Ancona
Ancona ist eine Hafenstadt mit 100.282 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2019) an der italienischen Adriaküste. Sie ist Hauptstadt der Region Marken und der Provinz Ancona. Der Name stammt aus dem Griechischen und bedeutet Ellbogen. Ancona ist zudem Sitz des römisch-katholischen Erzbistums Ancona-Osimo.
Ancona | ||
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Staat | Italien | |
Region | Marken | |
Provinz | Ancona (AN) | |
Koordinaten | 43° 37′ N, 13° 31′ O | |
Höhe | 16 m s.l.m. | |
Fläche | 123 km² | |
Einwohner | 100.282 (31. Dez. 2019)[1] | |
Postleitzahl | 60100 | |
Vorwahl | 071 | |
ISTAT-Nummer | 042002 | |
Volksbezeichnung | Anconetani, Anconitani | |
Schutzpatron | San Ciriaco | |
Website | Ancona | |
Geographie
Ancona liegt etwa 210 Kilometer nordöstlich von Rom und etwa 200 Kilometer südöstlich von Bologna. Die Stadt liegt zwischen den Höhenzügen des Monte Conero, des Monte Astagno, auf dem die Zitadelle der Stadt liegt, und Monte Guasco, auf dem der dem hl. Cyriacus geweihte Dom von Ancona steht.
Der Hafen Ancona besitzt neben Bari und Venedig einen der wichtigsten Fährhäfen über die Adria mit stark frequentierten Verbindungen zu den griechischen Städten Igoumenitsa und Patras. Zwölf Kilometer westlich von Ancona liegt der internationale Verkehrsflughafen Aeroporto delle Marche.
Geschichte
Antike
Ancona wurde im Jahre 387 v. Chr. von griechischen Kolonisten aus Syrakus gegründet, die vor der Tyrannei von Dionysios I. von Syrakus geflüchtet waren. Die Stadtgründer gaben der Stadt den Beinamen dorische Stadt.
Wann Ancona zu einer römischen Kolonie wurde, ist umstritten. Der Hafen wurde im dritten illyrischen Krieg (178 v. Chr.) (Liv. xli. i) besetzt. Julius Caesar eroberte es kurz nach der Überquerung des Rubikon. Der Hafen war stets von großer Bedeutung, denn er stellte die kürzeste Seeverbindung nach Dalmatien dar. Kaiser Trajan vergrößerte den Hafen und errichtete den nördlichen Kai. Der von ihm beauftragte Architekt war Apollodor von Damaskus. Ganz zu Anfang des Kais steht auf einem hohen Podium der daher überragende Ehrenbogen mit einfacher Öffnung und ohne Reliefs. Er wurde zu Ehren Trajans 115 nominell durch Senat und Volk von Rom, in Wirklichkeit aber unter merklicher Mitwirkung des Kaisers errichtet: Die Bauinschrift gibt an, Traian habe den Hafen aus eigenen Geldmitteln ausbauen lassen, um den Zugang nach Italien für die Seefahrer zu erleichtern.
Mittelalter und Frühe Neuzeit
Nach dem Untergang des Römischen Reiches wurde Ancona von den Goten, Langobarden und Sarazenen erobert und geplündert. Es erlangte jedoch schon bald seine frühere Macht und Bedeutung zurück. Ancona gehörte zum Städtebund der Pentapolis unter der Führung Ravennas, die übrigen vier waren Fano, Pesaro, Senigallia und Rimini. Sie wurden zu einer Seerepublik unter dem Protektorat des Papstes, bis Luigi Gonzaga Ancona für Papst Clemens VII. 1532 in Besitz nahm.
Papst Clemens XII. verlängerte den Kai und setzte eine verkleinerte Imitation des trajanischen Triumphbogens darauf. Am südlichen Ende des Hafens ließ er ein Lazarett auf einer künstlichen Insel von fünfeckiger Form durch den Architekten Vanvitelli errichten. Mit Ausnahme der französischen Besatzungszeit gehörte Ancona bis zum Risorgimento und der Einigung Italiens zum Kirchenstaat.
