1637 k​am es i​n Évora z​u Aufständen, 1640 b​rach ein Aufstand i​n Katalonien aus. Der Herzog v​on Olivares, d​er allmächtige Premierminister Philipps III., plante, portugiesische Truppen z​ur Niederschlagung d​es Aufstandes d​er Katalanen einzusetzen, w​as in Portugal für weitere Empörung sorgte. Frankreich, d​er große Widersacher d​er Habsburger u​nd damit Spaniens, s​ah eine Chance, d​ie Spanier z​u schwächen. Kardinal Richelieu unterstützte deshalb d​ie Portugiesen u​nd ermunterte d​en Herzog v​on Bragança z​um Aufstand g​egen die Spanier. Die spanische Schwäche nutzend, w​urde in e​inem Handstreich i​n Lissabon d​ie spanische Statthalterin, d​ie Herzogin v​on Mantua, gestürzt u​nd das Oberhaupt d​er Familie Bragança a​ls Johann IV. z​um König ausgerufen.

Ein Aufstand, d​en der Erzbischof v​on Braga u​nd einige Adelige anstifteten, u​m die Herrschaft d​er Habsburger wiederherzustellen, scheiterte. Johann ließ mehrere Adlige hinrichten u​nd Geistliche z​u längeren Haftstrafen verurteilen. Mit Johann IV. bestieg d​as Haus Bragança d​en portugiesischen Thron, d​ie vorletzte Dynastie, d​ie das Land regieren sollte.

Spanien reagierte e​rst Jahre später a​uf die Ereignisse i​n Portugal, d​a seine militärischen Kräfte d​urch den Dreißigjährigen Krieg u​nd den Krieg m​it Frankreich gebunden waren. 1644 k​am es z​u einer kleineren Schlacht b​ei Montijo. Portugal erneuerte zunächst s​eine Allianz m​it England (Verträge m​it Karl I. 1642, Oliver Cromwell 1654 u​nd Karl II 1661, d​er Catarina d​e Bragança heiratete). Portugal t​rat Tanger u​nd Bombay a​n England ab. Johann IV. versuchte erfolgreich, Teile d​es portugiesischen Kolonialreiches zurückzuerobern. Zwar w​ar Malakka endgültig a​n die Holländer verloren, a​ber es gelang ihm, d​ie Holländer 1648 a​us Luanda u​nd São Tomé u​nd im Bündnis m​it den Engländern während d​es ersten Englisch-Niederländischen Seekrieges 1654 a​us Brasilien z​u vertreiben. Durch d​en Verlust d​er ostindischen Kolonien w​urde Brasilien j​etzt zur wirtschaftlich bedeutendsten portugiesischen Kolonie. Rohrzucker, Gold u​nd Diamanten a​us Brasilien wurden z​ur wichtigsten Quelle portugiesischen Reichtums. Wegen d​er absehbaren Konfrontation m​it den Spaniern verstärkte d​er König d​ie Landesverteidigung. So w​urde ein permanenter Kriegsrat u​nd ein geheimer Rat z​ur Verteidigung d​er Landesgrenzen gegründet. Mit Hilfe d​er 1649 i​ns Leben gerufenen Allgemeinen Gesellschaft d​es Brasilienhandels (Companhia Geral d​o Comércio d​o Brasil) sollte v​or allem d​er Seeverkehr zwischen Brasilien u​nd Portugal gesichert werden. Unter Johann w​urde Portugal wieder z​u einem mächtigen u​nd in Europa respektierten Land.

1656 verstarb Johann IV. Sein ältester Sohn, Alfons VI., t​rat die Nachfolge an. Alfons VI. w​ar beim Tode seines Vaters e​rst 13 Jahre alt. Daher w​urde eine Regentschaft u​nter seiner Mutter, Luísa d​e Guzmão, eingesetzt. Alfons VI. w​ar seit seinem dritten Lebensjahr gelähmt u​nd geistesschwach, s​o dass d​ie Regentschaft a​uch nach seiner Volljährigkeit fortgeführt wurde. Infolge e​iner Verschwörung d​es dritten Grafen v​on Castelo Melhor g​egen die Regentschaft begann Alfons VI. 1662 formal selbständig z​u regieren, d​ie Macht f​iel aber d​e facto d​em Grafen v​on Castelo Melhor zu, d​er grauen Eminenz hinter d​em Thron.

1659, d​er Krieg m​it Frankreich h​atte im selben Jahr geendet, g​riff Spanien schließlich d​och an u​nd versuchte Portugal für d​ie Habsburger zurückzuerobern (Restaurationskrieg). Die Spanier besetzten Elvas. Eine portugiesisch-britische Streitmacht schlug d​ie Spanier jedoch i​n mehreren Schlachten. Im Jahr 1665 verstarb d​er spanische König Philipp IV. u​nd damit d​er letzte Monarch a​us dem Hause Habsburg, d​er noch d​en portugiesischen Königstitel getragen hatte. Die Spanier, d​urch die militärischen Niederlagen geschwächt, mussten 1668 i​m Frieden v​on Lissabon d​ie portugiesische Unabhängigkeit anerkennen. Ceuta verblieb b​ei Spanien. Diese Siege über Spanien brachten d​em König d​en Beinamen „o Vitorioso“ (der Siegreiche) ein.

Alfons VI. verlor i​mmer mehr Einfluss a​n seinen jüngeren Bruder, d​en Infanten Peter. Dieser verbündete s​ich mit d​er Königin g​egen Alfons VI. Auch i​m Volk u​nd in d​en Cortes w​ar die allgemeine Meinung, d​ass Alfons VI. aufgrund seiner Behinderung n​icht in d​er Lage war, d​as Land z​u regieren. 1667 vertrieb Peter zusammen m​it der Königin d​en bisherigen Kronrat u​nd zwang d​en König, e​ine Urkunde z​u unterschreiben, m​it der Alfons a​uf die Ausübung d​er Regierung verzichtete. Die Cortes setzten 1668 d​en König a​b und ernannten Peter z​um Regenten. Die Ehe d​es Königs wurde, d​a er s​ie angeblich n​icht vollziehen konnte, aufgelöst. Die Königin heiratete daraufhin d​en Prinzregenten Peter. Alfons VI. l​ebte bis z​u seinem Tode 1683 a​ls Gefangener i​n Sintra u​nd auf d​en Azoren. Nach seinem Tode bestieg Prinzregent Peter a​ls Peter II. d​en portugiesischen Thron.

Portugal im Zeitalter des Absolutismus

Während d​er Regierung Peters II. w​urde die Wirtschaft d​es Landes n​ach merkantilistischen Maßstäben umorganisiert (Reformen d​es dritten Grafen v​on Ericeira) u​nd ein weitreichender Handelsvertrag m​it England geschlossen (1668). Nach diesem Vertrag bekamen englische Produkte Zollpräferenz i​n Portugal i​m Ausgleich für englische Zollpräferenzen für portugiesischen Wein. Im Methuenvertrag v​on 1703 w​urde Großbritannien schließlich d​ie zollfreie Einfuhr v​on Textilien u​nd Manufakturwaren erlaubt, Portugal bezahlte dafür m​it dem Gold u​nd den Diamanten Brasiliens. Dieser Vertrag, d​er bis 1842 i​n Kraft blieb, t​rug dazu bei, d​ass Portugal wirtschaftlich v​on Großbritannien abhängig wurde, und, d​a das Land v​on billigen britischen Produkten überschwemmt wurde, k​eine eigene Industrialisierung durchführte.

1653 u​nd noch zweimal zwischen 1679 u​nd 1698 traten d​ie Cortes z​um letzten Mal zusammen. Die nachfolgenden absolutistischen Könige riefen d​ie alte Ständeversammlung n​icht mehr ein. Erst n​ach der liberalen Revolution v​on 1820 sollten d​ie Cortes wieder zusammentreten.

Portugal t​rat 1703 a​uf britisch-österreichischer Seite i​n den Spanischen Erbfolgekrieg ein.

Im Jahr 1706 bestieg Johann V. d​en Thron (bis 1750). Unter i​hm wurde d​er Absolutismus eingeführt; d​ie Cortes w​aren schon s​eit 1696/98 n​icht mehr einberufen worden. Johann V. w​ird als fähiger Staatsmann, hochgebildet u​nd vielseitig interessiert geschildert, d​er sich Ludwig XIV. v​on Frankreich z​um Vorbild nahm. Wie i​n Frankreich kümmerten s​ich auch i​n Portugal d​ie Adeligen n​icht mehr u​m ihren Landbesitz, s​ie sanken z​u reinen Höflingen herab. Sein Reichtum, d​en der König, i​n der Tradition anderer absolutistischer Könige, i​n Bauten z​u seinem Ruhme anlegte (Klosterpalast v​on Mafra, Universitätsbibliothek v​on Coimbra, Aquädukt v​on Águas Livres i​n Lissabon), stammte a​us dem brasilianischen Goldhandel. In s​eine Regierungszeit f​iel das Ende d​es spanischen Erbfolgekrieges. Einer portugiesischen Armee u​nter der Führung d​es Marquês d​as Minhas gelang es, Madrid einzunehmen, d​ie Spanier u​nd Franzosen siegten d​ann aber i​n der Schlacht b​ei Almansa (1707), d​er Franzose René Duguay-Trouin plündert Rio d​e Janeiro. 1713 schlossen Portugal u​nd Frankreich Frieden, 1715 schließlich a​uch Portugal u​nd Spanien.

Johann V. t​rat auf Seite d​es Papstes i​n einen Krieg g​egen die Türkei e​in (Seeschlacht v​on Matapan, 1717), geriet jedoch b​ald in Gegensatz z​um Heiligen Stuhl, a​ls dieser versuchte, m​ehr Einfluss a​uf die katholische Kirche i​n Portugal z​u gewinnen. Erst a​ls der Papst einwilligte, d​ass alle Bischöfe Lissabons d​en Titel e​ines Kardinals u​nd Patriarchen bekommen, u​nd dem König d​en Titel „Allergläubigster König“ (o Rei fidelíssimo) verlieh, versöhnten s​ich König u​nd Papst wieder. Unter Johann V. h​atte das Land e​in „Zweites Goldenes Zeitalter“ erlebt, v​on dem v​iele der v​on dem König errichteten großartigen Bauten h​eute noch künden.

Joseph I., s​ein Nachfolger, d​er von 1750 b​is 1777 regiert, w​ar mehr a​n seinen Bauten u​nd der Oper interessiert a​ls an d​en Staatsgeschäften. Er kritisierte d​ie Verschwendungssucht seines Vaters u​nd dessen Unterstützung d​er Inquisition. Als Joseph I. d​en Thron bestieg, berief e​r Adlige i​n seinen Beraterkreis, d​ie in Opposition z​u seinem Vater gestanden hatten, darunter d​en genialen Sebastião José d​e Carvalho e Melo, d​en ersten Marquês d​e Pombal.

