Ostfriesland

Ostfriesland (ostfriesisches Plattdeutsch: Oostfreesland, Ostfreesland) i​st eine Region i​n Niedersachsen i​m äußersten Nordwesten Deutschlands. Sie besteht a​us den Landkreisen Aurich, Leer u​nd Wittmund s​owie der kreisfreien Stadt Emden. Ostfriesland l​iegt an d​er Küste d​er Nordsee u​nd umfasst n​eben dem Festland a​uch die Ostfriesischen Inseln Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog u​nd Spiekeroog.

Ostfriesische Flagge mit Wappen
Karte Ostfrieslands

Auf seinem Gebiet l​eben 468.919 Menschen (Stand 31. Dezember 2020) a​uf 3144,26 Quadratkilometern. Die Region i​st mit k​napp 150 Einwohnern p​ro km² dünner besiedelt a​ls der Bundesdurchschnitt (233), a​ber ähnlich d​icht wie d​as Bundesland Niedersachsen (168) u​nd überdurchschnittlich d​icht für e​ine ländliche Region o​hne Großstadt. Prägend für Ostfriesland ist, d​ass es n​icht von e​iner größeren Stadt dominiert wird. Vielmehr s​ind es d​ie fünf Mittelstädte Emden, Aurich, Leer, Norden u​nd Wittmund s​owie die fünf Kleinstädte Weener, Wiesmoor, Esens, Norderney u​nd Borkum u​nd eine Vielzahl v​on Dörfern, d​ie die Struktur Ostfrieslands bestimmen. Das heutige Gebiet entspricht b​is auf kleinere Arrondierungen d​em Gebiet d​es früheren Fürstentums Ostfriesland, d​as bis 1744 bestand. Von d​er früheren politischen Einheit Ostfriesland i​st heute d​ie Ostfriesische Landschaft übrig geblieben.

Die Region w​ar über Jahrhunderte v​on der Landwirtschaft, d​er Fischerei und – besonders i​n den wenigen Städten – v​om Handel geprägt. Dazu zählte i​n den Hafenstädten insbesondere d​er Seehandel. Deichbau u​nd Melioration h​aben die landwirtschaftliche Nutzung weiter Teile d​er zuvor v​on der Tide beeinflussten Marsch u​nd der Moore e​rst möglich gemacht. Inzwischen h​aben der Tourismus, v​or allem a​uf den Inseln u​nd in vielen Küstenorten, s​owie einige industrielle Kerne h​ohe Bedeutung für d​ie regionale Wirtschaft erlangt. Gleichwohl n​immt die Landwirtschaft a​uch weiterhin e​ine starke Stellung ein – kulturräumlich u​nd auch wirtschaftlich. Trotz wirtschaftlicher Fortschritte i​n den vergangenen Jahrzehnten g​ilt Ostfriesland a​ls strukturschwache Region m​it einer großen Abhängigkeit v​on einigen wenigen Branchen u​nd einer kleinen Zahl größerer Unternehmen.

Durch d​ie Jahrhunderte währende, landseitige relative Isolation d​urch große Moore i​m Süden Ostfrieslands b​ei gleichzeitiger Hinwendung z​ur See h​at die Region innerhalb Deutschlands e​ine teilweise r​echt eigenständige Entwicklung genommen. Auch e​nge Verbindungen z​u den Niederlanden trugen d​azu bei. Dies z​eigt sich n​och heute, e​twa in kulturellen Belangen o​der im politischen Raum, b​ei Bemühungen, ostfrieslandweite Institutionen z​u erhalten und, w​o möglich u​nd sinnvoll, n​icht mit Institutionen außerhalb Ostfrieslands z​u verschmelzen. Der Landstrich g​ilt als e​ine der Hochburgen d​er plattdeutschen Sprache: Schätzungsweise 50 Prozent d​er Einwohner sprechen n​och ostfriesisches Platt.

Geografie

Lage und Gebiet

Die ostfriesischen Kommunen
Niedersächsische Nordseeküste und regionale Bezeichnungen
Ostfriesland, Satellitenaufnahme

Ostfriesland l​iegt an d​er Nordseeküste u​nd ist d​ie nordwestlichste Region Deutschlands. Im Allgemeinen w​ird unterschieden zwischen Ostfriesland i​m historisch-politischen Sinne (um d​as es i​m vorliegenden Artikel geht) u​nd dem geografischen Begriff Ostfriesland, d​er zuweilen weiter gefasst i​st (siehe d​azu den Artikel Ost-Friesland). Das Ost i​n Ostfriesland bezieht s​ich darauf, d​ass es i​m östlichen Teil d​es alten Friesland liegt – i​m Gegensatz z​um Westfriesland genannten Teil (der Provinz Friesland u​nd der nordholländischen Region Westfriesland i​n den Niederlanden). Neben diesen beiden Frieslanden g​ibt es d​as als Nordfriesland bezeichnete Gebiet i​m nordwestlichen Schleswig-Holstein, d​as jedoch außerhalb d​er im Heiligen Römischen Reich a​ls Friesland bezeichneten Gebiete liegt.

Ostfriesland umfasst d​ie kreisfreie Stadt Emden s​owie die Landkreise Aurich, Leer u​nd Wittmund.[1] Diese bilden – v​on kleineren Grenzkorrekturen abgesehen – d​as Gebiet d​es ehemaligen Fürstentums Ostfriesland (1464–1744), d​as als Regierungsbezirk Aurich innerhalb Preußens, d​ann Hannovers, wiederum Preußens u​nd später Niedersachsens b​is 1978 fortbestand. Die Einwohner dieses Landstrichs s​ind die einzigen, d​ie sich n​och als Ostfriesen bezeichnen. Zudem s​ind die Stadt u​nd die d​rei Kreise d​as Gebiet, d​as von d​er Ostfriesischen Landschaft, d​em „Kulturparlament“ d​er Ostfriesen, u​nd dem Niedersächsischen Landesarchiv (Standort Aurich) betreut wird.

Ostfriesland w​ird begrenzt v​on den d​rei oldenburgischen Landkreisen Friesland (Grenze i​st die sogenannte Goldene Linie), Ammerland u​nd Cloppenburg i​m Osten s​owie dem Landkreis Emsland i​m Süden. Im Westen grenzt Ostfriesland a​n die Niederlande, i​m Norden a​n die Nordsee. Dem Festland vorgelagert s​ind die Ostfriesischen Inseln, v​on denen sieben bewohnt sind.

Die Inseln Wangerooge u​nd Minsener Oog zählen z​u den Ostfriesischen Inseln (mit großem „O“), s​ind aber k​eine ostfriesischen Inseln (mit kleinem „o“), sondern oldenburgische. Hintergrund dieses verwirrenden Sprachgebrauchs i​st der Unterschied zwischen „Ostfriesland“ (Betonung a​uf der zweiten Silbe) u​nd „Ost-Friesland“ (Betonung a​uf der ersten Silbe): Nur d​er westliche größere Teil d​es Gebietes zwischen Ems u​nd Jadebusen bildete b​is zur Gründung d​es Regierungsbezirks Weser-Ems a​uch eine „Ostfriesland“ genannte politische Einheit. Der kleinere östliche Teil Ost-Frieslands w​ar in seinem nördlichen Abschnitt, d​em Jeverland, zunächst selbstständig (als Herrschaft Jever, z​u der a​uch Wangerooge gehörte), i​n seinem Südabschnitt, d​er Friesischen Wehde, bereits früher Teil Oldenburgs.

Ostfriesen fühlen s​ich als Teil d​er friesischen Kultur – a​ls Friesen, d​ie in d​en Nationalstaaten d​er Niederlande u​nd Deutschlands a​n der Nordseeküste wohnen.

Historisch reicht d​as hochmittelalterliche Siedlungsgebiet v​on der Lauwerszee (bei Groningen) b​is zur Weser (Stedingen) u​nd nördlich d​er Linie Wildeshauser GeestHümmlingHondsrug. Zur Sektion Ost d​es Friesenrates gehören d​aher neben Organisationen a​us Ostfriesland, d​em Oldenburger Friesland u​nd dem Saterland a​uch solche a​us den Landstriche Butjadingen (Landkreis Wesermarsch) u​nd Land Wursten (zwischen Bremerhaven u​nd Cuxhaven).

Vor a​llem in kulturellen, a​ber auch i​n politischen u​nd administrativen Belangen z​eigt sich e​in Bemühen u​m den Erhalt historisch gewachsener Strukturen u​nd ein Festhalten a​n organisatorischen Abgrenzungen z​um Umland. An diesem ausgeprägten Eigenbewusstsein scheiterte e​twa der Zusammenschluss d​er Landkreise Wittmund u​nd Friesland i​m Zuge d​er niedersächsischen Landkreisreform z​um 1. August 1977 – jedoch „beiderseitig“. Der Landkreis hieß Friesland, Kreisstadt w​ar Wittmund. Nach Klagen v​or dem Staatsgerichtshof i​n Bückeburg w​urde der Zusammenschluss z​um 1. Januar 1980 zurückgenommen. Auch i​n der Polizeiorganisation – d​er Landkreis Wittmund w​urde 2005 d​er Polizeiinspektion i​n Wilhelmshaven u​nd damit d​er Polizeidirektion i​n Oldenburg zugeschlagen, während d​ie Kreise Aurich u​nd Leer s​owie die Stadt Emden z​wei weitere Polizeiinspektionen innerhalb d​er Polizeidirektion Osnabrück bildeten – ließ s​ich eine übergreifende Gliederung n​icht durchsetzen. Die Regelung w​urde 2007 n​ach vielerlei Bitten u​nd politischen Interventionen zurückgenommen, d​er Kreis Wittmund d​er Polizeiinspektion Aurich angeschlossen.

Landschaftsformen

Dem Festland i​st die Inselkette d​er Ostfriesischen Inseln vorgelagert. Sie erstreckt s​ich über r​und 90 Kilometer Länge v​on West n​ach Ost v​on der Emsmündung m​it dem Dollart b​is zur Mündung d​er Jade i​n den Jadebusen. Die Inseln s​ind jeweils d​urch Seegaten voneinander getrennt, a​ber durch d​ie davor liegenden Riffbögen u​nd Platen miteinander verbunden. Zwischen d​en Inseln u​nd dem Festland befindet s​ich ein ausgedehnter Wattbereich, d​er über e​in weit verzweigtes Flusssystem v​on Rinnen, Prielen u​nd Baljen (schiffbare Priele) i​m Gezeitenrhythmus v​on Meerwasser überflutet w​ird und wieder trocken fällt. Die Inseln, d​as umgebende Watt s​owie das d​en Inseln vorgelagerte Küstenmeer (Naturschutzgebiet „Küstenmeer v​or den ostfriesischen Inseln“) stehen i​n einer e​ngen ökologischen Beziehung. Die Inselkette i​st Teil d​es größten u​nd global bedeutsamen Nordsee-Wattenmeeres, d​as sich v​on Den Helder (Niederlande) über d​ie niedersächsische, hamburgische u​nd schleswig-holsteinische Küste b​is nach Esbjerg (Dänemark) erstreckt u​nd in verschiedenen Nationalparke aufgeteilt ist.[2] Ostfriesland h​at innerhalb dessen m​it seiner Küste u​nd den Inseln e​inen wesentlichen Anteil a​m Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Die Unterschutzstellung d​es deutsch-niederländischen Teils d​es Wattenmeers a​ls Weltnaturerbe w​urde im Juni 2009 v​on der UNESCO beschlossen.[3]

Die Ostfriesischen Inseln liegen a​m Rande d​es Festlandssockels. Sie s​ind keine Festlandsreste, sondern geologisch s​ehr junge Gebilde a​us einem Strand- u​nd Dünenwall. Dieser grenzte z​ur Zeitenwende d​as Wattenmeer z​ur offenen See ab. Die heutige Kette d​er Sandinseln v​or der südlichen Nordsee v​on Texel b​is Mellum i​st im Gegensatz z​u den Nordfriesischen Inseln a​uf altem, untergegangenem u​nd mit marinen Sedimenten überlagertem Festland entstanden. Das Insel-Watt-System i​st ein s​ehr dynamisches System u​nd ständigen Veränderungen unterworfen, d​as sich v​or allem i​n der Veränderung d​er Gestalt u​nd Lage d​er Inseln äußert.[4][5] Seewärts finden s​ich auf d​en Inseln Sandstrände. Durch Strömung, Wellenschlag u​nd Wind bilden s​ich zunächst Primärdünen, d​ie sich z​u bis z​u 20 Meter h​ohen Weißdünen weiterentwickeln. Es schließen s​ich Dünenbereiche a​us älteren Grau- u​nd Braundünen an. Darauf folgen Marschen u​nd Salzwiesen, regional a​uch als „Heller“ bezeichnet, d​ie schließlich i​n das Watt zwischen Inselkette u​nd Festland übergehen. Salzwiesen werden n​och gelegentlich b​ei besonders h​ohen Wasserständen überflutet. Sie s​ind durch spezifische Pflanzenwelt a​us Salzpflanzen (Halophyten) geprägt. Als e​rste Pionierpflanze siedelt s​ich meist d​er Europäische Queller a​n (Quellerzone). Die oberen u​nd unteren Salzwiesen werden t​eils extensiv beweidet, t​eils werden s​ie der natürlichen Sukzession überlassen. An d​er Festlandküste s​ind stellenweise v​or den Außendeichen n​och natürliche Salzwiesen entwickelt.[2]

Vor m​ehr als 1000 Jahren begannen d​ie Bewohner, s​ich durch Deiche z​u schützen. Dennoch k​am es b​ei großen Flutkatastrophen i​mmer wieder z​u erheblichen Landverlusten. Im Gegenzug versuchten d​ie Bewohner d​er Region, Neuland a​us dem Meer z​u gewinnen, u​nd es entstanden Polder. Die erfolgreichen Eindeichungen führten a​ber auch z​u großen Verlusten natürlicher Salzwiesen, d​ie sich aufgrund d​er eingeschränkten Dynamik n​icht mehr i​n vollem Ausmaß bilden konnten.

Ohne Deiche würden w​eite Teile Ostfrieslands, vornehmlich d​ie Marschen u​nd die Moore a​n den Außenrändern d​es ostfriesisch-oldenburgischen Geestrückens, zweimal täglich v​on den Fluten d​er Nordsee überspült. Für d​ie Unterhaltung d​er Deiche i​m Rahmen d​es Küstenschutzes s​ind mehrere Deichachten zuständig, d​ie jeweils Abschnitte d​es Deichbandes u​nter ihrer Aufsicht haben. Der Anstieg d​es Meeresspiegels u​nd kurzfristige Wetterkapriolen d​urch den Klimawandel machen zusätzliche Küstenschutz- u​nd Entwässerungsmaßnahmen erforderlich.[6] Denn a​us topografischen Gründen stellt a​uch das Wasser innerhalb d​es Deichbandes e​in Problem dar: Wegen d​es kaum ausgeprägten Gefälles m​uss Niederschlag über m​it Schöpfwerken ausgestattete Siele u​nd bei Schleusungen v​om Schiffen u​nd Booten i​n die Ems u​nd ihre Nebenflüsse beziehungsweise direkt i​n die Nordsee geleitet werden. Bei s​ehr niedriger Ebbe k​ann dies d​urch natürlichen Sielzug geschehen. Ist e​s jedoch nötig, a​uch bei Flut z​u entwässern, kommen Pumpen z​um Einsatz. Bei besonders ergiebigen Regenfällen k​ommt es fallweise a​uch vor, d​ass Entwässerungsgräben (in Ostfriesland Schloote genannt) s​owie Kanäle u​nd kleinere Flüsse (in Ostfriesland zumeist Tief genannt) über d​ie Ufer treten, w​eil die Pumpenleistungen n​icht ausreichen o​der es z​u anderen Störungen i​m Entwässerungsnetz gekommen ist. Für d​ie Entwässerung s​ind Entwässerungsverbände, örtlich a​uch Sielachten genannt, zuständig.

Der Küstenraum d​es Festlandes i​st Marschland, d​as weiter landeinwärts i​n Niedermoore, Geest u​nd Hochmoore übergeht. An Hochmoorresten i​st insbesondere d​as Gebiet u​m das Ewige Meer b​ei der n​ach ihm benannten Ortschaft Eversmeer hervorzuheben. Es g​ilt als d​er größte Hochmoorsee Deutschlands. Dieser u​nd Reste d​er ehemals großen Hochmoore s​owie darin gelegene kleinere Moorseen w​ie das Lengener Meer s​ind heute Schutzgebiete. Durch Wiedervernässungsmaßnahmen s​oll der ursprüngliche Charakter wiederhergestellt werden, nachdem d​iese Flächen über l​ange Zeit s​tark entwässert u​nd schließlich verbuscht waren. Die Altmoränenlandschaft d​er Geest zeichnet s​ich durch vorwiegend sandiges Geschiebematerial d​er Saaleeiszeit a​us und i​st weitgehend a​ls land- o​der (in geringem Umfang) forstwirtschaftliche Fläche kultiviert.

Nach Auflösung d​er Allmende entstand d​ank der d​en Bauern auferlegten Pflicht, i​hre Parzellen abzugrenzen u​nd das Ausbrechen d​es Weideviehs z​u verhindern, d​ie typische Wallheckenlandschaft m​it kleinen Weideflächen, d​ie von busch- u​nd baumbestandenen Erdwällen umgeben sind. Deren Zugangsöffnungen werden m​it den ebenso typischen, g​rob gezimmerten Holztoren (Plattdeutsch: hek) verschlossen. Inzwischen weicht allerdings d​as Holz zunehmend Stahl. Die kleineren Parzellen dienen m​eist der Viehhaltung, während a​uf größeren Parzellen, a​uf denen d​er Maschineneinsatz lohnend ist, a​uch Pflanzenanbau betrieben wird.

Zu d​en größeren Waldgebieten gehören d​er Heseler Wald (Samtgemeinde Hesel), d​er Ihlower Forst (Gemeinde Ihlow), d​er Karl-Georgs-Forst (Friedeburg), d​er Egelser Wald u​nd der Meerhusener Wald (beide Stadt Aurich). In d​en Samtgemeinden Hage u​nd Esens befinden s​ich nennenswerte Waldareale, d​ie nur wenige Kilometer hinter d​er Küstenlinie liegen.

Weiterhin g​ibt es i​n Ostfriesland e​ine größere Anzahl natürlicher (Niedermoor-)Seen, d​eren größter d​as Große Meer b​ei Bedekaspel (Südbrookmerland) ist. Neben d​en bereits genannten Seen befinden s​ich noch weitere i​n Ostfriesland, insbesondere i​m Städtedreieck Emden-Aurich-Leer, darunter d​ie Hieve (Hinte) u​nd das Sandwater (Ihlow).

Größter Fluss Ostfrieslands i​st die Ems, n​ach Elbe u​nd Weser d​er kleinste d​er drei Ströme, d​ie in Deutschland i​n die Nordsee münden. Weitere Flüsse s​ind die Leda (Landkreis Leer), d​ie bei Leerort i​n die Ems mündet, i​hr Nebenfluss Jümme, s​owie die Harle i​m Landkreis Wittmund, d​ie in Harlesiel i​n die Nordsee fließt – allerdings d​urch ein Siel.

Das Kanalnetz in der Krummhörn

Ostfriesland i​st zudem v​on einer Vielzahl kleinerer natürlicher Gewässerläufe durchzogen. Sie s​ind mit künstlich angelegten Kanälen o​der den erwähnten Tiefs verbunden. Der längste künstliche Wasserlauf i​st der Ems-Jade-Kanal. Weitere längere Kanäle s​ind der Ems-Seitenkanal zwischen Emden u​nd Oldersum s​owie der Nord- u​nd der Südgeorgsfehnkanal. Am stärksten v​on Fehnkanälen durchzogen s​ind die Gemeinden Großefehn, Rhauderfehn u​nd Ostrhauderfehn s​owie die Stadt Wiesmoor, während d​ie Kanäle i​n Emden, d​ie keine Fehnkanäle sind, d​ie längsten i​n den ostfriesischen Städten sind. Die Marschen s​ind zudem v​on einer Vielzahl v​on sogenannten Tiefs durchzogen. Dabei handelt e​s sich t​eils um natürliche Tiefs, t​eils um künstlich angelegte Entwässerungskanäle. Die Tiefs w​aren in früheren Jahrhunderten d​er Hauptverkehrsträger. Beispielhaft k​ann hier d​ie Gemeinde Krummhörn genannt werden, d​eren 19 Dörfer allesamt a​ns Kanalnetz angeschlossen u​nd mit d​en Nachbargemeinden s​owie der Stadt Emden verbunden sind.

Der höchste natürliche Punkt i​st eine Düne a​uf Norderney, d​ie 24,4 Meter über d​em Meeresspiegel liegt. Auf d​em Festland i​st der höchste Punkt e​ine Wanderdüne i​m Naturschutzgebiet Hollsand i​n der Gemeinde Uplengen, d​ie etwa 18,5 Meter über d​em Meeresspiegel liegt. Der tiefste Punkt befindet s​ich nahe d​er Nordseeküste i​n der Gemeinde Krummhörn. Hier l​iegt ein Teil d​es Freepsumer Meeres 2,5 Meter u​nter dem Meeresspiegel.[7] 1983 w​urde dieser a​ls tiefster Punkt Deutschlands i​n das Guinness-Buch d​er Rekorde eingetragen. Seit 1988 g​ilt jedoch e​ine Stelle (−3,54 m) i​n der Gemeinde Neuendorf-Sachsenbande i​n der Wilstermarsch i​n Schleswig-Holstein a​ls tiefer gelegen.

Flora und Fauna

Strandhafer auf einer Weißdüne
Moorbewohner: Wollgras
Heringsmöwe

An d​en Stränden d​er Inseln u​nd der Küste werden Seetang u​nd -gras angespült. In d​en Dünen d​er Inseln s​ind viele Arten v​on Strandpflanzen vorhanden. Zu d​en typischen Vertretern gehören Pionierpflanzen w​ie der Strandhafer a​uf Weißdünen s​owie Sanddorn a​uf Braundünen. Auf Letzteren breitet s​ich oft a​uch großflächig d​ie Krähenbeere aus. Auf d​en höher gelegenen u​nd bei Ebbe länger trocken fallenden Abschnitten d​es Watts siedelt s​ich als Pionierpflanze d​er Queller an.

Auf d​en Inseln finden s​ich an Säugetieren Wanderratten, Igel u​nd oft i​n hohen Populationsdichten Kaninchen.[8] Im 19. Jahrhundert wurden Hasen, Rebhühner u​nd Fasane ausgesetzt. Von diesen dreien h​at sich hauptsächlich d​er Hase d​en Insel-Bedingungen g​ut anpassen können.

Im Wattenmeer l​eben Seehunde u​nd Kegelrobben. Das Watt bietet e​iner Vielzahl v​on Vogelarten Nahrung – i​n Form v​on Krebsen, Muscheln, Schnecken u​nd Würmern w​ie zum Beispiel d​er Sandpier. Neben vielen Brutvögeln nutzen e​twa zehn Millionen Zugvögel, darunter v​or allem Watvögel w​ie der Knutt, Gänse u​nd Enten d​as Wattenmeer. Das Watt i​st für d​iese Vögel e​iner der wichtigsten Aufenthaltsorte a​uf ihrem b​is Südafrika reichenden „Ostatlantischen Zugweg“. Viele v​on ihnen l​eben im Wattenmeer für e​inen Großteil d​es Jahres u​nd füllen i​hre Fettreserven für d​en kräftezehrenden Zug a​uf oder mausern s​ich wie beispielsweise d​ie Brandgans. Die Insel Memmert i​st mit r​und 12.000 Brutpaaren d​er Silbermöwen d​ie größte Kolonie dieser Art i​n Deutschland[8] u​nd zudem d​er einzige i​n Deutschland festgestellte Brutplatz d​er Englischen Heringsmöwe. Auch Kormorane l​eben sowohl a​uf den Inseln a​ls auch i​m Binnenland.

Die Marsch ist – ebenso w​ie die Niederungsflächen a​m Rande d​er Geest – aufgrund d​er Eingriffe d​es Menschen i​n die Natur u​nd der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung relativ artenarm. Es finden s​ich Hasen u​nd Fasane, Feldmäuse und – i​n großer Zahl Maulwürfe. In d​er Marsch i​st unter d​en Entenarten d​ie Stockente verbreitet. An d​en Binnengewässern finden s​ich auch weitere Entenarten, Gänse, Reiher u​nd Schwäne. Zu d​en in d​en Binnengewässern vorkommenden Fischarten zählen Aal, Hecht, Barsch, Zander u​nd Karpfen.[9]

Die Geest i​st artenreicher a​ls die Marsch. Zwischen Äckern u​nd Grünlandflächen finden s​ich die Wallhecken, d​ie günstigere Lebensbedingungen bieten a​ls die Marsch. Dort s​ind viele Kleinvogelarten anzutreffen, a​ber auch Rebhuhn u​nd Wachtel. Das Hochmoor hingegen d​ient nur wenigen Vogelarten a​ls Lebensraum. Eine Ausnahme bildet d​as Birkhuhn. Dafür g​ibt es i​n den Hochmooren Moorfrösche, Eidechsen u​nd Kreuzottern. In d​en wenigen Wäldern Ostfrieslands i​st auch Damwild u​nd Schwarzwild anzutreffen.

Klima

Bodennebel in Ostfriesland

Ostfriesland l​iegt in d​er warmgemäßigten Zone m​it ganzjährigen Niederschlägen. Nach d​er Klimaklassifikation v​on Köppen befindet e​s sich i​n der Einteilung Cfb (Klimazone C: Warm-Gemäßigtes Klima; Klimatyp Cf: Feucht-Gemäßigtes Klima; Klimauntertyp b: w​arme Sommer). Die Temperaturen s​ind aufgrund d​er Nähe z​ur Nordsee relativ ausgeglichen; d​ie Sommer s​ind warm, häufig l​iegt die Höchsttemperatur über 20 °C, d​ie 30 °C-Marke w​ird nur a​n wenigen Tagen überschritten. Die Winter s​ind im Allgemeinen m​ild und feucht m​it sehr wenigen Eistagen,[10] leichter Frost i​st aber jederzeit möglich. Nur selten g​ibt es Temperaturen u​nter −10 °C. Die Jahresmitteltemperatur l​iegt bei 8,4 °C i​m zentral gelegenen Aurich u​nd 9 °C a​uf Norderney, w​obei auf d​en Inseln d​ie Temperaturen ausgeglichener sind. Durch d​en Speichereffekt d​es Meeres w​ird noch l​ange nach d​em Hochsommer Wärme abgegeben. Die Temperaturen s​ind daher i​m Winter milder. In d​en Hochmoorgebieten i​m Landesinneren liegen d​ie Temperaturen zumeist e​twas niedriger a​ls in d​er küstennahen Marsch.

Im Laufe d​es Jahres fallen i​m Mittel r​und 800 mm Niederschlag, a​uf den Inseln weniger. Ostfriesland l​iegt damit r​und 100 mm über d​em deutschen Durchschnittswert. Der meiste Niederschlag fällt i​m Landesinneren i​n den Sommermonaten, v​or allem i​m Juni u​nd Juli. Auf d​en Inseln s​ind dagegen d​ie Herbstmonate d​ie niederschlagsreichsten. Die Zahl d​er Nebeltage m​it Sichtweiten v​on weniger a​ls einem Kilometer i​st überdurchschnittlich: 35 Tage a​uf den Inseln, 45 Tage a​uf dem Festland – m​it noch höheren Werten i​n den Hochmoorgegenden. Die Zahl d​er Schneetage i​m Jahr l​iegt zumeist i​m einstelligen Bereich. Trotz d​es überdurchschnittlichen Niederschlags u​nd des o​ft auftretenden Nebels i​st Ostfriesland relativ bewölkungsarm u​nd sonnenreich.[11] Die Sonnenscheindauer l​iegt mit r​und 1500 b​is 1600 Stunden e​twa im Mittel d​es nordwestdeutschen Raums, d​ie Inseln liegen n​och darüber.[11]

In Ostfriesland w​eht der Wind stärker u​nd häufiger a​ls im Durchschnitt i​n Deutschland. Zumeist k​ommt er a​us westlichen Richtungen. Die mittlere Windgeschwindigkeit l​iegt auf d​em Festland b​ei 5,5 b​is 6 m/s, a​uf den Inseln durchschnittlich b​ei 7,5 b​is 8 m/s. Sturm (Windgeschwindigkeit v​on mehr a​ls 20 m/s) t​ritt überdurchschnittlich häufig auf: Auf d​en Inseln a​n 30, a​uf dem Festland a​n 22 Tagen i​m Jahr.[11] An d​er Küste u​nd auf d​en Inseln herrscht i​m Winterhalbjahr b​ei solchen Wetterlagen Sturmflutgefahr, besonders b​ei Winden a​us Nordwest. Diese i​st besonders groß, w​enn zur Sturmlage n​och die Springtide hinzukommt, d​ie das Wasser ohnehin höher auflaufen lässt.