Die jüdische Gemeinde in Ancona
1553 gewährte Papst Julius III. einer Gruppe von 100 Marranen, die vor der spanischen Inquisition geflüchtet waren, Zuflucht in Ancona. Ein Jahr später dehnte er das Zuzugsrecht auf alle Juden aus, gegen die Zahlung von 1000 Golddukaten jährlich. Die Juden durften unter Julius' Regierung unbehelligt ihre Religion ausüben und eine Synagoge bauen. Die tolerante Haltung der Kurie gegenüber Anconas Juden endete abrupt mit der Thronbesteigung Kardinal Giovanni Caraffas als Papst Paul IV. Er führte am 17. Juli 1555 in seiner Bulle Cum nimis absurdum für Juden die Pflicht ein, in Ghettos zu leben. Wenige Tage danach wurde in Ancona die gesamte jüdische Gemeinde unter Arrest gestellt, 24 Marranen, also zwangsbekehrte Juden, wurden verbrannt. Ein Jahr später organisierte Gracia Mendes, die Tante des am Hof Selims II. lebenden Joseph Nasi, zusammen mit ihrem Neffen von Konstantinopel aus einen – allerdings erfolglosen – Boykott Anconas.
Die französische Besatzung
Von 1797 (Republik Ancona) bis 1814 (Königreich Italien) und erneut von 1832 bis 1838 geriet Ancona unter französische Besatzung. Von da an war es eine bedeutende Festungsstadt, bis Lamoricière hier am 29. September 1860, elf Tage nach seiner Niederlage bei Castelfidardo, kapitulieren musste.
19. Jahrhundert
Am 1. Mai 1861 erhielt die Stadt ein Gaswerk für die Straßenbeleuchtung und für die Versorgung privater Haushalte, das von der Augsburger Gesellschaft für Gasindustrie betrieben wurde.[2] Für die Verdienste Anconas im Unabhängigkeitskrieg wurde der Stadt die Medaglia d’oro al valor militare verliehen. Der südliche Kai wurde 1880 gebaut, mehrere Festungen auf den Höhen wurden zu seinem Schutz errichtet.
20. Jahrhundert
Im Ersten Weltkrieg griff die k.u.k. Kriegsmarine am 23. und 24. Mai 1915 den Hafen von Ancona und weitere Ziele in der Region an.
Sehenswürdigkeiten
In früheren Zeiten befand sich hier vermutlich ein Heiligtum der Venus. Venus wird bereits bei Catull und Juvenal als Schutzgöttin des Ortes erwähnt.
Unter den zahlreichen Monumenten der Stadt befindet sich auch das Lazzaretto (Laemocomium oder Mole Vanvitelliana), das von dem Architekten Luigi Vanvitelli 1732 erbaut wurde. Das Lazzaretto ist ein fünfeckiges Gebäude mit einer Fläche von mehr als 20.000 Quadratmetern. Es wurde gebaut, um die stationierten Truppen und die Offiziere vor Seuchen zu schützen, die von fremden Schiffen eingeschleppt wurden. Später wurde es als Militärkrankenhaus (daher: Lazarett) und als Kaserne verwendet.
In städtebaulich herausragender Lage hoch auf dem Gipfel des Monte Guasco, dem ältesten Siedlungskern der Stadt, wo sich in römischer Zeit ein Venus-Tempel befand, erhebt sich der Dom S. Ciriaco mit den Reliquien des Stadtheiligen. Das markante Gebäude stellt einen Orientierungspunkt für Seefahrer dar und ist zugleich ein Aussichtspunkt für einen weiten Blick über Land und Meer. Der romanische, im 12. und 13. Jahrhundert errichtete Bau ist nach NO orientiert und erhebt sich über dem Grundriss eines griechischen (gleicharmigen) Kreuzes, das über der Vierung von einer zwölfseitigen Kuppel gekrönt wird. Bemerkenswert ist die mächtige Portalanlage aus dem 13. Jahrhundert. In dem baufälligen episkopalen Palast starb Papst Pius II. im Jahre 1464.