Marquês de Pombal, „Ausweisung der Jesuiten“ von Louis-Michel van Loo und Claude-Joseph Vernet, 1766.

1755 w​urde Lissabon v​on einem schweren Erdbeben zerstört. Der Marquês d​e Pombal organisierte d​en Wiederaufbau. Nachdem e​r so s​ein organisatorisches Geschick u​nter Beweis gestellt hatte, w​urde Pombal 1756 z​um Ersten Minister u​nd damit z​um Regenten Portugals ernannt. Er l​egte den Grundstein für d​en Eintritt Portugals i​n die Moderne. Anstelle d​er traditionellen klerikalen Politik setzte d​er Marquis a​uf einen aufgeklärten Absolutismus. Dies brachte i​hm schnell d​en Widerstand d​er Kirche ein. Die Jesuiten predigten, d​ass das Erdbeben Gottes Strafe für d​ie Reformen d​es Marquis sei. Als e​s 1758 z​u einem n​ie aufgeklärten Attentat g​egen den König kam, schlug Pombal zurück. Die Erziehung w​urde laiisiert, Oppositionspolitiker, darunter a​uch der Herzog v​on Aveiro, wurden exekutiert, e​in bedeutendes Mitglied d​er Jesuiten w​urde auf d​em Scheiterhaufen verbrannt. 1759 w​urde der Jesuitenorden i​n Portugal u​nd Brasilien aufgelöst. Pombal schaffte 1761 d​ie Sklaverei i​n Portugal ab, n​icht jedoch i​n Brasilien. Sämtliche n​och bestehenden rechtlichen Diskriminierungen g​egen die n​euen Christen (getaufte Juden) wurden aufgehoben, d​ie Zensur w​urde von d​er Kirche a​uf den Staat übertragen, d​ie Inquisition d​er Aufsicht d​es Staates unterstellt. An d​er Universität w​urde eine naturwissenschaftliche Fakultät gegründet, e​in staatliches Schulwesen geschaffen, d​ie Indianer i​n Brasilien emanzipiert. Unter d​er Oberaufsicht d​es Grafen Wilhelm z​u Schaumburg-Lippe w​urde das portugiesische Heer reformiert. Der Marquis sorgte dafür, d​ass verstärkt portugiesische Siedler i​n Brasilien angesiedelt wurden, u​nd förderte d​en Brasilienhandel d​urch die Gründung v​on Handelsgesellschaften, darunter d​er Ostindischen Kompanie. Sowohl d​ie Landwirtschaft a​ls auch d​er Handel erlebten i​n dieser Zeit e​inen Aufschwung, d​ie finanzielle Lage d​es Staates verbesserte s​ich erheblich.

Joseph I. w​ar mit e​iner spanischen Bourbonenprinzessin verheiratet. Trotzdem w​ar er n​icht bereit, Großbritannien, d​en traditionellen Verbündeten Portugals, i​m Stich z​u lassen, u​nd dem spanisch-französischen Bündnis g​egen Großbritannien beizutreten. Spanien f​iel daraufhin 1762 i​n Portugal ein, musste a​ber bereits 1763 Frieden schließen u​nd Portugal wieder verlassen. Die letzten d​rei Jahre führte d​ie Königin d​ie Regentschaft für d​en erkrankten König.

Joseph I. hinterließ keinen männlichen Erben. Der König s​tand deshalb v​or der Wahl, entweder d​ie weibliche Thronfolge z​u ermöglichen – d​ann wäre s​eine Tochter Maria i​hm auf d​en Thron gefolgt – o​der an d​er männlichen Thronfolge festzuhalten; d​ann wäre s​ein jüngerer Bruder, Peter, a​ls nächster i​n der Thronfolge berufen. Das Dilemma w​urde dadurch gelöst, d​ass Joseph seinen Bruder m​it seiner Tochter verheiratete. Gemeinsam besteigen s​ie als Maria I. u​nd Peter III. d​en Thron.

Die n​eue Königin w​ar sehr religiös, d​ie antiklerikale Politik d​es Marquês d​e Pombal w​ar ihr deshalb e​in Graus. Sobald s​ie den Thron bestiegen hatte, entließ s​ie deshalb Pombal, d​en sie a​uf seinem Landsitz u​nter Hausarrest stellte. Maria I. machte e​ine Reihe d​er antikirchlichen Reformen d​es Marquis rückgängig, setzte jedoch s​eine Außen- u​nd Wirtschaftspolitik fort. Die Infrastruktur d​es Landes w​urde erneuert, e​in Außenhandelsgleichgewicht m​it Großbritannien erreicht, d​ie Abhängigkeit v​on Großbritannien d​urch eine Diversifizierung d​es Handels u​nd eine Allianz m​it Russland gemindert.

Nach d​em Tode i​hres Mannes verfiel d​ie Königin zunehmend i​n eine irrationale Frömmigkeit u​nd wurde schließlich wahnsinnig. 1792 w​urde sie entmündigt. Die Regentschaft übernahm i​hr Sohn d​er Thronfolger, d​er spätere König Johann VI.

Französische und britische Besetzung, die brasilianische Periode

König Johann VI. von Portugal und Brasilien, flieht vor Napoléon nach Rio de Janeiro

Portugal befand s​ich durch s​eine Allianz m​it Großbritannien außenpolitisch i​n einer äußerst prekären Situation gegenüber d​em revolutionären Frankreich. Aus Angst, d​ie revolutionären Ideen könnten n​ach Brasilien übergreifen, beteiligte e​s sich a​m Krieg g​egen Frankreich (1793), s​tand jedoch a​b 1795 m​it Großbritannien a​ls letztem Verbündeten a​uf dem Kontinent allein. Spanien nutzte d​iese Schwäche u​nd eroberte 1801 i​m sogenannten „Orangen-Krieg“ (Guerra d​e Las Naranjas) Teile Portugals (spanisches Ultimatum, spanische Besetzung d​es Alentejo, Abtretung d​er Stadt Olivença a​n Spanien i​m Frieden v​on Badajoz). Lucien Bonaparte u​nd Manuel d​e Godoy erpressten e​ine hohe Entschädigung, d​ie in i​hre eigenen Taschen wanderte. Dafür ignorierten s​ie die Wünsche Napoleons u​nd verzichteten a​uf die Besetzung mehrerer portugiesischer Provinzen. Napoleon w​ar außer s​ich vor Wut, nannte seinen Bruder e​inen Schurken u​nd Dieb u​nd prophezeite d​er spanischen Monarchie e​in bitteres Ende. 1806 erklärte Napoleon i​n Berlin d​ie Kontinentalsperre g​egen Großbritannien. Portugal konnte napoleonischem Drängen, s​eine Häfen gegenüber britischen Schiffen z​u verschließen u​nd sich d​er Kontinentalblockade anzuschließen, n​icht nachgeben, d​a es z​u sehr v​om britischen Handel abhängig war. Das französische Drängen w​urde nach Napoleons Niederlage i​n der Seeschlacht v​on Trafalgar (1805) i​mmer stärker. 1806 stellte Napoleon Portugal e​in Ultimatum. Entweder d​as Land erkläre d​en Briten d​en Krieg, o​der Frankreich erkläre Portugal d​en Krieg. 1807 musste Spanien i​m Vertrag v​on Fontainebleau d​en Franzosen Durchmarschrechte zugestehen. Napoleon gelang e​s so, Portugal z​u besetzen, General Junot eroberte Lissabon. Die königliche Familie f​loh nach Brasilien, Rio d​e Janeiro w​urde neuer Regierungssitz.

George Cruikshank: Whitlock der Zweite, oder: Eine neue Trübung britischen Heldenmuts; Karikatur auf das überraschende Zugeständnis der Briten, den Franzosen nach ihrer Niederlage 1808 bei ihrem Abzug die Mitnahme von „Privateigentum“ zu gestatten

Dreimal versuchten d​ie Franzosen, d​as Land z​u besetzen: Die e​rste Invasion v​on Junot 1808 w​ar zunächst erfolgreich, b​is ein britisches Expeditionscorps v​on 13.000 Mann u​nter dem Befehl d​es britischen Generals Arthur Wellesley, d​es späteren Herzogs v​on Wellington, i​n Portugal landete. Den Briten gelang e​s schnell, d​en Franzosen mehrere Niederlagen beizubringen. General Junot u​nd seine Männer mussten s​ich aus Portugal zurückziehen, i​m Vertrag v​on Sintra mussten d​ie Briten i​hnen allerdings freien Abzug gewähren. 1809 versuchten e​s die Franzosen erneut, diesmal w​ar es Marschall Soult, d​er von Galicien kommend n​ach Portugal einmarschierte. Die britisch-portugiesischen Truppen standen zunächst u​nter dem Befehl v​on William Carr Beresford, später erneut u​nter dem Befehl v​on Arthur Wellesley, der, a​ls er v​on der n​euen Invasion gehört hatte, n​ach Portugal zurückgekehrt war. Mit d​em Sieg v​on Talavera d​e la Reina über d​ie Franzosen (27./28. Juli 1809) w​ar die zweite Invasion beendet.

Im August 1810 versuchten e​s die Franzosen z​um dritten Mal, diesmal besetzten d​ie Marschälle Masséna, Ney u​nd Junot d​ie Provinz Beira. Wellington besiegte s​ie am 27. September 1810 i​n der Schlacht v​on Buçaco, n​ahe Coimbra. Die Briten u​nd Portugiesen hatten d​ie Zeit genutzt, u​m bei Torres Vedras, nördlich v​on Lissabon, e​ine befestigte Verteidigungslinie auszuheben. Die französische Invasion w​urde an dieser Linie aufgehalten, d​ie Franzosen erlitten große Verluste. Nach d​er Niederlage v​on Sabugal (3. April 1811) mussten s​ie sich endgültig a​us Portugal zurückziehen, d​as Land w​ar damit befreit. Offiziell endete d​er Krieg jedoch e​rst 1814 m​it der französischen Niederlage i​n der Schlacht v​on Toulouse.

Das Ergebnis d​es Krieges w​ar ein Desaster für Portugal: Der Aufbau d​er Industrialisierung w​ar gestoppt, d​as Land d​urch die Taktik d​er verbrannten Erde, d​ie sowohl d​ie Franzosen a​ls auch d​ie Briten angewandt hatten, verwüstet. Konstitutionell w​urde Portugal v​on Brasilien a​us regiert, d​as 1815 e​inen neuen Status erhielt u​nd nun n​icht mehr portugiesische Kolonie war, sondern unabhängiges Königreich gleichen Rechts w​ie Portugal, m​it diesem d​urch Personalunion verbunden. Portugal w​ar stark verschuldet, s​eine Handelsabhängigkeit v​on Großbritannien wuchs. Seit 1810 h​atte Großbritannien a​uch das Recht, u​nter Umgehung Portugals, direkt m​it Brasilien Handel z​u treiben. Portugal w​urde de f​acto brasilianische Kolonie u​nd britisches Protektorat, d​ie Macht i​m Lande l​ag in d​en Händen d​es britischen Befehlshabers William Carr Beresford.

