Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie
Die Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie (LDE) war eine private Eisenbahngesellschaft in Sachsen. Sie betrieb unter anderem die 1839 eröffnete erste deutsche Ferneisenbahn zwischen Leipzig und Dresden. Am 1. Juli 1876 wurde die Gesellschaft verstaatlicht und ging in den Kgl. Sächsischen Staatseisenbahnen auf.
Geschichte
Vorgeschichte
Die Idee einer Eisenbahn, die Leipzig mit Strehla (an der Elbe) verbinden sollte, wurde schon vor 1830 von dem Leipziger Kramermeister Carl Gottlieb Tenner geäußert. Nachdem im Jahr 1833 der Nationalökonom Friedrich List in Leipzig seine Pläne für ein deutsches Eisenbahn-System veröffentlichte, in dem Leipzig die Rolle des zentralen Knotenpunktes zugedacht war, bekam Tenners Idee neuen Auftrieb. Noch im gleichen Jahr wurde ein Eisenbahn-Comité gegründet, das am 20. November 1833 eine Petition zum Bau einer Eisenbahn von Leipzig nach Dresden an den ersten sächsischen Landtag in Dresden richtete.
Die Gründung der Gesellschaft
Im Jahr 1835 wurde die Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie durch zwölf Leipziger Bürger, u. a. Albert Dufour-Féronce (1798–1861), Gustav Harkort (1795–1865), Carl Lampe (1804–1889) und Wilhelm Theodor Seyfferth (1807–1881), als private Aktiengesellschaft gegründet. Zur Ostermesse 1835 wurden die Aktien der Gesellschaft (Nennwert 100 Thaler) innerhalb weniger Stunden vollständig gezeichnet, so dass ein Kapital von mehr als einer Million Thalern zur Verfügung stand. Am 6. Mai 1835 genehmigte die sächsische Staatsregierung Bau und Betrieb der Bahn sowie die Ausgabe von unverzinslichen Kassenscheinen im Wert von 500.000 Thalern. Das Gesamtkapital betrug somit 1,5 Millionen Thaler.
Der Bau der Strecke Leipzig–Dresden
Im Oktober 1835 prüften die englischen Ingenieure Sir James Walker und Hawkshaw die projektierten Strecken und gaben der nördlichen Trasse über Strehla (veranschlagte Kosten: 1.808.500 Thaler) den Vorzug gegenüber der über Meißen (1.956.000 Thaler). Am 16. November 1835 begann der Land-Erwerb für den Abschnitt zwischen Leipzig und der Mulde-Brücke nördlich von Wurzen. Am 1. März 1836 wurde der erste Spatenstich vorgenommen. Die Bauleitung für das gesamte Projekt lag in den Händen des sächsischen Oberwasserbaudirektors Karl Theodor Kunz. Dann lehnte aber der Rat der Stadt Strehla den Eisenbahnbau ab. So wurde die Strecke im 7 km südlicheren Riesa über die Elbe geführt. Am 7. April 1839 fuhr der erste Zug über die Elbebrücke.
Die Inbetriebnahme der Strecke erfolgte in mehreren Abschnitten:
- 1837, 24. April: Leipzig–Althen (10,60 km)
- 1837, 12. November: Althen–Borsdorf–Gerichshain (4,32 km)
- 1838, 11. Mai: Gerichshain–Machern (2,93 km)
- 1838, 19. Juli: Weintraube–Dresden (8,18 km)
- 1838, 31. Juli: Machern–Wurzen (8,00 km)
- 1838, 16. September: Wurzen–Dahlen (17,53 km)
- 1838, 16. September: Oberau–Coswig–Weintraube (13,44 km)
- 1838, km) 3. November: Dahlen–Oschatz (9,56
- 1838, 21. November: Oschatz–Riesa (13,07 km)
- 1839, km) 7. April: Riesa–Oberau (28,45
Am 7. April 1839, mit der Fertigstellung der Riesaer Elbbrücke, wurde schließlich die Gesamtstrecke vom Leipziger Dresdner Bahnhof nach Dresden eröffnet. Nach dem unmittelbar darauf folgenden Bau des zweiten Streckengleises wurde die Strecke nach englischem Vorbild bis 1884 (!) im Linksverkehr befahren.
