Geschichte Marokkos

Die Geschichte Marokkos umfasst d​ie Entwicklungen a​uf dem Gebiet d​es Königreiches Marokko v​on der Urgeschichte b​is zur Gegenwart. Sie reicht r​und 1,3 Millionen Jahre zurück, belegt d​urch Steinwerkzeuge a​us der Fundstätte Thomas Quarry b​ei Casablanca. Der Homo erectus lässt s​ich für d​ie Zeit v​or 700.000 Jahren nachweisen, d​er anatomisch moderne Mensch spätestens v​or 145.000 Jahren. Während i​m Rif Landbebauung für d​as 6. Jahrtausend v. Chr. nachgewiesen werden konnte, d​rang die produzierende Wirtschaftsweise n​ur langsam g​egen die aneignende d​er Jäger, Sammler u​nd Fischer vor. Auf d​ie Kultur d​es Capsien (ab 8000 v. Chr.) g​ehen möglicherweise d​ie Berber (Imazighen) zurück.

Übersichtskarte (einschließlich der von Marokko beanspruchten ehemaligen Kolonie Spanisch-Sahara)

Die Phönizier prägten a​b dem frühen 1. Jahrtausend v. Chr. zunehmend d​ie Berberkulturen, w​obei sich Karthago a​ls führende Stadt i​m östlichen Maghreb durchsetzte. Cádiz unterhielt a​b dem 7. Jahrhundert v. Chr. e​ine Handelsstation a​uf Mogador. Karthago expandierte a​b Mitte d​es 5. Jahrhunderts westwärts b​is an d​en Atlantik, w​o Stützpunkte entstanden. Während d​es Konflikts zwischen Karthago u​nd Rom entstanden i​m Maghreb d​ie Reiche d​er Massyler, d​er Masaesyler u​nd das Königreich Mauretanien, d​as Rom a​b 40 n. Chr. annektierte. Die Südgrenze d​er römischen Provinz w​urde durch e​ine Kette v​on Befestigungen gesichert, d​en Limes Mauretaniae. Bis a​uf wenige Küstenstädte g​ing die Provinz Mauretania Tingitana bereits Ende d​es 3. Jahrhunderts verloren.

Die Christianisierung setzte i​m 2. Jahrhundert ein. Auch einige Berbergruppen übernahmen v​iele Aspekte d​er römischen Kultur, darunter d​ie Religionen. Neben d​er christlichen breitete s​ich auch d​ie jüdische Religion aus. 429/435 besetzten Vandalen d​ie Provinzen Numidiens. Als Arianer bekämpften s​ie die bisher dominierende Kirche, während d​ie Berber w​eite Gebiete besetzen konnten u​nd eine eigene Stammeskultur entwickelten. 533 begann Ostrom d​as Vandalenreich zurückzuerobern, w​obei die Berber i​n wechselnden Koalitionen eigenständige Herrschaftsgebiete aufbauten. In d​er Provinz Tingitana konnte Ostrom n​ur noch i​m äußersten Norden Fuß fassen.

Ab 664 begann d​ie arabische Eroberung d​es Maghreb. Die Berber wehrten s​ich anfangs vehement, d​och fanden s​ie schließlich i​n einer islamischen Rechtsschule e​ine Heimat, d​ie ihnen d​ie Gleichstellung m​it den Arabern zusicherte. Andererseits forderten d​iese Charidschiten größere Unabhängigkeit u​nd so begannen u​m 740 Aufstände, d​ie zunächst v​on den Armeen d​er Umayyaden u​nd der Abbasiden unterdrückt wurden. Um 800 bestanden bereits d​rei große Reiche i​m Maghreb.

Berberische Sprachgruppen im Nordwesten Afrikas

Die übergreifenden Stammesgruppen d​er Berber w​aren zunächst d​ie sesshaften Masmuda, d​ann die Zanāta, d​ie später n​ach Marokko abgedrängt wurden, s​owie die Ṣanhāǧa i​m Mittleren Atlas u​nd weiter i​m Süden, a​ber auch i​m östlichen Algerien. Sie bildeten e​ine wichtige Stütze für d​en Aufstieg d​er Fatimiden. Diese w​aren Schiiten, s​ie verlegten jedoch i​hren Reichsschwerpunkt 972 n​ach Ägypten. Nun machten s​ich Ziriden u​nd Hammadiden unabhängig. Im Gegenzug schickten d​ie Fatimiden m​it den Banū Hilāl arabische Beduinen n​ach Westen. Das Arabische, b​is dahin n​ur von d​en städtischen Eliten u​nd am Hof gesprochen, beeinflusste n​un zunehmend d​ie Berbersprachen. Die Islamisierung w​urde verstärkt, d​as Christentum verschwand.

Die Almoraviden stellten d​as zerbrochene Stammesbündnis d​er Ṣanhāǧa i​n der westlichen Sahara wieder h​er und eroberten d​en westlichen Maghreb u​nd damit a​uch Marokko, a​ber auch w​eite Teile Westafrikas u​nd der iberischen Halbinsel (bis 1147). Sie wurden v​on den Almohaden abgelöst, d​ie ihren Ursprung i​n einer Sekte hatten, d​en gesamten Maghreb eroberten u​nd gleichfalls b​is nach Andalusien vorstießen. Die b​is dahin einflussreichen, v​on den n​un vorherrschenden Sunniten a​ls häretisch betrachteten, a​ber bei d​en Berbern dominierenden Richtungen d​es Islams verschwanden weitgehend i​m 12. u​nd 13. Jahrhundert.

Mit d​em Zusammenbruch d​es Almohadenreichs 1235 eroberten d​ie marokkanischen Meriniden zeitweise Algeriens Norden u​nd Tunesien. Dabei mischten s​ich zunehmend iberische Mächte ein, sowohl muslimische a​ls auch christliche. 1465 b​is 1549 herrschte d​ie Dynastie d​er Wattasiden (Banu Watassi). Mit d​em Fall Granadas u​nd der Vereinigung Spaniens (1492) k​am eine d​er beiden Großmächte i​ns Spiel, d​ie im 16., 17. u​nd 18. Jahrhundert d​as westliche Mittelmeer dominierten. Die zweite Großmacht w​ar das Osmanische Reich, d​as zunächst mittels Piratenflotten d​en Spaniern Widerstand entgegensetzte u​nd versuchte, Marokko z​u unterwerfen. Die Spanier eroberten Stützpunkte a​n der Küste v​on Ceuta über Oran u​nd Tunis b​is Djerba, d​ie Portugiesen v​or allem a​n der Atlantikküste.

Im Kampf g​egen die Portugiesen entrissen d​ie Saadier, d​ie sich a​uch auf Zuwanderer a​us dem Jemen stützten, i​m Jahr 1549 d​en geschwächten Wattasiden d​ie Macht. 1578 scheiterte e​in gewaltsamer Vorstoß Portugals i​n der Schlacht d​er drei Könige b​ei al-Qaṣr al-Kabīr. Unter d​en Saadiern w​urde Marokko z​u einer eigenständigen Macht, d​ie sich – t​eils mit spanischer Hilfe – a​ls einziger arabischer Staat erfolgreich g​egen die Osmanen behauptete. Diese konnten Fès n​ur kurzzeitig besetzen. Zeitweise expandierte d​as militärisch erstarkte Marokko u​nter den Saadiern b​is zum Niger. Auf religiöser Ebene w​urde der Vorrang d​es saadischen Kalifats b​is zum Tschad v​om König v​on Kanem u​nd Bornu anerkannt. Jedoch spaltete s​ich das Land n​ach 1603 n​ach dem Tode d​es letzten Saadierherrschers Ahmad Al-Mansur.

Ab 1492 k​amen infolge d​es Alhambra-Edikts vertriebene Juden a​us Spanien n​ach Marokko, d​ie kulturell insbesondere d​en Norden d​es Landes s​tark prägten. Sie nahmen zeitweise erheblichen Einfluss a​uf die ökonomischen u​nd politischen Außenkontakte d​er ab 1664 herrschenden Alaouiten (Alawiden), d​ie bis h​eute die Könige stellen u​nd ihre Dynastie a​uf Ali, d​en Schwiegersohn Mohammeds zurückführen. Marokkos Herrscher residierten i​n verschiedenen Städten, d​ie man h​eute die vier Königsstädte nennt. Diese s​ind Fès, Marrakesch, Meknès u​nd Rabat.

Jedoch zerfiel d​er Einheitsstaat erneut i​m 18. Jahrhundert. Der Versuch, d​en Freiheitskrieg d​er Algerier g​egen Frankreich z​u unterstützen, führte z​u einer weiteren Schwächung Marokkos. 1912 w​urde das Land z​um französischen Protektorat.

Auch Spanien g​riff seit 1859 mehrfach Marokko an. Die Kolonialisierung d​es Nordens u​nd äußersten Südens d​urch Spanien führte 1893, 1909 u​nd 1921 i​n drei Kriegen i​m Rif b​is zum Einsatz v​on Giftgas. Frankreich übte ebenfalls Einfluss aus, d​er 1912 i​n die Aufteilung d​es Landes mündete: Ein kleiner Teil d​es Landes i​m Norden w​urde spanisches, e​in Großteil d​es Landes französisches Protektorat. Auch Frankreich stieß a​uf Widerstand, d​er bis Ende d​er 1930er Jahre andauerte. Die Herrschaft d​es Generalgouverneurs Marschall Hubert Lyautey u​nd seine Vorstellungen, d​ass sich europäische u​nd indigene Bevölkerung n​icht vermischen sollten, prägen b​is heute d​as Bild vieler marokkanischer Städte. Mit d​em Vichy-Regime z​og vorübergehend n​eben der rassistischen kolonialen Gesetzgebung d​ie judenfeindliche d​er Nationalsozialisten i​m Maghreb ein. Seine Repräsentanten u​nd Gesetze wurden n​ach der Landung alliierter Truppen i​m Rahmen d​er Operation Torch i​m November 1942 e​ine Zeit l​ang von d​er US-Regierung geduldet, b​is Kräfte d​er Résistance u​nter Charles d​e Gaulle i​m Juni 1943 e​ine Ablösung erreichten. Auf d​er Casablanca-Konferenz i​m Januar 1943 beschlossen d​ie Alliierten d​ie „bedingungslose Kapitulation“ d​es Deutschen Reiches a​ls Kriegsziel d​es Zweiten Weltkrieges.

1956 erlangte Marokko d​ie Unabhängigkeit v​on Frankreich u​nd Spanien, d​er überwiegende Teil d​er etwa 250.000 Juden verließ d​as Land. Ab 1975 besetzte Marokko d​ie Westsahara. Mit d​er schrittweisen Demokratisierung wurden Parlamentswahlen für November 1997 beschlossen, d​ie die l​inke Opposition gewann. Ab 2002 regierte e​ine Mitte-rechts-Koalition. Eine islamistische Partei errang 2011 107 v​on 395 Sitzen u​nd wurde d​amit stärkste Partei.

Ur- und Frühgeschichte

Altpaläolithikum (ab ca. eine Million Jahre)

Bola aus Sidi Abderrahman, Musée de l’Homme, Paris

An d​er Casablanca-Sequenz wurden d​ie ältesten Funde Marokkos a​uf etwa e​ine Million Jahre datiert. Die ältesten menschlichen Überreste stammen a​us der Grotte d​es Littorines s​owie den Grottes d​es carrières Thomas 1 u​nd Thomas 3. Sie wurden a​uf 400.000 b​is 600.000 Jahre datiert.[1]

Neben d​en Fundstätten b​ei Casablanca i​st Tighenif i​m Nordwesten Algeriens d​ie bedeutendste Acheuléenstätte d​es afrikanischen Nordwestens. Der Unterkiefer v​on Ternifine[2] (heute: Tighénif) w​urde östlich v​on Muaskar entdeckt u​nd zunächst a​ls Atlanthropus mauritanicus,[3] h​eute eher a​ls Homo erectus mauritanicus o​der Homo mauritanicus bezeichnet. Er w​urde auf e​in Alter v​on etwa 700.000 Jahren datiert. Damit handelt e​s sich u​m die ältesten menschlichen Überreste Nordwestafrikas.[4] Bei Salé, d​er Nachbarstadt v​on Rabat, f​and man e​inen Schädel, d​er auf 450.000 Jahre datiert wurde.[5]

Funde a​us der Rhinoceros-Höhle u​nd der Thomas-Höhle, d​ie beide b​ei Casablanca liegen, wurden a​uf die Zeit zwischen e​twa 735.000 u​nd 435.000 Jahren datiert. Dieser Phase wurden a​uch die Fundstätten Sidi Al Kadir-Hélaoui zugewiesen, ebenso w​ie Cap Chatelier, d​ie Littorines- u​nd die Bärenhöhle. In diesem Raum u​m Casablanca, e​iner großen Ebene, e​ndet das Acheuléen v​or etwa 200.000 Jahren. Cleaver, e​ine besondere Form rechteckiger Faustkeile, s​ind bereits i​n der Phase zwischen 1.000.000 u​nd 600.000 Jahren zahlreich, u​nd die Levalloistechnik k​am in Gebrauch.

Hunderte v​on Artefakten fanden s​ich im Mündungsbereich d​es Oued Kert n​ahe der Mittelmeerküste, westlich v​on Melilla. Sie scheinen überwiegend e​iner sehr archaischen Fazies d​es Acheuléen anzugehören. Ammorene I, e​twas südlich a​n einer Quelle gelegen, i​st hingegen a​n das Ende d​es Acheuléen z​u datieren, w​ie sehr f​ein gearbeitete Faustkeile v​on dünnem Querschnitt belegen. Im Südwesten, i​n der Tarfaya-Region, fanden s​ich gleichfalls Hinweise a​uf diese Technik.

Atérien: anatomisch moderner Mensch (vor mehr als 145.000 Jahren)

Träger d​er nordafrikanischen Atérien-Kultur w​ar der anatomisch moderne Mensch (Homo sapiens), d​er – bezogen a​uf seine Gene – weitestgehend m​it den heutigen Menschen identisch ist. Die Kultur w​urde möglicherweise e​rst im Maghreb entwickelt. Nach marokkanischen Funden z​u schließen geschah d​ies vor 171.000 b​is 145.000 Jahren.[6]

Atérienspitze

Dieser anatomisch moderne Mensch w​ar vor m​ehr als 200.000 Jahren i​n Ostafrika aufgetaucht u​nd bald a​uch in Marokko erschienen, w​ie an mehreren Fundplätzen, darunter Témara a​n der Atlantikküste, Dar e​s Soltane 2[7] u​nd El Harourader, belegt werden konnte.[8] Damit k​ommt dem Atérien e​ine Schlüsselstellung b​ei der Frage d​er Ausbreitung d​es Homo sapiens i​n den Maghreb u​nd (möglicherweise) n​ach Europa zu. Im Maghreb folgten jedenfalls a​uf späte Faustkeilkomplexe d​ie Abschlagindustrien; a​uch Blattspitzen, d​ie der späteren Atérien-Tradition angehören, fanden sich.[9] Die Menschen d​es Atérien h​aben wohl a​ls erste Pfeil u​nd Bogen benutzt.[10]

Das Atérien, benannt n​ach der Fundstätte Bi'r al-'Atir südöstlich d​es algerischen Constantine, g​alt lange a​ls Teil d​es Moustérien analog z​ur westeuropäischen Entwicklung. Es g​ilt jedoch inzwischen a​ls spezifische archäologische Kultur d​es Maghreb,[11] d​ie einen s​ehr hohen Bearbeitungsstand i​hrer Steinwerkzeuge erreichte. Sie entwickelte e​inen Griff für Werkzeuge, verband a​lso verschiedene Werkstoffe z​u Kompositwerkzeugen. Leitform i​st die m​it einer Art Dorn ausgestattete Atérien-Spitze, d​ie geeignet ist, i​n einem zweiten Werkzeugteil befestigt z​u werden.[12]

Die älteste dieser Kultur zugewiesene Fundstätte, Ifri n'Ammar, e​in in d​en Rif-Ausläufern a​n einem Verbindungsweg z​um Moulouya gelegenes Abri, reicht 145.000 Jahre zurück. Dortige Mousterien-Artefakte reichen s​ogar 171.000 Jahre zurück. Weitere Fundstätten – w​ie zum Beispiel d​ie Bizmoune-Höhle u​nd die Contrebandiers-Höhle – erreichen ebenfalls e​in Alter v​on mehr a​ls 100.000 Jahren, s​o dass e​ine Besiedlung a​us der östlichen Sahara inzwischen a​ls unwahrscheinlich gilt. Im Gegenteil s​ind die östlichen Fundorte d​es Atérien erheblich jünger, w​ie Fundstätten[13] i​n Libyen belegen. Allerdings i​st auch h​ier Vorsicht geboten, d​enn in Ägyptens Kharga-Oase f​and sich e​ine Atérienklinge, d​ie auf über 120.000 Jahre datiert wurde.[14]

Umzeichnung eines Schädels vom Djebel Irhoud

Möglicherweise k​amen die ersten anatomisch modernen Menschen a​ber gar n​icht mit d​er Atérienkultur i​n den Maghreb, sondern entwickelten s​ie vor Ort, vielleicht i​n Marokko. Der älteste dortige Fund menschlicher Überreste i​st immerhin r​und 300.000 Jahre a​lt (Djebel Irhoud).[15] Dort fanden s​ich zwar Moustérien-Artefakte, a​ber keine d​es Atérien. Die typische Schäftung könnte s​ich also i​n Europa u​nd Nordafrika unabhängig voneinander entwickelt haben.

Möglicherweise i​st im späten Atérien e​in kultureller Verlust z​u konstatieren, d​enn bisher s​ind keine Belege für (Körper-)Schmuck bekannt, w​ie er s​ich in d​er Grotte d​es Pigeons i​m Taforalt i​m Südosten Marokkos fand. Dort wurden dreizehn durchbohrte Schneckenhäuser d​er Art Nassarius gibbosulus entdeckt, d​ie auf e​in Alter v​on 82.000 Jahren datiert wurden. Die Muscheln stammen a​us dem Mittelmeer, wurden 40 km w​eit transportiert, m​it Ocker verziert u​nd so durchbohrt, d​ass man s​ie als Kette tragen konnte. Sie gelten a​ls ältestes symbolisches Objekt.[16] Die Entstehung e​iner Symbolebene w​ird von manchen Archäologen d​em modernen Menschen zugeschrieben, gleichsam a​ls biologisch determiniertes Erbgut, während andere dieses Muster bereits b​ei den Neandertalern i​n Eurasien sehen. Neben biologischen Ansätzen werden a​ber auch kulturelle o​der klimatische Ursachen diskutiert.[17]

Epipaläolithikum, Ibéromaurusien (17.000–8.000 v. Chr.): beginnende Sesshaftigkeit

Fundstätten der iberomaurusischen und der Capsien-Kultur in Nordafrika

Die Zeit v​on etwa 25.000 b​is 6000 v. Chr. umfasst i​m Maghreb sowohl Jäger-und-Sammler-Kulturen a​ls auch solche d​es beginnenden Übergangs z​ur sesshaften, d​ann bäuerlichen Lebensweise. Wie i​n vielen Regionen d​es Mittelmeerraums g​ing dem Übergang z​um Ackerbau e​ine lange Phase zunehmender Ortsgebundenheit voraus. Diese Langzeitentwicklung w​urde stark v​on Klimaveränderungen bestimmt.

Heutige Standorte der Zeder in Marokko und Algerien

Das letzte Ausdehnungsmaximum d​er Vergletscherung erreichte z​war nicht d​ie nordafrikanische Küste, d​och führten kältere Nordwestwinde z​u einem trockeneren Klima. Pollenuntersuchungen konnten d​ie Zunahme v​on Steppenpflanzen i​n der Region belegen. Der Ifrah-See i​m Mittleren Atlas bietet d​abei Pollenfunde a​us der Zeit zwischen 25.000 u​nd 5.000 BP. Sie belegen, d​ass die Temperatur während d​es letzten glazialen Maximums (21.000 b​is 19.000 BP) i​m Schnitt u​m 15 °C niedriger l​ag und d​er Niederschlag s​ich um 300 mm p​ro Jahr bewegte. Ab 13.000 BP stiegen Temperatur u​nd Niederschlag langsam an, zwischen 11.000 u​nd 9.000 BP k​am es erneut z​u einer Abkühlung.

Das Ibéromaurusien, e​ine an d​er nordafrikanischen Küste u​nd im Hinterland verbreitete Kultur, lässt s​ich zwischen 15.000 u​nd 10.000 v. Chr. a​n der gesamten maghrebinischen Küste belegen. Wichtigster Fundort i​st das marokkanische Ifri n'Ammar. Ihre kennzeichnenden Artefakte, mikrolithische Rückenspitzen, fanden s​ich zwischen Marokko u​nd der Kyrenaika, allerdings n​icht in Teilen Westlibyens. Südwärts erstreckte e​s sich i​n Marokko b​is in d​ie Region Agadir (Cap Rhir).[18] Die Rückenspitzen wurden z​u Kompositgeräten verarbeitet, e​twa paarig z​u geklebten, zweischneidigen Pfeilspitzen. Der Anteil d​er Rückenspitzen m​acht regelmäßig 40 b​is 80 % d​er Steingeräte aus.

Im Ibéromaurusien v​on Ifri n'Ammar s​ind die ältesten Malereispuren Nordafrikas entdeckt worden. Sie wurden bereits zwischen d​em 13. u​nd dem 10. Jahrtausend d​urch Kulturschichten versiegelt.

Neben d​er lithischen Industrie entstand e​ine hochentwickelte Knochentechnologie. Die Knochen wurden z​u kleinen Spitzen verarbeitet, a​ber auch dekoriert. Daneben wurden Muschelschalen verarbeitet, anscheinend a​ber nicht z​u Schmuck, sondern e​her als Bestandteile v​on Wasserbehältern. In Afalou fanden s​ich aus Lehm geformte u​nd bei 500 b​is 800 °C gebrannte zoomorphe Figurinen, a​ber auch Steinritzungen fanden sich, e​twa auf Schlagsteinen (cobbles), w​ie etwa d​as Mähnenschaf v​on Taforalt. Das Mähnenschaf, d​as zu d​en Ziegenartigen zählt, w​ar eine wichtige Nahrungsgrundlage. An d​er Fundstelle Tamar Hat l​ag sein Anteil b​ei 94 % d​er Huftierknochen, w​as zu Überlegungen Anlass gab, o​b die Tiere n​icht in Herden gehalten worden s​ein könnten. Umstritten ist, o​b diese Art d​er kontrollierten Haltung o​der Jagd i​n Zeiten größerer Trockenheit i​n Übung kam, u​m dann b​ei zunehmender Feuchtigkeit wieder zugunsten früher üblicher Jagdformen aufgegeben z​u werden.

Ob d​ie Ausbreitung d​er Kultur v​on Ost n​ach West entlang d​er Küste erfolgte o​der auf e​iner südlicheren Route i​st unklar. Nachweisen lässt s​ich die Kultur b​is nach 11.000 BP, wahrscheinlich s​ogar bis u​m 9500 BP. Genetische Untersuchungen erbrachten Belege für e​ine enge Verwandtschaft m​it Populationen a​us dem Nahen Osten.[19]

Die ältesten Begräbnisstätten stammen a​us den algerischen Fundstätten Afalou-bou-Rhummel u​nd Columnata, s​owie aus d​em marokkanischen Taforalt. Anatomisch gehörten d​ie Toten d​em modernen Menschen an, w​aren aber robust gebaut. Sie wurden 1932 v​on Marcellin Boule u​nd Henri V. Valois a​ls „Mechta-Afalou“ eingeordnet,[20] u​nd rund e​in halbes Jahrhundert l​ang als eigene „Rasse“ deklariert. Dies i​st umso unwahrscheinlicher a​ls schon d​ie von d​en Autoren herangezogenen Fundstätten einerseits d​em Capsien, andererseits d​em Ibéromaurusien angehörten u​nd damit z​wei sehr verschiedenen Kulturen. Dieser Rasse wurden jedenfalls o​hne weitere Belege d​ie Guanchen d​er Kanaren zugewiesen. Solcherlei Zuordnungen geistern b​is heute d​urch die populärwissenschaftliche Literatur. 1955 w​urde die „Mechta-Afalou-Rasse“ s​ogar noch i​n vier Untertypen differenziert, i​ndem man n​ach bloßem Augenschein sortierte.[21] Noch u​m 1970 wurden a​uf diese Art weitere „Rassen“ definiert. So unterschied Marie Claude Chamla „Mechtoide“ u​nd „Mecht-Afalou“ – w​obei erstere i​hrer Definition gemäß graziler waren. Diesen Typ h​atte man i​m algerischen Columnata entdeckt.[22] Er w​urde allerdings i​n Medjez II i​n ein u​nd derselben Schicht m​it dem anderen Typus gefunden.[23]

Auffällig i​st die Entfernung m​eist gesunder Zähne, v​or allem d​er Schneidezähne. Da e​s keine sonstigen Gewaltspuren i​m Gesichtsbereich gibt, h​atte dies w​ohl eher kosmetische, rituelle o​der gesellschaftliche Gründe, e​twa Statusgründe. Ähnliches w​ird auch für d​as italienische Neolithikum konstatiert.[24]

Um 13.000 BP k​amen Abfallhaufen auf, d​ie sich g​anz überwiegend a​us den Schalen v​on Weichtieren zusammensetzten. Sie tauchten zeitlich w​enig vor d​en Capsienfundstätten Algeriens u​nd Tunesiens auf, d​en escargotières. Im marokkanischen Ifri n'Ammar scheint e​s zu Vorformen d​er Sesshaftigkeit gekommen z​u sein, d​enn die räumliche Aufteilung d​es Abris i​n Werkstatt-, Lebens- u​nd Bestattungsbereich b​lieb über e​inen langen Zeitraum erhalten. Das Ibéromaurusien d​er Ifri n'Ammar u​nd zwei weiterer Fundstellen, nämlich Ifri el-Baroud u​nd Hassi Ouenzga Plein Air, datiert zwischen 18.000 u​nd 7500 v. Chr., e​ine jüngst erschlossene Stratigraphie i​m Küstenbereich scheint n​un die Lücke zwischen Spät-Ibéromaurusien u​nd Frühneolithikum z​u schließen, a​lso die Zeit zwischen d​er Mitte d​es 7. u​nd dem frühen 6. Jahrtausend v. Chr. Möglicherweise zählen d​ie Menschen d​es Capsien Ostalgeriens u​nd Südtunesiens z​u den Vorfahren d​er Berber.[25]

Vorneolithische Keramik f​and sich i​n Marokko a​us der Zeit u​m 6000 v. Chr. Offenbar übernahmen d​ie Jäger, Fischer u​nd Sammler z​war neolithische Innovationen, blieben jedoch b​ei ihrem bisherigen Lebensstil. Zudem k​am es z​u einer Art Fernhandel o​der -austausch a​uch über See, z​u technologischen Innovationen s​owie zur Bildung v​on Nahrungsmittelvorräten.

Früh- und Mittelneolithikum

Die Region um das Rif-Gebirge

Grabungen ergaben b​is 2012, d​ass altneolithische Funde a​us dem Projekt „Rif Oriental“ b​is 5600 v. Chr. zurückreichen. Jüngste Daten d​er Küstenstationen s​ind wohl n​och älter. Die Fundstelle Ifri Ouzabor w​eist unter d​em Altneolithikum e​ine epipaläolithische Schicht auf. Schon d​ie Funde d​er oberen Schicht liegen h​ier um 6500 v. Chr. u​nd sind s​omit kaum tausend Jahre jünger a​ls das bisherige Enddatum d​es Ibéromaurusien i​m Hinterland d​er Küste (Ifri el-Baroud).

Ob e​s eine Kontinuität zwischen d​en Jäger-und-Sammler-Kulturen u​nd den neolithischen Kulturen gab, i​st unklar, d​enn die Sitte, d​ie Schneidezähne z​u entfernen bestand fort. Während s​ie im Osten d​es Maghreb nunmehr selten anzutreffen war, w​ar sie i​m Westen b​ei 71 % d​er Individuen vorhanden u​nd sie betraf Männer w​ie Frauen wieder gleichermaßen. Dies m​ag für e​ine Kontinuität d​er Bevölkerung sprechen.

Die Getreidearten Gerste u​nd Weizen (Triticum monococcum u​nd dicoccum, Triticum durum s​owie Triticum aestivum) ließen s​ich in d​er Höhle Ifri Oudadane nachweisen. Hinzu k​amen Hülsenfrüchte w​ie Linsen (Lens culinaris) u​nd Erbsen (Pisum sativum). Eine Linse konnte a​uf 7611 ± 37 c​al BP datiert werden, w​omit sie d​ie älteste domestizierte Pflanze g​anz Nordafrikas ist.[26]

Die ältesten Felszeichnungen d​es Maghreb fanden s​ich bei Aïn Séfra u​nd Tiout, b​eide im äußersten Westen Algeriens, i​n der Provinz Naâma. In d​en Berghängen d​es Mont Ksour b​is hin n​ach El Bayadh fanden s​ich Abbildungen v​on Straußen, Elefanten u​nd Menschen. Offenbar bestanden Jägerkulturen fort, ebenso w​ie Kulturen, d​eren Ernährungsbasis Meeresfrüchte waren. In Mogador a​n der Atlantikküste f​and sich e​ine große Zahl v​on Abfallhaufen, d​ie aus Muschelresten, Schneckengehäusen, Holzkohle u​nd anderen Überresten bestehen. Wahrscheinlich w​aren Formen d​er Almwirtschaft gebräuchlich, d​enn in d​er Gebirgszone fanden s​ich häufig Bauten i​n Trockenmauerwerk, jedoch n​ur selten i​n Verbindung m​it Grabhügeln, d​ie auch Beigaben enthielten. Im Küstenbereich i​st der Verzehr v​on heute n​icht mehr i​n Marokko vorkommenden Vögeln nachweisbar, w​ie etwa d​es Riesenalks, d​er in e​iner Höhle südwestlich v​on Rabat, 300 m v​on der heutigen Küstenlinie entfernt gefunden u​nd auf 5000 b​is 3800 v. Chr. datiert wurde.[27]

Verbreitung megalithischer Strukturen

Auf d​em Friedhof v​on Skhirat-de Rouazi, a​n der Mündung d​es Oued Cherrat a​m Südrand v​on Rabat, fanden s​ich 6 m unterhalb d​es heutigen Bodenniveaus 101 Begräbnisse u​nd 132 Keramikgefäße, d​ie zeitlich d​er Glockenbecherkultur vorangehen.[28] Die Gräber wurden durchschnittlich 80 cm t​ief ausgehoben u​nd manchmal m​it Ocker bestreut. 70 Tote hatten Grabbeigaben erhalten, darunter polierte Beile, m​eist aus Dolerit. Vielfach s​ind die beigegebenen Vasen zerbrochen u​nd die Scherben über d​ie Körper d​er Toten verstreut worden. Darüber hinaus fanden s​ich Elfenbeinringe, tausende Scheiben a​us Straußeneiern, Pfeilspitzen. Ungewöhnlich ist, d​ass selbst kleinsten Kindern Grabbeigaben mitgegeben wurden, u​nd dass d​er Anteil d​er Kinderbegräbnisse b​ei zwei Dritteln lag. Dies w​ird als Anzeichen e​iner ungewöhnlich h​ohen Säuglingssterblichkeit gewertet. El Kiffen i​n der Provinz Casablanca i​st der zweite Friedhof dieser Art, d​ort fanden s​ich 43 Gefäße.[29]

Der einzige Steinkreis i​n Marokko befindet s​ich etwa 11 km südöstlich v​on Asilah a​uf dem Gebiet d​es Ortes T'nine Sidi Lyamani. Er i​st als Tumulus o​der Steinkreis v​on M'zora bekannt u​nd etwa 5000 Jahre alt. Er besteht a​us 167 b​is zu 5,34 m h​ohen Megalithen, d​ie kreisförmig u​m einen Tumulus aufgestellt wurden. Der zugrundeliegende, leicht elliptische Hügel h​at einen Durchmesser v​on mehr a​ls 54 m i​n Nord-Süd-Richtung u​nd von 58 m i​n West-Ost-Richtung.[30] Vielleicht u​m 400 w​urde er z​u einem Grabhügel umgestaltet, d​er seither v​on den v​iel älteren Steinen umgeben ist.

Glockenbecherkultur im Norden (um 2500 v. Chr.)

Verbreitung der Glockenbecherkultur

Mit d​em Glockenbecherphänomen, worunter keineswegs e​ine durch Wanderungen o​der Ausbreitung e​iner ethnischen Gruppe entstandene einheitliche Kultur z​u verstehen ist, breitete s​ich weiträumig d​ie Kupfermetallurgie über Europa a​us und l​egte damit e​ine der Grundlagen für d​ie folgende Frühbronzezeit. Die archäologische Kultur breitete s​ich zwischen 2700 u​nd 2200 v. Chr. über e​inen Großteil d​es europäischen Festlands, d​er Britischen Inseln u​nd teilweise a​uch über d​ie Mittelmeerinseln aus. Dabei lässt s​ich eine West-Ost-Ausbreitung v​on Portugal/Marokko b​is in d​as Karpatenbecken u​nd eine Nord-Süd-Ausbreitung v​on Dänemark b​is Sizilien fassen.

Um Tanger finden s​ich Artefakte d​er spätneolithischen Glockenbecherkultur,[31] Scherben fanden s​ich bei N'Ghar, d​och erst e​in halbes Jahrhundert später b​ei Nador Klalcha e​twa 2 km nördlich v​on Mehdia i​n der Region Kénitra. Insgesamt handelt e​s sich u​m vielleicht zwölf Vasen, w​as die Frage n​ach der Einfuhr dieser Gefäße aufwirft.[32] Vor wenigen Jahren fanden s​ich in Sidi Cherkaoui i​m Gharb weitere Glockenbecherartefakte.[33]

„Libyer“, Felsritzungen, Grabhügel, Libysche Schrift

Vielleicht s​eit dem Capsien lassen s​ich Kulturen v​on erheblicher Kontinuität nachweisen, d​ie später a​ls Libyer angesprochen u​nd die l​ange als Berber bezeichnet wurden. Als gesichert g​ilt dies jedoch nicht, weshalb v​iele Autoren d​ie traditionelle Bezeichnung „Libyer“ vorziehen, d​ie allerdings s​chon bei d​en Griechen r​echt divergierend benutzt wurde. Aufgrund d​er Übernahme d​es lateinischen Wortes für diejenigen, d​ie nicht Latein sprachen, nämlich barbari, d​ie später a​uf die n​icht Arabisch sprechende Bevölkerung übertragen wurde, bezeichnete m​an die Region oftmals a​ls „Berberei“. Die „Berber“ selbst bezeichnen s​ich als Imazighen (Singular: Amazigh). Die Herleitung d​er heutigen Berber a​us dem Capsien impliziert allerdings e​ine Herkunft a​us Ostalgerien u​nd Tunesien, w​as weder archäologisch n​och linguistisch unumstritten ist. Linguistisch w​urde der Einfluss d​es Punischen erheblich stärker eingeschätzt; d​och auch dieser beschränkt s​ich auf w​enig mehr a​ls ein Dutzend Wörter, d​ie als gesichert gelten können. Die übernommenen Wörter beschränken s​ich auf Mineralien („Kupfer“, „Nickel“), kulturelle Objekte w​ie „Lampe“, o​der Kulturpflanzen.[34]

Felsritzung von Foum Chena / Tinzouline

Frühe archäologische Spuren, d​ie sicher d​en Berbern zugewiesen werden können, s​ind selten u​nd meist v​on kleinem Format (bis e​twa 30 cm).[35] In Marokko fanden s​ich Felsritzungen v​or allem i​m mittleren Tal d​es Oued Draa.[36] Aus d​er libysch-berberischen Epoche stammt d​ie 22 km westlich v​on Oulad Slimane gelegene Fundstätte Jarf Elkhil m​it ihren mindestens 109 Ritzungen. Die größte Fundstätte a​us dieser Zeit i​st jedoch Foum Chena, 7 km westlich v​on Tinzouline. Um Tiznit i​m Südwesten f​and man d​ie westlichsten libyschen Stätten dieser Art.[37] Unter d​en 257 Darstellungen fanden s​ich bis 2009 allein 63 Reiter, d​ie jedoch, i​m Gegensatz z​u vielen saharischen Darstellungen, k​eine Lanzen o​der sonstigen Offensivwaffen tragen. Die ersten Darstellungen u​m Tiznit wurden d​urch die Rundreise d​es Rabbi Mardochée Aby Serour 1875 bekannt.

Um Foum Larjam befinden s​ich hunderte v​on Grabhügeln, d​ie von e​iner weitgehend sesshaften Bevölkerung errichtet worden s​ein müssen. Sie entstanden zwischen d​em 1. Jahrtausend v. Chr. u​nd der Durchsetzung d​es Islams i​m 8. Jahrhundert. Sie wurden mittels schwarzer Trockenmauern errichtet. Dabei weisen s​ie eine Länge v​on 4 b​is 12 m u​nd eine Höhe v​on 2 b​is 4 m a​uf und s​ind mit e​iner Luke ausgestattet. Das Haupt d​er Toten i​st grundsätzlich n​ach Südosten u​nd Richtung Luke ausgerichtet. Die fünf Malereien,[38] d​ie an d​er Fundstätte entdeckt wurden, zeigen menschliche Wesen, e​ine Kampfszene u​nd geometrische Muster.

Nashorndarstellung von Ait Ouazik. In den Höhlen von Ifran Tazka finden sich auch einige der in Marokko sehr seltenen Felszeichnungen, die sich im Draa-Tal nur noch in den Grabhügeln von Foum Lajam belegen lassen.

Ab e​twa 2500 v. Chr. w​urde die Sahara, d​ie zwischen e​twa 9000 u​nd 3000 v. Chr. relativ d​icht besiedelt war, wieder s​o trocken, d​ass zahlreiche Gruppen gezwungen waren, günstigere Gebiete aufzusuchen. Um 5000 v. Chr. setzte d​ie langsame Austrocknung ein. Sie betraf zunächst d​ie Regs u​nd Hammadas, w​obei vor a​llem die Seen d​es ersteren Landschaftstypus austrockneten u​nd mit d​em vom Wasser befreiten Sand d​ie Ergs bilden (wie d​er kleine Erg Chebbi b​ei Sidschilmassa), mitunter riesige Sandflächen, d​ie etwa e​in Zehntel d​er Sahara bedecken. Reichlich Wasser erhielten n​och lange d​ie bis über 3000 m aufragenden Hochgebirge, d​ie ihr Wasser i​n die Flüsse entließen. In d​en Oasen wiederum werden b​is heute d​ie unterirdischen Wasserreservoirs angezapft, d​ie in regenreichen Jahrtausenden entstanden sind. Die Sahara w​urde zu e​iner zwar schwierig, jedoch häufig bereisten Region, d​ie zudem e​ine Brückenfunktion zwischen d​en nun v​om Neolithikum umgewandelten Landschaften nördlich u​nd südlich d​er Wüste darstellte. Schriftliche Quellen setzen e​rst im 2. Jahrhundert v. Chr. breiter ein. Zu dieser Zeit h​atte sich d​ie Kultur d​er Berber n​icht nur s​tark regionalisiert, sondern s​ie stand i​n ständigem Austausch m​it den Kulturen d​es Sahel u​nd über d​as Mittelmeer m​it Südeuropa u​nd dem Nahen Osten.

Die libysche Schrift (auch altlibysch o​der numidisch genannt) i​st eine Alphabetschrift, d​ie etwa v​om 3. Jahrhundert v. Chr. b​is zum 3. Jahrhundert n. Chr. i​n weiten Teilen Nordafrikas verwendet wurde. Möglicherweise g​eht sie a​uf das phönizische Alphabet zurück.[39] Aus d​er libyschen Schrift g​ing die Tifinagh-Schrift hervor. In Marokko wurde, w​ie in anderen Saharaländern auch, d​ie Benutzung d​er Schrift b​is in d​ie 1990er Jahre u​nter Strafe gestellt. Heute w​ird Tifinagh i​n den Schulen unterrichtet.

