Sansibar
Sansibar [ˈzanzibaːɐ̯] (englisch Zanzibar; arabisch زنجبار, DMG Zanǧi-bār; Bedeutung wahrscheinlich „Küste der Schwarzen“, vgl. Zandsch)[1] ist ein halbautonomer Teilstaat des Unionsstaates Tansania in Ostafrika. Seine gleichnamige Hauptstadt ist Sansibar.
Sansibar (Zanzibar) | |
---|---|
Flagge Sansibars | |
Geographie | |
Staat: | Tansania |
Gewässer: | Indischer Ozean |
Inseln: | 2 Hauptinseln |
Geographische Lage: | 6° 8′ S, 39° 20′ O |
Basisdaten | |
Fläche: | 2654 km² |
Einwohner: | 1.155.065 |
Bevölkerungsdichte: | 435 Einw./km² |
Hauptstadt: | Sansibar |
Lagekarte | |
Geographie
Das Gebiet besteht aus den beiden Nachbarinseln Unguja (früher ebenfalls Sansibar genannt) und Pemba, jeweils mit Nebeninseln, sowie der abgelegenen kleinen Latham-Insel, alle im Sansibar-Archipel.
Die in geographischer Hinsicht ebenfalls zum Sansibar-Archipel gerechnete Insel Mafia ganz im Süden ist nicht Teil des Gebietes, gehörte aber bis 1885 zum Sultanat Sansibar.
Im Jahr 2007 betrug die Gesamtbevölkerung 1.155.065.[2]
Die Fauna von Unguja dokumentiert die Landbrücke der Insel zum afrikanischen Kontinent während der letzten Eiszeit. Der Sansibar-Leopard war eine der endemischen Subspezies, die sich als neue Art auf der Insel gebildet haben. Um die Insel finden sich Korallenriffe und Seegraswiesen im küstennahen Bereich.
Der Tanzanian Wildlife Act bezieht die Flora und Fauna Sansibars mit ein.
Geschichte
Die ersten Spuren menschlicher Besiedlung stammen aus der LSA-Epoche.[3] Im Zuge der Bantu Expansion setzten sich bantusprachige Gruppen auf den Inseln durch.
Sansibar spielte, als Drehscheibe und Hafen für Waren wie Gold, Elfenbein und Stoffen, eine wichtige Rolle für die Handelsströme des indischen Ozeans. Im 10. Jahrhundert siedelten sich persische Händler an. Diese Vorfahren der Schirasi verbreiteten vermutlich auch den Islam auf den Inseln. In den folgenden Jahrhunderten stieg der arabische Einfluss, speziell aus dem Oman, immer weiter an. Die Bevölkerung ist bis heute von diesen vielfältigen kulturellen Einflüssen geprägt.[4][5]
1831 verlegte der Sultan des Oman seinen Regierungssitz nach Stone Town. Die Stadt war zu dieser Zeit der wichtigste Knotenpunkt für den Sklavenhandel an der ostafrikanischen Küste. Der Anbau von Gewürznelken und Kokosnüssen waren weitere signifikante wirtschaftliche Aktivitäten. 1861 wurde Sansibar zum unabhängigen Sultanat und kontrollierte, zusätzlich zu den beiden Hauptinseln, umfangreiche Gebiete entlang der ostafrikanischen Küste. Unter der Herrschaft des Sultans Bargasch wurde der Sklavenhandel endgültig verboten. Das Deutsche Kaiserreich und das Vereinigte Königreich verleibten die meisten Küstenterritorien ihren Kolonialreichen ein. Nachdem die beiden Großmächte den sogenannten Sansibar-Helgoland-Vertrag unterschrieben hatten, erlangten die Briten 1890 mit der Proklamation eines Protektorats die Kontrolle über das verbliebene Staatsgebiet.[6]
Am 10. Dezember 1963 erlangte das Sultanat und damalige britische Protektorat Sansibar die Unabhängigkeit.
Am 12. Januar 1964 wurde die Volksrepublik Sansibar und Pemba ausgerufen. Nach einer blutigen Revolution der schwarzen Mehrheitsbevölkerung gegen die arabisch-stämmige Oberschicht – die Inseln waren von 1698 bis zum 6. April 1861 Teil des Sultanats Oman gewesen – erklärte sich Sansibar unabhängig und tendierte sehr bald zum sozialistischen Lager.