Bedeutendstes Element der Kirche Sta. Maria della Piazza, einer einfachen dreischiffigen Basilika mit offenem Dachstuhl und Campanile ist die durch eine Inschrift datierte Fassade. Das mehrfach gestufte Rundbogenportal zeigt ein figürlich geschmücktes Rankenband. Eine Inschrift im Tympanon nennt den Namen eines Meisters Philippus und die Jahreszahl 1210.
Zur hochgelegenen ehemaligen Klosterkirche San Francesco alle Scale (it.: "an der Treppe") steigt man von der Piazza San Francesco hinauf. Bemerkenswert ist das spätgotische Portal von Giorgio Orsini (da Sebenico) von 1455, dekoriert in venezianischem Stil und mit Statuen von Mönchsheiligen versehen. Im hell restaurierten Inneren erinnert kaum etwas an den Ursprungsbau von 1323. Die Apsis dominiert ein 6 m hohes, in den unteren Partien schlecht restauriertes Gemälde von Lorenzo Lotto, die Himmelfahrt Mariens.
Der Palazzo del Comune wurde von Margaritone d'Arezzo erbaut, ist aber inzwischen zweimal restauriert worden.
Zahlreiche gotische Gebäude finden sich in der Stadt, unter ihnen S. Agostino, der Palazzo Benincasa und die Loggia dei Mercanti, die allesamt von Giorgio Orsini erbaut wurden, und schließlich die Präfektur, die Anbauten aus der Renaissance besitzt. Das Portal von S. Maria della Misericordia zeigt Ornamente aus der Frührenaissance.
Das archäologische Museum präsentiert interessante Funde der vorrömischen Epoche aus den Gräbern der Umgebung sowie zwei römische Klinen mit Elfenbeinschnitzereien. In der Kunstgalerie "Podesti" werden Gemälde von Tizian, Lorenzo Lotto, Guercino, Carlo Crivelli, Carlo Maratta ausgestellt.
Im Osten der Stadt liegt der Hafen. Er wurde ursprünglich nur vom Vorgebirge im Norden geschützt, die Landzunge formt sich dabei wie ein Ellbogen (griechisch Ἀγκών) um die Stadt. Griechische Kaufleute richteten hier eine Purpurmanufaktur ein (Sil. Ital. viii. 438). Selbst in römischen Zeiten wurden die Münzen aus Ancona mit dem angewinkelten Arm, der eine Palme hält und mit dem Abbild der Aphrodite auf der Rückseite geprägt. In der Stadt wurde damals überwiegend Griechisch gesprochen.
- Chiesa di San Domenico
- Chiesa di Santa Maria della Piazza
- Chiesa di San Francesco alle Scale
- Palazzo del Governo
- Palazzo Benincasa
- Loggia dei Mercanti
- Archäologisches Museum
- Teatro delle Muse
- Le Tredici Cannelle
Verkehr
Ancona ist über die italienische Autostrada Adriatica zu erreichen. Von der Ausfahrt Ancona Nord erreicht man den Hafen aus nördlicher Richtung von Rimini her. Im Süden führt die A14 entlang der Küste nach Pescara. Der Hafen von Ancona gehört zu den größten Fährhäfen des Mittelmeers. Täglich verkehren Fähren nach Igoumenitsa, Korfu und Patras in Griechenland, nach Split, Zadar und Vis in Kroatien und nach Albanien, sowie nach Çeşme in der Türkei. Ferner wird der Hafen auch von Frachtern und Kreuzfahrtschiffen angelaufen. Unweit des Hafens liegt der Hauptbahnhof. Eine zweigleisige, elektrifizierte Eisenbahnstrecke führt entlang der Adriaküste (Adriabahn). Direkt per Bahn erreichbar sind von Ancona unter anderem im Fernverkehr Rom, Mailand und Lecce.[3] Bei Falconara Marittima, ca. zwölf Kilometer von Ancona entfernt, liegt der Verkehrsflughafen Anconas.