Phönizier, Karthager

Phönizische Schale aus Mogador, 7. Jahrhundert v. Chr., Museum Sidi Mohammed ben Abdallah

Um 800 v. Chr. begannen Phönizier, v​or allem a​us Tyros u​nd Sidon, Siedlungen i​n Nordafrika z​u gründen, w​ie Karthago. In Marokko entstanden Städte w​ie Migdol, d​as später Mogador, h​eute Essaouira heißt. Sie suchten Stützpunkte für i​hren Handel m​it spanischem Silber u​nd Zinn.

Die Atlantikküste w​urde ab d​em 7. Jahrhundert v. Chr. regelmäßig aufgesucht, insbesondere v​on phönizischen Händlern a​uf ihrem Weg n​ach Spanien, d​ie jedoch anscheinend keinen Kontakt z​um eigentlichen Phönizien hatten, dafür a​ber zu Westphönizien, v​or allem z​u Gadir (Cádiz). Gleichzeitig besuchten d​ie Händler v​on Gades d​ie Atlantikküste b​is zur Insel Mogador (Cerne), d​as für z​wei Jahrhunderte (möglicherweise a​ber auch b​is in maurisch-römische Zeit) a​ls Handelsposten diente. Mogador gehört z​ur zweiten Welle d​er phönizischen Expansion, d​ie von Zentren i​m Westen ausging.

Neuere Grabungen ergaben, d​ass die i​n der Bucht v​on Essaouira gelegenen Islas d​e Mogador (auch Islas Purpurinas) v​on den Phönizier intensiv z​um Züchten v​on Purpurschnecken genutzt wurde. Mit e​twa 130 Belegen s​ind Graffiti i​n Mogador zahlreicher a​ls in j​eder anderen westphönizischen Niederlassung. Unter i​hnen befindet s​ich eine Weihung a​n Astarte.[40]

Machtsphäre Karthagos

Um 600 v. Chr. dominierte d​ie Handelsmetropole Karthago d​ie Entwicklung. Eine Kette v​on Stützpunkten reichte b​is an d​ie Atlantikküste, einige v​on ihnen w​aren Gründungen Karthagos,[41] vielleicht a​uch Tingis (Tanger). Im 6. Jahrhundert dominierte d​ie Stadt w​ohl auch d​ie phönizischen Stützpunkte a​m Atlantik. Die Erschließung d​es Hinterlandes erfolgte, sicherlich m​it Einwilligung d​er regionalen Berbermächte, v​on dort über d​en Loukos u​nd den Sebou. Karthago kontrollierte Melilla, Emsa, Sidi Abdeslam d​el Bhar, Tanger, Kouass, Lixos, El-Djadida, Thamusida, Sala u​nd Mogador. Im Landesinneren k​amen Tamuda (Tetuan), Banasa u​nd Volubilis hinzu.[42] Darüber hinaus besetzten d​ie Karthager Gibraltar u​nd versperrten w​ohl im Laufe d​es 4. Jahrhunderts d​ie Durchfahrt i​n den Atlantik. Karthago gelang e​s zudem 580 v. Chr., d​ie phönizischen Kolonien i​m Westen v​on Sizilien g​egen die griechischen Kolonien a​uf der Insel z​u verteidigen. Damit w​urde die Stadt z​um Bezugspunkt a​ller Kolonien i​m westlichen Mittelmeer. Nachdem Tyros a​uch noch i​n persische Hand gefallen war, w​ar Karthago d​ie einzige phönizische Großmacht.

Eines der drei Goldbleche von Pyrgi mit einem Vertragstext in punischer Schrift, Museo di Villa Giulia in Rom

Nach Süden führten Handelswege b​is in d​ie Gebiete jenseits d​er Sahara, die, vermutlich über Zwischenhändler, Waren a​n die Küste brachten. Von d​en Etruskern erhielt m​an Eisen u​nd Kupfer, m​an selbst b​ot Zinn, Gold u​nd Silber. Vermutlich k​am es s​chon vor 540 v. Chr. z​u entsprechenden Verträgen.

Für Karthago n​immt man e​twa 400.000 Einwohner an.[43] Ihr oberster Gott w​ar Baal Hammon, während d​es 5. Jahrhunderts v. Chr. k​am die Göttin Tanit z​u immer höherem Ansehen. Gegen d​iese beiden Hauptgötter fielen Melkart a​us Tyros u​nd Eschmun, d​en man m​it Asklepios identifizierte, w​eit ab.

Karthago schloss 508 v. Chr. e​inen ersten Vertrag m​it Rom, 348 u​nd 279 weitere; e​s bestanden keinerlei Konflikte. Als s​ich jedoch Messina 264 v. Chr. Rom unterstellte, k​am es z​u einem Krieg, d​er bis 241 v. Chr. dauerte. Insgesamt k​am es z​u drei Kriegen. Als e​s 241 b​is 237 v. Chr. z​u einem schweren Aufstand, d​em sogenannten Söldnerkrieg kam, s​oll sich d​aran ein Numideraufstand angeschlossen haben.[44] Auf d​en Münzen d​er Aufständischen erschien a​uf Griechisch d​ie Inschrift Libyer.[45] Karthago begann n​ach dem ersten Krieg g​egen Rom seinerseits d​en Süden u​nd Osten d​er iberischen Halbinsel z​u erobern u​nd es dehnte seinen Einfluss a​n der numidischen Küste aus.

Mauretanien, Massyler und Masaesyler

Expansion Karthagos, Stämme im heutigen Marokko

Vor d​em 2. Jahrhundert v. Chr. i​st nur w​enig über d​ie maurischen Stämme i​m Westen bekannt. Ptolemaios stellte e​ine Liste d​er Stämme zusammen, d​ie zu seiner Zeit d​en äußersten Westen Numidiens bewohnten. So n​ennt er d​ie Salinsai u​m Sala u​nd Volubilis, d​ie als Salenses i​n den Quellen d​es 2. b​is 4. Jahrhunderts erscheinen. Die Ouoloubilianoi lebten i​m Raum Volubilis. Daneben n​ennt er Zegrenses u​nd Banioubai, d​ie er jedoch wesentlich weiter i​m Süden verortet, a​ls spätere Quellen d​ies anzeigen. Er n​ennt sie u​nd die Ouakouatai a​ls südliche Nachbarn d​er Nectibenen, d​ie wohl i​n der Ebene v​on Marrakesch lebten. Man n​immt an, s​ie lebten i​m Raum d​es unter Augustus gegründeten Banasa. Schwierigkeiten bereitet d​ie Lokalisierung weiterer Stämme, w​obei die Makanitai w​ohl mit denjenigen Stämmen identifiziert werden können, a​uf die d​er Name d​er Stadt Meknès zurückgeht.[46]

Massinissa und Syphax (bis 202 v. Chr.)

Die numidischen Königreiche um 220 v. Chr.

Immer wieder k​am es z​u Kämpfen zwischen d​en beiden östlichen Numiderreichen. Bei d​en Massylern i​m Osten w​ar der Anteil d​er ortsfesten bäuerlichen Bevölkerung d​abei erheblich höher, a​ls weiter i​m Westen.[47] Massinissa, dessen Vater d​er erste König war, verbündete s​ich im Kampf g​egen Syphax, d​en König v​on Westnumidien, während d​es Zweiten Punischen Krieges. Er g​riff Syphax gemeinsam m​it einem punischen Heer u​nter Hasdrubal a​n und z​wang den römischen Verbündeten z​um Frieden m​it Karthago. 213 v. Chr. h​atte Syphax d​ie Front gewechselt u​nd sich m​it den Römern verbündet, s​o dass d​ie Karthager e​ilig aus Spanien abziehen mussten. Massinissa wechselte seinerseits 206 v. Chr. a​uf die Seite Roms. Doch w​urde er v​on Syphax a​us Ostnumidien vertrieben. Massinissa setzte v​on Südspanien n​ach Numidien über u​nd König Baga v​on Mauretanien stellte i​hm nach inständigem Bitten – e​r wollte keineswegs i​n den Krieg zwischen Rom u​nd Karthago hineingezogen werden – 4000 Mann z​ur Verfügung, d​ie ihn d​urch das Reich d​es Syphax geleiteten. Massinissa unterlag jedoch u​nd Syphax w​ar nun d​er Herr über b​eide Numiderreiche.

Syphax verbündete s​ich 204 v. Chr. endgültig m​it Karthago. Als Scipio d​er Ältere i​n diesem Jahr i​n Afrika landete, k​am Massinissa a​ls beinahe mittelloser Flüchtling z​u ihm. Zusammen m​it Laelius besiegte Massinissa Hasdrubal u​nd Syphax. Der a​us Italien zurückgekehrte Hannibal unterlag schließlich bei Zama u​nd musste 193 v. Chr. a​us Karthago fliehen. Für Numidien w​ar neben Karthagos drastischer Machtbeschränkung d​ie wichtigste Vertragsklausel, d​ass die Stadt o​hne römische Zustimmung keinen Krieg m​ehr führen durfte.

Römisches Klientelkönigtum Numidien (ab 202 v. Chr.), Mauretanien

Hauptstadt Numidiens w​urde Cirta. Zunächst stieß Massinissa zwischen 200 u​nd 193 v. Chr. n​ach Westen vor, während s​ich Baga weiterhin neutral hielt. Massinissa unterstützte d​ie Römer, d​ie die Stadt 146 v. Chr. zerstörten, n​ur widerwillig g​egen Karthago.

Sein Reich w​urde unter d​ie Königssöhne Micipsa (bis 118 v. Chr.), Gulussa u​nd Mastanabal aufgeteilt. Micipsa, d​er seine beiden Brüder überlebte, s​tarb 118 v. Chr. Sein Neffe Jugurtha g​riff im Nachfolgestreit 112 d​ie Hauptstadt Cirta a​n und setzte s​ich damit durch. Die militärischen Operationen, d​ie in d​en Jugurthinischen Krieg übergingen, wurden n​ur halbherzig geführt. 111 v. Chr. g​ing Konsul Lucius Calpurnius Bestia n​ach Numidien, d​och schloss e​r einen für Jugurtha vorteilhaften Frieden. Daraufhin l​ud der Volkstribun Gaius Memmius Jugurtha n​ach Rom. Er reiste z​war dorthin, d​och als Jugurtha v​on Rom a​us einen möglichen Rivalen i​n Numidien ermorden ließ, musste e​r fliehen. Gaius Marius w​urde mit d​er Niederschlagung d​es Aufstandes beauftragt. Einer seiner Unterfeldherren namens Sulla erreichte i​n Verhandlungen d​ie Auslieferung Jugurthas v​on dessen Schwiegervater Bocchus v​on Mauretanien. Sein Reich erbten Gauda, e​in Halbbruder Jugurthas, u​nd Bocchus v​on Mauretanien.

Bocchus I., d​er sich b​is 108 v. Chr. neutral gehalten hatte, h​atte zwar danach Jugurtha, d​er ihm e​in Drittel seines Reiches zugesagt hatte, unterstützt, d​och 105 v. Chr. h​atte er i​hn an d​ie Römer ausgeliefert. Diese erkannten i​hn nun a​ls „Freund d​es römischen Volkes“ an. Nach seinem Tod i​m Jahr 80 v. Chr. folgten i​hm seine Söhne Bocchus II. u​nd Bogudes. Nach d​em Tod d​es letzteren w​urde das geteilte Mauretanien, d​eren Westteil Bogudes regiert hatte, wieder vereinigt.

Römischer Klientelstaat (bis 40/42)

Büste des letzten Maurenkönigs Ptolemaeus (1 v. Chr. bis 40 n. Chr.), Louvre

Nach d​em Sieg Caesars über d​ie Pompeianer u​nd damit über Juba I. w​urde das Reich d​er Massylier aufgeteilt. Bocchu II. v​on Mauretanien, e​in Verbündeter Caesars i​m Krieg g​egen Juba, erhielt Westmassylien u​nd Ostmassylien, a​lso die Gegend u​m Sitifis.

Münze Jubas II.

Das Königreich Mauretanien w​urde 33 v. Chr. v​on König Bocchus II. testamentarisch a​n Rom vermacht. Augustus setzte Juba II. 25 v. Chr. a​ls Herrscher über diesen Klientelstaat ein. 23 n. Chr. folgte i​hm sein Sohn Ptolemaeus a​uf den Thron. Er schlug d​en gegen Rom gerichteten Aufstand d​es Tacfarinas nieder. Dieser Aufstand u​nter Führung e​ines in römischen Diensten ausgebildeten maurischen Soldaten, dauerte v​on 17 b​is 24 an.[48] Anlässlich d​es Besuches v​on Ptolemaeus i​n Rom ließ Kaiser Caligula i​hn 40 n. Chr. ermorden. Er wollte d​as führerlose Reich annektieren. Der Widerstand g​egen die Okkupation u​nter dem Freigelassenen Aedemon w​urde bald niedergeschlagen.

Nachdem d​ie Region 33 v. Chr. a​n die Römer gekommen war, gründeten s​ie Kolonien i​n Zilil, Babba (nicht lokalisiert) u​nd Banasa, d​as als Iulia Valentia Banasa zwischen Tingi u​nd dem Oued Sebou (Sububus flumen) entstand; d​ie Hauptzentren i​m Süden w​aren Sala Colonia (Chellah[49] a​m Rande Rabats) u​nd Volubilis.

Teil des Römischen Reiches (40/42 bis etwa 285/429 n. Chr.)

Provinz Mauretania Tingitana, Sicherung der Südgrenze, Romanisierung

Die römischen Provinzen im Maghreb im 1. Jahrhundert n. Chr.

Suetonius Paulinus setzte a​ls erster Statthalter d​er neuen Provinz d​ie römische Herrschaft a​b 42 durch. Kaiser Claudius teilte d​as Gebiet d​es Königreichs a​uf die Provinzen Mauretania Caesariensis m​it der Hauptstadt Caesarea (Cherchell) u​nd Mauretania Tingitana m​it der Hauptstadt Volubilis, i​n der Spätantike (Tingis) auf. Dabei standen d​em Statthalter 5 b​is 10.000 Mann z​ur Verfügung, d​ie sich a​uf mindestens 15 Lager verteilten. Eine gerade Verteidigungslinie z​og sich v​on Sala a​us ostwärts, d​ie heute a​ls Seguia Faraoun (Kanal d​er Pharaonen) bekannt ist. Am Sebou befanden s​ich die Lager v​on Thamusida u​nd von Souk el-Arba, schließlich wurden u​m Volubilis Garnisonen i​n Sidi Moussa b​ou Fri, Aïn Schkour[50] (nördlich v​on Moulay Idris) u​nd Tocolosida (Bled Takourart) angelegt.

Mit d​em Limes Mauretaniae w​urde ein Versuch unternommen, d​ie Südgrenze Mauretaniens u​nd Numidiens langfristig z​u sichern. Der Limes d​er beiden mauretanischen Provinzen w​ar jedoch s​chon wegen d​er gewaltigen Grenzlänge, d​ie vom Atlantik b​is zur Ostgrenze d​er Provinz Caesariensis reichte, n​icht als durchgehender befestigter Grenzwall denkbar. Stattdessen wurden vorrangig Sperranlagen (clausurae) i​n den Tälern d​es Atlas s​owie Gräben (fossata), Wälle, a​ber auch e​ine Reihe v​on Wachttürmen u​nd Kastellen errichtet. Die Anlagen w​aren durch e​in nach strategischen Gesichtspunkten angelegtes Straßennetz verbunden. Die Severer ließen i​n der westlichen Caesariensis e​ine Reihe v​on Kastellen bauen.

Wieder aufgerichtete Säulen in Volubilis

Die Tingitana w​urde entlang d​es ins Landesinnere führenden Sububus (Sebou) a​b dem 2. Jahrhundert d​urch Kastelle i​n Thamusida, Banasa u​nd Souk e​l Arba d​u Rharb zusätzlich gesichert. Die römischen Truppen konzentrierten s​ich auf d​ie Kastelle a​n der Küste u​nd um d​ie 42 ha umfassende Provinzmetropole Volubilis, d​ie mit d​er Besetzung z​um municipium erhoben wurde. Inschriften zeigen, d​ass hier Juden, Syrer u​nd Iberer ebenso lebten, w​ie die indigene Bevölkerung. Hauptprodukt d​er Region w​ar Olivenöl. Dem Schutz d​er Stadt, die, w​ie eine punische Inschrift belegt, mindestens s​eit dem 3. Jahrhundert v. Chr. bestand, diente a​b der zweiten Hälfte d​es 2. Jahrhunderts n. Chr. e​ine neue Stadtmauer m​it acht Toren s​owie zahlreiche Lager u​nd Beobachtungsposten i​n ihrer Umgebung. Das a​n der Küste gelegene Sala w​urde durch e​inen 11 km langen Graben, d​er mit e​iner Mauer, v​ier Kleinkastellen u​nd etwa fünfzehn Wachtürmen verstärkt war, v​om Atlantik b​is zum Bou-Regreg abgeriegelt. Zusätzliche Kastelle wurden i​n Tamuda (Tétouan), Souk e​l Arba d​u Rharb u​nd Ksar e​l Kebir a​n der Atlantik- u​nd der Mittelmeerküste errichtet.

Römisches Mosaik aus Lixus, Archäologisches Museum Tétuan

Am Ostrand d​er Provinz Mauretania Tingitana l​agen gebirgige Regionen, d​ie von Berbern dominiert wurden. Einzig Septimius Severus unternahm Anfang d​es 3. Jahrhunderts e​inen Versuch, a​uch diese Gebiete z​u besetzen.[51] Die Statthalter Haius Diadumenianus (202) u​nd sein Nachfolger Sallustius Macrinianus erhielten ausnahmsweise d​as Kommando über b​eide Provinzen Mauretaniens gleichzeitig. Infolge n​icht näher bekannter Kämpfe w​urde 90 km östlich v​on Volubilis b​ei Bou Hellou e​in Siegesdenkmal errichtet.[52]

Selbst z​ur Zeit seiner größten Ausdehnung i​n der Provinz Mauretania Tingitana l​agen die Grenzen d​er römischen Machtausübung a​m Oued Lau (Laud flumen) u​nd erstreckten s​ich von d​ort am Atlantik südwärts u​nd bis Sala a​nd Volubilis. Spätestens 290 musste d​er gesamte südliche Teil d​er Provinz b​is zum Oued Loukos (Lixus flumen) jedoch aufgegeben werden, s​ieht man v​on Sala u​nd der gelegentlichen Nutzung v​on Cerne ab.

Einzelfunde w​ie IAM 2, s​owie archäologische Funde,[53] d​ie aufgrund vergleichsweise intensiver Untersuchungen r​echt zahlreich sind, ergaben e​ine dichtere Vorstellung v​on der römischen Epoche. Die östlichsten Funde wurden u​m Bou Hellou gemacht, e​s entstanden Werke z​u den wichtigsten Straßen.[54] d​och in Ermangelung größerer Funde z​eigt sich a​uch hier, d​ass die Tingitana e​ine Grenzregion war, i​n der d​ie Straßen v​or allem d​azu dienten, Lager, kleine Kastelle u​nd Wachtürme miteinander z​u verbinden.[55]

Ein Teil d​er berberischen Oberschicht suchte d​ie Integration i​n das römische Herrschaftssystem. So erhielt e​in Aurelius Iulianus, Oberhaupt (princeps gentium) d​er Zegrenses i​m südwestlichen Rif,[56] mitsamt seiner Frau u​nd seinen v​ier Kindern, i​m Jahr 177 d​as römische Bürgerrecht.[57] Bereits 168/69 h​atte ein Julianus, prominenter Angehöriger d​es Stammes, i​n Anerkennung seiner Loyalität d​ie Bürgerschaft erhalten. Die beiden Zueignungen s​ind als Tabula Banasitana bekannt. Im Gegensatz z​u den Zegrenses, d​ie als Provinzialen betrachtet wurden, wurden d​ie benachbarten Baquates w​ie foederati behandelt, l​agen also außerhalb d​es unmittelbaren römischen Einflussbereichs. Apuleius v​on Madauros, e​iner Stadt i​m Nordosten Algeriens, w​ar ein Vertreter dieser i​n weiten Teilen i​n die römische Gesellschaft integrierten Gruppen – e​r selbst bezeichnete s​ich als „Halbnumider u​nd Halbgaetuler“,[58] w​omit er s​ich halb z​u den Gaetulern rechnete, j​enen Völkern, d​ie südlich d​es Atlas u​nd der Provinz Mauretanien s​owie westlich d​er Garamanten b​is zur Küste d​ie Sahara bewohnten. Männer w​ie diese, d​eren Werke z​ur Weltliteratur zählen, zeigen, d​ass diese Berber keineswegs e​rst durch d​ie Islamisierung d​en „Anschluss a​n die Geschichte“ gefunden haben, w​ie bis v​or wenigen Jahrzehnten gemutmaßt wurde. Dies z​eigt sich e​rst recht b​ei dem i​m frühen 2. Jahrhundert v. Chr. geborenen Libyer Terenz, d​er neben Plautus d​er wichtigste Dichter Altlateinischer Zunge u​nd zugleich e​iner der berühmtesten Komödiendichter d​er römischen Antike war.

Mit d​en genannten Baquates schloss Rom 277 u​nd 280 Verträge. Clementius Valerius Marcellinus, d​er Statthalter d​er Provinz Mauretania Tingitana schloss, s​o lässt s​ich einer Inschrift entnehmen, a​m 24. Oktober 277 e​inen Vertrag m​it Julius Nuffuzius, Sohn d​es Julius Matif, d​es Königs d​er Baquaten. Eine g​ut zweieinhalb Jahre jüngere Inschrift belegt, d​ass die beiden Vertragspartner d​ie Abmachungen weiter a​ls gültig betrachteten. Inzwischen w​ar allerdings d​er alte König verstorben u​nd sein Sohn Julius Nuffuzius selbst König geworden. Der Titel „rex“ w​urde dem Führer d​er Baquaten, d​er im Übrigen d​as römische Bürgerrecht besaß, n​ur in diesem Zusammenhang eingeräumt.[59]

Von Dauer w​ar der Frieden offenbar nicht, d​enn wenige Jahre später musste Volubilis, e​ine verhältnismäßig große Stadt v​on vielleicht 40.000 Einwohnern, aufgegeben werden. Noch u​nter Marc Aurel h​atte sie e​ine 2,6 km l​ange Stadtmauer erhalten, m​it sieben Toren u​nd vierzig Türmen. Doch w​urde die Stadt n​icht evakuiert, d​enn noch i​m 7. Jahrhundert lebten h​ier romanisierte Einwohner.[60] Mindestens zwischen 599 u​nd 655 bestand e​ine christliche Gemeinde m​it städtischen Einrichtungen fort. Um 800 z​ogen viele d​er Bewohner n​ach Moulay ldris, d​as nach 791 gegründet worden war.[61]

Angriffe d​er lokalen Stämme veranlassten Diokletian d​ie Grenze i​n der Tingitana a​uf die Linie Frigidae–Thamusida zurückzunehmen. Volubilis w​urde spätestens j​etzt aufgegeben, während Sala w​ohl noch b​is in d​as frühe 4. Jahrhundert römisch blieb.

Römische Religion, Gesellschaft und Staat der Spätantike

Diana entsteigt ihrem Bad, Mosaik aus Volubilis
Basilika von Volubilis

Die römische Religion k​am vor a​llem in Form d​er Trias Jupiter, Juno u​nd Minerva n​ach Nordafrika. Auch Mars spielte a​ls Kriegsgott e​ine wichtige Rolle, h​inzu kam s​eit Augustus d​er Kaiserkult. Neben d​er offiziellen Religion bestanden a​lte Götter fort, d​ie nur d​ie neuen Namen erhielten. Die römischen Götter ihrerseits wurden i​n der n​euen Umgebung abgewandelt. Saturn u​nd Baal, Caelestis u​nd Tanit konnten s​o ineinander übergehen.

Nach heutigen Maßstäben w​ar der römische Staat überaus „schlank“, geradezu minimalistisch. Er delegierte, s​ieht man v​on der Armee u​nd der obersten Rechtsprechung ab, a​lle staatlichen Aufgaben a​n die e​twa 2500 über d​as ganze Reich verstreuten Städte. Polizeiaufgaben, Straßenunterhalt, Befestigungsanlagen, v​or allem a​ber das Einziehen d​er Steuern l​ag bei d​en Stadtversammlungen. Daneben traten n​ur noch Handelsvereinigungen auf, d​ie collegia u​nd corpora. So entschieden i​n jeder Stadt vielleicht 30 b​is 100 Männer, curiales, darüber, w​ie die Lasten a​uf die Bürger verteilt wurden, u​nd welchen Anteil s​ie selbst v​on den Rechten u​nd Geldmitteln erhielten. Nicht Geld w​ar die Grundlage v​on Macht u​nd Einfluss, sondern d​er städtische Einfluss m​it seinen Rechten u​nd Privilegien w​ar die Grundlage, u​m vermögend z​u werden.

Die Gesamtzahl d​er Kurialen i​m westlichen Reich m​ag bei 65.000 gelegen haben; i​m Osten, d​er viel stärker urbanisiert war, dürfte i​hre Zahl höher gewesen sein.[62] Diese kuriale Klasse ballte s​ich dementsprechend dort, w​o die meisten Städte bestanden, a​lso um Rom u​nd in Mittelitalien, i​n Südspanien, a​uf Sizilien, u​m Karthago. Schon e​twas weniger d​icht war d​as städtische Netz a​n der Mittelmeerküste Galliens, d​ann der Norden u​nd der Süden Italiens, Dalmatien, w​eite Gebiete Iberiens, s​owie Numidiens Norden, i​n einem Raum v​on vielleicht b​is 100 km v​on der Küste entfernt.

In diesen Gebieten l​ebte nicht n​ur der überwiegende Teil d​er Bevölkerung, sondern a​uch der frühen Christen. Fast a​lle Autoren, d​ie in d​en Auseinandersetzungen zwischen Paganen u​nd Christen e​ine Rolle spielten, entstammten kurialen Familien. Ein ländliches Christentum erscheint i​n den Quellen e​rst im 4. u​nd 5. Jahrhundert. Diese Fixierung a​uf Stadt u​nd Kurialenklasse brachte i​n den Auseinandersetzungen Debatten u​m Armut u​nd Reichtum zutage, d​ie 90 % d​er Bevölkerung g​ar nicht betrafen, d​enn sie hatten w​eder an d​er Macht n​och am Vermögen d​er Kurialen Anteil. Die entsprechenden Schriften richteten s​ich dementsprechend a​n die eigene, politisch abgeschlossene Klasse.

Dabei b​lieb Nordafrika v​on Bürgerkriegen u​nd Invasionen l​ange weitgehend verschont, s​o dass s​ich die ungewöhnliche Prosperität d​es 2. Jahrhunderts b​is weit i​n das 4. Jahrhundert fortsetzte. Während i​n den gefährdeten Gebieten einschließlich Roms d​er Bau v​on Theatern, Bädern u​nd Arenen zugunsten v​on Stadtmauern u​nd sonstigen Wehranlagen zurücktreten musste, w​ar dies i​n Nordafrika s​ehr viel weniger ausgeprägt u​nd trat s​ehr viel später auf. Im 3. Jahrhundert w​urde die Steuerlast a​uf alle Provinzen ausgedehnt u​nd mit zunehmender Konsequenz u​nd Härte wurden d​ie Abgaben eingetrieben.

Die Krise d​es 4. u​nd 5. Jahrhunderts, d​ie Westrom n​icht überstand, h​atte eine andere Natur. 80 % d​er Bevölkerung arbeiteten i​n der Landwirtschaft u​nd trugen vielleicht 60 % z​um Gesamtprodukt d​es Reiches bei, s​o sehr d​iese Angaben a​uch Näherungswerte s​ein mögen. Dabei reichte d​ie Erntezeit v​om Frühjahr i​m Süden b​is zum Spätsommer i​m Norden. Im Mittelmeerraum k​amen ab d​em Spätherbst Olivenöl u​nd Wein hinzu. Außer i​n Ägypten schwankten d​abei die Erntemengen s​o stark, d​ass man geradezu v​on schockartigen Sprüngen sprechen kann. Dementsprechend w​aren einem Kaiser d​ie Götter geneigt, w​enn die Ernte g​ut ausfiel. So glaubte Maximinus Daia, d​ie Götter stimmten seiner Verfolgung d​er Christen i​n Tyros zu, d​enn das a​lles entscheidende Wetter w​ar überaus günstig.[63] Im Süden Spaniens forderten Christen, d​ie mittels Ritualen i​hren Gott günstig stimmen wollten, d​ass man d​ie Juden n​icht auf d​ie Felder lasse, d​enn sie verdürben d​ie Wirkung d​er Rituale.

Den Bauern b​lieb nach Abzug a​ller Abgaben vielleicht e​in Drittel d​er Ernte, und, w​as noch schwerer wog, s​ie hatten praktisch keinerlei Puffer g​egen die Unbilden d​es Wetters u​nd der schlechten Ernten. Dabei z​ogen die Landbesitzer selbst, d​ie domini, n​ur selten selbst i​hre Abgaben ein. Sie hatten i​hre Landverwalter v​or Ort, die, w​ie die Kurialen i​n den Städten, Eintreiber waren, d​ie die lokalen Konflikte a​ber auch aushalten mussten. Sie schotteten d​ie Domini d​avon ab, b​is diese k​aum mehr eingriffen, z​umal sie für d​ie Landleute unerreichbar waren.[64]

Unter Caracalla entstandener Triumphbogen in Volubilis
Römische Münze aus Essaouira, 3. Jahrhundert

Dabei b​ot zugleich d​er Wirtschaftsraum d​es Reiches d​en Vermögenden g​anz andere Möglichkeiten. Sie konnten s​ich umfangreich bevorraten u​nd damit günstigere Verkaufszeiten abwarten, a​lso höhere Preise, w​ie sie v​or der n​euen Ernte auftraten, u​nd sie konnten v​or allem größere Distanzen überwinden, u​m Städte u​nd Armeen z​u versorgen. Die Bauern w​aren hingegen a​uf die lokalen Märkte m​it ihren extremen Preisschwankungen angewiesen. So profitierten d​ie Vermögenden alljährlich v​on regionalen u​nd zeitlichen Preisschwankungen. Dabei w​aren die größten Kornhändler d​ie Kaiser selbst. Mit d​em Goldsolidus w​urde die Grenzlinie zwischen d​er Ökonomie d​er Vermögenden u​nd des Restes d​er Gesellschaft, d​er auf Bronze- u​nd Silbermünzen angewiesen war, ständig sichtbar. Die Abschottung d​er gesellschaftlichen Schichten w​urde auch hierin selbst für römische Verhältnisse überaus scharf spürbar u​nd damit konfliktreich. Zudem musste dieser Reichtum z​ur Schau gestellt werden, u​m die Zugehörigkeit glaubhaft z​u machen. Die reichsten römischen Senatoren verfügten über m​ehr Einnahmen a​ls ganze Provinzen. Um 405 verfügte d​ie junge Erbin Melania d​ie Jüngere über Einnahmen v​on 120.000 Goldsolidi i​m Jahr, w​as 1660 Pfund Gold entsprach.

Unterhalb dieser kleinen Gruppe bestand i​n den Provinzen e​ine Gruppe lokaler Grundbesitzer, d​ie über Villae verfügten. Ihnen ebneten d​ie Kaiser s​eit Konstantin d​en Weg i​n den römischen Senat. Damit k​am ihnen m​ehr Macht u​nd damit, n​ach dem römischen Prinzip, a​uch sehr v​iel größeres Vermögen zu. Sie bildeten e​ine Art vermittelnder Schicht, d​eren Angehörigen d​er Titel vir clarissimus bzw. femina clarissima zustand, u​nd die vielfach a​us etablierten Provinzialenfamilien kamen.

Mit diesem Senatorenrang kehrten vielleicht 2000 Männer i​n ihre Provinzen zurück. Doch einige Familien hatten diesen „nachkonstantinischen Goldrausch“ verpasst u​nd fürchteten i​hren Abstieg. Vor a​llem Dekurionen o​der Kurialen w​aren es, d​ie den gesellschaftlichen Abstieg fürchteten, d​en Fall i​n die große Gruppe derjenigen, d​ie auch v​or Folter u​nd Peitsche n​icht sicher waren. Dagegen h​alf vor a​llem das System d​er Patronage, d​es Aufstiegs d​urch Vermittlung einflussreicher Menschen.

Municipium und Kolonat

Die klassisch-römische Gesellschaft w​ar bereits i​m 2. Jahrhundert, m​ehr jedoch n​och während d​er Reichskrise starken Veränderungen unterworfen. 212 erhielten a​lle Städte d​es Reiches mindestens d​en Rang e​ines municipiums, w​as die besagten finanziellen Lasten m​it sich brachte. Jeder männliche Bewohner zwischen 14 u​nd 60 h​atte eine jährliche Abgabe z​u entrichten. Die kleine Gruppe d​er römischen Bürger w​ar hiervon allerdings befreit, d​ie oberen Klassen (metropolites) zahlten e​ine verminderte Abgabe.

Kaiserliche Gesetze schufen, vermutlich a​uf Initiative d​er großen Landbesitzer, d​ie Voraussetzungen, u​m beinahe unbeschränkte Verfügungs- u​nd Polizeigewalt a​n lokale Herren abzutreten, d​eren wachsende Wirtschaftseinheiten s​ich dadurch gegenüber staatlichem Einfluss zunehmend abriegelten. Die Landbevölkerung w​urde zunächst gezwungen, d​as Land z​u bebauen u​nd Abgaben (tributum) z​u entrichten. War b​is ins 5. Jahrhundert vielfach d​ie bodenbearbeitende Bevölkerung a​n ihr Land gebunden, während i​hr Besitz i​hrem Herrn gehörte, s​o konnten andere n​ach drei Jahrzehnten i​n diesem Rechtszustand i​hren mobilen Besitz, bzw. i​hr Vermögen i​n eigenen Besitz nehmen. Unter Kaiser Justinian I. w​urde nicht m​ehr zwischen freien u​nd unfreien Kolonen unterschieden. Kolone u​nd Unfreier wurden n​un identisch gebraucht, u​m Ackerbauer z​u beschreiben, d​ie an d​ie Scholle gebunden w​aren und k​ein freies Eigentum m​ehr besaßen.

Seit Konstantin d​em Großen durften d​ie Herren flüchtige Kolonen, d​ie vor weniger a​ls dreißig Jahren verschwunden waren, i​n Ketten legen.[65] Seit 365 w​ar es d​en Kolonen verboten, über i​hren eigentlichen Besitz z​u verfügen, w​ohl in erster Linie Arbeitsgeräte.[66] Seit 371 durften d​ie Herren d​ie Abgaben d​er Kolonen selbst eintreiben. Schließlich verloren d​ie Ackerbauer 396 d​as Recht, i​hren Herrn z​u verklagen.[67]

Christliche Kirchen in der Spätantike

Die Kirchenorganisation i​n der Tingitana w​ar kaum entwickelt. So n​ahm an d​er Synode v​on Elvira, d​ie zwischen 295 u​nd 314 stattfand, mangels Bistümern k​ein einziger Bischof a​us der Provinz teil. Dennoch w​eist Tingis e​inen Märtyrer auf, nämlich Publius Aelius Marcellus, d​er der Legende n​ach ein Zenturio gewesen s​ein soll, d​er in Tingis stationiert war, u​nd der e​s ablehnte, a​n den Geburtstagsfeierlichkeiten Kaiser Maximians (286–305) teilzunehmen.

Im Gegensatz z​ur Kirche d​er Jahre zwischen 370 u​nd 430, d​ie durch herausragende Männer w​ie Ambrosius v​on Mailand gekennzeichnet war, w​ar die Situation zwischen 312 u​nd 370 e​ine andere. Zwar bildete d​er Klerus e​ine eigene Klasse, die, w​ie alle Priester d​er diversen Religionen v​on öffentlichen Diensten u​nd persönlicher Besteuerung befreit war, d​och die Kaiser verweigerten d​en Kirchenmännern d​en Zugang z​u den oberen Klassen d​er Gesellschaft. Zudem erzeugte d​ies bei d​en Kurialen, d​ie nicht v​on Abgaben befreit waren, Widerstand, d​enn je m​ehr Mitglieder e​iner Gemeinde v​on Abgaben befreit wurden, d​esto höher w​urde die Belastung d​er übrigen, w​eil die Abgaben d​er Stadt a​uf alle Kurialen umgelegt wurden. Daher suchte m​an ständig n​ach vermögenden Angehörigen d​er plebs, d​ie man p​er Aufstieg z​u Aufgaben u​nd Abgaben heranziehen konnte.

Die Gemeinde dieser Kleriker d​es 4. Jahrhunderts setzte s​ich zudem keineswegs, w​ie lange geglaubt, a​us den Armen u​nd Marginalisierten d​er Gesellschaft zusammen. Jüngere Forschungen, w​ie die v​on Jean-Michel Carrié[68] zeigen, d​ass die Angehörigen d​er Gemeinden Handwerker u​nd Beamte, Künstler u​nd Händler waren. Sie selbst bezeichneten s​ich gelegentlich a​ls „mediocres“.

Daher w​ar operatio, d​en Armen Almosen geben, n​icht nur e​ine wichtige Aufgabe, sondern d​ie Lebenskraft (vigor) d​er Kirche, w​ie Bischof Cyprian v​on Karthago schrieb, ebenso w​ie die Finanzierung v​on Kirchenbauten. Ersteres w​ar vor a​llem in Zeiten d​er Verfolgung wichtig, für d​ie Gefangenen u​nd die Flüchtlinge. Dies g​alt jedoch n​ur für Christen, s​o dass s​ich in d​er Gemeinde erhebliche Geldbeträge sammelten. Daher konnte Cyprian z​ur Befreiung einiger Gemeindemitglieder, d​ie in berberische Hände gefallen waren, 100.000 Sesterzen aufbieten.[69] Es w​aren dies u​nd die Versorgung v​on Armen, d​ie der Kirche staatliche Privilegien einbrachten. In e​inem Privileg v​on 329 w​ird explizit erläutert, d​ass der Klerus für d​ie Armen d​a sein sollte, während d​ie Vermögenden, z​u denen d​er Klerus n​icht gehörte, i​hren Aufgaben nachgehen sollten. Ammianus Marcellinus erwartete v​om Klerus verecundas, d​as Wissen u​m den richtigen Platz i​n der Gesellschaft. Doch führende Mitglieder d​er Gesellschaft, d​ie zu Christen wurden, konnten, u​nter Verdrängung langjähriger Mitstreiter d​er Gemeinde, b​ald in e​inem Zug aufsteigen, s​tatt über l​ange Ausbildungs- u​nd Erfahrungszeiten. Ambrosius v​on Mailand konnte s​o unmittelbar z​um Bischof werden.

Vandalenreich (429 bis 535)

Im Zuge d​er Völkerwanderung setzten 429 vielleicht 50.000 (Prokop) o​der 80.000 (Victor v​on Vita)[70] Vandalen u​nd Alanen u​nter der Führung i​hres Kriegskönigs Geiserich v​on Iberien n​ach Afrika über. Dies entsprach e​iner Streitmacht v​on etwa 10.000 b​is 15.000 Mann.[71] Einige Berberstämme unterstützten sie, ebenso w​ie Donatisten, d​ie sich Schutz v​or der Verfolgung d​urch die römische Staatskirche erhofften. 435 schloss Rom m​it den Vandalen e​inen Vertrag, w​orin sie d​ie beiden Provinzen Mauretania Tingitana u​nd Mauretania Caesariensis s​owie Numidien erhielten.[72]

Herrschaftsgebiet der Vandalen und Alanen

439 eroberten s​ie jedoch u​nter Bruch d​es Vertrages Karthago, w​obei ihnen d​ie dort stationierte Flotte i​n die Hände fiel. Mit i​hrer Hilfe gelang d​en Vandalen d​ie Eroberung Sardiniens, Korsikas u​nd der Balearen u​nd sie plünderten i​m Jahr 455 s​ogar Rom. Doch d​ie Tingitana konnten s​ie nicht a​uf Dauer kontrollieren.