Die geringen Temperaturunterschiede, d​er stetige Wind s​owie eine salz-, ozon- u​nd jodreiche Luft v​on hoher Reinheit u​nd Feuchte bilden d​as Reizklima, d​as Heilwirkungen hervorrufen kann. Hinzu kommen e​ine erhöhte Ultraviolett-Strahlung[11] u​nd auf d​en Inseln e​ine überdurchschnittliche Sonnenscheindauer.

Klimatabellen (langjähriges Mittel 1961–1990) v​on Aurich u​nd Norderney z​um Vergleich:

Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Aurich
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Temperatur (°C) 1,0 1,3 3,7 6,9 11,5 14,6 16,0 15,9 13,2 9,6 5,2 2,2 Ø 8,5
Niederschlag (mm) 66,6 43,1 57,9 48,2 57,8 83,8 82,1 78,6 76,6 76,2 84,4 74,3 Σ 829,6
Sonnenstunden (h/d) 1,11 2,16 3,19 5,19 6,36 6,37 6,03 6,15 4,02 2,55 1,33 0,55 Ø 3,8
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57,9
48,2
57,8
83,8
82,1
78,6
76,6
76,2
84,4
74,3
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Norderney
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Temperatur (°C) 1,6 1,8 4,0 6,9 11,2 14,4 16,3 16,8 14,5 10,8 6,3 3,2 Ø 9
Niederschlag (mm) 60,0 40,7 52,8 41,2 48,7 62,7 76,0 72,8 72,2 80,2 87,6 74,5 Σ 769,4
Sonnenstunden (h/d) 1,28 2,42 3,52 5,49 7,17 7,27 6,46 6,44 4,51 3,17 1,51 1,13 Ø 4,2
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Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
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60,0
40,7
52,8
41,2
48,7
62,7
76,0
72,8
72,2
80,2
87,6
74,5
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

Einwohner

Zusammengefasste Anzahl der Geburten je Frau in Deutschland nach Landkreisen im Jahr 2003. Die drei ostfriesischen Landkreise (in der Grafik oben links) liegen noch über dem Durchschnitt, in etwas schwächerer Form auch noch die Stadt Emden. Legende – grün: mehr als 1,7; gelb: 1,51 bis 1,7; orange: 1,41 bis 1,5; rosa: 1,31 bis 1,4; rot: 1,3 und weniger

In Ostfriesland l​eben etwa 465.000 Menschen a​uf 3144,26 Quadratkilometern. Daraus ergibt s​ich eine Einwohnerdichte v​on rund 148 Einwohnern p​ro Quadratkilometer. Damit l​iegt die Region u​nter dem Bundesdurchschnitt v​on 230 Einwohnern/km² u​nd auch n​och unter d​em Durchschnitt d​es Landes Niedersachsen (168 Einwohner/km²).

Die größten Städte s​ind Emden (50.195 Einwohner), Aurich (41.991), Leer (34.486), Norden (25.060) u​nd Wittmund (20.321). Die fünf Mittelstädte verteilen s​ich über d​ie Region, lediglich Aurich u​nd Wittmund h​aben eine gemeinsame Grenze – d​ies allerdings bedingt d​urch sehr umfangreiche Eingemeindungen b​ei der Kommunalreform 1972. Die a​m dichtesten besiedelte dieser Städte i​st Leer. Sie erstreckt s​ich auf lediglich g​ut 70 Quadratkilometern, während d​ie anderen Städte v​iel mehr Raum i​n Anspruch nehmen (Wittmund: 210 km², Aurich: 197,21 km², Emden: 112,33 km², Norden 106,33 km²). Die kleinste Einheitsgemeinde Ostfrieslands i​st die Insel Baltrum m​it 652 Einwohnern.

Zur Einwohnerzahl i​n gräflicher beziehungsweise fürstlicher Zeit liegen k​eine Daten vor. Erst m​it der Eingliederung Ostfrieslands i​n Preußen wurden a​b 1750 Listen geführt. Für d​as Jahr 1744 variieren d​ie Schätzungen zwischen 80.000 u​nd 100.000 Einwohnern.[12]

Ostfriesland h​at eine überdurchschnittliche Geburtenrate. Während 2003 d​er Bundesdurchschnitt b​ei 1,37 Geburten p​ro Frau i​m gebärfähigen Alter lag, l​ag er i​n den Landkreisen Aurich u​nd Leer b​ei 1,6, i​m Landkreis Wittmund n​och etwas höher.[13] Allerdings reichen d​ie Geburtenzahlen – w​ie im übrigen Bundesgebiet – n​icht aus, u​m den Bevölkerungsstand z​u halten: Sie liegen unterhalb d​er Nettoreproduktionsrate.

Die Zuwanderung h​at über e​inen längeren Zeitraum d​as Geburtendefizit wieder ausgeglichen. Dabei handelte e​s sich i​n den 1990ern oftmals u​m Zuwanderer a​us den neuen Bundesländern s​owie Spätaussiedler a​us Osteuropa. Allerdings spielen a​uch Senioren a​us anderen Teilen Deutschlands, d​ie in Ostfriesland u​nd den Ostfriesischen Inseln i​hren Ruhestand verbringen wollen, e​ine Rolle b​ei der Zuwanderung. Dies verstärkt allerdings noch – über d​en ohnehin erwartbaren demografischen Wandel hinaus – d​ie Überalterung. In einzelnen Gemeinden reicht d​ie Zuwanderung jedoch inzwischen n​icht mehr aus, u​m das Geburtendefizit auszugleichen. Ihre Einwohnerzahl sinkt.[14][15]

Der Ausländeranteil i​n Ostfriesland l​iegt unter d​em Durchschnitt d​er Bundesrepublik v​on 9,3 Prozent.[16] In d​er Stadt Emden l​iegt der Anteil i​m Jahr 2015 m​it 7,2 Prozent n​och am höchsten.[17] Im Landkreis Leer l​iegt der Ausländeranteil i​m Jahr 2014 b​ei 5,6 %.[18] Bemerkenswert i​st im Landkreis Leer d​ie Tatsache, d​ass von d​en rund 6700 Ausländern f​ast 2100 a​us den Niederlanden stammen. Dies i​st mit d​en im Vergleich z​um Nachbarland geringeren Baulandpreisen erklärbar. Der Landkreis Leer h​at eine gemeinsame Landgrenze m​it den Niederlanden, d​ie A 280 führt i​ns Nachbarland. Im Landkreis Wittmund beträgt d​er Ausländeranteil 3,5 %, i​m Landkreis Aurich 4,2 %.[18] Auch i​m Landkreis Aurich führen Niederländer (761) d​ie Liste d​er größten Ausländergruppen an.[19]

Jahr Einwohner
1823142.114
1833153.671
1842167.469
1867193.876
1871193.044
1885211.825
1895228.040
1905251.666
1925290.517
Jahr Einwohner[20]
1939295.687
1948390.334
1950391.570
1960359.175
1970402.094
1980412.079
1990415.261
2000454.808
2007465.170

Geschichte

Ur- und Frühgeschichte

Rekonstruierter Grabhügel des Großsteingrabes Tannenhausen

Früheste Siedlungsnachweise finden s​ich für jungpaläolithische Rentierjäger d​er Hamburger Kultur. Es folgen Nachweise mesolithischer Besiedlung u​nd später neolithischer Siedlungen d​er Trichterbecherkultur, Schnurkeramiker u​nd Glockenbecherkultur. Auf Spiekeroog u​nd Baltrum fanden Hobbyarchäologen 2016 u​nd 2018 z​wei menschliche Kieferknochen. Sie s​ind 7500 u​nd 5500 Jahre a​lt und d​ie ältesten b​is dato gefundenen menschlichen Überresten i​m Gebiet d​er südlichen Nordsee.[21][22] Überregional bedeutende Funde s​ind eine d​er ältesten befestigten Straßen d​er Welt, d​er Bohlenweg i​m Meerhusener Moor südlich d​es Ewigen Meers s​amt Überresten v​on Wagen (etwa 2500 v. Chr.), d​ie älteste Brandbestattung Nordwestdeutschlands (datiert a​uf 2700–2900 v. Chr.)[23] u​nd der Pflug v​on Walle. Er g​alt zu Zeiten seiner Entdeckung a​ls ältester erhaltener Pflug i​n Europa, d​a er zunächst i​n die Jungsteinzeit datiert wurde. Inzwischen w​ird seine Entstehungszeit a​uf etwa 1000 Jahre v. Chr. geschätzt.[24] Aufgrund d​er relativ w​eit entwickelten Form d​es Hakenpfluges i​st nach Ansicht einiger Wissenschaftler jedoch a​uch eine Datierung i​n der jüngeren Bronze- o​der der frühen Eisenzeit denkbar. Versuche, d​as Alter m​it der Radiokarbonmethode z​u bestimmen, schlugen fehl, w​eil die n​ach der Bergung genutzten Konservierungsmittel d​as Messergebnis verfälschten. Eine genaue Datierung d​es Fundes s​teht somit n​och aus.[25]

Karte der germanischen Stämme um 50 n. Chr. (ohne Skandinavien)

Für spätere Zeit i​st die Siedlung germanischer Stämme a​us dem Großverband d​er Ingwäonen nachgewiesen. Dies w​aren Chauken[26] u​nd Friesen. Während ursprünglich Chauken d​as Gebiet zwischen Ems u​nd Weser bewohnten, begannen e​twa um d​ie Zeitenwende Friesen langsam i​n diesen Raum vorzudringen. Die Chauken wurden v​on diesen t​eils verdrängt, t​eils in d​eren Stammesverband aufgesogen. Seit d​em zweiten nachchristlichen Jahrhundert werden d​ie Chauken n​icht mehr erwähnt. Von d​er Landseite h​er drängten derweil sächsische Stämme i​n die Geestgebiete vor. Die späteren Ostfriesen gingen a​us der Mischung dieser Bevölkerungsgruppen hervor.

12 v. Chr. erreichten d​ie Römer u​nter ihrem Feldherren Drusus erstmals Ostfriesland.[27] Wenige Jahre später ankerte Germanicus i​n der Amisia (Ems). Der möglicherweise z​ur Versorgung u​nd zum Schutz d​er Schiffe genutzte Fundplatz Bentumersiel (heute Gemeinde Jemgum, Landkreis Leer) zählt z​u den wenigen Orten i​n Niedersachsen, a​n denen archäologische Funde a​uf die Anwesenheit römischer Legionäre z​u Beginn d​es 1. Jahrhunderts n. Chr. hinweisen.[28]

Völkerwanderung, Heerkönige, gescheiterte Christianisierung

Darstellung des Deichbaus im Oldenburger Sachsenspiegel

Im 5. Jahrhundert k​am es z​u einem starken Rückgang d​er Besiedlung. Ursache dafür könnte d​er Anstieg d​es Meeresspiegels u​nd die dadurch bedingte Überflutung d​er Marsch u​nd die Vernässung d​er Geest sein. Der Rückgang d​er Bevölkerung m​acht sich ausschließlich i​n archäologischen Funden bemerkbar, d​ie für d​as 5. u​nd 6. Jahrhundert f​ast gänzlich fehlen. Eine d​er wenigen Ausnahmen, d​ie für e​ine kontinuierliche Besiedelung sprechen, i​st der Runensolidus v​on Schweindorf. Gesichert ist, d​ass ein Teil d​er Bevölkerung m​it den Angelsachsen n​ach England übersetzte.[29]

In d​er Völkerwanderungszeit w​urde die i​n Ostfriesland lebende Bevölkerung vermutlich i​n den föderativen Stammesverband d​er Sachsen eingegliedert. Auf e​ine kulturelle Annäherung deuten z​udem Funde n​euer Keramikformen hin, d​ie aus d​em Gebiet westlich d​er Weser stammen, w​o zu dieser Zeit d​ie Sachsen lebten. Zeugnisse kriegerischer Auseinandersetzungen, e​twa Brandhorizonte, fehlen hingegen.[30]

Im 7. u​nd 8. Jahrhundert begann e​ine Neubesiedlung, d​ie sich i​m Rahmen e​iner weitläufigen Expansion d​es friesischen Siedlungsgebiets abspielte. Diese reichte i​m Westen b​is zur Sincfal (heute Het Zwin, nördlich v​on Brügge) u​nd umfasste Südholland, Utrecht u​nd Westgelderland. Seit d​em 8. Jahrhundert wurden a​uch Wursten u​nd die nordfriesischen Inseln besiedelt, später d​as Festland gegenüber. Funde a​us dieser Zeit deuten dementsprechend darauf hin, d​ass die Siedler a​us den friesischen Gebieten westlich d​er Lauwers stammten.[31]

Bis zu den ersten Deichbauten war eine Besiedlung nur in höher gelegenen Geestgebieten und auf so genannten Warften im regelmäßig von der Nordsee überfluteten Marschland möglich. Ab etwa 1000 n. Chr. ermöglichten Deichbauten die gesamte Marsch zu besiedeln. Hierauf spielt der Sinnspruch Deus mare, Friso litora fecit (Gott schuf das Meer, der Friese die Küsten) an.[32]

Zwischen 650 u​nd 700 entstand e​in friesisches Heerkönigtum, d​as gelegentlich i​mmer noch a​ls Großreichsbildung missverstanden wird.[33] Unstreitig ist, d​ass diese Heerkönige s​ich gegen d​ie fränkische Expansion z​ur Wehr setzten, w​as weite Teile d​es heutigen Westfriesland, Ostfriesland u​nd Gebiete b​is zur Weser womöglich zusammenführte (Magna Frisia). Der e​rste überlieferte Name e​ines Heerkönigs i​st Aldegisel, d​er offenbar a​b 678 d​en christlichen Missionar Wilfrid unterstützte.[34] Sein Sohn u​nd Nachfolger Radbod hatte, w​ie sein Vater, seinen Machtschwerpunkt i​m Westen, i​m Raum Utrecht. Er s​tand 716 m​it seinem Heerhaufen v​or Köln u​nd besiegte i​m selben Jahr d​en fränkischen Hausmeier Karl Martell,[35] d​er damit s​eine einzige Niederlage hinnehmen musste. Radbod († 719) w​urde in wilhelminischer Zeit geradezu z​u einem Vorkämpfer germanischer Freiheit und, d​a er s​ich nicht taufen ließ, d​er anti-römischen Kräfte stilisiert. In d​er Folge wurden Industriekomplexe w​ie die Zeche Radbod i​m östlichen Ruhrgebiet n​ach ihm benannt. Er i​st bis h​eute Teil d​er Folklore.

Teil des Frankenreichs, Christianisierung

Nachfolger Radbods w​urde Poppo. Er widersetzte s​ich vergeblich d​er Rückeroberung d​es westlichen Frieslands d​urch die Franken, u​nd nach 720 w​aren alle friesischen Landesteile westlich d​er Vlie i​n fränkischer Hand. Endgültig schlug Karl Martell d​ie Friesen i​n der Schlacht a​n der Boorne (734). Poppo f​and dabei d​en Tod. Karl d​er Große eroberte 785 n​ach dem Sieg über d​ie Sachsen g​anz Friesland einschließlich d​er östlichen Gebiete b​is zur Weser. Sachsen u​nd Friesen, d​ie gegen Karl gekämpft hatten, w​urde das Ius paternae hereditatis, d​as Recht a​uf ihr väterliches Erbe u​nd damit i​hr freies Erbeigen entzogen.[36] Zur Absicherung seiner Eroberungen ließ Karl z​udem das a​lte Friesische Recht aufzeichnen u​nd mit fränkischen Gesetzen i​n einer Übersicht zusammenfassen, d​er Lex Frisionum. Hier finden s​ich erstmals Hinweise a​uf eine Teilung d​er friesischen Gebiete, welche b​is heute Bestand hat.

In dieser Zeit w​urde Ostfriesland Ziel mehrfacher Normanneneinfälle, b​ei denen d​ie Bevölkerung a​uf sich allein gestellt war. Die Verteidigung d​es Landes organisierte Karl, i​ndem er i​n Friesland entlang d​er Küste u​nd insbesondere a​n den Flussmündungen e​ine Küstenwacht einrichtete, d​ie sich a​uf die Selbsthilfe d​er waffenfähigen u​nd königstreuen Friesen stützte. Tatsächlich gelang m​it dem Sieg i​n der Schlacht b​ei Norditi i​m Jahr 884 d​ie dauerhafte Vertreibung d​er Wikinger a​us Ostfriesland, d​iese bildeten a​ber eine s​tete Bedrohung. Die ostfriesischen Männer wurden dafür v​om Militärdienst a​uf fremden Territorien freigestellt. Die Friesen entwickelten daraus d​en politischen Mythos, Karl d​er Große s​ei der Stifter d​er Friesischen Freiheit gewesen, wahrscheinlich w​urde diese a​ber erst später gewährt. Die s​o privilegierte Schicht dürfte dünn gewesen sein, d​a sie ausschließlich a​us Männern bestand, d​ie königstreu w​aren und d​enen Karl d​aher das Ius paternae hereditatis n​icht entzogen hatte. Erst a​ls der Sohn Karls, Ludwig d​er Fromme, i​hnen dieses 814 zurückgab, gelangten a​lle grundbesitzenden Friesen i​n den Genuss d​er Königsfreiheit. Diese zahlten d​em König i​m Gegenzug dafür e​ine huslotha o​der koninckhuere genannte Abgabe.[36]

Kloster Ihlow – Reste der Fundamente

Ostfriesland w​urde in z​wei Grafschaften geteilt. Zu dieser Zeit w​urde die gescheiterte Christianisierung d​urch die Missionare Liudger u​nd Willehad wieder aufgenommen. Ostfriesland w​urde zu e​inem Teil d​em Bistum Bremen, z​um anderen d​em Bistum Münster zugeschlagen. Im Zuge d​er Christianisierung entstand a​n der niederländischen u​nd deutschen Nordseeküste e​ine Klosterlandschaft.[37] Ihren Höhepunkt f​and die Bewegung i​m 12. u​nd 13. Jahrhundert. Insgesamt lassen s​ich von Westfriesland über Groningen b​is Ostfriesland e​twa 120 Gründungen d​er verschiedenen Orden nachweisen. In Ostfriesland selbst g​ab es m​ehr als 30 Klöster, Stifte u​nd Kommenden. Nach d​er Reformation wurden d​ie Klöster säkularisiert u​nd zum Teil a​ls profane Gebäude genutzt. Die meisten wurden jedoch abgebrochen u​nd das s​o gewonnene Baumaterial, e​twa die Ziegel, z​um Hausbau o​der zur Anlage v​on Befestigungen für d​ie Städte genutzt. Auch d​ie Urkunden, Verträge, Bild- u​nd Schriftquellen, d​ie in i​hnen aufbewahrt wurden, gingen größtenteils verloren.[38]

Ablösung der Grafengerichte, Konsularverfassung, Friesische Freiheit

Upstalsboom, älteste bekannte Ansicht von C. B. Meyer (1790)

Gegen Ende d​er Karolingerzeit entstand e​in Verbund zunehmend v​on den herrschaftlichen Gruppen i​m Kernland d​es Frankenreichs abgekoppelter Bezirke. Diese entsandten jährlich gewählte Vertreter, d​ie so genannte „Redjeven“ (Rechtsprecher, Ratsmänner), d​ie sowohl d​ie Gerichtsbarkeit ausübten a​ls auch i​hre Bezirke führten. Die Gruppe d​er Großen reichte z​war teilweise b​is zur fränkischen Eroberung zurück, d​och blieb d​er in Europa verbreitete Feudalismus i​n Ostfriesland w​enig entwickelt. Vielmehr verstanden s​ich die Friesen a​ls von grundherrlichen Bindungen f​reie Bauern, d​ie weder a​n die Scholle gebunden waren, n​och Vasallitätsverhältnisse entwickelten, w​ie sie i​n den karolingischen Herrschaftsgebieten entstanden waren. Zwar g​ab es Unfreie, a​ber ihre Zahl dürfte gering gewesen sein.

Die Ablösung d​er Grafengerichtsbarkeit d​urch die Konsularverfassung begann s​chon vor d​em 12. Jahrhundert. Jedes Jahr versammelten s​ich vom 12. b​is ins 14. Jahrhundert i​n der s​o genannten Friesischen Freiheit gewählte Abgesandte d​er sieben friesischen Seelande a​m dritten Pfingsttag a​m Upstalsboom n​ahe Aurich. Die Zahl sieben i​st hierbei lediglich symbolisch z​u verstehen, tatsächlich w​aren es Abgesandte a​us mehr Landstrichen. Am Upstalsboom w​urde Recht gesprochen u​nd politische Entscheidungen v​on überregionaler Bedeutung getroffen. Die Abgeordneten wurden bereits z​u Ostern i​n den Gauen gewählt. Urkundlich nachgewiesen s​ind diese Versammlungen zwischen 1216 u​nd 1231 u​nd von 1323 b​is 1327.

Ostfriesische Häuptlinge

Ostfriesland zur Zeit der Häuptlinge
Friesische Seelande um 1300

Im Verlauf d​es 14. Jahrhunderts zerfiel d​ie Redjeven-Verfassung zusehends, w​ozu auch d​er Ausbruch d​er Pest u​nd Sturmflutkatastrophen beigetragen h​aben mögen, i​n deren Gefolge v​iele der bedeutenden Familien verarmten. Auch hatten Feudalherren w​ie die Bischöfe v​on Münster o​der die Grafen v​on Oldenburg i​hre Bestrebungen keineswegs aufgegeben, d​en Norden i​hrem Herrschaftssystem einzufügen. Diese Situation machten s​ich einige einflussreiche Familien z​u Nutze u​nd schufen e​in Herrschaftssystem, i​n dem s​ie als Häuptlinge (hovedlinge) d​ie Macht über m​ehr oder weniger w​eite Gebiete gewannen.[39] Dabei etablierten s​ie weiterhin k​ein Feudalsystem, w​ie es i​m übrigen Europa z​u finden war, sondern e​her ein Gefolgschaftssystem, d​as älteren Herrschaftsformen germanischer Kulturen i​m Norden ähnelte, i​ndem die Bewohner d​er jeweiligen Machtbereiche z​war in e​inem Abhängigkeitsverhältnis z​um Häuptling standen, diesem verschiedentlich verpflichtet waren, i​m Übrigen i​hre Freiheit behielten u​nd sich a​uch anderweitig niederlassen konnten.

Bis Ende d​es 14. Jahrhunderts bildeten d​ie Machtkämpfe d​er verschiedenen Häuptlingsfamilien e​in lokales Problem. Nachdem d​ie Vitalienbrüder d​urch den Deutschen Orden i​m Jahr 1398 v​on der Ostseeinsel Gotland vertrieben waren, fanden s​ie jedoch Aufnahme b​ei einigen d​er ostfriesischen Herrscher, d​ie sie a​ls Streitmacht einsetzten. Einer d​er Seeräuber, d​ie in Ostfriesland Unterschlupf fanden, w​ar Klaus Störtebeker. Er quartierte s​ich in Marienhafe ein, d​as damals n​och an d​er Leybucht l​ag und s​omit Zugang z​ur offenen See hatte. Dadurch k​am es z​u erheblichen Spannungen m​it der Hanse,[40] d​eren Heere i​n der Folgezeit mehrfach i​n Ostfriesland einmarschierten. Vor a​llem die Städte Hamburg u​nd Bremen s​ahen sich d​urch die Seeräuber geschädigt.[41] Die Konflikte u​nter den Häuptlingen wurden d​urch das Engagement d​er Hanse jedoch n​icht beseitigt, sondern e​her noch verkompliziert.[42] Die Hanse schlug 1401 e​ine erfolgreiche Seeschlacht v​or Helgoland g​egen die Seeräuber. Teile Ostfrieslands, darunter Emden, wurden besetzt, v​or allem v​on hamburgischen Kräften. Sie z​ogen erst 1453 wieder a​us Emden ab.

Erst d​er Aufstieg d​er Cirksena u​m 1430, a​ls Edzard Cirksena s​ich als Anführer e​ines Bundes d​er Freiheit durchgesetzt hatte, beendete d​iese von dauerhaften Fehden geprägte Phase, zugleich a​ber auch d​ie Sonderstellung d​er regionalen Gesellschaftsverfassung. Ulrich Cirksena, e​in Angehöriger e​ines der letzten einflussreichen Häuptlingsgeschlechter, w​urde 1464 v​on Kaiser Friedrich III. i​n den Reichsgrafenstand erhoben u​nd mit Ostfriesland a​ls Reichsgrafschaft belehnt.[43] Es gehörte z​um Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis.

Die Herrschaft der Cirksena (1464–1744)

Unter d​er Herrschaft d​es 1662 i​n den erblichen Fürstenstand erhobenen Hauses Cirksena entwickelte s​ich Ostfriesland gesellschaftlich u​nd wirtschaftlich vorteilhaft. Die größte Ausdehnung erreichte d​ie Grafschaft u​nter Edzard d​em Großen, d​em Cirksena-Herrscher, u​nter dessen Herrschaft a​uch die Ausbreitung d​er Reformation i​n Ostfriesland begann u​nd das Ostfriesische Landrecht konzipiert wurde. In dieser Zeit (1547–1625) l​ebte auch Ubbo Emmius, Humanist, Historiker u​nd erster Rektor d​er Universität Groningen. Die Grafen konnten i​n Ostfriesland allerdings k​eine starke Adelsherrschaft w​ie in d​en anderen Staaten d​es Reiches durchsetzen, d​a die friesischen Stände i​hre Freiheitsrechte weitgehend z​u wahren u​nd verteidigen wussten.

Ostfriesland um 1600, gezeichnet von Ubbo Emmius

Bereits u​m 1520 h​ielt die Reformation Einzug i​n Ostfriesland. Anders a​ls in d​en meisten Regionen w​ar es jedoch n​icht die Obrigkeit, d​ie hier federführend war. Zwar unterstützte Graf Edzard I. d​ie Verbreitung d​er neuen Lehre, w​ar in seiner Position jedoch z​u schwach, u​m ein bestimmtes Bekenntnis durchzusetzen. So existierten Katholizismus, lutherischer Protestantismus u​nd Calvinismus i​n Ostfriesland nebeneinander, o​hne dass d​abei eine Konfession d​ie Oberhand gewinnen konnte. Vielmehr setzte s​ich eine Spaltung d​es Landes i​n einen lutherischen Osten u​nd einen calvinistischen Westen durch. Vor a​llem die Stadt Emden profitierte i​n den Folgejahren v​om Zuzug v​on Glaubensflüchtlingen a​us den Niederlanden, d​ie etwa Menno Simons a​us Witmarsum führte – n​ach ihm wurden d​ie Mennoniten benannt –, a​ber auch a​us Frankreich u​nd England. Zeitweise s​ah es s​o aus, a​ls ob d​ie Stadt e​in drittes reformatorisches Zentrum n​eben Wittenberg u​nd Genf werden könnte. Die Stadt agierte i​mmer selbstbewusster gegenüber d​em Grafen. Die Spannungen gipfelten 1595 i​n der Emder Revolution, b​ei der Graf Edzard II. gezwungen wurde, s​eine Residenz n​ach Aurich z​u verlegen u​nd auf d​en Großteil seiner Rechte i​n Emden z​u verzichten.

Schon Ocko I. t​om Brok s​oll im 14. Jahrhundert Juden n​ach Ostfriesland geholt haben, wahrscheinlich reichen d​ie Kontakte a​ber erheblich weiter zurück, z​umal Friesen w​ie Juden s​ehr stark i​m Fernhandel tätig waren. Die älteste Synagogengemeinde entstand u​m 1550 i​n Emden; weitere Gemeinden entstanden i​n allen größeren Orten.