Der Bau weiterer Strecken
Am 1. Dezember 1860 nahm die Leipzig-Dresdner Eisenbahn einen Seiten-Arm in Betrieb, der in Coswig von der Hauptstrecke abzweigte und nach Meißen führte. Am 14. Mai 1866 eröffnete sie den Betrieb auf einem weiteren Seiten-Arm, der in Borsdorf von der Hauptstrecke abzweigte und zunächst bis Grimma führte; am 28. Oktober 1867 aber nach Leisnig, am 2. Juni 1868 nach Döbeln, am 25. Oktober 1868 nach Nossen und am 22. Dezember 1868 schließlich bis nach Meißen verlängert wurde, so dass damit zwischen Borsdorf und Coswig eine südliche Parallelstrecke geschaffen wurde.
Nachdem am 15. Juli 1873 die Strecke von Nossen nach Freiberg – als Teil der Eisenbahnstrecke Nossen–Moldau – geschaffen wurde, wurde diese am 2. November 1875 bis nach Mulda/Sa. verlängert. Am 15. August 1876 war mit dem Weiterbau dieser Strecke bis Moldau die böhmische Grenze erreicht.
Von 1851 bis 1878 wurde in Leipzig eine 5,0 km lange eingleisige Verbindungsbahn betrieben, die vom Bayerischen Bahnhof der Sächsisch-Bayerischen Eisenbahn abzweigte, die Stadt in großem Bogen östlich umfuhr und schließlich von Norden kommend in den Dresdner Bahnhof einmündete.
Die am 14. Oktober 1862 eröffnete Großenhainer Zweigbahn ging am 1. Juli 1869 in das Eigentum der LDE über.
Am 15. Oktober 1875 eröffnete die Leipzig-Dresdner Eisenbahn eine Verbindungsstrecke von Riesa nach Elsterwerda (seit 1815 zum Königreich Preußen), das seit dem 17. Juli 1875 mit Berlin und Dresden verbunden war.
Übergang in die Staatsbahn
Nach dem Einsturz der Elbebrücke in Riesa beschloss am 29. März 1876 die Generalversammlung der Aktionäre den Verkauf der Dresdner Eisenbahn an den Sächsischen Staat. Am 1. Juli 1876 gingen Betrieb und Verwaltung der Leipzig-Dresdner Eisenbahn an die Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen über.
An die Entwicklung der Dresdner Eisenbahn von ihrer Entstehung als Privat-Initiative Leipziger Bürger bis zur Verstaatlichung erinnert seit 1878 das Eisenbahndenkmal in Leipzig.
Strecken
- Leipzig–Dresden (* 1839)
- Leipzig Bayerischer Bahnhof–Leipzig Dresdner Bahnhof (1851–1878)
- Borsdorf–Coswig (* 1860/1868)
- Großenhain–Priestewitz (1868 erworben)
- Riesa–Elsterwerda (* 1875)
- Nossen–Freiberg–Moldau (* 1876)
Für Rechnung der Eigentümer betriebene Strecken
- Großenhain–Priestewitz (1862–1868)
- Großenhain–Cottbus (1870–1874)
Lokomotiven
Die Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie (LDE) nahm zwischen 1837 und 1839 mit der sukzessiven Eröffnung von Teilstrecken ihren Betrieb auf und war damit die erste deutsche Fernbahn. Sie blieb nahezu drei Jahrzehnte selbstständig und ging zum 1. Juni 1876 in den Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen auf.
Die Lokomotiven der LDE wurden ausschließlich mit Namen bezeichnet.