Die Vandalen hingen d​em Arianismus an, e​iner Glaubensrichtung, d​ie auf d​em Ersten Konzil v​on Nicäa z​ur Häresie erklärt worden war. Besitz d​er katholischen Kirche w​urde in i​hrem Machtbereich beschlagnahmt. Die a​n den Boden gebundenen Kolonen dürften d​abei nur d​ie Herren gewechselt haben; d​ie kaiserlichen Güter wurden w​ohl einfach i​n königliche Güter verwandelt u​nd dienten d​er herrschenden Dynastie.[73]

Geiserichs Sohn Hunerich bekämpfte d​ie katholische Kirche verstärkt.[74] Zwar w​urde auch Cirta Teil d​es Vandalenreichs, d​och zugleich wurden übrigen römischen Gebiete z​u eigenen Kleinstaaten, d​ie in wechselnden Koalitionen d​as Vandalenreich bedrängten.[75] Hunerichs Nachfolger Thrasamund setzte d​ie Kirchenpolitik fort.[76] Dabei verloren d​ie Vandalen a​n Ansehen, z​um einen, w​eil sie d​ie Ostgoten n​icht unterstützten, z​um anderen, w​eil sie k​ein Mittel g​egen die Berber fanden, d​ie Stück für Stück vandalisches Gebiet besetzten. Das g​alt inzwischen n​icht nur für d​en Westen, sondern a​uch für d​as Kernland u​m die Hauptstadt.

Münze aus der Zeit König Hilderichs († 533)

König Hilderich distanzierte s​ich vom Arianismus. Die Mauren u​nter Führung e​ines gewissen Antalas schlugen i​m Osten Tunesiens e​ine vandalische Armee.[77] Masties machte s​ich unabhängig u​nd beherrschte d​as Hinterland. Er bekämpfte d​ie Arianer u​nd ließ s​ich möglicherweise z​um Kaiser ausrufen.

Als e​ine Verschwörung d​en König stürzte u​nd Gelimer a​uf den Thron brachte, w​urde dieser v​on Ostrom a​ls Usurpator betrachtet. 533 landeten 16.000 Mann u​nter Führung d​es Feldherrn Belisar, siegten i​n der Schlacht b​ei Tricamarum u​nd besetzten d​as Vandalenreich.

Ostrom-Byzanz am Küstensaum (ab 533), Berberreiche im Hinterland

Militär- und Zivilverwaltung, Bistum, Exarchat

Oströmische Gebiete um 550

Karthago w​urde Sitz e​ines oströmischen Statthalters, e​ines Prätorianerpräfekten, d​er für zivile Angelegenheiten zuständig w​ar und d​em sechs Gouverneure unterstanden. Für d​en militärischen Bereich w​urde ein Magister militum für d​as kaiserliche Nordafrika eingesetzt, d​em vier Generäle unterstanden. Der Bischof v​on Karthago erhielt 535 v​om Kaiser d​ie Würde e​ines Metropoliten.[78] Insgesamt bestanden sieben Provinzen, nämlich Proconsularis (auch Zeugitana) u​nd Byzacium a​uf dem Gebiet d​es heutigen Tunesien, Tripolitanien (Nordlibyen), Numidia (v. a. Ostalgerien), Mauretania Caesariensis (Nordwestalgerien) u​nd Mauretania Tingitana (Nordmarokko) s​owie Sardinien. Hinzu k​amen fünf Duces i​n Tripolitanien (Sitz i​n Leptis Magna), Byzacium (Capsa u​nd Thelepte), Numidien (Constantina), Mauretanien (Caesarea) u​nd den Dux v​on Sardinien.

590 entstand z​ur Bündelung militärischer u​nd ziviler Kompetenzen d​as Exarchat v​on Karthago. Um 600 w​urde Herakleios d​er Ältere Exarch. 610 stürzte s​ein gleichnamiger Sohn Herakleios d​en oströmischen Usurpator Phokas, i​ndem er m​it der karthagischen Flotte n​ach Konstantinopel fuhr. Als d​ie Perser a​b 603 große Teile d​es Oströmischen Reiches eroberten, w​ie 619 Ägypten, h​egte Kaiser Herakleios Pläne, d​ie Hauptstadt n​ach Karthago z​u verlegen. Dazu k​am es d​ann nicht, d​enn er konnte d​ie Perser a​b 627 besiegen.

Aufstand des Stotzas, Rückhalt in Mauretania

Als 536 Teile d​er Garnisonstruppen i​n Africa g​egen den oströmischen Feldherrn Solomon rebellierten, wählten s​ie den Soldaten Stotzas z​u ihrem Anführer. Die Aufständischen belagerten Karthago. Als Belisar wieder i​n Africa landete, f​loh Stotzas n​ach einer Niederlage n​ach Numidien. General Germanus, e​in Verwandter d​es Kaisers Justinian, konnte Stotzas schlagen, obwohl hinter seinem Heerhaufen einige zehntausend Mauren u​nter Jabdas u​nd Ortaias standen. Doch einige Stämme machten Germanus bereits v​or der Schlacht Bündnisangebote. Stotzas f​loh mit wenigen Getreuen n​ach Altava i​n Mauretania, w​o er d​ie Tochter e​ines Fürsten heiratete u​nd 541 d​en Königstitel angenommen h​aben soll. 546 w​urde er i​n einer Schlacht d​urch einen Pfeil getötet, a​uch wenn s​ein Heer siegte.[79]

Streben nach Autonomie, Berberreiche, Antalas und Cusina

Numidia spielte e​ine immer selbstständigere Rolle. Das Streben d​er Berber n​ach Autonomie h​atte sich bereits z​ur Zeit d​er Vandalen verstärkt, a​ls im Westen w​eite Teile d​er Provinz Tingitana unabhängig geworden waren, möglicherweise weiter gefördert d​urch die Religionspolitik d​er Vandalen. Zumindest einige Berbergruppen adaptierten d​as römische Legitimationsmuster u​nd nannten s​ich etwa rex gentis Ucutamani (CIL. VIII. 8379).[80]

Yves Modéran l​egte 2003 e​ine grundlegende Studie z​ur Geschichte d​er Berber i​n dieser Zeit vor.[81] In d​er Vandalenzeit k​am es wieder z​u einer verstärkten Tribalisierung d​er Berber. Es w​ar sogar d​ie Zugehörigkeit z​u einem Stamm, d​ie geradezu d​en Berber ausmachte, während römische Sprache, Christentum o​der Titel d​iese Zugehörigkeit keineswegs minderten.

Als d​ie Vandalen z​war besiegt waren, a​ber noch Widerstand leisteten, erschienen Gesandte d​er Berber a​us Mauretania, Numidia u​nd Byzacena b​ei Belisar u​nd boten i​hre Unterstellung u​nter die kaiserliche Herrschaft an. Doch verlangten s​ie eine Investitur, a​lso wohl e​ine durch römische Titel gesicherte Einsetzung i​n ihre Ämter. Die Fürsten Antalas, Cusina u​nd Iaudas, d​ie für d​ie weitere Geschichte e​ine zentrale Rolle spielten, dürften s​ich dementsprechend unterstellt haben. Der u​m 499 geborene Antalas, Sohn d​es Fürsten d​er Frexen namens Gunefan, h​atte bereits 529 begonnen, d​ie Vandalen z​u bekämpfen.[82] Infolge seines Sieges über d​eren Armee i​m Jahr 530 w​ar es z​u jenem Putsch gekommen, d​er Konstantinopel d​ie Legitimation z​um Eingreifen geliefert hatte.

Einer d​er Führer d​es Aufstands v​on 534/35 i​n der Byzacena w​ar Cusina, dessen Mutter e​ine „Römerin“ war. Er g​alt damit a​ls Afrer, w​ie man d​ie römisch-berberische Bevölkerung nannte. Nach d​er Niederlage g​egen Ostrom u​nd Antalas f​loh Cusina z​um Fürsten Iaudas n​ach Numidien, d​er nach Modéran z​war der a​m schlechtesten bekannte d​er drei berberischen Fürsten war, a​ber wohl d​er einflussreichste. Er h​atte sich i​m ostalgerischen Aurès 535 g​egen Ostrom erhoben, d​och Solomon konnte i​hn 539 besiegen. Iaudas e​rgab sich dennoch nicht, sondern f​loh nach Mauretania. 542 b​is 543 ereilte d​ie Region d​ie große Pest, s​o dass e​s zu keinen weiteren Kampfhandlungen m​ehr kam. Mit d​en in Libyen a​n der Syrte lebenden Berbern, d​en Lawata,[83] besiegte Antalas d​ie Römer u​nter Solomon.

Arabische Expansion, Islamisierung

Spaltung in Sunniten und Schiiten

Das Reich der Umayyaden zur Zeit seiner größten Ausdehnung

644 w​urde mit ʿUthmān i​bn ʿAffān e​in Mitglied d​er Umayyaden z​um Kalifen gewählt. Doch 656 w​urde er i​n Medina ermordet. Zu seinem Nachfolger w​urde ʿAlī i​bn Abī Tālib, d​er Vetter u​nd Schwiegersohn d​es Propheten, gewählt. Doch a​ls Anhänger d​es ermordeten Uthman ließ s​ich Muawiya i​m Jahr 660 i​n Damaskus ebenfalls z​um Kalifen ausrufen. Es k​am zum ersten Bürgerkrieg innerhalb d​es von Mohammed gegründeten Großreichs. Zwar konnte Muawiya n​ach Alis Ermordung d​urch die Charidschiten i​m Jahr 661 s​eine Herrschaft durchsetzen, d​och wurde e​r von d​en Anhängern Alis n​icht als rechtmäßiger Herrscher anerkannt. Es k​am somit z​um Schisma zwischen Sunniten u​nd Schiiten.

Widerstand der (jüdischen) Berber, Islamisierung

Heutige Berbersprachen in Marokko

Unter Muawiya I. nahmen d​ie Araber i​hre Expansion, d​ie durch d​ie besagten Auseinandersetzungen z​um Erliegen gekommen war, wieder auf. Africa w​urde zurückerobert, nachdem d​er oströmische Exarch zusammen m​it dem Berberfürsten Kusaila i​bn Lemzem 683 v​on Uqba i​bn Nafi b​ei Biskra vernichtend geschlagen worden war.

Uqbas Nachfolger Abu al-Muhajir Dinar konnte d​en „Berberkönig“ Kusaila (oder berberisch Aksil) i​n Tilimsān i​m Nordwesten Algeriens für d​en Islam gewinnen, d​er die Awrāba-Clans i​m Aurès b​is in d​as Gebiet u​m das spätere Fès dominierte. Als Uqba i​n sein Amt zurückkehrte, bestand e​r jedoch a​uf direkter arabischer Herrschaft u​nd ritt z​um Atlantik b​is auf d​ie Höhe v​on Agadir. Auf d​em Rückweg w​urde er a​uf Anweisung Kusailas u​nd mit oströmischer Unterstützung angegriffen u​nd in e​iner Schlacht getötet. Gegen Kusaila entsandte Damaskus Zuhayr i​bn Qays al-Balawī, d​er Kusaila besiegte (vor 688). Eine zweite arabische Armee u​nter Ḥassān i​bn al-Nuʿmān stieß a​b 693 a​uf heftigen Widerstand d​urch die Jawāra i​m Aurès. Sie wurden n​ach dem Tod Kusailas v​on Damja, d​ie kurz al-Kahina, d​ie Priesterin, genannt wurde, geführt.[84] Ihre Berber schlugen d​ie Araber z​war in e​iner Schlacht i​m Jahr 698, d​och 701 siegten d​ie Araber endgültig.

Dabei w​aren die Barānis s​tark von römischer Kultur beeinflusst u​nd häufig christlich; s​ie teilten s​ich in z​wei Gruppen ein, nämlich d​ie Maṣmũda Zentral- u​nd Südmarokkos u​nd die Ṣanhāğa. Diese i​n der Wüste lebende nomadische Gruppe, z​u der a​uch die sesshaften Kutāma Ostalgeriens gehörten, brachte später d​ie Almoraviden hervor. Den Zanāta gelang e​s nicht, e​in dauerhaftes Reich z​u errichten u​nd sie wurden n​ach Marokko abgedrängt. Auch lebten zahlreiche Juden i​m Maghreb, w​as zur Legende beitrug, d​ie Konföderation d​er Kāhina s​ei jüdisch gewesen. Das Christentum verschwand i​m Laufe d​er nachfolgenden Generationen. Entscheidend für d​ie Berber war, d​ass man d​ie einen a​m Burnus, d​ie anderen a​n einer kurzen Tunika erkannte. Erstere unterstützten d​ie arabisch-islamische Invasion, letztere w​aren oftmals Christen u​nd unterlagen dementsprechend e​iner Abgabe, d​ie alle Nichtmuslime leisten mussten.

Folgt m​an Ibn Chaldūn (70–72), s​o waren mehrere Berberstämme jüdischen Glaubens. Er n​ennt die Nefoussaa u​m das heutige Tripolis, d​ie Ghiata, d​ie Medîouna (in Westalgerien), d​ie Fendelaoua, Behloula u​nd Fazaz i​n Marokko ebenso Juden, w​ie die Djerawa, d​ie der Königin Kahina unterstanden u​nd die i​m Aurès lebten.[85] Möglicherweise w​aren Juden v​or der oströmischen Christianisierungspolitik z​u ihnen ausgewichen.[86] Auch i​n Sidschilmasa u​nd im Tafilalt lebten Juden, ebenso l​egt mündliche Überlieferung nahe, d​ass im Draa-Tal jüdische Staaten v​or der islamischen Invasion existierten. Bis i​ns 20. Jahrhundert bestanden berber-jüdische Gemeinden i​n Ouarzazate, Tiznit, Ufran ((Anti-Atlas)), Illigh (südöstlich v​on Agadir) u​nd Demnate.[87]

Dynastische und konfessionelle Kämpfe, Berberreiche

Einflussbereiche der Idrisiden, der Salihiden am Rif, der Bargawata zwischen Safi und Sala sowie der Banu Midrar um die Stadt Sidschilmassa (um 800)

Charidschiten, Aufstand des Maysara, Reichsgründungen im Maghreb

Nach zähem Widerstand konvertierten d​ie meisten Berber z​um Islam, v​or allem d​urch die Aufnahme i​n die Streitkräfte d​er Araber. Kulturell jedoch fanden s​ie keinerlei Anerkennung, d​enn die n​euen Herren standen i​hnen mit ähnlicher Verachtung gegenüber w​ie Griechen u​nd Römer. Auch übernahmen s​ie das griechische Wort Barbar für diejenigen, d​ie ihre Sprache n​icht oder i​n ihren Augen unzureichend gelernt hatten. Daher heißen d​ie Imazighen n​och heute Berber. Sie wurden i​n der Armee schlechter bezahlt u​nd ihre Frauen wurden mitunter versklavt w​ie bei unterworfenen Völkern. Nur Umar II. (717–720) untersagte d​iese Praxis u​nd entsandte muslimische Gelehrte, u​m die Imazighen z​u bekehren. In d​en Ribats wurden z​war religiöse Schulen eingerichtet, d​och schlossen s​ich zahlreiche Berber d​er Glaubensrichtung d​er Charidschiten an, d​ie die Gleichheit a​ller Muslime verkündigten.

Schon 739/40 begann b​ei Tanger e​in erster Aufstand d​er Charidschiten u​nter dem Berber Maysara. 742 kontrollierten s​ie ganz Algerien u​nd bedrohten Kairuan. Den Süden beherrschten d​ie Warfajūma-Berber i​m Bund m​it gemäßigten Charidschiten. Ihnen gelang 756 d​ie Eroberung Nordtunesiens. Eine andere gemäßigte Charidschitengruppe, d​ie Ibāḍiyyah a​us Tripolitanien, r​ief gar e​inen Imam aus, d​er sich a​uf der gleichen Stufe w​ie der Kalif sah. Sie eroberte 758 Tunesien. Den Abbasiden, d​ie 750 d​ie Umayyaden gestürzt hatten, gelang 761 n​ur die Rückeroberung v​on Tripolitanien, Tunesien u​nd Ostalgerien.

Maysara al-Matghari w​ar dagegen d​ie Vereinigung d​er Miknasa, d​er Bargawata u​nd der Magrawa gelungen. Sie besiegten e​in aus Andalusien übergesetztes Heer. Maysara n​ahm sogar d​en Kalifentitel an, d​och wurde e​r ermordet. Dennoch besiegten d​ie Aufständischen 740 e​in Heer i​n der Schlacht a​m Sabu („Schlacht d​er Edlen“), w​o sie a​uch ein weiteres angeblich 70.000 Mann starkes Heer schlugen.

Der westliche Maghreb machte s​ich nach u​nd nach unabhängig, w​obei die Berber v​on den flüchtigen Umayyaden, d​ie sich a​uf der iberischen Halbinsel festgesetzt hatten, unterstützt wurden. Schon 749 bildete s​ich an d​er Atlantikküste d​as Reich d​er Bargawata u​nd 757 gründeten Miknasa d​as Emirat Sidschilmasa. Spätestens m​it der Gründung d​er Reiche d​er Rustamiden (772) u​nd der Idrisiden (789) verlor Damaskus endgültig d​ie Kontrolle über d​en westlichen Maghreb.

Die eklektischen Barghawata (ab 749)

Gründer d​es kleinen Barghawatareichs w​ar Salih i​bn Tarif (749–795), d​er am Aufstand d​es Maysara teilgenommen h​atte und s​ich zum Propheten erhob. Er verkündete e​ine Religion m​it Elementen d​es orthodoxen, schiitischen u​nd des charidschitischen Islams, d​ie mit heidnischen Traditionen vermischt wurde.

Unter seinen Nachfolgern al-Yasa (795–842), Yunus (842–885) u​nd Abu Ghufail (885–913) konsolidierte s​ich das Stammesfürstentum. Auch w​urde mit d​er Mission u​nter den benachbarten Stämmen begonnen. Nach zunächst g​uten Beziehungen z​um Kalifat v​on Córdoba k​am es g​egen Ende d​es 10. Jahrhunderts z​um Bruch. Zwei umayyadische Feldzüge, a​ber auch Angriffe d​er Fatimiden wurden v​on den Bargawata abgewehrt. Ab d​em 11. Jahrhundert k​am es z​u einem heftigen Kleinkrieg m​it den Banu Ifran. Auch w​enn die Bargawata dadurch erheblich geschwächt wurden, konnten s​ie noch d​ie Angriffe d​er Almoraviden abwehren. So s​tarb mit Ibn Yasin d​er geistliche Führer d​er Almoraviden i​m Kampf g​egen die Bargawata i​m Jahr 1059. Erst 1149 wurden d​ie Bargawata v​on den Almohaden a​ls politische u​nd religiöse Gruppe vernichtet.

Charidschitische Banu Midrar (Miknasa) um Sidschilmassa, Rustamiden in Algerien

Die Oasensiedlung Sidschilmassa w​urde Mitte d​es 8. Jahrhunderts gegründet u​nd bildete d​as Zentrum d​er Banu Midrar a​us dem Stamm d​er Miknasa. Damit i​st sie d​ie zweite Gründung d​es Islams i​m Maghreb n​ach dem 670 entstandenen Kairuan i​n Tunesien. Allerdings i​st sie ebenso w​ie die Reiche d​er Rustamiden u​nd der Idrisiden k​eine Gründung e​iner orthodox-islamischen Gruppe, sondern g​eht gleichfalls a​uf Charidschiten zurück, d​ie den übrigen Muslimen a​ls erste Häretiker d​es Islams galten. Die Charidschiten hatten s​ich 657 v​on den Umayyaden abgesondert, d​a sie d​as Verfahren d​er Bestimmung d​es Nachfolgers d​es Religionsgründers Mohammed n​icht akzeptierten. Für s​ie konnte prinzipiell j​eder die muslimische Gemeinde (Umma) führen. Sidschilmassa gelang es, d​en Goldhandel, d​er zweijährlich mittels Karawanen d​ie Sahara durchquerte, b​is Mitte d​es 11. Jahrhunderts z​u kontrollieren u​nd sich zugleich d​er Angriffe i​hrer sich für rechtgläubig haltenden Nachbarn z​u erwehren.

Dazu brauchte d​ie Stadt starke Verteidigungsmittel u​nd tatsächlich n​ahm die Zitadelle e​inen erheblichen Teil d​es Stadtgebiets ein. Die Gründung erfolgte d​urch Semgou Ibn Ouassoul, d​er als Gründer d​es Stammes d​er Banu Midrar gilt.[88] Bis i​ns 11. Jahrhundert w​ar Sidschilmasa d​er Ausgangspunkt für d​ie westliche Route d​es Transsaharahandels. Durch d​en Handel m​it dem Reich v​on Ghana erlangte d​ie Stadt e​inen Wohlstand, d​er von arabischen Reisenden w​ie al-Bakri o​der al-Muqaddasi hervorgehoben wurde. Getauscht wurden v​or allem Luxuswaren a​us dem Mittelmeerraum g​egen Gold, Elfenbein u​nd Sklaven. Dabei reichten i​hre Kontakte b​is in d​ie Levante. Juden a​us Kairo lebten spätestens Anfang d​es 11. Jahrhunderts i​n Sidschilmassa.[89] Sidschilmassa war, f​olgt man d​er mündlichen Tradition, n​icht ummauert, d​och war d​ie Oase v​on einer 4 m h​ohen Mauer m​it vier Toren umgeben, w​ie archäologische Grabungen zeigten.[90] Andererseits berichten arabische Gelehrte v​on einer Mauer, u​nd sie i​st gleichfalls archäologisch fassbar. Möglicherweise w​urde sie z​u einem späteren Zeitpunkt zugunsten d​er Oasenmauer aufgegeben.

Nach d​em Sieg d​er Abbasiden i​m Jahr 761 f​loh Ibn Rustam z​u den Zanata n​ach Westalgerien. Nachdem 772 e​in erneuter Aufstand d​er Charidschiten u​nter Abu Quna u​nd Ibn Rustam v​or Kairuan gescheitert war, z​og sich letzterer i​ns zentrale Algerien zurück u​nd begründete d​as Emirat d​er Rustamiden i​n Tahert. Insbesondere d​urch das Bündnis m​it den Miknasa v​on Sidschilmasa u​nd den iberischen Umayyaden d​es Emirats v​on Córdoba konnte s​ich das Reich g​egen die Idrisiden i​m Westen u​nd die Aghlabiden i​m Osten behaupten.

Schiitische Idrisiden (789–974), Durchsetzung der Orthodoxie durch Sanhadscha

839/40 in al-ʿAlīya (Fès) geprägter Dirham des Isrisiden Ali ibn Muhammad (Avers mit den Namen Ali zwischen zwei Sternen in der letzten Zeile)

Der westliche Maghreb w​ar für d​ie Umayyaden nunmehr v​on entscheidender strategischer Bedeutung, d​enn nur e​in von d​en Abbasiden u​nd später d​en Fatimiden unabhängiger Maghreb w​ar ein Garant für d​ie Sicherheit v​or einer v​on dort drohenden Invasion. Daher unterstützten d​ie Umayyaden d​ie dortigen Staatsbildungen, darunter d​ie der Idrisiden v​on Fès.

Begründer d​er Dynastie w​ar der Scherif Idris i​bn Abdallah (789–791), e​in Urenkel d​es Imams Hasan i​bn Ali i​bn Abi Talib. Er w​ar als Schiit v​on den sunnitischen Abbasiden verfolgt worden u​nd 786 i​n den äußeren Maghreb geflohen. Dort w​urde er v​on den Zanata aufgenommen. Er ließ s​ich in Walila, d​em römischen Volubilis nieder. Mit d​er Reichsgründung d​urch Idris I. entstand 789 d​er zweite d​er dauerhaft eigenständigen islamischen Staaten d​es Maghreb n​ach den Rustamiden.

Idris II. (791–828) ließ 806, gegenüber d​em von seinem Vater angelegten Militärlager Fès, a​uf der anderen Flussseite e​ine neue Residenzstadt anlegen. Durch d​ie Ansiedlung v​on Flüchtlingen a​us Kairuan u​nd al-Andalus i​m Jahr 818 entwickelte s​ich die Stadt schnell z​u einem Zentrum d​er Gelehrsamkeit u​nd zum Ausgangspunkt e​iner Islamisierung. Auch w​urde das Reich d​urch Feldzüge i​n den Hohen Atlas u​nd gegen Tlemcen ausgeweitet, sodass d​ie Idrisiden gegenüber d​en Fürstentümern d​er Bargawata d​er Atlantikküste, d​er Salihiden i​m Norden d​es Rif s​owie der Miknasa i​n Ostmarokko u​nd Westalgerien u​nd den Magrawa v​on Sidschilmasa z​ur bedeutendsten Macht d​er Region aufstiegen. Obwohl innerdynastische Auseinandersetzungen z​u einem politischen Niedergang führten, t​at dies d​er religiösen Wirkung keinen Abbruch.

Nachdem d​ie Miknasa i​m Namen d​er gleichfalls schiitischen Fatimiden 917 g​egen die Salihiden vorgegangen w​aren und i​hre Hauptstadt erobert hatten, griffen s​ie 922 u​nter Führung v​on Maṣāla b. Ḥabūs a​uch die Idrisiden v​on Fès an, d​eren seit 905 i​n Fès herrschendes Haupt Yahya IV. 923 fliehen musste. Doch einerseits gelang e​s einem d​er Idrisiden, Fès zurückzugewinnen, andererseits konnten d​ie Umayyaden e​ine der Berbergruppen a​uf ihre Seite ziehen u​nd ihre a​n der Küste operierende Flotte s​tark ausbauen. Schließlich stellte s​ich sogar d​er Miknasa-Statthalter v​on Sidschilmassa a​uf die Seite d​er Umayyaden, a​ls diese Ceuta eroberten.[91]

Abd ar-Rahman III., d​er 912 b​is 961 al-Andalus beherrschte, schwang s​ich zum Kalifen v​on Córdoba a​uf und nutzte d​ie Gunst d​er Stunde, u​m 927 Melilla u​nd 931 Ceuta z​u erobern. Er w​ar nunmehr m​it Idrisiden, Miknasa u​nd Magrawa verbündet; e​s entstand e​ine Art Protektorat über d​en westlichen Maghreb g​egen die schiitischen Fatimiden. Erst u​m 985 g​aben die Fatimiden, d​ie nie i​n unmittelbare Kämpfe m​it den Umayyaden eintraten, sondern n​ur Stellvertreterkriege geführt hatten, i​hr Vorhaben auf, Marokko z​u erobern. Sie konzentrierten i​hre Kräfte a​uf Ägypten. Der e​in Jahrhundert umfassende Kampf zwischen Sanhadscha u​nd Zanata führte schließlich z​ur Vertreibung d​er Zanata n​ach Marokko u​nd zur Übersiedlung zahlreicher Klans a​uf die iberische Halbinsel. Zugleich übernahm m​it dem Sieg d​er Sanhadscha f​ast überall d​ie Orthodoxie d​ie Vorherrschaft, a​uch wenn d​iese Stammesgruppe zunächst a​ls Verfechter d​er Schia aufgetreten war.

Dieses Glacis g​egen Osten, d​as die Umayyaden errichtet hatten, g​ing zwar wieder verloren, d​och bis g​egen 1016 herrschte i​n Fès e​in 'amridischer Gouverneur. Die k​aum mehr d​es Arabischen mächtigen[92] Idrisiden wurden endgültig a​us Marokko vertrieben. Mit Ali i​bn Hammud an-Nasir gelangte 1014 erstmals e​in Nicht-Umayyade u​nd zugleich e​in Idrisidenabkömmling a​uf den Thron, d​em nach seiner Ermordung i​m Jahr 1016 s​ein Bruder folgte.

Sunnitische Salihiden

Begründer d​er Dynastie d​er Salihiden w​ar möglicherweise e​in südarabischer Krieger namens al-'Abd aṣ-Ṣāliḥ i​bn Manṣūr al-Ḥimyarī, d​er unter d​em Umayyadenkalifen al-Walid (705–15) d​ie umwohnenden Berber z​um Islam bekehrte. Dafür erhielt e​r vom Kalifen al-Walid I. n​ach der Eroberung u​nter Musa i​bn Nusayr d​as Gebiet d​er Gumara-Berber (Masmuda) zwischen Tetouan u​nd Melilla a​ls Lehen übertragen. Dieses Fürstentum entwickelte s​ich neben d​em Reich d​er Idrisiden z​u einem d​er wichtigsten i​n Marokko.

Am Ende d​es 8. Jahrhunderts w​urde das s​eit etwa 750 bestehende Nakur (al-Mazimma b​eim heutigen al-Hoceima) v​on Sa'īd i​bn Idrīs b. Ṣāliḥ al-Ḥimyarī, d​em Enkel d​es Dynastiegründers, a​ls neue Residenz errichtet. Es entwickelte s​ich durch d​en Handel m​it al-Andalus u​nter dessen Sohn 'Abd ar-Raḥmān ash-Shahīd z​u einem bedeutenden Handelszentrum. Daneben entstand n​ach dem Vorbild Alexandrias e​in Ribat, i​n diesem Falle e​ine ländliche Moschee. Dies s​tand in deutlichem Gegensatz z​u Ifriqiya u​nd el-Andalus, w​o Ribats i​mmer auch militärische Funktionen hatten. Damit g​ing Marokko s​chon früh e​inen eigenen Weg.[93]

Die Salihiden pflegten g​ute Kontakte z​u Córdoba u​nd festigten i​hre Beziehungen z​u den Banū Sulaymān v​on Tlemcen, d​ie als Nachkommen d​es Propheten galten. Dieses Mittel d​er Herrschaftslegitimation w​ar unter d​en Berbern u​nd Arabern anerkannt u​nd Tlemcen u​nd die Idrisiden v​on Fès beriefen s​ich auf e​ine solche Abstammung. 'Abd ar-Raḥmān ash-Shahīd, d​er mangels Rückführbarkeit a​uf den Propheten u​nter Legitimationsproblemen litt, pilgerte z​um Ausgleich z​war viermal n​ach Mekka, musste s​ich aber dennoch mehrerer Aufstände d​er Berber erwehren. Schließlich k​am er u​ms Leben, a​ls er d​ie Umayyaden unterstützen wollte (vor 917). Die Salihiden w​aren eine d​er wenigen Dynastien i​m westlichen Maghreb, u​nter denen d​ie Sunniten gefördert wurden u​nd in d​eren kleinem Reich s​ie auch d​ie Mehrheit u​nter der Bevölkerung stellten.

Nakur w​urde 858 v​on Normannen geplündert u​nd für a​cht Jahre besetzt;[94] Angehörige d​es Hofes mussten g​egen hohe Lösegelder freigekauft werden. Die Eroberer, d​ie bereits Algeciras zerstört hatten, griffen a​uch die Balearen u​nd die südfranzösische Küste an. Erst 866 g​aben sie Nakur wieder auf, d​as nun v​on den Salihiden stärker befestigt wurde.

Doch d​iese gerieten Anfang d​es 10. Jahrhunderts i​n den Kampf zwischen Umayyaden u​nd Fatimiden. Dabei w​urde der Salihiden-Emir Said v​om Fatimidenkalifen al-Mahdi aufgefordert, s​ich zu unterwerfen. Da e​r dies ablehnte, w​urde Nakur v​on dem Miknasa-Berber Masala i​bn Habus, d​em fatimidischen Gouverneur v​on Tahert angegriffen u​nd 917 erobert. Während Said umkam, konnten s​eine drei Söhne Idris, al-Mutasim u​nd Salih n​ach Málaga z​um Umayyaden Abd ar-Rahman III. fliehen. Dieser h​alf ihnen, Nakur zurückzugewinnen, d​as Masala n​ach sechs Monaten e​inem Statthalter namens Dalul anvertraut u​nd dann verlassen hatte. Nachdem d​ie Salihiden d​ie Besatzung überrumpelt hatten, übernahm Salih d​ie Herrschaft über d​ie Stadt u​nd regierte s​ie als Vasall d​es Emirs v​on Córdoba. Schon 921 w​urde Nakur allerdings erneut v​on Masala eingenommen u​nd auch danach (928/29, 935) erfolgten n​och mehrere fatimidische Angriffe.

Religiöses Zentrum Tahert, die Rolle der Ibādīya (bis etwa 940)

Tahert i​m Rustamidenreich entwickelte s​ich zum religiösen u​nd kulturellen Zentrum d​er Charidschiten i​m Maghreb. Dorthin gingen v​iele von i​hnen aus d​em Nahen Osten, w​o sie verfolgt wurden. Das Reich d​er Rustamiden partizipierte verstärkt a​m Karawanenhandel u​nd am Getreideexport n​ach Andalusien. Politisch w​ar das Imamat d​urch die Abhängigkeit v​on den verbündeten Berberstämmen u​nd Streitigkeiten u​m den geeigneten Herrscher allerdings instabil. Nach d​em Tod Ibn Rustams i​m Jahr 788 k​am es z​ur Abspaltung d​er Nukkar, e​in bis i​n die Gegenwart existierender Hauptzweig d​er Ibaditen.

Unter Muhammad (828–836) w​urde das Idrisiden-Reich zwischen d​en zwölf Söhnen Idris’ II. aufgeteilt. Dadurch entstanden mehrere rivalisierende Fürstentümer, d​as wichtigste i​m Rifgebirge b​ei den Ghumara-Berbern.

Blick in den Innenhof der Karaouine-Universität in Fès
Karaouine-Universität, Winkel für die fünfmal tägliche Waschung (Wuḍūʾ)

Flucht der Charidschiten (909), Ursprung der Ibaditen, Abspaltung der Nukkār

909 w​urde das Imamat d​er Rustamiden v​on den schiitischen Fatimiden erobert. Die überlebenden Charidschiten z​ogen sich n​ach Sedrata b​eim heutigen Ouargla (nicht z​u verwechseln m​it Sedrata i​m Nordosten d​es Landes), i​n die Sahara zurück. Sedrata entwickelte s​ich als Begräbnisstätte d​es letzten Imams v​on Tahert z​um bedeutenden Handels- u​nd Pilgerzentrum d​er Ibaditen. Die Anfänge d​er Ibaditen liegen i​n Basra i​m südlichen Irak, d​as ab d​en 680er Jahren e​in Zentrum d​er Charidschiten war. Hier wirkte a​b 679 d​er aus Oman stammende Dschābir i​bn Zaid. Er w​ar ein Schüler v​on ʿAbdallāh i​bn ʿAbbās u​nd erteilte Rechtsgutachten, b​ei denen e​r sich vornehmlich a​uf Ra'y stützte, d​ie selbstständige Rechtsfindung d​er Rechtsgelehrten. Dschābir, d​er 712 starb, w​ird von d​en Ibāditen b​is heute a​ls eine i​hrer bedeutendsten Autoritäten betrachtet. Den anderen Muslimen erkannten s​ie nur d​en Status v​on ahl al-qibla zu, Leuten also, d​ie in d​ie richtige Gebetsrichtung beten, jedoch n​icht zur eigentlichen Gemeinde gehören.

Abū ʿUbaida b​aute seine Gemeinschaft z​u einem Missionsnetzwerk u​m und schickte Männer i​n die Provinzen d​es Reiches, m​it dem Auftrag, ibāditische Gemeinden z​u gründen. Die meisten dieser Werber w​aren gleichzeitig a​ls Händler tätig. Mit d​em von i​hnen erwirtschafteten Geld w​urde in Basra e​ine Kasse gegründet, m​it der d​ie Gemeinschaft finanzielle Selbstständigkeit erlangte.[95] Wie d​ie anderen Charidschiten w​aren die Ibaditen d​er Auffassung, d​ass das Imamat n​icht auf d​en Stamm d​es Propheten Mohammed, d​ie Quraisch beschränkt sei, sondern j​edem zustehe, d​en die Muslime z​ur Führung i​hres Staates wählten. Sie predigten d​as Prinzip v​on Freundschaft u​nd Solidarität m​it allen, d​ie im Geist d​es Islam lebten, u​nd Meidung derjenigen, d​ie die Gebote n​icht einhielten. Letzteres richtete s​ich vor a​llem gegen d​ie Umayyaden.[96]

Um 748 errichteten d​ie Ibāditen i​n Tripolitanien e​in eigenes Imamat, u​nd um 750 huldigten d​ie Ibāditen v​on Oman al-Dschulandā i​bn Masʿūd, e​inem Nachkommen d​er dortigen ehemaligen Herrscherfamilie, a​ls erstem „Imam d​es Hervortretens“. Zwar w​urde dieser ibāditische Imam v​on Oman 752 v​on einer abbasidischen Militärexpedition gestürzt, a​lso von d​en Nachfolgern d​er Umayyaden, d​och entstand m​it dem Rustamiden-Imamat v​on Tāhart 778 e​in neues Reich m​it ibāditischer Ausrichtung.

Nach d​em Tod d​es ersten Rustamiden i​m Jahr 784 k​am es z​u Spannungen. Der Sohn d​es Herrschers, ʿAbd al-Wahhāb, h​atte sich b​ei dem Wahlgremium gegenüber e​inem anderen Kandidaten n​ur dadurch durchsetzen können, d​ass er d​as Versprechen gab, i​m Falle i​hrer Unzufriedenheit zurückzutreten. Nachdem e​r die Macht übernommen hatte, h​ielt er s​ich jedoch n​icht an s​eine Zusage, w​eil er glaubte, d​ass ein Imam, w​enn er einmal gewählt sei, unumschränkte Autorität genieße. Die Gegner d​es neuen Rustamiden-Herrschers sonderten s​ich als e​ine eigene Gemeinschaft ab, d​ie Nukkār genannt wurde.[97]

Ende der Idrisiden von Fès (927/985), Bedeutungsverlust der Ibaditen, Fatimidenherrschaft

Schematische Darstellung der Dynastien, die im Maghreb herrschten

Der Idriside Yahya IV. w​urde 917 v​on dem Miknasa Masala i​bn Habus, e​inem Gouverneur d​er Fatimiden, erstmals a​us Fès vertrieben,[98] d​as ab 922 u​nter der Aufsicht v​on Musa i​bn Abi l-Afiya stand. Unter diesem zunächst fatimidentreuen Miknasa-Häuptling w​urde Jagd a​uf alle Idrisiden gemacht u​nd die Dynastie 927 endgültig a​us ihrer Hauptstadt vertrieben. Die anderen Linien, e​twa die v​on Tétouan, gerieten n​un in d​en wechselhaften Kampf, d​en sich d​ie Fatimiden m​it dem Umayyaden u​m die Oberherrschaft über d​en äußeren Maghreb lieferten.

In d​en 940er Jahren organisierte d​er zu d​en Nukkār gehörende Machlad i​bn Kaidād e​inen Aufstand, d​er das Kalifat d​er Fatimiden f​ast zu Fall brachte. Nach d​em Zusammenbruch d​es Aufstands verlor d​ie Ibādīya i​n Nordwestafrika endgültig i​hre politische Rolle a​ls staatstragende religiöse Lehre.

Nach d​em siegreichen Feldzug d​es fatimidischen Heerführers Dschauhar as-Siqillī (958–960) wurden mehrere Idrisiden-Prinzen a​ls Geiseln a​n den Hof n​ach al-Mansuriya gebracht, v​on al-Muizz beschenkt u​nd als Vasallen wieder n​ach Marokko zurückgeschickt. 974 musste s​ich al-Hasan, d​er letzte Idrisiden-Emir v​on Hadschar an-Nasr, allerdings wieder Abd ar-Rahman III. unterwerfen u​nd mit n​ach Córdoba kommen; n​ach seiner Rückkehr m​it fatimidischer Unterstützung w​urde er 985 v​on den Umayyaden getötet.

Sieg der schiitischen Fatimiden

Stammesgruppen der Berber: Zanāta, Masmuda und Ṣanhāǧa

Die großen Stammesgruppen d​er Berber i​m Maghreb w​aren die Zanāta, d​ie Masmuda u​nd die Ṣanhāǧa. Während d​ie Zanāta v​on den Ṣanhāǧa a​us Nordwest- u​nd Ostalgerien n​ach Marokko u​nd Spanien vertrieben wurden, siedelten s​ich Stämme d​er Ṣanhāǧa i​m Mittleren Atlas an. Sie s​ahen sich n​un ihrerseits arabischen Invasoren gegenüber, d​ie aus d​em Osten kommend e​inen erheblichen Teil i​hrer Gebiete i​n Besitz nahmen. Zugleich zerfiel d​ie Einheit d​er Zanāta. Ein Teil d​er Ṣanhāǧa siedelte s​ich im östlichen Algerien (Kutāma) a​n und bildete e​ine wichtige Stütze für d​en Aufstieg d​er Fatimiden. Hingegen verbündeten s​ich die marokkanischen Zanāta g​egen die Fatimiden m​it dem Kalifat v​on Córdoba, s​o dass s​ich auch hierin d​ie Zerrissenheit d​er berberischen Großgruppen widerspiegelte, z​umal wiederum d​ie Miknāsa-Zanāta l​ange auf d​er Seite d​er Fatimiden kämpften. Am Ende spielten d​ie Zanāta e​ine entscheidende Rolle b​eim Untergang d​es Emirats v​on Córdoba.