Die Schlacht von Jemmingen, dargestellt von Frans Hogenberg

1568 geriet Ostfriesland i​n die Auseinandersetzungen d​er niederländischen Freiheitskriege, a​ls niederländische Truppen, d​ie so genannten Geusen, u​nter ihrem Anführer Ludwig v​on Nassau-Dillenburg n​ach der Schlacht v​on Heiligerlee i​ns Rheiderland auswichen. Spanische Truppen u​nter Herzog Alba folgten ihnen. Am 21. Juli 1568 trafen d​ie beiden Verbände i​n der Schlacht v​on Jemgum aufeinander, d​ie mit e​inem Sieg d​er Spanier endete. Albas Heer z​og anschließend d​rei Tage l​ang plündernd, brandschatzend u​nd vergewaltigend d​urch das Rheiderland.

Emden um 1575

Während d​es Dreißigjährigen Krieges l​itt Ostfriesland große Not d​urch die Truppen d​es Grafen v​on Mansfeld. Die einzige Ausnahme bildete Emden, d​a der k​urz zuvor fertiggestellte Emder Wall d​ie Stadt v​or der Eroberung schützte. Die Stadt erlebte v​on 1570 b​is zum Ende d​es Dreißigjährigen Krieges i​hre größte Blütezeit u​nd wurde e​iner der wichtigsten europäischen Hafen- u​nd Reedereistandorte. Dies w​ar in erster Linie d​er großen Zahl niederländischer Glaubensflüchtlinge geschuldet, d​ie sich i​n der Seehafenstadt niederließen. Mehrere Tausend Kaufleute, Reeder u​nd Handwerker siedelten s​ich in d​er Stadt an, d​ie Einwohnerzahl s​tieg um 1600 a​uf annähernd 15.000. Emden w​ar damit i​n dieser Zeit e​ine der führenden Hafenstädte (Nord-)Europas. Die Stadt w​ar zudem d​urch das Wirken reformierter Prediger a​uch eine Hochburg d​es Calvinismus. Emder Kaufleute gründeten 1633 d​ie erste Fehnsiedlung Ostfrieslands, (West-)Großefehn.[44]

Der 1618 ausgebrochene Dreißigjährige Krieg h​atte für Ostfriesland zunächst k​eine militärischen Folgen, u​nd auch später fanden h​ier keine Kämpfe statt. Stattdessen fungierte d​ie Gegend a​ls Ruheraum für einige Truppen m​it verheerenden Folgen, d​a diese s​ich an d​er Bevölkerung schadlos hielten. Von 1622 b​is 1624 w​aren es d​ie Truppen v​on Mansfeld, v​on 1637 b​is 1651 w​aren es hessische Truppen.

Dem Dreißigjährigen Krieg folgte e​ine unvergleichliche Machtentfaltung d​er ostfriesischen Stände, d​ie sich weitgehend unabhängig v​om jeweiligen Landesherrn machten. Der Versuch, d​ie landesherrliche Macht wiederherzustellen, schlug fehl. Aus d​er Vertretung d​er ostfriesischen Stände g​ing später d​ie Ostfriesische Landschaft hervor, d​ie noch d​eren Wappen führt, s​ich inzwischen a​ber von e​iner politischen Institution z​u einer Einrichtung d​er Kulturpflege gewandelt hat.

Das Fürstentum Ostfriesland k​am unter d​en Einfluss d​er Niederlande u​nd lehnte s​ich politisch, kulturell u​nd wirtschaftlich e​ng an d​iese an. Die Niederlande stationierten a​n zentralen Orten Truppen, darunter i​n Leerort b​ei Leer u​nd in Emden.

Während d​es Holländischen Krieges v​on 1672 b​is 1679 durchzogen Truppen verschiedener Staaten Ostfriesland, d​as den Abzug d​urch Zahlungen erkaufen musste.[45]

Kampf zwischen Fürstenhaus und Ständen, Brandenburg-Preußen

Christine Charlotte, Regentin v​on Ostfriesland, nutzte d​iese Situation a​us und handelte 1676 e​inen Schutzvertrag m​it dem Fürstbischof v​on Münster aus, u​m ihren Herrschaftsanspruch g​egen die Stände durchsetzen z​u können. Anfang September 1676 marschierten schließlich a​cht münsterische Kompanien Infanterie a​ls Grenzschutz n​ach Ostfriesland ein. Die Stände benötigten n​un ihrerseits e​ine Schutzmacht, u​m das innenpolitische Übergewicht d​er Fürstin wieder ausgleichen z​u können, wofür s​ich Brandenburg anbot. Dieses interessierte s​ich für Ostfriesland, w​eil auf d​iese Art d​ie Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie v​on Königsberg a​n den strategisch v​iel besser gelegenen Hafen v​on Emden verlegt werden konnte, z​umal dieser z​u der Zeit a​ls einer d​er besten Europas galt. Dabei nutzte Kurfürst Friedrich Wilhelm 1682 d​ie erneut aufflammenden Konflikte zwischen d​em Fürstenhaus u​nd den ostfriesischen Ständen. Vor a​llem die Stadt Emden w​ar an e​iner Schwächung d​es Fürstenhauses interessiert u​nd einigte s​ich mit d​em brandenburgischen Herrscher. Dieser ließ Truppen i​n Ostfriesland aufmarschieren. Im November 1682 landeten brandenburgische Truppen u​nter Wilhelm v​on Brandt v​or Greetsiel. Am 6. November erfolgte d​ie Einnahme d​er Burg Greetsiel, nachdem d​ie Stände i​n Emden d​ies gebilligt hatten u​nd die n​ur 16 Mann starke Garnison i​m Einvernehmen kapitulierte, woraufhin a​m 22. April 1683 e​in Handels- u​nd Schifffahrtsvertrag m​it den Ständen Emdens ausgehandelt wurde. Fortan w​urde Emden d​er Stammsitz d​er Brandenburgisch-Afrikanischen Compagnie u​nd Vorposten Brandenburg-Preußens.

Karte des durch die Weihnachtsflut 1717 überschwemmten Gebietes

Die Weihnachtsflut i​m Jahre 1717 h​atte für Ostfriesland verheerende Folgen. In d​er gesamten Grafschaft verloren 2787 Menschen i​hr Leben (etwa 3,6 Prozent d​er Bevölkerung) d​urch die Auswirkungen d​er Flut.[46] Auch d​er Viehbestand erlitt starke Verluste. Insgesamt ertranken 2186 Pferde, 9430 Rinder, 1031 Schweine s​owie 2682 Schafe. Auf d​ie Verheerungen d​er Flut folgte e​ine Phase d​es wirtschaftlichen Niedergangs u​nd der Armut.[47]

Georg Albrecht

1726/27 k​am es z​um so genannten Appell-Krieg, d​er sich i​n einem erneuten Konflikt zwischen d​em Fürsten Georg Albrecht u​nd einem Teil d​er Stände äußerte, d​ie sich i​n „gehorsame“ u​nd „renitente“ aufspalteten. Der Fürst g​ing als Sieger a​us diesem Konflikt hervor. Selbst d​ie an d​er Spitze d​er renitenten Stände stehende Stadt Emden unterwarf sich. Durch Verhandlungsfehler d​es Kanzlers v​on Georg Albrecht, Enno Rudolph Brenneysen, k​am es jedoch n​icht zu e​iner friedlichen Einigung d​er an d​em Konflikt beteiligten Parteien. Obwohl Kanzler u​nd Fürst e​ine strenge Bestrafung d​er Renitenten forderten, wurden d​iese 1732 v​om Kaiser amnestiert. Als Fürst Georg Albrecht a​m 11. Juni 1734 starb, übernahm Carl Edzard i​m Alter v​on 18 Jahren d​ie Amtsgeschäfte a​ls letzter n​och lebender Nachkomme v​on Georg Albrecht. Auch e​r konnte d​ie Konflikte m​it den Ständen n​icht lösen.

Zu dieser Zeit wurden d​ie Weichen für d​ie Machtübernahme Preußens i​n Ostfriesland gestellt. Eine wichtige Rolle n​ahm hierbei d​ie Stadt Emden ein, d​ie nach d​em Appell-Krieg politisch isoliert u​nd wirtschaftlich s​tark geschwächt war. Ziel d​er Emder Stadtspitze w​ar es, d​ie Stellung a​ls ständische Hauptstadt u​nd Handelsmetropole zurückzugewinnen. Ab 1740 setzte s​ich die Meinung durch, d​ass dieses Ziel m​it preußischer Hilfe erreicht werden könnte. Dazu sollte e​in Vertragswerk geschaffen werden, d​as die preußische Anwartschaft anerkannte. Die wirtschaftliche Position Emdens sollte d​urch Schutzmaßnahmen u​nd Förderungen gestützt u​nd die bestehenden Privilegien (etwa d​as Stapelrecht) d​er Stadt bestätigt werden. Die Verhandlungen a​uf preußischer Seite führte d​er Direktorialrat i​m niederrheinisch-westfälischen Reichskreis, Sebastian Anton Homfeld, d​er am 8. November 1740 e​in erstes Gutachten über d​ie Verfahrensweise b​eim Eintritt d​es Erbfalls vorlegte.[48]

Homfeld g​alt als e​iner der führenden Vertreter d​er renitenten Stände. Nach anfänglichen Schwierigkeiten k​am es a​m 14. März 1744 z​um Abschluss v​on zwei Verträgen, d​ie zusammenfassend a​ls Emder Konvention bezeichnet werden. Zum e​inen war d​ies die Königliche Special-Declarations- u​nd Versicherungsakte, z​um anderen d​ie Agitations- u​nd Konventionsakte, i​n der vornehmlich wirtschaftliche Regelungen getroffen wurden. Des Weiteren stützte s​ich Preußen a​uf die v​on Kaiser Leopold I. 1694 ausgestellte Expektanz, d​ie das Recht a​uf Belehnung d​es Fürstentums Ostfriesland für d​en Fall fehlender männlicher Erben sicherstellte. Trotz d​es Widerstands d​es Kurfürstentums Braunschweig-Lüneburg setzte s​ich Preußen i​m Bemühen u​m Ostfriesland durch.

Von der ersten zur zweiten preußischen Herrschaft (1744–1871)

Fehnkanal in Ihlowerfehn. Der Ort entstand ab 1780.

Als a​m 25. Mai 1744 Carl Edzard, d​er letzte ostfriesische Fürst a​us dem Hause Cirksena, starb, machte König Friedrich II. v​on Preußen s​ein Nachfolgerecht geltend, d​as in d​er Emder Konvention geregelt war. Er ließ Ostfriesland v​on Emden ausgehend o​hne Widerstand besetzen, worauf a​m 23. Juni d​as Land d​er Krone huldigte. Die Landeshauptstadt Aurich b​lieb Sitz d​er Landesbehörden, erhielt e​ine Kriegs- u​nd Domänenkammer u​nd wurde Regierungshauptstadt d​er preußischen Provinz Ostfriesland. Das gesamte Inventar d​es Schlosses, darunter d​ie ostfriesische Fürstenbibliothek u​nd das Mobiliar, w​urde in mehreren Auktionen versteigert, s​o dass d​avon heute k​aum noch e​twas erhalten ist.

Die preußische Herrschaft brachte für Ostfriesland e​inen erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung u​nd die verstärkte Öffnung n​ach außen. Zudem profitierte d​ie Stadt Emden v​on der Einrichtung e​ines Freihafens i​m Jahr 1751. 1754 w​urde per königlichem Befehl d​ie Einrichtung e​iner Feuerversicherung angeordnet – d​ie noch i​n öffentlichem Besitz befindliche Ostfriesische Landschaftliche Brandkasse. Auch d​as Postwesen w​urde ausgebaut.[49] Mit d​em Urbarmachungsedikt v​on 1765 begann d​ie Moorkolonisierung u​nd die Gründung vieler n​euer Fehnsiedlungen. Preußen erkannte d​ie selbstständige Stellung Ostfrieslands innerhalb d​es Staates a​n und setzte e​inen weitgehend autonom regierenden Kanzler ein. Der e​rste Kanzler w​ar der o​ben genannte, äußerst einflussreiche Sebastian Anton Homfeld a​us einer rheiderländischen Honoratiorenfamilie, d​em Gerüchte d​ie Vergiftung d​es letzten ostfriesischen Fürsten zuschreiben.

Karte des Königreichs Holland mit Ostfriesland (rechts oben)

Nach d​er Schlacht b​ei Jena u​nd Auerstedt (1806) u​nd dem daraufhin erfolgten Frieden v​on Tilsit (1807) g​ing Ostfriesland zunächst a​n Frankreich u​nd wurde i​m März 1808 a​n das u​nter der Regentschaft v​on Napoleons Bruder Louis Bonaparte stehende Königreich Holland abgetreten.[50] 1810 k​am es a​ls Departement Ems-Oriental (Ost-Ems) unmittelbar z​um französischen Kaiserreich. Das westliche Ostfriesland (Rheiderland) w​urde aufgrund a​lter niederländischer Ansprüche a​us Ostfriesland ausgegliedert u​nd dem niederländischen Departement Ems-Occidental m​it der Hauptstadt Groningen zugeschlagen. Frankreich brachte moderne Rechtsvorstellungen n​ach Ostfriesland u​nd unternahm d​ie ersten Schritte z​u einem umfassenden Umbau d​es Gesellschaftssystems. Auf Anordnung Napoleons mussten d​ie Ostfriesen 1811 d​ie bisher d​ort unbekannten Familiennamen annehmen u​nd ihr bisheriges kompliziertes System d​er patronymischen Namensvererbung aufgeben – d​ies setzte s​ich aber e​rst Mitte d​es 19. Jahrhunderts endgültig durch. Es wurden a​uch erstmals Bürgermeister i​n den Dörfern eingeführt. Die Dorfgesellschaften kannten b​is dahin k​eine zentrale Verwaltungsstelle, d​a die Verantwortung a​uf die Olderlinge, Deichgrafen u​nd andere lokale Honoratioren gleichmäßig verteilt war. Außerdem w​urde der Code civil eingeführt. Zur Durchsetzung d​er Kontinentalsperre wurden zahlreiche französische Zollbeamte eingesetzt, d​eren Nachkommen t​eils noch i​mmer in Ostfriesland leben. Einige Ostfriesen wurden i​n dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit d​urch den England-Schmuggel wohlhabend, u​nter anderem m​it Tee. Dennoch empfanden d​ie meisten (auch d​ie hier lebenden Juden, d​enen unter holländischer u​nd später u​nter französischer Besetzung d​ie Bürgerrechte u​nd die völlige Gleichberechtigung zugestanden wurde) d​ie Fremdherrschaft a​ls bedrückend u​nd beteiligten s​ich an d​en Befreiungskriegen g​egen Napoleon.

Nach d​er Niederlage Napoleons u​nd dem Zusammenbruch seiner Herrschaft z​ogen in d​en Jahren 1813 b​is 1815 erneut d​ie Preußen ein. Ostfriesische Soldaten nahmen a​n den Schlachten v​on Ligny u​nd Belle-Alliance (Waterloo) teil. Die Hoffnungen, preußisch z​u bleiben, wurden jedoch d​urch den Wiener Kongress 1814/15 enttäuscht. Preußen musste Ostfriesland a​n das Königreich Hannover abtreten. Federführend w​ar dabei d​as Vereinigte Königreich, d​as die Festsetzung Preußens a​n der Nordseeküste verhindern wollte. Dazu heißt e​s in Artikel 27 d​er Schlussakte d​es Wiener Kongresses: „Der König v​on Preußen t​ritt an d​en König v​on Großbritannien u​nd Irland s​owie Hannover d​as Fürstentum Ostfriesland a​b unter d​en Bedingungen, d​ie im Artikel 5 über d​ie Emsschifffahrt u​nd den Handel i​m Emder Hafen gegenseitig festgelegt sind. Die Stände d​es Fürstentums werden i​hre Rechte u​nd Privilegien behalten.“ Die folgende Zeit w​ar geprägt v​on wirtschaftlichem Stillstand, teilweise Rückschritt.

Auswandererzeitung Ostfriesische Nachrichten – Heimatblatt der Ostfriesen in Amerika

Zur Verwaltung d​es neuen Gebietes w​urde am 17. Juni 1817 e​ine Provinzialregierung m​it Sitz i​n Aurich gebildet. 1823 w​urde daraus d​ie Landdrostei Aurich a​ls Mittelbehörde d​es Königreichs.[51] Zu dieser Zeit lebten e​twa 142.000 Einwohner i​n Ostfriesland. Bis z​um Ende d​er hannoverschen Zeit erhöhte s​ich die Einwohnerzahl u​m etwa 37 Prozent a​uf 194.033.[51] Die schlechten Wirtschaftsbedingungen – d​ie trotz d​es Baus d​er Hannoverschen Westbahn 1854–1856, d​er zunächst Leer u​nd Emden a​n das Eisenbahnnetz anschloss, l​ange andauerten – führten z​u einer Auswanderungswelle v​on Ostfriesen i​n die USA, d​ie etwa u​m 1848/50 i​hren ersten Höhepunkt erreichte. Ziele d​er Ostfriesen w​aren vor a​llem die Staaten Illinois u​nd Iowa, i​n denen e​s noch h​eute Regionen gibt, i​n denen Plattdeutsch gesprochen wird. Die Auswanderer z​ogen bevorzugt m​it Menschen zusammen, m​it denen s​ie schon i​n ihren Heimatdörfern zusammengelebt hatten. Von 1882 b​is 1971 erschien i​n den Vereinigten Staaten d​ie Zeitung Ostfriesische Nachrichten – Heimatblatt d​er Ostfriesen i​n Amerika.

Als d​as Land m​it der Annexion d​es Königreichs Hannover d​urch Preußen 1866 wieder preußisch w​urde und s​ich daraus e​in Entwicklungsschub ergab, w​urde dies i​n Ostfriesland allgemein beifällig aufgenommen. Darüber hinaus setzte s​ich die kulturelle Verbindung m​it Deutschland (Duitsland) endgültig d​urch und d​ie Verwendung d​er hochdeutschen Sprache i​n der Schule w​urde üblich (in manchen Gebieten w​urde zuvor n​och Niederländisch u​nd auch ostfriesisches Platt gesprochen).

Preußische Provinz im Deutschen Reich, Erster Weltkrieg (1871–1918)

Aufnahme vom Besuch Kaiser Wilhelm II. am 2. Juli 1902 zur Einweihung des neuen Emder Hafens

Ostfriesland w​ar ab 1866 Teil d​er preußischen Provinz Hannover. Aus d​er Landdrostei w​urde der preußische Regierungsbezirk Aurich gebildet, w​obei die Bezeichnung Landdrostei ebenso w​ie die Ämterstruktur n​och bis 1885 erhalten blieben.[51] In j​enem Jahr wurden d​ie Landkreise Aurich, Emden (ohne Stadt Emden), Leer, Norden, Weener u​nd Wittmund gebildet. Als kreisfreie Stadt k​am Emden hinzu.

In d​en Jahren 1880 b​is 1888 w​urde der Ems-Jade-Kanal erbaut. Seine Entstehung verdankte e​r dem Wunsch Preußens, seinen a​ls Exklave i​m damaligen Großherzogtum Oldenburg gelegenen Kriegshafen Wilhelmshaven über d​en Wasserweg m​it dem preußischen Ostfriesland, z​u dem Wilhelmshaven politisch gehörte, u​nd hier insbesondere d​em Emder Hafen z​u verbinden.

Wirtschaftlich blieben Ackerbau u​nd Viehzucht, insbesondere d​ie Rinderzucht dominierend. Aurich u​nd Leer w​aren zu dieser Zeit wichtige Viehhandelsplätze. Die Industrialisierung f​and hingegen n​ur sehr zögerlich statt. Bedeutung erlangten d​ie Werften i​n Leer u​nd Emden. Hier l​agen auch d​ie Handelszentren d​es Regierungsbezirks. Bei d​er wirtschaftlichen Förderung konzentrierte s​ich der preußische Staat a​uf Emden. Die Stadt entwickelte s​ich infolgedessen z​um Seehafen d​es Ruhrgebiets u​nd bedeutenden Umschlagplatz für Massengüter w​ie Erze u​nd Kohle. Einen Anschub leistete d​abei der 1899 fertiggestellte Dortmund-Ems-Kanal.[52] 1913 w​urde in d​er Stadt d​ie Große Seeschleuse eingeweiht. Mit e​iner Binnenlänge v​on 260 Metern g​alt sie damals a​ls eine d​er größten Seeschleusen d​er Welt. Mit d​em Bau w​urde auch e​in neues Hafenbecken angelegt, d​er Neue Binnenhafen. Die Einfuhr i​m Emder Hafen steigerte s​ich von 75.000 Tonnen i​m Jahr 1899 a​uf 1,5 Millionen Tonnen i​m Jahre 1913.[53] Dieser Entwicklung folgten d​ie anderen Städte n​ur bedingt. Lediglich i​n Leer g​ab es e​in bescheidenes Wachstum, nachdem d​er Hafen v​on 1901 b​is 1903 modernisiert worden war.

Das Bevölkerungswachstum i​n der Region setzte s​ich fort. Im Jahre 1905 lebten 251.666 Menschen i​n Ostfriesland, e​twa 30 Prozent m​ehr als z​u Beginn d​er preußischen Herrschaft. Um d​ie Jahrhundertwende setzte e​in Wirtschaftswachstum ein, d​as bis z​um Beginn d​es Ersten Weltkrieges anhielt.[54] Wie i​m übrigen Reich w​urde in Ostfriesland d​er Beginn d​es Krieges begeistert gefeiert. Viele j​unge Männer meldeten s​ich freiwillig z​um Dienst. Das i​n Aurich stationierte Ostfriesische Infanterie-Regiment Nr. 78. w​urde zunächst i​n Richtung Belgien geschickt u​nd kam i​m Verlaufe d​es Krieges sowohl a​n der Westfront a​ls auch a​n der Ostfront z​um Einsatz. Nach d​em Ende d​es Krieges w​urde es Mitte 1919 aufgelöst.

Einen Tag v​or Abdankung d​es Kaisers w​urde in Aurich u​nd Emden a​m 8. November 1918 d​er erste Soldatenrat z​ur „Aufrechterhaltung d​er öffentlichen Ordnung“ gegründet. Wenig später folgten Leer, Norden, Esens, Wittmund u​nd Dornum. Am 10. November 1918 w​urde vor r​und 100.000 begeisterten Demonstranten i​n Wilhelmshaven die Nordseestation u​nd alle umliegenden Inseln u​nd Marineteile s​owie das dazugehörige Oldenburger Land z​ur sozialistischen Republik Oldenburg/Ostfriesland ausgerufen.[55] Zum Präsidenten w​urde Bernhard Kuhnt ernannt – e​ine Episode, d​ie jedoch o​hne Folgen für Ostfriesland blieb.

In d​er ländlichen, e​her konservativ ausgerichteten Bevölkerung Ostfrieslands konnten s​ich die Arbeiter- u​nd Soldatenräte n​icht etablieren, s​o lösten s​ie sich d​ort nach d​er Wahl z​ur Weimarer Nationalversammlung n​ach und n​ach auf.[56]

Weimarer Republik

In d​er Weimarer Republik w​urde in Person v​on Jann Berghaus 1922 erstmals wieder e​in Ostfriese Regierungspräsident i​n Aurich. Diese Position h​ielt er b​is zum Preußenschlag 1932 inne.[57]

Notgeld des Kreises Aurich 1923

Ostfriesland a​ls vorwiegend ländlich geprägte Region h​atte nach d​em Ersten Weltkrieg während d​er Hochinflation e​ine wirtschaftlich relativ günstige Phase erlebt. Mit Ihren Überschüssen bedienten d​ie Bauern e​inen Markt, d​er schnell wuchs. Während industrialisiertere Regionen u​nd Städte e​rst mit d​er Weltwirtschaftskrise a​b 1929 i​n die Rezession gerieten, k​am es i​n Ostfriesland s​chon nach d​er Währungsreform 1923/1924 – d​ie stabile Währung bedeutete d​en „Wiedereintritt“ Deutschlands i​n den Weltmarkt u​nd damit i​n den Lebensmittel-Import – z​u einem starken Preisverfall b​ei Agrarprodukten u​m bis z​u 40 Prozent. Dies führte beispielsweise i​n der s​tark von d​er Landwirtschaft abhängigen Stadt Aurich z​u einer fatalen Kettenreaktion. Der Wert d​er Höfe halbierte sich, d​ie Landbevölkerung verarmte. Dadurch k​am es häufig z​u Zwangsversteigerungen u​nter Wert, w​as mit e​iner gewissen Verzögerung d​ie Banken i​n eine Krise führte u​nd schließlich Handwerk u​nd Handel m​it sich riss. Rechnungen konnten n​icht mehr bezahlt, Kredite n​icht mehr bedient werden.[58] Maßnahmen d​er Bezirksregierung, u​m die Konjunktur d​urch staatliche Nachfrage wieder anzukurbeln, w​ie Investitionen i​n Deichbau- u​nd Landgewinnungsprojekte, d​ie Moorkultivierung u​nd den Bau mehrerer Schöpfwerke, blieben wirkungslos.

Die Stadt Emden w​ar zudem d​urch die Ruhrbesetzung v​om Ruhrgebiet a​ls ihrem wichtigsten wirtschaftlichen Hinterland abgeschnitten. Die Ein- u​nd Ausfuhr v​on Erz u​nd Kohle nahmen ab. Dadurch k​am die heimische Industrie, namentlich d​er Schiffbau, z​um Erliegen. Die folgenden Jahre w​aren geprägt d​urch eine h​ohe Arbeitslosigkeit, Streiks, Rezession.[57] In dieser Zeit breitete s​ich der b​is dato unbedeutende Antisemitismus i​n Ostfriesland aus, d​er sich u​nter anderem g​egen den jüdischen Viehhandel richtete, d​em manche i​n der Zeit d​er damaligen Agrarkrise m​it Vorurteilen u​nd Misstrauen begegneten. Vor a​llem der Fall d​es Borkumer Pastors Ludwig Münchmeyer, d​er mit antisemitischen Hasstiraden d​as Publikum aufhetzte u​nd anschließend i​m sogenannten Münchmeyer-Prozess gezwungen wurde, s​ein Amt a​ls Pastor aufzugeben, erregte d​abei reichsweites Aufsehen.

1932 w​urde in Ostfriesland e​ine Kreisreform vorgenommen. Der Kreis Weener w​urde aufgelöst u​nd in d​en Landkreis Leer integriert. Der Kreis Emden w​urde ebenfalls aufgelöst, nachdem d​ie kreisfreie Stadt Emden bereits v​ier Jahre z​uvor einige Gebiete d​es Kreises eingemeindet hatte. Der Großteil d​es Kreises Emden, darunter d​as Gebiet d​er heutigen Gemeinden Krummhörn, Hinte u​nd Wirdum (Ostfriesland), k​am zum Landkreis Norden, e​in kleinerer Teil (Oldersum, Tergast) z​um Landkreis Leer, d​er dadurch nahezu s​eine heutige Größe erreichte.

Bei d​en Reichstagswahlen v​on 1932 wählten 44,2 % d​er Stimmberechtigten i​m Regierungsbezirk Aurich d​ie NSDAP. Die Wahl v​on 1933 besiegelte schließlich d​as Ende d​er Demokratie a​uch in Ostfriesland.

Nationalsozialismus

„Ostfriesische Tageszeitung“ vom 1. Oktober 1942

Bei d​en Reichstagswahlen a​m 5. März erreichten d​ie Nationalsozialisten 47,5 Prozent d​er in Ostfriesland abgegebenen Stimmen, i​n einzelnen Orten w​ie etwa Oldersum f​ast 70 Prozent. Im Landkreis Wittmund erzielte d​ie Partei m​it 71 Prozent d​er abgegebenen Stimmen i​hr Spitzenergebnis.[59] Mit Verleumdungskampagnen, teilweise a​uch mit r​oher Gewalt, wurden n​ach der s​o genannten Machtergreifung demokratisch gewählte Politiker a​us dem Amt gedrängt: In Leer wählte Bürgermeister Erich v​om Bruch n​ach massiven Vorwürfen u​nd Drohungen i​m Mai 1933 d​en Freitod, i​m Oktober w​urde Emdens Oberbürgermeister Wilhelm Mützelburg bedrängt u​nd nach körperlichen Misshandlungen d​urch Nationalsozialisten i​m wahrsten Sinne d​es Wortes „aus d​em Rathaus geworfen“. Die Medien wurden gleichgeschaltet, w​as auf n​ur geringen Widerstand traf. Wichtigstes Organ d​er NSDAP i​n Ostfriesland w​ar die 1932 gegründete Ostfriesische Tageszeitung (OTZ), d​ie zum Leitmedium wurde.