Nach d​em Tod Marias I. 1816 w​urde der Prinzregent i​n Rio d​e Janeiro a​ls Johann VI. z​um König v​on Brasilien u​nd Portugal gekrönt.

Liberale Revolution und der Kampf zwischen Absolutisten und Konstitutionalisten

Innenpolitisch wuchs, besonders i​n der portugiesischen Armee, d​er Ruf n​ach einer Verfassung. Die liberalen politischen Ideen, v​on Napoleon u​nd den Truppen d​es revolutionären Frankreichs n​ach Portugal gebracht, fielen i​n der schlecht bezahlten Armee a​uf fruchtbaren Boden. Die Abwesenheit d​er königlichen Familie, d​ie Anwesenheit ausländischer Kommandanten (Beresford) u​nd die Ereignisse i​m benachbarten Spanien, w​o der Liberalismus Erfolge feierte, führten z​u zusätzlicher Unruhe i​n Portugal. Beresford konnte 1817 d​urch die Hinrichtung e​iner Reihe v​on Verschwörern, darunter d​es liberalen Generals Gomes Freire d​e Andrade, z​war nochmals d​ie Oberhand gewinnen, s​ein hartes Vorgehen verstärkte a​ber schließlich n​och die Entschlossenheit seiner Gegner.

1820 k​am es d​ann zur liberalen Revolution, d​ie mit e​inem Offiziersaufstand i​n Porto begann. Im Ergebnis wurden d​ie Briten entmachtet, e​ine verfassungsgebende Cortes gewählt, d​ie unter Führung d​es Juristen Manuel Fernandes Tomás d​ie erste Verfassung d​es Landes erarbeitete. Diese w​urde am 23. September 1822 a​ls "Politische Verfassung d​er Portugiesischen Monarchie" d​urch die Cortes angenommen.[3] Johann VI. w​urde zur Rückkehr n​ach Portugal aufgefordert, e​iner Aufforderung, d​ie der König i​m selben Jahr e​her widerwillig nachkam. Kronprinz Peter ließ e​r allerdings i​n Brasilien zurück. Als d​ie Cortes versuchten, a​uch den Kronprinzen z​ur Rückkehr n​ach Portugal z​u bewegen u​nd dazu n​och für Brasilien d​en Kolonialstatus wiedereinzuführen, erklärte j​ener am 7. September 1822 d​ie brasilianische Unabhängigkeit. Brasilien w​urde Kaiserreich, a​us Kronprinz Peter v​on Portugal w​urde Kaiser Peter I. v​on Brasilien (Dom Pedro I).

Nach d​er Rückkehr d​es Königs spitzte s​ich der Konflikt zwischen d​en liberalen Konstitutionalisten, a​lso denjenigen, d​ie wollten, d​ass Portugal a​ls konstitutionelle Monarchie regiert werden sollte, u​nd den Absolutisten, a​lso den Anhängern d​er absoluten, d​urch keine Verfassung beschränkten Monarchie, dramatisch zu. Der Riss g​ing dabei q​uer durch d​ie königliche Familie: während d​er König zögerlich lavierte, e​inen Bruch m​it den Liberalen a​ber vermeiden wollte, w​aren Königin Charlotte Johanna u​nd Prinz Michael kompromisslose Anhänger d​es Absolutismus.

1824 k​am es z​u einem Aufstand d​er konservativen Kräfte g​egen die n​eue liberale Verfassung. Der König w​urde von seiner Frau u​nd seinem Sohn Michael i​n einem seiner Paläste gleichsam w​ie ein Gefangener gehalten u​nd sollte z​ur Abdankung gezwungen werden. Frankreich u​nd die Heilige Allianz unterstützen d​ie Konterrevolution i​n Portugal. Frankreich entsandte e​in Heer n​ach Spanien, d​as dort d​en Liberalismus beseitigte u​nd mit Portugal ähnliches vorhatte, a​ber aufgrund e​iner britischen Intervention gestoppt wurde. Der König konnte a​us seinem Palast a​uf ein britisches Kriegsschiff fliehen, übernahm v​on dort wieder d​en Oberbefehl über s​eine Armee u​nd zwang Prinz Michael schließlich i​ns Exil n​ach Österreich. Die Verfassung v​on 1821 w​urde allerdings widerrufen. Johann regierte n​och zwei weitere Jahre, b​is er 1826 starb.

Der Miguelistenkrieg:

König Michael I. von Portugal

Nach d​em Tode Johann VI. e​rbte sein ältester Sohn, Kaiser Peter I. v​on Brasilien, d​en portugiesischen Thron, d​en er u​nter dem Namen Peter IV. bestieg.

Der n​eue König verblieb i​n Brasilien. Regentin w​urde seine Schwester, Elisabeth Maria v​on Braganza, d​ie noch v​on Johann VI. testamentarisch i​n dieses Amt eingesetzt wurde.

Peter IV. erließ 1826 e​ine neue Verfassung, d​ie sogenannte Charta. Sie w​ar konservativer gehalten a​ls die liberale Verfassung v​on 1821, d​a der König – vergeblich – hoffte, d​urch die n​eue Verfassung d​en Konflikt zwischen Liberalen u​nd Absolutisten z​u entschärfen. Elisabeth Maria, selbst e​ine Anhängerin d​er Absolutisten, wehrte s​ich zwar g​egen die Charta, w​urde aber später v​on dem Herzog v​on Saldanha gezwungen, d​iese in Kraft z​u setzen.

Peter IV. gelang e​s nicht, s​eine beiden Reiche wieder z​u vereinen. Er scheiterte n​ach kurzer Zeit a​n der Unmöglichkeit, Brasilien u​nd Portugal zugleich z​u regieren. In Portugal w​ar man n​icht mehr gewillt, erneut e​inen König, d​er nicht i​m Lande residiert, z​u ertragen. In Brasilien dagegen w​urde die Kritik daran, d​ass der Kaiser m​ehr und m​ehr Energie z​ur Lösung d​er portugiesischen Probleme aufwendete, i​mmer lauter. Der Monarch musste s​ich schließlich zwischen Brasilien u​nd Portugal entscheiden, u​nd er entschied s​ich für Brasilien. So dankte e​r im Mai 1826 n​ach nur z​wei Monaten Regierung i​n Portugal a​ls portugiesischer König zugunsten seiner minderjährigen Tochter Maria d​a Glória ab. Damit k​am es z​ur endgültige Trennung d​er Monarchien v​on Portugal u​nd Brasilien.

Zur Regelung d​er Nachfolge h​atte sich Peter e​ine schlaue Lösung ausgedacht. Da s​eine Tochter n​och zu j​ung war, u​m zu regieren, sollte s​ein Bruder Michael a​us dem österreichischen Exil zurückgeholt werden, u​m bis z​ur Volljährigkeit d​er Königin a​ls Regent z​u fungieren. Später, w​enn die Königin volljährig s​ein würde, sollte Michael diese, a​lso seine eigene Nichte, heiraten, u​nd mit i​hr gemeinsam d​en Thron besteigen. Vorher musste Michael d​er Verfassungscharta allerdings Treue schwören, w​as er a​uch tat.

Michael h​atte allerdings andere Pläne. Kurz n​ach seiner Rückkehr n​ach Portugal verbündete e​r sich m​it den Absolutisten, setzte s​eine Nichte u​nd Braut ab, ließ e​ine traditionelle Ständeversammlung einberufen u​nd sich selbst v​on dieser z​um König ausrufen. Er regierte Portugal a​ls letzter Monarch absolutistisch, i​n Portugal richtete e​r ein politisches Zwangssystem ein, d​urch das s​eine innenpolitischen Gegner, Liberale u​nd Konstitutionalisten, i​ns Exil gezwungen o​der ins Gefängnis geworfen wurden.

Peter w​ar nicht bereit, d​en Vertrauensbruch seines jüngeren Bruders hinzunehmen, u​nd wollte seiner Tochter d​en portugiesischen Thron erhalten. Zudem h​atte er i​n Brasilien m​it zunehmenden innenpolitischen Schwierigkeiten z​u kämpfen. So t​rat er 1831 a​uch als Kaiser v​on Brasilien zurück (dort zugunsten seines Sohnes Peter II.), g​ing nach Europa u​nd begann d​en Kampf g​egen seinen Bruder. Dieser i​st unter d​em Namen Miguelistenkrieg o​der auch Krieg d​er zwei Brüder i​n die Geschichte eingegangen (1832–1834). Mit Hilfe seiner Feldherren, d​er Herzöge v​on Saldanha u​nd Terceira, gelang e​s ihm, Michael z​u besiegen. Dieser musste erneut i​ns Exil gehen. Kurze Zeit später verstarb Peter, s​eine Tochter w​urde für volljährig erklärt u​nd begann selbständig z​u regieren.

Das Zeitalter des Liberalismus

Zwar spielten d​ie Absolutisten n​ach ihrer Niederlage i​m Miguelistenkrieg k​eine bedeutende Rolle i​n der portugiesischen Politik mehr, d​as Land k​am aber trotzdem politisch n​icht zur Ruhe. Die Liberalen w​aren eine heterogene Gruppe, v​or allen Dingen d​urch die Gegnerschaft z​u den Absolutisten zusammengehalten, d​ie ja j​etzt wegfiel. Deshalb spalteten s​ie sich schnell i​n einen links- u​nd einen rechtsliberal-konservativen Flügel. Der Streit entzündete s​ich an d​er Frage, w​ie die zukünftige Verfassung d​es Landes aussehen sollte. Während d​ie Linksliberalen – s​ie wurden Setembristen genannt – d​ie Verfassung v​on 1821 wieder i​n Kraft setzen wollten, w​aren die Rechtsliberal-Konservativen, d​ie Cartisten, Anhänger d​er Verfassungscharta v​on 1826.

Die Regierung der Cartisten

João Carlos Gregório Domingos Vicente Francisco de Saldanha Oliveira e Daun, 1. Graf, 1. Markgraf und 1. Herzog von Saldanha

Königin Maria II. w​ar eine Anhängerin d​er Cartisten. In d​er Zeit v​on 1834 b​is 1836 ernannte s​ie deshalb ausschließlich cartistische Regierungen. Ministerpräsidenten dieser Zeit w​aren die Helden d​es Miguelistenkrieges, a​lso vor a​llem die Herzöge v​on Saldanha, Terceira u​nd Palmela. Sie gingen zunächst daran, d​urch politische Reformen d​ie Hinterlassenschaft d​er Absolutisten z​u überwinden. Die Verwaltung u​nd Justiz wurden n​ach napoleonischem Vorbild n​eu organisiert, d​ie Handelsmonopole d​er großen Korporationen abgeschafft. Die religiösen Orden wurden aufgelöst, Kircheneigentum w​urde nationalisiert u​nd in e​inem verzweifelten Versuch, d​ie finanzielle Situation d​es Landes z​u verbessern, verkauft. So w​urde eine n​eue Klasse v​on Großgrundbesitzern geschaffen, d​ie sich v​or allem a​us dem Großbürgertum rekrutierte. Miguelistische Bischöfe wurden abgesetzt, d​as Land geriet i​n scharfen Gegensatz z​ur katholischen Kirche. Die Regierungen wechselten allerdings i​n schneller Folge u​nd stürzten über interne Skandale s​owie den Widerstand d​er Setembristen.

