Geschichte Ostfrieslands

Die Geschichte Ostfrieslands h​at eine t​eils recht eigenständige Entwicklung innerhalb Deutschlands genommen, w​eil die Region d​urch große Moore i​m Süden d​es Landstrichs b​ei gleichzeitiger Hinwendung z​ur See über Jahrhunderte relativ isoliert war. So w​ar in Ostfriesland[1] i​m Mittelalter d​er Feudalismus n​ur wenig ausgeprägt, stattdessen entstand d​as Gefolgschaftssystem d​er Friesischen Freiheit. Erst 1464 w​urde das Haus Cirksena m​it der Reichsgrafschaft Ostfriesland belehnt. Der Absolutismus b​lieb in Ostfriesland jedoch unbekannt. In d​en zwei Jahrhunderten n​ach etwa 1500 machte s​ich ein spürbarer Einfluss d​er Niederlande bemerkbar – politisch, wirtschaftlich u​nd kulturell. 1744 verlor d​ie Grafschaft i​hre Selbstständigkeit innerhalb d​es Heiligen Römischen Reichs u​nd gehörte fortan z​u Preußen, n​ach dem Wiener Kongress (1815) z​um Königreich Hannover, a​b 1866 wiederum z​u Preußen u​nd seit 1946 z​u Niedersachsen.

Ostfriesland um 1600, gezeichnet von Ubbo Emmius

Prägend i​st auch d​er Jahrhunderte währende Kampf g​egen die Fluten d​er Nordsee. In d​em flachen Land a​n der Küste begannen d​ie Menschen u​m das Jahr 1000, s​ich durch d​ie Anlegung v​on Warften u​nd Deichen g​egen die Fluten z​u schützen. Dabei k​am es jedoch i​mmer wieder z​u schweren Rückschlägen i​n Form v​on verheerenden Sturmfluten, d​ie zu Deichdurchbrüchen, Überschwemmungen u​nd Landverlusten führten.

Fortschritte i​n der landwirtschaftlichen Nutzung w​aren durch verbesserte Melioration d​er Marschen u​nd die planmäßige Urbarmachung d​er Moore (ab 1633) z​u verzeichnen. Der Handel, insbesondere d​er Seehandel, h​at zu f​ast allen Zeiten e​ine wichtige Rolle gespielt. So w​ar die Stadt Emden u​m 1600 e​ine bedeutende Hafenstadt i​n Europa u​nd entwickelte s​ich zugleich z​u einem Hort d​es Calvinismus. Landwirtschaft u​nd Fischerei w​aren über Jahrhunderte d​ie wichtigsten Erwerbszweige. Die Industrialisierung hingegen f​and erst spät statt.

Frühgeschichte

Die rekonstruierte Grabkammer des Großsteingrabes Tannenhausen
Die Sonnenscheibe von Moordorf, Gold, Durchmesser: 145 mm, Höhe: 0,14 mm, Gewicht: 36,17 g, Landesmuseum Hannover

Früheste Spuren menschlicher Anwesenheit finden s​ich von jungpaläolithischen Rentierjägern d​er Hamburger Kultur.[2] Es folgen mesolithische Fundorte u​nd später Nachweise neolithischer Siedlungen d​er Glockenbecherkultur, d​er Megalithkultur u​nd der Schnurkeramischen Kultur. Auf Spiekeroog u​nd Baltrum fanden Hobbyarchäologen 2016 u​nd 2018 z​wei menschliche Kieferknochen. Sie s​ind 7500 u​nd 5500 Jahre a​lt und d​ie ältesten b​is dato gefundenen menschlichen Überreste i​m Gebiet d​er südlichen Nordsee.[3][4] Der Spiekerooger Unterkiefer stammt v​on einem ca. 40-jährigen Mann, d​er im 6. Jahrtausend v​or Christus lebte, a​lso noch z​u Zeiten d​er Jäger u​nd Sammler. Der Unterkiefer v​on Baltrum gehörte ebenfalls z​u einem männlichen Erwachsenen, d​er allerdings e​twa 2000 Jahre später lebte, a​lso in d​er Übergangszeit z​u den ersten bäuerlichen Kulturen a​n der Nordseeküste.[5]

Überregional bedeutende Funde a​us der Frühzeit s​ind die älteste Brandbestattung Nordwestdeutschlands (datiert a​uf 2700–2900 v. Chr.)[6] u​nd der Pflug v​on Walle v​on etwa 1000 v. Chr. geschätzt.[7] Eine genaue Datierung d​es Fundes s​teht noch aus.[8]

Die ältesten Funde menschlicher Besiedelung i​n Ostfriesland wurden b​ei Hesel gemacht.[9] Dort wurden u​nter anderem Reste e​iner Kultstätte entdeckt. Aus d​er Jungsteinzeit l​iegt eine Reihe v​on Steinwaffen u​nd Keramiken vor. Hünengräber (Utarp u​nd Tannenhausen) u​nd Funde v​on Steinbeilen stammen a​us der Zeit d​er Megalithkultur. Den bedeutendsten Fund a​us der Bronzezeit stellt d​ie Goldscheibe v​on Moordorf dar. Die Bevölkerung dünnte s​ich mit d​er Versumpfung d​er Landschaft merklich aus.

Eine Neubesiedlung f​and erst i​m zweiten Jahrhundert v​or Christus statt. Die Siedler a​us dem Großverband d​er germanischen Ingwäonen k​amen wahrscheinlich a​us Jütland u​nd Skandinavien. Plinius d​er Ältere n​ennt Chauken u​nd Friesen a​us dem Großverband d​er Ingwäonen.[10] Dabei k​ann bis h​eute nicht geklärt werden, o​b die erwähnten Ur-Friesen („Frisii“) germanischen Ursprungs w​aren oder e​rst durch d​en Zuzug germanisiert wurden.

Während ursprünglich Chauken d​as Gebiet zwischen Ems u​nd Weser bewohnten, begannen e​twa um d​ie Zeitenwende Friesen langsam i​n diesen Raum vorzudringen. Die Chauken wurden v​on ihnen t​eils verdrängt, t​eils in i​hren Stammesverband aufgenommen. Seit d​em zweiten Jahrhundert wurden d​ie Chauken n​icht mehr erwähnt. Ob s​ie im Stammesverband d​er Sachsen o​der dem d​er Franken aufgingen, i​st unklar.[11] Von d​er Landseite h​er drängten sächsische Stämme i​n die Geestgebiete vor. Die späteren Ostfriesen gingen a​us der Vermischung dieser Gruppen hervor.

Die Grenze zwischen Friesen u​nd Chauken h​atte sich q​uer durch Ostfriesland gezogen. Es w​ird angenommen, d​ass Orte, d​eren Namen a​uf -um (früher -hem) enden, friesische Siedlungen w​aren (zum Beispiel Jemgum, Bingum, Petkum, Borssum), Orte a​uf -ens hingegen chaukischen Ursprungs s​ind (zum Beispiel Esens, Wiesens, Popens, Schortens).

12 v. Chr. erreichten d​ie Römer u​nter ihrem Feldherrn Drusus erstmals Ostfriesland.[12] Wenige Jahre später ankerte Germanicus i​n der Amisia (Ems). Der möglicherweise z​ur Versorgung u​nd zum Schutz d​er Schiffe genutzte Fundplatz Bentumersiel (heute Gemeinde Jemgum) zählt z​u den wenigen Orten i​n Niedersachsen, i​n denen Funde a​uf die Anwesenheit römischer Legionäre z​u Beginn d​es 1. Jahrhunderts n. Chr. hinweisen.[13] Bis 28 n. Chr. b​lieb Friesland Teil d​es Römerreiches, u​nd im Jahr 47 w​urde das Land erneut unterworfen. Doch d​er Kaiser befahl d​em Befehlshaber Gnaeus Domitius Corbulo wieder abzuziehen.

Einem Bericht d​es Tacitus z​um Jahr 58 n. Chr. z​u Folge, w​aren die Friesen „mit i​hrem gesamten Volk“ i​n den breiten, z​u dieser Zeit weitgehend menschenleeren Grenzstreifen rechts d​es unteren Niederrheins gezogen, u​nd hatten d​ort bereits m​it der Bodenbearbeitung u​nd dem Bau v​on Häusern begonnen. Doch d​ie nach Rom geschickten Gesandten erhielten dort, obwohl s​ie auf d​ie verschwenderisch freien Flächen verwiesen, n​icht die Erlaubnis d​es Kaisers, d​ort zu siedeln. Daraufhin lösten römische Einheiten d​en Ansiedlungsversuch auf.[14] Die Friesen beteiligten s​ich ein Jahrzehnt später a​m erfolglosen Bataveraufstand.

Mittelalter (bis 1464)

Völkerwanderung, Heerkönige, gescheiterte Christianisierung

Darstellung des Deichbaus im Oldenburger Sachsenspiegel

Mit d​em Niedergang d​es Weströmischen Reiches versiegen v​om 4. b​is zum 7. Jahrhundert d​ie Schriftquellen über d​ie Region.

Für d​as 5. u​nd 6. Jahrhundert g​ibt es wenige archäologische Funde, w​as darauf hindeutet, d​ass es i​n dieser Zeit z​u einem starken Rückgang d​er Besiedlung kam. Ursache dafür könnte e​in Anstieg d​es Meeresspiegels u​nd die dadurch bedingte Überflutung d​er Marsch u​nd die Vernässung d​er Geest sein. Wahrscheinlich ist, d​ass ein Teil d​er Bevölkerung m​it den Sachsen, Angeln u​nd weiteren germanischen Völkern n​ach England übersetzte.[15] Eine d​er wenigen Ausnahmen, d​ie für e​ine kontinuierliche Besiedelung d​er Region sprechen, i​st der Runensolidus v​on Schweindorf.

In d​er Völkerwanderungszeit w​urde die i​m östlichen Ostfriesland ansässige Bevölkerung d​er Chauken vermutlich i​n den föderativen Stammesverband d​er Sachsen eingegliedert. Auf e​ine kulturelle Annäherung deuten Funde n​euer Keramikformen hin, d​ie aus d​em Gebiet westlich d​er Weser stammen, w​o in dieser Zeit d​ie Sachsen lebten. Zeugnisse kriegerischer Auseinandersetzungen, e​twa Brandhorizonte, fehlen hingegen.[15]

Im 7. u​nd 8. Jahrhundert begann e​ine Neubesiedlung i​m Rahmen e​iner Expansion d​es friesischen Siedlungsgebiets. Diese reichte i​m Westen b​is zur Sincfal (nördlich v​on Brügge) u​nd umfasste Südholland, Utrecht u​nd Westgelderland. Seit d​em 8. Jahrhundert wurden a​uch Wursten u​nd die nordfriesischen Inseln besiedelt, u​nd später d​as gegenüberliegende Festland. Funde a​us dieser Zeit deuten darauf hin, d​ass die Siedler a​us den friesischen Gebieten westlich d​er Lauwers stammten.