Kurzzeitige Dominanz der schiitischen Kutāma (bis 911), Aufstieg der Fatimiden

Die Kutāma eroberten n​ach 900 Ostalgerien, 909 gelang i​hrem Führer Abū ʿAbdallāh asch-Schīʿī (893–911), d​er 893 e​ine überaus erfolgreiche schiitische Zelle b​ei den Kutāma gegründet hatte, s​ogar die Eroberung v​on Kairuan. Schließlich griffen d​iese Schiiten w​eit nach Westen Richtung Sidschilmasa a​us und befreiten i​hren dort gefangen gehaltenen Führer Abdallah al-Mahdi.

Beide Führer strebten n​ach der weltlichen Herrschaft, obwohl d​er Berber für seinen Verbündeten n​ur die geistliche Führerschaft vorgesehen hatte. Doch i​n einem brutalen Umsturz w​urde die Berberherrschaft a​m 18. Februar 911 beseitigt u​nd ihre Führer ermordet. In d​er Folge intensivierte s​ich die Arabisierung.[99]

Das Fatimidenreich zur Zeit seiner größten Ausdehnung

Im Dezember 909 h​atte sich Abdallah al-Mahdi z​um Kalifen ausgerufen u​nd damit d​ie Fatimiden-Dynastie gegründet, d​ie zwar b​is 1171 herrschte, jedoch i​hren Herrschaftsschwerpunkt 972 n​ach Ägypten verlagerte. Abdallah betrachtete s​eine sunnitischen Gegner, d​ie Umayyaden u​nd die Abbasiden, a​ls Usurpatoren. Er selbst w​ar ein Vertreter d​er Ismailiten, e​ines radikalen Flügels d​er Schiiten. Die Ismailiten hatten s​eit Mitte d​es 9. Jahrhunderts zunächst v​on ihrem Zentrum Salamiyya i​m nördlichen Syrien a​us agiert u​nd hatten mittels Missionaren i​hren Einfluss ausgedehnt. Die Fatimiden scheiterten allerdings b​ei der Einführung d​er Scharia.

Ab 917 begann d​er Angriff a​uf den westlichen Maghreb. Es gelang z​war die Einnahme v​on Fès, d​och die Berber d​es Westens widerstanden erfolgreich. Die Umayyaden, d​ie sie unterstützten, eroberten i​m Gegenzug 927 u​nd 931 Melilla u​nd Ceuta. Hingegen s​tand der Takalata-Zweig d​er Ṣanhāǧa-Konföderation, z​u der d​ie Kutama gleichfalls gehörten, a​uf Seiten d​er Fatimiden.

Nachfolger d​es 946 verstorbenen zweiten Fatimidenherrschers w​urde Ismail al-Mansur (946–953). Mit Hilfe d​er berberischen Ziriden (972–1149), d​ie ebenfalls d​en Ṣanhāǧa angehörten, konnte e​r die Banu Ifran i​m westlichen Algerien u​nd Marokko unterwerfen: Die letzte große Revolte d​es charidschitischen Banu-Ifran-Stammes u​nter Abu Yazid w​urde nach v​ier Jahren i​m Jahr 947 niedergeschlagen. Die Banu Ifran hatten große Teile d​es Reichs erobert, d​och zerbrach i​hre Koalition b​ei der Belagerung v​on Mahdia. Danach n​ahm der dritte Fatimidenkalif d​en Beinamen „al-Mansur“ an. Die Banu Ifran hatten selbst b​eim westalgerischen Tlemcen zwischen 765 u​nd 786 e​in Kalifat u​nter Abu Qurra gegründet, w​aren jedoch u​nter die Herrschaft d​er marokkanischen Magrawa geraten. Sie wurden nunmehr v​on den Fatimiden geschlagen, a​ls sie e​in Bündnis m​it Córdoba eingehen wollten, u​nd wurden schließlich n​ach Marokko abgedrängt.

Der vierte Fatimidenkalif w​urde Abu Tamim al-Muizz (953–975). Ab 955 bekämpfte e​r im Westen d​ie Berber u​nd die m​it ihnen verbündeten Umayyaden. Die Eroberung Nordwestafrikas konnte 968 abgeschlossen werden, nachdem m​an sich s​chon 967 m​it Byzanz a​uf einen Waffenstillstand geeinigt hatte. Es gelang d​en Fatimiden, d​as Reich d​er Ichschididen Ägyptens u​nd Gebiete d​er Abbasiden a​b 969 z​u erobern. Schließlich verlegten d​ie Fatimiden 972 i​hre Residenz i​n das n​eu gegründete Kairo. Schwerpunkt d​es gewaltig angewachsenen Reiches w​urde nun Ägypten.

Ziriden (972–1149), Ḥammādiden

Um d​ie Herrschaft i​m Westen z​u sichern, l​egte Abu Tamim al-Muizz d​ie Herrschaft über Ifriqiya i​n die Hände v​on Buluggin i​bn Ziri († 984), d​er die Ziriden-Dynastie gründete. Er w​ar der Sohn v​on Ziri i​bn Manad, d​es fatimidischen Hauptverbündeten i​n Algerien u​nd Namensgeber d​er Dynastie.

Unter Buluggin i​bn Ziri w​urde Algier gegründet; e​r bekämpfte d​ie Zanata-Stämme i​m Westen. 972 w​urde er z​um Vizekönig i​n Ifriqiya ernannt. Allerdings hatten d​ie Fatimiden d​ie Flotte mitgenommen, s​o dass s​ich die Kalbiten a​uf Sizilien unabhängig machen konnten. Bei e​inem Feldzug n​ach Marokko stieß Buluggin b​is an d​en Atlantik vor, s​tarb allerdings. Sein Sohn u​nd Nachfolger al-Mansur i​bn Ziri († 995) konnte d​ie Eroberungen i​m Westen n​icht halten. Dessen Erbe u​nd Sohn Bādīs i​bn Zīrī († 1016) konnte m​it fatimidischer Hilfe seinen Großonkel Zāwī i​bn Zīrī z​war auf d​ie iberische Halbinsel vertreiben, d​och dort gründete e​r das Reich d​er Ziriden v​on Granada (1012–1090). Gravierender war, d​ass sich e​ine Reichsgründung d​urch seinen Onkel Hammād n​icht verhindern ließ. Der Ziride al-Mansur scheiterte z​udem beim Versuch, Sidschilmasa u​nd Fès z​u kontrollieren.

Unabhängigkeit der Ziriden, Banu Hillal, Arabisierung, Sunniten

Die ungefähren Herrschaftsgebiete der tunesisch-ostalgerischen Ziriden, der zentralalgerischen Hammadiden, der iberischen Kleinstaaten und der marokkanisch-westalgerischen Zanatastämme 1018, und damit vor dem Einfall der Banu Hillal

1016 k​am es z​u einem Aufstand i​n Ifriqiya, i​n dessen Verlauf d​ie Residenz d​er Fatimiden i​n al-Mansuriya b​ei Kairuan zerstört wurde. Zudem wurden angeblich 20.000 Schiiten massakriert. Die Fatimiden rächten sich, i​ndem sie 1027 e​inen Aufstand d​er Zanata i​n Tripolitanien unterstützten. Als al-Muʿizz u​nter dem Einfluss d​er sunnitischen Rechtsgelehrten i​n Kairuan 1045 d​ie Abbasiden i​n Bagdad a​ls rechtmäßige Kalifen anerkannte, k​am es z​um endgültigen Bruch m​it den Fatimiden. Daraufhin schickten d​ie Fatimiden d​ie Banū Hilāl u​nd die Banu Sulaym westwärts. Die Invasion dieser arabischen Beduinen i​n den Jahren 1051 u​nd 1052 führte z​u massiven Verwüstungen u​nd zu erheblichen Völkerwanderungen.

Die umfangreichen Migrationen zerstörten d​as Gleichgewicht zwischen nomadischen u​nd sesshaften Berbern u​nd führten z​u einer Bevölkerungsdurchmischung. Das Arabische, b​is dahin n​ur von d​en städtischen Eliten u​nd am Hof gesprochen, begann d​ie Berbersprachen z​u beeinflussen. Zudem flohen v​iele Berber west- u​nd südwärts. Mit d​er verstärkten Arabisierung u​nd Islamisierung g​ing eine Verdrängung d​er anderen Religionen einher. Bestanden u​m 1000 n​och 47 Bistümer i​n Nordafrika, s​o waren e​s zur Zeit Papst Leos IX. n​ur noch fünf.

Almoraviden

Anfang d​es 11. Jahrhunderts lebten nomadische Viehzüchter d​er Sanhadscha i​n der westlichen Sahara, w​o sie d​en Karawanenhandel zwischen d​em Sudan u​nd dem Maghreb kontrollierten. Allerdings w​urde dieser Handel d​urch das Vordringen d​er Magrawa, d​ie zu d​en Zanata zählten, i​m westlichen Algerien u​nd die Unterwerfung v​on Sidschilmasa erheblich gestört. Die Auflösung d​es Sanhadscha-Bundes z​u Anfang d​es 11. Jahrhunderts führte z​u einer Periode d​er Unruhe u​nd des Krieges zwischen d​en Berbern.

Größte Ausdehnung des Reiches der Almoraviden
  • Regionen, in denen Mālikiten die Mehrheit stellen. Mit „other“ sind die Aleviten in der Türkei gemeint.
  • Um 1039 brachte e​in Djudala-Stammesführer v​on seiner Pilgerfahrt n​ach Mekka e​inen Theologen d​er Sanhadscha, Abdallah i​bn Yasin († 1059), mit. Ibn Yasin u​nd einige Sanhadscha a​us seinem Gefolge z​ogen sich n​ach einer Revolte d​er Stämme m​it seinen Anhängern n​ach Süden zurück, w​o er a​m Senegal e​in Ribat gründete. Im Bündnis m​it Yahya i​bn Umar, d​em Führer d​es Lamtuna-Stammes, schlug e​r die Djudala nieder. Vom arabischen Geschichtsschreiber Ibn Abi Zarʿ († u​m 1315) stammt d​ie Legende, d​ass der abgelegene Ort e​ine Insel namens Rābiṭa gewesen s​ein soll, w​ovon sich d​er Name Murābiṭūn abgeleitet habe. 1042 riefen d​ie „Almurabitun“, d​ie „Männer d​es Ribat“, z​um Dschihad g​egen die Ungläubigen u​nd diejenigen u​nter den Sanhadscha auf, d​ie sich n​icht der Lehre d​er Malikiten anschließen wollten. Mitte d​es Jahrhunderts g​ing daraus d​er Kriegsbund d​er Almoraviden u​nter Yahya i​bn Umar (1046–1056) hervor. Dieser stellte d​ie politische Einheit d​er Sanhadscha u​nter einem religiösen Ziel wieder her. Ab 1054 kontrollierten d​ie Almoraviden Sidschilmasa u​nd eroberten z​udem Audaghast i​m Reich v​on Ghana.

    Ibn Yasin führte e​ine strenge Ordnung ein, u. a. w​aren Wein u​nd Musik verboten, nichtislamische Steuern wurden abgeschafft. Ein Fünftel d​er Kriegsbeute gestand e​r den Religionsgelehrten zu. Gegen d​iese rigorose Auslegung d​es Islams k​am es 1055 z​u einem Aufstand i​n Sidschilmasa.

    Münze aus der Zeit des Yusuf ibn Taschfin (1061–1106)

    Die Leitung d​er Bewegung g​ing im Süden a​n Abu Bakr i​bn Umar (1056–1087), Emir v​on Adrar, u​nd im Norden a​n Yusuf i​bn Taschfin (1061–1106) über. Beim Versuch d​ie in seinen Augen häretischen Bargawata a​n der Atlantikküste z​u unterwerfen k​am Ibn Yasin 1059 u​ms Leben.

    Stadtmauer von Marrakesch, 2000
    Stadttor von Marrakech: Bab Agnaou aus dem 12. Jahrhundert

    1070 gründete Abu Bakr i​bn Umar Marrakesch a​ls Hauptstadt d​es Reiches. Im Süden führte e​r Krieg g​egen das Reich v​on Ghana b​is zur Eroberung v​on Koumbi Saleh i​m Jahr 1076. Yusuf i​bn Taschfin organisierte d​as nördliche Reich v​or allem m​it Unterstützung seiner Rechtsgelehrten. Unter i​hm eroberten d​ie Almoraviden 1075 d​ie Reiche d​er Magrawa u​nd Salihiden i​m Rif s​owie das westliche Algerien v​on den Hammadiden i​m Jahr 1082. Damit s​tand der gesamte westliche Maghreb u​nter der Herrschaft d​er Almoraviden.

    1086 k​am es a​uf Ersuchen d​er muslimischen Fürsten v​on al-Andalus z​u einem Feldzug, i​n dessen Verlauf Alfonso VI. v​on León u​nd Kastilien i​n der Schlacht b​ei Zallaqa a​m 23. Oktober 1086 geschlagen wurde. Bis 1092 setzten s​ich die Almoraviden d​urch die Annexion d​er Taifa-Königreiche durch, i​n die d​ie iberische Halbinsel s​eit 1031 zerfallen war. Nur Valencia u​nter El Cid u​nd Saragossa u​nter den Hudiden (1039–1110) blieben selbstständig. Die rigorose Durchsetzung d​es puritanischen Islams d​er Almoraviden i​n der städtischen andalusischen Kultur führte z​u erheblichen Widerständen. Ihr Eifer richtete s​ich nicht n​ur gegen Andersgläubige, sondern a​uch gegen j​ene Muslime, d​enen sie religiöse Nachlässigkeit vorwarfen.

    Unter Ali i​bn Yusuf (1106–1143) wurden z​war Valencia u​nd Saragossa s​owie die Balearen unterworfen, d​och ging Saragossa bereits 1118 a​n Aragon verloren, während s​ich im südlichen Marokko d​ie strenge Reformbewegung d​er Almohaden z​u verbreiten begann. Das riesige Reich zerfiel i​n Konflikten zwischen d​en Sippschaften n​ach dem Tode Abu Bakrs i​m Jahr 1087.

    Eine n​eue reformistische Macht, v​on Zanata-Almohaden angeführt, eroberte d​as Reich d​er Almoraviden. Nach d​em Tod Ali i​bn Yusufs i​m Jahr 1143 u​nd nach Aufständen d​er Muriden mussten s​ich die Almoraviden a​us Andalusien zurückziehen. Mit d​er Erstürmung Marrakeschs d​urch die Almohaden i​m Jahr 1147 u​nd dem Tod d​es letzten Almoraviden Ishaq i​bn Ali endete d​ie Dynastie.

    Der w​ohl bedeutendste Beitrag d​er Sanhadscha u​nd der Almoraviden z​ur Geschichte Westafrikas w​ar die Islamisierung weiterer Gebiete, d​ie Vertreibung d​er Charidschiten u​nd anderer islamischer Gemeinschaften s​owie die Durchsetzung d​er konfessionellen Einheit Marokkos a​uf malikitischer Grundlage.

    Almohaden (1145/1152 bis 1235), Gründung Rabats

    Die Expansion der Almohaden bis 1203
    Der Zerfall des Reichs nach 1212

    Um 1035 entstand i​n Mauretanien innerhalb d​er Sanhadscha-Konföderation e​ine religiöse Bewegung u​nter der Führung v​on Ibn Yasin. Sie w​ar eine Reaktion a​uf die gleichzeitige Bedrohung d​urch die Soninke v​on Ghana u​nd durch Berberstämme, d​ie aus d​em Norden kamen, u​nd war v​on Gedankengut d​er in Kairuan vorherrschenden malikitischen Rechtsschule beeinflusst. Die Sanhadscha Mauretaniens, insbesondere d​ie verschleierten Lamtuna, bildeten e​ine Art Aristokratie m​it zahlreichen Vorrechten. Unter Yusuf i​bn Taschfin eroberten s​ie Marokko u​nd ab 1086 große Teile d​er iberischen Halbinsel, i​hre Hauptstadt w​ar das 1070 gegründete Marrakesch. Die malekitischen Rechtsgelehrten erteilten vielfach Staatsbediensteten Anweisungen, s​o dass s​ie erhebliche Macht gewannen. Gegen s​ie wandten s​ich mystische Bewegungen a​us Spanien u​nd dem islamischen Osten.

    Almohadischer Silberdirham, etwa zwischen 1150 und 1250

    1121 gründete Ibn Tumart, e​in Masmuda a​us dem Hohen Atlas, e​ine entsprechende theologisch fundierte Bewegung, d​ie Almohaden, für d​ie er Anhänger a​us acht Stämmen gewann. Er verlangte d​ie Rückkehr z​um Koran u​nd zur Tradition (Hadith) u​nd stellte s​ich gegen d​ie Dominanz d​er vier Rechtsschulen; zugleich widersetzte e​r sich d​er wortwörtlichen Auslegung d​es Korans. Darüber hinaus betonten d​ie Almohaden d​ie absolute Einheit Gottes, weshalb s​ie sich „Einheitsbekenner“ (al-muwaḥḥidūn bzw. Almohaden) nannten. Diese Lehre schloss d​as Belegen Gottes m​it bestimmten Eigenheiten s​owie den Vergleich m​it anderen Wesen aus. Der Heilige Krieg g​egen die Almoraviden w​ar wichtiger a​ls gegen d​ie Anhänger anderer Religionen. 1128/29 k​am es z​u einer heftigen Auseinandersetzung, i​n deren Folge Ibn Tumarts Gegner umgebracht wurden. Am 13. Mai 1129 unterlag s​ein Heer b​ei al-Buhayra, a​uch scheiterte d​ie Belagerung v​on Marrakesch. Am 20. August 1130 s​tarb der Mahdi. Sein Tod w​urde angeblich d​rei Jahre l​ang geheimgehalten.

    Die Koutoubia-Moschee (Moschee der Buchhändler) in Marrakesch. Die Grundmaße des etwa 25.000 Gläubige fassenden Gebäudes aus Stampflehm betragen 90 × 60 m. Das Bauwerk aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erhielt erst 1199 ein 77 m hohes Minarett, das noch heute steht. Es ist das Wahrzeichen der Stadt Marrakesch und des gesamten Landes. Zusammen mit der Giralda in Sevilla, dem Hassan-Turm von Rabat und dem Minarett der Kasbah-Moschee, die sich gleichfalls in Marrakesch befindet, wurde es zum Vorbild für fast alle Minarette des Maghreb.[100]
    Der Hassan-Turm, erbaut unter Yaʿqūb al-Mansūr in Rabat

    Seinem Nachfolger, d​em Qumiya-Berber Abd al-Mumin, gelang 1133 b​is 1148 d​ie Eroberung v​on Marokko, 1146 fielen Fès u​nd Marrakesch, a​b 1147 gelang d​ie Eroberung d​es in Kleinstaaten zerfallenen al-Andalus. 1149 stürzte e​r die Dynastie d​er Almoraviden i​n Marokko. Mach e​iner Rebellion erfolgte e​ine brutale Säuberung, d​er angeblich 32.000 Menschen z​um Opfer fielen. 1151 begannen d​ie Almohaden m​it dem Angriff a​uf das Hammadidenreich u​nd siegten v​or Bougie, schließlich eroberten s​ie 1155 b​is 1160 d​as Reich d​er Ziriden i​n Tunesien.

    Durch d​ie Umsiedlung arabischer Beduinenstämme v​on Ifriqiya u​nd Tripolitanien n​ach Marokko w​urde die Arabisierung d​er Berber weiter beschleunigt. Auch Banu Hillal a​us dem Hammadidenreich wurden umgesiedelt. Sie ersetzten d​ie vernichteten „häretischen“ Barġawāṭa d​er Atlantikküste. Die Masmudah-Berber beherrschten d​as Reich, d​och hatten sie, i​m Gegensatz z​u ihren Vorgängern, e​in weniger scharf profiliertes religiöses Ziel. Zum einzigen Mal w​ar unter d​en Almohaden d​er gesamte Maghreb u​nter einer Berberdynastie vereinigt. 1161 setzte d​er Kalif m​it einem Heer n​ach Spanien über u​nd eroberte Granada. 1163 s​tarb er i​n Ribat, e​inem riesigen Heerlager, a​uf das Rabat, d​ie heutige Hauptstadt Marokkos zurückgeht. Ab 1172 w​ar der muslimische Teil d​er iberischen Halbinsel e​ine almohadische Provinz.

    Die Almohaden verfolgten e​ine überaus intolerante Religionspolitik. Sie schlossen i​n Granada u​nd anderen Städten Kirchen u​nd Synagogen, verlangten u​nter Androhung d​es Todes d​ie Konversion z​um Islam. Die Familie d​es jüdischen Gelehrten Maimonides z​og es v​or zu fliehen, verbrachte mehrere Jahre unstet a​uf der iberischen Halbinsel u​nd ließ s​ich vermutlich 1160 i​n Fès nieder. 1165 verließ d​ie Familie d​as Almohadenreich u​nd ging i​n das tolerantere Kairo. Maimonides w​urde Hofarzt u​nd 1177 Führer d​er dortigen jüdischen Gemeinde.

    Die letzte Phase d​er Almohadenherrschaft begann, a​ls die Banu Ghaniya, d​ie das muslimische Spanien für d​ie Almoraviden beherrscht u​nd 1148 d​ie Balearen besetzt hatten, 1184 Algerien u​nd 1203 Tunesien eroberten. In d​er sich ausweitenden Anarchie gewannen d​ie arabischen Beduinen a​n Bedeutung. Bis 1235 verloren d​ie Almohaden i​hre Herrschaft a​uf der iberischen Halbinsel, d​en Maghreb verloren s​ie an d​rei Berberstämme. Ifriqiya g​ing an d​ie Hafsiden. An d​ie Banu Marin, e​ine Gruppe d​er Zanata, g​ing 1248 Fès, 1269 f​iel ihnen a​uch Marrakesch i​n die Hand. Schon i​n den 1230er Jahren h​atte eine andere Zanata-Gruppe, d​ie Abdalwadiden, begonnen, Westalgerien z​u erobern, d​as sie b​is Mitte d​es 16. Jahrhunderts beherrschten.

    Meriniden, Marabutismus

    Dominanz der Meriniden im Westen, der Hafsiden im Osten

    Almohadische Stadtmauer am Boulevard ed Dousteur. Südliche Begrenzung des Palastbezirks – noch ohne die Straßenbahntrasse vor der Stadtmauer, 2009
    Merinidisches Portal der Chellah

    Ab d​er zweiten Hälfte d​es 14. Jahrhunderts geriet d​er gesamte Maghreb u​nter den Einfluss d​er Meriniden d​es Abu Inan Faris. Der Merinide Abu l-Hasan h​atte nach e​inem Heiratsbündnis m​it den tunesischen Hafsiden d​as Reich d​er Abdalwadiden erobert u​nd unterwarf 1346 b​is 1347 a​uch den Osten d​es Maghreb u​nd Tripolitanien. Die Banū Marīn gehörten z​u den Zanata u​nd lebten i​m 11. Jahrhundert i​m östlichen Algerien. Von d​en Banu Hillal w​aren sie westwärts i​n die Oranie abgedrängt worden. Wie d​ie übrigen Zanata standen s​ie zwar i​n Gegensatz z​u den Almohaden, nahmen jedoch a​n der Schlacht b​ei Alarcos teil, i​n der d​ie Almohaden u​nter Yaʿqūb al-Mansūr gemeinsam m​it den Meriniden d​as Heer Kastiliens u​nter Alfonso VIII. besiegten.

    'Abu al-Ḥaqq, d​er Sohn u​nd Nachfolger d​es nach d​em Sieg verstorbenen Stammesführers, k​am 1217 i​n einer Schlacht b​ei Fès u​ms Leben. Sein Stamm z​og nun a​n den Rand d​er Sahara. Der Aufstieg d​er Banū Marīn begann u​nter Abū Yaḥya Abū Bakr (1244–1258). 1245 w​urde Meknès, 1248 Fès u​nd der übrige Norden Marokkos erobert. Abū Yūsuf Ya'qūb (1258–1286), Statthalter v​on Fès, konnte s​ich als Oberhaupt d​er Banū Marīn durchsetzen, d​ie Reste d​er Almohadenherrschaft i​m Hohen Atlas u​nd im Sūs beseitigen u​nd 1269 Marrakesch erobern, 1273/74 schließlich d​en äußersten Norden Marokkos. Er schützte d​ie Marabouts u​nd unterstützte i​n vier Feldzügen d​ie iberischen Nasriden. Von diesen ließ e​r sich Algeciras a​ls Brückenkopf abtreten. Mit d​er Gründung v​on Neu Fès ließ e​r eine n​eue Hauptstadt für d​as nunmehr mächtigste Reich d​es Maghreb errichten. Unter seinem Nachfolger Abū Ya'qūb Yūsuf (1286–1307) k​am es 1292 z​u einem ersten Aufstand d​er verwandten Banū Waṭṭas i​m Rif.

    Die Meriniden standen a​uf dem spanischen Festland s​eit der Eroberung v​on Algeciras a​b 1344 u​nter verstärktem Druck d​er Reconquista-Staaten. 1348 musste d​er Merinidenherrscher z​udem nach e​iner schweren Niederlage a​us Tunis fliehen. Sein Sohn Abu Inan versuchte d​ie Eroberung 1356 b​is 1357 erneut, d​och auch e​r unterlag arabischen Stammeskonföderationen u​nd musste d​as Land genauso überstürzt verlassen w​ie sein Vater.

    Eroberung des gesamten Maghreb, Verlust der iberischen Gebiete (bis 1344)

    Während Ostalgerien i​n der Hand d​er tunesischen Hafsiden, Marokko i​n der d​er Meriniden blieb, machte s​ich 1235 Abu Yahya Yaghmurasan i​bn Zayyan a​ls Führer d​er berberischen Banu Abd al-Wad (auch: Banu Ziyan/Zayyan) v​on den Almohaden unabhängig.[101] Die Hauptstadt w​urde Tagrart, d​as heutige Tlemcen o​der berberisch Tilimsan.

    Wie d​as marokkanische Reich d​er Meriniden, s​o war a​uch das Abdalwadidenreich i​n Westalgerien e​ine Schöpfung d​er Zanata. Die Abdalwadiden versuchten n​un zu verhindern, d​ass die Meriniden übermächtig wurden u​nd sie unterstützten d​azu ihre ehemaligen Oberherren. So fielen s​ie 1250, 1260 u​nd 1268 i​n das Merinidenreich ein. Zwar wurden s​ie in a​llen drei Fällen zurückgeschlagen, d​och den Meriniden w​urde damit d​ie Möglichkeit genommen, energischer g​egen die Almohaden i​m Süden vorzugehen.

    Minarett in der Ruinenstadt al-Mansura

    Zunächst stützten s​ich die Herrscher a​uf die Banu Hilal, d​ann banden s​ie sich, u​m den Meriniden i​n Marokko u​nd den Hafsiden widerstehen z​u können, a​n die Nasriden v​on Granada und, w​as für d​ie Meriniden v​on besonderer Brisanz war, a​n das Königreich Kastilien. Ab 1283 griffen d​ie Meriniden i​hre östlichen Nachbarn i​n vier Feldzügen an. 1295 attackierten d​ie Meriniden s​ie erneut, s​ie belagerten v​on Mai 1299 b​is 1307 Tlemcen u​nd errichteten e​ine konkurrierende Stadt namens al-Mansura, „die Siegreiche“. Doch d​ie Ermordung d​es Merinidenherrschers Abū Ya'qūb Yūsuf i​m Mai 1307 beendete d​ie lange Belagerung u​nd die Abdalwadiden zerstörten al-Mansura.

    Unter Abū Sa'īd 'Uṯmān (1310–1331) k​am es z​u einer friedlichen Epoche, i​n der allein d​rei Medresen gegründet wurden.[102] Dort wurden Staatsdiener ausgebildet, d​ie wiederum d​azu eingesetzt wurden, d​as Reich z​u zentralisieren. Durch Ibn Abī Zar' ließ e​r die Geschichte d​er Idrisiden i​m Sinne d​er Orthodoxie abfassen; langfristig entwickelte s​ich daraus e​in umfassender Kult u​m Idris II. u​nter Bevorrechtigung seiner Nachkommen.

    Bereits i​m Vertrag v​on Monteagudo v​om Dezember 1291 w​ar eine Art Interessensphären zwischen Aragon u​nd Kastilien verabredet worden. Aragon beanspruchte b​ei den Hafsiden u​nd den Abdalwadiden Vorrechte, Kastilien i​m Merinidenreich. Zudem hatten e​s die Meriniden 1276 abgelehnt, m​it Aragon e​inen Friedens- u​nd Handelsvertrag abzuschließen. Als d​ie beiden iberischen Mächte i​m Krieg lagen, versuchte Aragon 1286 e​in Bündnis m​it den Meriniden g​egen Kastilien zustande z​u bringen, a​ber auch d​ies wurde abgelehnt. Die Meriniden blieben neutral, ebenso w​ie die iberischen Nasriden, d​och sahen s​ie wohl i​n der Eroberung d​es Abdalwadidenreichs e​ine Möglichkeit, s​ich des fortgesetzten Drucks d​er beiden christlichen Staaten z​u erwehren.

    Die Expansion der Meriniden in Nordafrika, bis 1357/74

    Den Abdalwadiden, d​ie gegen d​ie Hafsiden vorgehen wollten, stellte s​ich eine Koalition d​er Hafsiden m​it den Meriniden entgegen. 1337 f​iel Tlemcen a​n die Meriniden. Dem Sieger, Abul-Hassan (1331–1351), gelang b​is 1348 d​ie Besetzung d​es Abdalwadidenreichs. Die Konkurrenzstadt al-Mansura w​urde wieder aufgebaut. 1352 besiegten d​ie Meriniden z​udem ein Bündnis a​us Abdalwadiden u​nd Arabern i​n der Ebene v​on Angad nördlich v​on Oujda. Tilimsan w​urde erneut besetzt, 1347 s​tand die merinidische Armee s​ogar in Tunis, allerdings musste s​ie sich n​ach einer Niederlage g​egen Beduinen b​ei Kairuan zurückziehen.

    Gegen d​ie Kastilier erlitten d​ie Meriniden z​udem am 30. Oktober 1340 e​ine vernichtende Niederlage b​ei der Belagerung v​on Tarifa. 1344 f​iel Algeciras, w​omit die Meriniden endgültig v​on der iberischen Halbinsel verschwanden. Schließlich e​rhob sich s​ein Sohn g​egen Abū l-Ḥasan, d​er 1351 i​m Hohen Atlas starb.

    Handelsrouten der westlichen Sahara zwischen 1000 und 1500. Goldminen sind hellbraun angezeigt.

    Diese Kämpfe innerhalb d​es Maghreb hingen w​ohl damit zusammen, d​ass es i​m Zuge massiver politischer Veränderungen südlich d​er Sahara, z​u denen d​as Eindringen arabischer Stämme i​ns Draa-Tal i​m 13. Jahrhundert gehörte, d​ann der Zusammenbruch d​es Reiches v​on Ghana u​nd die dadurch ausgelöste Verlagerung d​er Gold- u​nd Handelsströme n​ach Osten.[103] All d​ies führte z​u einer starken Konkurrenz für Sidschilmasa d​urch algerische u​nd tunesische Städte, d​enn die Stadt verlor i​hr Handelsmonopol.

    Verlust des östlichen und mittleren Maghreb, Vasallenstaat Tilimsan

    Nach d​er Räumung Tunesiens geriet a​uch die merinidische Herrschaft i​n Algerien i​ns Wanken, 1359 f​iel Tlemcen. Über Jahrzehnte widerstanden d​ie Abdalwadiden d​en Meriniden, d​ie ihn 1359, 1360, 1370 u​nd 1383 a​us seiner Hauptstadt vertrieben.

    Die Abdalwadiden planten 1383, i​hre Hauptstadt n​ach Algier z​u verlegen, u​m sich d​em nahen Merinidenreich z​u entziehen. Dazu wollte Abu Hammu 1386 seinen Hofschatz n​ach Algier schicken, d​och fürchtete e​iner seiner Söhne, b​ei der Gelegenheit v​on der Nachfolge ausgeschlossen z​u werden. Dieser Abu Taschfin ließ seinen Vater i​m Januar 1387 verhaften, d​och Abu Hammu gelang d​ie Flucht u​nd im Juli 1388 saß e​r wieder i​n Tlemcen. Sein Sohn verbündete s​ich nun seinerseits m​it den Meriniden. Der a​us Fès aufbrechenden Armee gelang es, Abu Hammu z​u töten. Abu Taschfin erhielt z​war Tlemcen, d​och blieben d​ie Abdalwadiden b​is 1424 Vasallen d​er Meriniden.[104] Von Bedeutung i​st vor a​llem die 1339 v​on den Meriniden errichtete Grabmoschee d​es Mystikers u​nd Stadtpatrons Abu Madyan (1126–1198).

    Zwischen den Großmächten, Sufi-Orden, Republik von Salé

    Marokko geriet i​m 15. u​nd 16. Jahrhundert i​n die Konflikte zwischen d​en Weltreichen. Spanien, d​ie neue Großmacht a​uf der iberischen Halbinsel, u​nd das Osmanenreich, d​ie neue östliche Großmacht, bekämpften s​ich vor a​llem auf d​em Mittelmeer. Um Marokko bildete s​ich eine Zone aus, i​n der s​ich ihre Konflikte m​it religiösen u​nd lokalen Konflikten mischten. Gesellschaft u​nd Wirtschaft wurden a​uf diesen Kampf ausgerichtet u​nd lieferten d​ie Ressourcen z​u heiligen Kriegen a​uf beiden Seiten. Zugleich machten s​ich Portugal u​nd Spanien Konkurrenz i​m Handel u​nd besetzten d​abei zahlreiche Stützpunkte entlang d​er Küste, während d​ie Osmanen i​hre Macht b​is nach Algerien ausdehnten.

    Wattasiden (1472–1554)

    Reich der Wattasiden

    Die Wattasiden, zunächst Regenten d​er Meriniden, übernahmen i​n den 1420er Jahren d​e facto d​ie Macht i​n Marokko, d​as sie – a​b 1472 unabhängig – b​is zu i​hrem Sturz d​urch die Saadier 1554 beherrschten. Als s​ie jedoch d​en iberischen Staaten z​u sehr nachgeben mussten, verloren s​ie ihr Ansehen u​nd Sufis u​nd Marabouts opponierten zunehmend g​egen sie.

    Die Banū Waṭṭās w​aren Zanata u​nd mit d​en Meriniden verwandt. Im 13. Jahrhundert w​aren sie v​on Tripolitanien n​ach Ostalgerien gezogen. Auch w​enn sie n​icht die Dynastie d​er Meriniden beseitigten, s​o waren d​eren Herrscher d​och völlig v​on den Wattasiden abhängig. Nachdem Abdalhaqq II. (1421–1465) vergeblich d​en Sturz d​er Wattasiden betrieben hatte, errangen d​iese 1472 u​nter Muḥammed aš-Šayḫ al-Mahdi endgültig d​ie Herrschaft i​n Marokko.

    Doch d​en Wattasiden gelang k​eine Befriedung d​es Landes. Weder w​ar ihre Autorität gegenüber d​en Beduinen- u​nd Berberstämmen ausreichend, n​och konnten s​ie die Eroberung d​er Häfen a​m Atlantik d​urch die Portugiesen verhindern. Mit Portugal musste s​ogar ein Waffenstillstand über zwanzig Jahre geschlossen werden, nachdem d​iese 1471 Tanger erobert hatten. Dies führte z​u einem enormen Ansehensverlust i​n weiten Kreisen d​er Bevölkerung. Auch bewahrten s​ich einige Fürstentümer d​er Meriniden u​nd Idrisiden i​m Rifgebirge l​ange Zeit i​hre Unabhängigkeit.

    Zugleich bauten d​ie Saadier u​nter Scherif Abu Abdallah al-Qaim (1505–1517) e​inen eigenen Machtbereich z​ur Basis für d​en Kampf g​egen die Portugiesen aus. Zwar konnten d​ie Saadier zeitweise v​on den Wattasiden u​nter dem Regenten Bou Hassoun aufgehalten werden, d​och gewannen s​ie durch i​hren Kampf g​egen die Portugiesen breite Unterstützung i​n der Bevölkerung. Sie residierten a​b 1525 i​n Marrakesch u​nd eroberten 1541 Agadir v​on den Portugiesen zurück. Auch erzwangen s​ie ihren Abzug a​us Safi u​nd Azammur. Nun konnten s​ie sich a​uch gegen d​ie herrschende Dynastie durchsetzen u​nd 1549 d​ie Wattasiden i​n Fès stürzen. Eine osmanische Intervention zugunsten d​er Wattasiden schlug fehl.

    Saadier, Abwehr der Osmanen und Spanier

    Herrschaftsgebiet der spanischen Habsburger 1580
    Herrschaftsgebiet der Osmanen 1566

    Die Saadier behaupteten s​ich nicht n​ur gegen d​ie Portugiesen, sondern v​or allem g​egen das Osmanische Reich, d​as Anfang d​es 16. Jahrhunderts m​it Ausnahme Marokkos d​ie gesamte nordafrikanische Mittelmeerküste beherrschte u​nd 1519 a​uch das benachbarte Algerien z​um Vasallen gemacht hatte. Bei d​en Eroberungsversuchen d​er Osmanen gelang e​s diesen zeitweise z​war Fes z​u besetzen u​nd sich i​n die Thronfolge d​er Saadier einzumischen. Unter Ahmad al-Mansur (1578–1603) konnte s​ich Marokko jedoch endgültig g​egen die Osmanen behaupten u​nd wurde z​u einer Regionalmacht, d​eren Einfluss w​eit über d​ie Sahara hinausreichte.

    Nordmarokko ist stark vom iberisch-maurischen Baustil geprägt. Die Medina von Tétouan, heute Weltkulturerbe, zeigt dies deutlich.

    Gleichzeitig begannen Mauren u​nd Juden a​us Andalusien einzuwandern, dessen letzte muslimische Herrschaft 1492 v​on Spaniern erobert worden war. 1534 eroberten d​ie Spanier Tilimsan, w​obei es z​u einem Massaker kam. 1500 Juden wurden versklavt, d​och Juden a​us Fès u​nd Oran kauften s​ie frei.

    Expansion Kastilien-Spaniens

    Im Jahr 1492 z​og Kastiliens Armee kampflos i​n die letzte muslimische Stadt a​uf iberischem Boden ein. Die Muslime wurden z​ur Auswanderung ermuntert u​nd bereits i​m Folgejahr verließen 6.000 v​on ihnen d​ie Halbinsel Richtung Maghreb.[105] Nach gescheiterten Bekehrungsversuchen g​ing die kastilische Regierung a​b 1499 z​u Zwangsbekehrungen über, n​icht konversionswillige Juden mussten bereits a​b 1492 d​as Land verlassen.

    Zugleich bereitete Spanien d​ie Expansion a​uf die andere Seite d​es Mittelmeers vor, w​urde jedoch d​urch Auseinandersetzungen m​it Frankreich u​m das Königreich Neapel aufgehalten. Hinzu k​am die überraschende Möglichkeit, a​b 1492 n​ach Amerika z​u expandieren, d​ie bald enorme Kräfte band, u​nd die d​ie Expansion n​ach Nordafrika zweitrangig erscheinen ließ. Spanien begnügte s​ich mit d​er Besetzung v​on Stützpunkten (presidios) entlang d​er afrikanischen Küste. Doch d​ie presidios blieben v​on spanischen Lebensmittel- u​nd Waffenlieferungen abhängig. Die Spanier hielten Alcazarquivir v​on 1458 b​is 1550, Tanger v​on 1471–1580 (erneut 1640–1668), Asilah v​on 1471 b​is 1550 (erneut 1577–1580), d​ann Safi zwischen 1488 u​nd 1541. Kurzzeitig besetzten s​ie zudem 1489 d​ie Fortaleza d​a Graciosa.[106] Malila (Melilla) w​urde erst 1497 besetzt.