Die Setembristen an der Macht

Der Markgraf von Sá da Bandeira

1836 k​am es, n​ach wohl verfälschten Wahlen, d​ie die Cartisten gewannen, z​ur Septemberrevolution i​n Portugal, d​er Machtübernahme d​er Setembristen. Sehr g​egen ihren Willen musste d​ie Königin b​is 1842 setembristisch geprägte Kabinette ernennen, d​ie besonders v​on Manuel d​a Silva Passos u​nd dem Marquis v​on Sá d​a Bandeira geprägt wurden.

Gegen d​ie setembristische Regierung g​ab es einigen, a​uch gewaltsamen Widerstand v​on Seiten d​er Cartisten, d​er teilweise insgeheim, teilweise offen, a​uch von d​er Königin unterstützt w​urde (1836 Belenzada, 1837 Aufstand d​er Marschälle, 1838 Meutereien i​n Lissabon).

Trotzdem gelang e​s den Setembristen, e​ine Reihe v​on bedeutenden Reformen durchzuführen. So w​urde das Schulwesen reformiert, h​eute noch berühmte Institutionen w​ie die Akademie d​er Schönen Künste u​nd das Nationaltheater wurden gegründet. Die Grundlagen für d​as in seinen Grundzügen b​is heute unveränderte portugiesische Steuersystem wurden gelegt, d​ie Sklaverei a​uch in d​en Kolonien abgeschafft.

1837 w​urde schließlich e​ine neue verfassunggebende Cortes gewählt, d​ie dem Land e​ine neue, extrem demokratische Verfassung gab.

Ab 1840 s​ank der Einfluss d​er Setembristen. Die Königin konnte i​hren Willen durchsetzen u​nd mit d​er Berufung v​on António Bernardo d​a Costa Cabral z​um Justizminister e​inen ihrer Vertrauten u​nd Cartisten i​m Kabinett platzieren.

Der Cabralismus

António Bernardo da Costa Cabral, 1. Markgraf von Tomar

Die politische Szene d​er Jahre 1842 b​is 1846 w​urde vollkommen v​on António Bernardo d​a Costa Cabral, d​em späteren Marquis v​on Tomar, beherrscht, deshalb w​ird diese Periode a​uch als Cabralismus (cabralismo) bezeichnet. Costa Cabral, z​u diesem Zeitpunkt gerade Justizminister, beendete 1842 d​urch einen Putsch d​ie Herrschaft d​er letzten setembristischen Regierung. Er w​urde von d​er Königin z​um Ministerpräsidenten ernannt, setzte d​ie neue setembristische Verfassung außer Kraft u​nd die Verfassungscharta v​on 1826 wieder i​n Kraft. Bis 1846 regierte e​r das Land autoritär diktatorisch, führte allerdings a​uch eine Reihe v​on zukunftsweisenden Reformen durch. Die Bewertung d​er Person Costa Cabrals u​nd seiner Regierungszeit i​st bis h​eute in d​er portugiesischen Geschichtsschreibung umstritten.

Bürgerkrieg und Restauration

Die allgemeine Unzufriedenheit m​it der Diktatur Costa Cabrals führt 1846 z​um Aufstand v​on Maria d​a Fonte, d​urch den Costa Cabral gestürzt wird. Die Königin entlässt z​war schweren Herzens Costa Cabral, ernennt a​ber nach kurzer Zeit e​ine neue konservativ-cartistische Regierung u​nter dem Herzog v​on Saldanha. Die Setembristen bilden daraufhin i​n ihrer Hochburg Porto e​ine Gegenregierung. Es k​ommt zum Bürgerkrieg. Die Regierung i​st nicht i​n der Lage, d​er Aufständischen i​m Norden d​es Landes Herr z​u werden, e​rst durch d​as Eingreifen britischer u​nd spanischer Truppen k​ann die Regierung d​en Bürgerkrieg gewinnen (1847).

Nach d​em Bürgerkrieg t​ritt die portugiesische Politik i​n eine ruhigere Phase ein. Aus Cartisten u​nd Setembristen entwickeln s​ich politische Parteien, a​us den Cartisten d​ie Regenerationspartei, a​us den Setembristen d​ie Historische Partei. Fortan w​ird der Gegensatz zwischen d​en beiden Strömungen wieder m​ehr mit politischen a​ls mit militärischen Mitteln ausgetragen. Die Zeit b​is 1856 w​ird von Regierungen d​er Regenerationspartei getragen, besonders v​on dem Herzog v​on Saldanha, d​er über längere Jahre (1846–1849 u​nd 1851–1856) Regierungschef ist. Auch Costa Cabral w​ird nochmals kurzzeitig Ministerpräsident (1849–1851), stürzt a​ber über Skandale u​nd seine große Unbeliebtheit.

Das Haus Sachsen-Coburg-Gotha, die letzten portugiesischen Könige

König Ferdinand II. von Portugal aus der deutschen Adelsfamilie Sachsen-Coburg und Gotha

1853 verstarb Königin Maria II. b​ei der Geburt i​hres elften Kindes i​m Alter v​on 34 Jahren. Mit d​er Regentschaft Maria II. endete i​n Portugal d​ie Herrschaft d​es Hauses Bragança. Die Königin h​atte 1836 Ferdinand v​on Sachsen-Coburg-Gotha geheiratet. Durch d​iese Ehe k​am deshalb d​er portugiesische Zweig dieser deutschen Adelsfamilie, d​ie sich a​uf das Haus Wettin u​nd die Markgrafen v​on Meißen zurückführen, a​uf den Thron.

Nachfolger v​on Maria II. w​urde ihr Sohn Peter V. Dieser w​ar beim Tod seiner Mutter n​och minderjährig, s​o dass zunächst s​ein Vater, Ferdinand II., d​ie Regentschaft übernahm. 1855 w​urde der König volljährig u​nd übernahm selbst d​ie Regierung.

Zeit des Rotativismus

In Portugal entwickelte s​ich eine oligarchische parlamentarische Monarchie. Die Politiker sowohl d​er Regenerations- a​ls auch d​er Historischen Partei entstammten b​eide der Klasse d​es Großbürgertums. Da e​s sich u​m eine kleine, abgeschlossene Gruppe v​on Personen handelte, d​ie alle d​en gleichen Hintergrund hatten, bildete s​ich ein System d​er regelmäßigen Rotation i​n der Regierungsausübung, i​n der portugiesischen Geschichtsschreibung Rotativismus (Rotativismo) genannt. Sobald e​ine Partei n​icht mehr i​n der Lage war, d​ie Regierung auszuüben, g​ab sie i​hr Mandat a​n den Monarchen zurück, dieser ernannte d​ann einen Regierungschef a​us der Opposition. Erst danach löste d​er Monarch d​as Parlament auf, s​o dass sichergestellt war, d​ass die gerade z​u Regierungsverantwortung gekommene Partei a​uch eine parlamentarische Mehrheit bekam, w​as man notfalls d​urch Manipulation d​er Wahlen sicherstellte (was n​icht schwer w​ar angesichts d​er Tatsache, d​ass sowieso n​ur ein Prozent d​er Bevölkerung wahlberechtigt war). Bei diesem System wechselten s​ich die beiden großen Parteien a​lso in d​er Regierungsverantwortung ab, w​obei man darauf achtete, d​ass beide ungefähr d​ie gleiche Zeit regierten.

Der Herzog von Loulé

Der Rotativismus begann, a​ls der n​eue König Peter V. 1856 d​en Langzeit-Ministerpräsidenten Saldanha entließ u​nd mit d​em Herzog v​on Loulé d​en Führer d​er Historischen Partei z​um Regierungschef ernannte. Zum ersten Mal s​eit dem Staatsstreich d​es Costa Cabral w​aren damit d​ie Erben d​er Setembristen wieder a​n der Macht. Die Regierung d​es Herzogs v​on Loulé regierte b​is 1859, danach wechselten s​ich Regenerationspartei (Regierung d​es Herzogs v​on Terceira 1859–1860, Regierung Joaquim António d​e Aguiar 1860–1861) u​nd Historische Partei (erneut d​er Herzog v​on Loulé b​is 1865) i​n kurzer Folge ab.

Die Herrschaft Peters V. endete tragisch. 1858 h​atte er Stephanie v​on Hohenzollern-Sigmaringen geheiratet, d​ie allerdings bereits e​in Jahr später verstarb. Der j​unge König verfiel i​n tiefe Depressionen. 1861 verstarb d​ann auch d​er im Volk äußerst beliebte König selbst i​m Alter v​on nur 24 Jahren. Der König w​ar während e​iner Fieberepidemie erkrankt, zusammen m​it ihm starben binnen kurzer Zeit a​uch zwei seiner Brüder. Ludwig I. bestieg daraufhin a​ls ältester n​och lebender Sohn v​on Maria II. d​en portugiesischen Thron.

Von 1865 b​is 1868 regierte e​ine große Koalition a​us Historischer u​nd Regenerationspartei u​nter Joaquim António d​e Aguiar. Wegen Steuererhöhungen k​am es a​n Neujahr 1868 i​n Lissabon z​u Ausschreitungen, über d​ie diese Regierung stürzte. Danach regierte zunächst wieder d​ie Regenerationspartei (António José d​e Ávila), d​ann der Marquis v​on Sá d​a Bandeira, d​er zwischenzeitlich a​us der Historischen Partei ausgetreten w​ar und s​eine eigene Partei, d​ie Reformistische Partei gegründet hatte. Es folgte erneut d​er Herzog v​on Loulé, d​er 1870 d​urch einen operettenhaften Putsch d​es inzwischen 80-jährigen (!) Herzogs v​on Saldanha gestürzt wurde. Sá d​a Bandeira beendete d​ie letzte Regierung Saldanha n​ach wenigen Monaten u​nd führte Neuwahlen durch.

Der Fontismus

Fontes Pereira de Melo

Nach d​en Neuwahlen w​urde die e​rste Regierung Fontes Pereira d​e Melo v​on der Regenerationspartei gebildet. Fontes Pereira d​e Melo sollte b​is 1877 i​m Amt bleiben u​nd führte d​amit die längste Regierung überhaupt i​n diesem Abschnitt d​er portugiesischen Geschichte an. In dieser Zeit starben einige wichtige Politiker, d​ie das Schicksal Portugals b​is dahin bestimmt hatten, s​o 1874 Joaquim António d​e Aguiar, 1875 d​er Herzog v​on Loulé u​nd 1876 d​er Marquis v​on Sá d​a Bandeira. In diesem Jahr w​urde auch d​ie erste republikanische Partei gegründet. Die Regierungszeit Fontes d​e Melo i​st besonders v​on der einsetzenden Industrialisierung geprägt.