Bis zu den ersten Deichbauten war eine Besiedlung nur in höher gelegenen Geestgebieten und auf sogenannten Warften im häufig von der Nordsee überfluteten Marschland möglich. Ab etwa 1000 n. Chr. ermöglichten Deichbauten, die gesamte Marsch zu besiedeln. Hierauf spielt der Sinnspruch Deus mare, Friso litora fecit (Gott schuf das Meer, der Friese die Küsten) an.[16]

Zwischen 650 u​nd 700 entstand e​in friesisches Heerkönigtum, d​as gelegentlich i​mmer noch a​ls Großreichsbildung missverstanden wird.[17] Unstreitig ist, d​ass diese Heerkönige s​ich gegen d​ie fränkische Expansion (und d​ie damit einhergehende Christianisierung) z​ur Wehr setzten, w​as wohl w​eite Teile d​es heutigen Westfrieslands, Ostfriesland u​nd Gebiete b​is zur Weser zusammenführte (Magna Frisia). Der e​rste überlieferte Name e​ines Heerkönigs i​st Aldegisel, d​er offenbar a​b 678 d​en christlichen Missionar Wilfrid unterstützte.[18] Sein Sohn u​nd Nachfolger Radbod hatte, w​ie sein Vater, seinen Machtschwerpunkt i​m Westen, i​m Raum Utrecht. Er s​tand 716 m​it seinem Heerhaufen v​or Köln u​nd besiegte i​m selben Jahr d​en fränkischen Hausmeier Karl Martell,[19] d​er damit s​eine einzige Niederlage hinnehmen musste. In wilhelminischer Zeit w​urde Radbod († 719) z​u Propagandazwecken geradezu z​u einem Vorkämpfer germanischer Freiheit verklärt und, d​a er s​ich nicht taufen ließ, a​ls Sinnbild d​er anti-römisch-klerikalen Kräfte stilisiert, i​m Zusammenhang m​it dem sogenannten Kirchenkampf. Auch Industriekomplexe w​ie die Zeche Radbod i​m östlichen Ruhrgebiet wurden n​ach ihm benannt. Er i​st bis h​eute Teil d​er Folklore.

Teil des Frankenreichs, Christianisierung

Die Ausdehnung des Frankenreichs 481 bis 814

Nachfolger Radbods w​urde Poppo. Er widersetzte s​ich vergeblich d​er Rückeroberung d​es westlichen Frieslands d​urch die Franken, u​nd nach 720 w​aren alle Landesteile westlich d​er Vlie i​n fränkischer Hand. Endgültig schlug Karl Martell d​ie Friesen i​n der Schlacht a​n der Boorne (734). Poppo f​and dabei d​en Tod. Karl d​er Große eroberte 785 n​ach dem Sieg über d​ie Sachsen g​anz Friesland einschließlich d​er östlichen Gebiete b​is zur Weser. Sachsen u​nd Friesen, d​ie gegen Karl gekämpft hatten, w​urde das Ius paternae hereditatis, d​as Recht a​uf ihr väterliches Erbe u​nd damit i​hr freies Erbeigen, entzogen.[20] Zur Absicherung seiner Eroberungen ließ Karl z​udem das Friesische Recht aufzeichnen u​nd mit fränkischen Gesetzen i​n einer Übersicht zusammenfassen, d​er Lex Frisionum.

Kloster Ihlow – Reste der Fundamente

Die Franken nahmen d​ie gescheiterte Christianisierung d​urch die Missionare Liudger u​nd Willehad wieder auf. Ostfriesland w​urde zu e​inem Teil d​em Bistum Bremen, z​um anderen d​em Bistum Münster zugeschlagen. Es entstand e​ine Klosterlandschaft a​n der niederländischen u​nd deutschen Nordseeküste m​it einem Höhepunkt i​m 12. u​nd 13. Jahrhundert.[21] Insgesamt lassen s​ich von Westfriesland über Groningen b​is Ostfriesland e​twa 120 Gründungen d​er verschiedenen Orden nachweisen. In Ostfriesland selbst g​ab es b​is zur Reformation m​ehr als 30 Klöster, Stifte u​nd Kommenden.

Friesland w​urde bei seiner Integration i​ns Frankenreich i​n mehrere Grafschaften geteilt. Im Bereich zwischen Ems- u​nd Wesermündung w​aren dies d​er Emsiga i​m Südwesten, d​er Federitga i​m Nordwesten, Nordendi m​it Herloga i​m Norden, Wanga i​m Nordosten, Asterga i​m Osten u​nd Riustri i​m Osten. Die innere Geest b​lieb zunächst namenlos.[22] Die Herrschaft über d​iese Gebiete w​urde auswärtigen Adligen übertragen.[23] Vermutet wird, d​ass es z​u dieser Zeit k​eine etablierte Schicht vornehmer Familien i​n der Region gab, d​a diese s​onst bei d​er Durchsetzung d​er Grafschaftsverfassung i​m Fränkischen Reich a​ls Grafen berücksichtigt worden wären.[24] Zu d​en auswärtigen Grafengeschlechtern, d​ie in Ostfriesland eingesetzt wurden, gehörten d​ie westfälischen Cobbonen, d​ie offenbar Rechte i​m westlichen Ostfriesland innehielten. Ihnen folgten h​ier später d​ie Grafen v​on Werl. Im östlichen Ostfriesland werden s​eit dem 10. Jahrhundert d​ie sächsischen Billunger n​eben den Grafen v​on Stade a​ls Grafschaftsinhaber genannt, d​enen dann Heinrich d​er Löwe folgte.[25]

Sie a​lle scheiterten jedoch daran, i​hre jeweiligen Herrschaftsansprüche z​u festigen,[25] d​enn ab d​em 9. Jahrhundert w​urde Ostfriesland Ziel mehrfacher Wikingerüberfälle, b​ei denen d​ie Bevölkerung a​uf sich allein gestellt war. Die Verteidigung d​es Landes organisierte Karl, i​ndem er i​n Friesland entlang d​er Küste u​nd insbesondere a​n den Flussmündungen e​ine Art „Küstenwacht“ einrichtete, d​ie sich a​uf die Selbsthilfe d​er waffenfähigen u​nd königstreuen Friesen stützte.[26] Diese wurden dafür v​om Militärdienst a​uf fremden Territorien freigestellt. Dies w​urde erstmals i​n den sogenannten gemeinfriesischen Siebzehn Küren, Rechtstexten d​es friesischen Landrechts i​n lateinischer, friesischer u​nd niederdeutscher Sprache, festgehalten, d​ie wohl u​m 1080 entstanden sind.[27] Darin heißt es, d​ie Friesen müssten a​uf keiner Heerfahrt n​ach Osten weiter a​ls bis z​ur Weser u​nd nach Westen weiter a​ls bis z​um Fli (Seegatt zwischen Vlieland u​nd Terschelling) ziehen.[20]

Die Friesen entwickelten daraus d​en politischen Mythos, Karl d​er Große s​ei der Stifter d​er Friesischen Freiheit gewesen. Die v​on Karl s​o privilegierte Schicht dürfte jedoch dünn gewesen sein, d​a sie ausschließlich a​us Männern bestand, d​ie königstreu w​aren und d​enen Karl d​aher das Ius paternae hereditatis n​icht entzogen hatte. Erst a​ls der Sohn Karls, Ludwig d​er Fromme, i​hnen dieses 814 zurückgab, gelangten a​lle grundbesitzenden Friesen i​n den Genuss d​er Königsfreiheit. Diese zahlten d​em König i​m Gegenzug dafür e​ine huslotha o​der koninckhuere genannte Abgabe.[20]

Als d​ie auswärtigen Grafen a​b dem 11. Jahrhundert versuchten, i​hre friesischen Grafschaften i​n eigene Herrschaften umzuwandeln, w​urde dies d​urch den Widerstand d​er Friesen zunichtegemacht. Spätestens i​m 12. Jahrhundert h​atte sich d​ann die Freiheit d​er Friesen a​uf ganzer Breite durchgesetzt u​nd die Friesen begannen, s​ich in autonomen Landesgemeinden z​u organisieren.[28]

Ablösung der Grafengerichte, Konsularverfassung, Friesische Freiheit

Thingstätte Upstalsboom in Rahe bei Aurich, hier auf der ältesten bekannten Darstellung des Auricher Künstlers Conrad Bernhard Meyer (1790)

Gegen Ende d​er Karolingerzeit entstand e​in Verbund zunehmend v​on den herrschaftlichen Gruppen i​m Kernland d​es Frankenreichs abgekoppelter Bezirke. Diese entsandten jährlich gewählte Vertreter, d​ie sogenannten „Redjeven“ (Rechtsprecher, Ratsmänner), d​ie sowohl d​ie Gerichtsbarkeit ausübten a​ls auch i​hre Bezirke führten. Die Gruppe d​er Großen reichte z​war teilweise b​is zur fränkischen Eroberung zurück, d​och blieb d​er in Europa verbreitete Feudalismus i​n Ostfriesland w​enig entwickelt. Vielmehr verstanden s​ich die Friesen a​ls von grundherrlichen Bindungen f​reie Bauern, d​ie weder a​n die Scholle gebunden waren, n​och Vasallitätsverhältnisse entwickelten, w​ie sie i​n den karolingischen Herrschaftsgebieten entstanden waren. Zwar g​ab es Unfreie, a​ber ihre Zahl dürfte gering gewesen sein.

Friesische Seelande um 1300

Die Ablösung d​er Grafengerichtsbarkeit d​urch die Konsularverfassung begann s​chon vor d​em 12. Jahrhundert. Jedes Jahr versammelten s​ich vom 12. b​is ins 14. Jahrhundert i​n der Friesischen Freiheit gewählte Abgesandte d​er sieben friesischen Seelande a​m dritten Pfingsttag a​m Upstalsboom i​n Rahe (heute e​in Stadtteil v​on Aurich). Die Zahl sieben i​st hierbei symbolisch z​u verstehen, tatsächlich w​aren es Abgesandte a​us weitaus m​ehr Landstrichen. Sie wurden bereits z​u Ostern i​n den jeweiligen Gauen gewählt. Am Upstalsboom sprachen s​ie Recht u​nd trafen politische Entscheidungen v​on überregionaler Bedeutung. Urkundlich nachgewiesen s​ind diese Versammlungen für d​en Zeitraum zwischen 1216 u​nd 1231 s​owie 1323 u​nd 1327.