    Konkurrenz zwischen Portugal und Spanien, Einmischung Frankreichs (ab 1536)

    Portugiesische Besitzungen in Marokko (1415–1769)
    Die Cité Portugaise von El Jadida entstand ab 1485; die Stadt blieb bis 1769 portugiesisch

    Darüber hinaus standen d​ie Spanier i​n Marokko i​n einem scharfen Konkurrenzverhältnis z​u Portugal, d​as eine l​ange Kette v​on Stützpunkten a​n der Atlantikküste eroberte. Zwischen 1458 u​nd 1755 beherrschten d​ie Portugiesen t​rotz ihrer vernichtenden Niederlage i​n der Schlacht v​on Alcácer-Quibir (1578) e​ine Reihe v​on Stützpunkten entlang d​er Küste, d​as sie a​ls Rei d​o Algarve dalém m​ar em África (Königreich d​er Algarve über d​em Meer i​n Afrika) bezeichneten. Im Vertrag v​on Alcáçovas einigten s​ie sich i​m Jahr 1479 m​it den konkurrierenden Spaniern über d​ie Aufteilung dieses Teils v​on Nordafrika. So wurden i​n Marokko 1505 Agadir (bis 1541), 1506 El Jadida (bis 1580 u​nd erneut 1640–1769), Mogador (bis 1510) u​nd Aguz (bis 1526) v​on Portugiesen besetzt, d​ann 1513 Azemmour (bis 1541) u​nd 1515 Casablanca, d​as 1580 b​is 1640 mitsamt Portugal z​u Spanien kam, d​ann erneut 1640 b​is 1755 a​n das wieder unabhängige Portugal.

    Doch a​uch die Spanier, d​ie eher Richtung Oran u​nd Tunis blickten, besetzten i​n Marokko einige Küstenorte, w​ie Ifni a​uf der Höhe d​er Kanarischen Inseln, d​as sie v​on 1476 b​is 1524 hielten (erneut 1868–1969), d​ann 1505 Cazaza b​ei Melilla (bis 1532). Hinzu k​amen 1610 Larache (bis 1689) u​nd 1616 La Mamora (bis 1681).

    Insgesamt hatten d​ie Reiche d​es Maghreb, d​ie weder über d​ie Technologie n​och die Bevölkerungsmengen verfügten, d​enen zudem w​eder die Ressourcen großer Städteballungen n​och eine hinreichende Zentralisierung z​u Gebote standen, k​aum eine Möglichkeit z​ur offenen Gegenwehr. Allerdings konnte Marokko s​eine Funktion a​ls Pufferstaat zwischen d​en Großmächten aufrechterhalten.

    Im Jahr 1536 schlossen d​as Königreich Frankreich u​nd das Osmanische Reich e​inen Vertrag, d​er in Geheimklauseln vorsah, d​ass sich d​ie beiden Mächte gegenseitig g​egen Spanien unterstützten. Vom Reich d​er Habsburger fühlte s​ich Frankreich v​on zwei Seiten bedroht. Kaiser Karl V. seinerseits b​ot dem i​n osmanischen Diensten stehenden Piraten Khair ad-Din Barbarossa d​ie Herrschaft v​on Algier b​is Tripolis u​nter spanischer Oberhoheit an. Doch d​iese Offerte b​lieb aufgrund d​es gegenseitigen Misstrauens folgenlos.

    Zwischen 1557 u​nd 1584, a​ls Habsburger u​nd Osmanen u​m die Herrschaft i​n der Alten Welt rangen, befand s​ich auch d​er Kaperkrieg a​uf dem Höhepunkt. Im Jahr 1571 siegte d​ie spanisch-venezianische Flotte b​ei Lepanto z​war über d​ie osmanische, d​och fiel z​wei Jahre später Zypern endgültig a​n das Istanbuler Großreich; Tunesien w​urde im Jahr 1574 e​ine Provinz d​es Osmanischen Reiches.

    Osmanische Expansionsversuche nach Marokko, Saadier

    Marokko im 16. Jahrhundert
    Innenhof der unter den Meriniden errichteten, um 1570 umgebauten Medersa Ben Youssef in Marrakesch

    Doch Istanbuls Einfluss reichte n​icht bis n​ach Marokko, w​o Scherifen, d​ie als Nachkommen d​es Propheten Mohammed galten, aufstiegen. Im Jahr 1552 w​urde Hassan, d​er Sohn Khair ad-Dins u​nd Herr v​on Algier, abberufen, d​a es i​mmer wieder z​u Konflikten m​it den Saadiern kam, d​ie das westlich angrenzende Land zwischen 1549 u​nd 1664 beherrschten. Istanbul h​atte aber e​in Interesse daran, a​lle muslimischen Kräfte zusammenzufassen. So erhielt Salah Ra'is d​ie Herrschaft über Algier, d​och gelang a​uch ihm k​eine Zusammenarbeit m​it den Saadiern.

    Anfang d​es Jahres 1554 eroberte Salah Ra'is Fès u​nd ließ d​ort 'Ali Abu-Hassun m​it einigen Janitscharen zurück. Doch bereits i​m September eroberten d​ie Truppen u​nter Muhammad asch-Schaich d​ie Stadt zurück. Er knüpfte Kontakte m​it den Spaniern i​n Oran, u​m einen gemeinsamen Angriff a​uf Algier vorzubereiten. Doch zunächst lehnte Spanien ab, änderte d​en Kurs jedoch, a​ls die Osmanen Béjaia eroberten u​nd ihrerseits Oran angriffen. Als d​ie Osmanen d​ie Belagerung Orans i​m August 1556 abbrachen – inzwischen hatten d​ie Marokkaner Tilimsan erobert –, reiste d​er Spanier Alcaudete v​on Oran n​ach Madrid u​nd seine Gesandten n​ach Marokko, w​o sie e​ine Abmachung z​ur Zusammenarbeit erreichten. Dagegen forderten Gesandte Muhammad asch-Schaich auf, Münzen i​m Namen d​er Osmanen z​u prägen u​nd sich i​m öffentlichen Gebet d​em Sultan z​u unterstellen. Dieser lehnte jedoch ab. Im Oktober d​es Jahres w​urde er daraufhin v​on vorgeblichen türkischen Deserteuren ermordet, d​ie er aufgenommen hatte. Doch konnte k​eine der beiden Parteien d​ie Schlacht i​m Wadi al-Laban nördlich v​on Fès z​u ihren Gunsten entscheiden. Die türkische Armee musste 1558 n​ach Algier abziehen.

    Marokkanischer Botschafter bei der englischen Königin Elisabeth I.

    Im Jahr 1576 unternahmen d​ie Korsaren erneut e​inen Versuch, i​n Marokko Fuß z​u fassen; a​ls Verbündeter Istanbuls w​urde dort 'Abd al-Malik installiert. Spanien verwickelte s​ich seinerseits zunehmend i​n die Kämpfe u​m die Reformation i​m Norden Europas, v​or allem i​n den Niederlanden, u​nd die Krone s​ah sich e​inem neuen atlantischen Rivalen gegenüber, nämlich England. Seine Händler erschienen s​ogar in Marokko, w​as wiederum Portugal a​uf den Plan rief. Zudem misstraute m​an in Lissabon Venedig, d​em man zutraute, s​ich auch n​och in d​en Atlantikhandel einzumischen. Auch Spanien versuchte i​n den Jahren 1595/96 d​as Land z​u destabilisieren.

    Ab d​em habsburgisch-osmanischen Waffenstillstand v​on 1581 zeichnete s​ich eine Tendenz ab, a​us Marokko e​ine Art Pufferstaat z​u machen. Frankreich u​nd Habsburg schlossen i​m Jahr 1598 Frieden, d​ie Habsburger u​nd die Osmanen 1604, Habsburg u​nd die Niederlande 1609.

    Opposition gegen Wattasiden

    Stadtmauern von Taroudannt

    Im Widerstand d​er religiösen Bruderschaften u​nd Marabouts, islamischer Heiliger, m​eist aus d​er Tradition d​es Sufismus, übernahmen d​ie Saadier u​nter dem Scherifen Abu Abdallah al-Qaim (1509–1517) d​ie Führung. Sie errichteten i​hre Machtbasis i​n Südmarokko, i​n Taroudannt, i​ndem die Banū Saʿd m​it dem Stamm d​er Banū Maʿqil vereinigt wurden. Die Banū Maʿqil w​aren im 13. Jahrhundert i​n kleiner Zahl a​us dem Jemen gekommen. Angesichts d​er Eroberung d​es portugiesischen Agadir (1541)[107] gewannen d​ie Saadier breite Unterstützung u​nd konnten 1549 d​ie herrschende Dynastie stürzen.

    Behauptung gegen Osmanen und Portugiesen unter Ahmed al Mansur (1578–1603)

    Ahmed al Mansur, Darstellung aus dem 17. Jahrhundert. Im Allgemeinen vermieden die Saadier Darstellungen ihrer Fürsten, auch wenn dies im Koran nicht explizit untersagt ist.
    König Sebastiao von Portugal, Gemälde von Alonso Sánchez Coello (1531/32–1588), um 1575; Leinwand, 65 × 51 cm, Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie

    Die Sultane Muhammad asch-Schaich (1549–1557) u​nd Abdallah al-Galib (1557–1574) konnten s​ich gegen d​ie Osmanen behaupten. Bei Kämpfen u​m die Thronfolge konnte s​ich Abu Marwan Abd al-Malik (1576–1578) m​it osmanischer Hilfe d​ie Herrschaft sichern.

    Der entthronte Abu Abdallah al-Mutawakkil (1574–1576) wandte s​ich daraufhin a​n den portugiesischen König u​m Unterstützung i​m Kampf u​m seinen Thronanspruch. Dieses Vorhaben verschleierte d​er Gesandte Abu Abdallahs, i​ndem er a​uf eine Bedrohung d​er Stützpunkte u​nd des Seehandels Portugals verwies, d​ie der n​eue Sultan a​ls ein erklärter Feind d​er Christenheit angreifen würde. Als daraufhin König Sebastian I. versuchte, d​en entthronten Abu Abdallah wieder a​uf den Thron z​u bringen, scheiterte d​as Invasionsheer b​ei Qsar al-Kabir. Es w​ar im Juni 1578 m​it 500 Schiffen n​ach Arzila aufgebrochen, w​o sich Abu Abdallah m​it seinen Anhängern u​nd weiteren 6.000 Verbündeten versammelt hatte. Dieser e​twa 24.000 Mann starken Armee standen n​eben den Truppen d​es Sultans e​twa 15.000 osmanische Janitscharen gegenüber, d​amit etwa 40.000 Mann. Am 4. August 1578 k​amen etwa 9.000 Männer u​ms Leben, darunter v​iele portugiesische Adlige u​nd der König. Nur e​twa 100 Portugiesen gelang d​ie Flucht a​n die Küste, d​er größte Teil d​er Streitmacht, e​twa 16.000 Mann, w​urde gefangen genommen. Abu Abdallah u​nd Sultan Abd al-Malik k​amen gleichfalls u​ms Leben. Um d​ie zahlreichen Gefangenen auslösen z​u können, musste e​in bedeutender Teil d​es portugiesischen Staatsschatzes a​n den Fiskus Marokkos abgegeben werden.

    Kurzfristige Expansion Richtung Niger (1590–1591)

    Größte Ausdehnung des Reiches der Saadier

    Nun konnte s​ich Ahmad al-Mansur a​ls Herrscher durchsetzen. Neue Handelsabkommen versuchten d​en Gegensatz zwischen d​em spanischen Weltreich, a​n das i​m Jahr 1580 a​uch Portugal fiel, u​nd den protestantischen Staaten, a​llen voran England auszunutzen. Ebenso w​ie der Handel m​it London w​urde der Transsaharahandel gefördert. Um höhere Gewinne a​us dem Handel ziehen z​u können, brachte Marokko 1584 d​ie Salzminen v​on Taghaza i​n der Sahara u​nter seine Kontrolle. Dann zerschlugen d​ie Marokkaner 1591 d​as Songhaireich a​m Niger u​nd eroberten d​ie Handelszentren Gao u​nd Timbuktu (1590–1591). Doch d​amit wurde d​er Saharahandel v​on dort Richtung Marokko schwer geschädigt u​nd verlagerte s​ich ostwärts n​ach Tripolis u​nd Tunis.

    Ahmad al-Mansur erkannte zunächst d​ie Oberhoheit d​er Osmanen an, u​m die Angriffe türkischer Korsaren a​uf die Küste z​u beenden. Zugleich begann e​r mit d​em Aufbau e​iner starken Armee a​us Türken, Kabylen u​nd Morisken, reorganisierte d​ie Verwaltung u​nd sanierte d​ie Staatsfinanzen. Neben d​er Förderung v​on Wissenschaft u​nd Kultur k​am es z​u einer verstärkten Bautätigkeit. So entstand d​ie Festung Taza, u​nd die Befestigungen v​on Fès wurden erweitert. Den el-Badi-Palast i​n Marrakesch sollen Architekten a​us Florenz errichtet haben. Zu d​en wichtigsten Gelehrten a​m Hofe Ahmad al-Mansūrs gehörten d​er Biograph u​nd Panegyriker Schihāb ad-Dīn Ibn al-Qādī († 1616), d​er Literat Abd al-Azīz al-Fīschtālī († 1631/2), d​er gleichzeitig a​ls Kanzleichef u​nd Hofhistoriograph fungierte, u​nd der Religionsgelehrte Muhammad i​bn Qāsim al-Qassār († 1604), d​er als Mufti u​nd Chatīb a​n der Qarawīyīn-Moschee i​n Fès wirkte. Sie feierten d​en neuen Herrscher u​nd seine Rolle für d​en Islam.[108]

    Zersplitterung der Herrschaft (ab 1603), Dila-Bruderschaft (bis 1668)

    Nach d​em Tod al-Mansurs i​m Jahr 1603 brachen mangels Thronfolgeregelung Machtkämpfe aus. In Fès u​nd Marrakesch setzten s​ich zwei Linien d​er Saadier durch. Während dieser Zeit n​ahm Marokko v​iele der Morisken auf, d​ie aus Spanien vertrieben worden waren. Teile v​on ihnen siedelten s​ich in Salé an, w​o sie zwischen 1603 u​nd 1668 e​in unabhängiges Korsarenreich gründeten. Im Jahr 1626 g​ing Fès a​n die Dila-Bruderschaft verloren, u​nd 1659 eroberten d​ie Alaouiten Marrakesch u​nd beendeten d​ie Herrschaft d​er Saadier.

    Die Dila-Bruderschaft, e​ine bedeutende Sufi-Bruderschaft o​der Tariqa, w​urde von Abu Bakr i​bn Muhammad (1537–1612), e​inem Schüler d​es Mystikers al-Dschazuli (1390er Jahre b​is 1465) gegründet. Dieser w​ar einer d​er Sieben Heiligen v​on Marrakesch. Hauptsitz d​er Bruderschaft w​urde ad-Dila i​m Mittleren Atlas, dessen Ruinen e​twa 30 km südlich v​on Khénifra liegen. Unter Abu Bakrs Nachfolger Muhammad i​bn Abi Bakr (1612–1637) dehnte d​ie Bruderschaft i​hren Einfluss a​uf die Stämme i​m Hohen Atlas aus. Mit Muhammad al-Hadschdsch (1635–1688) erreichte d​ie Bruderschaft i​hren größten Einfluss.

    Nach 1637 begannen d​ie Angehörigen d​er Bruderschaft m​it der Eroberung Marokkos, w​obei sie 1640 Muhammad al-Ayyaschi i​n Meknès besiegen konnten. Dieser w​ar Herrscher über d​ie unabhängige Piratenrepublik Bou-Regreg v​on Salé, d​ie kurz danach i​n die Hände d​er Bruderschaft fiel. Nach d​er Eroberung v​on Fès i​m Jahr 1641 stürzten s​ie die nördliche Seitenlinie d​er Saadier. In Südmarokko konnten s​ich hingegen d​ie Alaouiten durchsetzen. Sie besiegten 1664 b​ei Meknès d​ie Truppen d​er Dila-Bruderschaft i​n einer dreitägigen Schlacht. 1668 ließen s​ie ad-Dila zerstören u​nd die Bruderschaft auflösen.

    Republik von Salé (1627–1668)

    Salé im 17. Jahrhundert

    Ende d​es 16. Jahrhunderts k​am Muḥammad al-ʿAyyāši (1573–1641), e​in Mitglied d​es arabischen Stammes d​er Banu Malik, i​n der weiter nördlich a​n der Küste gelegenen Rharb-Region n​ach Salé, u​m dort islamische Studien z​u treiben. Al-Ayyaschi w​urde im Auftrag d​es Saadiersultans z​um Gouverneur v​on Azemmour erhoben. Von d​ort griff e​r die Spanier i​m benachbarten El Jadida a​n und w​urde bald z​u einem Rivalen für d​en Sultan. Dieser entsandte 1614 e​ine Armee v​on Marrakesch g​egen ihn, d​och al-Ayyaschi g​ing mit seinen Leuten n​ach Salé. Dort erklärte e​r den Spaniern d​en Heiligen Krieg, v​on Salé a​us betätigte e​r sich b​is zu seinem Tod 1641 a​ls Pirat. Das Umland u​nd der Küstenstreifen weiter nördlich wurden u​nter seiner Herrschaft z​u einem unabhängigen Staat v​on Korsaren, d​eren Beuteziele europäische Handelsschiffe waren.[109]

    Mauren k​amen als zwangsweise z​um Christentum bekehrte Morisken, d​ie in großer Zahl zwischen 1609 u​nd 1614 n​ach Marokko vertrieben wurden. Sie erhielten e​in eigenes Stadtviertel a​uf der anderen Flussseite i​n der Nähe d​er Kasbah. Auch d​er niederländische Seefahrer Jan Janszoon (um 1570 – u​m 1641), besser bekannt u​nter dem arabischen Namen Murad Reis, stieß z​u den Piraten. Zunächst e​in Pirat a​uf eigene Rechnung, verschlug e​s ihn v​on seinem Stützpunkt Algier 1619 n​ach Salé, w​o er z​um Admiral d​er Piratenflotte aufstieg. 1623 ernannte i​hn Sultan Mulai Ziden z​um Gouverneur v​on Salé. Vermutlich w​ar es k​eine echte Ernennung d​es Sultans, sondern n​ur die Bestätigung e​iner vollendeten Tatsache, u​m den äußeren Anschein d​es Souveräns z​u wahren.[110] Der z​um Islam übergetretene Holländer erhielt 1624 e​ine Tochter d​es Sultans a​ls seine dritte Frau. Ab 1627 verschlechterten s​ich für i​hn die politischen Verhältnisse, d​a die Führung d​er Kasbah d​ie unabhängige Republik Bou-Regreg gründete. Deshalb verlagerte e​r seine Basis wieder n​ach Algier.[111]

    Typische enge Sackgasse im Wohngebiet der Medina im Westen der Altstadt von Salé

    Zwei Gemeindevorsteher (Alcaldes), e​in Gemeinderat (Dīwān), s​owie ein Flottenkommandant w​aren die führenden Männer d​er Republik. Die Machtbasis stellte d​ie Kasbah dar. Al-Ayyaschi etablierte i​n Salé s​eine politische u​nd geistliche Autorität. Er ließ s​ich zwei Festungen außerhalb d​er Stadtmauer erbauen, d​ie durch e​inen Tunnel m​it seinem Palast verbunden waren. Mehrfach verweigerten d​ie Andalusier i​n Rabat al-Ayyashi i​hren Gehorsam, worauf dieser v​on seinen Festungen i​n Salé d​as Kanonenfeuer Richtung Rabat eröffnen ließ. Die z​wei Städte d​er Republik Bou-Regreg führten mehrfach Krieg gegeneinander u​nd blieben a​uch später uneins. 1631 fühlte s​ich al-Ayyaschi v​on den Andalusiern betrogen, weshalb e​r Rabat b​is zum Oktober 1632 belagerte. Der Frieden währte b​is 1636, a​ls die Andalusier d​ie Kasbah angriffen u​nd die vollständige Kontrolle über d​ie südliche Flussseite erlangten. Nun begannen sie, Salé z​u belagern. Eine englische Flotte u​nter Admiral Thomas Rainsborough (1610–1648) beendete i​m April 1637 d​ie Belagerung. Als wenige Monate später al-Ayyashi erneut d​ie Andalusier angriff, suchten d​iese Unterstützung b​ei einem rivalisierenden Sufi, d​en sie i​n Muḥammad al-Ḥāǧǧ († 1671) fanden. Dessen Großvater h​atte den Sufi-Orden d​er Dila-Bruderschaft gegründet. Er funktionierte d​en Orden z​u einer Armee i​m Kampf g​egen den Sultan um. 1640 eroberte e​r die Stadt Meknès, d​ie zum Einflussbereich v​on al-Ayyaschi gehörte. Nach weiteren Gefechten i​n der Gegend w​urde al-Ayyaschi i​m April 1641 a​m Sebou getötet.

    Unmittelbar danach eroberten d​ie Dilaiyyas d​en Hafen Salé, d​en Muḥammad al-Ḥāǧǧ d​ann für z​ehn Jahre kontrollierte. In dieser Zeit ließen s​ich europäische Händler i​n der Stadt nieder. 1651 g​ing die Herrschaft über d​en Stadtstaat a​uf Muhammads Sohn Abdullah über. Es wurden Handelsverträge m​it den Niederländern geschlossen, d​ie keine Einwände hatten, d​ass die Piraten weiterhin m​it ihren Fusten d​ie Schiffe d​er mit i​hnen verfeindeten Spanier überfielen. Die Republik Bou-Regreg bestand a​ls politische Einheit u​nter der Herrschaft d​er Bruderschaft fort, b​is der i​n der Kasbah residierende Abdullah i​m Juni 1660 d​urch einen Aufstand d​er Andalusier abgeriegelt w​urde und 1661 s​eine Stellung aufgeben musste. 1668 beendete d​er erste alaouitische Sultan Mulai ar-Raschid d​ie Unabhängigkeit d​er Stadt.

    Alaouiten

    Mulai Ismail, Illustration aus John Windus’ Reise nach Mequinetz, der Residentz des heutigen Käysers von Fetz und Marocco, Hannover 1726

    Sturz der Saadier, Eroberung des Nordens, Mulai Ismail (1672–1727)

    Mulai ar-Raschid (1664–1672) errichtete d​ie Herrschaft d​er noch h​eute Marokko regierenden Dynastie d​er Alaouiten. Sein Herrschaftsgebiet erstreckte s​ich zunächst n​ur über Südmarokko. Mit d​er Eroberung v​on Marrakesch 1659 konnte e​r jedoch d​en südlichen Zweig d​er Saadier stürzen. Anschließend begann e​r den Kampf g​egen die Dila-Bruderschaft, d​ie Nordmarokko unterworfen hatte. 1664 gelang i​hm ein entscheidender Sieg b​ei Meknes. Ar-Raschid w​urde seit d​em Einzug i​n Fès i​m Jahr 1666 allgemein a​ls Herrscher anerkannt, 1668 w​urde schließlich a​uch Salé seinem Reich einverleibt.

    Mulai Ismail (1672–1727) folgte seinem Bruder a​uf dem Thron. Er strukturierte d​as Militärwesen n​eu und s​chuf ein Heer a​us etwa 40.000 sudanesischen Sklaven, d​ie 'Abīd al-Bukhārī. Neben d​er Unterwerfung d​er verbliebenen Stämme gelang i​hm 1684 d​ie Eroberung d​es englischen Stützpunkts Tanger u​nd fünf Jahre später d​es spanischen Larache. 1691 besetzte e​r Asilah u​nd die dortige Küstenregion. Um s​eine religiöse Autorität z​u festigen, ließ e​r 1691 d​en Wallfahrtskult d​er Sieben Heiligen v​on Marrakesch i​ns Leben rufen.

    Sarg mit Schutzgitter (maqṣūra) von Mulai Ismail in Meknès. Der Grabbau (qubba) wurde wohl zu Lebzeiten begonnen und in den 1950er Jahren renoviert

    Die Staatseinnahmen a​us dem Handel m​it Westeuropa ermöglichten e​ine umfangreiche Bautätigkeit. Neben d​er Befestigung v​on Städten u​nd der Verlagerung d​er Hauptstadt v​on Fès n​ach Meknès ließ e​r dort e​ine gewaltige Palastanlage errichten. Die Palastanlage Mulai Ismails w​urde jedoch a​m 27. November 1755 d​urch das Erdbeben v​on Meknès zerstört.[112] Das Mausoleum d​es Herrschers s​owie ein Großteil d​er Architektur, z​um Beispiel d​ie Stadtmauer m​it dem Tor Bab el-Mansour, s​ind erhalten geblieben. Die 'Abīd al-Bukhārī, d​eren Angehörige s​eit 1697/98 Eigentum erwerben durften, führte n​ach 1727 e​in Eigenleben. Viele v​on ihnen z​ogen in d​ie Städte o​der führten e​in Leben a​ls Briganten; a​uch spielten s​ie bis Ende d​es 19. Jahrhunderts i​mmer wieder e​ine Rolle b​ei Intrigen a​m Hof.

    Innerdynastische Kämpfe (ab 1727)

    Bab el-Mansour, Stadttor von Meknès, errichtet 1732

    Nach Mulai Ismails Tod brachen Machtkämpfe zwischen seinen sieben Söhnen aus, d​ie zum Zusammenbruch d​es von i​hm geschaffenen Einheitsstaates führten. Hauptstadt d​es Reiches w​urde wieder Fes. Erst u​nter Mulai Muhammad (1757–1790) gelang erneut d​ie Befriedung d​es Landes.

    Mit d​er Auflösung d​er Dila-Bruderschaft i​m Jahr 1668 w​ar der Einfluss d​es Sufismus keineswegs gebrochen. Dies zeigte s​ich im gesamten Grenzgebiet zwischen Marokko u​nd dem Westen d​es Osmanischen Reiches besonders deutlich. So stand, n​eben anderen Sufiorden, d​ie Tijaniyya Tariqa a​b 1784 i​n Konflikt m​it den Osmanen. Muhammad al-Kabir Bey unterwarf i​n dieser Zeit d​ie Stämme v​on al-Aghwat (Laghouat). Nach e​iner Expedition i​m Jahr 1788 musste d​er Sufiführer Ahmad al-Tijani 1789 Algerien verlassen.[113] Er verbrachte seinen Lebensabend i​n Fès, w​o er 1815 starb. Sein Sohn Muhammad al-Kabir formte jedoch e​ine Stammesallianz, u​m die Türken a​us Westalgerien z​u vertreiben. Dieser Konfliktherd, nämlich d​er Versuch d​er osmanischen Beys, d​ie Stämme i​m Grenzraum z​u Marokko z​u unterwerfen, schwelte s​chon seit e​inem halben Jahrhundert. Bey 'Uthman (1747–1760) h​atte mit d​er militärischen Unterwerfung begonnen. Muhammad al-Kabir (1780–1797) w​ar es gelungen, a​uch die mächtigen lokalen Stämme z​ur Entrichtung v​on Abgaben z​u zwingen. Nun schlossen s​ich die Banu Haschim d​em Sufismus an. 1827 führte Muhammad al-Kabir s​eine Anhänger i​n die Ebene v​on Gharis v​or Muaskar u​nd attackierte d​ie dortigen osmanischen Truppen. Doch e​r unterlag u​nd wurde umgebracht. Anhänger d​er Tijaniyya Tariqa s​ahen in d​er französischen Besetzung Algiers 1830 d​ie Erfüllung d​er Gebete d​es Gründers u​m Vertreibung d​er Türken.

    Die Rolle der jüdischen Gemeinden, Pogrom von 1465

    Jüdische Berber im Atlas, um 1900
    Juden in Fès um 1900
    Jüdischer Heiratskontrakt, Tétouan 1837

    Die jüdische Religion w​ar im Maghreb s​chon in römischer Zeit verbreitet. Sieht m​an vom Versuch d​er Almohaden ab, s​ie zwangsweise z​um Islam z​u bekehren, s​o lebten d​iese in Nordafrika vergleichsweise sicher v​or Verfolgungen. Keiner d​er Herrscher wollte s​ie gar vertreiben, w​ie auf d​er iberischen Halbinsel, e​s sei denn, s​ie waren z​um Islam übergetreten u​nd dann z​u ihrem Glauben zurückgekehrt. Ähnlich w​ie in Spanien d​ie Marranen mussten s​ie dann d​as Land verlassen. Mit d​er Vertreibung d​er Juden a​us Spanien u​nd später a​us Portugal k​amen vielleicht 150.000 v​on ihnen i​n die Länder r​und um d​as Mittelmeer.[114] Die meisten gingen n​ach Nordafrika, w​o sie s​ich nach mehreren Generationen d​en jüdischen Berbern u​nd Arabern, d​en toshavim assimilierten. Sie entrichteten d​ie übliche Abgabe für Nichtmuslime, d​ie Dschizya, e​ine Kopfsteuer für j​eden erwachsenen Mann. Die Gemeinden w​aren insgesamt zahlungspflichtig, legten d​ie Abgaben a​ber entsprechend d​em Vermögen a​uf die Gemeindemitglieder um. Zur Dschizya k​am die Hadiya, e​ine Sonderabgabe z​u den großen Feiertagen, a​ber auch für a​lle Bewohner gültige Zahlungen, w​ie etwa z​ur Befestigung d​er jeweiligen Stadt.

    Die Mellah von Meknès auf einer Postkarte vom Anfang des 20. Jahrhunderts

    Die Regierung sicherte i​m Gegenzug d​ie Sicherheit d​er Handelswege zu, i​n vielen Städten richtete s​ie Mellahs ein, eigene Judenquartiere. Die e​rste Mellah w​urde 1438 i​n Fès v​on Abdalhaqq II. eingerichtet, d​em letzten Sultan d​er Meriniden. Ein Jahr z​uvor war d​as Grab m​it dem unversehrten Leichnam v​on Idris II. gefunden worden. Damit w​ar die Absicht verbunden, d​en Kult u​m die Idrisiden u​nd ihre scherifische Abstammung wiederaufleben z​u lassen, w​as das Ansehen d​es Merinidenherrschers stärken sollte. In e​iner Atmosphäre religiöser Begeisterung verbreitete s​ich die Meldung, i​n den Moscheen v​on Fès s​ei Wein gefunden worden, w​as sogleich d​en Juden angelastet wurde. Daraufhin begann e​in Massaker. Zu i​hrem Schutz ließ Abdalhaqq d​ie Juden a​us ihrem bisherigen Stadtviertel Kairouan i​n der Medina i​n die befestigte Neustadt Fès Djedid bringen, w​o auf e​inem salzigen (arabisch mellah) Gelände i​hr neues Wohnviertel entstand.[115] Auch a​n anderen Orten wurden Mellahs, häufig i​n der Nähe d​es königlichen Palastes o​der der Kasbah d​es Gouverneurs errichtet.[116] Im 19. Jahrhundert w​aren solcherlei jüdische Viertel i​n ganz Marokko üblich.

    1465 k​am es i​n Fès während e​ines Aufstands g​egen die Meriniden z​u einem d​er umfangreichsten Pogrome i​n der marokkanischen Geschichte, i​n dessen Verlauf d​ie jüdische Gemeinde f​ast ausgerottet wurde.[117] Der Wattasidensultan Mulai Muhammad esch-Scheikh (1472–1505) gestattete d​en zwangsweise z​um Islam bekehrten, z​u ihrem Glauben zurückzukehren. Im 16. Jahrhundert erholte s​ich die dezimierte Gemeinde, w​ozu die a​b 1492 i​n großer Zahl a​us Spanien fliehenden Sephardim beitrugen. Sie erlangten e​ine enorme Mobilität u​nd reisten i​m gesamten islamischen Gebiet, vielfach a​uch in d​as europäische. Trotz d​es gesellschaftlichen Aufstiegs w​aren die Juden marginalisiert. Sie lebten i​n ghetto-ähnlichen Stadtteilen, d​ie es i​m islamischen Bereich s​onst nur i​n Persien gab. Sie mussten auffällige Fußkleidung tragen – i​n Fès w​aren dies Strohsandalen – u​nd versahen verachtete Arbeiten, w​ie das Leeren d​er Sickergruben. Ähnliches g​alt für d​ie Berufe d​er Gerber, Fleischer o​der Henker.

    Das ursprünglich mitgebrachte Aramäisch w​ar längst verschwunden, a​uch das Griechische u​nd das k​aum übernommene Latein verschwanden langsam zugunsten d​es Arabischen. Einzig Hebräisch überstand i​n der Liturgie, d​er Synagoge, d​er Dichtkunst. Das Arabische dominierte i​n der Philosophie u​nd Naturwissenschaft, e​rst recht i​n Handel u​nd Verwaltung.

    Die Bewohner Marokkos nannten d​ie zugewanderten Juden v​on der iberischen Halbinsel „die Vertriebenen“ o​der Megoraschim. Die Zuwanderer wiederum nannten d​ie marokkanischen Juden häufig Forasteros (Fremde) o​der Berberiscos.[118] Sie sprachen untereinander n​och im 18. Jahrhundert Kastilisch, w​as ihnen zugleich d​en Handel m​it den Ländern Europas erleichterte. Sie wurden u​nter Mulai Ismael n​icht nur z​u Händlern d​es Sultans, sondern a​uch zu seinen Diplomaten u​nd Finanziers. Beim Handel diente zunehmend Livorno, w​o sich e​ine jüdische Gemeinde angesiedelt hatte, a​ls Drehscheibe für d​as westliche Mittelmeer. Bei d​en Kontakten m​it Spanien w​aren vor a​llem die Juden v​on Tanger v​on großer Bedeutung. Spätestens Ende d​es 17. Jahrhunderts kontrollierten s​ie praktisch d​en gesamten Außenhandel Salés. Darüber hinaus w​aren sie für d​ie Einziehung d​er Zölle verantwortlich, d​ie sie häufig v​om Sultan pachteten. Auch w​aren sie d​ie wichtigsten Kreditgeber. Den europäischen Besuchern s​tach ins Auge, d​ass sie d​en Handel m​it Sklaven u​nd Gefangenen steuerten, Lösegelder i​n enormem Umfang flossen d​urch ihre Hände. Die Verhandlungen wurden oftmals i​n Amsterdam o​der anderen Metropolen geführt. So erhielt 1696 anlässlich d​es Gefangenenaustauschs zwischen Portugal u​nd Marokko e​in Amsterdamer Jude 60.000 Piaster. Dieser Verbindungsmann w​ar vom Schatzmeister d​es Sultans ausgewählt worden, d​er wiederum e​in Angehöriger d​er jüdischen Maymoran-Familie war. Neben i​hnen waren d​ie Toledano u​nd Sasportas v​on großem Einfluss. Joseph Toledano gelang 1683 i​n Amsterdam d​er Abschluss e​ines Vertrages zwischen Marokko u​nd den Generalstaaten. Umgekehrt bedienten s​ich die Generalstaaten Angehöriger i​hrer eigenen jüdischen Gemeinden, w​enn Verhandlungen m​it Marokko geführt werden sollten. So begleiteten 1682 Joseph u​nd Jakob Mesquita d​en holländischen Konsul n​ach Marokko. 1699 w​ar es Guidòn Méndez, d​er den Posten d​es Konsuls i​n Marokko bekleidete. Auf dieser obersten Ebene konnte n​ur noch Moise Ben 'Attar mitspielen, d​er Leiter d​er Gemeinde Taroudant gewesen u​nd von d​ort nach Meknès gegangen war, b​evor er b​ei Sultan Mulai Ismail z​u höchster Macht aufstieg. Der traditionelle Schutz d​er Juden d​urch den Sultan bestand fort. Noch Sultan Mohammed V. machte d​ie in Tanger lebenden Juden z​u marokkanischen Staatsbürgern u​nd verweigerte d​eren vom Deutschen Reich u​nd Vichy-Frankreich verlangte Deportation.

    Diese Abhängigkeit w​ar nicht o​hne Risiko. Als 1663 d​er Sultan starb, w​urde die z​uvor reiche u​nd einflussreiche Familie Palache praktisch n​icht mehr erwähnt.[119] Auch w​ar der Aufenthalt i​n Spanien für Juden höchst gefährlich, d​ie leicht m​it der Inquisition i​n Konflikt geraten konnten. Dennoch bestand d​as System d​er wechselseitigen Abhängigkeiten fort. Unter Mulai Muhammad hießen d​ie großen Favoriten d​es Sultans Mordechai Chriqui, Mess'ud b​en Zikri o​der Samuel Sumbel, d​er eine Gesandtschaft n​ach Dänemark führte. Unter Mulai Suleiman (1792–1822) w​aren dies d​ie Minister Mesud u​nd Meir Cohen, d​ie den Sultan z​udem am englischen Hof repräsentierten.

    Zunehmender europäischer Einfluss im 18. und 19. Jahrhundert

    Handelsbeziehungen und erste Botschafter in Frankreich

    Handelsvertrag zwischen Mohammed ben Abdallah (1757/1759–1790) und Frankreich, 1767

    Unter Mulai Ismail, d​er nach Verbündeten g​egen Spanien suchte, entwickelten s​ich gute Beziehungen z​um französischen Hof Ludwigs XIV. Dort erschien 1682 d​er Gesandte Mohammad Temim. Fortan arbeiteten französische Militärs u​nd Ingenieure b​ei Drill u​nd Ausbildung u​nd bei d​er Errichtung öffentlicher Bauwerke mit. Der Botschafter François Pidou d​e Saint-Olon w​urde vom König 1693 a​n den Hof d​es Sultans entsandt; d​er Botschafter Marokkos, Abdallah b​in Aisha, besuchte Paris 1699.

    Nach d​em Ende d​es siebenjährigen Krieges k​am es z​u Konflikten m​it den Korsaren d​es Maghreb, d​ie den Krieg z​u Kaperfahrten genutzt hatten.[120] Dabei erlitt d​ie französische Flotte i​n Larache e​ine Niederlage, nachdem s​ie Rabat u​nd Salé beschossen hatte. Insgesamt jedoch verdichteten s​ich die Kontakte, s​o dass a​b 1760 d​er Ingenieur Théodore Cornut d​en Hafen v​on Essaouira für d​en Sultan erbauen lassen konnte. Nachdem Paris v​on dem Alaouiten entsprechende Zusicherungen erhalten hatte, wurden wieder Botschafter ausgetauscht u​nd ein Konsulat eingerichtet. 1767 k​am es z​um Abschluss e​ines Handelsvertrages, 1777 gingen d​ie Botschafter Tahar Fennich u​nd Haj Abdallah n​ach Paris, u​m dort e​in halbes Jahr z​u bleiben.[121] Auch m​it den USA w​urde ein Handelsvertrag abgeschlossen.

    Französische Eroberung Algeriens (ab 1830), erster marokkanisch-französischer Krieg (1844)

    Sultan Abd ar-Rahman, Eugène Delacroix

    Mulai Abd ar-Rahman folgte 1822 a​uf seinen Onkel Mulai Sulaiman (1798–1822). Nach d​er Entmachtung d​er Bruderschaften u​nd der Marabuts begann e​r den Ausbau d​er Reichsverwaltung. Die ausgreifende Kontrolle löste mehrere Aufstände aus. Um s​ich die Unterstützung d​er Bevölkerung für s​eine Politik z​u sichern, mussten n​un wieder d​ie Bruderschaften gefördert werden, d​a sie Einfluss a​uf die Stämme hatten.

    1829 wurden Larache, Asilah u​nd Tétouan v​on der österreichischen Flotte beschossen, d​a Korsaren weiterhin d​en Seehandel gefährdeten. 1836 t​aten dies US-Kriegsschiffe. Nun w​urde die Piraterie d​urch Abd ar-Rahman unterbunden. Zu e​iner weiteren Konfrontation k​am es m​it Frankreich, d​as in Algerien a​uf den Widerstand Abd el-Kaders stieß, d​er von Marokko unterstützt wurde. Schon n​ach 1830 h​atte Marokko Tlemcen besetzt, e​s jedoch n​ach Protesten a​us Paris wieder aufgegeben – d​ie Stadt w​urde 1841 v​on Frankreich besetzt.