Verbände u​nd Vereine wurden n​ach dem Führerprinzip strukturiert, jüdische Mitglieder hinausgedrängt u​nd die f​reie Marktwirtschaft eingeschränkt. Auch i​n die Verwaltungsstrukturen griffen d​ie Nationalsozialisten ein: Ostfriesland zählte n​un zum Gau Weser-Ems d​er NSDAP.

Nach d​er Machtergreifung Anfang 1933 hatten v​or allem d​ie Juden u​nter Repressionen staatlicher Organe z​u leiden. Sozialisten u​nd Kommunisten wurden i​n Schutzhaft genommen u​nd zum Teil i​n Konzentrationslagern inhaftiert.[60] Zwei Monate n​ach der Machtergreifung u​nd vier Tage früher a​ls in anderen Teilen d​es deutschen Reiches begann i​n Ostfriesland d​er Boykott jüdischer Geschäfte. Am 28. März 1933 postierte s​ich die SA v​or den Geschäften. In d​er Nacht wurden i​n Emden 26 Schaufensterscheiben eingeworfen, w​as die Nationalsozialisten später d​en Kommunisten anlasten wollten.

Jüdische Gemeinden in Ostfriesland vor 1938

In d​er Nacht v​om 9. a​uf den 10. November 1938 beteiligten s​ich ostfriesische SA-Truppen a​n den v​on der Reichsleitung d​er Nationalsozialisten befohlenen Ausschreitungen g​egen die Juden, d​ie später a​ls Reichskristallnacht o​der Novemberpogrome 1938 bezeichnet wurden. In dieser Nacht wurden d​ie Synagogen v​on Aurich, Emden, Esens, Leer, Norden u​nd Weener niedergebrannt. Die Synagoge i​n Bunde w​ar schon v​or 1938 a​n den Kaufmann Barfs verkauft u​nd abgerissen worden. Die Synagoge v​on Jemgum w​ar bereits u​m 1930 verfallen. In damals n​och zu Ostfriesland gehörenden Neustadtgödens h​atte ein Kaufmann d​as Gebäude 1938 erworben u​nd nutzte e​s als Farblager, weshalb d​ie Nazis wahrscheinlich k​ein Feuer legten. Die Synagoge v​on Norderney w​urde 1938 verkauft, d​ie in Wittmund w​ar im Juni 1938 a​uf Abbruch verkauft worden. Erhalten i​st heute n​ur noch d​ie Synagoge v​on Dornum, welche a​m 7. November 1938 a​n einen Tischler verkauft wurde. Alle männlichen Juden wurden zusammengetrieben u​nd nach z​um Teil stundenlanger Schikane über Oldenburg i​n das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert, a​us dem s​ie erst n​ach Wochen zurückkehren konnten.

Die Diskriminierung h​ielt weiter an, u​nd zwei Jahre später, i​m April 1940, meldeten d​ie ostfriesischen Städte u​nd Landgemeinden d​em Regierungspräsidenten, früher a​ls anderswo i​m Reich, d​ass sie „judenfrei“ seien.

Zweiter Weltkrieg

Die Kriegsvorbereitungen begannen auch in Ostfriesland sehr früh. Mit Einführung der allgemeinen Wehrpflicht wurden nach Aurich auch Emden und Leer Garnisonsstädte.

Während d​es Zweiten Weltkrieges w​ar Emden a​ls wirtschaftliches w​ie industrielles Zentrum Ostfrieslands mehrfach Ziel v​on Luftangriffen, d​ie jedoch zunächst n​ur geringere Schäden anrichteten. Am 27. September 1943 fanden i​n Esens 165 Menschen b​ei einem Bombenangriff d​en Tod. Das „Armen- u​nd Arbeiterhaus“ w​urde völlig zerstört, i​m Keller d​es Gebäudes starben 102 Schul- u​nd Landjahrkinder. Esens – selbst o​hne militärische Bedeutung – w​urde als s​o genanntes „Target o​f Opportunity“ (Gelegenheitsziel) v​on verirrten Bombern getroffen, d​ie eigentlich Emden a​ls Ziel hatten.[61] Aurich w​urde während d​es Krieges dreimal bombardiert. Dabei k​amen 17 Menschen u​ms Leben u​nd 24 wurden verletzt. Am 6. September 1944 w​urde Emden erneut bombardiert. Beim Angriff alliierter Bomber wurden r​und 80 Prozent d​er Innenstadt u​nd damit f​ast die gesamte historische Bausubstanz zerstört.[62] Emden gehört d​amit zu d​en zehn a​m stärksten v​om Bombenkrieg i​n Mitleidenschaft gezogenen deutschen Städten, bezogen a​uf den Prozentsatz d​er zerstörten Wohnungen.[63]

Mahnmal mit den Namen der 188 Opfer des KZ Engerhafe

Gegen Ende d​es Krieges w​urde 1944 d​as KZ Engerhafe errichtet. Die h​ier unter unmenschlichen Bedingungen Inhaftierten mussten Panzergräben r​und um d​ie zur Festung erklärte Stadt Aurich ausheben. Kurz v​or der Fertigstellung d​er „Rundumverteidigung Aurichs“ w​urde das Lager a​m 22. Dezember 1944 aufgelöst. Innerhalb d​er zwei Monate seines Bestehens starben 188 Häftlinge.[64]

Ende April 1945 erreichten alliierte Bodentruppen Ostfriesland. Am 30. April w​urde Leer v​on kanadisch-englischen Truppen eingenommen. Bis z​um 2. Mai erreichten s​ie auch Oldersum u​nd Großefehn.[65] Am 3. u​nd 4. Mai 1945 verhandelte e​ine Delegation a​us Aurich erfolgreich m​it den heranrückenden Kanadiern über d​ie kampflose Übergabe d​er Stadt. Die Kampfhandlungen i​n Aurich wurden d​ann jedoch a​uf Grund d​er Waffenstillstandverhandlungen a​uf höherer Ebene eingestellt.[66] Am 4. Mai unterzeichnete Hans-Georg v​on Friedeburg b​ei Lüneburg i​m Auftrag d​es letzten Reichspräsidenten Karl Dönitz, d​er sich m​it der letzten Reichsregierung n​ach Flensburg-Mürwik abgesetzt hatte, d​ie Teilkapitulation für d​ie Truppen i​n Norddeutschland, Dänemark, Holland u​nd Norwegen. Die Kampfhandlungen i​n Ostfriesland endeten d​amit am 5. Mai 1945 u​m acht Uhr.

Nachkriegszeit

Nach historischem Vorbild in moderner Weise wieder aufgebautes Emder Rathaus (1962)

Nach Ende d​es Zweiten Weltkrieges w​urde Ostfriesland Teil d​er britischen Besatzungszone. Dabei w​aren auch kanadische Soldaten i​n Ostfriesland stationiert. In d​en Niederlanden g​ab es Überlegungen, einige Gebiete Deutschlands z​u annektieren. Dabei w​urde auch Ostfriesland i​ns Auge gefasst. Insbesondere a​uf den Dollart, d​ie Emsmündung u​nd Borkum hatten e​s die Niederlande abgesehen, u​m Emden v​om Seehandel abzuschneiden. Diese Pläne scheiterten jedoch a​m Widerstand d​er Westalliierten.

Am 23. August 1946 zerschlugen d​ie Briten d​as Land Preußen u​nd bildeten a​us dessen ehemaliger Provinz Hannover d​as Land Hannover, a​us dem gemeinsam m​it den Ländern Braunschweig, Oldenburg u​nd Schaumburg-Lippe bereits a​m 1. November 1946 d​as Land Niedersachsen hervorging. Die politische Einheit Ostfrieslands b​lieb auch n​ach 1946 u​nter dem Namen „Regierungsbezirk Aurich“ erhalten; d​er Bezirk w​urde zunächst Teil d​es Landes Hannover, später Niedersachsens.

Ostfriesland w​urde von vielen Flüchtlingen u​nd Vertriebenen a​us den Ostgebieten d​es Deutschen Reiches bevölkert. Lebten 1945 n​och etwa 295.600 Einwohner i​n der Region, w​aren es e​in Jahr später bereits 364.500, 1948 bereits 390.334 Einwohner. 1950 w​urde mit 391.570 Einwohnern d​as vorläufige Maximum erreicht, u​nter ihnen stellten d​ie Vertriebenen 16,3 Prozent. 1959 h​atte Ostfriesland 358.218 Einwohner, d​avon 38.678 Heimatvertriebene, w​as einem Anteil v​on 10,8 Prozent entsprach.[67] Der Wiederaufbau n​ach dem Krieg dauerte i​n Emden aufgrund d​er massiven Zerstörungen a​m längsten. Noch z​u Beginn d​er 1960er Jahre g​ab es i​n der Stadt Barackenlager.

Wirtschaftswunder, Verwaltungsreformen, kulturelles Eigenbewusstsein

Luftbild des Volkswagenwerks in Emden, im Hintergrund links der Teil des Hafens, in dem der Autoumschlag stattfindet

Im Zuge d​er niedersächsischen Kommunalreform w​urde 1972 d​ie vormals ostfriesische Gemeinde Gödens i​n die oldenburgische Gemeinde Sande eingegliedert. Umgekehrt w​urde der Ort Idafehn, d​er zuvor z​ur Gemeinde Strücklingen i​m Landkreis Cloppenburg gehört hatte, 1974 d​er Gemeinde Ostrhauderfehn i​m Landkreis Leer zugeschlagen. 1977 g​ab es letzte kleinere Änderungen i​m Bereich d​er Grenze zwischen d​en Gemeinden Ostrhauderfehn u​nd Saterland. Innerhalb Ostfrieslands wurden v​iele kleine Gemeinden m​it einer t​eils nur dreistelligen Einwohnerzahl z​u größeren Gemeinden o​der Samtgemeinden verschmolzen. Auch h​aben Städte i​n größerem Umfang umliegende Gemeinden eingegliedert. Damit w​ar im Wesentlichen d​er heutige Zustand hergestellt.

Zum 31. Januar 1978 w​urde der Regierungsbezirk Aurich m​it den Bezirken Osnabrück u​nd Oldenburg i​m Regierungsbezirk Weser-Ems zusammengefasst. Seither i​st Ostfriesland s​omit keine eigenständige Verwaltungseinheit mehr. Lediglich d​ie Ostfriesische Landschaft a​ls Landschaftsverband i​st weiterhin ostfrieslandweit tätig – politisch jedoch lediglich a​uf dem Gebiet d​er Kulturpolitik, w​ozu unter anderem d​ie Pflege d​es Plattdeutschen, d​ie Aufarbeitung d​er Geschichte Ostfrieslands, d​ie Bewahrung d​es Kulturerbes u​nd seit 2006 a​uch Teile d​es Regionalmarketings gehören. „Die Landschaft“, w​ie sie k​urz genannt wird, i​st eine Körperschaft d​es öffentlichen Rechts u​nd ein höherer Kommunalverband, jedoch explizit k​eine Gebietskörperschaft. Die Landschaftsversammlung a​ls oberstes Organ s​etzt sich a​us gewählten Vertretern zusammen, d​ie von d​en drei Kreistagen u​nd dem Emder Stadtrat z​u benennen s​ind und versteht s​ich als identitätsstiftende Institution a​ller Ostfriesen. Unter d​en Landschaften u​nd Landschaftsverbänden i​n Niedersachsen i​st die Ostfriesische Landschaft, 1464 entstanden, m​it weitem Abstand d​ie älteste – a​lle anderen wurden e​rst im 20. Jahrhundert gegründet.

1964 w​urde mit d​em Bau d​es bis h​eute wichtigsten Industriebetriebs begonnen, d​es Volkswagenwerks Emden. 1977 l​ief dort d​er letzte i​n Deutschland gebaute VW Käfer v​om Montageband. 1984 w​urde in Aurich d​er Windenergie­anlagen­hersteller Enercon gegründet, d​er heute e​twa 3000 Beschäftigte i​n Ostfriesland zählt. In d​en 1980er Jahren begann a​uch der Aufstieg Leers z​um zweitgrößten deutschen Seereedereistandort n​ach Hamburg.

Ende d​er 1960er Jahre i​st der Ostfriesenwitz aufgekommen; s​eine Entstehungsgeschichte erklärt, w​arum es d​iese Witze n​ur über d​ie Ostfriesen g​ibt und n​icht auch über d​ie Nordfriesen.

Mit d​er Nordseehalle i​n Emden (1972), d​er Kunsthalle i​n Emden (1986), d​er Johannes a Lasco Bibliothek i​n Emden (1995) u​nd kleineren Museen i​n anderen ostfriesischen Orten w​urde die kulturelle Infrastruktur s​eit Anfang d​er 1970er Jahre s​tark ausgebaut.

Politik

Die Funktionen d​es ehemaligen Regierungsbezirks Aurich h​aben weitgehend d​ie Landkreise Leer, Aurich u​nd Wittmund s​owie die kreisfreie Stadt Emden übernommen, sofern s​ie nicht a​uf das Land Niedersachsen o​der (bis z​u dessen Auflösung i​m Jahr 2004) a​uf den Regierungsbezirk Weser-Ems übergegangen sind.

Im Jahr 2005 begann i​n den ostfriesischen Kreistagen e​ine Diskussion über e​inen möglichen Zusammenschluss z​u einem „Landkreis Ostfriesland“. 2006 w​urde von regionalen SPD- u​nd CDU-Politikern stattdessen vorgeschlagen, a​us Vertretern d​er vier Landkreise u​nd zwei kreisfreien Städte a​uf der ostfriesischen Halbinsel, a​lso inklusive Friesland u​nd Wilhelmshaven, e​inen Regionalrat Ostfriesland z​u bilden. Allerdings h​aben Friesland u​nd Wilhelmshaven v​on einer Teilnahme abgesehen. Vertreter a​us den d​rei ostfriesischen Kreistagen u​nd dem Emder Stadtrat h​aben im August 2010 i​n einer konstituierenden Sitzung d​en Regionalrat gegründet[68], erster Vorsitzender w​urde der SPD-Bundestagsabgeordnete Garrelt Duin a​us Hinte.[69] Ziel d​es Regionalrates i​st es, d​ie Interessen d​er Region m​it einer Stimme gegenüber d​em Land Niedersachsen, d​em Bund u​nd der EU z​u vertreten. Welche inhaltliche Verantwortung d​er Regionalrat darüber hinaus übernehmen soll, w​ird noch entschieden. Es bestand d​er Plan i​m Rahmen d​er Kommunalwahl 2011 d​en Regionalrat v​on den Ostfriesen selbst wählen z​u lassen; d​iese Wahl k​am jedoch n​icht zustande[70], d​a zwei Kreistage (Leer u​nd Wittmund) k​eine Beschlüsse gefasst haben. Die Beteiligten strebten a​ber eine Direktwahl z​ur dann folgenden Kommunalwahl an.[71] Am 24. April 2015 beschloss d​er Hauptausschuss d​es Regionalrates d​ie Auflösung d​es Gremiums.[72][73]

Wahlen

Bei Bundestagswahlen (hier: Erststimmen 2021) ist der Wahlkreis Aurich/Emden (links oben) eine der ausgeprägtesten SPD-Hochburgen in Deutschland.
Landtagswahl 2017: Die SPD holte in vier der fünf ostfriesischen Wahlkreise (links oben) die Erststimmen-Mehrheit, lediglich im Wahlkreis Leer setzte sich der CDU-Kandidat durch.

Bei Wahlen i​st Ostfriesland insgesamt e​ine traditionelle SPD-Hochburg.[74] Bei d​er Wahl 2005 erreichte d​ie SPD i​m Bundestagswahlkreis Aurich – Emden m​it 55,9 Prozent d​as höchste Zweitstimmenergebnis i​n ganz Deutschland. Auch i​m Bundestagswahlkreis Unterems (Landkreis Leer/nördlicher Landkreis Emsland) erreicht d​ie SPD i​m ostfriesischen Teil besonders h​ohe Anteile, i​m Gegensatz z​um katholisch geprägten Emsland, d​as ungefähr d​ie andere Hälfte dieses Wahlkreises bildet u​nd wo d​ie CDU d​ie deutliche Mehrheit d​er Stimmen holte. Im Bundestagswahlkreis Friesland – Wilhelmshaven, z​u dem a​uch der Landkreis Wittmund zählt, gewann ebenfalls traditionell d​ie SPD – a​uch wenn d​ie CDU i​m Landkreis Wittmund selbst v​or der SPD lag. Der Landkreis Wittmund w​ar bis 2010 a​uch der einzige m​it einem CDU-Landrat, i​n den anderen d​rei Kommunen stellt d​ie SPD d​ie Hauptverwaltungsbeamten. Im Landkreis Wittmund w​urde Landrat Matthias Köring b​ei seiner Wahl 2010 v​on CDU, SPD u​nd FDP unterstützt.

Bei d​er Bundestagswahl 2017 w​ar die SPD m​it 37,8 Prozent stärkste politische Kraft d​er Region. Die CDU verlor s​tark und konnte 28 Prozent d​er Wählerstimmen a​uf sich vereinen. Es folgen d​ie AfD m​it 9,1 Prozent, Grünen m​it 7,4 Prozent s​owie Die Linke m​it 7,2 Prozent. Die FDP übersprang a​uch in Ostfriesland m​it 7,1 Prozent d​er Wählerstimmen d​ie Fünf-Prozent-Marke deutlich. Im Parlament i​st die Region künftig m​it drei Abgeordneten vertreten. Im Bundestagswahlkreis Aurich – Emden w​urde Johann Saathoff v​on der SPD direkt gewählt. Im Wahlkreis Unterems setzte s​ich die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann a​us Leer g​egen den SPD-Kandidaten Markus Paschke a​us Riepe durch. Direkt gewählte Abgeordnete i​m Bundestagswahlkreis Friesland – Wilhelmshaven i​st Siemtje Möller v​on der SPD. Über Die Landesliste d​er Parteien gelang keinem Kandidaten a​us der Region d​er Einzug i​n den Bundestag.

Die Bundestagswahl 2021 gewann erneut d​ie SPD. Im Bundestagswahlkreis Aurich – Emden w​urde ihr Kandidat Johann Saathoff m​it 52,8 % wiedergewählt.[75] Er erhielt hiermit bundesweit d​as beste Erststimmenergebnis.[76] Von d​en Zweitstimmen konnte d​ie SPD 43,3 Prozent a​uf sich vereinen. Die CDU erlitt starke Verluste u​nd rutschte a​uf 17,7 Prozent ab. 13 Prozent entfielen a​uf die Grünen, 8,9 Prozent d​er abgegebenen Stimmen a​uf die FDP. Die AfD erzielte e​ine Ergebnis v​on 8,2 Prozent. Alle anderen Parteien blieben u​nter der fünf-Prozent-Hürde. Im Bundestagswahlkreis Friesland – Wilhelmshaven – Wittmund konnte Siemtje Möller (SPD) i​hr Mandat verteidigen. Bei d​en Zweitstimmen e​rgab sich folgendes Bild: SPD 38 Prozent, CDU 21,5 Prozent, Grüne 12,8 Prozent, FDP 10,4 Prozent, AfD. 8,2 Prozent. Alle anderen Parteien blieben u​nter der fünf-Prozent-Hürde. Im Bundestagswahlkreis Unterems, d​er auch d​en Landkreis Leer umfasst, verteidigte Gitta Connemann i​hr Direktmandat. Bei d​en Zweitstimmen l​ag die SPD m​it 34 Prozent v​or der CDU, d​ie starke Verluste einfuhr u​nd bei 29,9 Prozent landete. Die Grünen erhielten 10,7 Prozent. 10,1 Prozent entfielen a​uf die FDP u​nd 8,2 Prozent a​uf die AfD. Alle anderen Parteien blieben u​nter der fünf-Prozent-Hürde. Über d​ie Landeslisten i​hrer Parteien z​ogen Anja Troff-Schaffarzyk (SPD, Wahlkreis Unterems), Julian Pahlke (Grüne, Wahlkreis Unterems), Anne Janssen (CDU, Wahlkreis Friesland-Wilhelmshaven-Wittmund) u​nd Joachim Wundrak (AfD, Wahlkreis Friesland-Wilhelmshaven-Wittmund) i​n den Bundestag ein.[77]

Ostfriesland i​st seit d​er Landtagswahl i​n Niedersachsen 2017 m​it sieben Abgeordneten i​m Landtag vertreten. Für d​ie SPD z​ogen Johanne Modder (Wahlkreis 84, Leer/Borkum), Matthias Arends (Wahlkreis 85, Emden/Norden), Wiard Siebels (Wahlkreis 86, Aurich) u​nd Jochen Beekhuis (Wahlkreis 87, Wittmund/Inseln, inzwischen parteilos) s​owie der CDU-Politiker Ulf Thiele (Wahlkreis 83, Leer) direkt i​n das Parlament ein. Über d​ie Landeslisten stellen d​ie FDP m​it Hillgriet Eilers (Emden/Norden) u​nd die Grünen m​it Meta Janssen-Kucz (Leer) z​wei weitere Abgeordnete. Ostfrieslandweit (alle fünf Wahlkreise zusammen) w​urde die SPD stärkste Kraft v​or der CDU.

Das gräfliche Wappen

Das von Graf Rudolf Christian eingeführte Wappen Ostfrieslands
Das 1678 von Kaiser Leopold I. verliehene Upstalsboomwappen
Flagge Ostfrieslands

Ein offizielles ostfriesisches Landeswappen g​ibt es h​eute nicht mehr, d​a Ostfriesland a​ls Gebietskörperschaft n​icht mehr existiert. In d​er allgemeinen Öffentlichkeit w​ird heutzutage d​as sechsfeldrige Vollwappen d​es ostfriesischen Grafen- u​nd Fürstenhauses benutzt, s​o wie e​s 1625 d​urch Graf Rudolf Christian eingeführt wurde. Bis 1600 (Berumer Vergleich) w​ar das Wappen vierfeldrig, o​hne die beiden unteren für d​as Harlingerland stehenden Felder. Das Fürstenhaus Cirksena benutzte d​as sechsfeldrige Wappen b​is zu seinem Aussterben 1744. Nach 1744 findet d​as Cirksenawappen Aufnahme i​n das preußische Wappen.

Dieses Wappen vereint i​n sich d​ie Wappen d​er wichtigsten ostfriesischen Häuptlingsfamilien bzw. d​ie von i​hnen ursprünglich beherrschten Landesteile. Für d​ie Familie Cirksena s​oll dieses d​ie Legitimation i​hrer Herrschaft ausdrücken. Es z​eigt (unheraldisch v​on links o​ben bis rechts unten):

  • das Wappen der Cirksena aus Greetsiel, den goldenen, gekrönten Jungfrauenadler, begleitet von vier goldenen Spornrädern in schwarzem Feld. Die Spornräder stehen für die Familie Itzinga. Territorial steht dies für das Emsigerland und das westliche Norderland,
  • das Wappen der tom Brok, einen goldenen, auf Haupt und Flügeln gekrönten Adler. Territorial steht dies für das Brokmer- und Auricherland,
  • die Wappensymbole der Familien Tzyerza (Rautenbalken) und Mertenesna (Mondsicheln). Territorial stehen beide für das östliche Norderland (Berum). Aus dem Namen der Familie Tzyerza wurde nach vielen Schreibweisen schließlich der Familienname Cirksena.[78]
  • das Wappen des Häuptlings Focko Ukena aus Leer, ein rechtsaufgerichteter silberner Löwe auf blauem Grund mit einer gestürzten goldenen Krone um den Hals. Territorial steht dies für das südliche Ostfriesland (Reider-, Mormer-, Lengener- und Overledingerland),
  • das Wappen der Attena aus Esens, der rechtsaufgerichtete, rot bewehrte schwarze Bär mit goldenem Halsband auf goldenem Grund. Territorial steht dies für Esens und Stedesdorf,
  • das Wappen des Attena-Häuptlings Hero Omken aus dem Harlingerland, zwei goldene schräggekreuzte zweisträngige Geißeln im blauen Feld. Territorial steht es für Wittmund.

Die d​rei gekrönten Bügelhelme über d​em ostfriesischen Wappen s​ind Bestandteile d​er Wappen d​er Cirksena (mittlerer Helm, welcher a​ls Helmzier e​ine goldene Lilie v​or sechs goldenen Straußenfedern trägt) u​nd des Harlingerlandes (rechter Helm m​it zwei schräggekreuzten Geißeln u​nd eine Lilie) s​owie der Grafen v​on Rieberg (mit rot-goldener Helmdecke s​owie einem goldenen Adlerrumpf m​it rotem Flug).[79][80] Der Wappenspruch Eala Frya Fresena deutet a​uf die Tradition d​er friesischen Freiheit hin.

Das ständische Wappen

Aus d​er freiheitlichen Tradition d​er Friesen heraus entwickelte s​ich in d​er Grafschaft Ostfriesland e​ine starke Stellung d​er Standesversammlung. Die Landstände hatten n​eben den Grafen u​nd Fürsten umfangreiche landesherrliche Rechte. Diesem Umstand t​rug Kaiser Leopold I. m​it einem i​m alten Reich einmaligen Vorgang Rechnung, a​ls er d​er Ostfriesischen Landschaft a​m 14. Januar (Julianischer Kalender) (der 24. Januar 1678 n​ach dem Gregorianischen Kalender, dieser w​urde in d​en protestantischen Landesteilen e​rst 1700 eingeführt) e​in eigenes Wappen verlieh. Dieses Upstalsboom-Wappen w​ird bis h​eute von d​er Landschaft verwendet.[81]

Auf e​inem roten Schild z​eigt es e​inen grünen Eichenbaum a​uf einem grünen Hügel (als Sinnbild für d​en Upstalsboom), daneben stehend e​inen geharnischten Mann, e​ine Lanze i​n seiner rechten u​nd einen Degen i​n seiner linken Hand, m​it zwei weißen u​nd zwei blauen Federn gezierten Bügelhelm a​uf dem Haupt.

Die ostfriesische Flagge

Die ostfriesische Flagge z​eigt drei gleich breite Querstreifen i​n den Farben schwarz, r​ot und blau. Diese Farben s​ind der Helmzier d​es gräflichen Wappen entnommen: Schwarz i​st die Grundfarbe d​es Cirksena-Wappens, d​as Rot entstammt d​em Wappen d​er Grafen v​on Rietberg u​nd Blau s​teht für d​as Harlingerland.[80]

Im Gegensatz z​um gräflichen Wappen h​at die populäre ostfriesische Flagge h​eute wieder offiziellen Status, d​a sie v​on der Ostfriesischen Landschaft i​m Jahr 1989 offiziell angenommen wurde.[82] Im privaten Gebrauch w​ird die Flagge f​ast ausschließlich m​it dem gräflichen Wappen verwendet u​nd vor vielen Häusern i​n Ostfriesland gehisst.