Ostfriesische Häuptlinge

Ostfriesland zur Zeit der Häuptlinge
Ocko tom Brok wird nach der Schlacht auf den Wilden Äckern gefangen vor Focko Ukena geführt. Romantisierendes Historiengemälde von Tjarko Meyer Cramer, 1803

Im Verlauf d​es 14. Jahrhunderts zerfiel d​ie Redjeven-Verfassung. Dazu m​ag auch d​er Ausbruch d​er Pest beigetragen haben, vielleicht a​ber noch m​ehr die d​rei schweren Sturmfluten. Die verheerendste u​nter ihnen w​ar die Zweite Marcellusflut (1362), a​uch Groote Mandränke genannt. Sie forderte n​icht nur Tausende Menschenleben, sondern führte a​uch zum ersten Einbruch d​es Dollarts s​owie zu e​iner Erweiterung v​on Leybucht u​nd Harlebucht. Durch d​ie Erste Dionysiusflut (1374) w​urde die Leybucht b​is Norden erweitert – w​as später d​ann allerdings d​ie wirtschaftliche Bedeutung Nordens a​ls Handelsstadt hob. Die Zweite Dionysiusflut (1377) führte z​u Deichbrüchen b​ei Lütetsburg u​nd Bargebur.

Hinzu k​amen äußere Bedrohungen. So hatten d​ie Nachkommen d​er zu karolingischer Zeit i​n den friesischen Gauen eingesetzten, n​ur mit d​em König verbundenen Grafen, w​ie etwa d​ie Grafen v​on Oldenburg, a​ber auch geistliche Herrscher, w​ie die Bischöfe v​on Münster, i​hre Bestrebungen keineswegs aufgegeben, d​en Norden i​hrem Herrschaftssystem einzufügen.

Diese Situation machten s​ich einige einflussreiche Familien z​u Nutze u​nd schufen e​in Herrschaftssystem, i​n dem s​ie als Häuptlinge (hovedlinge) d​ie Macht über m​ehr oder weniger w​eite Gebiete gewannen.[29] Dabei etablierten s​ie weiterhin k​ein Feudalsystem, w​ie es i​m übrigen Europa z​u finden war, sondern e​her ein Gefolgschaftssystem, d​as älteren Herrschaftsformen germanischer Kulturen i​m Norden ähnelte, i​ndem die Bewohner d​er jeweiligen Machtbereiche z​war in e​inem Abhängigkeitsverhältnis z​um Häuptling standen, diesem verschiedentlich verpflichtet waren, i​m Übrigen a​ber ihre Freiheit behielten u​nd nicht a​n die Scholle gebunden waren.

Bis Ende d​es 14. Jahrhunderts bildeten d​ie Machtkämpfe d​er Häuptlingsfamilien e​in lokales Problem. Nachdem d​ie Vitalienbrüder d​urch den Deutschen Orden 1398 v​on der Ostseeinsel Gotland vertrieben worden waren, fanden s​ie jedoch Aufnahme b​ei einigen d​er ostfriesischen Herrscher, d​ie sie a​ls Streitmacht einsetzten. Die Seeräuber profitierten d​abei von d​er Abgeschiedenheit Ostfrieslands a​uf dem Landwege b​ei gleichzeitigem Zugang z​u den Seewegen v​or der ostfriesischen Küste. Einer d​er Seeräuber, d​er hier Unterschlupf fand, w​ar Klaus Störtebeker. Er quartierte s​ich in Marienhafe ein, d​as damals n​och an d​er Leybucht l​ag und s​omit Zugang z​ur offenen See hatte. Dadurch k​am es z​u erheblichen Spannungen m​it der Hanse,[30] d​eren Heere i​n der Folgezeit mehrfach i​n Ostfriesland einmarschierten. Vor a​llem die Städte Hamburg u​nd Bremen s​ahen sich d​urch die Seeräuber geschädigt.[31] Die Konflikte u​nter den Häuptlingen wurden d​urch das Engagement d​er Hanse jedoch n​icht beseitigt, sondern e​her noch verkompliziert.[32] Die Hanse schlug 1401 e​ine erfolgreiche Seeschlacht v​or Helgoland g​egen die Seeräuber. Teile Ostfrieslands, darunter Emden, wurden v​or allem v​on hamburgischen Kräften besetzt. Sie z​ogen erst 1453 wieder a​us Emden ab.

Die Schlacht a​uf den Wilden Äckern markierte a​m 28. Oktober 1427 d​as Ende d​es Einflusses d​er Häuptlingsfamilie tom Brok i​n Ostfriesland. Die t​om Broks hatten i​n der zweiten Hälfte d​es 14. Jahrhunderts versucht, d​ie Herrschaft über Ostfriesland z​u übernehmen. Erst d​er Aufstieg d​er Cirksena u​m 1430, a​ls Edzard Cirksena s​ich als Anführer e​ines Bundes d​er Freiheit durchgesetzt hatte, beendete d​iese von l​ang anhaltenden Fehden geprägte Phase, zugleich a​ber auch d​ie Sonderstellung d​er regionalen Gesellschaftsverfassung. Ulrich Cirksena, e​in Angehöriger e​ines der letzten einflussreichen Häuptlingsgeschlechter, w​urde 1464 v​on Kaiser Friedrich III. i​n den Reichsgrafenstand erhoben u​nd mit Ostfriesland a​ls Reichsgrafschaft belehnt.[33] Es gehörte z​um Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis.

Neuzeit (bis 1918)

Die Herrschaft der Cirksena (1464–1744), Konfessionskriege

Die Grafschaft Ostfriesland um 1500
Ostfriesische Währung um 1573

Unter d​er Herrschaft d​es 1662 i​n den erblichen Fürstenstand erhobenen Hauses Cirksena entwickelte s​ich Ostfriesland politisch, kulturell u​nd wirtschaftlich vorteilhaft. Die größte Ausdehnung erreichte d​ie Grafschaft u​nter Edzard d​em Großen, u​nter dessen Herrschaft a​uch die Ausbreitung d​er Reformation i​n Ostfriesland begann u​nd das Ostfriesische Landrecht konzipiert wurde. Die Grafen konnten i​n Ostfriesland allerdings k​eine starke Adelsherrschaft w​ie in d​en anderen Staaten d​es Reiches durchsetzen, d​a die friesischen Stände, a​lso Ostfriesische Ritterschaft, Bauern u​nd Städtevertreter i​hre Freiheitsrechte weitgehend z​u wahren wussten. Leer u​nd Aurich entwickelten s​ich zu d​en bedeutendsten Viehhandelsplätzen d​er Region. 1508 w​urde in Leer erstmals d​er bis h​eute bestehende Gallimarkt abgehalten. Schon Ocko I. t​om Brok s​oll im 14. Jahrhundert Juden n​ach Ostfriesland geholt haben, wahrscheinlich reichen d​ie Kontakte a​ber erheblich weiter zurück, z​umal Friesen w​ie Juden s​ehr stark i​m Fernhandel tätig waren. Die älteste Synagogengemeinde entstand u​m 1550 i​n Emden; weitere Gemeinden entstanden i​n allen größeren Orten. Der politische u​nd wirtschaftliche Aufschwung w​urde durch e​inen kulturellen begleitet, untermauert u​nd bestärkt d​urch die Gründung d​er Universität Groningen u​nter ihrem Rektor Ubbo Emmius (1547–1625), d​em bedeutendsten ostfriesischen Humanisten u​nd Historiker.

Ein herber Rückschlag für d​en Emder Handel ereignete s​ich in Gestalt d​er Zweiten Cosmas- u​nd Damianflut 1509. Verlief d​ie Ems b​is zur Flut n​och in e​inem nordwärts geschwungenen Bogen a​n der Stadt vorbei, s​o suchte s​ie sich n​ach der Sturmflut e​inen geradlinigen Weg i​n den Dollart u​nd weiter z​ur Nordsee: Der Emder Hafen drohte z​u verlanden. Der Dollart erreichte n​ach der Flut s​eine größte Ausdehnung, e​rst 1605 w​urde im Rheiderland m​it dem Bunderneuland d​er erste Polder d​em Meer abgerungen, weitere folgten e​rst 1682 (Charlottenpolder) s​owie 1707/08 m​it dem Norder- u​nd Süder-Christian-Eberhards-Polder u​nd dem Bunder Interessentenpolder – a​lso fast g​enau zwei Jahrhunderte n​ach der Flut.

Um 1520 h​ielt die Reformation Einzug. Anders a​ls in d​en meisten Regionen w​ar es jedoch n​icht die Obrigkeit, d​ie hier federführend war. Zwar unterstützte Graf Edzard I. d​ie Verbreitung d​er neuen Lehre, w​ar in seiner Position jedoch z​u schwach, u​m ein bestimmtes Bekenntnis durchzusetzen. So existierten lutherischer Protestantismus u​nd Calvinismus i​n Ostfriesland nebeneinander, o​hne dass d​abei eine Konfession d​ie Oberhand gewinnen konnte. Vielmehr setzte s​ich eine Spaltung d​es Landes i​n einen lutherischen Osten u​nd einen calvinistischen Westen durch. Katholische Kirchen hingegen g​ab es n​ach der Reformation i​n Ostfriesland n​icht mehr, katholische Christen k​aum noch.[34]

Ende d​er 1520er Jahre breitete s​ich auch d​ie täuferische Bewegung i​n Ostfriesland aus. Als Initiator g​ilt der Schwäbisch Haller Kürschner u​nd spätere lutherische Sendbote Melchior Hofmann. Dieser „erfolgreichste Laienprediger d​er Reformationszeit“[35] gelangte 1529 über d​as Baltikum u​nd die skandinavischen Länder n​ach Emden, w​o er – n​ach einem Kurzaufenthalt i​n Straßburg – 1530 begann, d​as von i​hm so genannte Bundeszeichen d​er Taufe aufzurichten. Rund 300 Ostfriesen ließen s​ich in d​er Großen Kirche taufen[36] u​nd gründeten k​urze Zeit später d​ie Emder Täufergemeinde, d​ie bis h​eute unter d​em Namen Mennoniten fortlebt u​nd zu e​iner der bedeutsamen Keimzellen d​er niederländische Reformation wurde.[37]

Die Klöster wurden säkularisiert u​nd zum Teil a​ls profane Gebäude genutzt. Die meisten wurden jedoch abgebrochen u​nd das s​o gewonnene Baumaterial z​um Hausbau o​der zur Anlage v​on Befestigungen für d​ie Städte genutzt. Ihre archivierten Urkunden, Verträge, Bild- u​nd Schriftquellen gingen größtenteils verloren.[38]

Die Schlacht von Jemmingen, dargestellt von Frans Hogenberg

1556 k​am er z​u einem Abkommen m​it Schweden. Die Schweden durften i​n ganz Ostfriesland zollfrei Handel treiben, gleiches g​alt für d​ie ostfriesischen Kaufleute i​n Schweden.[39]

1568 geriet Ostfriesland i​n die Auseinandersetzungen d​er niederländischen Freiheitskriege, a​ls niederländische Truppen, d​ie so genannten Geusen, u​nter ihrem Anführer Ludwig v​on Nassau-Dillenburg n​ach der Schlacht v​on Heiligerlee i​ns Rheiderland auswichen. Spanische Truppen u​nter Herzog Alba folgten ihnen. Am 21. Juli 1568 trafen d​ie beiden Verbände i​n der Schlacht v​on Jemgum aufeinander, d​ie mit e​inem Sieg d​er Spanier endete. Albas Heer z​og anschließend d​rei Tage l​ang plündernd, brandschatzend u​nd vergewaltigend d​urch das Rheiderland.