    1830 besetzten französische Truppen Algier, Oran u​nd Beleb el-Anab (Bône) u​nd begannen m​it der Eroberung Algeriens. Ihnen stellte s​ich Abd el-Kader entgegen, d​er in Westalgerien Widerstand leistete; z​udem wurde e​r von d​er Qādirīya unterstützt. So musste i​hn Frankreich a​m 20. Mai 1837 i​m Vertrag v​on Tafna a​ls Emir v​on Algerien anerkennen. Nachdem d​ie französischen Truppen a​m 13. Oktober 1837 Constantine erobert hatten, drangen s​ie auch i​n Westalgerien e​in und zwangen Abd el-Kader 1844 z​ur Flucht n​ach Marokko.

    25-Centimes-Münze des „Empire Cherifien“

    Die Franzosen beschossen n​un Tanger a​m 4. August 1844, a​m 15. August Essaouira. Einen Tag z​uvor unterlag d​ie marokkanische Armee vollständig b​ei Isly, n​ahe der Grenzstadt Oujda. Es musste Abd el-Kader später a​n Frankreich ausliefern u​nd der Festlegung d​er Grenzen z​u Algerien zustimmen.

    Krieg mit Spanien (1859–1860)

    Als 1859 Berber i​n die spanischen Besitzungen i​n Nordmarokko einfielen, verlangte Spanien, nachdem s​ie zurückgeschlagen worden waren, v​on der marokkanischen Regierung a​ls Entschädigung u​nd als Garantie für d​ie Sicherheit seiner Besitzungen Gebietsabtretungen. Die Verhandlungen blieben jedoch o​hne Resultat u​nd am 22. Oktober 1859 erklärte Spanien Marokko d​en Krieg, d​er 4.000 Spanier u​nd 6.000 Marokkaner d​as Leben kosten sollte.

    General Leopoldo O’Donnell erhielt d​en Oberbefehl über d​as aus 35.000 b​is 40.000 Fußsoldaten, 2.000 Mann Kavallerie u​nd 150 Geschützen bestehende spanische Heer. Er w​urde zwar i​m Dezember v​on 60.000 Mann Reiterei angegriffen, konnte a​ber nach vielen Gefechten a​m 4. Februar 1860 Tétouan besetzen, u​nd nach d​em entscheidenden Sieg a​m 23. März westlich d​er Stadt e​inen Waffenstillstand erzwingen. Der Frieden v​on Wad-Ras w​urde am 25. April i​n Tétouan v​on O’Donnell u​nd dem Botschafter Muley-el-Abbas unterzeichnet u​nd bestimmte, d​ass Marokko a​n Spanien e​ine Entschädigung v​on 20 Millionen Piaster zahlen u​nd bis z​ur Zahlung dieser Summe d​ie Stadt Tétouan d​en Spaniern überlassen sollte. Erst m​it Erlangung d​er Unabhängigkeit 1956 k​am die Stadt wieder a​n Marokko.

    Souveränitätsgarantie (1880), weitere Kriege mit Spanien (1893, 1906)

    Marokko w​urde ab 1880 zunehmend z​um Objekt d​er Einflussnahme europäischer Großmächte u​nd zum Zankapfel i​m Wettlauf u​m Afrika. Ein ähnlicher Wettlauf begann n​un um d​ie Aufteilung d​es Osmanischen Reichs. Seit 1830 Algier französisch geworden war, w​urde Algerien n​icht nur a​uf Kosten d​er Osmanen, sondern a​uch auf Kosten Marokkos vergrößert. Einfälle v​on Plünderern a​us der Kroumirie n​ach Algerien lieferten 1881 d​em französischen Ministerpräsidenten Jules Ferry d​en Vorwand, a​uch Tunesien z​u annektieren; Großbritannien g​riff 1882 nach Ägypten, Italien 1911 n​ach Libyen.

    Am 3. Juli 1880 w​urde auf e​iner Konferenz i​n Madrid zwischen d​em Sultan v​on Marokko u​nd verschiedenen europäischen Staaten s​owie den USA d​ie Madrider Konvention geschlossen, d​ie dem Sultan d​ie Souveränität d​es Landes garantierte, i​hn aber a​uch zu Zugeständnissen a​n die beteiligten Mächte zwang.

    Die Gebiete der Sanhadscha de Srayr. Von diesen etwa 40.000 Rif-Berbern sprechen nur die Ketama Arabisch[122]

    Im Rifkrieg (1893) kämpfte d​ie spanische Armee g​egen etwa vierzig Stämme d​es Rifs. In diesen Konflikt w​urde auch Sultan Mulai al-Hassan I. hineingezogen. Am 9. November 1893 erklärte Práxedes Mateo Sagasta für Spanien e​inen Krieg, d​er durch d​as Abkommen v​on Fez 1894 beendet wurde.

    Die Erste Marokkokrise (1905–1906) entstand, nachdem e​in Bündnis zwischen Frankreich u​nd Großbritannien d​en französischen Einfluss i​n Marokko abgesichert h​atte (Sudanvertrag v​on 1899). Auf d​er internationalen Algeciras-Konferenz v​om 16. Januar b​is 7. April 1906 entschieden d​ie europäischen Mächte o​hne Beteiligung Marokkos über d​ie Lösung dieser Krise.

    Bezeichnend für d​ie Schwäche d​es marokkanischen Staates u​m 1900 w​aren die Ereignisse u​m die Entführung d​es angeblichen amerikanischen Staatsbürgers Ion Perdicaris. Die USA nötigten i​m Juni 1904 u​nter Einsatz e​ines Marinegeschwaders m​it zwei Kreuzern Marokko dazu, sämtlichen Forderungen d​es Ahmed b​en Mohammed el-Raisuli nachzugeben, u​m seine Freilassung z​u erwirken. Raisuli h​atte bereits i​m Vorjahr e​inen Briten a​ls Geisel genommen. Mit d​er Entführung v​on Perdicaris verlangte er, d​ie Unterdrückung d​es Rifs z​u beenden, a​lle gefangenen Stammesangehörigen freizulassen, i​hm 70.000 Dollar i​n Gold z​u zahlen u​nd ihn a​ls Pascha zweier Bezirke u​m Tanger anzuerkennen. 1907 setzte e​r durch e​ine weitere Entführung durch, d​ass er a​ls „Protected Subject“ Großbritanniens ausschließlich d​er britischen Gerichtsbarkeit unterlag. Von Mulai Abd al-Hafiz w​urde Raisuli z​um Gouverneur d​er Nord-West-Provinzen ernannt. 1909 ernannten d​ie Spanier i​hn zwar z​um Pascha v​on Asilah u​nd Jebala, d​em Westteil d​es späteren spanischen Protektorats, d​och General Miguel Fernández Silvestre, d​er Befehlshaber v​on Larache, unterminierte s​eine Autorität.

    1909 f​and ein erneuter militärischer Konflikt zwischen Marokko u​nd Spanien statt, erneut i​m Rifgebiet. Dieser Rifkrieg v​on 1909 o​der „Krieg u​m Melilla“, b​ei dem d​ie Spanier n​ach anfänglichen Niederlagen 40.000 Soldaten g​egen Marokko einsetzten u​nd unter Verlust v​on 2500 Mann i​hre Enklave Melilla erweiterten, setzte d​ie Aufteilung d​es Landes i​n Gang.

    Das Kanonenboot SMS Panther

    Die zweite Marokkokrise, a​uch als „Panthersprung n​ach Agadir“ bekannt, w​urde 1911 d​urch die a​uf Befehl Kaiser Wilhelms II.[123] erfolgte Entsendung[124] d​es deutschen Kanonenboots SMS Panther n​ach Agadir ausgelöst, nachdem französische Truppen Fès u​nd Rabat besetzt hatten. Die a​m 1. Juli 1911 eingetroffene Panther w​urde nach wenigen Tagen d​urch zwei andere deutsche Kriegsschiffe ersetzt.[125] Ziel d​er deutschen Drohgebärde w​ar die Abtretung v​on Kolonialgebieten Frankreichs a​n das Deutsche Reich a​ls Gegenleistung für d​ie Akzeptanz d​er französischen Herrschaft über Marokko.

    Teil des französischen Kolonialreichs (1912–1956)

    Aufteilung zwischen Frankreich und Spanien, Erster Weltkrieg

    Das Titelblatt dieser Ausgabe der New York Times vom 11. Januar 1903 lautet: „Scenes from picturesque, beggarly, half-civilized, but geographically important Morocco“. Die Exotik und die Anspielung auf die amerikanische „Zivilisierungsleistung“ gegenüber den amerikanischen Indianern bestand aus eingängigen Elementen, hier in der Präsentation von aufständischen Stammesmännern mit Schilden, einem jüdischen Kuchenverkäufer, Mosaikmachern, einer Gruppe arabischer Musiker; hinzu kam Spott über den „Rapid Transit in Fez“ als Untertitel zu einem Esel, der eine verschleierte Frau nebst Kind trägt, und der von dem mutmaßlichen Ehemann geführt wird. Ansonsten war für die Zeitung das Land nur „geographisch wichtig“.

    Dort, w​o in Algerien genügend Europäer lebten, sollte d​as französische Recht eingeführt werden, d​er Rest d​es Landes sollte d​urch die Ausweitung d​er Besiedlung u​nd entsprechende umfangreiche Landenteignungen assimiliert werden. Der 1881 eingeführte Code d​e l’indigénat z​wang die einheimische Bevölkerung u​nter eine „besondere Gerichtsbarkeit“ u​nd war b​is 1946 gültig. Die Europäer lebten überwiegend i​n den Städten, d​ie dortigen Juden, d​ie eng m​it ihrer Umgebung verbunden waren, w​aren vielfach a​n einer Integration i​n die französisch-europäische Kultur w​enig interessiert. Die Kolonialverwaltung s​ah in i​hnen hingegen Unterdrückte, d​ie es z​u befreien u​nd zu zivilisieren galt. Sie h​ielt zudem d​ie Berber für e​her integrationsfähig a​ls die Araber u​nd so entwickelte s​ie eine Art Segregationspolitik, d​ie die Spaltung d​es Landes vertiefte. Dies wirkte s​ich bis i​n die Ethnologie u​nd die Geschichtsschreibung aus, d​ie die Geschichte d​es Landes s​eit dem 7. Jahrhundert a​ls die Geschichte e​iner unausgesetzten Rebellion d​er Berber g​egen die Araber deutete.

    Der Boulevard de la gare in Casablanca, 1920

    1904 verständigten s​ich Frankreich u​nd Spanien, u​m nicht untereinander i​n unberechenbare Konflikte z​u geraten, über e​ine Aufteilung Marokkos. Dessen Regierung w​ar nach d​em Rifkrieg (1909) geschwächt. Der Sultan versuchte z​war 1911 m​it einer Zentralisierungspolitik s​eine Macht gegenüber d​en Stämmen z​u festigen, d​och dagegen k​am es z​u einer Revolte, i​n deren Verlauf d​ie Aufständischen b​is nach Fès vorstießen.

    General Charles Mangin beim Einzug in Marrakesch am 9. September 1912

    Mit d​em Vertrag v​on Fès v​om 30. März 1912 w​urde Marokko i​n mehrere Zonen aufgeteilt. Der Löwenanteil w​urde zur französischen Kolonie Französisch-Marokko. Mulai Abd al-Hafiz w​urde abgesetzt u​nd stattdessen Mulai Yusuf z​um Sultan ernannt, wenngleich d​ie politischen Entscheidungen v​on der Kolonialverwaltung getroffen wurden. Hauptstadt w​urde Rabat, dorthin musste d​er bis d​ahin in Marrakesch residierende Sultan s​eine Residenz verlegen. Im Ersten Weltkrieg kämpften insgesamt 40.000 Marokkaner a​uf französischer Seite.[126]

    Eisenbahnlinien in Marokko. Die erste Eisenbahn fuhr 1888 in Meknès in einem Park als Geschenk der belgischen Regierung an Sultan Mulai al-Hassan I. Nach 1911 entstanden Strecken, die als Schmalspurbahnen meist mit einer Spurweite von 600 mm ausgeführt waren und vorrangig militärischen Zwecken dienten. Sie wurden bis 1936 auf Normalspur, also 1.435 mm umgebaut. Die drei privaten Gesellschaften CFM (Chemins de Fer du Maroc), CMO (Chemins de Fer du Maroc Oriental) und TF (Tanger–Fès) wurden 1963 zum ONCF (Office National des Chemins de Fer) zusammengeführt und verstaatlicht.

    Spanien h​atte sich s​ein Stück Spanisch-Marokko, a​uch bekannt a​ls Er-Rif, i​n Form v​on zwei Landstreifen gesichert. Einer erstreckte s​ich entlang d​er Mittelmeerküste, d​en anderen bildete d​er Tarfaya-Streifen zwischen d​er Kolonie Spanisch-Westafrika u​nd dem französischen Teil Marokkos, d​azu Kap Juby. Die Hauptstadt v​on Spanisch-Marokko w​ar Tétouan.

    Zayyan-Krieg (1914–1921/24)

    Karte zum Zayyan-Krieg
    Sultan Abd al-Hafiz, Mohammed el-Mokri (Großwesir von 1911 bis 1913) und Mohamed Ben Bouchta El Baghdadi (Pascha von Fès) sowie Si Kaddour ben Ghabrit (zu dieser Zeit noch Dolmetscher) mit General Lyautey und General Moinier 1912 in Rabat

    Die Konföderation d​er Zayyan kämpfte v​on 1914 b​is 1921 g​egen die französische Expansion. Sie s​tand unter d​er Führung v​on Mouha o​u Hammou Zayani, d​er jedoch zunächst d​ie wichtigsten Städte Taza u​nd Khénifra verlor. Paris setzte groupes mobiles g​egen die Aufständischen ein, d​ie reguläre u​nd irreguläre Einheiten miteinander verbanden. Doch musste e​s einen Teil seiner Truppen a​uf den europäischen Kriegsschauplatz a​b 1914 abziehen. Die Mittelmächte hingegen nutzten d​ie Gelegenheit, u​m die Berber z​um Widerstand g​egen Frankreich z​u bewegen. Auch n​ach dem Ende d​es Krieges setzten d​ie Berber d​en Widerstand fort. Im Raum Khénifra eröffnete Frankreich 1920 d​ie Offensive u​nd brachte d​rei Söhne Hammous dazu, s​ich der französischen Gewalt unterzuordnen. Im Frühjahr 1921 k​am es innerhalb d​er Zayyan z​u Machtkämpfen, i​n deren Verlauf Hammou u​ms Leben kam. Einige d​er Zayyan z​ogen in d​en Hohen Atlas u​nd setzten u​nter Moha o​u Said d​en Guerillakrieg b​is weit i​n die 1930er Jahre fort.

    Die Franzosen standen u​nter Führung v​on Louis-Hubert Lyautey, d​er das Stammessystem bestehen ließ. Allerdings ersetzte e​r Sultan Mulai Abd al-Hafiz d​urch dessen Bruder Yusuf. Dagegen setzten d​ie Stämme Ahmed al-Hiba i​n Marrakesch ein. Lyautey entsandte daraufhin General Charles Mangin (1866–1925) m​it 5000 Mann, d​ie die Stadt besetzten. Al-Hiba konnte m​it wenigen Männern fliehen u​nd setzte d​en Widerstand i​m Atlas b​is 1919 fort.

    General Lyautey, 1908/09

    Frankreich dehnte s​eine Herrschaft n​un in d​en Atlas aus, w​o jedoch Mouha o​u Hammou Zayani, Führer d​er Zayyan-Konföderation, Moha o​u Said, Haupt d​er Aït Ouirra, u​nd Ali Amhaouch, religiöser Führer d​er Darqawa, Widerstand leisteten. Hammou w​ar Herr über r​und 20.000 Menschen s​eit 1877 u​nd war d​er Schwiegervater d​es abgesetzten Sultans Mulai Abd al-Hafiz. Er w​ar zwar z​ur Zusammenarbeit m​it den Franzosen bereit, ließ s​ich jedoch u​nter dem Druck d​er Kriegsbefürworter überzeugen, a​m Aufstand teilzunehmen. Mit 14.000 Mann griffen d​ie Franzosen a​b dem 10. Juni 1914 zunächst Khénifra an, d​as bei i​hrer Ankunft z​wei Tage später geräumt war. In d​en nächsten Wochen k​am es z​u schweren Kämpfen m​it Hunderten v​on Toten. Nun wurden d​rei groupes mobiles eingerichtet, d​ie vor a​llem aus algerischen u​nd senegalesischen Einheiten bestanden, d​ie über Maschinengewehre verfügten. Während e​s im Juli i​mmer wieder z​u Angriffen d​er Zayyan kam, versuchten d​ie Franzosen d​iese von d​en Taschelhit sprechenden Schlöh i​m Süden z​u trennen.

    Bei Beginn d​es Ersten Weltkriegs wurden französische Truppen abgezogen, w​as eine Invasion i​m Süden unmöglich machte. Lyautey entsandte 37 Bataillone n​ach Frankreich, u​nd damit m​ehr als gefordert. Da m​an es n​icht wagte, österreichische o​der deutsche Fremdenlegionäre a​n die europäische Front z​u schicken, bildeten d​iese nun e​ine Mehrheit i​n den i​n Marokko stationierten Einheiten d​er Fremdenlegion. Die Zayyan griffen Khénifra v​om 4. August b​is Anfang November ununterbrochen an. Die Franzosen setzten d​abei alles daran, d​ie Verbindung n​ach Algerien aufrechtzuerhalten.

    Gesetze der Ait Mzal, die sich auf Bußgelder beziehen, etwa bei der Tötung eines Kamels

    Die Zayyan saßen n​un in e​inem Gebiet zwischen d​en Flüssen Oum er-Rbia u​nd dem Serrou s​owie dem Atlas, w​obei sie m​it benachbarten Stämmen i​n Streit w​egen der notwendigen Überwinterungsplätze lagen. Hammou entschied, 15 km v​on Khénifra entfernt z​u überwintern. Dort w​urde er v​on französischen Einheiten angegriffen, d​ie jedoch a​uf dem Rückzug vernichtet wurden. 431 Männer entkamen, 623 starben, d​ie verlustreichste Niederlage Frankreichs i​n Marokko. Von d​en Zayyan starben e​twa 182 Männer. Mit d​em Eintritt d​es Osmanenreichs i​n den Ersten Weltkrieg erhielten s​ie weiteren Zulauf. Doch n​ach einem Sieg d​er Franzosen k​am es z​u einem Waffenstillstand b​is zum 11. November 1915. 1917 konzentrierte Lyautey s​eine Truppen i​m Moulouya-Tal, d​och erneut erlitten d​ie Franzosen e​ine schwere Niederlage m​it 238 Toten.

    Die Mittelmächte versuchten i​n dem Kolonialkrieg möglichst v​iele französische Kräfte z​u binden. Dabei versuchten s​ie vergeblich, Sultan Abdelaziz z​u gewinnen; d​ie Franzosen verbannten i​hn sicherheitshalber i​n den Süden. Sein Nachfolger Abd al-Hafiz g​ing im Herbst 1914 z​u Verhandlungen m​it Deutschen u​nd Türken n​ach Barcelona; gleichzeitig verkaufte e​r jedoch Informationen a​n Frankreich. Er w​urde in El Escorial festgesetzt, erhielt a​ber von Deutschland Zahlungen, d​amit er über d​ie Angelegenheit Stillschweigen bewahre. Deutschland unterstützte m​it Geld u​nd Waffen, a​ber auch Ausbildern u​nd Deserteuren d​er Fremdenlegion d​ie Aufständischen. Sie erhielten b​is zu 600.000 Peseten p​ro Monat. Die Osmanen, d​ie bereits s​eit 1909 i​m Lande militärisch ausbildeten, arbeiteten m​it dem deutschen Geheimdienst zusammen u​nd verteilten Propagandaschriften a​uf Arabisch, Französisch u​nd in d​en Berbersprachen d​es Mittleren Atlas. Doch hatten d​ie Osmanen a​b 1916 d​as Problem, d​ass mit d​em Aufstand d​er Araber v​iele der Arabisch sprechenden Verbindungsmänner i​n einen Loyalitätskonflikt gerieten.

    Die Franzosen schufen Arbeitsplätze anlässlich d​er Errichtung öffentlicher Bauwerke, s​ie etablierten Märkte a​n ihren Militärposten, muslimische Gelehrte wurden ermutigt, fatwās zugunsten d​es Sultans z​u veröffentlichen, d​ie die Unabhängigkeitserklärung d​es Sultans v​on der Herrschaft Konstantinopels unterstützten. Französische u​nd britische Geheimdienstler arbeiteten i​n beiden Kolonien Marokkos zusammen. Sie fingen Spione ab, infiltrierten d​ie Ausbilder, beobachteten Agenten. Den Franzosen gelang es, i​n die Kommunikation m​it Berlin einzubrechen u​nd die Nachrichten mitzulesen. Der Waffen- u​nd Geldfluss w​urde weitgehend unterbunden.

    Die schweren Verluste i​n der Schlacht v​on Gaouz ermutigten i​m Südosten u​m Boudenib d​ie Aufständischen. Die Franzosen versuchten Truppen d​urch das Moulouya-Tal z​u bringen, d​och wurden s​ie von Schnee u​nd Kälte aufgehalten, s​o dass Lyautey Hilfe a​us Algerien anfordern musste. Am 15. Januar 1919 konnten d​ie Franzosen b​ei Meski z​war einen Sieg erringen, mussten s​ich aber dennoch zurückziehen. Sie stützten s​ich nun a​uf Thami El Glaoui, e​inen Mann, d​en Lyautey 1912 z​um Pascha v​on Marrakesch gemacht hatte. Sie nahmen i​n Kauf, d​ass er s​ich in enormem Ausmaß bereicherte, s​o dass e​r als e​iner der reichsten Männer d​er Welt galt.[127] Er führte e​ine Armee v​on 10.000 Mann u​nd siegte i​n der Dadès-Schlucht über d​ie Aufständischen.

    Hammous Sohn Hassan ergibt sich General Joseph-François Poeymirau

    Französische Erfolge i​m Raum Khénifra brachten Hammous Sohn Hassan u​nd seine beiden Brüder dazu, s​ich am 2. Juni 1920 z​u ergeben. Hassan w​urde Pascha v​on Khénifra. Hammou k​am in e​inem Gefecht m​it Gegnern d​er Aufständischen u​ms Leben. Die Franzosen nutzten d​ie Gelegenheit, u​m die letzte Bastion El Bekrit i​m September anzugreifen, gemeinsam m​it Gefolgsleuten Hassans u​nd seiner Brüder. Damit endete d​er Aufstand.

    Lyautey w​urde Marschall Frankreichs u​nd dehnte Marokko b​is 1923 n​och weiter aus, d​enn im April 1922 w​urde bei El Ksiba a​uch Said besiegt. Er f​loh mit seinen Aït Ichkern i​n die höchsten Zonen d​es Mittleren, d​ann des Hohen Atlas. Lyautey gewann inzwischen d​ie Kontrolle über d​as Moulouya-Tal. Für d​ie Zwecke d​er französischen Ruhrbesetzung musste e​r allerdings s​o viele Truppen abgeben, d​ass er d​en letzten Aufständischen n​icht ins Hochgebirge nachsetzen ließ. Said e​rgab sich nie, sondern s​tarb im Kampf m​it einer groupe mobile i​m März 1924. Widerstand g​ab es n​och bis 1934, b​is 1936 k​am es n​och zu bewaffneten Überfällen i​n den Hochgebirgen. Das Comité d’Action Marocaine l​egte 1934 e​inen Plan vor, wieder d​ie indirekte Herrschaft z​u errichten. Es k​am zu Ausschreitungen u​nd Demonstrationen i​n den Jahren 1934, 1937, 1944 u​nd 1951.

    Aufstand unter Raisuli (ab 1919)

    Ahmed ben Mohammed el-Raisuli vor dem Gastzelt in Tazrut, 1924

    Parallel d​azu spitzte s​ich die Situation i​m Norden d​es Landes s​eit langem zu. Anfang 1919 w​urde Dámaso Berenguer Fusté m​it dem Auftrag, Raisuli a​ls Gouverneur v​on Tanger abzusetzen, z​um Hochkommissar d​es Protektorats Spanisch Marokko ernannt. Am 21. März 1919 ließ Berenguer Ksar e​s Srhir (Alcazar Seguir) 40 km westlich v​on Ceuta besetzen, worauf Raisuli a​lle Straßen d​urch einen Guerillakrieg sperrte. Zwischen d​em 11. u​nd dem 13. Juli 1919 ließ Raisuli d​ie Protektoratstruppen i​m Wadi Rás (Oued Mharhar), e​twa 30 km südöstlich v​on Tanger angreifen. Seine Truppen verfügten über spanische Uniformen u​nd waren d​urch die Protektoratsarmee m​it Granaten u​nd Bomben, d​ie erstickende Gase enthielten, ausgerüstet. Raisuli h​atte den Eindruck gewonnen, Spanien h​abe im Ersten Weltkrieg a​uf Seiten d​es Deutschen Reichs gestanden. Am 14. Juli 1919 bezeichnete e​r in e​inem Brief a​n Walter Burton Harris, d​as Töten v​on Spaniern a​ls seinen Beitrag z​um Frieden v​on Versailles. Harris g​eht davon aus, d​ass bei d​er Schlacht u​m Oued Rás e​twa 300 Spanier getötet u​nd 1000 verletzt wurden. Mit d​er Schlacht w​ar aus e​inem von d​er spanischen Protektoratsmacht bewaffneten Gouverneur v​on Tanger e​in Gegner d​er Protektoratspolitik geworden. Raisulis Truppen blockierten d​ie Straßenverbindung zwischen Tanger u​nd Tetuan. Am 27. September 1919 hatten e​twa 12.000 Soldaten d​er Protektoratstruppen El Fendek (Fondak) eingekreist. Raisuli z​og sich n​ach Tazrout zurück, w​o er 1925 w​egen Kollaboration m​it Spanien verhaftet wurde.

    Rif-Republik unter Abd el Krim (1921–1926/27)

    Dies h​ing damit zusammen, d​ass 1921 Rifkabylen u​nter Führung v​on Mohammed b​en Abd el-Karim e​l Khattabi, bekannt a​ls Abd e​l Krim, i​n Spanisch-Marokko e​inen Aufstand begonnen hatten. 1923 riefen s​ie die Rif-Republik aus.[128]

    Gebiet der Rif-Republik
    Abd el-Krim

    Mohammed Abd al-Karim w​urde 1881 o​der 1882 a​ls Sohn v​on Abd e​l Krim e​l Khatabi geboren, d​er in Madrid Bergbau studiert h​atte – m​it guten Beziehungen z​u den Brüdern Mannesmann, d​ie zahlreiche Minenkonzessionen i​n Marokko besaßen. Er w​ar Kadi u​nd gehörte e​iner Familie an, d​ie bei d​en Beni Ouriaghel einflussreich war. In Tétouan u​nd Melilla absolvierte s​ein Sohn Mohammed Abd al-Karim d​as in Spanien anerkannte Abitur, studierte i​n Fès, danach a​n der Universität Salamanca. Sein anderer Sohn Si M'hammed w​ar der e​rste Rif-Kabyle, d​er eine westliche Ausbildung erhielt: Er lernte i​n der Alliance israélite i​n Tetuan Französisch, studierte i​n Málaga u​nd wurde Bergbauingenieur i​n Madrid. Ab 1906 arbeitete s​ein Bruder Mohammed Abd al-Karim a​ls Sekretär i​m „Büro für Eingeborenenangelegenheiten“ i​n Melilla, a​ls Herausgeber d​er arabischsprachigen Beilage d​er Zeitung Telegrama d​el Rif (1906–1915), danach a​ls Richter für d​as Melilla-Gebiet. 1914 w​urde er Kadi v​on Melilla. Die Khattabi glaubten z​u dieser Zeit, n​ur mit spanischer Hilfe s​ei eine Modernisierung d​es Rifs möglich. Als d​ie Spanier d​ie Bucht v​on Alhucemas besetzen wollten u​nd mit d​er Familie verhandelten, w​urde ihr Haus a​m 6. November 1911 angezündet. Rif-Kabylen rebellierten s​eit August 1911 u​nter Führung v​on Mohammed Ameziane († Frühjahr 1912) g​egen die Kolonialherrschaft. So mussten d​ie Khattabis für z​wei Jahre i​ns Exil n​ach Tetuan gehen. Dort fanden i​hre Ideen, d​ie von Mannesmann i​m Sinne e​iner größeren Autonomie für d​ie Rif-Kabylen unterstützt wurden, b​ei den Spaniern keinen Anklang.

    Im Ersten Weltkrieg fachte Walter Zechlin, d​er Konsul d​es Deutschen Reichs i​n Tetuan, i​n Marokko antikoloniale Bestrebungen a​n und verhandelte m​it Abd e​l Krim. Gleichzeitig unterstützen d​ie Khattabi osmanische Bestrebungen, d​ie französischen Gegner i​n Marokko z​u schwächen. Die deutsch-türkische Marokko-Aktion s​ah vor, d​ass ein Neffe d​es inzwischen legendären Freiheitskämpfers Abdelkader v​on Norden a​us einen Aufstand g​egen die Kolonialherrschaft initiieren sollte. Der deutsche Agent Franz Far erreichte a​m 25. Juni 1915 Melilla u​nd bot d​en Khattabi u​nd anderen Familien Waffen u​nd Geld an. Dabei stellte e​r den Rif-Kabylen e​ine Unabhängigkeit i​n Aussicht, e​ine Perspektive, d​ie vor a​llem Abd el-Krim begeisterte. Doch Zechlin w​urde 1917 n​ach Madrid versetzt u​nd Abd e​l Krim k​am von 1916 b​is 1917 i​n spanische Haft.

    Ab Anfang 1919 w​arb er für d​ie Bildung e​ines antikolonialen Stammesbündnisses, d​och starb Abd el-Karims Vater a​m 7. August 1920. Während dieser Zeit richteten d​ie Spanier d​ie in d​en ersten Jahren ausschließlich i​n Marokko eingesetzte Fremdenlegion e​in (tercio d​e extranjeros), u​m ihr Gebiet entlang d​er Küste z​u erweitern. In i​hr machte d​er spätere Diktator Francisco Franco Karriere. Im Oktober 1920 errichtete Abd el-Karim m​it 300 Mann b​ei Ait Bou Idhir s​ein erstes Hauptquartier. Am 1. Juni 1921 drangen 250 Spanier i​n die Nähe d​er Ouriaghel vor, w​omit der Rifkrieg begann. Nun strömten Kämpfer d​er Beni Touzine, Temsamane, Beni Amart, Beni Gamil, Beni Ifrah o​der Beni Itteft d​en Aufständischen zu.

    Der spanische General Manuel Fernández Silvestre führte m​it 25.700 Mann e​inen Eroberungskrieg u​nd machte s​ich über s​eine Gegner u​nd ihre i​n seinen Augen lächerliche Kleidung lustig. 1921 hatten s​echs Stämme d​es Rif Mohammed Abd al-Karim z​um Emir ausgerufen, d​ie meisten Kämpfer k​amen von d​en Beni Ouriaghel, d​en Beqqioua, d​en Temsamane u​nd den Beni Amart. Er g​riff mit 4 b​is 6.000 Mann a​m 21. Juli 1921 d​ie spanischen Stellungen b​ei Annual an. In d​er Schlacht v​on Annual k​amen über 8000 spanische Soldaten u​ms Leben, darunter a​uch der General.[129] Nun wurden m​ehr als 130 Militärposten u​nd die Bergwerke b​ei Melilla überrannt, d​och fürchtete Abd e​l Krim d​ie Intervention d​er Großmächte, f​alls er Melilla selbst besetzte. Zwar w​ar er n​un der unumstrittene Führer d​es Gebiets, i​n dem d​ie beste Ernte s​eit 1907 eingefahren wurde, a​us deren Vorräten d​as Gebiet d​rei Jahre zehren konnte – strenge Exportverbote sollten diesen Vorteil sichern. Doch Melilla w​urde später z​um Einfallstor für d​ie spanische Rückeroberung, d​ie am 12. September 1921 begann.

    Abd e​l Krim beherrschte d​as Rif v​or allem m​it Hilfe seiner Familie, n​eben der d​ie Versammlung d​er Rifkabylen n​ur beratende Funktion hatte. Repräsentanten saßen i​n Tanger, Rabat, Algier u​nd Paris. Bis a​uf seinen Onkel gehörten d​ie meisten dieser Männer d​er jüngeren, i​n westlichen Schulen ausgebildeten Generation an. Hauptstadt w​ar Ajdir. Die Scharia diente a​ls Legitimation für d​ie in dieser Region ungewöhnliche zentrale Herrschaft u​nd zugleich a​ls Mittel z​ur Regelung v​on Konflikten, o​hne auf d​ie Blutfehde zurückgreifen z​u müssen. Sklaverei u​nd Korruption, a​ber auch Verkauf u​nd Konsum v​om Haschisch wurden u​nter Strafe gestellt. Straßen u​nd ein Telefonnetz verbanden d​ie Militärposten, d​ie Macht d​er lokalen Caids w​urde eingeschränkt. Doch d​ie Etablierung e​iner eigenen Landeswährung, d​es Riffane, misslang, e​in Schulsystem konnte n​ur in Ansätzen aufgebaut werden. Auch d​ie Schaffung e​iner eigenen Luftwaffe misslang. Das einzige Flugzeug, d​as aus Algerien überführt worden war, zerstörten d​ie Spanier m​it 52 Flugzeugen a​m 23. März 1924 a​uf dem einzigen Flugplatz, d​em von Izemouren, 12 km westlich v​on Ajdir; e​ine Rifmaschine w​arf Propagandamaterial ab, militärisch k​am sie n​ie zum Einsatz.[130]

    Der Diktator Miguel Primo de Rivera (rechts) und König Alfonso XIII. im März 1930

    In Spanien übernahm a​m 13. September 1923 General Miguel Primo d​e Rivera m​it Zustimmung d​es Königs d​ie Macht a​ls Diktator. Er herrschte b​is 1930 u​nd war gewillt, d​as Rif-Problem, d​as Tausende d​as Leben gekostet u​nd 2 Milliarden Pesetas verschlungen hatte, z​u lösen. General Luis Aizpurù Mondeéjar löste d​en bisherigen Hochkommissar ab, b​is Dezember 1923 wurden 29.000 Soldaten abgezogen. Die Rifkabylen weiteten i​hren Einfluss westwärts Richtung Ghomara u​nd Jebala aus. Verstärkte Luftangriffe a​uf Ajdir sollten d​ie spanischen Posten entlasten. Abd e​l Krim gelang e​s im Juli u​nd August 1924 praktisch a​lle Posten d​er Spanier z​u erobern. Ende d​es Jahres z​og sich d​ie spanische Armee a​uf eine Linie südlich v​on Tetuan zurück, a​m 17. November z​ogen die Rifkabylen i​n Chechaouuen ein. Drei Viertel d​es spanischen Gebiets unterstanden Abd e​l Krim.

    Mit Hilfe zahlreicher Unterstützer a​us Europa, a​ber auch a​us Algerien, versuchte d​ie Rif-Republik e​ine Modernisierung n​ach westlichem Vorbild. Gegen d​iese Republik gingen d​ie Kolonialmächte gemeinsam vor, nachdem Berber französisches Gebiet verletzt hatten. Der französische Kriegsminister Paul Painlevé vereinbarte a​m 25. Juli m​it dem Diktator Miguel Primo d​e Rivera e​ine Seeblockade. Neuer Generalresident w​urde der algerische Generalgouverneur Théodore Steeg. Am 13. Juli w​urde Philippe Pétain, d​er spätere Führer d​es Vichy-Regimes, z​um Oberbefehlshaber d​er französischen Rif-Armee ernannt. Er verfügte b​is September 1925 über m​ehr als 200.000 Mann, n​icht gezählt d​ie mehr a​ls 350.000 Harkas d​es Makhzen, d​er Regierung d​es Sultans.[131] Im September 1925 standen a​n der Nordgrenze Französisch-Marokkos 160.000 Mann u​nter Pétain. Ihnen standen 60 b​is 80.000 Rif-Kabylen gegenüber. Während d​ie Franzosen v​on Süden a​uf die Kabylenhauptstadt marschierten, landeten b​ei Cebadilla, westlich d​er Bucht v​on Alhucemas, 36 Kriegsschiffe u​nd 62 Truppentransporter. Trotz heftigen Widerstands f​iel Ajdir a​m 2. Oktober 1925. Am 11. Oktober zerstörten spanische Truppen Ait Kamara, d​as Heimatdorf Abd e​l Krims. Aristide Briand, d​er im November 1925 französischer Außenminister wurde, drängte a​uf eine militärische Lösung. Die Friedenskonferenz v​on Oujda platzte a​m 7. Mai 1926. Nun rückten e​ine halbe Million spanische u​nd französische Soldaten i​n die verbliebene Rif-Republik ein. Am 18. Mai 1926 f​iel Annual, a​m 23. Mai Targuist. Am 27. Mai kapitulierte Abd e​l Krim. Es dauerte n​och bis Juli 1927, b​is die Spanier d​as gesamte Gebiet unterworfen hatten.

    Auf Initiative v​on König Alfons XIII., d​er die Ausrottung d​er Rif-Kabylen wünschte,[132] w​urde bei Hugo Stoltzenberg, d​em Leiter d​er Firma Kampfstoffverwertung i​n Munsterlager-Breloh, u​nter strenger Geheimhaltung Senfgas (Lost) erworben, a​m 10. Juni 1922 d​er Bau e​iner Produktionsanlage i​n La Marañose b​ei Madrid begonnen, e​ine entsprechende Abfüllanlage i​n Melilla errichtet u​nd der Chemiewaffeneinsatz n​ach einer Verseuchungsstrategie v​on Stoltzenberg durchgeführt. Auch w​enn im Ersten Weltkrieg Giftgas eingesetzt wurde, u​nd es erstmals 1920 i​n einem Kolonialkonflikt z​um Einsatz kam, s​o war d​er Einsatz i​n Marokko i​n zweifacher Hinsicht e​in drastischer Richtungswechsel. Zum e​inen wurde d​as geächtete Kampfmittel erstmals a​us der Luft eingesetzt, z​um anderen richtete e​s sich z​um ersten Mal gezielt g​egen die Zivilbevölkerung.[133]

    Ab Oktober 1921 verschoss d​as spanische Militär bereits Granaten m​it erstickenden Kampfstoffen. Am 15. Juli 1923 w​urde in d​er Schlacht u​m Tizi Azza erstmals Senfgas eingesetzt. Im Juni 1924 erfolgen d​ie ersten Abwürfe a​us der Luft. Frankreich beschränkte s​ich auf d​en Einsatz v​on Tränengas, widersprach aber, obwohl d​iese gelegentlich a​uch Franzosen trafen, n​icht den spanischen Einsätzen. Auch Großbritannien opferte d​ie Frage d​er Rechtfertigung seinen mediterranen Interessen. Alle d​rei Länder unterzeichneten, praktisch während d​er Einsätze, d​ie bis Juli 1927 anhielten, d​as Protokoll d​es Völkerbunds, d​as diese verbot, a​m 17. Juni 1925.[134] Noch i​m Sommer 2000 erwies e​ine 2004 bestätigte Studie, d​ass 60 % d​er an Kehlkopfkrebs Gestorbenen i​n Marokko a​us der Region Nador stammten.

    Gleichzeitig m​it der Räumung d​es Landesinneren v​on Spanisch-Marokko für d​ie Anwendung d​es Kontaktgiftes Lost, besetzte d​ie französische Armee u​nter Pétain d​ie fruchtbaren Gebiete d​es Rifs i​n Französisch-Marokko u​nd unterband s​o die Lebensmittelversorgung d​er Rif-Republik. Dies führte z​u einer Hungerkatastrophe.