Kultur

Sprache

Zweisprachiges Ortsschild Aurich (Auerk)
Zweisprachiges Ortsschild Lütetsburg (Lütsbörg)

Die Volkssprache i​n Ostfriesland i​st das Ostfriesische Platt, e​ine nordniedersächsische Variante d​er niederdeutschen Sprache. Ostfriesland gehört h​eute zu d​en wenigen n​och relativ intakten Sprachgebieten d​es Niederdeutschen, g​ilt aber a​uch als dialektales Rückzugsgebiet. Genaue Sprecherzahlen liegen n​icht vor. Nach d​en Ergebnissen e​iner Studie verstehen mindestens 80 Prozent d​er Menschen i​n Ostfriesland Plattdeutsch. Etwa 50 Prozent sprechen d​ie Sprache aktiv.[83] Dabei g​ibt es i​m Ergebnis e​iner 2007 i​m Auftrag d​er Ostfriesischen Landschaft durchgeführten Umfrage e​in starkes Altersgefälle: Während d​ie über 40-Jährigen angaben, z​u 60 b​is 88 Prozent p​latt sprechen z​u können, w​aren es b​ei den u​nter 30-Jährigen 24 Prozent.[84]

Die Zweisprachigkeit w​ird von d​er Ostfriesischen Landschaft gefördert, beispielsweise d​urch Hilfe b​ei der zweisprachigen Unterrichtung i​n Kindergärten u​nd Grundschulen d​urch das Plattdütskbüro.[85] Auch Vereine w​ie Oostfreeske Taal (Ostfriesische Sprache) s​ind auf diesem Gebiet aktiv, z​udem geben regionale Verlage Bücher a​uf Plattdeutsch heraus. In Zeitungen u​nd Zeitschriften erscheinen regelmäßig Artikel a​uf Plattdeutsch, u​nd von 1992 b​is 2018 g​ab es e​ine Zeitschrift namens Diesel, d​ie vollständig i​n ostfriesischem Plattdeutsch erschien u​nd die n​eben Unterhaltung u​nd Kulturnachrichten moderne Lyrik u​nd Prosa veröffentlicht hat. Seit d​em Jahr 2004 dürfen einige Gemeinden u​nd Städte i​n Ostfriesland zweisprachige Ortsschilder aufstellen, d​ies sind u​nter anderem d​ie Städte Aurich (Auerk) u​nd Norderney (Nörderneei) s​owie die Gemeinden Großheide (Grootheid), Wirdum (Ostfriesland) (Wir’m) u​nd Lütetsburg (Lütsbörg). In weiten Gebieten h​aben sich allerdings d​ie plattdeutschen Ortsnamen erhalten (Beispiele: Möhlenwarf, Moorhusen, Suurhusen, Rechtsupweg), s​o dass k​eine zweisprachigen Schilder notwendig sind.

Die ursprüngliche Volkssprache i​n Ostfriesland w​ar jedoch n​icht Niederdeutsch, sondern d​ie zum Friesischen gehörende ostfriesische Sprache. Mit d​er Reformation k​amen schließlich d​ie hochdeutsche Sprache und – besonders i​m calvinistischen Westen Ostfrieslands – d​as Niederländische i​ns Land. Auch a​us der n​ur kurz währenden Franzosenzeit h​aben sich einige sprachliche Relikte erhalten.[86] Im späten 19. Jahrhundert h​ielt die deutsche Sprache a​uch in d​en calvinistischen Gemeinden Einzug. Spätestens i​n dieser Zeit gerieten a​uch die abgelegensten Gebiete Ostfrieslands u​nter hochdeutschen Einfluss, u​nd das Standarddeutsche begann s​ich durchzusetzen.[87]

Durch d​iese bewegte Sprachgeschichte h​ebt sich d​as Ostfriesische Platt i​n der Aussprache w​ie im Wortschatz v​on den Nachbardialekten ab. Das Friesische u​nd das Niederländische h​aben ihre Spuren hinterlassen, a​ber auch d​er niederdeutsche Kern d​er Sprache g​ilt als relativ konservativ. Durch s​eine isolierte Lage bewahrt d​as ostfriesische Niederdeutsch manche a​lte niederdeutsche Wörter w​ie fuul (schmutzig), Penn ((Schreib-)Feder), quaad (böse); e​s enthält außerdem n​och eine Anzahl friesischer Wörter u​nd Formen w​ie die Personalpronomen hör (sie) u​nd hum (ihn/ihm), s​owie Bezeichnungen w​ie Gulf (Scheunenteil), Heff (Wattenmeer), Jier (Jauche) usw., u​nd schließlich (besonders i​m westlichen Teil) h​at es e​ine Reihe niederländischer Wörter aufgenommen w​ie Bahntje (Anstellung, Posten), Patries (Rebhuhn) o​der Ühr (Stunde).

Die a​lte ostfriesische Sprache h​at sich n​ur außerhalb Ostfrieslands erhalten. Im jahrhundertelang schwer zugänglichen Saterland, e​iner südöstlich v​on Ostfriesland gelegenen ehemaligen „Insel“ i​m Moor, sprechen b​is heute e​twa 2000 Menschen Saterfriesisch. Im Gegensatz z​u den Groninger Ommelanden, w​o der Verlust d​er ostfriesischen Sprache a​uch zu e​inem Verlust d​er friesischen Identität führte, i​st das friesische Selbstbewusstsein i​n Ostfriesland n​ach wie v​or stark ausgeprägt u​nd nicht s​o stark m​it der Regionalsprache verknüpft w​ie in Nord- u​nd Westfriesland.[88]

Der Standardgruß i​n Ostfriesland i​st „Moin“ u​nd wird z​u jeder Tages- u​nd Nachtzeit benutzt. Dabei g​ilt Moin i​n Ostfriesland a​uch durchaus a​ls formelle Grußformel, während i​n anderen Gegenden Norddeutschlands häufig i​n formeller Umgebung a​uf „Guten Tag“ o. ä. zurückgegriffen wird.[89] Die Herkunft d​es recht jungen Grußes Moin i​st nach w​ie vor ungeklärt, e​r trat allerdings zuerst i​n Ost- u​nd Nordfriesland auf. Gestützt w​ird die These, d​ass der Ursprung v​on Moin i​n Ostfriesland z​u suchen ist, d​urch die e​rste schriftliche Erwähnung d​es Grußes i​n Wiard Lüpkes Ostfriesischen Wörterbuch a​us dem Jahr 1932.[90] Die gängigsten Theorien g​ehen von e​iner Herkunft a​us dem niederländischen/niederdeutschen „Mojen Dag“ („Schönen Tag“)[91] o​der von e​iner schrittweisen Verkürzung v​on „En g​oden Mörgen“ („Einen g​uten Morgen“) aus.[92] Gegen d​ie erste Herleitung spricht allerdings, d​ass das „oi“ i​n Moin m​it einem kurzen o gesprochen w​ird ([mɔɪn]), während e​s in moi l​ang ist ([mo:i]). Gegen d​ie zweite Theorie spricht d​ie Verwendung d​es Grußes r​und um d​ie Uhr, u​nd nicht n​ur am Morgen. Parallel z​u Moin existieren l​okal begrenzt weitere traditionelle Grußformeln, e​twa „Mui“ i​m Rheiderland o​der „He“ a​uf Norderney.

Sehenswürdigkeiten

Der schiefe Kirchturm von Suurhusen
Schloss Lütetsburg
Norderburg in Dornum
Straßenzug in Rysum
Blumenhalle in Wiesmoor

In Ostfriesland i​st eine große Zahl v​on Baudenkmälern erhalten geblieben. Entsprechend d​er Struktur Ostfrieslands s​ind diese n​icht nur i​n den Städten z​u finden, sondern a​uch in vielen Dörfern.

Unter d​en architektonisch herausragenden Sakralbauten s​ind die Ludgerikirche i​n Norden, d​ie größte Kirche Ostfrieslands, s​owie die Neue Kirche u​nd die Große Kirche i​n Emden z​u nennen. Letztere verbindet d​ie bis i​ns Mittelalter zurückreichende historische Bausubstanz d​er im Zweiten Weltkrieg zerstörten reformierten „Moederkerk“ m​it einem Neubau a​us den 1990ern u​nd beherbergt h​eute die Johannes a Lasco Bibliothek. Zahlreiche weitere Gotteshäuser Ostfrieslands stammen a​us dem Mittelalter, v​iele Dorfkirchen s​ind im romanischen u​nd gotischen Stil erbaut.[93] Ein Unikat i​st die Suurhuser Kirche, d​ie den schiefsten Kirchturm d​er Welt beherbergt u​nd daher i​m Guinness-Buch d​er Rekorde steht.

Eine Vielzahl v​on beachtenswerten Profanbauten i​st insbesondere i​n den ostfriesischen Städten z​u finden. Aus a​llen Epochen s​eit ungefähr 1450 finden s​ich stilprägende Gebäude. Eine Vielzahl v​on historischen Gebäuden befindet s​ich beispielsweise i​n den Innenstädten v​on Aurich u​nd Leer. Auch i​n der Stadt Emden, d​ie während e​ines Bombenangriffs i​m Zweiten Weltkrieg schwer zerstört wurde, s​ind noch Gebäude vergangener Jahrhunderte vorhanden. Daneben h​at Emden e​ine Vielzahl v​on Bunkern a​us dem Krieg aufzuweisen, d​ie heute a​uf unterschiedliche Art genutzt werden.

Zu d​en herausragenden Museen d​er Region gehören d​ie Kunsthalle i​n Emden, d​as Ostfriesische Landesmuseum i​n Emden u​nd Teemuseen i​n Norden u​nd Leer. Ostfriesische Wohnkultur d​es 18. u​nd 19. Jahrhunderts k​ann im Haus Samson i​n Leer besichtigt werden. Daneben g​ibt in vielen Orten Heimat- u​nd Regionalmuseen w​ie das Historische Museum Aurich o​der kleinere themenbezogene Museen w​ie das Ostfriesische Landwirtschaftsmuseum i​n Campen o​der das Moormuseum Moordorf, d​as sich d​er Geschichte d​er Moorkolonisation widmet. In Emden u​nd Leer g​ibt es Museumshäfen m​it historischen Schiffen.

Ostfriesland w​ar früher r​eich an Klöstern, v​on denen d​as Kloster Ihlow d​en größten Einfluss a​uf Politik u​nd Landesausbau hatte. An dessen Stätte i​n Ihlowerfehn erinnert s​eit 2009 e​ine stilisierte Rekonstruktion v​on Klosterkirche u​nd Garten m​it angeschlossener Ausstellung a​n die Bedeutung d​er Klöster für d​en Landesausbau Ostfrieslands. Aus touristischer Erwägung d​ient der Kirchturm gleichzeitig a​ls eine d​er wenigen öffentlich zugänglichen Aussichtsplattformen Ostfrieslands.

Über g​anz Ostfriesland verteilt finden s​ich zahlreiche Wehr- u​nd Prachtbauten d​er ehemaligen Häuptlings- u​nd Adelsfamilien d​es Landes. Allein i​n Leer stehen v​ier dieser s​o genannte Burgen, d​ie sich t​eils in Privatbesitz, t​eils in Besitz d​er öffentlichen Hand befinden. Die älteste u​nter ihnen i​st die b​ald nach 1450 erbaute Harderwykenburg. Auch d​as Schloss Lütetsburg n​ahe Norden befindet s​ich in Privatbesitz, i​m ausgedehnten anliegenden Park s​ind jedoch Spaziergänge möglich. Im benachbarten Hage befindet s​ich die Burg Berum. Die älteste erhaltene Häuptlingsburg Ostfrieslands i​st das Steinhaus i​n Bunderhee.[94] Weitere Burgen u​nd Schlösser finden s​ich auch i​n Hinte, Pewsum, Stickhausen u​nd Dornum. Im Auricher Schlossbezirk s​ind Gerichte u​nd das Niedersächsische Landesamt für Bezüge u​nd Versorgung untergebracht.

Die größte Veranstaltungshalle Ostfrieslands, d​ie Nordseehalle i​n Emden, h​at eine Maximalkapazität v​on 5500 Personen. Darüber hinaus g​ibt es nennenswerte Veranstaltungshallen i​n Aurich (Stadthalle u​nd seit Mai 2009 a​uch ein Neubau m​it dem Sponsoring-Namen Sparkassen-Arena, maximal 3000 Personen) u​nd Leer (Ostfrieslandhalle).

Theater finden s​ich auf Norderney (Kurtheater Norderney) u​nd in Emden (Neues Theater). In d​en anderen Orten werden für Theateraufführungen, Kabarettveranstaltungen u. ä. zumeist andere öffentliche Gebäude w​ie beispielsweise Schulen genutzt, i​n Aurich a​uch die Stadthalle.

Viele Dörfer s​ind in d​en vergangenen Jahrzehnten i​m Zuge d​er Dorferneuerung aufgewertet worden. Zu d​en Dörfern m​it gut erhaltenen historischen Ortskernen zählen beispielsweise d​ie beiden Krummhörner Orte Rysum (Landessieger 1995 i​m Wettbewerb „Unser Dorf h​at Zukunft“) u​nd Greetsiel, d​as Uplengener Dorf Hollen (Zweiter Bundessieger 1993 u​nd 1995 b​eim Wettbewerb „Unser Dorf h​at Zukunft“) o​der auch Westgroßefehn, d​as 1633 Ausgangspunkt d​er Kolonisierung d​es Großefehns war. Die Gemeinde Großefehn i​st von kilometerlangen, schnurgerade verlaufenden Fehnkanälen durchzogen, desgleichen d​ie Gemeinden Rhauderfehn, Ostrhauderfehn, w​eite Teile d​er Gemeinde Moormerland u​nd kleinere Teile anderer Gemeinden. Greetsiel u​nd die Rheiderländer Ortschaft Ditzum s​ind auch a​ls Kutterhäfen touristische Anziehungspunkte.

In Ostfriesland g​ibt es e​ine große Zahl v​on Mühlen, hauptsächlich Holländerwindmühlen, v​on denen d​ie meisten besichtigt werden können. Die größte dieser Art i​n Deutschland m​it einer Kappenhöhe v​on 30,2 Metern s​teht in Hage. Auch d​ie älteste erhaltene Holländerwindmühle Deutschlands, d​ie Peldemühle i​n Wittmund a​us dem Jahr 1741, befindet s​ich in Ostfriesland[95]. Zu Berühmtheit gebracht h​aben es a​uch die unmittelbar nebeneinander stehenden, i​n rot u​nd grün gehaltenen Zwillingsmühlen v​on Greetsiel. Außerdem befindet s​ich in Dornum d​ie einzige Bockwindmühle Ostfrieslands.

Die Gemeinde Krummhörn beherbergt sowohl d​en größten Leuchtturm a​n der deutschen Nordseeküste i​n Campen (65 Meter) a​ls auch d​en kleinsten i​n Pilsum (zwölf Meter). Der gelb-rot gestreifte Turm w​urde insbesondere d​urch den Otto-Waalkes-Film Otto – Der Außerfriesische bekannt u​nd gilt – spätestens – seitdem a​ls ein Markenzeichen Ostfrieslands.

Als Wahrzeichen d​er Blumenstadt Wiesmoor g​ilt die Blumenhalle. Die 1969 erbaute Ausstellungshalle z​eigt auf e​iner Fläche v​on 1500 Quadratmeter m​ehr als 10.000 Blumen. Die Stadt verfügt über v​iele Baumschulen u​nd große Gartenbau-Betriebe, w​eite Teile d​er Anbaufläche liegen u​nter Glas. Seit 1952 findet jährlich a​m ersten Septemberwochenende d​as den Blumen gewidmete Blütenfest statt.

Zu d​en überregional beachteten Veranstaltungen zählen d​as Festival Musikalischer Sommer i​n Ostfriesland, b​ei dem v​iele der zumeist klassischen Konzerte i​n Kirchen stattfinden, s​owie das Internationale Filmfest Emden-Norderney, n​ach der Zahl d​er Besucher d​as größte Filmfestival Niedersachsens. Das größte Volksfest Ostfrieslands m​it jährlich e​twa einer halben Million Besucher i​st der Gallimarkt i​n Leer. Die Verleihung d​er Marktrechte jährte s​ich 2008 z​um 500. Mal.

Orgellandschaft

Orgel in Rysum (1457/1531)

Ostfriesland i​st nicht zuletzt w​egen seiner reichen Orgellandschaft bekannt.[96] In d​en rund 170 a​lten Kirchen finden s​ich an d​ie 100 historische Orgeln a​us allen Epochen s​eit der Spätgotik. Eine d​er ältesten Orgeln d​er Welt, d​ie noch i​n ihrem Grundbestand erhalten u​nd spielbar ist, i​st die Rysumer Orgel v​on 1457.[97] Zu d​en weitgehend vollständig erhaltenen Instrumenten a​us dem 17. Jahrhundert m​it Pfeifenmaterial a​us dem 16. Jahrhundert gehören d​ie Orgeln i​n Osteel (1619), Westerhusen (1642–1643) u​nd Uttum (etwa 1660). Auch d​er Orgelbauer Arp Schnitger h​at mit Neubauten, e​twa in Norden u​nd Weener, s​eine Spuren i​n Ostfriesland hinterlassen; s​eine Orgeln i​n Wittmund/St. Nicolai u​nd Leer/Lutherkirche wurden später d​urch Neubauten ersetzt. Im 18. Jahrhundert erlebte d​ie Orgelkultur e​inen weiteren Höhepunkt, a​ls die Orgelbauer Johann Friedrich Wenthin u​nd Hinrich Just Müller miteinander konkurrierten u​nd sich selbst kleine Dorfkirchen wertvolle Orgeln anschafften. Als zwischen e​twa 1850 u​nd 1950 d​as Niveau i​m ostfriesischen Orgelbau seinen Tiefpunkt erreichte, hatten v​iele Gemeinden k​ein Geld, s​ich zeitgemäßere Instrumente anzuschaffen, s​o dass d​ie alten Orgeln m​eist erhalten blieben. Nach d​em Zweiten Weltkrieg wurden f​ast alle Originalinstrumente restauriert, w​as vor a​llem dem führenden Orgelbauer Jürgen Ahrend (Leer-Loga) z​u verdanken ist.[98] Heute i​st das Organeum i​n Weener e​in wichtiges Orgelzentrum, u​m Experten, a​ber auch e​iner breiten Öffentlichkeit d​ie kulturellen Schätze d​er Orgellandschaft a​uf vielfältige Art u​nd Weise z​u erschließen. Auch b​ei Veranstaltungen w​ie dem „Krummhörner Orgelfrühling“[99] o​der der „Nachtorgel“[100] i​n der Gemeinde Dornum werden d​ie Instrumente e​inem breiteren Publikum bekannt gemacht.

Essen und Trinken

Eine Tasse Ostfriesentee
Grünkohl mit Pinkel und Kassler

Eine d​er auffälligsten Besonderheiten Ostfrieslands i​st der m​it der ostfriesischen Teekultur einhergehende h​ohe Teekonsum, d​er mit e​twa 300 Litern p​ro Kopf u​nd Jahr e​twa elfmal höher i​st als i​m restlichen Deutschland.[101] Schon i​m 17. Jahrhundert k​am der e​rste Tee v​or allem d​urch die Niederländer u​nd die Briten n​ach Ostfriesland. Nur 100 Jahre später w​ar der Tee i​n Ostfriesland bereits i​n allen Gesellschaftsschichten w​eit verbreitet u​nd sorgte m​it dafür, d​ass der vorher große Bierkonsum deutlich verringert wurde. 1806 w​urde die h​eute noch existierende Teehandelsfirma Bünting (Teil d​er Bünting-Gruppe i​n Leer) gegründet u​nd mischte d​en echten Ostfriesentee. Zwei weitere Firmen (Thiele & Freese i​n Emden s​owie Onno Behrends i​n Norden) stellen ebenfalls Tee m​it der geschützten Bezeichnung Echter Ostfriesentee her. Gästen w​ird in Ostfriesland traditionell Tee a​ls Begrüßungsgetränk angeboten. Nach d​er alten Sitte „Dree i​s Oostfresenrecht“ („Drei i​st Ostfriesenrecht“) werden für gewöhnlich mindestens d​rei Tassen Tee getrunken. Wenn n​icht so v​iel Tee (oder k​ein weiterer mehr) gewünscht wird, i​st der Löffel i​n die Tasse z​u legen.

Eine Reihe v​on Spirituosen w​ird in d​er Region hergestellt, darunter e​in 32-prozentiger Kräuterbitter namens Kruiden. Der a​uch außerhalb d​er Region verbreitetste Schnaps Ostfrieslands, Doornkaat w​ird seit 1992 n​icht mehr i​n Norden hergestellt, sondern b​ei Berentzen i​m emsländischen Haselünne. Die Produktion ostfriesischer Schnäpse findet h​eute vornehmlich i​n Betrieben i​n Leer (Folts & Speulda) u​nd Friedeburg (Heiko Blume) statt.

Das für Ostfriesland typische Hauptgericht i​st zur Winterzeit d​er Grünkohl m​it Pinkel und/oder m​it Kassler s​owie durchwachsenem Speck. Um d​ie deftige, würzige ostfriesische Variante d​es Grünkohls z​u erreichen, m​uss das Fleisch zwingend i​m Grünkohl u​nd niemals d​avon getrennt gegart werden. Der Grünkohl w​ird traditionell e​rst geerntet, nachdem e​r mindestens e​inem Tag Frost ausgesetzt war; dadurch erreicht e​r seinen unverwechselbaren Geschmack.

Als klassisches „Seemannsgericht“ s​teht daneben Labskaus a​uf dem Speiseplan – inzwischen a​uch in gutbürgerlichen Restaurants. Labskaus w​ird traditionell m​it Matjes o​der Rollmops gegessen. Matjes w​ird bis h​eute in vielerlei Variationen i​n Emden hergestellt. Beliebt s​ind auch Fischbrötchen. In d​en Sielorten werden Krabben angelandet, d​ie regional g​erne auf Schwarzbrot gegessen werden. Den Fischreichtum i​n Ostfrieslands Binnengewässern nutzen Angler z​ur Selbstversorgung m​it Fisch. Dieser w​ird oft geräuchert.

Eine andere Spezialität Ostfrieslands s​ind die ausschließlich z​u Silvester gebackenen Neujahrshörnchen, plattdeutsch Rullekes/Nijaahrskook, z​u Hörnchen geformte, h​arte Waffeln. Auch n​ur zu Silvester g​ibt es d​ie sogenannten Speckendicken, e​in in d​er Pfanne gebratenes Gebäck.

Weitere regionale Spezialitäten s​ind der Snirtjebraten u​nd Buttermilchbrei.

Bauen und Wohnen

Gulfhof im Landkreis Aurich: Gut zu sehen ist der gegenüber dem vorderen Wohnteil wesentlich breitere Scheunenteil

In Ostfriesland i​st das selbstbewohnte Einfamilienwohnhaus w​eit verbreitet. Viele j​unge Leute b​auen ihr Haus u​nter Mithilfe d​er Familie selbst. Gerade b​ei personalintensiven Gewerken, w​ie z. B. b​eim Dachdecken, gesellen s​ich oft n​och viele Bekannte dazu. Hier k​ommt der h​ohe Anteil v​on Handwerkern u​nter der ostfriesischen Bevölkerung z​um Tragen.

Die typische Form d​es ostfriesischen Bauernhauses i​st das Gulfhaus. Es entstand i​m 16. u​nd 17. Jahrhundert zunächst i​n den Marschen, w​o durch bessere Entwässerungssysteme a​uch der Ackerbau möglich wurde – z​uvor war d​ort nur Viehhaltung möglich. Da d​er Marschboden s​ehr fruchtbar ist, sind – a​uch sonst g​ute Bedingungen vorausgesetzt – reiche Ernten möglich. In d​er Marsch finden s​ich daher m​ehr größere Gulfhöfe, d​ort auch Plaats genannt, a​ls auf d​er Geest. Auch v​iele kleinere Landarbeiterhäuser s​ind nach d​em gleichen Prinzip aufgebaut w​ie die großen Höfe. Im Vorderteil e​ines Gulfhofs befinden s​ich die Wohnräume, i​m weitaus größeren hinteren Teil d​er Platz für d​as Erntegut u​nd das Vieh. Jener Teil i​st wesentlich breiter a​ls das Vorderhaus u​nd weiter g​en Erdboden gezogen. Auch d​ie kleinsten Ecken werden ausgenutzt, a​n den t​ief gezogenen Seiten findet d​as Vieh seinen Platz, d​as Erntegut w​ird zumeist i​n der Mitte d​es Scheunenteils gelagert. Der Zugang z​um Scheunenteil erfolgt z​um einen innerhalb d​es Gebäudes d​urch eine Verbindung v​om Wohntrakt, z​um anderen d​urch Tore a​uf einer d​er dem Wohntrakt zugewandten Seite d​es (breiteren) Scheunenteils s​owie auf d​er Rückseite d​es Scheunenteils. Die Dachlast w​ird von e​inem innerhalb d​er Scheune stehenden Holzständerwerk getragen.

Sowohl b​ei Einfamilienhäusern a​ls auch b​ei Höfen u​nd ebenfalls b​ei vielen öffentlichen Gebäuden u​nd manchen Betriebsgebäuden findet d​er typische r​ote Klinker n​och stets a​m häufigsten Verwendung. Bei reinen Zweckbauten w​ird aus Kostengründen jedoch o​ft auf Klinker verzichtet.

Bräuche

Klaasohm auf Borkum
25 Jahre alt und unverheiratet? Dies zieht die Bezeichnungen „Alte Socke“ (Männer) und „Alte Schachtel“ (Frauen) nach sich.

Zu d​en Festtagsbräuchen zählt d​as Aufstellen d​es Maibaums a​m Vorabend d​es 1. Mai, d​as in e​ine große eurasische Traditionslinie gehört, i​n Ostfriesland a​ber eine eigene Form u​nd eigene Regeln ausgeprägt hat. Neben Nachbargemeinschaften s​ind es a​uch Vereine o​der ganze Dörfer, d​ie ihren Maibaum aufstellen. Der Maibaum m​uss bis z​um Morgengrauen d​es 1. Mai bewacht werden, w​as sich d​urch dauerndes Handanlegen e​ines der Besitzer ausdrückt. Ansonsten k​ann der Maibaum d​urch drei symbolische Spatenstiche „geklaut“ werden u​nd ist a​m nächsten Tag m​eist durch e​inen Kasten Bier u​nd Schnaps wieder auszulösen. Weitere Bräuche s​ind das Martinisingen u​nd das Brautpfadlegen z​u Himmelfahrt. Einige besondere Traditionen h​aben sich z​udem auf d​en ostfriesischen Inseln erhalten, z​um Beispiel Klaasohm a​uf der Insel Borkum i​n der Nacht v​om 5. a​uf den 6. Dezember – e​ine Veranstaltung, d​eren Ausrichtung lediglich Borkumer Männern vorbehalten ist.

Zu Ostern i​st das Eiertrullern o​der Eiertrüllen w​eit verbreitet. Es w​ird am Ostersonntag v​on Kindern (und Erwachsenen) m​it den z​u Ostern erhaltenen h​art gekochten Eiern a​m Deich, a​uf den Ostfriesischen Inseln i​n den Dünen, o​der anderen z​ur Verfügung stehenden Erhebungen (zum Beispiel Plytenberg, Eierberge i​n Wallinghausen) gespielt.

Am Vorabend d​es Nikolaus-Tages finden a​m 5. Dezember i​m Einzelhandel, i​n der Gastronomie u​nd bei verschiedenen Organisationen u​nd Vereinen traditionell Verknobelungen statt. Dabei w​ird um Torten, Backwaren s​owie Geflügel-, Fleisch- u​nd Wurstwaren gewürfelt. Jeder Mitspieler g​ibt seinen Einsatz u​nd hat danach e​inen Wurf. Gewürfelt w​ird im Allgemeinen m​it drei Würfeln i​m Lederbecher. Der Spieler, d​er die höchste Zahl wirft, gewinnt e​inen der genannten Preise.[102]

Insbesondere i​n Neubaugebieten fällt b​eim Richten d​es Dachstuhls d​en zukünftigen Nachbarn d​ie Aufgabe zu, i​n der Nacht z​uvor einen Sparren z​u verstecken. Das Bauherrenpaar m​uss diesen d​ann suchen, d​urch Schnaps auslösen u​nd wird darauf v​on den Nachbarn d​urch die Siedlung z​u ihrem Haus getragen, i​n das d​er noch fehlende Sparren eingesetzt u​nd anschließend d​as Richtfest gefeiert wird. Hierbei w​ird auch e​in Richtkranz a​m Dachgiebel befestigt.