Unter starkem politischen Druck von außen schlossen sich Sansibar und das unabhängige Tanganjika am 26. April 1964 zunächst unter dem Namen Vereinigte Republik von Tanganjika und Sansibar zusammen. Die Republik wurde dann rund ein halbes Jahr später am 1. November 1964 in Vereinigte Republik Tansania umbenannt.[7]
Verwaltung
Sansibar verfügt als Teilstaat innerhalb Tansanias über eine eigene Regierung, ein Parlament und einen Präsidenten (seit November 2020 Hussein Ali Mwinyi[8]). Sein höchstes Gericht untersteht nicht dem höchsten Gericht der Union Tansania.[9]
Das Gebiet umfasst fünf der insgesamt 31 Verwaltungsregionen Tansanias (mkoa), zwei auf der Insel Pemba und drei auf der Hauptinsel Unguja:
Region (mkoa) | Swahili | Hauptstadt | Fläche km² | Bevölkerung 2007 |
---|---|---|---|---|
Pemba North | Kaskazini Pemba | Wete | 574 | 224.951 |
Pemba South | Kusini Pemba | Mkoani | 332 | 216.479 |
Zanzibar North | Kaskazini Unguja | Mkokotoni | 470 | 160.463 |
Zanzibar Central/South | Kusini Unguja | Koani | 854 | 105.456 |
Zanzibar Urban/West | Mjini Magharibi | Sansibar | 224 | 447.716 |
Sansibar | Zanzibar | Sansibar | … | 1.155.065 |
Jede dieser Regionen ist wiederum in zwei Distrikte (wilaya) gegliedert, insgesamt bestehen also zehn Distrikte.[2]
Die Distrikte werden ferner in wards (shehia) gegliedert.[10] Mehrere wards bilden jeweils einen Wahlkreis (constituency).[2]
In ländlichen Gebieten gibt es auf der untersten Ebene Dörfer (villages). Ein ward kann ein oder mehrere Dörfer aufweisen. In städtischen Gebieten ist ein ward ein Stadtteil.
Lebensstandards und Gesundheit
Das durchschnittliche Jahreseinkommen beträgt 250 US-Dollar. Über die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die Kindersterblichkeit in Sansibar beträgt 54 von 1000 Lebendgeburten. Man schätzt, dass etwa 12 % der Kinder unter akuter Mangelernährung leiden.[11]
Die Lebenserwartung bei der Geburt lag 2010 bei 54 Jahren.[12] Dieser Wert lag unter dem damaligen weltweiten Durchschnittswert von 67 Jahren.
Infrastruktur und Transport
Sansibars Straßennetz hat eine Gesamtlänge von 1.600 Kilometer, von denen die wichtigsten Verbindungen asphaltiert oder teilasphaltiert sind. Die restlichen Straßen sind Schotterstraßen oder unbefestigt und werden unregelmäßig instand gesetzt.
Es existieren keine öffentlichen Nahverkehrsmittel in Sansibar; es verkehren jedoch private Sammeltaxen, die als Daladala bezeichnet werden.
In Sansibar haben sich seit dem Ende der 1980er Jahre recht gute Verkehrsverbindungen überwiegend privater Betreiber auf dem Wasserweg zwischen den beiden Hauptinseln und nach Daressalam entwickelt, über den über 90 % des Handels abgewickelt wird. Es gibt auf Unguja und Pemba fünf Häfen, an denen sowohl Frachtschiffe als auch Privatboote anlegen können. Die Zanzibar-Port Corporation (ZPC) ist eine öffentliche Einrichtung, die die Häfen autonom betreibt und entwickelt. Die Kaimauern der wichtigsten Seehäfen Sansibars wurden 1989–1991 mit finanzieller Unterstützung der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft errichtet.
Sansibars Hauptflughafen, Zanzibar International Airport, liegt in der Nähe der Stadt Sansibar. Von dort gibt es regelmäßige Verbindungen zum Festland, nach Pemba sowie nach Europa und Asien, was zu einem Anstieg des Tourismus auf den Inseln führte.
Kultur
Sprache und Herkunft
Die Bewohner Sansibars sind unterschiedlicher ethnischer Herkunft, u. a. vom Volk der Schirazi. Die Bevölkerung spricht Swahili, das in weiten Gebieten Ostafrikas als Verkehrssprache dient. Amtssprachen sind Swahili und Englisch. Weiterhin wird in vielen Gegenden Arabisch gesprochen.
Medien
Der TV-Veranstalter in Sansibar heißt Television Zanzibar (TVZ).