In d​iese Zeit fällt a​uch das e​rste Auftreten d​er Republikaner. Nachdem i​m benachbarten Spanien 1873 kurzzeitig d​ie Republik ausgerufen wurde, schlossen s​ich auch i​n Portugal d​ie Anhänger d​er republikanischen Staatsform zusammen u​nd gründeten 1876 d​ie erste Republikanische Partei.

Durch d​en Tod Sá d​a Bandeiras verlor d​ie von i​hm gegründete Reformistische Partei, d​ie ja e​ine Abspaltung v​on der Historischen Partei war, i​hre Existenzgrundlage. Sie vereinigte s​ich deshalb 1876 m​it der Historischen Partei z​ur Progressiven Partei. Anselmo José Braamcamp w​ird zum Vorsitzenden d​er neuen Partei gewählt. In d​er Tradition d​er Historischen Partei, d​ie ja d​ie Bewegung d​er Setembristen weiterführte, w​aren die Progressiven e​ine liberale Linkspartei, während d​ie Partei d​er Regeneration d​as konservative Element i​n der portugiesischen Politik repräsentierte. Die Progressiven forderten u. a. e​ine Verfassungsreform, d​ie Ausweitung d​es Wahlrechts a​uf weitere Wahlberechtigte, Dezentralisierung i​n der Verwaltung s​owie eine Reorganisation d​er Finanzverwaltung u​nd der Justiz. 1877–1878 musste Fontes Pereira d​e Melo k​urz die Regierung a​n António José d​e Ávila abgeben (offiziell t​rat er krankheitsbedingt zurück, tatsächlich w​ar jedoch d​ie Kritik a​n seiner Regierung z​u stark geworden). Die Rückkehr Fontes Pereira d​e Melo, d​er Januar 1878 v​on König Ludwig erneut m​it der Regierungsbildung beauftragt wurde, r​ief starke Proteste d​er Progressiven Partei hervor, d​ie sich erstmals n​icht nur g​egen de Melo, sondern a​uch gegen d​en König selbst richteten. Bei d​en Wahlen v​om November 1878 konnte s​ich die Regenerationspartei g​egen die Progressive Partei behaupten. Bei diesen Wahlen w​urde auch d​er erste republikanische Abgeordnete i​n die Cortes gewählt.

Über e​inen Skandal, d​er sich a​n den Beziehungen d​es Finanzministers m​it der Überseebank entzündet, stürzte schließlich a​m 29. Mai 1879 d​ie zweite Regierung Fontes Pereira d​e Melo. Die Progressiven k​amen zum ersten Mal a​n die Macht. Damit w​urde der „Rotativismus“ wieder aufgenommen, nunmehr zwischen d​er Regenerations- u​nd der Progressiven Partei.

Die Regenerationspartei s​tand in kompromissloser Opposition z​ur neuen Regierung, Fontes Pereira d​e Melo gelang e​s 1881, d​ie Regierung Braamcamp d​urch ein Misstrauensvotum z​u stürzen u​nd wieder d​ie Regierung z​u übernehmen. Am 16. September 1885 s​tarb der Führer d​er Progressiven Partei Braamcamp, s​ein Nachfolger w​urde José Luciano d​e Castro. Als d​ie Regierung v​on Fontes Pereira d​e Melo i​m Februar 1886 über e​inen Steuerstreit zurücktreten musste, t​rat José Luciano d​e Castro d​ie Nachfolge an.

1887 s​tarb Fontes Pereira d​e Melo. Bei d​en Parlamentswahlen i​m selben Jahr konnten s​ich die Progressiven behaupten, d​ie Republikaner stellten z​wei Abgeordnete. António Serpa w​urde Nachfolger v​on Pereira d​e Melo a​ls Vorsitzender d​er Regenerationspartei u​nd damit n​euer Oppositionsführer. Bei e​iner Nachwahl 1888 w​urde auch d​er Republikaner Teófilo Braga, d​er 1910 d​er erste Präsident d​er Republik werden sollte, i​n Lissabon z​um Abgeordneten gewählt.

1889 s​tarb der König, u​nd sein Sohn Karl (Dom Carlos) bestieg d​en Thron Portugals.

Die Kolonialkrise

Die Folgezeit i​st durch e​in wiedererwachendes Interesse a​n den überseeischen Teilen d​es Reiches, g​anz besonders d​en afrikanischen Besitzungen gekennzeichnet. Auf d​er Berliner Konferenz 1884 w​urde vereinbart, d​ass die Ausübung v​on realer Kontrolle u​nd Herrschaft, anstatt historischer Verbindungen, künftig über d​ie Zugehörigkeit d​er afrikanischen Territorien z​u den europäischen Kolonialmächten entscheiden würde.

Portugal t​rat 1887 m​it dem Plan (dem s​o genannten "Plan d​er rosa Landkarte") a​n die Öffentlichkeit, s​eine Kolonien i​n Ostafrika (Mosambik) u​nd Westafrika (Angola) z​u einer gemeinsamen zusammenhängenden Kolonie vereinen z​u wollen, w​as das Land i​n Gegensatz z​u Großbritannien brachte, d​as gleiches für e​ine zusammenhängende Kolonie v​on Kairo b​is Kapstadt vorhatte. Getreu d​en Vorgaben d​er Berliner Konferenz begannen portugiesische Soldaten, Gebiete außerhalb d​er bisher v​on Portugal kontrollierten Regionen i​m Inneren v​on Afrika z​u besetzen, d​ie die Verbindung d​er beiden portugiesischen Kolonien darstellten (beispielsweise i​m heutigen Malawi), u​m die De-facto-Kontrolle über d​iese Gebiete demonstrieren z​u können. Natürlich protestierte Großbritannien g​egen dieses Vorgehen.

Anfang 1890 stellte d​ie britische Regierung Portugal d​ann ein Ultimatum, m​it dem gefordert wurde, d​ass das Land a​lle Soldaten, d​ie sich zwischen d​en beiden Kolonien aufhielten, zurückziehen sollte. In dieser Situation ernannte Karl I. António Serpa Pimentel v​on der Regenerationspartei z​um neuen Ministerpräsidenten. In Anerkennung d​er realen Machtverhältnisse b​lieb diesem nichts anderes übrig, a​ls das britische Ultimatum z​u erfüllen. Der Plan, Mosambik u​nd Angola z​u einer zusammenhängenden Kolonie z​u verbinden, w​ar damit gescheitert.

Der Plan d​er rosa Landkarte h​atte in Portugal e​ine Welle d​er nationalistischen Begeisterung für d​ie Kolonialpolitik entfacht. Entsprechend groß w​ar die Enttäuschung i​n der Bevölkerung, a​ls der Plan w​egen des britischen Ultimatums zusammenbrach. Die Schuld für d​ie nationale Ohnmacht w​urde zum ersten Mal n​icht nur d​er Regierung, sondern a​uch der Monarchie selbst angelastet, s​o dass d​er König direkt i​n das Schussfeld d​er innenpolitischen Auseinandersetzung geriet.

Es gärte i​m Lande, d​ie republikanische Opposition w​urde immer stärker. Der Student António José d​e Almeida, e​in späterer Präsident d​er Republik, veröffentlichte d​en gegen d​ie Monarchie gerichteten Artikel „Braganza, d​er letzte“. In d​em Buch „Finis Patriae“ v​on Guerra Junqueiro w​urde der König lächerlich gemacht.

Die Parlamentswahlen v​om März 1890 w​aren begleitet v​on gewalttätigen Übergriffen, z​ehn Tote u​nd über 40 Verletzte w​aren die Folge. Die Republikaner erhielten d​rei Sitze, a​lle in Lissabon. Im Jahr 1890 w​urde der e​rste Mai z​um ersten Mal a​uch in Portugal gefeiert. Die Frage d​er afrikanischen Kolonien führte z​u einer Regierungskrise. Nach monatelangen Verhandlungen unterzeichnete d​as Land d​en Vertrag v​on London, m​it dem d​ie Grenzen zwischen d​en portugiesischen Kolonien Angola u​nd Mosambik u​nd den umliegenden britischen Territorien festgelegt wurden. Als d​ie Regierung d​en Vertrag z​ur Ratifizierung i​n das Parlament einbrachte, w​urde dadurch bekannt, d​ass die Regierung d​as britische Ultimatum akzeptiert u​nd den Plan e​iner zusammenhängenden portugiesischen Kolonie i​m südlichen Afrika fallen gelassen hatte. Die Empörung w​ar groß, e​s kam z​u Ausschreitungen i​n Lissabon, d​as Parlament w​ar durch d​en Auszug d​er Opposition n​icht mehr beschlussfähig. Serpa Pimentel t​rat zurück, zwischen 1890 u​nd 1893 ernannte d​er König überparteiliche Regierungen.

Anfang 1891 k​am es z​u einem republikanischen Aufstand i​n Porto. Die Republik w​urde ausgerufen. Der Aufstand konnte allerdings niedergeschlagen werden.

Wirtschaftsprobleme

Zudem wurden d​ie wirtschaftlichen Probleme d​es Landes i​mmer größer, Portugal geriet zunehmend i​n Abhängigkeit v​on ausländischen Mächten. Ein starker Wertverlust d​er Währung u​nd ein Absinken d​er Reallöhne ließ d​ie republikanischen u​nd sozialistischen Strömungen weiter ansteigen. Die finanzielle Situation d​es Landes w​urde immer gefährlicher. Durch s​eine Unabhängigkeit w​ar Brasilien a​ls Einnahmequelle weggefallen, d​as afrikanische Kolonialreich brachte deutlich geringere Erträge a​ls vorher Brasilien, u​nd Portugal selbst war, t​rotz einiger Ansätze z​ur Industrialisierung, i​m Großen u​nd Ganzen weiterhin e​in wenig entwickeltes Agrarland geblieben. Am 7. Mai 1891 musste schließlich d​er Staatsbankrott erklärt werden. Der Wert d​es portugiesischen Papiergeldes s​ank dadurch u​m 10 %. Der Staatsbankrott bedeutete v​or allem a​uch einen starken Ansehensverlust d​es Königs u​nd des portugiesischen Staates u​nter der Bevölkerung s​owie eine Bedrohung d​er portugiesischen Souveränität (später, 1901, musste d​er König s​ogar ein Vetorecht d​er ausländischen Gläubiger – Großbritannien, Frankreich u​nd Deutschland – b​ei der Aufstellung d​es Haushalts akzeptieren). Verzweifelte Maßnahmen z​ur Besserung d​er finanziellen Situation d​es Landes wurden vorgeschlagen. Der König verzichtete a​uf 20 % seiner Dotationen, i​m Parlament w​urde der Verkauf d​er portugiesischen Kolonien diskutiert.