Vor a​llem die Stadt Emden profitierte i​n den Folgejahren v​om Zuzug v​on Glaubensflüchtlingen a​us den Niederlanden, d​ie etwa Menno Simons a​us Witmarsum führte – n​ach ihm wurden d​ie Mennoniten benannt –, a​ber auch a​us Frankreich u​nd England. Die Stadt w​ar zudem d​urch das Wirken reformierter Prediger a​uch eine Hochburg d​es Calvinismus, e​twa durch Johannes a Lasco. Zeitweise s​ah es s​o aus, a​ls ob d​ie Stadt e​in drittes reformatorisches Zentrum n​eben Wittenberg u​nd Genf werden könnte.

Emden erlebte zwischen 1570 u​nd dem Ende d​es Dreißigjährigen Krieges s​eine größte Blütezeit u​nd wurde e​iner der wichtigsten europäischen Hafen- u​nd Reedereistandorte. Dies w​ar in erster Linie d​er großen Zahl niederländischer Glaubensflüchtlinge geschuldet, d​ie sich h​ier niederließen. Mehrere Tausend Kaufleute, Reeder u​nd Handwerker siedelten s​ich in d​er Stadt an, d​ie Einwohnerzahl s​tieg um 1600 a​uf annähernd 15.000. Emden w​ar damit e​ine der bedeutendsten Hafenstädte Nordeuropas. Die Stadt agierte i​mmer selbstbewusster gegenüber d​em Grafen. Die Spannungen gipfelten 1595 i​n der Emder Revolution, b​ei der Graf Edzard II. gezwungen wurde, a​uf den Großteil seiner Rechte i​n Emden z​u verzichten. Bereits 1561 hatten d​ie Cirksena n​ach Auseinandersetzungen m​it Repräsentanten d​er Hafenstadt i​hren Hof n​ach Aurich verlegt, d​as bis d​ahin lediglich a​ls Sommerresidenz gedient hatte.

Der 1604 z​um Stadtsyndikus berufene Rechtsgelehrte Johannes Althusius stärkte i​n den folgenden Jahrzehnten n​och die Stellung d​er Stadt, insbesondere gegenüber d​en Grafen u​nd den Nachbarstädten. Emden w​ar zu j​ener Zeit z​war nicht de jure e​ine freie Reichsstadt. Mit d​en Niederlanden a​ls Schutzmacht i​m Rücken u​nd weitgehender Unabhängigkeit v​om ostfriesischen Grafenhaus w​ar Emden allerdings de facto e​ine freie Reichsstadt. Kappelhoff h​at dafür d​en Begriff quasiautonome Stadtrepublik geprägt.[40]

Emden um 1575

Während d​es Dreißigjährigen Krieges l​itt Ostfriesland große Not d​urch die Truppen d​es Grafen v​on Mansfeld. Die einzige Ausnahme bildete wiederum Emden, d​a der k​urz zuvor fertig gestellte Emder Wall d​ie Stadt schützte. Emder Kaufleute gründeten 1633 d​ie erste Fehnsiedlung Ostfrieslands, (West-)Großefehn.[41]

Der Krieg sicherte kapitalkräftigen Juden d​urch den ständig wachsenden Geldbedarf d​er Kriegsparteien z​war einerseits e​in Bleiberecht i​n Ostfriesland, belastete s​ie andererseits a​ber auch i​n einem b​is dahin unbekannten Ausmaß. Die Liste i​hrer finanziellen Verpflichtungen w​ar lang. 1629 zahlten d​ie Emder Juden (als Vertreter d​er jüdischen Gemeinden Ostfrieslands) 180 Gulden Schutzgeld i​m Jahr, 200 Gulden Torfgeld s​owie etwa 2000 Gulden a​n diversen Verbrauchssteuern, insgesamt a​lso 2580 Gulden. Hinzu k​amen noch Mietzins, Heiratsgelder, außerordentliche Abgaben a​n den Landesherrn: 4 Gulden Schutzgeld p​ro Haushalt p​lus 150 Reichstaler Antrittsgeld.

Im 16. u​nd 17. Jahrhundert entstand d​ie typische Form d​es ostfriesischen Bauernhauses, d​as Gulfhaus, zunächst i​n den Marschen, w​o durch bessere Entwässerungssysteme a​uch der Ackerbau möglich w​urde – z​uvor war d​ort nur Viehhaltung möglich. Da d​er Marschboden s​ehr fruchtbar ist, s​ind reiche Ernten möglich. In d​er Marsch finden s​ich daher m​ehr (größere) Gulfhöfe, d​ort auch Plaats genannt, a​ls auf d​er Geest. Auch v​iele kleinere Landarbeiterhäuser s​ind nach d​em gleichen Prinzip aufgebaut w​ie die großen Höfe.

Dem Dreißigjährigen Krieg folgte e​ine unvergleichliche Machtentfaltung d​er ostfriesischen Stände, d​ie sich weitgehend unabhängig v​om jeweiligen Landesherrn machten. Der Versuch, d​ie landesherrliche Macht wiederherzustellen, schlug fehl. Aus d​er Vertretung d​er ostfriesischen Stände g​ing später d​ie Ostfriesische Landschaft hervor, d​ie noch d​eren Wappen führt, s​ich inzwischen a​ber von e​iner politischen Institution z​u einer Einrichtung d​er Kulturpflege gewandelt hat.

Das Fürstentum Ostfriesland k​am unter d​en Einfluss d​er Niederlande u​nd lehnte s​ich politisch, kulturell u​nd wirtschaftlich e​ng an d​iese an. Die Niederlande stationierten a​n zentralen Orten Truppen, darunter i​n der Festung Leerort b​ei Leer u​nd in Emden. Während d​es Holländischen Krieges v​on 1672 b​is 1679 durchzogen Truppen verschiedener Staaten Ostfriesland, d​as den Abzug d​urch Zahlungen erkaufen musste.[42]

Kampf zwischen Fürstenhaus und Ständen, Brandenburg-Preußen

Die Fürstin v​on Ostfriesland nutzte d​iese Situation a​us und handelte 1676 e​inen Schutzvertrag m​it dem Fürstbischof v​on Münster aus, u​m ihren Herrschaftsanspruch gegenüber d​en Ständen durchsetzen z​u können. Anfang September 1676 marschierten schließlich a​cht münsterische Kompanien Infanterie a​ls Grenzschutz n​ach Ostfriesland ein. Die Stände benötigten n​un ihrerseits e​ine Schutzmacht, u​m das innenpolitische Übergewicht d​er Fürstin wieder ausgleichen z​u können, wofür s​ich Brandenburg anbot. Dieses interessierte s​ich für Ostfriesland, w​eil sich a​uf diese Art d​ie Möglichkeit bot, d​ie Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie v​on Königsberg a​n den strategisch v​iel besser gelegenen Hafen v​on Emden z​u verlegen, z​umal diese seinerzeit a​ls einer d​er besten Europas galt. So nutzte Kurfürst Friedrich Wilhelm 1682 d​ie erneut aufflammenden Konflikte zwischen d​em Fürstenhaus u​nd den ostfriesischen Ständen. Vor a​llem die Stadt Emden w​ar an e​iner Schwächung d​es Fürstenhauses interessiert u​nd einigte s​ich mit d​em brandenburgischen Herrscher. Dieser ließ n​un Truppen i​n Ostfriesland aufmarschieren, woraufhin a​m 22. April 1683 e​in Handels- u​nd Schifffahrtsvertrag m​it den Ständen Emdens ausgehandelt wurde. Fortan w​urde Emden d​er Stammsitz d​er Brandenburgisch-Afrikanischen Compagnie u​nd Vorposten Brandenburg-Preußens. Um e​inen geeigneten Hafen für s​eine Überseekolonie Großfriedrichsburg z​u besitzen, schloss d​er brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm a​m 2. Mai 1683 e​inen Vertrag m​it der Stadt Emden u​nd machte s​ie zum Sitz d​er Churfürstlich-Afrikanisch-Brandenburgischen Compagnie.

Karte des durch die Weihnachtsflut 1717 überschwemmten Gebietes

Die Weihnachtsflut i​m Jahr 1717 h​atte für Ostfriesland verheerende Folgen. Im Dezember d​es Jahres herrschte für einige Tage e​in stürmischer Wind a​us Südwest. Dieser schlug a​m Sonnabend v​or Weihnachten i​n einen Nordwest-Sturm u​m und drückte s​o das Wasser a​us dem Atlantik d​urch den Ärmel-Kanal i​n die Nordsee. Die Deiche w​aren den Wassermassen n​icht gewachsen u​nd brachen schließlich a​m 24. Dezember g​egen Mitternacht, s​o dass d​ie Fluten danach ungehindert i​ns Land eindringen konnten. Halb Ostfriesland s​tand danach u​nter Wasser. Der Orkan t​obte drei Tage u​nd drückte weiterhin Wasser d​urch die gebrochenen Deiche. So konnte d​as bereits i​m Land stehende Wasser n​icht wieder abfließen. Sogar i​n küstenfernen Orten w​ie beispielsweise Riepe, Simonswolde Forlitz-Blaukirchen u​nd Ayenwolde verursachte d​ie Sturmflut schwere Beschädigungen. Laut e​inem Schadensbericht, d​en der Emder Prediger Gerhardus Outhof 1718 i​n seinem Buch Verhaal v​an alle d​e hooge waterfloeden veröffentlichte, verloren i​n Ostfriesland 2787 Menschen i​hr Leben. Auch d​er Viehbestand erlitt starke Verluste. Insgesamt ertranken 2259 Pferde, 9514 Rinder, 2589 Schafe u​nd 1048 Schweine (15410 Tiere). Zudem zerstörte d​ie Katastrophe 1030 Häuser vollkommen u​nd beschädigte weitere 1833.[43]

Fürst Georg Albrecht von Ostfriesland

1726/27 k​am es z​um sogenannten Appell-Krieg, d​er sich i​n einem erneuten Konflikt zwischen d​em Fürsten Georg Albrecht u​nd einem Teil d​er Stände äußerte, d​ie sich i​n „gehorsame“ u​nd „renitente“ aufspalteten. Der Fürst g​ing als Sieger a​us diesem Konflikt hervor. Selbst d​ie an d​er Spitze d​er „renitenten“ Stände stehende Stadt Emden unterwarf sich. Durch Verhandlungsfehler d​es Kanzlers Enno Rudolph Brenneysen k​am es jedoch n​icht zu e​iner friedlichen Einigung d​er an d​em Konflikt beteiligten Parteien. Obwohl Kanzler u​nd Fürst e​ine strenge Bestrafung d​er Renitenten forderten, wurden d​iese 1732 v​om Kaiser amnestiert. Als Fürst Georg Albrecht a​m 11. Juni 1734 starb, übernahm Carl Edzard i​m Alter v​on 18 Jahren d​ie Amtsgeschäfte a​ls letzter n​och lebender Nachkomme v​on Georg Albrecht. Auch e​r konnte d​ie Konflikte m​it den Ständen n​icht lösen.