In der Stadt verkehrt der Oberleitungsbus Ancona, ein aus einer Linie bestehendes Obussystem, welches durch diverse normale Buslinien ergänzt wird.
Städtepartnerschaften
Partnerstadt von Ancona ist Split an der gegenüberliegenden kroatischen Küste der Adria.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Cyriacus von Ancona (≈ 1391–1455), Humanist und Epigraphiker
- Cesare Nembrini Pironi Gonzaga (1768–1837), Bischof von Ancona und Kardinal
- Gabriele Ferretti (1795–1860), Kardinal
- Francesco Podesti (1800–1895), Maler
- Antonio Elia (1803–1849), Freiheitskämpfer
- Giuseppe Milesi Pironi Ferretti (1817–1873), Kardinal und Minister des Kirchenstaates
- Augusto Elia (1829–1919), Offizier und Politiker
- Joseph Brettauer (1835–1905), Augenarzt in Triest, Medaillensammler „Medicina in Nummis“
- Eduard von Böhm-Ermolli (1856–1941), österreichischer Feldmarschall und Heerführer im Ersten Weltkrieg
- Vito Volterra (1860–1940), Mathematiker und Physiker
- Giovanni Anfossi (1864–1946), Komponist, Pianist und Musikpädagoge
- Luigi Albertini (1871–1941), Publizist und Politiker
- Guglielmo Barnabò (1888–1954), Schauspieler
- Filippo Zappata (1894–1994), Flugzeugkonstrukteur
- Pietro Belluschi (1899–1994), Architekt
- Elena Luzzatto (1900–1983), Architektin
- Franco Corelli (1921–2003), Sänger (Tenor)
- Massimo Pradella (1924–2021), Komponist und Dirigent
- Galliano Rossini (1927–1987), Sportschütze
- Alberto Leoncini Bartoli (* 1932), Diplomat
- Virna Lisi (1936–2014), Schauspielerin
- Gino De Dominicis (1947–1998), Künstler
- Claudia Florio (* 1951), Filmregisseurin und Drehbuchautorin
- Renato Zaccarelli (* 1951), ehemaliger Fußballspieler und -trainer
- Valeria Mancinelli (* 1955), Bürgermeisterin
- Luca Marchegiani (* 1966), Fußballspieler
- Emanuele Naspetti (* 1968), Automobilrennfahrer
- Samuele Papi (* 1973), Volleyballspieler
- Giulia Domenichetti (* 1984), Fußballspielerin
Im Ort lebten und wirkten
- Giovanni Paolo Foscarini (<1600–>1649), genannt Il Furioso, Gitarrist und Komponist, Mitglied der 1624 in Ancona gegründeten Accademia dei Caliginosi [4]
- Anton von Cavallar (≈1775–1831), altösterreichischer Diplomat und Hofbeamter
Klimatabelle
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Ancona, Marken
Quelle: WMO |
Literatur
- Christian Hülsen: Ancona. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,2, Stuttgart 1894, Sp. 2114 f.
- Joachim-Felix Leonhard: Die Seestadt Ancona im Spätmittelalter: Politik und Handel (= Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, Band 55), Niemeyer, Tübingen 1983, ISBN 3-484-82055-1 (Dissertation Universität Frankfurt am Main 1981, XII, 506 Seiten, 25 cm)
Weblinks
- Internetpräsenz der Stadt Ancona (italienisch)
Einzelnachweise
- Statistiche demografiche ISTAT. Monatliche Bevölkerungsstatistiken des Istituto Nazionale di Statistica, Stand 31. Dezember 2019.
- N. H. Schilling: Statistische Mittheilungen über die Gas-Anstalten Deutschlands, der Schweiz und einige Gas-Anstalten anderer Länder. 2., stark vermehrte Auflage. Oldenbourg, München 1868, S. 9.
- Abfahrtzeiten aus Ancona Centrale auf der Webseite der Rete Ferroviaria Italiana
- James Tyler: A guide to playing the baroque guitar. Indiana University Press, Bloomington/ Indianapolis 2011, ISBN 978-0-253-22289-3, S. 96.