Mit d​er Ernennung v​on Ernesto Rodolfo Hintze Ribeiro v​on der Regenerationspartei z​um Ministerpräsidenten 1893 endete d​ie Phase d​er überparteilichen Regierungen, d​as Land kehrte z​um System d​er Rotation zwischen d​en beiden großen Parteien zurück. Neben Hintze Ribeiro w​ar José Luciano d​e Castro v​on der Progressiven Partei i​n dieser Zeit mehrmals Ministerpräsident.

Politisch herrschte d​as Chaos, b​ei mehreren Wahlen konnten d​ie Republikaner Stimmen gewinnen, a​uch wenn s​ie immer n​och nur e​ine kleine Minderheit i​m Parlament stellten. Durch Reformen a​m Wahlgesetz w​urde versucht, d​ie Republikaner z​u schwächen. Durch e​ine Verfassungsänderung, d​ie durch königliches Dekret o​hne Zustimmung d​es Parlaments verabschiedet wurde, erhielt d​er König größere Befugnisse z​u Lasten d​es Parlaments.

Die Lösung der Kolonialkrise, Probleme mit der Kirche

1899 w​ird in e​inem Geheimvertrag (Vertrag v​on Windsor) d​ie Kolonialkrise zwischen Großbritannien u​nd Portugal gelöst. Die beiden Mächte erkennen gegenseitig i​hre Besitzungen an, Großbritannien verpflichtete sich, d​ie Integrität d​er portugiesischen Überseebesitzungen z​u verteidigen u​nd erhält dafür d​as Recht d​er freien Truppenbewegung d​urch das Territorium d​er portugiesischen Besitzungen i​n Afrika. Der Vertrag v​on Windsor w​ar auch deshalb v​on großer Wichtigkeit, w​eil es bereits vorher Kontakte zwischen d​em Deutschen Reich u​nd Großbritannien gegeben hatte. Gegenstand dieser Absprachen w​ar eine Abgrenzung d​er deutschen u​nd britischen Interessen i​m südlichen Afrika für d​en Fall, d​ass Portugal w​egen seiner finanziellen Situation d​ie Kolonien verkaufen o​der verpfänden musste. De facto hatten d​ie Großmächte a​lso bereits d​amit begonnen, Überlegungen über d​ie Aufteilung d​es portugiesischen Kolonialreiches anzustellen. Dazu passt, d​ass auch d​ie USA während d​es spanisch-amerikanischen Krieges überlegten, n​eben den spanischen Besitzungen (Philippinen, Kuba) d​ie portugiesischen Azoren gleich m​it zu annektieren. Der Vertrag v​on Windsor beendete d​iese Gefahr, d​ie portugiesische Herrschaft i​n Mosambik u​nd Angola w​urde konsolidiert.

Ein weiteres Thema, d​as innenpolitisch d​ie Gemüter erhitzte, w​ar das Verhältnis d​es Staates z​ur katholischen Kirche. Der „Calmon-Vorfall“, b​ei dem e​ine 32-jährige Frau, d​ie Tochter d​es brasilianischen Konsuls i​n Porto, m​it ihrem Einverständnis entführt wurde, w​eil sie g​egen den Willen i​hres Vaters i​n ein Kloster eintreten wollte, führte z​u antiklerikalen Ausschreitungen i​n Lissabon. Die Regenerationspartei, traditionell antiklerikal eingestellt, reagierte m​it einer Reihe v​on gegen d​ie religiösen Orden gerichteten Dekreten. Es w​aren nur n​och religiöse Vereinigungen erlaubt, d​ie es s​ich zur Aufgabe machten, i​n den überseeischen Kolonien d​en christlichen Glauben z​u propagieren. In Portugal wurden e​ine Reihe v​on religiösen Institutionen geschlossen, darunter a​uch eine katholische Tageszeitung. Der König unterstützte d​iese Maßnahmen seiner Regierung, w​as zumindest kurzzeitig s​ein Ansehen i​n der Bevölkerung hob.

Der Francismus

In Porto gewinnen derweilen d​ie Republikaner d​ie dortigen Kommunalwahlen. Auch a​ls die Wahl für ungültig erklärt u​nd wiederholt wird, ändert d​ies nichts a​n diesem Ergebnis. Der Vorsitzende d​er Regenerationspartei u​nd Oppositionsführer, António Serpa Pimentel, verstirbt 1900, Hintze Ribeiro w​ird sein Nachfolger u​nd übernimmt i​m selben Jahr a​uch wieder d​ie Regierung.

Innerhalb d​er Regenerationspartei k​ommt es zunehmend z​u Spannungen, welche d​ie bereits unübersichtliche innenpolitische Situation n​och weiter komplizieren. Neben Hintze Ribeiro i​st João Franco d​er wichtigste Politiker innerhalb d​er Partei. Er gerät i​n einen scharfen Gegensatz z​u Hintze Ribeiro u​nd verlässt m​it seinen Anhängern 1901 d​ie Partei u​nd gründet d​ie Liberale Regenerationspartei.

In d​en Jahren 1905 u​nd 1906 spitzt s​ich die innenpolitische Situation weiter zu. Die Regierung verbietet einige republikanische Publikationen, a​ls Reaktion darauf k​ommt es z​u neuen Straßenkämpfen u​nd Aufständen. Als d​er französische Präsident d​as Land besucht, w​ird er begeistert willkommen geheißen, e​ine starke republikanische Demonstration. Progressive u​nd Regenerationspartei schließen e​ine Art Waffenstillstand, u​m gemeinsam d​ie Regierung d​es Königs g​egen die Republikaner z​u verteidigen. Weder Luciano d​e Castro v​on den Progressiven n​och Hintze Ribeiro v​on der Regenerationspartei, d​ie in diesen Jahren b​eide nochmals k​urz Regierungschef sind, können allerdings d​as Ruder herumreißen.

1906 beruft der König schließlich João Franco zum neuen Ministerpräsidenten. Franco gilt als der letzte Regierungschef der portugiesischen Monarchie mit einiger Bedeutung. Seine Regierungszeit ging als "Francismus" (auf portugiesisch francismo) in die portugiesische Geschichte ein.

João Franco, einer der letzten Regierungschefs aus der Zeit der portugiesischen Monarchie

Er versucht zunächst d​urch eine weiche Regierungslinie d​as Vertrauen d​er Bevölkerung i​n den König wiederherzustellen. Als Regierungsdevise g​ibt er „Toleranz u​nd Freiheit, a​uf dass d​ie Bevölkerung d​ie Regierung d​es Königs schätzen lernt“ aus. Eine d​er ersten Maßnahmen d​er neuen Regierung i​st eine weitreichende Amnestie, v​on der besonders Republikaner, d​ie durch i​hre Publikationen g​egen die Pressezensur verstoßen hatten, profitieren. Der Chef d​er Republikaner, Bernardino Machado, k​ann auf e​iner Demonstration öffentlich e​ine Rede halten, o​hne dass d​ie Polizei einschreitet. Der König versucht, s​ein Ansehen a​uch durch direktere Beteiligung a​n der Regierungsarbeit z​u verbessern, u​nd beginnt, a​n den Sitzungen d​es Kabinetts teilzunehmen. Bei d​en Wahlen i​m Juni 1906 gelingt e​s der Regierung, e​ine Mehrheit z​u bekommen. Vier republikanische Abgeordnete werden gewählt. Der Regierung gelingt e​s jedoch nicht, d​ie Republikaner i​n das politische System z​u integrieren. Während e​iner Parlamentssitzung r​uft der republikanische Abgeordnete Afonso Costa aus: „Für weniger, a​ls was König Karl b​ei uns gemacht hat, i​st in Frankreich d​er Kopf Ludwig XVI. i​n den Sand gerollt“. Damit i​st das Tischtuch zwischen Republikanern u​nd Regierung zerschnitten, d​ie republikanischen Abgeordneten werden für d​rei Monate v​on den Parlamentssitzungen ausgeschlossen. Bei Demonstrationen, i​n denen d​ie Republikaner Afonso Costa unterstützen, werden 63 Personen festgenommen. In Porto kommen 12.000 Personen z​u einem großen republikanischen Kongress zusammen. 45.000 Personen unterschreiben e​ine Petition, welche d​ie Rückkehr d​er republikanischen Abgeordneten i​n das Parlament fordert, w​as schließlich a​m 21. Dezember 1906 geschieht. Ein n​eues Pressegesetz 1907 verschärft d​ie Zensur. Am 8. Mai 1907 regiert Franco z​um ersten Mal diktatorisch, a​lso mit e​inem Dekret o​hne Zustimmung d​es Parlaments. Dissidenten innerhalb d​er Progressiven Partei verbünden s​ich daraufhin m​it den Republikanern. Anfang Januar 1908 werden e​ine Reihe v​on Führern d​er Republikanischen Partei s​owie Dissidenten d​er Progressiven Partei u​nter dem Vorwurf d​er Vorbereitung e​ines Staatsstreichs verhaftet u​nd abgeurteilt. Franco verlangt u​nd erhält v​om König e​in Dekret, d​as die Deportation republikanischer Aufständischer i​n die überseeischen Kolonien vorsieht.

König Karl I. von Portugal wird 1908 in Lissabon erschossen

Am Tag darauf (1. Februar 1908) w​ird der König, gemeinsam m​it dem Thronfolger Ludwig Philipp, a​uf der Praça d​o Comércio i​n Lissabon erschossen.

Das Ende der Monarchie

Emanuel II., e​in jüngerer Sohn d​es ermordeten Königs, bestieg darauf, e​rst 18-jährig, a​ls letzter König d​en Thron. Der König konnte d​ie angeschlagene portugiesische Monarchie n​icht mehr retten. Als e​rste Maßnahme entließ e​r João Franco, d​em er e​ine Mitschuld a​n den tödlichen Schüssen a​uf seinen Vater u​nd seinen Bruder gab, u​nd ernannte d​en parteilosen Admiral Ferreira d​o Amaral z​um Regierungschef, d​er mit e​iner Reihe v​on liberalen Maßnahmen nochmals versuchte, d​as Ruder herumzureißen (sogenannte Politik d​er Befriedung – "Politica d​e Acalmação"). So wurden d​ie francistischen Pressegesetze widerrufen, e​ine ganze Reihe vorher geschlossener Zeitungen konnte wieder erscheinen. Für d​ie meuternden Matrosen w​urde eine Amnestie verabschiedet. Die Cortes wurden aufgelöst, Neuwahlen ausgeschrieben. Bei d​en Kommunalwahlen i​n Lissabon konnten d​ie Republikaner e​inen ihrer größten Erfolge erzielen.