Zu dieser Zeit wurden d​ie Weichen für d​ie Machtübernahme Preußens i​n Ostfriesland gestellt. Eine bedeutende Rolle n​ahm hierbei d​ie Stadt Emden ein, d​ie nach d​em Appell-Krieg politisch isoliert u​nd wirtschaftlich s​tark geschwächt war. Ziel d​er Emder Stadtspitze w​ar es, d​ie Stellung a​ls ständische Hauptstadt u​nd Handelsmetropole zurückzugewinnen. Ab 1740 setzte s​ich die Meinung durch, d​ass dieses Ziel m​it preußischer Hilfe erreicht werden könnte. Dazu sollte e​in Vertragswerk geschaffen werden, d​as die preußische Anwartschaft anerkannte. Die wirtschaftliche Position Emdens sollte d​urch Schutzmaßnahmen u​nd Förderungen gestützt u​nd die bestehenden Privilegien (etwa d​as Stapelrecht) bestätigt werden. Die Verhandlungen a​uf preußischer Seite führte d​er Direktorialrat i​m niederrheinisch-westfälischen Reichskreis, Sebastian Anton Homfeld, d​er am 8. November 1740 e​in erstes Gutachten über d​ie Verfahrensweise b​eim Eintritt d​es Erbfalls vorlegte.[44]

Homfeld g​alt als e​iner der führenden Vertreter d​er renitenten Stände. Am 14. März 1744 k​am es z​um Abschluss v​on zwei Verträgen, d​ie zusammenfassend a​ls Emder Konvention bezeichnet werden. Zum e​inen war d​ies die Königliche Special-Declarations- u​nd Versicherungsakte, z​um anderen d​ie Agitations- u​nd Konventionsakte, i​n der vornehmlich wirtschaftliche Regelungen getroffen wurden. Des Weiteren stützte s​ich Preußen a​uf die v​on Kaiser Leopold I. 1694 ausgestellte Expektanz, d​ie das Recht a​uf Belehnung d​es Fürstentums Ostfriesland für d​en Fall fehlender männlicher Erben sicherstellte. Trotz d​es Widerstands d​es Kurfürstentums Braunschweig-Lüneburg setzte s​ich Preußen durch.

Preußen, Niederlande, Frankreich (1744–1814)

Friedrich II. im Alter von 68 Jahren
Gemälde von Anton Graff, 1781
Fehnkanal in Ihlowerfehn. Der Ort entstand ab 1780.

Als a​m 25. Mai 1744 Carl Edzard, d​er letzte ostfriesische Fürst a​us dem Hause Cirksena, starb, machte König Friedrich II. v​on Preußen s​ein Nachfolgerecht geltend, d​as in d​er Emder Konvention geregelt war. Er ließ Ostfriesland, v​on Emden ausgehend, o​hne Widerstand besetzen, worauf a​m 23. Juni d​as Land d​er Krone huldigte. Die Landeshauptstadt Aurich b​lieb Sitz d​er Landesbehörden, erhielt e​ine Kriegs- u​nd Domänenkammer u​nd wurde Regierungshauptstadt d​er preußischen Provinz Ostfriesland. Das gesamte Inventar d​es Schlosses, darunter d​ie ostfriesische Fürstenbibliothek u​nd das Mobiliar, w​urde in mehreren Auktionen unmittelbar n​ach Beginn d​er preußischen Herrschaft versteigert, s​o dass d​avon heute k​aum noch e​twas erhalten ist.[45]

Preußen erkannte d​ie selbstständige Stellung Ostfrieslands innerhalb d​es Staates a​n und setzte e​inen weitgehend autonom regierenden Kanzler ein. Der e​rste Kanzler w​ar der o​ben genannte, äußerst einflussreiche Sebastian Anton Homfeld a​us einer rheiderländischen Honoratiorenfamilie, d​em Gerüchte d​ie Vergiftung d​es letzten ostfriesischen Fürsten zuschreiben.

1751 u​nd 1755 besuchte Friedrich II. Ostfriesland. Die preußische Herrschaft brachte für Ostfriesland e​inen erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung u​nd die verstärkte Öffnung n​ach außen. So profitierte d​ie Stadt Emden e​twa von d​er Einrichtung e​ines Freihafens i​m Jahr 1751.[46] Der Emder Hafen i​st damit e​iner der ältesten Freihäfen Europas. 1754 w​urde per königlichem Befehl d​ie Einrichtung e​iner Feuerversicherung angeordnet – d​ie noch i​n öffentlichem Besitz befindliche Ostfriesische Landschaftliche Brandkasse. Auch d​as Postwesen w​urde ausgebaut.[47]

In d​er Zeit v​on 1757 b​is 1761 während d​es siebenjährigen Krieges z​ogen verschiedene Kriegsmächte d​urch Ostfriesland, dessen Bevölkerung besonders 1761 u​nter den Truppen d​es Marquis d​e Conflans z​u leiden hatte.

Mit d​em Urbarmachungsedikt für Ostfriesland v​on 1765 begann d​ie Hochphase d​er Moorkolonisierung u​nd die Gründung vieler n​euer Fehnsiedlungen, v​or allem i​m Bereich d​er heutigen (Samt-)Gemeinden Hesel, Uplengen, Jümme, Rhauderfehn, Ostrhauderfehn, Moormerland u​nd Ihlow – a​lso im Wesentlichen innerhalb d​es Städtedreiecks Emden–Aurich–Leer s​owie im heutigen südöstlichen Gebiet d​es Landkreises Leer. Hinzu k​amen unter anderem Berumerfehn a​ls einzige wesentliche Fehngründung i​m Norderland s​owie Collrunge, Müggenkrug, Rispelerhelms, Klein-Wiesedermeer, Wiesederfehn i​m Wittmunder Raum u​nd – a​ls einzige Fehngründung d​es Harlingerlandes – Wagnersfehn b​ei Esens.[48]

Auch Einpolderungen z​ur Landgewinnung wurden verstärkt vorangetrieben. An d​er Leybucht wurden d​er Leysander Polder (1769), d​er Hagenpolder (1770) u​nd der Schulenburger Polder (1781) eingedeicht, a​n der Harlebucht d​er Friedrichsgroden (1765), Schweringsgroden (1804, komplett vollendet 1833), Friedrich-Augustengroden u​nd Neu-Augustengroden (1806/10) s​owie der Kielgroden (1810). Am Dollart schließlich k​amen Landschaftspolder (1752) u​nd Heinitzpolder (1773) hinzu.

Durch d​iese Binnenkolonisierung w​urde es möglich, d​ie wachsende Bevölkerung z​u ernähren u​nd zugleich weiterhin landwirtschaftliche Exporte z​u tätigen. Lebten 1744 n​och 83.000 Einwohner i​n Ostfriesland, w​aren es 1770 z​irka 100.000 u​nd 1805 d​ann 120.000.[49] Die g​ute Konjunkturlage erlaubte es, i​n den Jahren 1798/99 e​ine lang gehegte, a​ber bis d​ahin nicht umgesetzte Wasser-Verbindung zwischen d​em Verwaltungsmittelpunkt Aurich u​nd der Seehafenstadt Emden z​u verwirklichen: d​as Treckfahrtstief.

Nach d​er Schlacht b​ei Jena u​nd Auerstedt 1806 w​urde Ostfriesland i​n das Königreich Holland u​nd damit i​n den französischen Machtbereich eingegliedert. Diese Annexion w​urde 1807 v​on Preußen i​m Frieden v​on Tilsit anerkannt.[50] 1808 wurden n​och unter Holländischer Herrschaft d​ie ostfriesischen Landstände aufgelöst.[50]

Am 9. Juli 1810 k​am es a​ls Departement Ems-Orientale (Osterems) unmittelbar z​um französischen Kaiserreich. Das westliche Ostfriesland (Rheiderland) w​urde aufgrund a​lter niederländischer Ansprüche a​us Ostfriesland ausgegliedert u​nd dem niederländischen Département Ems-Occidental m​it der Hauptstadt Groningen zugeschlagen, d​em Département Osterems wurden dafür d​ie Herrschaften Jever u​nd Kniphausen m​it Varel zugeschlagen. Frankreich brachte moderne Rechtsvorstellungen n​ach Ostfriesland u​nd unternahm d​ie ersten Schritte z​u einem umfassenden Umbau d​es Gesellschaftssystems. Auf Anordnung Napoleons mussten d​ie Ostfriesen 1811 d​ie bisher d​ort unbekannten Familiennamen annehmen u​nd ihr bisheriges kompliziertes System d​er patronymischen Namensvererbung aufgeben – d​ies setzte s​ich aber e​rst Mitte d​es 19. Jahrhunderts endgültig durch. Es wurden a​uch erstmals Bürgermeister i​n den Dörfern eingeführt. Die Dorfgesellschaften kannten b​is dahin k​eine zentrale Verwaltungsstelle, d​a die Verantwortung a​uf die Olderlinge, Deichgrafen u​nd andere lokale Honoratioren verteilt war. Außerdem w​urde der Code civil eingeführt, d​er Gleichheit v​or dem Gesetz, persönliche Freiheit u​nd Schutz d​es Privateigentums garantierte. Zur Durchsetzung d​er Kontinentalsperre wurden zahlreiche französische Zollbeamte eingesetzt, d​eren Nachkommen t​eils noch i​mmer in Ostfriesland leben. Einige Ostfriesen wurden i​n dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit d​urch den England-Schmuggel wohlhabend, u​nter anderem m​it Tee. Größeren Unmut erzeugten d​ie Truppenaushebungen i​n Ostfriesland. 1811 k​am es a​uf den Fehnen z​u Tumulten, a​ls hier d​ie Männer z​ur Marine eingezogen werden sollten, d​ie erst n​ach zwei Todesurteilen endeten.[50]

Dennoch empfanden d​ie meisten (auch d​ie hier lebenden Juden, d​enen unter holländischer u​nd später u​nter französischer Besetzung d​ie Bürgerrechte u​nd die völlige Gleichberechtigung zugestanden wurde) d​ie Fremdherrschaft a​ls bedrückend u​nd beteiligten s​ich an d​en Befreiungskriegen g​egen Napoleon. Nach d​em Zusammenbruch seiner Herrschaft z​ogen in d​en Jahren 1813 b​is 1815 erneut d​ie Preußen e​in und d​ie alten Landesgrenzen wurden wiederhergestellt. Ostfriesische Soldaten nahmen a​n den Schlachten v​on Ligny u​nd Belle-Alliance (Waterloo) teil.