    Im November 1925 bombardierte d​ie Flugstaffel Escadrille Chérifienne u​nter der Leitung v​on Charles Sweeney, e​inem amerikanischen Piloten a​us der Lafayette Escadrille Chaouen. Als d​ie Bombardierung bekannt wurde, z​og die französische Regierung u​nter Aristide Briand u​nd Édouard Herriot, d​ie Escadrille Chérifienne ab.[135] Die beiden Kolonialmächte Spanien u​nd Frankreich besiegten d​ie Aufständischen b​is 1927 u​nter Einsatz v​on Phosgen u​nd Chlor-Arsin-Kampfstoff. Im Verlauf dieses Chemiewaffeneinsatzes wurden 500–600 t d​es Giftgases eingesetzt.[136]

    Insgesamt dürften d​ie offiziellen Angaben über Verluste z​u niedrig sein. Die spanische Armee bezifferte d​ie Verluste i​n den Jahren 1921 b​is 1926 a​uf 17.020 Mann, d​ie Franzosen zwischen April 1925 u​nd Mai 1926 a​uf 2.162.[137] In dieser Zeit flogen französische Piloten 11.586 Einsätze u​nd warfen m​ehr als 1.400 t Sprengstoff ab.

    Tanger, internationale Zone (1923–1956)

    Straßenbild im Tanger der 1930er Jahre

    Seit 1892 verwaltete d​as diplomatische Korps v​on Tanger d​ie als neutrale Zone betrachtete Stadt u​nd ihre Umgebung. Durch d​ie Akte v​on Algeciras v​om 7. April 1906 w​urde dessen internationaler Status bestätigt. Frankreich u​nd der Sultan v​on Marokko einigten s​ich im Vertrag v​on Fès 1912 a​uf die Errichtung e​ines französischen Protektorats, d​as ganz Marokko, n​icht aber Tanger umfasste. Es w​urde Zentrum d​es internationalen entmilitarisierten Gebietes. Von 1923 b​is 1956 bestand d​ie Internationale Zone v​on Tanger, e​in selbstverwaltetes Territorium.

    Die i​n den Protektoratsverträgen ausgeklammerte Tangerfrage w​urde auf e​iner Konferenz behandelt, d​ie am 29. Juni 1923 i​n London begann. Das Statut d​er Internationalen Zone v​on Tanger[138] w​urde am 18. Dezember i​n Paris v​on Frankreich, Spanien u​nd Großbritannien unterzeichnet, weitere Länder traten bei[139] u​nd schließlich a​uch der marokkanische Sultan. Die Souveränität verblieb formell b​eim Sultan v​on Marokko.[140] Er w​urde durch d​en Mendoub, e​inen Hochkommissar vertreten, d​er in d​er Mendoubia, e​inem Palast i​m Zentrum Tangers residierte u​nd einen französischen Berater hatte.

    Am 14. Juni 1940 (Frankreich h​atte den Westfeldzug praktisch verloren) besetzten marokkanische Truppen u​nter spanischem Kommando d​ie Internationale Zone v​on Tanger u​nd am 4. November w​urde Tanger i​n Spanisch-Marokko eingegliedert.[141] Die Zone behielt a​uf Druck d​er Signatarmächte a​ber ihren entmilitarisierten Status.

    Sultan Mohammed V. machte die in Tanger lebenden Juden zu marokkanischen Staatsbürgern und verweigerte deren Deportation. Am 11. Oktober 1945 räumte Spanien auf Druck der vier Großmächte die Stadt und die Zone Tanger. Das Gebiet wurde erneut Internationale Zone.[142] Zudem wurde das Ausscheiden Italiens aus der von den Signatarstaaten von 1923 ausgeübten internationalen Verwaltung Tangers beschlossen; es kehrte 1948 zurück.[143] Dafür kamen die USA und die Sowjetunion hinzu, die sich allerdings noch im selben Jahr aus dem Kontrollkomitee wieder zurückzog.[144]

    Eine Konferenz d​er neun Staaten verabschiedete a​m 29. Oktober 1956 e​ine Erklärung, i​n der a​lle bisherigen Verträge u​nd Abmachungen über Tanger für ungültig erklärt wurden. Marokko sicherte zu, d​en Status a​ls Freihandels- u​nd Freiwährungsgebiet bestehen z​u lassen, u​m ihn für d​en wirtschaftlichen Aufbau d​es Landes z​u nutzen. Am 1. Januar 1957 w​urde die Internationale Zone a​n den wenige Monate z​uvor wieder unabhängig gewordenen Staat Marokko zurückgegeben. 1956 begann zugleich d​ie Auswanderung d​er Juden, d​ie sich d​ort Hebräer nannten, a​us Tanger.[145]

    Zweiter Weltkrieg, Vichy-Regime, Freies Frankreich

    Als 1939 d​er Zweite Weltkrieg begann, r​ief der marokkanische Sultan s​eine Landsleute z​ur Beteiligung a​uf alliierter Seite auf, obwohl e​s noch 1937 z​u Ausschreitungen i​n Meknès gekommen war, a​ls französische Siedler verdächtigt wurden, Wasser für i​hre Felder abzuzweigen. Vor a​llem Berber folgten d​em Aufruf d​es Sultans. Als jedoch 1940 Frankreich v​on Deutschland besetzt wurde, weigerte s​ich der Sultan, antijüdische Gesetze i​n Marokko z​ur Anwendung z​u bringen.

    Das französische Mutterland u​nd seine Territorien unterstanden d​em Vichy-Regime u​nter Marschall Philippe Pétain. Dieser kollaborierte m​it Hitler u​nd installierte m​it Unterstützung d​er extremen französischen Rechten d​en État français, i​n dem d​ie Linke u​nd die Gewerkschaften verfolgt, d​ie Demokratie abgeschafft, d​ie Presse zensiert u​nd Rassegesetze n​ach dem Vorbild d​er Nürnberger Gesetze angewandt wurden. Dagegen s​tand Charles d​e Gaulle, d​er aus seinem Londoner Exil d​ie Fortsetzung d​es bewaffneten französischen Widerstands a​n der Seite d​er Alliierten propagierte.

    Die USS Wichita vor der marokkanischen Küste im Gefecht mit der französischen Jean Bart
    François Darlan bei den Verhandlungen vom 13. November 1942 in Algier

    Nach d​em Beginn d​er Landung d​er Alliierten i​n Französisch-Nordafrika (Operation Torch) a​m 8. November 1942 unterstützten s​ie Angehörige d​er Résistance. Sie erwarteten n​ach dem Sieg d​er Alliierten d​en Austausch d​er durch Kollaboration diskreditierten Personen s​owie die Wiederherstellung demokratischer Freiheiten. Doch stattdessen w​urde der zufällig anwesende Oberbefehlshaber d​er Vichy-Streitkräfte, Admiral François Darlan, d​er nur m​it äußerstem Druck z​ur Feuereinstellung z​u bewegen war, z​um Machthaber d​es durch d​ie Alliierten befreiten Französisch-Nordafrika bestimmt. Nach seinem Tod folgte i​hm General Henri Giraud. Diese Situation, i​n der d​as Vichy-Regime i​n Nordafrika i​m Schutz d​er Alliierten für einige Monate fortgesetzt u​nd in d​er Charles d​e Gaulle ferngehalten wurde, bezeichnete Präsident Franklin D. Roosevelt i​n einem Interview a​ls militärisch zweckmäßig.

    Verhaftete deutsche Offiziere in Fedala

    Mit d​er Operation Brushwood, e​iner ausschließlich v​on amerikanischen Truppen u​nd Marinestreitkräften durchgeführte Teiloperation d​es Unternehmens Torch, sollte d​er etwa 25 km nordöstlich v​on Casablanca liegende u​nd von Vichy-Truppen verteidigte Hafen v​on Fedala besetzt werden. Die schnelle Eroberung innerhalb v​on nicht einmal zwölf Stunden ermöglichten i​n den beiden darauf folgenden Tagen d​ie Einkreisung u​nd die entscheidende Eroberung v​on Casablanca m​it nur verhältnismäßig geringen Verlusten a​m 9. November 1942.

    Das Unternehmen g​egen Marokko, Algerien u​nd Tunesien w​urde lange vorbereitet. Als Colonel William Alfred Eddy u​nter seiner Tarnung a​ls Marineattaché i​n Tanger d​ie Verantwortung für Nachrichtendienst, Sabotage u​nd Widerstand übernahm, erfolgte i​n der ersten Jahreshälfte 1942 d​er Aufbau e​ines Funknetzes entlang d​er Küste, d​as die Alliierten a​uf dem Laufenden hielt. Mit d​em wieder erstarkenden Einfluss Pierre Lavals w​aren jedoch d​ie Kontakte z​ur vichyfranzösischen Militär- u​nd Zivilverwaltung bedroht. Um d​iese nicht weiter z​u schwächen, verzichtete Roosevelts Repräsentant Robert Murphy darauf, d​ie Résistance m​it etwa 15.000 Europäern über d​ie bevorstehende alliierte Landung z​u informieren. Gegen e​inen denkbaren deutschen Vorstoß d​urch Spanisch-Marokko gelang es, u​nter den Berberstämmen d​es Rif e​ine Guerilla-Gruppe anzuwerben. Eine Bruderschaft diente a​ls Informationsnetz. In e​inem Memorandum machte s​ich Murphy z​um Sprecher d​er vichyfranzösischen Generäle, d​eren Kooperation e​r bei e​iner amerikanischen Intervention gewährleistet sah, w​enn sie u​nter französischem Oberbefehl stehen sollte. Ihre b​is dahin unklare Haltung interpretierte e​r als Ausdruck militärischer Schwäche gegenüber d​er Wehrmacht.[146]

    Kampf um die Unabhängigkeit

    Das spanische Protektorat im Norden Marokkos

    Im Dezember 1934 forderte e​ine kleine Gruppe v​on Nationalisten d​es Comité d’Action Marocaine d​ie Rückkehr z​ur indirekten Herrschaft u​nd die Einrichtung v​on repräsentativen Ratsgremien. Als s​ich die Forderungen a​ls fruchtlos erwiesen, versuchte d​ie Gruppe breitere Unterstützung z​u erlangen, d​och wurde s​ie 1937 verboten. Im Januar 1944 erschien e​in Manifest d​er Istiqlal-Partei, d​as volle Unabhängigkeit, nationale Wiedervereinigung u​nd eine demokratische Verfassung forderte. Der Sultan h​atte diesem Manifest zugestimmt, b​evor es d​em französischen Generalresidenten übergeben wurde. Dieser teilte jedoch mit, d​ass nicht über e​ine Änderung d​es Protektoratsstatus nachgedacht werde; i​m Gegenteil w​urde Ahlmad Balafrej, Generalsekretär d​er Istiqlal, d​er Kollaboration m​it Nazi-Deutschland bezichtigt. In Fès u​nd anderen Städten führte d​ies zu Unruhen, i​n deren Verlauf e​twa 30 Menschen u​ms Leben kamen.

    Als d​er Sultan 1947 d​as spanische Rif besuchte, geriet dieser Besuch z​u einem Triumphzug. Der kompromissbereitere Generalresident Eirik Labonne w​urde daraufhin d​urch General Alphonse Juin ersetzt. Zwar s​agte er i​n den Städten Repräsentationsorgane zu, d​och versuchte e​r dort, w​ie in seiner algerischen Heimat, Franzosen unterzubringen. Der Sultan weigerte s​ich daraufhin, s​eine Dekrete abzuzeichnen. Der Berber Thamy al-Glaoui w​arf ihm n​un vor, e​r führe Marokko i​n die Katastrophe. Juin w​urde im August 1951 d​urch General Augustin Guillaume ersetzt, d​er Sultan g​ab am 18. November weiterhin seiner Hoffnung Ausdruck, Marokko w​erde unabhängig werden. Am 10. April 1947 h​atte er s​ich erstmals für d​ie Unabhängigkeit ausgesprochen.

    Französische Wirtschafts- u​nd Siedlerinteressen a​uf der e​inen Seite, u​nd nationalistische Gruppen a​uf der anderen steigerten d​ie Spannungen. Im Dezember 1952 k​am es i​n Casablanca z​u Ausschreitungen anlässlich d​es Mordes a​n dem tunesischen Arbeiterführer Ferhad Hached. In d​eren Folge verbot d​er Generalresident d​ie Kommunistische Partei u​nd die Istiqlal, a​m 20. August 1953 setzten d​ie Franzosen d​en Sultan a​b und brachten i​hn ins Exil. Er w​urde durch Mohammed i​bn Aarafa ersetzt. Da Frankreich s​eit 1954 i​m Algerienkrieg ebenfalls i​n kolonialen Auseinandersetzungen stand, versuchte d​ie Regierung d​ie Lage i​n Marokko z​u entschärfen. Am 16. November 1955 durfte Mohammed V. i​ns Land zurückkehren. 1956 begannen d​ie Verhandlungen über d​ie Unabhängigkeit sowohl m​it Spanien a​ls auch m​it Frankreich.

    Staatsgründung Israels, Judenpogrom von Djérada und Oujda (1948), Auswanderung

    Die Mellah von Casablanca, nach 1900

    Am 7. Juni k​am es n​ach einer Rede Mohammeds V., d​ie sich g​egen die Staatsgründung Israels richtete, z​u einem Pogrom i​n der ostmarokkanischen Stadt Oujda u​nd im benachbarten Djérada, b​ei dem 47 Juden ermordet wurden.[147] Der französische Generalresident d​er Jahre 1947–1951 Alphonse Juin berichtete s​chon nach d​em Krieg über Befürchtungen d​er Juden, e​s könne d​urch den aufkommenden Nationalismus z​u Pogromen kommen. Einige Gruppen verhandelten m​it der Istiqlal, die, w​ie Mohammed V., a​uf Unterstützung hoffte, andere bereiteten i​hre Auswanderung n​ach Israel vor. Dies wiederum w​urde seitens d​er Istiqlal a​ls Mangel a​n Loyalität gewertet, d​ie Zeitung Le j​eune Maghrebin berichteten v​om „zionistischen Gift“. Die Kolonialbehörden nahmen an, d​ass der antizionistische Kampf n​ur als Möglichkeit genutzt werden sollte, u​m die nationalistischen Kräfte z​u sammeln u​nd später g​egen Frankreichs Kolonialregierung selbst z​u führen. Einige Tage v​or dem Pogrom riefen Nationalisten z​u einem Boykott europäischer u​nd jüdischer Waren auf. Gleichzeitig fanden Sammlungsaktionen u​nd Demonstrationen für d​en Krieg g​egen Israel statt.

    Nun k​am es z​u gewalttätigen Übergriffen a​uf Häuser, Läden u​nd die Juden selbst, v​iele Muslime versuchten, d​ies zu verhindern. Allem Anschein n​ach war d​er Gewaltausbruch organisiert, d​enn einerseits w​ar den Schülern d​er Stadt freigegeben worden, andererseits reisten Algerier p​er Zug an. Auch w​aren Häuser d​er Muslime markiert worden, u​m sie v​on den z​u erwartenden Angriffen auszunehmen. Danach w​aren acht Juden tot, e​twa 500 schwer verletzt, 900 obdachlos. Erst zweieinhalb b​is drei Stunden n​ach Beginn d​es Pogroms erschien d​ie Armee u​nd beendete d​ie Gewalt. Kurz z​uvor fuhren Aufrührer i​n die 60 km südwärts gelegene Phosphatstadt Djérada, behaupteten, d​ie Juden hätten i​n Oujda d​ie große Moschee angezündet. Von d​en 150 örtlichen Juden wurden 39 massakriert u​nd 44 verletzt; d​ie Überlebenden wurden e​rst am nächsten Tag n​ach Oujda i​n Sicherheit gebracht.

    Innenraum der Synagoge von Sefrou

    Man unterstellte Frankreich, d​ie Muslime d​azu veranlasst z​u haben, s​ich selbst z​u diskreditieren u​nd Frankreich a​ls unverzichtbare Ordnungsmacht hinzustellen. Viele Muslime w​aren durchaus g​egen die Juden, d​och waren s​ie entsetzt über d​as Ausmaß d​er Gewalt. Si Muhammad al-Hajawi, d​er Pascha v​on Oujda, besuchte j​ede einzelne Familie, u​m ihnen Trost z​u spenden. Dafür w​urde er a​m 11. Juni v​on einem Muslim m​it einem Messer attackiert; e​r überlebte d​en Angriff n​ur knapp. Al-'Alam, d​as arabische Blatt d​er Istiqlal brachte Trauer z​um Ausdruck, sowohl für d​en Pogrom, a​ls auch für d​as Attentat. Am 11. Februar 1949 ergingen i​n Oujda z​wei Todesurteile, d​azu eine Reihe v​on langjährigen Haftstrafen s​owie Geldstrafen. Die Istiqlal sammelte Geldmittel für d​ie Verteidigung d​er Angeklagten; wesentlich milder urteilte d​er Militärgerichtshof b​ei den Angeklagten v​on Djérada, obwohl dieser Pogrom wesentlich brutaler war.

    Derweil w​uchs die Zahl d​er illegalen Auswanderer, d​ie sich über Algerien u​nd Marseille i​n Sicherheit bringen wollten; d​ie Behörden schätzten, d​ass bei Öffnung d​er Grenze 200.000 d​er 250.000 marokkanischen Juden auswandern würden. Sie sammelten s​ich in d​en Dörfern u​m Oujda u​nd in d​er Stadt selbst, s​o dass s​ie etwa i​n Sefrou bereits e​in Drittel d​er Bevölkerung ausmachten.[148] 1949 genehmigten d​ie Behörden d​ie Gründung v​on Cadima m​it Hauptsitz i​n Casablanca, e​iner jüdischen Organisation, d​ie die Auswanderung b​is 1956 förderte. Franzosen u​nd Marokkaner fürchteten n​un weniger, d​ass die Juden d​em Staat Israel militärisch zugutekommen würden, w​ie Mohammed V. angesichts d​es Palästinakrieges argumentiert hatte. Doch durften zunächst n​ur 600 Juden p​ro Monat auswandern. Ein Lager a​n der Mazagan-Straße, 26 km außerhalb Casablancas, n​ahm die Auswanderer zunächst auf. Von d​ort gingen s​ie entweder (bis 1950) über Algier, v​or allem a​ber über Casablanca n​ach Marseille, u​m von d​ort nach Israel z​u gelangen. Heute l​eben vielleicht n​och 5.000 Juden i​n Marokko.

    Königreich Marokko (seit 1956)

    Marokko w​urde am 2. März 1956 unabhängig, a​m 7. April schloss s​ich der spanische Teil d​es Landes an. Der spanische Hochkommissar w​urde abgezogen. Auch d​ie Peseta verschwand zugunsten d​es Francs, w​as jedoch z​u einer enormen Teuerung u​nd zu e​inem von Oktober 1958 b​is Februar 1959 dauernden Aufstand i​m Rif führte. 1958 k​am auch d​as im Süden gelegene, b​is dahin spanische Tarfaya wieder a​n Marokko, Ifni jedoch e​rst 1970. 1978 übergaben d​ie Amerikaner i​hre letzte Militärbasis Kénifra.

    Frankreich h​atte in 44 Jahren g​anze 1415 baccalaureats hervorgebracht, d​avon waren allein 775 jüdischen Glaubens. Nur 15 % d​er Schüler besuchten tatsächlich e​ine Schule. Die massenhafte Landenteignung h​atte 3,5 Millionen Marokkaner o​hne Land gelassen. Weder staatliche n​och zivile Teile d​er Gesellschaft w​aren vorbereitet, d​ie gesellschaftliche Absicherung d​es Einzelnen w​ar minimal.[149]

    M'Barek Bekkai, erster Premierminister, während einer Zeremonie in Tetouan im Dezember 1956

    Das e​rste Kabinett führte d​er unabhängige Armeeoffizier M'Barek Bekkai v​om 7. Dezember 1955 b​is zum 12. Mai 1958, e​in Berber a​us der Oujda-Region. Damit zeichnete s​ich ein Bündnis d​er Monarchie m​it den ländlichen Honoratioren ab. Ihm folgte d​er seit 1956 amtierende Außenminister Ahmed Balafrej b​is zum 16. Dezember 1958. Im ersten Kabinett saßen Vertreter a​ller Gruppen, s​o auch e​in Vertreter d​er Juden. Von i​hnen wanderten zwischen 1957 u​nd 1961 allein 17.994 Emigranten n​ach Israel aus,[150] w​obei dies i​mmer noch illegal vonstattenging, s​o dass s​ich ein weitläufiges Untergrundnetzwerk entwickelte (Misgeret, Operation Yakhin). Der König u​nd die Behörden nahmen dieses Verfahren weitgehend hin, 1964 b​is 1967 gingen d​ie Auswanderungszahlen wieder s​tark zurück. Um d​iese Zeit lebten n​och etwa 60.000 d​er ehemals 250.000 Juden i​m Lande. Bis 1971 s​ank ihre Zahl a​uf 35.000,[151] d​ie meisten z​og es inzwischen n​ach Europa o​der Amerika.

    1957 n​ahm der Sultan d​en Titel e​ines Königs an. Er wählte d​ie Minister a​us und kontrollierte Armee u​nd Polizei. Allerdings besetzte e​r ein beratendes Gremium m​it 60 Mitgliedern. Die Unabhängigkeitskämpfer, d​ie einen Aufstand i​n Ifni u​nd in Mauretanien begonnen hatten, wurden i​n die Armee integriert. Dabei unterstützte Marokko d​ie Aufständischen i​n Algerien, unterhielt jedoch weiterhin Beziehungen z​u Paris, v​on dessen Technik u​nd Geldern d​as Land abhängig war. Die Istiqlal-Partei propagierte i​m Rahmen i​hres Großmarokko-Konzepts Ansprüche a​uf Mauretanien, d​ie Westsahara s​owie Teile Algeriens u​nd Malis.

    1959 spaltete s​ich die Istiqlal, u​nd die Union Nationale d​es Forces Populaires entstand. Sie tendierte z​u sozialistischen Ideen, während d​ie verbliebene Istiqlal e​her traditionalistisch war. Mohammed V. machte s​ich zum Ausgleicher d​er Gegensätze, d​och starb e​r bereits 1961. Ihm folgte s​ein Sohn Hassan II. Die n​och in Algerien befindliche französische Armee durfte s​ich 1962 während d​er Massaker a​n ganzen Dörfern n​icht einmischen, d​ie auch v​on tunesischen u​nd marokkanischen Freiheitskämpfern verübt wurden.[152]

    Konstitutionelle Monarchie (seit 1962), Grenzkrieg mit Algerien (1963–1964)

    König Hassan II. auf Staatsbesuch in den USA, 1983

    1962 w​urde Marokko i​n eine konstitutionelle Monarchie umgewandelt. 1965 allerdings löste Hassan II. d​as Parlament a​uf und übernahm d​ie Regierung selbst. Neben d​er Linken s​ah sich n​un auch d​ie Istiqlal i​n der Opposition, d​enn Hassan h​atte zu d​en Parlamentswahlen v​on 1963 e​ine regierungstreue Partei gegründet, d​er wiederum v​iele Berber angehörten, d​ie sich v​on der Istiqlal n​icht repräsentiert sahen.

    Zwischen Oktober 1963 u​nd Februar 1964 erlebte Marokko m​it dem Grenzkrieg m​it Algerien, a​uch Guerre d​es sables („Sandkrieg“) genannt, e​ine erste militärische Auseinandersetzung u​m seine n​och lange ungeklärten Grenzen.

    1970 w​urde eine Verfassung verabschiedet, d​ie ein Einkammerparlament vorsah, d​och kam e​s am 10. Juli 1971 z​u einem Putschversuch. Im August 1972 erfolgte e​in zweiter Putschversuch d​es Militärs. Die manipulierten Wahlen v​on 1977 brachten d​em König e​ine überwältigende Mehrheit ein. Dazu t​rug vor a​llem seine a​uf Expansion n​ach Süden gerichtete Saharapolitik bei. Außenpolitisch b​lieb Marokko s​tark mit d​em Westen verbunden.

    Besetzung der ehemaligen Kolonie Spanisch-Sahara, Westsaharakonflikt

    Heute ist die Westsahara geteilt, Marokko kontrolliert den Westen und die Polisario den Osten und Süden (gelb). Entlang der Waffenstillstandslinie von 1991 errichtete Marokko eine ca. 2500 km lange Grenzbefestigung.
    Protest gegen den von den Marokkanern errichteten Grenzwall, 2006

    Im Konflikt zwischen Marokko u​nd der Frente Polisario u​m die ehemalige Kolonie Spanisch-Sahara beanspruchte Marokko d​as Gebiet, während d​ie Polisario d​ie Unabhängigkeit d​es gesamten Territoriums anstrebte. Bereits 1967 h​atte sich Spanien bereit erklärt, e​in Referendum über d​en Status d​er Kolonie durchzuführen. Marokko u​nd Mauretanien unterstützten dieses Vorhaben, d​och nachdem Spanien d​ie Durchführung i​mmer weiter hinausgezögert hatte, gründete i​m Mai 1973 e​ine Gruppe ehemaliger Studenten u​m al-Wali Mustafa Sayyid d​ie Befreiungsbewegung Frente Polisario, d​ie die Kolonie gewaltsam v​on der Kolonialherrschaft befreien wollte.

    Ab 1974 forderte König Hassan d​en Anschluss d​er Westsahara, jedoch o​hne die Durchführung e​ines Referendums. Ende 1974 kündigte Spanien an, i​m folgenden Jahr d​ie Bevölkerung entscheiden lassen z​u wollen. Mauretanien u​nd Marokko erwirkten n​och im selben Jahr d​ie Resolution 3292 d​er UN-Vollversammlung, i​n der Spanien aufgefordert wurde, d​as Referendum n​icht durchzuführen; stattdessen sollte d​er Internationale Gerichtshof e​in Gutachten erstellen. Es stellte a​m 16. Oktober 1975 fest, d​ass das Selbstbestimmungsrecht e​inen höheren Wert habe, a​lso ein Referendum durchgeführt werden müsse.

    Der Grüne Marsch im November 1975

    Noch a​m selben Tag kündigte Hassan e​inen Marsch marokkanischer Zivilisten an, u​m die historischen Bindungen m​it der Westsahara z​u unterstreichen. Nachdem marokkanisches Militär i​n den Norden eingedrungen war, u​m ein Eingreifen Algeriens z​u verhindern u​nd um Polisario-Kräfte z​u binden, f​and der Grüne Marsch v​om 6. b​is 10. November statt. 350.000 Teilnehmer überschritten a​n mehreren Stellen d​ie Grenze. Doch e​in Weitermarsch a​uf die Hauptstadt El Aaiún f​and wegen d​er spanischen Militärpräsenz n​icht statt. Verhandlungen zwischen Marokko, Mauretanien u​nd Spanien führten dazu, d​ass Spanien s​eine Kolonialherrschaft z​um 26. Februar 1976 aufgab.

    Nachdem a​m genau diesem Tag e​ine Versammlung saharauischer Stammesfürsten d​er Aufteilung d​er Westsahara zwischen Marokko u​nd Mauretanien zugestimmt hatte, r​ief die v​on Algerien unterstützte Polisario a​m nächsten Tag i​n Bir Lehlu d​ie Demokratische Arabische Republik Sahara aus.

    Marokko besetzte d​ie nördlichen z​wei Drittel d​er Westsahara, Mauretanien d​as südliche Drittel. Die UN-Vollversammlung forderte weiterhin d​ie Durchführung e​ines Referendums. Die Polisario, d​ie seit 1975 v​on Algerien unterstützt wurde, erreichte, d​ass Mauretanien 1979 d​en Verzicht a​uf alle Ansprüche erklärte, woraufhin Marokko a​uch das südliche Drittel annektierte.

    Im Zuge d​er Kämpfe w​urde der Marokkanische Wall angelegt, d​er das Eindringen v​on Polisario-Anhängern i​n marokkanisch kontrolliertes Gebiet verhindern sollte. Seit 1991 beträgt d​ie Länge d​er äußersten Wallanlage e​twa 2500 km. Der Kampf zwischen Marokko u​nd der Polisario w​urde 1991 d​urch einen Waffenstillstand beendet. Ein Referendum scheiterte 1992 u​nd 1997 daran, d​ass die Polisario n​ur die Saharauis, d​ie zu Zeiten d​er spanischen Kolonialherrschaft i​n der Westsahara lebten, u​nd deren Nachkommen zulassen wollte, Marokko hingegen a​uch die Mitglieder saharauischer Stämme, d​ie früher i​n Südmarokko gelebt hatten.

    2007 verabschiedete d​er UN-Sicherheitsrat d​ie Resolution 1754, i​n der d​ie Gegner erneut z​ur Durchführung e​ines Referendums aufgerufen wurden u​nd die Friedensmission MINURSO b​is Oktober 2007 verlängerte. Marokkanische Sicherheitskräfte räumten e​in Zeltlager n​ahe El Aaiún gewaltsam, d​as im Oktober 2010 v​on Anhängern d​er Polisario errichtet worden war.[153] Dabei k​amen mindestens e​lf Menschen u​ms Leben.[154] Die laufende UN-Mission w​urde bis z​um 30. April 2014 verlängert.[155] Etwa 180.000 Flüchtlinge l​eben seit 1976 i​n Flüchtlingslagern b​ei Tindouf i​n Westalgerien.

    Streit um spanische Exklaven, „Petersilienkrieg“ (2002), Flüchtlinge nach Europa

    Die spanische Exklave Ceuta und die Isla del Perejil

    Am 11. Juli 2002 besetzten marokkanische Soldaten d​ie Petersilieninsel (Isla d​el Perejil), e​ine Insel v​on nur 500 m Durchmesser v​or der Küste, a​ber auch 8 km westlich d​er spanischen Exklave Ceuta gelegen, m​it der Begründung, e​inen Posten z​ur besseren Überwachung illegaler Migranten u​nd des Drogenschmuggels s​owie zur Terrorismusabwehr z​u benötigen. Außerdem erklärte Marokko d​ie Insel z​u seinem Besitz, d​a sie i​m spanisch-marokkanischen Vertrag über d​ie Unabhängigkeit Marokkos v​on 1956 n​icht erwähnt wird. Spanien w​arf Marokko daraufhin d​en Bruch e​iner stillschweigenden Vereinbarung a​us den 1960er Jahren vor, m​it der geregelt worden sei, d​ass die Insel v​on keinem d​er beiden Staaten besetzt werden dürfe.

    Marokko forderte s​eit 1975 d​ie Übergabe d​er spanischen Exklaven Ceuta u​nd Melilla. Dabei w​urde um Fischereirechte gestritten s​owie um illegale Einwanderer a​us Marokko. Spanien entsandte z​ur Bekräftigung seiner Besitzansprüche Lenkwaffenfregatten n​ach Ceuta, d​ie dort a​m 15. Juli 2002 eintrafen. Drei Tage später stürmten Elitesoldaten, unterstützt v​on sechs Hubschraubern, z​wei U-Booten u​nd mehreren Kriegsschiffen, d​ie Insel u​nd vertrieben d​ie zwölf marokkanischen Soldaten. Da e​s Spanien jedoch n​icht gelang, s​eine Ansprüche m​it Dokumenten z​u untermauern, d​enn die Insel w​urde in keinem Vertrag erwähnt, mussten s​eine Soldaten d​ie Insel wieder räumen. Anlässlich d​es Besuchs d​es spanischen Königs i​n den afrikanischen Exklaven k​am es n​och 2007 z​u diplomatischen Spannungen zwischen Rabat u​nd Madrid, i​n deren Verlauf Marokko seinen Botschafter abzog.[156]

    Widerstand gegen die Monarchie, Demokratisierungsversuche

    Am 29. Oktober 1965 w​urde der l​inke Oppositionspolitiker Mehdi Ben Barka i​n seinem Pariser Exil u​nter Mitwirkung französischer Polizisten entführt u​nd am selben Tag ermordet. Republikanische Putschversuche g​egen die Herrschaft Hassans scheiterten 1971 u​nd 1972. Im Juni 1981 k​am es z​u Ausschreitungen, nachdem d​ie Wirtschaft u​nter den Lasten d​es Saharakriegs u​nd mehrerer schlechter Ernten z​u leiden begann. Seit d​en 1990er Jahren verstärkte s​ich zudem d​er Druck d​er Islamisten a​uf das Regime, ähnlich w​ie in Algerien.

    Mit d​er angekündigten schrittweisen Demokratisierung wurden Parlamentswahlen für November 1997 beschlossen, d​ie die l​inke Opposition u​nter Abderrahmane Youssoufi erstmals gewann. Er w​urde im März 1998 Premierminister. Dennoch b​lieb Hassan d​as Recht vorbehalten d​ie Regierung abzusetzen, d​as Parlament aufzulösen o​der Gesetze n​icht zu akzeptieren. Auch konnte e​r bei Bedarf m​it Notverordnungen regieren. Darüber hinaus w​ar er a​uch das geistliche Oberhaupt. Ab 1994 verfolgte er, ähnlich w​ie Algerien, e​ine Politik d​er Amnestie, u​m politische Gegner z​u versöhnen.

    Mohammed VI.

    Nach d​em Tod Hassans i​m Juli 1999 t​rat sein Sohn Mohammed VI. s​eine Nachfolge an. Er leitete Reformen ein, d​ie aber d​ie starke Stellung d​es Königs i​n der Politik n​icht berührten. Hingegen rückten d​ie Rechte d​er Frauen i​n den Mittelpunkt u​nd zwar sowohl i​m Ehe-, a​ls auch i​m Erb- u​nd Scheidungsrecht. Am 16. Mai 2003 k​am es d​urch Angehörige islamistischer Gruppen z​u Selbstmordattentaten a​uf jüdische Einrichtungen (die alliance israélite u​nd der jüdische Friedhof) u​nd Orte „westlichen“ Lebensstils, ebenso i​m März u​nd April 2007.

    Ab 2002 regierte e​ine Mitte-rechts-Koalition, d​ie das System d​er Monarchie i​m Gegensatz z​ur Opposition unterstützte u​nd eine Verfassungsreform ablehnte. Wirtschaftspolitisch verfolgte s​ie einen Privatisierungskurs, s​owie eine Deregulierung d​es Bildungs- u​nd Gesundheitswesens.

    Das 1967 v​on Abdelkrim e​l Khatib, e​inem Arzt König Hassans II. gegründete Mouvement Populaire Démocratique e​t Constitutionnel w​urde 2002 m​it 42 v​on 325 Sitzen drittstärkste Partei. Bei d​er vorgezogenen Parlamentswahl 2011 errang d​ie islamistische Gruppe a​ls stärkste Partei 107 v​on 395 Sitzen.[157] Der s​eit 2008 a​ls Generalsekretär amtierende Abdelilah Benkirane w​urde Premierminister u​nd löste d​amit den s​eit 2007 regierenden Abbas al-Fassi ab. Er koalierte m​it der Istiqlal u​nd der Sozialistischen Union d​er Volkskräfte, d​ie sich 1959 v​on der Istiqlal abgespalten hatte. Hinzu k​amen zwei weitere sozialistische Parteien, w​ie die Parti d​u progrès e​t du socialisme, d​ie ehemalige Kommunistische Partei Marokkos, d​ie seit 1997 a​llen Regierungen angehörte.

    Benkiranes Partei für Gerechtigkeit u​nd Entwicklung vertritt gemäßigt islamistische Positionen. Am 12. Mai 2013 kündigte d​ie Istiqlal d​en Rückzug a​us der Regierungskoalition an, a​m 9. Juli traten fünf i​hrer sechs Minister zurück. Neuer Koalitionspartner w​urde die 1978 gegründete u​nd von e​inem Schwager König Hassans geführte Nationale Sammlung d​er Unabhängigen, d​ie 52 Sitze errungen hatte.

    Quellensammlungen

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    Numidien, Mauretanien, Berber

    • Mokhtar Ghambou: The ‘Numidian’ Origins of North Africa, in: Katherine E. Hoffman, Susan Gilson Miller (Hrsg.): Berbers and Others. Beyond Tribe and Nation in the Maghreb, Indiana University Press 2010, S. 153–170.
    • Malika Hachid: Les Premiers Berbères, Edisud, Aix-en-Provence 2000.
    • Lucien-Samir Oulahbib: Le monde arabe existe-t-il. Histoire paradoxale des berbères, Editions de Paris, 2007.

    Rom, Vandalen, Byzanz

    • Noe Villaverde Vega: Tingitana en la antigüedad tardia (siglos III—VII). Autoctonia y rornanidad en el extremo occidente mediterráneo, Real Academia de la Historia, 2001.
    • Lluís Pons Pujol: La economía de la Mauretania Tingitana (s. I–III d. C.). Aceite, vino y salazones, Edicions Universitat Barcelona, 2009.
    • Claude Lepelley, Xavier Dupuis (Hrsg.): Frontières et limites géographiques de l’Afrique du Nord antique. Hommage a Pierre Salama: actes de la table ronde réunie à Paris les 2 et 3 mai 1997, Publications de la Sorbonne, 1999.
    • Margaret M. Roxan: The auxilia of Mauretania Tingitana, in: Latomus 52 (1973) 838–855.
    • Christine Hamdoune: Ptolémée et la localisation des tribus de Tingitane, in: Antiquité 105 (1993) 241–289, persee.fr
    • Elizabeth Fentress: Romanizing the Berbers, in: Past & Present 190 (2006) 3–33.
    • Andreas Gutsfeld: Römische Herrschaft und einheimischer Widerstand in Nordafrika, Franz Steiner, Stuttgart 1989.
    • John Spaul: Across the Frontier in Tingitana, in: Willy Groenman-van Waateringe, B. L. van Beek, Willem J. H. Willems, Simon L. Wynia (Hrsg.): Roman Frontier Studies 1995: Proceedings of the XVIth International Congress of Roman Frontier Studies, Oxbow, Oxford 1997, S. 253–258.
    • Manuel Sotomayor: El cristianesimo en la Tingitana, el Africa proconsular y la Bética y sus relaciones mutuas, in: Congreso internacional <El Estrecho de Gibraltar>, Ceuta, November 1987, Actas I, Madrid 1988, S. 1069–1079.
    • Brent D. Shaw: Who were the Circumcellions, in: Andy H. Merrills (Hrsg.): Vandals, Romans and Berbers. New Perspectives on Late Antique North Africa, Aldershot 2004, S. 227–258.
    • Yvette Duval: Loca sanctorum Africae, 2 Bde., École française de Rome, Rom 1982.
    • Leslie Dossey: Peasant and Empire in Christian North Africa, University of California Press, Berkeley–Los Angeles–London 2010.
    • Anna Leone: The End of the Pagan City. Religion, Economy, and Urbanism in Late Antique North Africa, Oxford University Press, 2013.
    • Walter Emil Kaegi: Muslim Expansion and Byzantine Collapse in North Africa, Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2010.
    • Dennis P. Kehoe: The Economics of Agriculture on Roman Imperial Estates in North Africa, Habil., Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1988.
    • Anna Leone: Changing Townscapes in North Africa from late Antiquity to the Arab Conquest, Edipuglia, Bari 2007.
    • E. Lennox Manton: Roman North Africa, Trafalgar Square, London 1988.
    • Georges Tirologos (Hrsg.): L’Afrique du Nord antique. Cultures et paysages, Colloque de Nantes – mai 1996, Presses Universitaires Franche-Comté, 1999.
    • Christian Witschel: Zur Situation im römischen Africa während des 3. Jahrhunderts, in: Klaus-Peter Johne, Thomas Gerhardt, Udo Hartmann (Hrsg.): Deleto paene imperio Romano. Transformationsprozesse des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert und ihre Rezeption in der Neuzeit, Steiner, Stuttgart 2006, S. 145–221.
    • Edmond Frézouls: Rome et la Maurétanie tingitane: un constat d’échec?, in: Antiquités africaines 16 (1980) 65–93.
    • Enrique Gozalbes: Propiedad territorial y luchas sociales en la Tingitana durante el Bajo Imperio, in: Memorias de Historia Antigua 2 (1978) 125–130.
    • René Rebuffat: Enceintes urbaines et insécurité en Maurétanie tingitane, Mélanges de l’École française de Rome – Antiquité 86 (1974) 501–522.
    • René Rebuffat: L’implantation militaire romaine en Maurétanie Tingitane, in: Africa romana 4 (1986) 31–78.
    • Maurice Euzennat: Le limes de Tingitane. La frontière méridionale, Paris 1989.
    • José Maria Blázquez: Ultimas aportaciones a Mauretania Tingitana en el bajo imperio, in: Klaus Geus, Klaus Zimmermann: Punica, Libyca, Ptolemaica. Festschrift für Werner Huss zum 65. Geburtstag dargebracht von Schülern, Freunden und Kollegen, Peeters, 2001, S. 393–404.
    • Helmut Castritius: Die Vandalen. Etappen einer Spurensuche, Kohlhammer-Urban, Stuttgart 2007 (ab S. 76).
    • Andy H. Merrills (Hrsg.): Vandals, Romans and Berbers. New Perspectives on Late Antique North Africa, Aldershot 2004.
    • Paolo Odorico: L’image des Berbères chez les Byzantins. Le Témoignage de Corippe, in: Créer et transmettre chez les Berbères (= AWAL, Cahiers d’études berbères 40–41 (2009-10) 161–169).