Sport
Fußball ist die populärste Sportart in Sansibar; der Dachverband heißt Zanzibar Football Association. Diese Organisation ist zwar ein Mitgliedsverband der Confederation of African Football (CAF), jedoch kein FIFA-Mitglied, weshalb das Team auch nicht bei Weltmeisterschaften teilnehmen kann. 1981 wurde eine eigene Liga gegründet.
Religion
Die Bevölkerung Sansibars besteht fast vollständig aus Muslimen.[13] Unter den Muslimen sind Sufi-Orden stark verbreitet. Die Qādirīya ist bis heute in den städtischen und ländlichen Milieus von Sansibar die populärste Tarīqa.[14] Andere Orden, die in Sansibar eine größere Anhängerschaft besitzen, sind die Schādhilīya, die Rifāʿīya, die Ahmadīya Dandarāwīya, die Naqschbandīya und die Tarīqa ʿAlawīya. Im 19. Jahrhundert war noch die Schādhilīya die zahlenmäßig stärkste Bruderschaft. Sie war vor allem bei den komorischen Einwanderern verbreitet, die um die 1850er Jahre nach Sansibar strömten.[15]
Literatur
- Rita Bake (Hrsg.): Hamburg – Sansibar, Sansibar – Hamburg: Hamburgs Verbindungen zu Ostafrika seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Landeszentrale für Politische Bildung, Hamburg 2009, ISBN 3-929728-19-2.
- Colette Le Cour Grandmaison, Ariel Crozon: Zanzibar aujourd’hui. Karthala, Paris 1998, ISBN 2-86537-792-X.
- Amina Ameir Issa: The Legacy of Qādirī Scholars in Zanzibar. In: Roman Loimeier, Rüdiger Sesemann (Hrsg.): The Global Worlds of the Swahili. Interfaces of Islam, Identity and Space in 19th and 20th-Century East Africa. Lit, Berlin / Münster 2006, ISBN 978-3-8258-9769-7, S. 343–361.
- Sascha Wisotzki: Sansibar: 1000 Jahre Globalisierung. Edition Weiss, Berlin 2009, ISBN 978-3-9811876-2-5.
Weblinks
Einzelnachweise
- Siehe Wortherkunft, vgl. H. Wehr: Arabisches Wörterbuch, Wiesbaden 1968, S. 347, S. 43.
- Revolutionary Government of Zanzibar, Office of Chief Government Statistician: Zanzibar Statistical Abstract 2007. (Memento vom 10. Februar 2012 im Internet Archive). Mai 2008 (PDF).
- Ceri Shipton, Alison Crowther, et al.: Reinvestigation of Kuumbi Cave, Zanzibar, reveals Later Stone Age coastal habitation, early Holocene abandonment and Iron Age reoccupation. In: Azania: Archaeological Research in Africa. Band 51, Nr. 2, 2016 (Online).
- Nadra O. Hashim: Language and Collective Mobilization: The Story of Zanzibar. Lexington Books, 2009, ISBN 978-0-7391-3708-6.
- Zanzibar profile – Overview. In: BBC News. 28. Oktober 2015, abgerufen am 7. Februar 2021 (englisch).
- Zanzibar. In: Encyclopedia Britannica. 4. Juni 2019, abgerufen am 7. Februar 2021 (englisch).
- Länder-Lexikon: Sansibar, Geschichte. (Memento vom 30. April 2011 im Internet Archive).
Rainer Achim Blasius, Wolfgang Hölscher, Daniel Kosthorst: Akten zur auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland, 1964, Band 1. de Gruyter, Oldenbourg, Berlin, 1997, ISBN 978-3-486-56065-7 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). - Wahlen in Tansania. In: Tansania-Information. Mission EineWelt, November 2020, abgerufen am 27. Dezember 2020.
- Tanzania Government: Tanzania: Public Administration. (Memento vom 13. November 2013 im Internet Archive).
- Local Governance in Zanzibar. Aus: Per Tidem: Zanzibar Good Governance Strategy. April 2003 (PDF; 480 kB).
- Supporting treatment of childhood malnutrition in Zanzibar. Bericht der Weltgesundheitsorganisation über Mangelernährung, 2013 (PDF).
- Internationales Arbeitsamt, Abteilung für soziale Sicherheit: Sansibar: Sozialschutzausgaben und Performance Review und Sozial Budget. Genf, Januar 2010, S. 22.
- Central Intelligence Agency: The World Factbook: Tanzania. Abgerufen am 14. Oktober 2021.
- Vgl. Issa: The Legacy of Qādirī Scholars. 2006, S. 348.
- Vgl. Issa: The Legacy of Qādirī Scholars. 2006, S. 346.