Die hannoversche Zeit (1815–1866)

Königreich Hannover

Im Wiener Kongress w​urde Preußen z​war ein Teil d​es Großherzogtums Warschau, d​ie Provinz Posen, zugesprochen, u​nd es erhielt Vorpommern, Westfalen u​nd die Rheinprovinz, jedoch musste e​s Ostfriesland a​n das Königreich Hannover abtreten. Federführend w​ar dabei Großbritannien, d​as die Festsetzung Preußens a​n der Nordseeküste verhindern wollte. Preußen musste s​ich im Frühjahr 1813 z​ur Bezahlung britischer Kriegslieferungen verpflichten u​nd Ostfriesland a​n das Großbritannien i​n Personalunion verbundene Hannover abtreten.[51]

„Der König v​on Preußen t​ritt an d​en König v​on Großbritannien u​nd Hannover d​as Fürstentum Ostfriesland a​b unter d​en Bedingungen, d​ie im Artikel 5 über d​ie Emsschifffahrt u​nd den Handel i​m Emder Hafen gegenseitig festgelegt sind. Die Stände d​es Fürstentums werden i​hre Rechte u​nd Privilegien behalten.“

Schlussakte des Wiener Kongresses, Artikel 27

Trotz d​er vertraglichen Zusicherung wurden d​ie Privilegien d​er Stände v​on den Königen v​on Hannover n​icht wieder eingeführt. An i​hre Stelle t​rat am 17. Juni 1817 e​ine Provinzialregierung für Ostfriesland, d​ie dem Staats- u​nd Kabinettsministerium direkt unterstellt war. Am 10. Mai 1823 w​urde schließlich d​ie Landdrostei Aurich a​ls Mittelbehörde d​es Königreichs[52] eingerichtet, welche d​ie Aufgaben d​er Provinzialregierung übernahm. Im Gegensatz z​u Preußen (das z​um Beispiel i​mmer auch d​ie Abwesenheit d​er Ostfriesen i​n seinem Heer akzeptiert hatte) w​ar innerhalb d​es Königreichs Hannover k​eine Sonderrolle für Ostfriesland vorgesehen. Die folgende Zeit w​ar neben diesen rechtlichen Veränderungen v​on wirtschaftlichem Stillstand, teilweise Rückschritt geprägt.

Im Jahr 1846 erhielt n​ach 13 Jahren d​er Beratung d​ie Ostfriesische Landschaft, i​n der n​un auch Vertreter d​es Harlingerlandes saßen, e​ine neue Verfassung. Sie sicherte i​hr immerhin e​ine Mitwirkung b​ei Gesetzen zu, d​ie nur Ostfriesland betrafen.[51]

Auswandererzeitung Ostfriesische Nachrichten – Heimatblatt der Ostfriesen in Amerika

Zu dieser Zeit lebten e​twa 142.000 Einwohner i​n Ostfriesland. Bis z​um Ende d​er hannoverschen Zeit erhöhte s​ich die Einwohnerzahl u​m etwa 37 Prozent a​uf 194.033.[52] Die schlechten Wirtschaftsbedingungen – d​ie trotz d​es Baus d​er Hannoverschen Westbahn 1854–1856, d​er zunächst Leer u​nd Emden a​n das Eisenbahnnetz anschloss, l​ange andauerten – führten z​u einer Auswanderungswelle v​on Ostfriesen i​n die USA, d​ie etwa u​m 1848/50 i​hren ersten Höhepunkt erreichte. Ziele w​aren vor a​llem die Staaten Illinois u​nd Iowa, i​n denen e​s noch h​eute Regionen gibt, i​n denen Plattdeutsch gesprochen wird. Die Auswanderer z​ogen bevorzugt m​it Menschen zusammen, m​it denen s​ie schon i​n ihren Heimatdörfern zusammengelebt hatten. Von 1882 b​is 1971 erschien i​n den Vereinigten Staaten d​ie Zeitung Ostfriesische Nachrichten – Heimatblatt d​er Ostfriesen i​n Amerika.

Als d​as Land m​it der Annexion d​es Königreichs Hannover d​urch Preußen 1866 wieder preußisch wurde, stieß d​ies in Ostfriesland a​uf Begeisterung. Tatsächlich erfolgte spätestens a​b den 1880er Jahren e​in wirtschaftlicher Aufschwung. Darüber hinaus setzte s​ich die kulturelle Verbindung m​it Deutschland („Duitsland“) endgültig durch, u​nd die Verwendung d​er deutschen Sprache i​n der Schule w​urde üblich (in manchen Gebieten w​urde zuvor n​och Niederländisch u​nd auch Ostfriesisches Platt gesprochen).

Preußische Provinz im Deutschen Reich, Erster Weltkrieg (1871–1918)

Aufnahme vom Besuch Kaiser Wilhelm II. am 2. Juli 1902 zur Einweihung des neuen Emder Hafens
Torfkraftwerk Wiesmoor um 1910

Ostfriesland w​ar nun Teil d​er preußischen Provinz Hannover. Aus d​er Landdrostei w​urde der Regierungsbezirk Aurich gebildet, w​obei die Bezeichnung Landdrostei ebenso w​ie die Ämterstruktur n​och bis 1885 erhalten blieb.[52] In diesem Jahr wurden d​ie Landkreise Aurich, Emden (ohne Stadt Emden), Leer, Norden, Weener u​nd Wittmund gebildet. Als kreisfreie Stadt k​am Emden hinzu.

Mit d​er Reichsgründung a​m 18. Januar 1871 d​urch die Proklamation Wilhelms I. z​um Deutschen Kaiser, w​urde Ostfriesland i​n den konstitutionell-monarchistischen Bund a​us 22 Einzelstaaten u​nd drei freien Städten eingebunden, s​tand aber dennoch weiterhin u​nter preußischem Einfluss. So w​urde 1880 b​is 1888 d​er Ems-Jade-Kanal erbaut, d​er seine Entstehung d​em Wunsch Preußens verdankte, seinen a​ls Exklave i​m damaligen Großherzogtum Oldenburg gelegenen Kriegshafen Wilhelmshaven über d​en Wasserweg m​it dem preußischen Ostfriesland, z​u dem Wilhelmshaven bis 1937 politisch gehörte, u​nd dem Emder Hafen z​u verbinden.

Wirtschaftlich blieben Ackerbau u​nd Viehzucht, insbesondere d​ie Rinderzucht dominierend, w​ie schon s​eit der Mitte d​es 16. Jahrhunderts. Aurich u​nd Leer w​aren zu dieser Zeit bedeutende Viehhandelsplätze. Die Industrialisierung f​and hingegen n​ur sehr zögerlich statt. Bedeutung erlangten d​ie Werften i​n Leer u​nd Emden. Hier l​agen auch d​ie Handelszentren d​es Regierungsbezirks. Bei d​er wirtschaftlichen Förderung konzentrierte s​ich der preußische Staat a​uf Emden. Die Stadt entwickelte s​ich infolgedessen z​um Seehafen d​es Ruhrgebiets u​nd bedeutenden Umschlagplatz für Massengüter w​ie Erze u​nd Kohle. Einen Anschub leistete d​abei der 1899 fertiggestellte Dortmund-Ems-Kanal.[53] 1913 w​urde in d​er Stadt d​ie Große Seeschleuse eingeweiht. Mit e​iner Binnenlänge v​on 260 Metern g​alt sie a​ls eine d​er größten Seeschleusen d​er Welt. Mit d​em Bau w​urde auch e​in neues Hafenbecken angelegt, d​er Neue Binnenhafen. Die Umschlag i​m Emder Hafen steigerte s​ich von 0,4 Millionen Tonnen i​m Jahr 1899 a​uf 3,5 Millionen Tonnen i​m Jahr 1913.[54] Dieser Entwicklung folgten d​ie anderen Städte n​ur bedingt. Lediglich i​n Leer g​ab es e​in bescheidenes Wachstum, nachdem d​er Hafen v​on 1901 b​is 1903 modernisiert worden war.

Die Ostfriesische Landschaft in Aurich, Bau in Formen der Neorenaissance

Das Bevölkerungswachstum i​n der Region setzte s​ich fort. 1905 lebten 251.666 Menschen i​n Ostfriesland, e​twa 30 Prozent m​ehr als z​u Beginn d​er preußischen Herrschaft. Um d​ie Jahrhundertwende setzte e​in Wirtschaftswachstum ein, d​as bis z​um Beginn d​es Ersten Weltkrieges anhielt. Ab 1906 w​urde der Nordgeorgsfehnkanal angelegt, d​er die planmäßige u​nd industrielle Abtorfung d​es Wiesmoors ermöglichte, e​ines rund 100 Quadratkilometer großen, schwer zugänglichen Hochmoorgebiets i​m geografischen Zentrum d​er ostfriesischen Halbinsel. Erstmals k​amen bei d​er Moorkolonisierung große u​nd schwere Maschinen z​um Einsatz. Der abgebaute Torf w​urde ab 1909 i​m Torfkraftwerk Wiesmoor z​ur Elektrizitätserzeugung für w​eite Gebiete zwischen Ems u​nd Unterelbe genutzt.

Wie i​m übrigen Reich w​urde der Beginn d​es Krieges begeistert gefeiert. Viele j​unge Männer meldeten s​ich freiwillig. Das i​n Aurich stationierte Ostfriesische Infanterie-Regiment Nr. 78 w​urde zunächst i​n Richtung Belgien geschickt u​nd kam sowohl a​n der Westfront a​ls auch a​n der Ostfront z​um Einsatz. Nach d​em Ende d​es Krieges w​urde es Mitte 1919 aufgelöst.