Namen LDE | Gattung Staatsbahn (bis 1896) |
Bahnnummer(n) Staatsbahn (bis 1892) |
Anzahl | Baujahr(e) | Bauart | Bemerkungen |
---|---|---|---|---|---|---|
COLUMBUS | 1 | 1835 | B n2 | gebaut von Winans (USA), sog. "Crab-Type"; 1842 für Lokomotive PEGASUS in Zahlung gegeben | ||
COMET und FAUST | 2 | 1835–1837 | B n2 | gebaut von Rothwell (GB), Treibraddurchmesser 1372 mm; COMET 1842 in B1 n2 umgebaut, ausgemustert bis 1848 | ||
BLITZ und WINDSBRAUT | 2 | 1836–1837 | B n2 | gebaut von Rothwell (GB), Treibraddurchmesser 1524 mm; 1842 in B1 n2 umgebaut, ausgemustert bis 1848 | ||
RENNER bis GREIF | 5 | 1837–1839 | 1A1 n2 | gebaut von Kirtley (GB), ausgemustert bis 1869 | ||
PETER ROTHWELL bis NORDLICHT | 6 | 1838–1840 | 1A1 n2 | gebaut von Rothwell (GB), ausgemustert bis 1864 | ||
ROBERT STEPHENSON | 1 | 1838 | 1A1 n2 | gebaut von Stephenson (GB), ausgemustert 1858 | ||
EDWARD BURY bis PFEIL | 4 | 1838 | B n2 | gebaut von Bury (GB), ausgemustert bis 1854 | ||
SAXONIA | 1 | 1838 | B1 n2 | gebaut von Übigau; Laufachse 1840/41 ausgebaut (B n2), 1844 abgestellt | ||
PEGASUS | 1 | 1839 | 1A1 n2 | gebaut von der Sächs. Maschinenbau Comp. Chemnitz, nach längerem Probebetrieb 1842 angekauft; ausgemustert 1862 | ||
PHÖNIX | 1 | 1840 | 1A1 n2 | gebaut von Übigau, nach Probefahrten nicht angekauft | ||
BRÜSSEL | 1 | 1842 | 1A1 n2 | gebaut von Renard (B), ausgemustert 1860 | ||
DRESDEN bis RIESA | 3 | 1844–1846 | 1B n2 | gebaut von Hawthorn (GB), ausgemustert bis 1867 | ||
WURZEN und OSCHATZ | 2 | 1847 | 1B n2 | gebaut von Borsig, ausgemustert bis 1868 | ||
ELBE bis HAYN | 5 | 1848–1849 | 1A1 n2 | gebaut von Borsig, ausgemustert bis 1868 | ||
RICHARD HARTMANN bis ZWICKAU | 3 | 1849 | 1A1 n2 | gebaut von Hartmann, ausgemustert bis 1868 | ||
COMET bis SAALE | B II ab 1886: B IIa | 613–626 | 14 | 1852–1859 | 1B n2 | Gemischtzuglokomotiven, gebaut von Borsig |
HAMBURG bis BREMEN | 4 | 1854 | 1A1 n2 | Personenzuglokomotiven, gebaut von Borsig; 1873–1876 in B1 n2t und B1n2 umgebaut | ||
SAXONIA bis ALTHEN | H VIa, B VIa | 544–571 | 28 | 1856–1868 | 1A1 n2 | Schnellzuglokomotiven, gebaut von Hartmann und Borsig |
BORSDORF bis ZITTAU | K III ab 1885: K II | 584–603 | 20 | 1866–1868 | 1B n2 | Gemischtzuglokomotiven, gebaut von Esslingen |
MOLDAU bis MULDE | K III ab 1885: K II | 604–612 | 9 | 1874–1875 | 1B n2 | Gemischtzuglokomotiven, gebaut von Esslingen |
MANNHEIM bis DOLDENHORN | K V, Sigl V, Hsch V | 514–543 | 30 | 1868–1876 | C n2 | Güterzuglokomotiven, gebaut von Esslingen, Sigl und Henschel |
Nr. 3 bis Nr. 6 | W VII T | 628–631 | 4 | 1874 | B n2t | Rangierlokomotiven, gebaut von Wöhlert |
MEISSEN bis WILHELM SEYFFERTH | Hsch VI | 572–583 | 12 | 1875–1876 | 1B n2 | Schnellzuglokomotiven, gebaut von Henschel |
GROSSENHAIN I und GROSSENHAIN II | St II T | 635–636 | 2 | 1844 | 1B n2t | 1869 von der Zweigeisenbahngesellschaft zu Großenhain übernommen |
Nr. 7 bis Nr. 9 | B IIa T | 632–634 | (3) | (1873–1875) | B1 n2t | umgebaut aus 1A1-Lokomotiven von Borsig, Baujahr 1854 |
BREMEN | B II | 627 | (1) | (1875) | B1 n2t |
Literatur
- Udo Becher: Die Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie. transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1981.
- Die Leipzig-Dresdner Eisenbahn, Anfänge und Gegenwart einer 150-jährigen, hrsg. v. Fritz Borchert, transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1989, ISBN 3-344-00354-2
- Panorama der Eisenbahn zwischen Leipzig und Dresden, Koedition der Verlage transpress, Berlin und Tourist, Berlin/Leipzig, 1989, Hrsg. Gerhard Schlegel, ISBN 3-344-00348-8, Reprint eines Originals von 1839
- Leitfaden für die Aktionäre der Leipzig-Dresdner Eisenbahn- Kompanie. Zum Gebrauch bei Generalversamml. Wiegand, Leipzig 1842 Digitalisat
Weblinks
- Die Leipzig-Dresdner-Eisenbahn im Stadtwiki Dresden
- The Leipzig-Dresden railway line through time (Memento vom 30. Juni 2012 im Webarchiv archive.today) (englisch)