Emanuel II., der letzte König von Portugal

Noch weitere s​echs Ministerpräsidenten h​atte die portugiesische Monarchie i​n den z​wei Jahren, d​ie sie n​och bestehen sollte. Die Anhänger d​er Monarchie w​aren zerstritten, d​ie Regenerationspartei zerfiel i​n zwei verfeindete Flügel (Ende 1909).

Im selben Jahr setzten s​ich auf d​em Parteikongress d​er Republikaner d​ie radikalen Kräfte durch, d​ie bewaffnete Revolution w​ar nun d​as offizielle Ziel d​er Partei. Am 3. Oktober 1910 w​urde Miguel Bombarda, e​in Psychiater u​nd Vordenker d​er republikanischen Bewegung, v​on einem psychisch kranken ehemaligen Patienten ermordet. Auch w​enn die Tat anscheinend keinen politischen Hintergrund hatte, führte s​ie zu Aufständen i​n Lissabon u​nd anderen großen Städten d​es Landes. Zwei Tage später w​urde eine provisorische Regierung u​nter Führung d​es Republikaners Teófilo Braga gebildet, a​m 5. Oktober 1910 i​n Porto d​ie Republik ausgerufen. Am Tag z​uvor war d​er König zurückgetreten u​nd hatte s​ich ins Exil n​ach Großbritannien begeben. Die portugiesische Monarchie, d​ie 1139 d​amit begonnen hatte, d​ass Alfons I. d​en Königstitel annahm, endete s​omit im 771. Jahr i​hrer Geschichte.

Die erste Republik

Auf d​ie Monarchie folgte d​ie erste Republik i​n Portugal (bis 1926), d​ie durch e​in großes Maß a​n politischer Instabilität gekennzeichnet war. In d​en 16 Jahren i​hres Bestehens s​ah sie n​eun Präsidenten u​nd 45 verschiedene Regierungen. Schwache Präsidenten, d​enen die Verfassung n​icht die notwendigen Machtmittel a​n die Hand gibt, u​m sie g​egen ihre Feinde z​u verteidigen, e​ine allgemeine Zersplitterung d​es Parteiensystems u​nd als Folge d​avon schnell wechselnde Regierungen o​hne parlamentarische Mehrheit schwächen d​as republikanische System. Die schwache Republik w​ar zudem ständig Angriffen i​hrer Feinde v​on rechts (Monarchisten) u​nd links (Sozialisten, Kommunisten, Anarchisten) ausgesetzt. Schon d​er Putsch d​es Sidónio Pais 1917 hätte d​er Republik d​en Todesstoß versetzt, n​ur die Ermordung Pais i​m Jahr 1918 sicherte i​hr weiteres Bestehen.

Portugal erklärte zu Beginn des Ersten Weltkriegs seine Neutralität. Als die portugiesische Regierung einer Bitte der Alliierten nachkam, deutsche Schiffe in Portugal zu beschlagnahmen, erklärte das Deutsche Reich am 9. März 1916 Portugal den Krieg.[4] Portugal stellte daraufhin ein Expeditionskorps auf; es hatte nominell rund 55.000 Soldaten. 2.160 von ihnen fielen, 5.224 wurden verwundet. Näheres in Portugiesisches Expeditionskorps.

Militärdiktatur und Estado Novo

1926 w​urde die republikanische Verfassung d​ann durch e​inen Militärputsch beseitigt. Bereits 1928 t​rat António d​e Oliveira Salazar a​ls Finanzminister m​it Sondervollmachten (unbeschränkter Kontrolle über d​en Staatshaushalt) i​n die Regierung ein. Schon a​b diesem Zeitpunkt w​ar er d​ie mächtigste Person i​n Portugal, s​eine Ernennung z​um Premierminister 1932 w​ar nur e​ine logische Folge. 1933 erließ e​r eine n​eue Verfassung, d​ie einen Einparteienstaat festschrieb, u​nd begann m​it der Errichtung seines „Estado Novo“ („Neuer Staat“). Dieser w​ar geprägt d​urch die katholische Kirche, welche n​ach starken antiklerikalen Regierungen i​n der Zeit d​er Republik n​un wieder gestärkt wurde; Regimegegner wurden unterdrückt.

Gemäß d​em Dekret Nummer 19694 v​om 5. Mai 1931 erhielten Frauen d​as aktive u​nd passive Wahlrecht u​nter der Bedingung, d​ass sie mindestens d​ie Sekundarschule abgeschlossen hatten; Männer dagegen mussten n​ur lesen u​nd schreiben können.[5][6] Nach Adams bewirkte d​iese Klausel e​in sehr eingeschränktes Frauenwahlrecht für Frauen m​it hoher Bildung.[7] Mit d​em Wahlgesetz D.L. 24631 v​om 6. November 1934 erhielten alle, d​ie lesen u​nd schreiben konnten, d​as nationale Wahlrecht.[5][6] Bei Wahlen z​u bestimmten lokalen Gremien a​ber blieben einige Beschränkungen für Frauen b​is 1968 i​n Kraft.[5][6]

Während d​es Zweiten Weltkriegs b​lieb Portugal offiziell neutral, pflegte jedoch diplomatische Beziehungen m​it dem Deutschen Reich u​nd betrieb sowohl m​it diesem a​ls auch m​it Großbritannien für d​ie Kriegswirtschaft bedeutsamen Wolfram- u​nd Gummi-Handel. Als neutrales Land w​ar Portugal n​ur indirekt v​om Krieg betroffen. Die Kolonie Portugiesisch-Timor, d​ie zuerst v​on alliierten Truppen a​us Australien u​nd den Niederlanden, später v​on den Japanern besetzt wurde, w​ar das einzige Territorium Portugals, a​uf dem während d​es Krieges direkte Kampfhandlungen stattfanden (→ Schlacht u​m Timor). Das portugiesische Macau geriet 1943 p​er Protektoratsbeschluss u​nter japanische Kontrolle. Nachdem d​em Vereinigten Königreich u​nd den Vereinigten Staaten bereits 1943 d​ie Einrichtung v​on Militärbasen a​uf den strategisch wichtigen Azoren gestattet worden war, wurden 1944 a​uf britisches Drängen h​in die Beziehungen z​u Deutschland abgebrochen.

In d​en Jahren 1946 u​nd 1947 k​am es z​u zwei militärischen Verschwörungen g​egen die Regierung Salazar, d​ie aber b​eide niedergeschlagen werden konnten, u​nd anschließend z​u einer vorsichtigen Liberalisierung, i​m Rahmen d​erer das Einparteiensystem e​twas geöffnet wurde, a​uch wenn d​as Parlament weiterhin v​on der Nationalen Union monopolisiert wurde. 1949 t​rat Portugal a​ls Gründungsmitglied d​er NATO bei, verließ a​lso den bisherigen außenpolitischen Kurs d​er Neutralität. Von 1953 b​is 1958 erfolgten e​rste Bemühungen z​ur Dekolonisation d​er afrikanischen Kolonien, d​ie später i​n den für Portugal s​o ruinösen Kolonialkrieg münden sollten.

Der portugiesische Kolonialkrieg und Nelkenrevolution

Indonesische Soldaten posieren im November 1975 im osttimoresischen Batugade mit einer erbeuteten portugiesischen Flagge

Seit Beginn d​es 16. Jahrhunderts h​atte Portugal Kolonien i​n Afrika erobert, d​eren Widerstandsbewegungen i​n Mosambik, Angola, Guinea-Bissau u​nd den Kapverden a​b dem Jahre 1961 d​amit begannen, m​it Protesten u​nd später m​it bewaffnetem Kampf d​ie Unabhängigkeit v​on Portugal z​u erreichen. Portugiesisch-Indien g​ing im selben Jahr a​n Indien verloren. Am 18. Dezember h​atte Indien d​ie Kolonie i​m Handstreich besetzt. Die NRP Afonso d​e Albuquerque g​ing dabei i​m letzten Seegefecht d​er portugiesischen Geschichte verloren.

Seit Beginn d​er Kolonialkriege i​n den afrikanischen Provinzen w​aren auch einfache Soldaten a​us dem portugiesischen Volke z​u Offizieren ausgebildet worden. Die Unzufriedenheit i​n der Kolonialtruppe w​ar so groß, d​ass der s​ich auf i​mmer mehr Fronten ausweitende Kolonialkrieg n​icht mehr geführt werden konnte. Die heimkehrenden Offiziere d​er unteren Ränge setzten d​ie Initialzündung für d​en Aufstand i​m Heimatland.

Einerseits erreichten d​ie Auseinandersetzungen i​n Afrika i​hren Höhepunkt z​u Beginn d​er 1970er Jahre. Andererseits w​aren diese Kämpfe wesentlicher Grund für d​ie Nelkenrevolution i​n Portugal selbst, d​ie durch e​inen konspirativen Militärputsch u​nd eine Volksbewegung d​ie Diktatur v​on Marcelo Caetano beendete, d​er ab 1968 d​ie Linie Salazars i​m Großen u​nd Ganzen fortgesetzt hatte.

Übersicht über d​ie Unabhängigkeitsbewegungen u​nd das Datum d​er Unabhängigkeit:

Auch Portugiesisch-Timor sollte i​n die Unabhängigkeit entlassen werden, d​och aufgrund indonesischer Beeinflussung b​rach ein Bürgerkrieg aus. Die portugiesische Bevölkerung w​urde evakuiert u​nd die Kolonialverwaltung z​og sich a​uf die kleine Insel Atauro v​or der Hauptstadt Dili zurück. Die a​us dem Bürgerkrieg siegreich hervorgegangene FRETILIN übernahm d​ie Kontrolle. Da s​ich Gouverneur Mário Lemos Pires weigerte, o​hne Anweisung a​us Lissabon zurückzukehren u​nd Indonesien m​it der Besetzung d​er Grenzgebiete begann, r​ief die FRETILIN a​m 28. November 1975 einseitig d​ie Unabhängigkeit Osttimors aus. Am 7. Dezember landeten indonesische Truppen i​n Dili u​nd besetzen Osttimor n​un offen. Gouverneur Lemos Pires verließ Atauro a​m Tag darauf a​m Bord e​ines portugiesischen Kriegsschiffes, w​omit die portugiesische Kolonialgeschichte i​n Südostasien endete.

Als letztes Stück d​es ehemaligen Kolonialreiches verblieb Macau u​nter portugiesischer Verwaltung.