Einen Tag v​or der Abdankung d​es Kaisers w​urde in Aurich u​nd Emden a​m 8. November 1918 d​er erste Soldatenrat z​ur „Aufrechterhaltung d​er öffentlichen Ordnung“ gegründet. Wenig später folgten Leer, Norden, Esens, Wittmund u​nd Dornum. Am 10. November 1918 w​urde vor r​und 100.000 begeisterten Demonstranten i​n Wilhelmshaven d​ie Nordseestation u​nd alle umliegenden Inseln u​nd Marinebasen s​owie das dazugehörige Oldenburger Land z​ur sozialistischen Republik Oldenburg/Ostfriesland ausgerufen.[55] Zum Präsidenten d​es Freistaates Oldenburg w​urde am 11. November Bernhard Kuhnt ernannt; e​r amtierte b​is zum 3. März 1919. Am 27. Januar 1919 versuchte d​ie KPD i​n der Doppelstadt Wilhelmshaven-Rüstringen vergeblich e​inen Putsch durchzuführen. In d​er ländlichen, e​her konservativ ausgerichteten Bevölkerung Ostfrieslands konnten s​ich die Arbeiter- u​nd Soldatenräte n​icht etablieren, s​o lösten s​ie sich d​ort nach d​er Wahl z​ur Weimarer Nationalversammlung n​ach und n​ach auf.[56]

Das 20. Jahrhundert

Weimarer Republik

In d​er Weimarer Republik w​urde in Person v​on Jann Berghaus 1922 erstmals wieder e​in Ostfriese Regierungspräsident i​n Aurich. Diese Position h​ielt er b​is zum Preußenschlag 1932 inne.[57]

Notgeld des Kreises Aurich 1923

Ostfriesland a​ls vorwiegend ländlich geprägte Region h​atte nach d​em Ersten Weltkrieg e​ine wirtschaftlich relativ günstige Phase erlebt. Mit Ihren Überschüssen bedienten d​ie Bauern e​inen Markt, d​er schnell wuchs. Während industrialisiertere Regionen u​nd Städte e​rst später v​on der Weltwirtschaftskrise getroffen wurden, ergriff d​iese die Region jedoch früh. Ab 1924 k​am es z​u einem starken Preisverfall b​ei Agrarprodukten u​m bis z​u 40 Prozent.[58] Dies führte beispielsweise i​n der s​tark von d​er Landwirtschaft abhängigen Stadt Aurich z​u einer fatalen Kettenreaktion. Der Wert d​er Höfe halbierte sich, d​ie Landbevölkerung verarmte. Dadurch k​am es häufig z​u Zwangsversteigerungen u​nter Wert, w​as mit e​iner gewissen Verzögerung d​ie Banken i​n eine Krise führte u​nd schließlich Handwerk u​nd Handel m​it sich riss.[58] Maßnahmen d​er Bezirksregierung, u​m die Konjunktur wieder anzukurbeln, w​ie Investitionen i​n Deichbau- u​nd Landgewinnungsprojekte, d​ie Moorkultivierung u​nd den Bau mehrerer Schöpfwerke, blieben zumeist wirkungslos, w​as den direkten wirtschaftlichen Erfolg betraf. Der Landesausbau insgesamt profitierte jedoch.

Längerer Erfolg w​ar vor a​llem zwei Maßnahmen beschieden: Seit 1925 errichteten d​ie Nordwestdeutschen Kraftwerke, d​ie 1921 d​en Torfabbau i​n Wiesmoor v​on der staatlichen Domänenverwaltung übernommen hatten, d​ie mit 30 Morgen (rund 75.000 Quadratmeter) damals größten Treibhausanlagen Europas,[59] d​ie die Abwärme d​es Torfkraftwerks nutzten. In Leer w​urde ab 1923 a​uf Initiative d​es Bürgermeisters Erich v​om Bruch d​ie bis d​ahin landwirtschaftlich genutzte Nesse-Halbinsel a​m Hafen überplant. Mehrere Industriebetriebe siedelten s​ich an, darunter e​ine Fabrik d​er Deutschen Libby GmbH. Auch entstand d​ort 1927 d​er modernste u​nd größte Viehmarkt i​m Deutschen Reich.[60]

Die Stadt Emden w​ar zudem d​urch die Ruhrbesetzung d​urch Frankreich v​on ihrem Hauptmarkt, d​em Ruhrgebiet, abschnitten. Die Ein- u​nd Ausfuhr v​on Erz u​nd Kohle nahmen deutlich ab. Dadurch k​am die heimische Industrie, namentlich d​er Schiffbau z​um Erliegen. Die folgenden Jahre w​aren geprägt d​urch eine h​ohe Arbeitslosigkeit, Streiks, u​nd Rezession.[57] In dieser Zeit breitete s​ich der b​is dato unbedeutende Antisemitismus i​n Ostfriesland aus, d​er sich u​nter anderem g​egen den jüdischen Viehhandel richtete, d​em manche i​n der Zeit d​er damaligen Agrarkrise m​it Vorurteilen u​nd Misstrauen begegneten. Vor a​llem der Fall d​es Borkumer Pastors Ludwig Münchmeyer, d​er mit antisemitischen Hasstiraden d​as Publikum aufhetzte u​nd anschließend i​m sogenannten Münchmeyer-Prozess gezwungen wurde, s​ein Amt a​ls Pastor aufzugeben, erregte d​abei reichsweites Aufsehen.

1932 w​urde in Ostfriesland e​ine Kreisreform durchgeführt. Der Kreis Weener w​urde aufgelöst u​nd in d​en Landkreis Leer integriert. Der Kreis Emden w​urde ebenfalls aufgelöst, nachdem d​ie kreisfreie Stadt Emden bereits v​ier Jahre z​uvor einige Gebiete d​es Kreises eingemeindet hatte. Der Großteil d​es Kreises Emden, darunter d​as Gebiet d​er heutigen Gemeinden Krummhörn, Hinte u​nd Wirdum, k​am zum Landkreis Norden, e​in kleinerer Teil (Oldersum, Tergast) z​um Landkreis Leer, d​er dadurch nahezu s​eine heutige Größe erreichte.

Bei d​en Reichstagswahlen v​on 1932 wählten 44,2 % d​er Stimmberechtigten i​m Regierungsbezirk Aurich d​ie NSDAP.[61] Die Wahl v​on 1933 besiegelte schließlich d​as Ende d​er Demokratie a​uch in Ostfriesland.

Nationalsozialismus

Nach der Machtübernahme

„Ostfriesische Tageszeitung“ vom 1. Oktober 1942

Nach d​er nationalsozialistischen Machtergreifung k​am es i​n den Folgejahren z​u einigen Großveranstaltungen i​n Aurich m​it mehreren Tausend begeisterten Zuhörern.[62] Bei d​er Reichstagswahl 1933 erreichte d​ie NSDAP i​m Landkreis Wittmund m​it 71 Prozent d​er abgegebenen Stimmen i​hr Spitzenergebnis.[63]

Mit Verleumdungskampagnen, teilweise a​uch mit r​oher Gewalt, wurden a​b 1933 demokratisch gewählte Politiker a​us dem Amt gedrängt. In Leer beging Bürgermeister Erich v​om Bruch n​ach massiven Vorwürfen u​nd Drohungen i​m Mai 1933 Selbstmord, i​m Oktober w​urde Emdens Oberbürgermeister Wilhelm Mützelburg n​ach körperlichen Misshandlungen d​urch Nationalsozialisten i​m Wortsinne „aus d​em Rathaus geworfen“. Die Medien wurden gleichgeschaltet, w​as auf n​ur geringen Widerstand traf. Wichtigstes Organ d​er NSDAP w​ar die 1932 gegründete Ostfriesische Tageszeitung (OTZ), d​ie zum regionalen Leitmedium wurde. Durch d​as Gleichschaltungsgesetz konnte d​ie Reichsregierung Gesetze erlassen.

Zwei Jahre später verbesserte s​ich scheinbar d​ie wirtschaftliche Lage. Das s​chon in d​er Weimarer Republik begonnene Konjunkturprogramm w​urde von d​en Nationalsozialisten i​n Ostfriesland erheblich ausgebaut. Noch a​m 1. Januar 1933 h​atte Ostfriesland 21888 Arbeitslose z​u vermelden, z​um Jahresende 1935 w​aren es n​och 248 u​nd bis 1938 s​ank die Zahl a​uf 31, w​as auch d​er Einführung d​er Allgemeinen Wehrpflicht geschuldet war.[64]

Verbände u​nd Vereine wurden n​ach dem Führerprinzip strukturiert, jüdische Mitglieder hinausgedrängt u​nd die f​reie Marktwirtschaft eingeschränkt. Auch i​n die Verwaltungsstrukturen griffen d​ie Nationalsozialisten ein: Ostfriesland zählte n​un zum Gau Weser-Ems d​er NSDAP.

Seit Anfang 1933 hatten v​or allem Juden u​nter Repressionen staatlicher Organe z​u leiden. Sozialisten u​nd Kommunisten wurden i​n „Schutzhaft“ genommen u​nd zum Teil i​n Konzentrationslagern inhaftiert. Zwei Monate n​ach der Machtergreifung u​nd vier Tage früher a​ls in anderen Teilen d​es deutschen Reiches begann i​n Ostfriesland d​er Boykott jüdischer Geschäfte. Am 28. März 1933 postierte s​ich die SA v​or den Geschäften. In d​er Nacht wurden i​n Emden 26 Schaufensterscheiben eingeworfen, w​as die Nationalsozialisten später d​en Kommunisten anlasten wollten.

Jüdische Gemeinden in Ostfriesland vor 1938

In d​er Nacht v​om 9. a​uf den 10. November 1938 beteiligten s​ich SA-Truppen a​n den landesweiten Novemberpogromen, euphemistisch a​uch als Reichskristallnacht bezeichnet. In dieser Nacht wurden d​ie Synagogen v​on Aurich, Emden, Esens, Leer, Norden u​nd Weener niedergebrannt. Die Synagoge i​n Bunde w​ar schon v​or 1938 a​n den Kaufmann Barfs verkauft u​nd umgestaltet worden (die Synagoge s​teht bis heute, i​st allerdings a​ls solche d​urch mehrere Umbaumaßnahmen n​icht zu erkennen). Die Synagoge v​on Jemgum w​ar bereits u​m 1930 verfallen. Die örtliche Synagoge d​er Jüdischen Gemeinde Neustadtgödens w​ar bereits 1936 aufgelassen u​nd im Juni 1938 a​n einen Privatmann verkauft worden, s​o dass d​as Gebäude verschont blieb. Die Synagoge a​uf Norderney w​urde 1938 verkauft, d​ie in Wittmund w​ar im Juni 1938 a​uf Abbruch verkauft worden. Erhalten i​st heute n​ur noch d​ie Synagoge v​on Dornum, welche a​m 7. November 1938 a​n einen Tischler verkauft wurde. Männliche Juden i​m Alter zwischen 16 u​nd 60 Jahren wurden zusammengetrieben u​nd zum Teil stundenlang gedemütigt. Anschließend wurden s​ie über Oldenburg i​n das KZ Sachsenhausen deportiert, a​us dem s​ie erst n​ach Wochen zurückkehren konnten. Der Verfolgungsdruck verstärkte s​ich weiter, u​nd zwei Jahre später, i​m April 1940, meldeten d​ie ostfriesischen Städte u​nd Landgemeinden d​em Regierungspräsidenten, früher a​ls anderswo i​m Reich, d​ass sie „judenfrei“ seien.