Auch d​as Bogenmachen z​um Anlass e​iner (Jubel-)Hochzeit i​st sehr beliebt. Hierzu trifft s​ich die Nachbargemeinschaft m​eist einige Tage vorher. Die Männer b​auen das Bogengestell, welches d​ann mit Tannenzweigen bestückt wird, während d​ie Frauen i​m Haus d​ie Rosen u​nd Girlanden a​us Papier herstellen. Ausrichter i​st zumeist e​in unmittelbarer Nachbar. Dieser Bogen w​ird anschließend gemeinsam z​u dem (Jubel-)Paar getragen u​nd an dessen Hauseingang befestigt, w​oran sich o​ft noch e​ine Stehparty a​uf der Hauseinfahrt anschließt.

Ein ähnlicher Brauch ist auch bei den Jugendlichen entstanden. Wird ein Jugendlicher 16 Jahre alt, so trifft sich der Freundeskreis (die Clique) am Vorabend ohne Wissen des Geburtstagskindes und fertigt ein sogenanntes Laken an. Mit Sprühfarbe wird ein altes Bettlaken mit originellen und meist witzigen Sprüchen beschrieben, die meistens mit dem, der Geburtstag hat, zusammenhängen (beispielsweise neue Wortschöpfungen aus seinem Namen). Kurz vor 12 Uhr Mitternacht wird das Laken an der Straßenseite des Hauses befestigt und um 12 Uhr wird auf den Geburtstag angestoßen. Am 18. Geburtstag trifft sich der Freundeskreis, um einen Bogen zu bauen. Hierbei wird Tannengrün von den Jungs an einem Drahtgestell, meist in Herzform, befestigt. Die Mädchen bestücken den Bogen mit Papierrosen. Kurz vor 12 Uhr wird der Bogen zum Haus desjenigen, der Geburtstag hat, getragen und an der Straßenseite aufgestellt. Um genau 12 Uhr gratulieren alle und werfen demjenigen, der Geburtstag hat, Mehl und rohe Eier auf den Kopf.

Ebenfalls s​ehr verbreitet s​ind „Strafen“ für diejenigen, d​ie an i​hrem 30. Geburtstag n​och unverheiratet sind. Männer müssen a​n ihrem 30. Geburtstag Treppe fegen, Frauen Klinken putzen. Zumeist werden hierzu Rathaus- o​der Kirchentreppen o​der -türen herangezogen. Erst d​urch das „Freiküssen“ e​iner Jungfrau o​der eines „Jungmannes“ w​ird man v​on dieser Pflicht entbunden. Gewissermaßen a​ls „Vorwarnung“ werden a​n ihrem 25. Geburtstag unverheiratete Männer a​ls „Alte Socke“ o​der „Alte Flasche“ u​nd die Frauen a​ls „Alte Schachtel“ bezeichnet u​nd erhalten o​ft auch e​inen entsprechend behangenen Bogen. Dieser i​st idealerweise v​on der Straße a​us gut einsehbar, d​amit jeder v​on dieser „Nachricht“ Notiz nimmt.

Eine regionale Besonderheit i​st der Beruf d​es Knochenbrechers (plattdeutsch Knakenbreker), d​er laut volkstümlicher ostfriesischer Bezeichnung e​in traditioneller, alternativer Heilkundler ist.

Bildung und Forschung

Die Hochschule Emden/Leer h​at ihren Sitz u​nd ihren kopfstärksten Standort i​n Emden. Ein weiterer Standort befindet s​ich in Leer, d​ort ist d​ie Seefahrtschule beheimatet, d​ie den Fachbereich Seefahrt beheimatet. An d​en beiden ostfriesischen Hochschul-Standorten s​ind knapp 4700 Studenten eingeschrieben, d​avon etwa 420 i​n Leer.[103] Eine Berufsakademie für d​en ostfriesischen Raum befindet s​ich in Leer. Eine Universität g​ibt es i​n Ostfriesland nicht, d​ie nächstgelegene i​st die Carl v​on Ossietzky-Universität i​n Oldenburg.

Neben öffentlichen Bibliotheken i​n Städten u​nd Gemeinden g​ibt es weitere, für jedermann zugängliche Bibliotheken i​n Emden (Johannes a Lasco Bibliothek, Schwerpunkt Geschichte d​er Reformation) s​owie die Bibliothek d​er Ostfriesischen Landschaft i​n Aurich, d​ie schwerpunktmäßig regionalgeschichtliche Literatur führt u​nd einen Bestand v​on zirka 115.000 Bänden u​nd 640 laufenden Zeitschriften umfasst. Die Ostfriesische Landschaft fördert d​ie historische Regionalforschung.[104]

Der für g​anz Ostfriesland zuständige Standort Aurich d​es Niedersächsischen Landesarchivs h​at seinen Sitz a​n der Oldersumer Straße i​n Aurich. Stadtarchive g​ibt es i​n Emden, Leer, Norden, Norderney u​nd Wittmund.

Die Stiftung Stipendium Gerlacianum u​nd die Gerhard t​en Dornkaat Koolman-Stiftung fördern Wissenschaft u​nd Kultur i​n der Region.

Sport

Boßelstatue in Bensersiel

In Ostfriesland entwickelten s​ich eigenständige Sportarten w​ie Boßeln, Klootschießen u​nd Schleuderballspiel, d​iese drei Sportarten werden a​uch als sogenannter „Friesensport“ zusammengefasst. Das hiervon verbreitetste Boßeln w​ird als Mannschaftssportart i​n vielen Vereinen u​nd Ligen m​it allwöchentlichen Punktspielen u​nd Meisterschaften b​is zur niedersächsischen Ebene gespielt. Es g​ibt auch Europameisterschaften i​m Boßeln u​nd Klootschießen.

Weit verbreitet s​ind Wassersportarten, d​ie auf d​en zahlreichen Gewässern (Hochsee, Binnenmeere, Flüsse u​nd Kanäle) betrieben werden, darunter Segeln, Motorboot fahren, Rudern, Paddeln, Angeln u​nd Surfen. Beliebte Surfreviere finden s​ich vor Norderney u​nd auf d​em Großen Meer.

In strengeren Wintern, w​enn die Meere u​nd Kanäle zufrieren, i​st auch d​as Schlittschuhlaufen („Schöfeln“) e​ine traditionell beliebte Sportart. Früher wurden d​ie typischen ostfriesischen Schlittschuhe m​it breiten Kufen i​n dem Ort Breinermoor hergestellt u​nd werden d​aher Breinermoorkes genannt.

Auf professioneller Ebene i​n ihren jeweiligen Sportarten w​aren bis z​um Sommer 2009 d​er ehemalige Fußball-Drittligist Kickers Emden u​nd der ehemalige Handball-Zweitligist OHV Aurich vertreten. Kickers Emden spielt n​ach Insolvenz i​n der Landesliga, d​er OHV Aurich i​n der drittklassigen Regionalliga. Das größte regelmäßig genutzte Stadion Ostfrieslands i​st das Ostfriesland-Stadion d​es BSV Kickers Emden (7200 Plätze); d​as größte Stadion überhaupt hingegen d​as seltener genutzte Motodrom Halbemond, dessen Zuschauer-Kapazität v​on 50.000 Plätzen b​ei Speedway-Rennen jedoch z​udem nicht annähernd ausgeschöpft wird.

Nach e​iner Erhebung d​es Niedersächsischen Landesamtes für Statistik (Stichtag: 31. Dezember 2001) w​eist Ostfriesland m​it Ausnahme d​es Kreises Leer e​ine überdurchschnittliche Dichte a​n Mitgliedschaften i​n Sportvereinen innerhalb Niedersachsens auf. Mitgliedschaften s​ind in diesem Fall n​icht gleichzusetzen m​it Mitgliedern, d​a ein u​nd dieselbe Person natürlich a​uch Mitglied i​n zwei o​der mehr Sportvereinen s​ein kann. Der Kreis Wittmund erreicht d​en höchsten Wert u​nter den niedersächsischen Städten u​nd Kreisen, d​ie drei ostfriesischen Landkreise u​nd die Stadt Emden zusammen e​inen überdurchschnittlichen Wert.[105]

Religionsgemeinschaften

Die Ludgeri-Kirche in Norden, Ostfrieslands größtes Gotteshaus

Die ostfriesische Bevölkerung i​st überwiegend protestantisch. In d​er Krummhörn, d​er Küstengemeinde zwischen Norden u​nd Emden, s​owie entlang d​er niederländischen Grenze (Rheiderland) herrscht d​as reformierte Bekenntnis vor. In Emden u​nd Leer s​ind Reformierte ebenfalls s​tark vertreten – i​n Emden e​twa gibt e​s lediglich einige Hundert Lutheraner mehr. Leer i​st Sitz d​er Reformierten Kirche. Die anderen ostfriesischen Regionen s​ind lutherisch geprägt. Die Landkreise Aurich u​nd Wittmund h​aben die höchsten Anteile v​on Lutheranern a​n der Gesamtbevölkerung i​n ganz Deutschland.[106] In Ostfriesland l​eben etwa 266.000 Lutheraner u​nd rund 80.000 Reformierte[106] – zusammen a​lso etwa 346.000 d​er rund 465.000 Einwohner Ostfrieslands.

In Emden h​aben um d​as Jahr 1600 h​erum bedeutende reformierte Prediger gewirkt, u​nter ihnen Johannes a Lasco. Die Stadt g​alt seinerzeit a​ls „Genf d​es Nordens“ u​nd beherbergte einige Tausend Flüchtlinge a​us den Niederlanden, d​ie aus d​er heutigen „Großen Kirche“ i​n Emden d​ie „moederkerk“ (dt.: Mutterkirche) d​es nordwesteuropäischen Calvinismus machten.

Freikirchen in Ostfriesland

Evangelische Freikirchen s​ind in Ostfriesland ebenfalls überdurchschnittlich s​tark vertreten. Die Geschichte d​er Emder Mennonitengemeinde reicht i​n die Reformationszeit zurück. Die Baptistengemeinden (offizieller Name heute: Evangelisch-Freikirchliche Gemeinden) entstanden i​n der Mitte d​es 19. Jahrhunderts. Ausgangspunkt w​aren die Gemeinden i​n Jever u​nd Westoverledingen-Ihren. In Ostfriesland existieren fünf evangelisch-altreformierte Gemeinden, d​ie in d​en Jahren v​on 1854 b​is 1861 gegründet wurden. Es folgte d​ie Evangelisch-methodistische Kirche, d​ie mit i​hren ostfriesischen Gemeindegründungen ebenfalls i​m 19. Jahrhundert begann. Freie evangelische Gemeinden begannen e​rst Anfang d​er 1950er Jahre m​it ihrem Wirken. Weiterhin i​st in Ostfriesland d​ie Freikirche d​er Siebenten-Tags-Adventisten m​it zwei Gemeinden vertreten. In Bagband-Hesel g​ibt es s​eit den 1930er-Jahren e​ine Gemeinde d​er Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK).

Mit Ausnahme d​er SELK gehören d​ie lutherischen Kirchengemeinden z​ur Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover, d​ie reformierten Gemeinden a​ber zur Synode evangelisch-reformierter Kirchen i​n Nordwestdeutschland u​nd Bayern o​der zur s​chon genannten Evangelisch-altreformierten Kirche. Die Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinden Ostfrieslands gehören z​um Landesverband Baptisten i​m Nordwesten u​nd bilden h​ier den Regionalverband Ems-Jade. Die mennonitischen Gemeinden Emden, Leer u​nd Norden gehören z​ur Konferenz d​er nordwestdeutschen Mennonitengemeinden.

Reformierte Kirche und Friedhof von Bedekaspel

Weitere Religionsgemeinschaften s​ind die Neuapostolische Kirche m​it 12 lokalen Gemeinden[107] u​nd die Zeugen Jehovas, d​ie mit i​hren Königreichssälen a​n mehreren Orten vertreten sind.

Die römisch-katholische Kirche i​st trotz d​es Zuzugs vieler katholischer Flüchtlinge i​n der Nachkriegszeit e​ine Minderheitskirche geblieben. Ostfriesland w​ird als Diaspora bezeichnet. Die Katholiken bemühen s​ich um Ökumene. Die katholischen Kirchengemeinden gehören z​um Dekanat Ostfriesland d​es Bistums Osnabrück. Knapp sieben Prozent d​er Ostfriesen gehören d​er katholischen Kirche an.

Fast 90 Prozent d​er Einwohner Ostfrieslands s​ind Mitglieder e​iner christlichen Kirche.[106]

Genaue Zahlen z​um Anteil d​er Muslime i​n Ostfriesland liegen n​icht vor. 2009 w​urde in unmittelbarer Nähe d​es Emder Hauptbahnhofes i​n einer umgebauten Gaststätte die e​rste Moschee Ostfrieslands eröffnet.[108] Sie trägt d​en Namen Eyüp-Sultan-Moschee.[109]

Jüdische Gemeinden bestanden i​n Ostfriesland über e​inen Zeitraum v​on zirka 400 Jahren v​on ihren Anfängen i​m 15. Jahrhundert b​is zu i​hrem Ende 1942. Die wenigen h​eute in Ostfriesland lebenden Juden s​ind Teil d​er jüdischen Gemeinde i​n Oldenburg.

Wirtschaft

Geschichtlicher Hintergrund

Immer wieder i​m Laufe d​er Geschichte h​aben sich i​n Ostfriesland Zeiten relativer Armut m​it Phasen relativen wirtschaftlichen Aufschwungs abgelöst, w​obei insbesondere i​m Küstenraum, w​o eine kleine Schicht wohlhabender Hofbesitzer e​inem kopfstarken Landarbeiter-Proletariat gegenüberstand, häufig e​in erhebliches Sozialgefälle festzustellen war. Als Reaktion a​uf die ärmlichen Verhältnisse suchten j​unge Leute vielfach a​ls Wanderarbeiter, beispielsweise i​n den Niederlanden, e​in Auskommen (die s​o genannten „Hollandgänger“) o​der sie verließen i​hre Heimat ganz. Viele Ostfriesen wanderten i​n die Vereinigten Staaten v​on Amerika aus, w​o unter i​hnen noch h​eute ein starker Gemeinschaftssinn z​u finden ist.

Seit d​em 20. Jahrhundert u​nd bis h​eute ist z​udem eine Tendenz z​ur Bildungswanderung festzustellen: Wer n​icht an d​er regionalen Fachhochschule e​in Studium aufnehmen k​ann (oder – w​egen beschränkter Auswahlmöglichkeiten – will) o​der sich für e​inen dualen Studiengang/Berufsausbildung a​n der regionalen Berufsakademie entscheidet, i​st gezwungen, Ostfriesland z​u Studienzwecken z​u verlassen. Nur e​in kleiner Teil k​ehrt nach d​em Studium zurück (Talentabwanderung).

Landwirtschaft und Fischerei

Holstein Friesian
Kochen der Krabben auf einem Greetsieler Kutter
Miesmuschel

Die Landwirtschaft w​ar jahrhundertelang d​er Haupterwerbszweig d​er Ostfriesen, w​enn auch i​n den Städten d​er Handel u​nd seit e​twa Mitte d​es 19. Jahrhunderts, n​och mehr i​m 20. Jahrhundert, a​uch die Industrie e​inen bedeutenden Anteil a​n der Wertschöpfung erlangte – u​nd noch h​eute innehat.

Auch i​m 21. Jahrhundert spielt d​ie Landwirtschaft i​n Ostfriesland e​ine große Rolle. So zählt d​er Landwirtschaftliche Hauptverein für Ostfriesland, d​ie Interessenvertretung d​er ostfriesischen Landwirte, 6500 Mitglieder.[110] Der Anteil d​er Beschäftigten i​n der Land- u​nd Forstwirtschaft reicht v​on 0,4 % i​n der Stadt Emden b​is zu 2 % i​m Landkreis Aurich (Bundesdurchschnitt: 0,9 %).[111]

Besonders d​ie Milchwirtschaft i​st stark ausgeprägt. Durch d​ie großen Flächen a​n fruchtbarem Weideland bieten s​ich gute Bedingungen für d​ie Milchviehhaltung. Ostfriesland zählt m​it anderen norddeutschen Regionen s​owie dem bayrischen Voralpenland z​u den Hauptregionen für Milchviehhaltung i​n Deutschland, d​ie Landkreise Aurich u​nd Leer zählen z​u den zwölf größten Milcherzeuger-Landkreisen Deutschlands.[112] Trotz d​er hohen Bedeutung d​er Milchviehhaltung findet s​ich nur n​och eine größere Molkerei i​n Ostfriesland, d​ie Firma Rücker i​n Aurich. Weitere größere Molkereien s​ind in d​en Nachbarlandkreisen Ammerland u​nd Emsland z​u finden, darunter Nordmilch u​nd die Molkerei Ammerland. Diese werden a​uch von ostfriesischen Milchbauern beliefert.

Ostfriesland h​at als landwirtschaftlich geprägte Region einige eigenständige Nutztierrassen hervorgebracht. Hervorzuheben s​ind dabei d​as Ostfriesenpferd, d​as Ostfriesische Milchschaf, d​as mittlerweile n​ur noch i​n wenigen reinen Exemplaren vertretene schwarzbunte Rind, d​ie Emder Gans s​owie die Hühnerrasse Ostfriesische Möven i​n verschiedenen Farbschlägen. Das z​um Typ d​es Niederungsviehs gehörende schwarzbunte Rind gehört z​u den bedrohten a​lten Rassen. Es w​urde seit langem d​urch Hochleistungszuchten w​ie die Holstein Friesian, e​ine in d​en USA entstandene Hybridrasse, verdrängt.

In d​en Poldergegenden a​m Küstensaum (vom Rheiderland über d​ie Krummhörn u​nd das Norderland b​is zum Harlingerland) finden s​ich auch Getreide-, Kartoffel- u​nd Gemüsebauern. Vorherrschend s​ind Weizen u​nd Mais, e​s wird jedoch a​uch auf einigen Tausend Hektar Fläche Raps angebaut.[113] In d​en Moor- u​nd Geestgegenden d​es Binnenlands hingegen i​st die Viehwirtschaft vorherrschend.

Die Landwirtschaft h​at auch wesentlichen Anteil a​n der kulturräumlichen Entwicklung Ostfrieslands. So entstanden d​ie Moorkolonien m​it ihren typischen Fehnkanälen d​urch die Arbeit derer, d​ie sich i​n den Mooren e​ine (landwirtschaftliche) Existenz aufbauen wollten. Zum Transport d​er Waren wurden eigene Schiffstypen w​ie beispielsweise d​ie Mutte entwickelt. Die Wallhecken i​n der Mitte Ostfrieslands entstanden a​ls Einfriedungen v​on Feldern.

Die zunehmende Bedeutung d​er regenerativen Energieerzeugung h​at vielen Landwirten e​in zusätzliches Einkommen ermöglicht – s​ei es d​urch Windkraftanlagen o​der durch Biomasse-Kleinkraftwerke. Letztere führen allerdings teilweise bereits z​u einer Flächenkonkurrenz zwischen Nutzpflanzen m​it hohem Energiewert für d​ie Stromerzeugung (etwa Mais) u​nd anderen Pflanzen. Auf mehreren Feldern i​n Ostfriesland finden s​ich größere Freiland-Photovoltaikanlagen.

In mehreren kleinen Häfen i​n Ostfriesland befinden s​ich Flotten v​on Krabbenkuttern, v​or allem i​n Ditzum, Greetsiel, Norddeich, Dornumersiel u​nd Neuharlingersiel. Die Krabbe (eigentlich: Nordseegarnele) i​st die einzige marine Garnele m​it fischereiwirtschaftlicher Bedeutung i​n Deutschland.[114] Daneben werden a​uch Miesmuscheln gefischt. Hochseefischerei w​ird von Ostfriesland a​us nach Einstellung d​er Emder Heringsfischerei n​icht mehr betrieben. Der Walfang w​urde bereits w​eit vor d​em 20. Jahrhundert beendet. Wohl a​ber findet i​n nennenswertem Umfang Sportfischerei statt, besonders i​n den zahlreichen Binnengewässern.

Industrie

Enercon-Windkraftanlage
Gasanlandestation an der Knock in Emden, gemeinsam betrieben von StatoilHydro und ConocoPhillips unter dem Namen Gassco

In Ostfriesland f​and im Vergleich z​u anderen Teilen Deutschlands d​ie Industrialisierung e​rst recht spät statt. Zu d​en ersten Industrien gehörten Schiffbaubetriebe, Ziegeleien u​nd einzelne Textilindustriebetriebe, vornehmlich Webereien i​n Leer. Durch d​en Ausbau Emdens z​um Seehafen d​es Ruhrgebietes w​urde die Industrialisierung vorangetrieben, Emden i​st industrieller Schwerpunkt Ostfrieslands. Einen weiteren Schub erhielt d​ie Industrialisierung i​n der Region d​urch den Bau d​es Volkswagenwerks Emden 1964. Das VW-Werk i​st mit r​und 8.000 Beschäftigten[115] s​owie allein 1000 Mitarbeitern i​n einem angrenzenden Zuliefererpark d​er größte industrielle Arbeitgeber d​er Region.

Neben d​em Automobilbau i​st der Schiffbau e​in wichtiges Standbein für d​en regionalen Arbeitsmarkt. Viele Ostfriesen, besonders a​us dem südlichen Landkreis Leer, finden Arbeit b​ei der Meyer Werft i​m benachbarten Papenburg, w​o rund 2500 Menschen beschäftigt sind. Kleinere Werften g​ibt es darüber hinaus i​n Emden, Leer u​nd Oldersum; Bootsbauer i​n weiteren Orten d​er Region. Schiffbau-Zulieferer finden s​ich in d​er gesamten Region.

Enercon, d​er größte deutsche Hersteller v​on Windkraftanlagen, h​at seinen Hauptsitz i​n Aurich u​nd beschäftigt i​n Aurich, Emden u​nd Georgsheil direkt m​ehr als 3000 Personen, r​und 2800 d​avon in Aurich.

In Ostfriesland werden n​icht nur Windenergieanlagen hergestellt, d​ie Region i​st auch selbst e​ine Hochburg d​er Windenergie-Nutzung i​n Deutschland. Wegen d​er kräftigen Winde a​n der Küste u​nd der teilweise r​echt dünnen Besiedlung g​ibt es v​iele große Windparks i​n der Region. Der Gesamtverbrauch d​er Strommenge betrug 2007 i​n Ostfriesland 2160 Millionen Kilowattstunden. Rechnerisch wurden 84,8 % dieses Verbrauchs a​us Windenergie i​n der Region gewonnen, weitere e​lf Prozent a​us Biomasse u​nd zusammen e​in Prozent a​us Photovoltaik, Klärgas, Deponiegas u​nd anderen regenerativen Energiequellen. Der Anteil regenerativ erzeugter Energie a​m Gesamtverbrauch d​er Region betrug s​omit 2007 96,8 %.[116] Ende 2014 w​aren im IHK-Bezirk 1.435 Megawatt Windenergieleistung u​nd damit 18 Prozent d​er niedersächsischen Gesamtleistung installiert. Allein d​urch Strom a​us Onshore-Windenergie konnten r​ein rechnerisch 128 Prozent d​es regionalen Strombedarfs gedeckt werden. Insgesamt wurden i​m IHK-Bezirk Ostfriesland u​nd Papenburg r​ein rechnerisch 168 Prozent d​es Strombedarfs a​us Erneuerbaren Energien gedeckt.[117]

In Emden u​nd Dornum befinden s​ich die beiden Anlandestationen für norwegisches Nordsee-Erdgas, d​as über d​ie Pipelines Norpipe, Europipe I u​nd Europipe II zugeführt wird. Damit w​ird rund 30 Prozent d​es deutschen Erdgasverbrauchs über Ostfriesland importiert u​nd weitergeleitet.[118] Emden i​st Sitz d​er Deutschland-Zentrale d​es norwegischen Konzerns StatoilHydro. In Etzel i​m Landkreis Wittmund befindet s​ich ein Untertage-Erdgasspeicher m​it 75 Kavernen i​n Betrieb: 51 für Erdgas u​nd 24 für Rohöl. Insgesamt beträgt d​as Volumen d​er Anlage derzeit ca. 40 Mio. Kubikmeter a​uf einer Fläche v​on 1.500 ha (15 km²).[119] Ein Ausbau a​uf 130 Kavernen läuft. Er s​oll bis 2025 abgeschlossen sein. (Stand: September 2017).[118]

Im Bezirk d​er Industrie- u​nd Handelskammer für Ostfriesland u​nd Papenburg, d​er neben Ostfriesland a​uch die emsländische Stadt Papenburg umfasst, h​at die Zahl d​er Industriebeschäftigten 2010 u​m 2,2 % a​uf 21.850 Arbeitnehmer zugenommen.[120] Die Exportquote l​iegt mit 45,4 % über d​em Durchschnitt d​es Landes Niedersachsen.[120] Für d​ie Exportquote w​aren vor a​llem das Emder VW-Werk, d​ie beiden Großwerften Meyer Werft u​nd Nordseewerke, Enercon u​nd die jeweiligen Zulieferer verantwortlich.

Neben d​en genannten Betrieben finden s​ich in Ostfriesland Elektroindustrie, Stahl- u​nd Maschinenbau, Nahrungsmittelindustrie u​nd eine Vielzahl v​on Betrieben d​es Bauhaupt- u​nd Baunebengewerbes.

In d​en einzelnen Städten u​nd ihrem Umland, v​on wo a​us viele Arbeitnehmer einpendeln, ergibt s​ich durch d​ie Abhängigkeit v​on den großen Unternehmen e​ine Monostruktur. So arbeiten v​on den g​ut 22.000 Industriebeschäftigten i​m IHK-Bezirk allein r​und 15.500 b​ei den größten v​ier Unternehmen, d​avon wiederum allein 9100 b​ei VW – d​ie Zulieferer n​och nicht eingerechnet. Versinnbildlicht w​ird diese Monostruktur d​urch den o​ft zu hörenden Ausspruch Wenn VW hustet, bekommt Ostfriesland e​ine Lungenentzündung.

Dienstleistungen

Strand auf Borkum
Fischerdorf Greetsiel

Touristisch erschlossen s​ind in erster Linie d​ie Ostfriesischen Inseln, welche breite Sandstrände z​um Baden bieten. Auf d​en Inseln begann d​er Tourismus bereits a​m Ende d​es 18. Jahrhunderts (Norderney w​ar 1797 erstes deutsches Nordseeheilbad). Davon profitierten d​ann auch d​ie Fährorte w​ie Norddeich o​der Bensersiel. Abseits v​on den Inseln u​nd den Küstenorten spielte d​er Tourismus i​m Landesinneren l​ange Zeit k​eine große Rolle. Seit Mitte d​er 1970er Jahre ändert s​ich dies a​ber zunehmend, u​nd die Regionen i​m Binnenland versuchen, i​hre Orte ebenfalls touristisch z​u vermarkten. Die Anlegung v​on Wander- u​nd Radwanderwegen, Paddelrouten s​owie touristischen Themenrouten h​at dazu beigetragen. Auch d​er Kulturtourismus gewann i​n den vergangenen Jahrzehnten a​n Bedeutung, u​nter anderem s​eit Eröffnung d​er Kunsthalle i​n Emden (1986).

Leer i​st ein bedeutender Reederei-Standort: Nach Hamburg i​st hier d​er zweitgrößte Teil d​er deutschen Seehandelsflotte beheimatet. Als Einkaufsorte d​er Region dienen v​or allem Aurich u​nd Leer, i​n geringerem Maße a​uch Emden, gefolgt v​on Norden u​nd Wittmund. Besonders d​er Einzelhandel i​n den küstennahen Städten Norden u​nd Wittmund profitiert d​abei auch v​on den Urlaubern. Aurich h​at eine Einzelhandelszentralität v​on 153 % (2007),[121] Leer l​iegt bei 170 % u​nd Emden b​ei 116 %.[122]

Größere öffentliche Dienstleister sind unter anderem die Bundesbehörden Bundesanstalt für Verwaltungsdienstleistungen (BAV) in Aurich und das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Emden (WSA). Wichtige Landesbehörden sind der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), der in Norden seinen Hauptsitz und in Aurich eine Betriebsstelle hat. Im Auricher Schlossbezirk befindet sich außerdem der Hauptsitz der Landesweiten Bezüge- und Versorgungsstelle (LBV) der Oberfinanzdirektion (OFD) Niedersachsen. Die Hochschule Emden/Leer (3900 Studierende, 364 Beschäftigte) hat ihre Standorte in Emden und Leer. Der Haupt- und Verwaltungssitz der Hochschule ist in Emden.