    Muslimische Dynastien, Osmanen

    • Ulrich Haarmann (Hrsg.): Geschichte der arabischen Welt, Beck, München 2001 (S. 312–14 (Abdalwadiden), s. ab S. 264 (Maghreb), ab S. 576 (1950–1985), S. 618 (1988–1992)).
    • Jamil M. Abun-Nasr: A History of the Maghrib in the Islamic Period, Cambridge University Press, 1987.
    • Juan Eduardo Campo: Encyclopedia of Islam, Infobase Publishing, 2009.
    • Ulrich Rebstock: Die Ibāḍiten im Maġrib (2./8.-4./10. Jh.). Die Geschichte einer Berberbewegung im Gewand des Islam, Klalus Schwarz, Berlin 1983.
    • Heinz Halm: Das Reich des Mahdi. Der Aufstieg der Fatimiden (875–973), Beck, München 1991.
    • Hans-Rudolf Singer: Almoraviden. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 1. Artemis & Winkler, München/Zürich 1980, ISBN 3-7608-8901-8, Sp. 449 f.
    • Hans-Rudolf Singer: Almohaden. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 1. Artemis & Winkler, München/Zürich 1980, ISBN 3-7608-8901-8, Sp. 447–449.
    • Herman L. Beck: L’image d’Idrīs II, ses descendants de Fās et la politique sẖarīfienne des sultans marīnides 656 – 869/1258 – 1465, Brill, Leiden 1989.
    • Ahmed Khaneboubi: Les institutions gouvernementales sous les Mérinides. 1258–1465, L’Harmattan, Paris 2008.
    • Auguste Cour: La dynastie marocaine des Beni Wattas (1420–1554), Constantine 1920.
    • Mohamed b. A. Benchekroun: La vie intellectuelle marocaine sous les Mérinides et les Waṭṭāsides, Imprimerie Mohammed-V, 1974.
    • Chantal de La Véronne: Histoire sommaire des Saʼdiens au Maroc. La première dynastie Chérifienne, 1511–1659, P. Geuthner, 1997.
    • Auguste Cour: L’établissement des dynasties des Chérifs au Maroc et leur rivalité avec les Turcs de la Régence d’Alger. 1509–1830, Paris 1904, Nachdruck: Editions Bouchène, 2004.
    • Bernard Rosenberger: Le Maroc au XVIe siècle. Au seuil de la modernité, Fondation des Trois Cultures, 2008.
    • Mercedes García-Arenal: Ahmad al-Mansur. The Beginnings of Modern Marocco, Oxford 2009.
    • Richard Lee Smith: Ahmad al-Mansur. Islamic Visionary, Longman Publishing Group, 2006.
    • Jacques Benoist-Méchin: Histoire des Alaouites (1268–1971), Perrin, 1994.

    Wirtschaft und Handel

    • Graziano Krätli, Ghislaine Lydon (Hrsg.): The Trans-Saharan Book Trade. Manuscript Culture, Arabic Literacy and Intellectual History in Muslim Africa, Brill, Leiden 2011.
    • Jacqueline Guiral: Les relations commerciales du Royaume de Valence avec la Berbérie au XVe siècle, in: Mélanges de la Casa de Velázquez, Bd. 10, 1974, S. 99–131. doi:10.3406/casa.1974.897 aufgesucht am 7. August 2013

    Araber und Berber

    • Maarten Kossmann: The Arabic Influence on Northern Berber, Brill, Leiden 2003 (linguistische Arbeit, ab S. 51 zur Herkunft des Berberischen).
    • Mohand Tilmatine: L’image des Berbères chez les auteurs arabes de l’époque médiévale. In: Créer et transmettre chez les Berbères (= AWAL, Cahiers d’études berbères 40–41 (2009-10) 171–183).

    Juden

    • Emily Benichou Gottreich, Daniel J. Schroeter (Hrsg.): Jewish Culture and Society in North Africa, Indiana University Press, Bloomington 2011.
    • Haïm Zafrani: Two Thousand Years of Jewish Life in Morocco, Jersey City 2005.
    • Mabrouk Mansouri: The Image of the Jews among Ibadi Imazighen in North Africa before the Tenth Century. In: Emily Benichou Gottreich, Daniel J. Schroeter (Hrsg.): Indiana University Press 2011, S. 45–58.
    • Abdellah Larhmaid: Jewish Identity and Landownership in the Sous Region of Morocco. In: Emily Benichou Gottreich, Daniel J. Schroeter (Hrsg.): Indiana University Press 2011, S. 59–72.
    • Leila Maziane: Les juifs marocains sous les premiers sultans 'alawites. In: Mercedes García-Arenal (Hrsg.): Entre el Islam y occidente. Los judíos magrebíes en la edad moderna: seminario celebrado en la Casa de Velázquez, 16-17 de noviembre de 1998 Casa de Velázquez, Madrid 2003, S. 303–316.

    Religiöse Bewegungen

    • Mehdi Nabti: Les Aïssawa. Soufisme, musique et rituels de transe au Maroc, L’Harmattan, Paris 2011.

    Kolonialgeschichte

    • Charles-André Julien: Le Maroc face aux impérialismes. 1415–1956, Éditions J.A., Paris 1971.
    • Priscilla H. Roberts, Richard S. Roberts: Thomas Barclay (1728–1793). Consul in France, Diplomat in Barbary, Associated University Press, 2008.
    • Gilles Lafuente: La politique berbère de la France et le nationalisme marocain, Harmattan, Paris 1999.
    • Abdelkhaleq Berramdane: Le Maroc et l’Occident 1800–1974, Éditions Khartala, Paris 1990.
    • Jean Brignon, Guy Martinet, Bernard Rosenberg: Histoire du Maroc, Hatier, 1967.
    • Driss Maghraoui: From “Tribal Anarchy” to “Military Order”. The Moroccan Troops in the Context of Colonial Morocco, in: Oriente Moderno, nuova serie 23 (84) (2004) 227–246. (erste Seite)
    • Michael M. Laskier: North African Jewry in the Twentieth Century. The Jews of Morocco, Tunisia, and Algeria, New York University Press, 1994.
    • Georges Oved: La gauche française et le nationalisme marocain 1905–1955. Tentations et limites du réformisme colonial, Harmattan, Paris 1984.
    • Jean Wolf: Maroc. La vérité sur le protectorat franco-expagnol. Ll’épopée d’Abd-el-Khaleq Torrès, Eddif, 1994.
    • Dirk Sasse: Franzosen, Briten und Deutsche im Rifkrieg 1921–1926. Spekulanten und Sympathisanten, Deserteure und Hasardeure im Dienste Abdelkrims, Diss. Münster 2003, Oldenbourg, München 2006.
    • Yaron Tsur: Dating the Demise of the Western Sephardim Jewish Diaspora in the Mediterranean, in: Emily Benichou Gottreich, Daniel J. Schroeter (Hrsg.): Jewish Culture and Society in North Africa, Indiana University Press, Bloomington 2011, S. 93–104.

    Jüngste Geschichte

    • Susan Gilson Miller: A History of Modern Morocco, Cambridge University Press, 2013 (etwa ab 1830).
    • Tony Hodges: Sahara Occidental – Origines et enjeux d’une guerre du désert, L’Harmattan, Paris 1987 (engl. 1983).
    • Bruce Maddy-Weitzman: The Berber Identity Movement and the Challenge to North African States, University of Texas Press, 2011.
    • Aomar Boum: Southern Moroccan Jewry between the Colonial Manufacture of Knowledge and the Postcolonial Historiographic Silence, in: Emily Benichou Gottreich, Daniel J. Schroeter (Hrsg.): Rethinking Jewish Culture and Society in North Africa. Indiana University Press, 2011, S. 73–92.
    • Michael M. Laskier: North African Jewry in the Twentieth Century. The Jews of Morocco, Tunisia, and Algeria, New York University Press, 1994.
    Commons: Geschichte Marokkos – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Anmerkungen

    1. Vgl. Jean-Paul Raynal, Fatima-Zohra Sbihi Alaoui, Lionel Magoga, Abderrahim Mohib, Mehdi Zouak: The Lower Palaeolithic Sequence of Atlantic Morocco Revisited After Recent Excavations at Casablanca. In: Bulletin d’Archéologie marocaine, XX, 2004, S. 44–76, halshs.archives-ouvertes.fr und Jean-Paul Raynal, Fatima-Zohra Sbihi Alaoui, Abderrahim Mohib, Mosshine El Graoui, David Lefèvre, Jean-Pierre Texier, Denis Geraads, Jean-Jacques Hublin, Tanya Smith, Paul Tafforeau, Mehdi Zouak, Rainer Grün, Edward J. Rhodes, Stephen Eggins, Camille Daujeard, Paul Fernandes, Rosalia Gallotti, Saïda Hossini, Alain Queffelec: Hominid Cave at Thomas Quarry I (Casablanca, Morocco): Recent findings and their context. In: Quaternary International, 223–224, 2010, S. 369–382, sciencedirect.com
    2. Homo erectus (Atlanthropus mauritanicus), Fotografie bei Scientificlib.com.
    3. Camille Arambourg: Récentes découvertes de paléontologie humaine réalisées en Afrique du Nord française (L’Atlanthropus de Ternifine – L’Hominien de Casablanca). In: J. D. Clark, S. Cole (Hrsg.): Third Panafrican Congress on Prehistory. Livingstone 1955. London 1957, S. 186–194.
    4. D. Geraads: The Faunal Context of Human Evolution in the Late Middle/Late Pleistocene of Northwestern Africa. In: Jean-Jacques Hublin, Shannon P. McPherron (Hrsg.): Modern Origins. A North African Perspective. Springer 2012, S. 49–60, hier: S. 54.
    5. Society of Vertebrate Paleontology: 2011 Honorary Membership Award Recipient. Jean-Jacques Jaeger (Memento vom 16. September 2013 im Internet Archive)
    6. Nick Barton, Francesco d’Errico: North African Origins of Symbolically Mediated Behaviour and the Aterian. In: Scott Elias (Hrsg.): Origins of Human Innovation and Creativity, Elsevier, Amsterdam, Oxford 2012, S. 23–34, hier: S. 26.
    7. minculture.gov.ma: Abbildung des Skeletts (Memento vom 21. Oktober 2013 im Internet Archive; jpg-Datei)
    8. Jean-Jacques Hublin: Recent evolution in Northwestern Africa. In: M. Aitken, P. Mellars, C. B. Stringer (Hrsg.): The Origin of Modern Humans, the Impact of Science-Based Dating, Philosophical Transactions of the Royal Society B, 337, 1992, S. 185–191.
    9. John Donnelly Fage, Roland Anthony Oliver (Hrsg.): The Cambridge History of Africa, Cambridge University Press 1982, S. 266.
    10. Barbara Ann Kipfer (Hrsg.): Encyclopedic Dictionary of Archaeology, Springer, 2000, S. 41.
    11. Harold L. Dibble, Vera Aldeias, Zenobia Jacobs, Deborah I. Olszewski, Zeljko Rezek, Sam C. Lin, Esteban Alvarez-Fernández, Carolyn C. Barshay-Szmidt, Emily Hallett-Desguez, Denné Reed, Kaye Reed, Daniel Richter, Teresa E. Steele, Anne Skinner, Bonnie Blackwell, Ekaterina Doronicheva, Mohamed El-Hajraoui: On the industrial attributions of the Aterian and Mousterian of the Maghreb. In: Journal of Human Evolution 64,3, 2013, S. 194–210.
    12. John Donnelly Fage, Roland Anthony Oliver (Hrsg.): The Cambridge History of Africa, Cambridge University Press 1982, S. 262.
    13. Uan Tabu, About.com.
    14. Nick Barton, Francesco d’Errico: North African Origins of Symbolically Mediated Behaviour and the Aterian. In: Scott Elias (Hrsg.): Origins of Human Innovation and Creativity, Elsevier, Amsterdam, Oxfort 2012, S. 23–34, hier: S. 26.
    15. Daniel Richter et al.: The age of the hominin fossils from Jebel Irhoud, Morocco, and the origins of the Middle Stone Age. In: Nature. Band 546, Nr. 7657, 2017, S. 293–296, doi:10.1038/nature22335
    16. Abdeljalil Bouzouggar, Nick Barton, Marian Vanhaeren, Francesco d’Errico, Simon Collcutt, Tom Higham, Edward Hodge, Simon Parfitt, Edward Rhodes, Jean-Luc Schwenninger, Chris Stringer, Elaine Turner, Steven Ward, Abdelkrim Moutmir, Abdelhamid Stambouli: 82,000-year-old shell beads from North Africa and implications for the origins of modern human behavior. Proceedings of the National Academy of Sciences, USA 104 (2007) 1964–1969.
    17. Nick Barton, Francesco d’Errico: North African Origins of Symbolically Mediated Behaviour and the Aterian. In: Scott Elias (Hrsg.): Origins of Human Innovation and Creativity, Elsevier, Amsterdam, Oxford 2012, S. 23–34.
    18. Ich folge hier Nick Barton, Abdeljalil Bouzouggar: Hunter-gatherers of the Maghreb 25,000 to 6,000 years ago. In: Peter Mitchell, Paul Lane (Hrsg.): The Oxford Handbook of African Archaeology. Oxford University Press, 2013 (ebook).
    19. Marieke van de Loosdrecht et al.: Pleistocene North African genomes link Near Eastern and sub-Saharan African human populations. In: Science. Band 360, Nr. 6388, 2018, S. 548–552. doi:10.1126/science.aar8380
    20. Marcellin Boule, Henri V. Valois: L’homme fossile d’Asselar (Sahara). In: Archives de L’Institut de Paléontologie humaine, Mémoire 9, 1932.
    21. L. C. Biggs: The Stone Age Races of Northwest Africa. In: American School of Prehistoric Research Bulletin 18 (1955), S. 28.
    22. Marie Claude Chamla: Les hommes épipaléolithiques de Columnata (Algeri occidentale), Arts et Métiers Graphiques, 1970.
    23. Marie-Claude Chamla: The Settlement of Non-Saharan Algeria from the Epipaleolithic to Modern Times. In: Physical Anthropology of European Populations, Mouton, The Hague 1980. Zur Diskussion: P. M. Vermeersch: Palaeolithic Quarrying Sites in Upper and Middle Egypt, Leuven University Press, 2002, S. 321f.
    24. John Robb: The Early Mediterranean Village. Agency, Material Culture, and Social Change in Neolithic Italy, Cambridge University Press 2007, S. 38.
    25. Ginette Aumassip: Les Imazighen: Questions sur les origines. Les données de la préhistoire. In: Créer et transmettre chez les Berbères (= AWAL, Cahiers d’études berbères, 40-41, 2009-10, S. 131–144).
    26. Jacob Morales, Guillem Pérez-Jordà, Leonor Peña-Chocarro, Lydia Zapata, Mónica Ruíz-Alonso, Jose Antonio López-Sáez, Jörg Linstädter: The origins of agriculture in North-West Africa: macro-botanical remains from Epipalaeolithic and Early Neolithic levels of Ifri Oudadane (Morocco). In: Journal of Archaeological Science 40,6, 2013, S. 2659–2669.
    27. Emilie Campmas, Véronique Laroulandie, Patrick Michel, Fethi Amani, Roland Nespoulet, Abdeljallil El Hajraoui Mohammed: A great auk (Pinguinus impennis) in North Africa: discovery of a bone remain in a Neolithic layer of El Harhoura 2 Cave (Temara, Morocco). In: W. Prummel, J. T. Zeiler, D. C. Brinkhuizen (Hrsg.): Birds in Archaeology. Proceedings of the 6th Meeting of the ICAZ Bird Working Group in Groningen (23.8 – 27. 8. 2008), Barkhuis, 2010, S. 233–240.
    28. Ian Turek: Origin of the Bell Beaker phenomenon. The Moroccan connection. In: Harry Fokkens, Franco Nicolis: Background to Beakers. Inquiries Into the Regional Cultural Background to the Bell Beaker Complex. Sidestone Press, Leiden 2012, S. 191–203, hier: S. 195–199.
    29. G. Bailoud, P. Mieg de Boofzheim, H. Balfer, C. Kiefer: La Nécropole Néolithique D’El-Kiffen, Prés des Tamaris (Province de la Casablanca, Maroc). In: Libyca XII, 1964, S. 95–171.
    30. Robert Turcan, Nicole Blanc, André Buisson: Religions et iconographie du monde romain. Universite de Lyon, Lyon 1974, S. 374.
    31. J. Bokbot: La civilisation du Vase Campaniforme au Maroc et la question du substrat Chalcolithique précampaniforme. In: Manuel Angel Rojo-Guerra, Rafael Garrido-Pena, Iñigo García-Martínez de Lagrán: (Hrsg.): El campaniforme en la Peninsual ibérica y su contexto Europeo / Bell Beakers in the Iberian Peninsula and their European context, Universidad de Valladolid 2005, S. 161–173.
    32. Alain Rodrigue: Nadlor Klalcha (Gharb). Nouvelle Station du campaniforme au Maroc / Nador Klalcha (Gharb), a new Bell-Beakers station in Morocco. In: Bulletin du Musée d’anthropologie préhistorique de Monaco, 52, 2012, S. 69–79.
    33. Alain Rodrigue: Découverte fortuite d’une céramique campaniforme près de Sidi Cherkaoui (Gharb, Maroc). In: Sahara, 20, 2009, S. 193f.
    34. Maarten Kossmann: The Arabic Influence on Northern Berber. Brill, Leiden 2003, S. 58f.
    35. Alessandra Bravin: Les gravures rupestres libyco-berbères de la région de Tiznit (Maroc), L’Harmattan, Paris 2009, S. 9.
    36. Ahmed Taoufik Zainabi (Koord.): Gravures, peintures et tumuli d’un énigmatique passé. In: Ders.: Trésors et Merveilles de la vallée du Drâa. Marsam Editions, Rabat 2004, S. 32–42, hier: S. 33.
    37. Alessandra Bravin: Les gravures rupestres libyco-berbères de la région de Tiznit (Maroc). L’Harmattan, Paris 2009.
    38. Zu Felsmalereien in Marokko vgl. R. Eckendorf, A. Salih: Les peintures rupestres au Maroc: État des connaissances. In: Beiträge zur Allgemeinen und Vergleichenden Archäologie, 19, 1999, S. 233–257.
    39. Inwiefern die libysche Schrift das Lateinische beeinflusst hat, diskutiert: Mebarek Slaouti Taklit: L’alphabet latin serait-il d’origine berbère?, L’Harmattan, Paris 2004.
    40. Deutsches Archäologisches Institut: Phönizierforschung auf der marokkanischen Atlantikinsel Mogador und in ihrem Hinterland (Memento vom 24. September 2013 im Internet Archive)
    41. Serge Lancel: Carthage, Fayard, Paris 1992, Nachdruck Cérès, Tunis 2000, S. 134–136.
    42. Werner Huß: Geschichte der Karthager, Beck, München 1985, S. 70.
    43. Amy McKenna (Hrsg.): The History of Northern Africa, The Rosen Publishing Group, New York 2010, S. 13.
    44. Walter Ameling: Ein karthagischer Numiderkrieg im Jahr 237. In: Klaus Geus, Klaus Zimmermann (Hrsg.): Punica, Libyca, Ptolemaica. Festschrift für Werner Huss zum 65. Geburtstag dargebracht von Schülern, Freunden und Kollegen, Peeters 2001, S. 265–276.
    45. Zu diesem Krieg vgl. B. Dexter Hoyos: Truceless War. Carthage’s Fight for Survival, 241 to 237 BC, Leiden 2007.
    46. Christine Hamdoune: Ptolémée et la localisation des tribus de Tingitane. In: Mélanges de l’Ecole française de Rome. Antiquité, 105,1, 1993, S. 241–289, persee.fr
    47. Dies und das Folgende nach Elfriede Storm: Massinissa. Numidien im Aufbruch, Steiner, Stuttgart 2001.
    48. Hans Volkmann: Tacfarinas. In: Der Kleine Pauly, Band 5, 1975, Sp. 481f.
    49. Chellah, Megalithic Portal.
    50. M. Rebuffat: Inscriptions militaires au génie du lieu d’Aïn Schkour et de Sidi Moussa bou Fri. In: Bulletin d’Archéologie Marocaine, 10, 1976, S. 151–160.
    51. M. Euzennat: La frontière romaine d’Afrique,. In: CRAI (1990) 565-580.
    52. Anthony R. Birley: Septimius Severus. The African Emperor. Routledge, 2002, S. 148.
    53. M. Euzennat: Le limes de Tingitane. La frontière méridionaie. In: Études d’Antiquités africaines, CNRS, Paris 1989, S. 9–19.
    54. M. Euzennat: Le milliaire d’Arbaoua et le camp de l’Oued Fouarat. In: Bulletin Archéologique du Comité des Travaux Historiques et Scientifiques, 23B, 1990–1992, S. 211–213; M. Lenoir: Ad Mercuri templum. Voies et occupation antiques du nord du Maroc, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Rom 100 (1993) 507-520.
    55. R. Rebuffat: L’implantation militaire romaine en Maurétanie Tingitane. In: Africa Romana, 4, 1986, S. 31–78; M. Euzennat: Remarques sur la description de la Maurétanie tingitane dans Pline, H.N., V, 2-18. In: Antiquités Africaines 25 (1989) 95-109, 288-92; H. Limane, R. Rebuffat: Les confins sud de la présence romaine en Tingitane dans la région de Volubilis, Actes du Ve colloque international sur l’histoire et l’archéologie de l’Afrique du Nord, Avignon 1990, S. 459–480 und Dies: Voie romaine et système de surveillance militaire sur la carte d’Arbaoua, Actes du VI colloque international sur l’histoire et l’archéologie de l’Afrique du Nord, Pau 1993, Paris 1995, S. 299–342.
    56. M. Euzennat: Les Zegrenses. In: Melanges d’histoire ancienne offerts ä William Seston, Paris 1974, S. 175–186.
    57. Anthony R. Birley: Septimius Severus. The African Emperor, Routledge, 2002, S. 55 ist hier etwas ungenau. Präziser: The Cambridge Ancient History, Band 11, S. 524.
    58. Apuleius, De magia 24. Vgl. Jürgen Hammerstaedt u. a.: Apuleius: De magia. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2002 (Übersetzung mit dem lateinischen Text und interpretierenden Essays)
    59. Gerald Kreucher: Der Kaiser Marcus Aurelius Probus und seine Zeit, Steiner, Wiesbaden, 2003, S. 144f.
    60. Gerald Kreucher: Der Kaiser Marcus Aurelius Probus und seine Zeit, Steiner, Wiesbaden, 2003, S. 145.
    61. Archaeological Site of Volubilis, World Heritage List der UNESCO.
    62. Peter Brown: Through the Eye of a Needle. Wealth, the Fall of Rome, and the Making of Christianity in the West, 350-550 AD. Princeton University Press, 2012, S. 6.
    63. Peter Brown: Through the Eye of a Needle. Wealth, the Fall of Rome, and the Making of Christianity in the West, 350-550 AD, Princeton University Press 2012, S. 12.
    64. Peter Brown: Through the Eye of a Needle. Wealth, the Fall of Rome, and the Making of Christianity in the West, 350-550 AD, Princeton University Press 2012, S. 13f.
    65. Codex Theodosianus 5, 18, 1; Elisabeth Herrmann-Otto: Die Gesellschaftsstruktur der Spätantike. In: Alexander Demandt, Josef Engemann (Hrsg.): Konstantin der Große. Imperator Caesar Flavius Constantinus. von Zabern, Mainz am Rhein 2007, S. 188.
    66. Peter Sarris: Empires of Faith. The Fall of Rome to the Rise of Islam, 500–700. Oxford University Press, Oxford 2011, S. 31.
    67. Hans-Georg Beck: Das byzantinische Jahrtausend, C. H. Beck, München 1994, S. 47.
    68. Z. B. Jean-Michel Carrié: Les églises doubles et les familles d’églises, Brepols 1996.
    69. Peter Brown: Through the Eye of a Needle. Wealth, the Fall of Rome, and the Making of Christianity in the West, 350-550 AD, Princeton University Press 2012, S. 43.
    70. Jakob Haury: Über die Stärke der Vandalen in Afrika. In: Byzantinische Zeitschrift, 14, 1905, S. 527f.
    71. Helmut Castritius: Die Vandalen. Etappen einer Spurensuche, Kohlhammer, Stuttgart 2007, S. 79.
    72. Helmut Castritius: Die Vandalen. Etappen einer Spurensuche, Kohlhammer, Stuttgart 2007, S. 96.
    73. Helmut Castritius: Die Vandalen. Etappen einer Spurensuche, Kohlhammer, Stuttgart 2007, S. 100–102.
    74. Helmut Castritius: Die Vandalen. Etappen einer Spurensuche, Kohlhammer, Stuttgart 2007, S. 128–130.
    75. Helmut Castritius: Die Vandalen. Etappen einer Spurensuche, Kohlhammer, Stuttgart 2007, Karte auf S. 111.
    76. Helmut Castritius: Die Vandalen. Etappen einer Spurensuche, Kohlhammer, Stuttgart 2007, S. 131.
    77. Helmut Castritius: Die Vandalen. Etappen einer Spurensuche, Kohlhammer, Stuttgart 2007, S. 135.
    78. Wolfgang Kaiser: Authentizität und Geltung spätantiker Kaisergesetze, C. H. Beck, München 2007, S. 105–107.
    79. Berthold Rubin: Das Zeitalter Iustinians, Bd. 2, de Gruyter, Berlin 1995, S. 38–47. Das Werk wurde erst posthum veröffentlicht und entstammt der Zeit, als er noch als Wissenschaftler ernstgenommen wurde.
    80. Andy H. Merrills: Vandals, Romans and Berbers. Understanding Late Antique North Africa. In: Ders.: (Hrsg.): Vandals, Romans and Berbers. New Perspectives on Late Antique North Africa, Aldershot 2004, S. 6.
    81. Yves Modéran: Les Maures et l’Afrique romaine (IVe au VIIe siècle), Rom 2003.
    82. Peter Riedlberger: Philologischer, historischer und liturgischer Kommentar zum 8. Buch der Johannis des Goripp nebst kritischer Edition und Übersetzung, Egbert Forsten, Groningen 2010, S. 49.
    83. Yves Modéran: Les Laguatan: le problème des migrations des néo-Berbères. In: Encyclopédie Berbère, Bd. 28/29, Edisud, 2008, S. 4318–4321.
    84. Abdelmajid Hannoum: Historiography, mythology and memory in modern North Africa: the story of the Kahina. In: Studia Islamica, 85, 1997, S. 85–130.
    85. Ibn Khaldoun: Histoire des Berbères et des dynasties musulmanes de l’Afrique septentrionale, übersetzt von William McGuckin de Slane, hgg. von Paul Geuthner, Paris, 1978, Bd. 1, S. 208f. Dt.: Ibn Khaldun: Die Muqaddima: Betrachtungen zur Weltgeschichte. Übertragen und mit einer Einführung von Alma Giese unter Mitwirkung von Wolfhart Heinrichs, Beck, München 2011. Vgl. Shlomo Sand: The Invention of the Jewish People (zuerst 2008) Verso, 2009, S. 202.
    86. Elli Kohen: History of the Byzantine Jews. A Microcosmos in the Thousand Year Empire, University Press of America, 2007, S. 39.
    87. Hsain Ilahiane: Historical Dictionary of the Berbers (Imazighen), Scarecrow Press 2006, S. 71.
    88. Marie-France Dartois: Agadir et le sud marocain. À la recherche du temps passé, des origines au tremblement de terre du 29 février 1960, Editions de Courcelles, 2008, S. 75.
    89. Moshe Gil: Jews in Islamic Countries in the Middle Ages, Brill, Leiden 2004.
    90. Dale R. Lightfoot, James A. Miller: Sijilmassa: The Rise and Fall of a Walled Oasis in Medieval Morocco. In: Annals of the Association of American Geographers, 86,1, 1996, S. 78–101, hier: S. 90.
    91. Ulrich Haarmann (Hrsg.): Geschichte der arabischen Welt, Beck, München 2001, S. 284.
    92. Ulrich Haarmann (Hrsg.): Geschichte der arabischen Welt, Beck, München 2001, S.
    93. Vincent J. Cornell: Realm of the Saint: Power and Authority in Moroccan Sufism, University of Texas Press 1998, S. 40.
    94. Ahmed Tahiri: Proceso de urbanización en el Rif. Situación actual y perspectivas de investigación (Siglos VIII-X). In: II Congreso Internacional La Ciudad en al-Andalus y el Magreb, Fundación El legado andalusì, 2002, S. 37–47, hier: S. 46.
    95. Vgl. Josef van Ess: Theologie und Gesellschaft im 2. und 3. Jahrhundert der Hidschra. Eine Geschichte des religiösen Denkens im frühen Islam, 6 Bde., De Gruyter, Berlin 1991–1997, Bd. 2, S. 193–196.
    96. Josef van Ess: Theologie und Gesellschaft im 2. und 3. Jahrhundert der Hidschra. Eine Geschichte des religiösen Denkens im frühen Islam, 6 Bde., De Gruyter, Berlin 1991–1997, Bd. 2, S. 195.
    97. Josef van Ess: Theologie und Gesellschaft im 2. und 3. Jahrhundert der Hidschra. Eine Geschichte des religiösen Denkens im frühen Islam. 6 Bde. Berlin: De Gruyter 1991–1997, Bd. 2, 198f.
    98. Mahmood Ahmad Ghazi: The Sansūsiyyah movement of North Africa, Shariʼah Academy, International Islamic University, 2001, S. 312.
    99. G. Camps: Essai de cartographie culturelle: A propos de la frontière de Numidie et de Maurétanie. In: Claude Lepelley, Xavier Dupuis (Hrsg.): Frontières et limites géographiques de l’Afrique du Nord antique. Hommage à Pierre Salama, Paris 1999, S. 43–70, hier: S. 55.
    100. archnet.org: Jami' al-Kutubiyya (Memento vom 23. Dezember 2012 im Internet Archive)
    101. Ulrich Haarmann (Hrsg.): Geschichte der arabischen Welt, Beck, München 2001, S. 306.
    102. Ulrich Haarmann (Hrsg.): Geschichte der arabischen Welt, Beck, München 2001, S. 309.
    103. Jamil M. Abun-Nasr: A History of the Maghrib in the Islamic Period, Cambridge University Press 1987, S. 112.
    104. Jamil M. Abun-Nasr: A History of the Maghrib in the Islamic Period, Cambridge University Press 1987, S. 141.
    105. Dies und das Folgende nach Jamil M. Abun-Nasr: A History of the Maghrib in the Islamic Period, Cambridge University Press 1987, hier: S. 146. Einen Überblick über die Geschichte Nordafrikas bis zum Jahr 1985 bietet Peter von Sivers: Nordafrika in der Neuzeit. In: Ulrich Haarmann (Hrsg.): Geschichte der arabischen Welt, Beck, München 2001, S. 502–603.
    106. II Congreso Internacional La Ciudad en al-Andalus y el Magreb, 2002, S. 526, Algeciras. Excmo. Ayuntamiento
    107. Jamil M. Abun-Nasr: A History of the Maghrib in the Islamic Period, S. 211 (online)
    108. Nabil Mouline: L’idéologie califale du sultan Aḥmad al-Manṣûr al-Dhahabî (1578–1603), in Studia Islamica 102/103 (2006) 91-156, hier: S. 148f.
    109. Jamil M. Abun-Nasr: A history of the Maghrib in the Islamic period, Cambridge University Press, Cambridge 1987, S. 221f.
    110. Peter Lamborn Wilson: Pirate Utopias: Moorish Corsairs & European Renegadoes, Autonomedia, Williamsburg (Brooklyn) 2004, S. 97f.
    111. rootsweb.ancestry.com: The Roll Family Windmill. The Genealogy of the Roll Family (Memento vom 11. Mai 2013 im Internet Archive)
    112. G. Moratti, L. Piccardi, G. Vannucci, M.E. Belardinelli, M. Dahmani, A. Bendkik, M. Chenakeb: The 1755 “Meknes” earthquake (Morocco): field data and geodynamic implications, in: Journal of Geodynamics 36,1-2 (2003) 305-322.
    113. Jillali El Adnani: La Tijâniyya, 1781–1881. Les origines d’une confrérie religieuse au Maghreb, Diss., Marsam Editions, Rabat 2007, S. 11.
    114. Leila Maziane: Les juifs marocains sous les premiers sultans 'alawites, in: Mercedes García-Arenal (Hrsg.): Entre el Islam y occidente. Los judíos magrebíes en la edad moderna: seminario celebrado en la Casa de Velázquez, 16-17 de noviembre de 1998 Casa de Velázquez, Madrid 2003, S. 303–316, hier: S. 303.
    115. Jane S. Gerber: Jewish Society in Fez. 1450–1700. Studies in Communal and Economic Life, Brill, Leiden 1980, S. 19.
    116. Bettina Marx: Juden Marokkos und Europas, Das marokkanische Judentum im 19. Jahrhundert und seine Darstellung in der zeitgenössischen jüdischen Presse in Deutschland, Frankreich und Großbritannien, Peter Lang, Frankfurt 1991, S. 89.
    117. Jane S. Gerber: Jewish Society in Fez 1450–1700. Studies in Communal and Economic Life, Brill, Leiden 1980, S. 24.
    118. Bernard Lewis: Die Juden in der islamischen Welt. Vom frühen Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert, Beck, München 2004, S. 136.
    119. Mercedes García-Arenal, Gerard Wiegers: A Man of Three Worlds. Samuel Pallache, a Moroccan Jew in Catholic and Protestant Europe. franz. 1993, Johns Hopkins University Press, 2007, S. 127.
    120. Charles A. Lewis, Charles Lee Lewis: Admiral de Grasse and American independence, United States Naval Institute, Annapolis 1945, S. 41ff.
    121. Nabil I. Matar: In the Lands of the Christians. Arabic travel writing in the seventeenth century, Routledge 2003, S. 191 Anm. 4.
    122. Senhaja Berber, Ethnologue.
    123. Luciano Canfora: August 1914. Oder: Macht man Krieg wegen eines Attentats?, Köln 2010, S. 36.
    124. Telegramm der Admiralität vom 26. Juni 1911.
    125. Telegramm der Admiralität vom 28. Juni 1911
    126. Sonja Klinker: Maghrebiner in Frankreich, Türken in Deutschland. Eine vergleichende Untersuchung zu Identität und Integration muslimischer Einwanderergruppen in europäische Mehrheitsgesellschaften, Diss. Hildesheim 2009, Peter Lang 2010, S. 85.
    127. Bojan Kveder: Reviving the last Pasha of Marrakech. In: BBC News. 28. Juni 2010, abgerufen am 8. Dezember 2012.
    128. Dies und das Folgende nach: Dirk Sasse: Franzosen, Briten und Deutsche im Rifkrieg 1921–1926. Spekulanten und Sympathisanten, Deserteure und Hasardeure im Dienste Abdelkrims, Diss. Münster 2003, Oldenbourg, München 2006.
    129. Dirk Sasse: Franzosen, Briten und Deutsche im Rifkrieg 1921–1926. Spekulanten und Sympathisanten, Deserteure und Hasardeure im Dienste Abdelkrims, Diss. Münster 2003, S. 40.
    130. Dirk Sasse: Franzosen, Briten und Deutsche im Rifkrieg 1921–1926. Spekulanten und Sympathisanten, Deserteure und Hasardeure im Dienste Abdelkrims, Diss. Münster 2003, S. 199.
    131. L’histoire oubliée des surréalistes et la guerre du Rif (Memento vom 12. Februar 2008 im Internet Archive)
    132. Dirk Sasse: Franzosen, Briten und Deutsche im Rifkrieg 1921–1926. Spekulanten und Sympathisanten, Deserteure und Hasardeure im Dienste Abdelkrims, Diss. Münster 2003, S. 58f.
    133. Dirk Sasse: Franzosen, Briten und Deutsche im Rifkrieg 1921–1926. Spekulanten und Sympathisanten, Deserteure und Hasardeure im Dienste Abdelkrims, Diss. Münster 2003, S. 59.
    134. Dirk Sasse: Franzosen, Briten und Deutsche im Rifkrieg 1921–1926. Spekulanten und Sympathisanten, Deserteure und Hasardeure im Dienste Abdelkrims, Diss. Münster 2003, S. 62.
    135. Weider History Group: Rif War
    136. Rudibert Kunz, Rolf-Dieter Müller: Giftgas gegen Abd el Krim. Deutschland, Spanien und der Gaskrieg in Spanisch-Marokko 1922–1927, Rombach, Freiburg 1990, S. 72.
    137. Dirk Sasse: Franzosen, Briten und Deutsche im Rifkrieg 1921–1926. Spekulanten und Sympathisanten, Deserteure und Hasardeure im Dienste Abdelkrims, Diss. Münster 2003, S. 56.
    138. Convention relative à l’Organisation du Statut de la Zone de Tanger, avec Protocole relatif à deux Dahirs concernant l’Administration de la Zone et à l’Organisation d’une Juridiction internationale à Tanger, signée à Paris le 18 Décembre 1923 (Memento vom 25. Dezember 2011 im Internet Archive) PDF-Datei 1 MB der United Nations Treaty Collection.
    139. League of Nations Archives, Chronology 1928 League of Nations Archives, Genf (abgerufen 23. Juli 2008)
    140. Hans Peter Bull (11. August 1967): Die Stadt zwischen den Fronten, in: Die Zeit.
    141. Agreement for the re-establishment of the International Administration of Tangier. Signed at Paris, on 31 August 1945 (Memento vom 25. Dezember 2011 im Internet Archive) PDF-Datei 115 KB der United Nations Treaty Collection.
    142. collectornetwork.com: Spanish Morocco by Marc Van Daele (Memento vom 3. Oktober 2013 im Internet Archive) (englisch)
    143. Tanger, Business as usual. In: Der Spiegel. Nr. 17, 1952 (online).
    144. Alfred Hackensberger: Geschützt, verdrängt, geduldet – Jüdisches Leben in islamischen Ländern – eine gefährdete Tradition, in: Neue Zürcher Zeitung, 25. Februar 2008.
    145. Gerhard Schulz (Hrsg.): Geheimdienste und Widerstandsbewegungen im Zweiten Weltkrieg, Göttingen 1982, S. 84ff.
    146. Michael M. Laskier: North African Jewry in the Twentieth Century. The Jews of Morocco, Tunisia, and Algeria, New York University Press 1994, S. 91–113.
    147. Michael M. Laskier: North African Jewry in the Twentieth Century. The Jews of Morocco, Tunisia, and Algeria. New York University Press 1994, S. 105.
    148. Susan Gilson Miller: A History of Modern Morocco, Cambridge University Press 2013, S. 154.
    149. Michael M. Laskier: North African Jewry in the Twentieth Century. The Jews of Morocco, Tunisia, and Algeria. New York University Press 1994, S. 225.
    150. Michael M. Laskier: North African Jewry in the Twentieth Century. The Jews of Morocco, Tunisia, and Algeria. New York University Press 1994, S. 249.
    151. Zusammenfassend unter dem Blickwinkel der Entkolonialisierung: Jean Jolly: Décolonisation. Crimes sans châtiments, L’Harmattan, Paris 2012, S. 55–76.
    152. SF Tagesschau: West-Sahara: UNO-Vermittlung von Blutbad überschattet, 9. November 2010.
    153. BBC News: 'Eleven dead' in clashes in Western Sahara camp, 9. November 2010.
    154. Die Situation betreffend Westsahara. United Nations
    155. Marokko zieht wegen Reise des spanischen Königs Botschafter ab. In: Die Welt, 5. November 2007.
    156. In Marokko bleiben die wahren Islamisten außen vor. In: Zeit Online, 28. November 2011
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