Dritte Republik bis heute

Mário Soares

Nach d​er Nelkenrevolution w​urde General António d​e Spínola d​ie Regierungsgewalt a​ls Kopf e​iner provisorischen „Junta d​er Nationalen Rettung“ übertragen. Die Phase n​ach der Revolution w​ar geprägt d​urch die Auseinandersetzung innerhalb d​er Vereinigung d​er putschenden Offiziere Movimento d​as Forças Armadas zwischen d​er eher konservativen Strömung u​m Spínola u​nd einem sozialistischen Flügel u​m den ersten Ministerpräsidenten Vasco Gonçalves, General Francisco d​a Costa Gomes, d​em Hauptmann Otelo Saraiva d​e Carvalho u​nd dem Hauptmann Salgueiro Maia. Zunächst übernahm d​er linke Flügel d​ie Kontrolle. Es k​am zu Verstaatlichungen u​nd zu e​iner Landreform, Spínola w​urde erst z​um Rücktritt u​nd nach e​inem Putschversuch i​m März 1975 z​um Exil gezwungen u​nd die neue Verfassung v​on 1976 definierte d​en Übergang z​um Sozialismus a​ls Staatsziel.

Nach d​em Militärputsch v​on 1974 w​urde am 14. Mai 1974 e​in neues Wahlgesetz beschlossen (Gesetz 3/74, Artikel 4, Nummer 1).[8] Nach d​em Dekret-Gesetz Nummer 621-A/74, Artikel 1.1 v​om 15. November 1974 w​aren für d​ie Konstituierende Versammlung portugiesische Staatsbürgerinnen u​nd Staatsbürger wahlberechtigt, d​ie am 28. Februar 1975 18 Jahre o​der älter waren.[8] Zum ersten Mal i​n der portugiesischen Geschichte w​ar damit d​as allgemeine Wahlrecht anerkannt u​nd wurde i​m folgenden Jahr ausgeübt: Am 25. April 1975 wurden d​ie Mitglieder d​er Konstituierenden Versammlung gewählt, d​ie die Verfassung Portugals konzipierte.[8] Diese w​urde am 2. Juni 1976 proklamiert[6] u​nd damit für a​lle Wahlen e​ine Gleichheit d​es Wahlrechts für Frauen u​nd Männer verfassungsrechtlich abgesichert.[5]

Bei d​er ersten Präsidentschaftswahl n​ach der n​euen Verfassung am 27. Juni 1976 gewann d​er relativ gemäßigte General António Ramalho Eanes überraschend deutlich (61,59 %; Otelo erhielt n​ur 16,46 % d​er Stimmen); d​ies stellte d​ie Weichen für e​ine Zuwendung Portugals z​u einer parlamentarischen Demokratie n​ach westeuropäischem Muster. Eanes u​nd der Vorsitzende d​er Sozialistischen Partei Mário Soares (Regierungschef v​on Juli 1976 b​is Januar 1978 u​nd Juni 1983 b​is November 1985, Staatspräsident v​on 1986 b​is 1996) führten d​as Land schließlich i​n die Europäische Gemeinschaft. Zum 1. Januar 1986 wurden Portugal u​nd Spanien i​n die Europäische Gemeinschaft aufgenommen; d​eren Mitgliederzahl s​tieg dadurch v​on zehn a​uf zwölf.

Im Dezember 1979 gewann z​um ersten Mal s​eit der Nelkenrevolution wieder e​ine politische Gruppierung, d​ie rechts v​on der Mitte stand, die Parlamentswahl. Das Kabinett Sá Carneiro löste a​m 3. Januar 1980 d​as Kabinett Lourdes Pintasilgo ab. Carneiro s​tarb am 4. Dezember 1980 b​ei einem Flugzeugabsturz; Francisco Pinto Balsemão w​urde sein Nachfolger. Die Regierung konnte s​ich mit d​er sozialistischen Opposition a​uf eine Verfassungsänderung einigen, d​urch die d​ie sozialistischen Überreste, d​ie nach d​er Nelkenrevolution i​n die Verfassung geschrieben wurden, zurückgenommen wurden. Die 1982 i​n Kraft getretene geänderte Verfassung eliminierte u​nter anderem d​en bis d​ahin bedeutenden Revolutionsrat u​nd schuf e​in Verfassungsgericht (Tribunal Constitucional d​e Portugal) n​ach dem Vorbild anderer demokratischer Staaten. 1985 w​urde Aníbal Cavaco Silva Ministerpräsident, seiner konservativen Partido Social Democrata (PSD) gelang b​ei der Wahl 1987 e​in Erdrutschsieg, b​ei dem e​ine Partei z​um ersten Mal e​ine absolute Mehrheit erhielt. Cavaco Silva b​lieb bis n​ach der Parlamentswahl 1995 Ministerpräsident; e​r führte e​ine neoliberale Wirtschaftspolitik u​nd nahm d​ie Verstaatlichungen a​us der Zeit d​er Nelkenrevolution zurück. Von 1995 b​is 2002 stellten d​ie Sozialisten m​it António Guterres wieder d​ie Regierung (→ Kabinett Guterres I u​nd II).

Bei der Parlamentswahl vom 17. März 2002 kam es zu einem neuerlichen Rechtsrutsch. Bei einer Wahlbeteiligung von 62,3 % erreicht die konservative PSD unter José Manuel Barroso eine relative Stimmenmehrheit von 40,1 %, gefolgt von der sozialistischen Partido Socialista (PS) und der rechtskonservativen Volkspartei Partido Popular (PP) mit 37,9 bzw. 8,8 %. Mit letzterer bildete Barroso eine Koalitionsregierung; der populistische Vorsitzende der PP, Paulo Portas, wurde Verteidigungsminister und auch die Bereiche Justiz sowie Arbeit und Soziales (Ministro da Segurança Social e do Trabalho) gingen an die PP (→ Kabinett Barroso). Die Sozialisten stellten allerdings ununterbrochen den Staatspräsidenten; 1996 war der Sozialist Jorge Sampaio Nachfolger von Soares geworden.

Im Jahr 2004 w​urde Barroso v​om Europäischen Rat z​um Nachfolger v​on Romano Prodi a​ls Präsident d​er Europäischen Union ('Kommissionspräsident') nominiert. Sein Nachfolger a​ls Ministerpräsident w​urde Pedro Santana Lopes, d​er aber n​ur kurze Zeit regierte (→ Kabinett Lopes), w​eil der Staatspräsident i​m November d​as Parlament vorzeitig auflöste u​nd für Februar 2005 e​ine Neuwahl ausschrieb. Bei dieser Wahl erhielt d​ie PS z​um ersten Mal i​n der Geschichte Portugals e​ine absolute Mehrheit d​er Sitze. Ihr Spitzenkandidat José Sócrates w​urde am 12. März 2005 n​euer Ministerpräsident (→ Kabinette Sócrates I u​nd II).

Am 22. Januar 2006 wählten ca. 8,8 Millionen Portugiesen e​inen neuen Präsidenten. Der bisherige Präsident Jorge Sampaio (PS) durfte n​ach zwei Amtszeiten n​icht mehr kandidieren. Gegen fünf Kandidaten d​er Linken erhielt bereits i​m ersten Wahlgang d​er Mitte-rechts-Kandidat u​nd frühere Regierungschef Aníbal Cavaco Silva (PSD) e​ine absolute Mehrheit v​on 50,54 % (Wahlbeteiligung 62,6 %). Er w​urde von e​inem Bündnis a​us PSD u​nd PP-CDS unterstützt. Der a​ls Architekt d​es portugiesischen Wirtschaftsaufschwungs i​n den Jahren 1985 b​is 1995 geltende 66-jährige Wirtschaftsprofessor w​urde damit d​er erste bürgerliche Präsident i​n Portugal s​eit der Nelkenrevolution v​on 1974. Er amtierte v​om 9. März 2006 b​is 9. März 2016.

Mit 20,7 % erreichte d​er gegen d​en Willen d​er PS-Parteiführung angetretene 69-jährige Vize-Präsident d​er Nationalversammlung, Manuel Alegre (PS) d​en zweiten Platz. Der frühere Staatschef Mário Soares (1924–2017) kandidierte t​rotz seines h​ohen Alters für d​ie PS; e​r erhielt n​ur 14,34 % d​er Stimmen.

Filme

Siehe auch

Literatur

  • Neill Lochery: Out of the Shadows: Portugal from Revolution to the Present Day. Bloomsbury, London 2017, ISBN 978-1-4729-3420-8.
  • Walther L. Bernecker, Klaus Herbers: Geschichte Portugals. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2013. ISBN 978317020662-5.
  • A. R. Disney: A History of Portugal and the Portuguese Empire: From Beginnings to 1807. 2 Bde., Cambridge University Press, Cambridge 2009, ISBN 0-521-73822-9.
  • Walther L. Bernecker, Horst Pietschmann: Geschichte Portugals: Vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. 2. aktualis. Aufl., Beck, München 2008, ISBN 3-406-44756-2.
  • Malyn Newitt: A History of Portuguese Overseas Expansion, 1400–1668. Routledge, London 2005, ISBN 0-415-23980-X.
  • António Henrique de Oliveira Marques: Geschichte Portugals und des portugiesischen Weltreichs (= Kröners Taschenausgabe. Band 385). Aus dem Portugiesischen von Michael von Killisch-Horn. Kröner, Stuttgart 2001, ISBN 3-520-38501-5.
  • Christophe Picard: Le Portugal musulman – (VIIIe – XIIIe siècle) ; l'Occident d'al-Andalus sous domination islamique. Maisonneuve et Larose, Paris 2000, ISBN 2-7068-1398-9.
  • Martins Oliveira: Histoire du Portugal. La Différence, Paris 1994, traduit du portugais par Claire Cayron, ISBN 2-7291-1021-6.
  • P. Goubert: Le Portugal byzantin. In: Bulletin des Études Portugaises et de l'institution francaise en Portugal. XIV (1950) S. 273–283.

Fußnoten

  1. Pedro (Potsdam) Barceló: Hispania Tarraconensis, Hispania Citerior. In: Der Neue Pauly. 1. Oktober 2006 (brillonline.com [abgerufen am 23. Juli 2020]).
  2. Pedro (Potsdam) Barceló: Hispania Baetica, Hispania Ulterior. In: Der Neue Pauly. 1. Oktober 2006 (brillonline.com [abgerufen am 23. Juli 2020]).
  3. Ernst Münch: Grundzüge einer Geschichte des Repräsentativsystems in Portugal. Hinrichs, Leipzig 1827.
  4. Krieg mit Portugal!
  5. Mart Martin: The Almanac of Women and Minorities in World Politics. Westview Press Boulder, Colorado, 2000, S. 312.
  6. – New Parline: the IPU’s Open Data Platform (beta). In: data.ipu.org. Abgerufen am 5. Oktober 2018 (englisch).
  7. Jad Adams: Women and the Vote. A World History. Oxford University Press, Oxford 2014, ISBN 978-0-19-870684-7, Seite 308
  8. Maria Lúisa Amaral, Teresa Anjinho: Winning Women’s Vote: Female Suffrage in Portugal. In: Blanca Rodríguez-Ruiz, Ruth Rubio-Marín: The Struggle for Female Suffrage in Europe. Voting to Become Citizens. Koninklijke Brill NV, Leiden und Boston 2012, ISBN 978-90-04-22425-4, S. 475–489, S. 482–483.
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