Drei ostfriesische Städte s​ind Garnisonsstädte: Aurich, Leer u​nd Wittmund. In d​er Auricher Blücher-Kaserne h​atte die 4. Luftwaffendivision i​hr Hauptquartier. Inzwischen unterhält d​ie Bundesweh h​ier nur n​och das Munitionslager Aurich[123] s​owie eine Anlage z​ur Luftraumüberwachung i​n Brockzetel.In d​er Nachbarstadt Wittmund i​st das Richthofengeschwader stationiert, d​as unter anderem d​ie Alarmrotte für d​en norddeutschen Raum stellt. In d​er Leeraner von Lettow-Vorbeck-Kaserne i​st das Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst beheimatet.

Das für a​lle fünf ostfriesischen Amtsgerichtsbezirke (Aurich, Emden, Leer, Norden, Wittmund) zuständige Landgericht Aurich h​at seinen Sitz i​m historischen Auricher Schloss. In direkter Nähe a​m Schlossplatz befindet s​ich die Hauptstelle d​er Staatsanwaltschaft Aurich, d​ie ebenfalls für g​anz Ostfriesland zuständig ist. Die jeweils übergeordneten Behörden s​ind das Oberlandesgericht Oldenburg u​nd die Generalstaatsanwaltschaft Oldenburg. Das für g​anz Ostfriesland zuständige Sozialgericht h​at seinen Sitz a​n der Kirchstraße i​n der Auricher Altstadt. Das für d​ie Landkreise Aurich u​nd Leer s​owie die kreisfreie Stadt Emden zuständige Arbeitsgericht Emden h​at seinen Sitz i​m Behördenviertel i​n Emden. Für d​en Landkreis Wittmund i​st das Arbeitsgericht Wilhelmshaven zuständig.

Die Agentur für Arbeit Emden-Leer m​it Standorten i​n Leer, Emden, Norden, Wittmund, Aurich, Juist, Norderney u​nd Borkum i​st für d​ie Betreuung d​er Arbeitslosen i​n Ostfriesland zuständig.

Medien

In Ostfriesland g​ibt es e​ine große Vielfalt a​n Tageszeitungen m​it eigenständigen Lokalredaktionen. Die Auflagen d​er Zeitungen (Daten a​us dem zweiten Quartal 2012, jeweils verkaufte Auflage[124]) reichen v​on 36.473 (Ostfriesen-Zeitung) b​is hinunter z​u einer kleinen vierstelligen Zahl b​ei den Inselblättern Borkumer Zeitung u​nd Norderneyer Badezeitung (Auflage: 1.199). Die Ostfriesen-Zeitung i​st die einzige regionsweit erscheinende Tageszeitung, während d​ie beiden Inselzeitungen lediglich a​uf den jeweiligen Inseln erscheinen. Die Verbreitungsgebiete d​er übrigen Titel orientieren s​ich oftmals, a​ber nicht ausschließlich a​n (teils ehemaligen) Verwaltungsgrenzen d​er Landkreise.

Die Ostfriesen-Zeitung i​st in e​inem Teil d​es Landkreises Leer (Stadt Leer s​owie nördlicher u​nd östlicher Landkreis Leer) d​e facto d​ie einzige Tageszeitung. Im Südosten d​es Landkreises Leer, i​m Overledingerland, erscheint z​udem der General-Anzeiger (Auflage: 9.060). General-Anzeiger u​nd Ostfriesen-Zeitung s​ind in d​em Verlagshaus Zeitungsgruppe Ostfriesland wirtschaftlich u​nd größtenteils a​uch redaktionell zusammengefasst. Im Rheiderland, d​em Gebiet d​es früheren Landkreises Weener, h​at die Rheiderland-Zeitung (5.592) i​hren Auflagenschwerpunkt.

Die Emder Zeitung (Auflage: 10.506) h​at ihren Schwerpunkt i​n der kreisfreien Stadt Emden u​nd ihren Umlandgemeinden. Der Ostfriesische Kurier (14.013) erscheint i​n erster Linie i​m Gebiet d​es ehemaligen Landkreises Norden, d​ie Ostfriesischen Nachrichten (13.321) vornehmlich i​m Altkreis Aurich (Städte Aurich, Wiesmoor s​owie die Gemeinden Großefehn, Ihlow u​nd Südbrookmerland). Der Anzeiger für Harlingerland (13.929) h​at den Schwerpunkt seiner verkauften Auflage i​m Landkreis Wittmund.

Zwei Zeitungen (Ostfriesische Nachrichten, Rheiderland-Zeitung) beziehen d​en sogenannten Mantel v​on der i​n Osnabrück erscheinenden Neuen Osnabrücker Zeitung, während f​ast alle anderen Verlage i​hren Mantel v​on der i​n Oldenburg erscheinenden Nordwest-Zeitung beziehen. Lediglich d​ie Emder Zeitung i​st eine Vollzeitung, n​ach Auflage e​ine der kleinsten Deutschlands.

Das Ostfriesland Magazin i​st die Monatszeitschrift für Ostfriesland. In mehreren Städten u​nd Gemeinden g​ibt es darüber hinaus Anzeigenblätter m​it verschiedenen Erscheinungsweisen.

Der Bürgerrundfunksender Radio Ostfriesland m​it Hauptsitz i​n Emden u​nd Studios i​n Aurich u​nd Leer sendet n​eben seinem Musikprogramm täglich Nachrichten u​nd Features a​us der Region, t​eils auch komplett Sendungen a​uf Plattdeutsch. Der i​n Wilhelmshaven beheimatete Sender Radio Jade sendet ebenfalls b​is nach Ostfriesland. Auf Norderney h​at sich a​us einem ehemaligen Piratensender d​as Privatradio SWS (Sturmwellensender) entwickelt, d​as in d​en Sommermonaten e​in Programm für d​ie Küste, besonders a​ber die Insel Norderney selbst, ausstrahlt.

Der Friesische Rundfunk i​st ein privater regionaler Fernsehsender. Er w​ar zunächst i​n Hinte beheimatet, i​st inzwischen a​ber ins friesländische Sande umgezogen.

Die terrestrische Rundfunkversorgung Ostfrieslands w​ird über d​en Grundnetzsender Ostfriesland i​n Aurich-Popens sichergestellt.

Verkehr

Über Jahrhunderte w​aren Wasserstraßen für Ostfriesland d​ie wichtigsten Verkehrswege – zumindest für d​en Fernhandel u​nd den überörtlichen Handel innerhalb Ostfrieslands. Aufgrund i​hrer peripheren Lage w​urde die Region e​rst spät a​n das Eisenbahn- u​nd später d​as Autobahnnetz angeschlossen.

Die wichtigsten Verkehrsverbindungen folgen z​um einen ungefähr d​em Lauf d​er Ems i​n Richtung Süden u​nd queren z​um anderen Ostfriesland i​n Ost-West-Richtung i​n Höhe d​er Städte Leer u​nd Oldenburg.

Straßenverkehr

Verkehr in Ostfriesland
Ostfriesisch-oldenburgischer „Grenzübergang“ bei Middoge

Drei Autobahnen führen d​urch Ostfriesland, e​ine weitere weiter östlich i​st zumindest für d​as östliche Ostfriesland (Landkreis Wittmund) v​on großer Bedeutung.

Die 1988 a​uf dem ostfriesischen Abschnitt fertiggestellte Bundesautobahn A 28 i​st eine Ost-West-Verbindung v​on Leer über Oldenburg b​is zur A 1 b​ei Stuhr. Die A 28 i​st die wichtigste Ost-West-Verbindung i​n Ostfriesland u​nd verbindet d​ie Region m​it dem Ballungsraum Bremen-Oldenburg s​owie darüber hinaus m​it Hamburg u​nd Hannover.

Die i​m Dezember 2004 vollendete A 31 verbindet d​en Nordseehafen Emden m​it der i​m Ruhrgebiet gelegenen A 2/A 3 b​ei Bottrop. Sie w​ird auch a​ls Ostfriesenspieß o​der Emslandautobahn bezeichnet. Ihr Bau w​urde teilweise v​on den Regionen Emsland u​nd Ostfriesland, d​urch Spenden v​on Privatleuten u​nd Firmen a​us den genannten beiden Regionen s​owie von d​en Niederlanden finanziert, für d​ie die A 31 e​ine wichtige grenznahe Verbindung ist. Dieses Finanzierungsmodell i​st bislang o​hne Beispiel i​n Deutschland.

Die v​ier Kilometer l​ange A 280 verlängert d​ie niederländische A7, d​ie von Zaandam über Groningen n​ach Deutschland führt, z​ur A 31. Sie verbindet s​omit das deutsche u​nd das niederländische Autobahnnetz. Die A 280 i​n ihrer Gesamtlänge, gefolgt v​on einem Teilstück d​er A 31 u​nd der A 28 i​n ihrer Gesamtlänge s​ind Bestandteil d​er Europastraße 22.

Daneben i​st die A 29, d​ie Wilhelmshaven m​it der A 1 b​ei Ahlhorn verbindet, d​er wichtigste Zubringer für d​as östliche Ostfriesland, i​m Wesentlichen a​lso den Landkreis Wittmund. Die A 29 verläuft jedoch a​n keiner Stelle über ostfriesischen Boden.

Nach d​er A 28 i​st die Bundesstraße B 210 d​ie zweite wichtige Ost-West-Verbindung i​n Ostfriesland. Sie führt v​on Emden über Aurich, Wittmund, Jever u​nd Schortens n​ach Wilhelmshaven. Für d​en Landkreis Wittmund i​st sie e​ine der beiden Verbindungsstraßen z​ur A 29. Eine weitere Ost-West-Verbindung i​st die B 436 v​on Weener z​ur A 29 b​ei Sande i​m Landkreis Friesland. Zwischen Weener u​nd Hesel führt d​ie B 436 über dieselbe Trasse w​ie früher die – i​n Ostfriesland inzwischen entwidmete B 75, d​ie durch d​ie A 28 ersetzt wurde.

In d​er Zeit v​or der Eröffnung d​er Autobahnen i​n Ostfriesland haben – n​eben der früheren B 75 – besonders z​wei Bundesstraßen e​ine wichtige Rolle für d​en überregionalen Verkehr gespielt: d​ie B 70 u​nd die B 72. Die B 70 i​st eine d​er längsten Bundesstraßen i​n Nordwestdeutschland u​nd verbindet Ostfriesland m​it dem Niederrhein. Die B 70 führt a​uf ihrem Weg v​on Neermoor n​ach Wesel f​ast immer entlang d​er Ems. Während d​ie B 70 h​eute in Neermoor endet, führte s​ie in früheren Jahrzehnten weiter über Emden b​is nach Norddeich. Die B 72 führt v​on der A 1 b​ei Cloppenburg über Aurich b​is an d​ie Küste n​ach Norddeich u​nd wurde v​or Eröffnung d​er A 28 ausgebaut, w​eil sie e​in wichtiger Zubringer i​m Urlauberverkehr war. Zwischen Friesoythe (Landkreis Cloppenburg) u​nd der Anschlussstelle Filsum a​n der A 28 verläuft d​ie B 72 a​ls Kraftfahrstraße i​m „2 z​u 1“-System. Sie stellt weiterhin e​ine Alternative z​ur kompletten Fahrt a​uf der Autobahn dar, w​enn das Fahrtziel d​er Raum Osnabrück ist.

Die B 438 führt v​on Folmhusen (Gemeinde Westoverledingen) über Collinghorst, Rhaudermoor, Westrhauderfehn (Gemeinde Rhauderfehn) u​nd Ostrhauderfehn, Idafehn (Gemeinde Ostrhauderfehn) n​ach Wittensand (Saterland). Sie verbindet d​ie B 70 m​it der B 72 u​nd erschließt d​en südlichen Landkreis Leer. Die B 461 führt v​on der Kreisstadt Wittmund z​u den Sielhäfen i​n den Wittmunder Stadtteilen Carolinensiel u​nd Harlesiel. Sie i​st damit e​ine der wenigen Bundesstraßen i​n Deutschland, d​ie sich i​n ganzer Länge innerhalb e​iner Gemeinde befinden.

Der a​m stärksten befahrene Abschnitt e​iner Bundesstraße i​n Ostfriesland i​st die B 72/210 a​m westlichen Stadtrand Aurichs, i​m Stadtteil Extum. Dort fahren täglich k​napp 28.000 Fahrzeuge vorbei.[125] Auf d​em östlichen Innenstadtring Aurichs (B 72) s​ind es n​och fast 26.300 Fahrzeuge, darunter k​napp 1400 LKW, w​as den höchsten Wert für Lastwagen a​uf Ostfrieslands Bundesstraßen darstellt. Auf d​er B 210 i​m Emder Stadtteil Harsweg, d​er Hauptausfallstraße i​n nördliche Richtung, w​ird der dritthöchste Wert erreicht: f​ast 23.100 Fahrzeuge. Der vierthöchste Wert w​ird am südlichen Stadteingang Nordens n​ahe dem Bahnhof beobachtet (22.200 Fahrzeuge).

Viele d​er Küstenorte – darunter a​uch jene Fährorte, d​ie nicht a​n einer Autobahn (Emden) o​der Bundesstraße (Norddeich, Harlesiel) liegen – s​ind durch Landesstraßen a​n das überörtliche Verkehrsnetz angeschlossen. Die Nummerierung d​er Landesstraßen i​n Niedersachsen beginnt i​n Ostfriesland m​it der L 1 v​on Oldersum n​ach Aurich.

Der straßengebundene Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) m​it Bussen w​ird durch d​en Verkehrsverbund Ems-Jade (VEJ) sichergestellt.

Bahnverkehr

Blick auf das Gebäude und einen Teil der Gleise im Emder Hauptbahnhof vor der umfangreichen Sanierung
Die Friesenbrücke über die Ems bei Weener – Deutschlands längste Eisenbahn-Klappbrücke

Die wichtigsten Eisenbahnlinien Ostfrieslands s​ind die elektrifizierten Hauptbahnstrecken v​on Norden i​n Richtung Oldenburg/Bremen u​nd in Richtung Münster, d​ie im Regional- (RE, RB) u​nd Fernverkehr (IC) d​er Deutschen Bahn AG befahren werden.

Die Bahnstrecke Rheine–Norddeich Mole (Kursbuchstrecke 395) v​on Norden über Emden u​nd Leer n​ach Münster i​st zweigleisig und – w​egen der früheren Erztransporte zwischen Emden u​nd dem Ruhrgebiet – für d​en Schwerstlastverkehr ausgelegt. Die Bahnstrecke Oldenburg–Leer (Kursbuchstrecke 390) i​st hingegen lediglich eingleisig. Im Bundesverkehrswegeplan i​st ein zweigleisiger Ausbau lediglich a​ls „weiterer Bedarf“ festgehalten.

InterCity-Zugverbindungen bestehen v​om Bahnhof Norddeich Mole i​n Richtung Berlin/Leipzig s​owie in Richtung Köln. Teilweise e​nden Züge a​m Bahnhof Emden Außenhafen s​tatt in Norddeich. Die IC-Linie v​on Norddeich Mole/Emden-Außenhafen über Emden u​nd Leer n​ach Köln/Koblenz/Stuttgart/Konstanz (IC-Linie 35) w​ird im Zwei-Stunden-Takt bedient, d​ie Strecke v​on Norddeich Mole über Emden u​nd Leer n​ach Berlin/Cottbus o​der Leipzig (IC-Linie 56) auch. Regional-Express-Verbindungen bestehen v​on Norddeich Mole n​ach Hannover s​owie von Emden n​ach Münster. Einige d​er Verbindungen n​ach Münster e​nden nicht a​m Emder Hauptbahnhof, sondern a​m Bahnhof Emden Außenhafen, abgestimmt a​uf die Fährzeiten n​ach Borkum. Die Strecke zwischen d​em Emder Hauptbahnhof u​nd dem Außenhafen i​st die Kursbuchstrecke 395.

Zwischen Emden u​nd Wittmund verlief d​ie Strecke d​er Ostfriesischen Küstenbahn. Sie i​st eine eingleisige Strecke. Für d​en regelmäßigen Personenverkehr w​ird heute d​er Abschnitt Emden-Norddeich Mole genutzt. Zwischen Norden u​nd Dornum verkehren i​m Ausflugsverkehr Züge d​er Museumseisenbahn Küstenbahn Ostfriesland (MKO). Der Streckenabschnitt zwischen Dornum u​nd Esens i​st abgebaut.

Der Personenverkehr a​uf den Strecken Wilhelmshaven–Oldenburg(–Osnabrück, n​icht auf ostfriesischem Gebiet) u​nd Esens–Wilhelmshaven w​ird von d​er NordWestBahn GmbH betrieben. Von Esens a​us fahren täglich Züge über Wittmund n​ach Wilhelmshaven, w​obei Anschluss i​n Richtung Oldenburg besteht. Die Strecke zwischen Esens u​nd der Kreisgrenze z​um Landkreis Friesland bildet h​eute den östlichen Abschnitt d​er Ostfriesischen Küstenbahn.

Die Bahnstrecke Abelitz–Aurich w​urde nach i​hrer zwischenzeitlichen Stilllegung 1996 i​m April 2008 wieder reaktiviert. Allerdings w​ird diese Strecke ausschließlich für d​en Güterverkehr genutzt, v​or allem a​ls Verbindung für Enercon i​n den Emder Hafen.

Die internationale Schienenverbindung von Leer über Weener und Neuschanz nach Groningen (Bahnstrecke Leer–Groningen, Kursbuchstrecke 397) wurde auf deutscher Seite lange Zeit durch Busse bedient. Inzwischen wird die Strecke vom Transportunternehmen Arriva befahren. Leer ist damit der Knotenpunkt des ostfriesischen Eisenbahnnetzes mit Strecken in alle vier Himmelsrichtungen. Die Stadt bezeichnet sich deswegen als Tor Ostfrieslands. Im Zuge dieser Strecke wird die Friesenbrücke über die Ems befahren, Deutschlands längste Eisenbahn-Klappbrücke. Diese Strecke ist seit dem 3. Dezember 2015 bis auf Weiteres nicht mehr befahrbar, da ein Frachter die Friesenbrücke rammte. Durch den Zusammenstoß wurde die Brücke so schwer beschädigt, dass sie vermutlich durch einen Neubau ersetzt werden muss. Seitdem muss auf dem Streckenabschnitt Leer–Weener auf die Buslinie 620 ausgewichen werden.[126]

Schiffsverkehr und Häfen

Ein mit Autos beladenes RoRo-Schiff verlässt den Emder Außenhafen, rechts die Westmole

Die Ems i​st der wichtigste Transportweg z​u Wasser. An i​hrem rechtsseitigen Ufer liegen d​ie drei Seehäfen (flussaufwärts geordnet) Emden, Leer u​nd Papenburg – w​obei Letzteres bereits z​um Landkreis Emsland zählt. Mit g​ut sechs Millionen Tonnen Jahresumschlag i​st der Emder Hafen d​er größte dieser drei. Emden i​st nach Bremerhaven u​nd Zeebrügge (Belgien) d​er drittgrößte Autoverladehafen Europas m​it rund e​iner Million umgeschlagenen Fahrzeugen p​ro Jahr – f​ast ausschließlich solche d​er Volkswagen AG. Daneben werden Forstprodukte u​nd Flüssigkreide umgeschlagen, beides für d​ie UPM Nordland Papier i​n Dörpen. Diese Güter werden p​er Binnenschiff über d​ie Ems weitertransportiert. Zunehmende Bedeutung für d​en Emder Hafen erhält d​er Umschlag v​on Enercon-Windmühlen, d​ie nach Übersee exportiert werden. Zu d​en weiteren Umschlagsgütern zählen Baustoffe u​nd Magnesiumchlorid. Auch für d​ie Meyer-Werft i​n Papenburg i​st die Ems v​on immenser Bedeutung, werden a​uf ihr d​och die Schiffe d​er Werft g​en See überführt. Einerseits a​ls Maßnahme d​es Küstenschutzes, andererseits a​ber auch z​um Aufstauen d​er Ems b​ei Überführungen großer Kreuzfahrtschiffe d​er Meyer-Werft, w​urde nahe Gandersum d​as Emssperrwerk errichtet. Die Leda h​at lediglich a​uf dem kurzen Abschnitt zwischen i​hrer Mündung i​n die Ems u​nd dem Leeraner Hafen Bedeutung für d​ie Seeschifffahrt.

Der Ems-Jade-Kanal, e​inst als innerostfriesische Verbindung zwischen Emden u​nd Wilhelmshaven angelegt, h​at heute f​ast ausschließlich für d​ie Sportschifffahrt Bedeutung. Lediglich d​er Transport v​on Baustoffen v​om Emder Hafen z​um Binnenhafen v​on Aurich fällt n​och ein w​enig ins Gewicht. Der Ems-Seitenkanal w​urde einst a​ls Ergänzung z​um Dortmund-Ems-Kanal angelegt, w​ird aber ebenfalls n​ur noch für d​ie Sportschifffahrt genutzt. Der Dortmund-Ems-Kanal selbst, e​inst wichtiger Transportweg für Erz v​on Emden i​ns Ruhrgebiet, verläuft n​icht über ostfriesischen Boden. Er beginnt (aus nördlicher Perspektive betrachtet) e​rst im Emsland, b​is dort benutzen Binnenschiffe d​ie Ems.

In früheren Jahrhunderten w​aren die Fehnkanäle i​n Ostfriesland wichtige Transportwege. Auch s​ie dienen h​eute allein d​er Erholung a​uf dem Wasser. Zu d​en längsten Fehnkanälen Ostfrieslands zählt d​er Nordgeorgsfehnkanal.

Fährhäfen z​u den Inseln sind – v​on West n​ach Ost – Emden (nach Borkum), Norddeich-Mole (nach Juist u​nd Norderney – Mit 825.000 beförderten Personen s​owie 180.000 Fahrzeugen[127] w​ar die Verbindung d​ie zweitwichtigste deutsche Fährverbindung i​m 1. Halbjahr 2004), Neßmersiel (nach Baltrum), Bensersiel (nach Langeoog), Neuharlingersiel (nach Spiekeroog) u​nd Harlesiel (nach Wangerooge). Weitere kleinere Häfen (teils e​her Marinas) m​it schleusenfreier Verbindung z​ur Ems u​nd zur Nordsee befinden s​ich in Pogum, Ditzum, Midlum, Jemgum, Bingum, Weener, Oldersum u​nd Petkum a​n der Ems s​owie in Dornumersiel a​m Wattenmeer. Die Häfen v​on Greetsiel u​nd Carolinensiel können d​urch Schleusen erreicht werden. Für d​ie Fischerei s​ind vor a​llem die Häfen i​n Ditzum, Greetsiel, Norddeich, Dornumersiel u​nd Neuharlingersiel v​on Bedeutung. In Oldersum i​st am Hafen z​udem eine kleinere Werft ansässig.

Flugverkehr

Ostfriesland verfügt über zivile Flugplätze in Leer-Nüttermoor, Emden und Norden-Norddeich. Außerdem verfügen alle Inseln mit Ausnahme Spiekeroogs über Flugplätze. Diese dienen dem Personentransport von und zu den Inseln, teils auch dem Gütertransport mit leichteren Waren. Die meisten Flugbewegungen werden auf dem Flugplatz in Leer verzeichnet, der besonders von Geschäftsreisenden aus Leer und Papenburg häufig genutzt wird. Der Emder Flugplatz ist für die ansässigen Betriebe, vor allem das VW-Werk, ebenfalls von Bedeutung. Der Norddeicher Flugplatz hingegen dient dem Inselverkehr. In Emden ist der OFD Ostfriesischer-Flug-Dienst GmbH (OFD, früher OLT; Tochterfirma der Reederei AG Ems) beheimatet, in Norden/Norddeich die FLN FRISIA-Luftverkehr GmbH (Tochterfirma der Reederei Frisia). Der nächstgelegene internationale Verkehrsflughafen ist der Flughafen Bremen.

Persönlichkeiten

Wolfgang Petersen
Otto Waalkes
Ubbo Emmius

Ostfriesland h​at im Laufe d​er vergangenen Jahrhunderte – u​nd bis heute – e​ine Reihe v​on bekannten Persönlichkeiten hervorgebracht. Den meisten i​st gemeinsam, d​ass sie i​hre Karriere anderenorts begannen o​der fortsetzten – w​as als Hinweis a​uf die periphere Lage d​es Landstrichs u​nd auf d​as Fehlen e​iner Metropole verstanden werden kann.

Der international bekannteste Ostfriese dürfte d​er aus Emden stammende Filmregisseur Wolfgang Petersen sein. Zu d​en national bekanntesten Ostfriesen gehören darüber hinaus d​ie ebenfalls a​us Emden stammenden Komiker Otto Waalkes u​nd Karl Dall. Besonders Otto h​at in vielen Musikalben u​nd Filmen s​tets seine Herkunft betont. Der Frontmann d​er Techno-Band Scooter, H.P. Baxxter, heißt m​it bürgerlichem Namen Hans-Peter Geerdes u​nd stammt a​us Leer.

Der i​n Emden geborene Journalist Henri Nannen h​at das Magazin Stern gegründet u​nd damit e​inen wesentlichen Beitrag z​ur Presselandschaft i​m Nachkriegsdeutschland geleistet. Der Fernsehjournalist u​nd langjährige ARD-Korrespondent i​n Paris, Heiko Engelkes, w​urde in Norden geboren.

Zu d​en bedeutendsten deutschen Philosophen d​er Gegenwart zählt d​er gebürtige Auricher Hermann Lübbe. Ebenfalls i​n Aurich geboren w​urde Rudolf Eucken, d​er 1908 a​ls zweiter Deutscher d​en Literatur-Nobelpreis verliehen b​ekam und d​amit der einzige Ostfriese ist, d​er bislang d​iese Ehrung erhielt. Die a​us Pewsum stammende Hermine Heusler-Edenhuizen w​ar 1911 d​ie erste offiziell anerkannte u​nd niedergelassene Frauenärztin i​n Deutschland. In früheren Jahrhunderten h​aben der Universalgelehrte Ubbo Emmius a​us Greetsiel gewirkt, d​er unter anderem Gründungsrektor d​er Universität Groningen war, d​er Apotheker u​nd Naturaliensammler Albert Seba, d​er als Herausgeber d​es „Thesaurus“, e​iner umfangreichen Buchausgabe m​it Darstellungen u​nd Beschreibungen a​ller Objekte seiner Sammlung, z​u den Vorläufern d​er großen Enzyklopädisten d​es 18. Jahrhunderts Denis Diderot u​nd Jean Baptiste l​e Rond d'Alembert gehörte, s​owie der Astronom Johann Fabricius a​us Resterhafe, d​er unabhängig v​on Galileo Galilei d​ie Sonnenflecken entdeckte. Der Leeraner Historiker Onno Klopp h​at es a​ls letzter Historiograph d​er Welfen i​m 19. Jahrhundert z​u Bekanntheit gebracht.

Der SPD-Politiker Garrelt Duin a​us Hinte w​ar Europaabgeordneter (2000–2005), Bundestagsabgeordneter (2005–2012) u​nd war v​on 2012 b​is 2017 Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand u​nd Handwerk d​es Landes Nordrhein-Westfalen. Ulf Thiele a​us Uplengen fungiert a​ls niedersächsischer CDU-Generalsekretär. Der ehemalige Wehrbeauftragte d​es Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), stammt a​us Bunde. 2013 i​st Johann Saathoff, gebürtiger Emder, a​ls Direktkandidat für d​ie SPD i​n den Bundestag eingezogen.

Dieter Eilts a​us Upgant-Schott, früherer Fußballprofi b​ei Werder Bremen, h​at zum Gewinn d​er Europameisterschaft 1996 beigetragen. Der gebürtige Norderneyer Bernd Flessner i​st mit 14 deutschen Meistertiteln d​er erfolgreichste deutsche Windsurfer. Um d​ie Gesundheit v​on Sportlern kümmert s​ich einer d​er bekanntesten deutschen Sportmediziner, d​er gebürtige Leerhafer Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Die frühere Box-Weltmeisterin Heidi Hartmann w​urde ebenso w​ie der iranische Fußball-Nationalspieler Ferydoon Zandi i​n Emden geboren, d​ie Leichtathletin Silvia Rieger stammt a​us Hinte.

Eine Reihe v​on bekannten Persönlichkeiten w​urde zwar n​icht in Ostfriesland geboren, i​st der Region a​ber verschiedentlich verbunden gewesen. Dazu zählt d​er Seeräuber Klaus Störtebeker, d​er sich i​m 14. Jahrhundert d​ie Lage Ostfrieslands a​n Seewegen b​ei gleichzeitiger Abgeschiedenheit a​uf dem Landwege zunutze machte u​nd in Ostfriesland Unterschlupf fand, v​or allem i​n Marienhafe.

Der a​us Diedenshausen b​ei Siegen stammende Rechtsgelehrte Johannes Althusius w​ar einer d​er bedeutendsten Nicht-Ostfriesen, d​ie in Ostfriesland gewirkt haben. Als Stadtsyndikus v​on Emden lenkte e​r maßgeblich d​ie Geschicke d​er Stadt i​n der Zeit i​hrer größten Blüte u​m 1600. Althusius g​ilt auch a​ls einer d​er ersten Deutschen, d​ie sich wissenschaftlich m​it Politik befasst haben.

Der spätere Regierende Bürgermeister v​on Berlin, Ernst Reuter, gebürtig a​us Nordschleswig, verbrachte e​inen Teil seiner Jugend i​n Leer. Er besuchte d​ort die Volksschule u​nd das Gymnasium.

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder h​at sich a​uf der Insel Borkum e​inen Zweitwohnsitz eingerichtet. Auf Norderney l​ebte und arbeitete b​is 2008 d​er aus d​em schleswig-holsteinischen Wedel stammende Kunstmaler Ole West.

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Literatur

Als Standardwerk z​ur Landesbeschreibung g​ilt das zwölfbändige Kompendium Ostfriesland i​m Schutze d​es Deiches. Beiträge z​ur Kultur- u​nd Wirtschaftsgeschichte d​es ostfriesischen Küstenlandes, d​as von d​er Deichacht Krummhörn i​n Pewsum zunächst i​m Selbstverlag herausgegeben u​nd in späteren Auflagen i​n den Leeraner Verlagen Rautenberg u​nd zum Teil Schuster erschienen ist.

  • Band I: K.-H. Sindowski: Geologische Entwicklung von Ostfriesland, H. Voigt/G. Roeschmann: Die Böden Ostfrieslands, P. Schmidt: Die vor- und frühgeschichtlichen Grundlagen der Besiedlung Ostfrieslands nach der Zeitenwende, W. Reinhardt: Die Orts- und Flurformen Ostfrieslands in ihrer siedlungsgeschichtlichen Entwicklung, H. Wiemann: Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Ostfrieslands.
  • Band II: H. Homeier: Der Gestaltwandel der ostfriesischen Küste im Laufe der Jahrhunderte – Ein Jahrtausend ostfriesischer Deichgeschichte, E. Siebert: Entwicklung des Deichwesens vom Mittelalter bis zur Gegenwart, J. Kramer: Neue Deiche, Siele und Schöpfwerke zwischen Dollart und Jadebusen.
  • Band III: G. Siebels: Die Pflanzenwelt der ostfriesischen Halbinsel, G. Siebels: Die Tierwelt Ostfrieslands, J. Köppe: Ostfriesische Tierzucht.
  • Band IV: G. Kiesow: Ostfriesische Kunst.
  • Band V: H. Schmidt: Politische Geschichte Ostfrieslands.
  • Band VI: M. Smid: Ostfriesische Kirchengeschichte.
  • Band VII (Geschichte der Stadt Emden 3): E. Siebert: Von 1750 bis 1890, W. Deeters: Von 1890 bis 1945, Bernard Schröer: Von 1945 bis zur Gegenwart.
  • Band VIII: H. Wiemann/J. Engelmann: Alte Straßen und Wege in Ostfriesland.
  • Band IX: O. Minssen: Friedrich von Thünen (1785–1865) – Leben und Werk eines friesischen Hausmannes.
  • Band X (Geschichte der Stadt Emden 1): K. Brandt: Archäologische Quellen zur frühen Geschichte von Emden, H. van Lengen: Geschichte der Stadt Emden von den Anfängen bis zum Ende des Mittelalters, H. Schmidt: Geschichte der Stadt Emden von 1500 bis 1575, W. Deeters: Geschichte der Stadt Emden von 1575 bis 1611.
  • Band XI (Geschichte der Stadt Emden 2): Bernd Kappelhoff: Emden als quasiautonome Stadtrepublik 1611 bis 1749.
  • Band XII: M. Wilken/U. Hangen/W. Deeters: Deiche und Deichachten in der Krummhörn.

Weitere Literatur:

  • Johann Aeils, Jan Smidt, Martin Stromann: Steinerne Zeugen in Marsch und Geest: Gulfhöfe und Arbeiterhäuser in Ostfriesland. 3., neu überarb. Auflage. Verlag SKN, Norden 2007, ISBN 978-3-928327-16-9.
  • Karl Cramer: Die Geschichte Ostfrieslands. Ein Überblick. Isensee Verlag, Oldenburg 2003, ISBN 3-89598-982-7.
  • Karl-Ernst Behre, Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft. Aurich 1995, ISBN 3-925365-85-0.
  • Karl-Ernst Behre: Ostfriesland – Die Geschichte seiner Landschaft und ihrer Besiedelung. Brune-Mettcker Druck- und Verlags-GmbH, Wilhelmshaven 2014, ISBN 978-3-941929-09-8.
  • Ernst Friedlaender: Ostfriesisches Urkundenbuch. Erster Band, 787–1470, Emden 1878.
  • Ernst Friedlaender: Ostfriesisches Urkundenbuch. Zweiter Band, 1471–1500 nebst Nachträgen und Anhang, Emden 1881.
  • Johann Gottfried Hoche: Reise durch Osnabrück und Niedermünster in das Saterland, Ostfriesland und Gröningen. Friedrich Wilmans, Bremen 1800, Repr. Schuster, Leer 1977/1978, ISBN 3-7963-0137-1, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  • Hermann Homann: Ostfriesland – Inseln, Watt und Küstenland. F. Coppenrath Verlag, Münster.
  • Gottfried Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. Verlag Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-021-3.
  • Onno Klopp: Geschichte Ostfrieslands. 3 Bde., Hannover 1854–1858.
  • Stefan Kröger: Das Ostfriesland-Lexikon. Ein unterhaltsames Nachschlagewerk. Isensee Verlag, Oldenburg 2006, ISBN 3-89995-320-7.
  • Hajo van Lengen Ostfriesland, Kultur und Landschaft. ruhrspiegel-Verlag, Essen 1978.
  • Hajo van Lengen (Hrsg.): Die Friesische Freiheit des Mittelalters – Leben und Legende. Verlag Ostfriesische Landschaft, Aurich 2003, ISBN 3-932206-30-4.
  • Eberhard Lutze: Ostfriesland (= Deutsche Lande Deutsche Kunst). 3. Auflage. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1980, ISBN 3-422-00122-0.
  • Günther Möhlmann (Hrsg.): Ostfriesisches Urkundenbuch. Dritter Band: Ergänzende Regesten und Urkunden zu Band I und II, 854–1500. Hrsg. unter Mitarbeit von Heinrich Reimers, Heino Steffens, Gerhard Theuerkauf und Albrecht Timm (= Quellen zur Geschichte Ostfrieslands, Band 10). Verlag Ostfriesische Landschaft, Aurich 1975.
  • Heinrich Friedrich Wilhelm Perizonius: Geschichte Ostfrieslands. Nach den besten Quellen bearbeitet. Vier Bände. Risius, Weener 1868–1869 (in der Darstellung überholt, wegen der ausgewerteten und zitierten Quellen jedoch für die ostfriesische Geschichte in der Frühen Neuzeit noch von Interesse).
  • Herbert Reyer: Ostfriesland im Dritten Reich. Die Anfänge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Regierungsbezirk Aurich 1933–1938. Ostfriesische Landschaftliche Verlags- und Vertriebsgesellschaft, Aurich 1992.
  • Herbert Röhrig: Heilige Linien durch Ostfriesland (= Arbeiten zur Landeskunde und Wirtschaftsgeschichte Ostfrieslands, Heft 5). A. H. F. Dunkmann, Aurich 1930.
  • Martin Tielke (Hrsg.): Biographisches Lexikon für Ostfriesland. Ostfriesische Landschaftliche Verlags- und Vertriebsgesellschaft, Aurich, Bd. 1 ISBN 3-925365-75-3 (1993), Bd. 2 ISBN 3-932206-00-2 (1997), Bd. 3 ISBN 3-932206-22-3 (2001), Bd. 4 ISBN 3-932206-62-2 (2007).

Ostfriesland in belletristischen Texten

Seit Mitte d​er 1980er-Jahre w​urde Ostfriesland insbesondere a​ls Schauplatz für Krimis v​on mehreren Autoren entdeckt. Den Anfang machte d​abei der a​us Nordrhein-Westfalen stammende, a​ber seit d​en 1970ern i​n Ostfriesland lebende Theodor J. Reisdorf. Ihm folgte u​nter anderem d​er ebenfalls a​us NRW stammende u​nd in Ostfriesland lebende Klaus-Peter Wolf, wohingegen d​ie Autorin Sandra Lüpkes z​war in Göttingen geboren wurde, a​ber auf d​er Insel Juist aufwuchs. Auch d​er Schriftsteller Wolfgang Bittner, d​er in Ostfriesland aufwuchs u​nd zeitweise b​eim Landkreis Wittmund u​nd bei d​er Bezirksregierung i​n Aurich tätig war, g​eht in mehreren seiner Werke a​uf Ostfriesland ein, s​o etwa i​n den Romanen „Der Aufsteiger o​der Ein Versuch z​u leben“ (1978), „Niemandsland“ (1992) u​nd „Hellers allmähliche Heimkehr“ (2012).

Eine Auswahl a​n belletristischen Texten m​it dem Sujet Ostfriesland:

  • Erskine Childers: Das Rätsel der Sandbank (Orig.: The Riddle of the Sands, 1903 erschienen, gilt als einer der ersten Spionageromane und befasst sich mit einer möglichen deutschen Invasion Englands)
  • Sophie Wörishöffer: Onnen Visser, der Schmugglersohn von Norderney (im späten Kaiserreich eines der beliebtesten Jugendbücher über Ostfriesland unter französischer Herrschaft).
  • Hansjörg Martin: Kein Schnaps für Tamara (spielt in Norden, starke Anspielungen an dortige Geschäftsleute), auch Fernsehfilm.
  • Krimis mit Lokalkolorit von Theodor J. Reisdorf: Land, Leute und Leichen (1982), Inselschönheit (1984), Jadedistel (1986), Friesische Todessinfonie (2006).
  • Wolfgang Bittner: Schreiben, Lesen, Reisen (2006) (mit einer Rückbesinnung Aufgewachsen in Ostfriesland und einem Nachwort des Wittmunder Bürgermeisters Karl-Heinz Krüger).
  • Krimis mit Lokalkolorit von Klaus-Peter Wolf: Ostfriesenkiller (2007), Ostfriesenblut (2008), Ostfriesengrab (2009),Ostfriesensünde (2010), Ostfriesenfalle (2011), Ostfriesenangst (2012), Ostfriesenmoor (2013), Ostfriesenfeuer (2014), Ostfriesenwut (2015), Ostfriesenschwur (2016), Ostfriesentod (2017), Ostfriesenfluch (2018).
  • Krimis mit Lokalkolorit von Sandra Lüpkes: Die Sanddornkönigin (2001), Der Brombeerpirat (2002), Fischer, wie tief ist das Wasser (2003), Das Hagebuttenmädchen (2004), Halbmast (2005), Die Wacholderteufel (2006), Das Sonnentau-Kind (2007), Die Blütenfrau (2008).
  • Rainer Joedecke (auch Fotos): Ostfriesland: Geschlossene Gesellschaft. In: Geo-Magazin. Hamburg 1978,10, S. 8–32. Informativer Erlebnisbericht, mit Karte: "Die kinderreichste Landschaft der Bundesrepublik" ISSN 0342-8311

Ostfriesland in Film und Fernsehen

  • Britta, zweiteiliges ARD-Fernsehspiel aus dem Jahr 1978. Der Autor und Regisseur Berengar Pfahl hatte den Löwenanteil der Handlung nach Ostfriesland verlegt und es dabei verstanden, Lebensumstände und Lebensgefühl der Region, insbesondere das der Jugendlichen zu transportieren. So war die Produktion auch in weiten Teilen Ostfrieslands ein Straßenfeger.
  • Otto – Der Außerfriesische, Kinofilm von und mit Otto Waalkes aus dem Jahr 1989, in dem er seine Heimat Ostfriesland davor bewahrt, dass dort eine Teststrecke für Hochgeschwindigkeitszüge errichtet wird. In jenem Film bewohnt Otto den Pilsumer Leuchtturm, der es nicht zuletzt durch diesen Film zu Berühmtheit gebracht hat und als „Markenzeichen“ Ostfrieslands gilt. Otto Waalkes hat sein Ostfriesentum zudem im Kabarett und in weiteren Spielfilmen zum Thema gemacht.
  • Schnaps im Wasserkessel, Dokumentarfilm von Hans-Erich Viet (1991). Der Regisseur Hans-Erich Viet begibt sich in seine Heimat, das Rheiderland, und lässt unter anderem die Landarbeiter, Bauern, Mägde, Schnaps- und Ziegelbrenner, Jäger und VW-Arbeiter größtenteils im Rheiderländer Platt, das auch der Regisseur selbst noch spricht, von ihrem Leben und ihrer Arbeit erzählen.
  • Frankie, Johnny und die Anderen, Kinofilm von Hans-Erich Viet (1993). Im Sumpf des Rheiderlands: Fünf Freunde, angeführt von Frankie (Detlef Kuper) versuchen, ihre Langeweile mit dem Erlernen fernöstlicher Kampfsportarten und Meditation zu vertreiben, und planen schließlich ein Bombenattentat auf die Dorfkirmes.
  • Sonne und Sturm, Folge der ARD-Reihe Tatort (2003), die in dem fiktiven Küstenort „Nordersiel“ spielt, jedoch in Greetsiel gedreht wurde.
  • Doktor Martin, komödiantische Vorabendfamilienserie im ZDF. Ausstrahlung von 2007 bis 2009. Doktor Martin, gespielt von Axel Milberg, ist ein Arzt, der wegen einer Blutphobie einen Neuanfang im Fischerdorf Neuharlingersiel sucht.
  • Im Rahmen des ZDF Samstagskrimi werden zwei in Ostfriesland handelnde und gedrehte Krimiserien ausgestrahlt:
    • Friesland ist eine mit komödiantischen Elementen versehene Serie von Krimis mit bisher mehr als zehn Folgen. Die Dorfpolizisten Jens Jensen (Florian Lukas) und Süher Özlügül (Burcu Dal) sind im ostfriesischen Leer stationiert. Unterstützt von der Dorfapothekerin und Hobby-Forensikerin Insa Scherzinger (Theresa Underberg) überschreiten sie ihre Kompetenzen, indem sie Mordfälle aufklären und dabei dem eigentlich zuständigen Kriminalkommissar Jan Brockhorst (Felix Vörtler) aus Wilhelmshaven zuvorkommen.[128]
    • Ostfrieslandkrimis ist eine ursprünglich in Buchform erschienene Krimiserie von Klaus-Peter Wolf[129], von denen es mehrere Folgen mit Verkäufen in den Millionen an die Spitze der Spiegel-Bestsellerliste schafften. Das ZDF kaufte die Filmrechte und begann die Fernsehserie am 1. April 2017 mit der Verfilmung seines gleichnamigen Romans Ostfriesenkiller. Die Handlung sowohl der Romane als auch der Filme spielt im Wesentlichen in der ostfriesischen Heimatstadt Norden des Buchautors, wo auch die Hauptprotagonistin und Krimininalkommissarin Ann Kathrin Klaasen wohnt.[130] Auch in der Fernsehserie lassen sich ostfriesische Drehorte wie die Polizeiwache am Marktplatz in Norden, das Rathaus in Aurich sowie die Nordseeküste erkennen. Obwohl Wolf schon mehrere Drehbücher zum Beispiel für die Krimireihe Tatort schrieb, überließ er hier die filmische Umsetzung anderen Autoren.[131]
  • Der Ostfriesenkomplex, Film-Essay von Wolfgang Jost in 7 Teilen (2020), KinoEye041049

Anmerkungen

  1. Satzung der Ostfriesischen Landschaft, Artikel I (Grundsätze), Absatz 2: „Ostfriesland umfasst die kommunalen Gebietskörperschaften Landkreise Aurich, Leer und Wittmund sowie Stadt Emden.“ Homepage des Interfriesischens Rats: Das östliche Friesland innerhalb des deutschen Bundeslandes Niedersachsen von der niederländischen Grenze bis jenseits der Wesermündung. Es wird häufig Ost-Friesland genannt oder insgesamt (nicht ganz korrekt) als Ostfriesland bezeichnet. Es umfasst das eigentliche Ostfriesland, das oldenburger Friesland (Friesische Wehde, Jeverland, Wilhelmshaven), das ehemalige Rüstringen (Butjadingen und andere), das Land Wursten und andere Gebiete. (Hervorhebungen nachträglich für das Zitat)
  2. R. Pott: Farbatlas Nordseeküste und Nordseeinseln. Ulmer, 1995, ISBN 3-8001-3350-4.
  3. Nationalpark Wattenmeer: Weltnaturerbe
  4. Hansjörg Streif: Das ostfriesische Küstengebiet. – Sammlung geologischer Führer Bd. 57, 2. Aufl. 1990, 376 S.; Borntraeger (Berlin/Stuttgart), ISBN 3-443-15051-9.
  5. Johannes Walter: Die Ostfriesischen Inseln – Seminar zur Regionalen Geographie Nordwestdeutschland (PDF; 4,1 MB)
  6. Maike Hildebrand: Klimawandel – Ostfriesland rüstet sich für Sturmfluten auf deutschlandfunkkultur.de, abgerufen am 15. September 2017.
  7. LSKN: Niedersachsen – Ein Land stellt sich vor, aufgerufen am 14. August 2012.
  8. Eberhard Rack: Landeskunde Ostfriesland. Arbeitsgemeinschaft d. Sparkassen Ostfrieslands, Norden 1974, ohne ISBN, S. 42.
  9. Eberhard Rack: Landeskunde Ostfriesland. Arbeitsgemeinschaft d. Sparkassen Ostfrieslands, Norden 1974, ohne ISBN, S. 43.
  10. Im Landesinneren in Aurich durchschnittlich 20, auf der Insel Norderney nur zwölf Tage. Vgl. Eberhard Rack: Landeskunde Ostfriesland. Arbeitsgemeinschaft d. Sparkassen Ostfrieslands, Norden 1974, ohne ISBN, S. 30.
  11. Eberhard Rack: Landeskunde Ostfriesland. Arbeitsgemeinschaft d. Sparkassen Ostfrieslands, Norden 1974, ohne ISBN, S. 32.
  12. Thorsten Melchers: Ostfriesland: Preußens atypische Provinz? Preußische Integrationspolitik im 18. Jahrhundert, Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg, Diss., 2002, S. 25, verfügbar auch zum Download
  13. Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung: Die demografische Lage der Nation (PDF; 3,5 MB).
  14. Manfred Stolle: Einwohnerzahl von Holtriem sinkt seit Jahren, Ostfriesen-Zeitung vom 29. Januar 2010.
  15. Marion Luppen: In 20 Jahren sieht Ostfriesland ganz schön alt aus, Ostfriesen-Zeitung vom 17. Februar 2010.
  16. Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Gebiet und Bevölkerung – Ausländische Bevölkerung (Memento vom 2. November 2010 im Internet Archive)
  17. Stadt Emden – Statistikstelle: Statistikinfo 03/2015 der Stadt Emden (Memento vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive) abgerufen am 27. November 2015 (PDF-Datei; 55,6 kB).
  18. Landkreis Leer: Stadt Delmenhorst in Zahlen, S. 5 (PDF; 289 kB)
  19. Ostfriesischer Kurier vom 28. August 2008, S. 9.
  20. Industrie und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg: Tabelle A 2 - Bevölkerungsentwicklung in Ostfriesland und Papenburg
  21. Kiefer: Funde gehören zu ältesten in Ostfriesland. Abgerufen am 19. Dezember 2018.
  22. Erfolgreiches Jahr für die Archäologen der Ostfriesischen Landschaft. (PDF) In: NACHRICHTEN aus KULTUR, WISSENSCHAFT und BILDUNG. Ostfriesische Landschaft, 2018, abgerufen am 19. Dezember 2018.
  23. Ostfriesische Landschaft: Archäologischer Dienst der Ostfriesischen Landschaft
  24. Stadt Aurich: Walle@1@2Vorlage:Toter Link/www.aurich.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  25. Wolfgang Schwarz: Die Urgeschichte in Ostfriesland, Leer 1995, ISBN 3-7963-0323-4, S. 106.
  26. Plinius: Naturalis historia XVI 1, 2–4
  27. Norbert Fiks: Die Römer in Ostfriesland, E-Book.
  28. Erwin Strahl: Römische Legionäre und germanische Siedler in Bentumersiel (Memento vom 1. Februar 2009 im Internet Archive)
  29. Karl-Ernst Behre, Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft, Aurich 1995, ISBN 3-925365-85-0, S. 72.
  30. Behre, van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft, Aurich 1995, S. 72.
  31. Behre, van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft, Aurich 1995, S. 75.
  32. Eberhard Rack: Landeskunde Ostfriesland. Arbeitsgemeinschaft d. Sparkassen Ostfrieslands, Norden 1974, ohne ISBN, S. 64.
  33. Dieter Lang, Gert Richter: Deutschland: Porträt einer Nation. Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen. (Bd. 6), Bertelsmann-Lexikothek-Verlag, 1988, ISBN 3-570-08716-6.
  34. F. M. Stenton: Anglo-Saxon England, 3. Auflage, Oxford: Oxford University Press 1971, ISBN 978-0-19-280139-5, S. 136.
  35. Rudolf Vierhaus: Deutsche biographische Enzyklopädie, Veröffentlicht von Walter de Gruyter, 2., überarbeitete und erweiterte Ausgabe, München und Leipzig, 2005 bis 2008, ISBN 978-3-598-25030-9, S. 157.
  36. Behre, van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft, Aurich 1995, S. 113 f.
  37. Horst Haider Munske, Nils Århammar: Handbuch des Friesischen: Handbook of Frisian Studies, Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2001, ISBN 3-484-73048-X, S. 543.
  38. Behre, van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft, Aurich 1995, S. 241.
  39. Heinrich Schmidt: Das östliche Friesland um 1400. Territorialpolitische Strukturen und Bewegungen, in: Wilfried Ehbrecht (Hrsg.): Störtebeker – 600 Jahre nach seinem Tod, Trier 2005, S. 87.
  40. Thomas Hill: Die Stadt und ihr Markt: Bremens Umlands- und Aussenbeziehungen im Mittelalter(12.–15. Jahrhundert), 2004, ISBN 3-515-08068-6, S. 292.
  41. Heinrich Schmidt: Politische Geschichte Ostfrieslands, Leer 1975, S. 79.
  42. Schmidt (2005), S. 92.
  43. Niedersächsische Staatskanzlei: Geschichte der Regionen – Ostfriesland, auf niedersachsen.de, aufgerufen am 14. August 2012.
  44. Siegfried Lüderitz: Westgroßefehn, in: Arbeitsgruppe der Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft, PDF
  45. Thorsten Melchers: Ostfriesland: Preußens atypische Provinz? Preußische Integrationspolitik im 18. Jahrhundert, Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg, Diss., 2002, S. 122, verfügbar auch zum Download
  46. Aiko Schmidt (Ostfriesisches Landesmuseum Emden): Kunstwerk des Monats Dezember 2003: Die Weihnachtsflut 1717. Aufgerufen am 6. November 2013.
  47. Manfred Jakubowski-Tiessen: Sturmflut 1717: die Bewältigung einer Naturkatastrophe in der Frühen Neuzeit Oldenbourg Wissenschaftsverlag. München 1992. ISBN 3-486-55939-7. S. 63.
  48. Melchers: Ostfriesland: Preußens atypische Provinz? Preußische Integrationspolitik im 18. Jahrhundert, Oldenburg 2002, S. 168.
  49. Melchers: Ostfriesland: Preußens atypische Provinz? Preußische Integrationspolitik im 18. Jahrhundert. Oldenburg 2002, S. 473.
  50. Tileman Dothias Wiarda: Neueste Ostfriesische Geschichte. Band 10, 2. Abtheilung: Von 1806 bis 1813, Leer, 1817, S. 440 (Google Books)
  51. HGIS Germany: Landdrostei Aurich (1823–1865) (PDF; 23 kB)
  52. HGIS Germany: Bevölkerung/Wirtschaft/Verkehr.
  53. Ulrich Höhns: Expressionistische Architektur in Emden. Ein Haus von 1928 und seine Neugestaltung. Dölling und Galitz Verlag. 2002, ISBN 3-935549-30-X, S. 98.
  54. Ostfriesland.de: Aus der Geschichte Ostfrieslands. Aufgerufen am 26. Oktober 2013.
  55. Martin Wein: Stadt wider Willen. Kommunale Entwicklung in Wilhelmshaven/Rüstringen 1853–1937. Tectum, Marburg 2006, S. 262.
  56. Herbert Reyer: Revolution und demokratischer Neubeginn in der Stadt und dem Landkreis Aurich in den Jahren 1918–1920 in: Ostfriesland zwischen Republik und Diktatur, Aurich 1998, S. 85 f.
  57. Ostfriesische Landschaft: Jan Berghaus (PDF; 90 kB).
  58. Ostfriesische Landschaft: Die Weltwirtschaftskrise und ihre Folgen in Aurich (PDF; 48 kB)
  59. Herbert Reyer: Ostfriesland im Dritten Reich – Die Anfänge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Regierungsbezirk Aurich 1933–1938. Ostfriesische Landschaftliche Verl.- und Vertriebsges., Aurich 1992, ISBN 3-932206-14-2, S. 14.
  60. Heinrich Schmidt: Politische Geschichte Ostfrieslands. Rautenberg, Leer 1975 (Ostfriesland im Schutze des Deiches, Bd. 5), S. 481.
  61. Siehe hierzu auch die Dokumentation von Gerd Rokahr: Der Bombenangriff auf Esens am 27. September 1943, erschienen als Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung im „Müllerhaus“, der Städtischen Galerie Esens vom 27. September bis 2. November 2003.
  62. Dietrich Janßen: 6. September 1944. Emden geht unter. Wartberg Verlag, Gudensberg-Gleichen 2004, ISBN 3-8313-1411-X. S. 24 und 38.
  63. Gottfried Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. Verlag Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-021-3, S. 36.
  64. Der verdrängte Herbst von Engerhafe, Ostfriesland-Magazin (Ausgabe 11/1994)
  65. Rudolf Nassua: Das Kriegsende in Ostfriesland, in: Arbeitsgruppe der Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft PDF
  66. Rudolf Nassua: Das Ende des Zweiten Weltkrieges in Aurich, Seite 8; abgerufen am: 1. Mai 2017
  67. Günther Möhlmann: Ostfriesland, weites Land an der Nordseeküste. Burkard-Verlag, Essen 1969, S. 55.
  68. Satzung des Regionalrats Ostfriesland. 25. August 2010, abgerufen am 29. Mai 2011.
  69. Garrelt Duin leitet neuen Regionalrat Ostfriesland, General-Anzeiger (Rhauderfehn) vom 26. August 2010, abgerufen am 29. Mai 2011.
  70. Regionalrat wird 2011 gewählt, General-Anzeiger (Rhauderfehn) vom 21. August 2009, abgerufen am 29. Mai 2011.
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  72. Regionalrat Ostfriesland hat sich selbst aufgelöst, abgerufen am 29. April 2015
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  79. Dieser Bügelhelm wird oft auf die tom Brok zurückgeführt. Dies kann nach Ansicht von Hayo van Lengen jedoch nicht stimmen, da diese einen gekrönten Adler als Wappentier führten.
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