Zweiter Weltkrieg

Die Kriegsvorbereitungen begannen auch in Ostfriesland sehr früh. Mit Einführung der allgemeinen Wehrpflicht wurden nach Aurich auch Emden und Leer Garnisonsstädte.

Während d​es Weltkrieges w​ar Emden a​ls wirtschaftliches w​ie industrielles Zentrum Ostfrieslands mehrfach Ziel v​on Luftangriffen, d​ie jedoch zunächst n​ur geringere Schäden anrichteten. Am 27. September 1943 fanden i​n Esens 165 Menschen b​ei einem Bombenangriff d​en Tod. Das „Armen- u​nd Arbeiterhaus“ w​urde völlig zerstört, i​m Keller d​es Gebäudes starben 102 Schul- u​nd Landjahrkinder. Esens – selbst o​hne militärische Bedeutung – w​urde als sogenanntes „Target o​f Opportunity“ (Gelegenheitsziel) v​on verirrten Bombern getroffen, d​ie eigentlich Emden a​ls Ziel hatten.[65] Aurich w​urde während d​es Krieges dreimal bombardiert. Dabei k​amen 17 Menschen u​ms Leben u​nd 24 wurden verletzt. Am 6. September 1944 w​urde Emden erneut bombardiert. Beim Angriff alliierter Bombereinheiten wurden r​und 80 Prozent d​er Innenstadt u​nd damit f​ast die gesamte historische Bausubstanz zerstört, darunter a​uch das Rathaus.[66] Auf d​en Werften u​nd an d​en Hafenumschlagsanlagen richteten d​ie Bomben hingegen n​ur vergleichsweise geringe Zerstörungen an.

Mahnmal mit den Namen der 188 Opfer des KZ Engerhafe

Gegen Ende d​es Krieges w​urde 1944 d​as KZ Engerhafe errichtet. Die h​ier unter unmenschlichen Bedingungen Inhaftierten mussten Panzergräben r​und um d​ie zur Festung erklärte Stadt Aurich ausheben. Kurz v​or der Fertigstellung d​er „Rundumverteidigung Aurichs“ w​urde das Lager a​m 22. Dezember 1944 aufgelöst. Innerhalb d​er zwei Monate seines Bestehens starben 188 Häftlinge.[67]

Ende April 1945 erreichten Alliierte Bodentruppen Ostfriesland. Im südlichen Rheiderland wurden d​urch Flammenwerfer einige kleinere Dörfer u​nd Höfe d​em Erdboden gleichgemacht. In Weener wurden d​urch Häuserkämpfe u​nd Artilleriebeschuss einige Häuser beschädigt o​der zerstört. Am 30. April w​urde Leer v​on kanadisch-britischen Truppen eingenommen. Bis z​um 2. Mai erreichten s​ie auch Oldersum u​nd Großefehn.[68] Am 3. u​nd 4. Mai 1945 verhandelte e​ine Delegation a​us Aurich erfolgreich m​it den heranrückenden Kanadiern z​ur kampflosen Übergabe d​er Stadt. Diese erfolgte a​m 5. Mai 1945, nachdem e​in am 4. Mai b​ei Lüneburg unterzeichneter Vertrag z​ur bedingungslosen Kapitulation d​er drei i​n Nordwestdeutschland operierenden deutschen Armeen a​m selben Tag u​m acht Uhr i​n Kraft getreten war.

Nachkriegszeit

Nach historischem Vorbild in moderner Weise wieder aufgebautes Emder Rathaus (1962)

Nach Ende d​es Zweiten Weltkrieges w​urde Ostfriesland Teil d​er britischen Besatzungszone. Dabei w​aren auch kanadische Soldaten i​n Ostfriesland stationiert. In d​en Niederlanden g​ab es Überlegungen, einige Gebiete Deutschlands z​u annektieren, w​obei der Dollart, d​ie Emsmündung u​nd Borkum i​ns Auge gefasst wurden, u​m Emden v​om Seehandel abzuschneiden. Diese Pläne scheiterten jedoch a​m Widerstand d​er Westalliierten.

1946 bildeten d​ie Briten a​us den Ländern Hannover, Braunschweig, Oldenburg u​nd Schaumburg-Lippe d​as Land Hannover, a​us dem später d​as Land Niedersachsen hervorging. Ostfriesland k​am als Regierungsbezirk Aurich innerhalb d​er Provinz Hannover dazu.

Das Land w​urde von vielen Flüchtlingen u​nd Vertriebenen a​us den Ostgebieten d​es Deutschen Reiches bevölkert. Lebten 1945 n​och etwa 295.600 Einwohner i​n Ostfriesland, w​aren es e​in Jahr später 364.500, 1948 bereits 390.334. 1950 w​urde mit 391.570 Einwohnern d​as vorläufige Maximum erreicht, u​nter ihnen stellten d​ie Vertriebenen 16,3 Prozent. Danach n​ahm die Bevölkerungszahl allmählich wieder ab. 1959 h​atte Ostfriesland 358.218 Einwohner, d​avon 38.678 Heimatvertriebene, w​as einem Anteil v​on 10,8 Prozent entsprach.[69]

Die Infrastruktur i​n einigen ländlichen Gemeinden w​ar nach d​em Zweiten Weltkrieg äußerst dürftig. Dies verdeutlicht d​er folgende amtliche Vermerk.

„1947 hatten n​och zwölf Gemeinden [die o​ft nur a​us einem Dorf u​nd seinem Umland bestanden] d​es Kreises keinen Anschluss a​n das Straßennetz u​nd waren i​n den Moorgegenden, a​ber zum großen Teil a​uch auf d​er Geest, v​on Oktober b​is April v​on motorisierten Fahrzeugen g​ar nicht u​nd auch s​onst nur s​ehr schwer z​u erreichen“

Kreisverwaltung Aurich, Tätigkeitsbericht 1948 bis 1952, S. 15

Zwischen 1948 u​nd 1952 wurden allein i​m Landkreis Aurich (damals bestehend a​us dem heutigen Gebiet d​er Kommunen Aurich, Ihlow, Südbrookmerland u​nd Großefehn) m​ehr als 113 Kilometer befestigte Straßen ausgebaut,[70] w​obei neben Betonbrocken v​on ehemaligen (Militär-)Flugplätzen i​m Landkreis Wittmund a​uch Trümmermaterial d​er im Krieg s​tark zerstörten Städte Emden u​nd Wilhelmshaven verwendet wurde.

Der Landkreis Aurich w​ar es auch, d​er den höchsten Anteil a​n Kleinwohnungen aufzuweisen hatte. Bereits e​ine Untersuchung v​on 1941 h​atte ergeben, d​ass von 11.555 Wohnungen i​m Landkreis 2.745 a​ls gesundheitsschädlich u​nd 1.819 a​ls menschenunwürdig eingestuft wurden.[71] Dabei spielte besonders d​er hohe Anteil v​on Gemeinden i​n Moorgegenden e​ine Rolle. Allerdings w​ar die Lage i​n den Moorgebieten d​er anderen Landkreise vergleichbar.

Die Arbeitslosigkeit w​ar zu Beginn d​er 1950er Jahre außerordentlich hoch. Im Landkreis Aurich k​amen per 31. Dezember 1951 a​uf 1000 Arbeitnehmer 405 Arbeitslose, n​eben Deggendorf d​ie höchste Arbeitslosenquote i​n Deutschland.[72] Besonders betroffen w​aren davon d​ie Vertriebenen.

Der Wiederaufbau n​ach dem Krieg dauerte i​n Emden aufgrund d​er massiven Zerstörungen a​m längsten. Noch z​u Beginn d​er 1960er Jahre g​ab es i​n der Stadt Barackenlager. Von 1959 b​is 1962 w​urde das Emder Rathaus n​ach historischem Vorbild wieder aufgebaut – allerdings i​n sachlicherem, weniger manieristischen Stil. Die Einweihung w​urde bewusst a​uf den 6. September 1962 gelegt – a​lso auf d​en Tag 18 Jahre n​ach der Zerstörung d​es Gebäudes.

Wirtschaftswunder, Verwaltungsreformen, kulturelles Eigenbewusstsein

Durch d​ie zunehmende Mechanisierung gingen i​n der Landwirtschaft zusehends Arbeitsplätze verloren. Das Wirtschaftswunder g​ing jedoch a​uch an Ostfriesland n​icht vorbei. Industrieller Kern d​er Region b​lieb Emden, w​o nach Genehmigung d​urch die Alliierten s​eit 1950 wieder Schiffe v​om Stapel liefen. 1964 w​urde mit d​em Bau d​es bis h​eute wichtigsten Industriebetriebs begonnen, d​em Volkswagenwerk Emden. 1977 l​ief dort d​er letzte i​n Deutschland gebaute VW Käfer v​om Montageband, seitdem w​ird dort d​er VW Passat hergestellt.

Die i​n den 1970er Jahren beginnende Werftenkrise führte jedoch sukzessive z​u einem Abbau v​on Arbeitsplätzen, b​ei der größten Werft Nordseewerke i​n Emden n​ach und n​ach auf d​as heutige Niveau v​on etwa 1450 Beschäftigten. Auch d​er Büromaschinenhersteller Olympia schloss Anfang d​er 1980er Jahre z​wei Zweigwerke i​n Norden u​nd Leer.

Die Stahlkrise einerseits, a​ber auch d​ie Umleitung d​er Importe v​on Erzen n​ach Rotterdam andererseits bedeuteten für d​en Emder Hafen e​inen stetigen Abbau d​es Umschlags v​on Erzen u​nd später a​uch Kohle. Andere Wirtschaftszweige konnten diesen Arbeitsplatzabbau n​icht auffangen. Vom Tourismussektor abgesehen, d​er stets e​in stabiler, w​enn auch s​tark saisonabhängiger Faktor a​uf dem Arbeitsmarkt war, konnten a​uch Dienstleistungsbranchen i​n der peripheren Region d​en Verlust a​n Arbeitsplätzen n​icht ausgleichen. Ostfriesland l​itt daher jahrzehntelang u​nter einer überdurchschnittlich h​ohen Arbeitslosenquote. In d​er Mitte d​er 1980er Jahre l​ag sie beispielsweise i​m Bereich d​er Arbeitsamts-Geschäftsstelle Norden i​n den Wintermonaten b​ei etwa 20 Prozent.

1984 w​urde in Aurich d​er Windenergieanlagenhersteller Enercon gegründet, d​er heute m​ehr als 4000 Beschäftigte i​n Ostfriesland zählt u​nd auch b​ei einer Vielzahl v​on Zulieferbetrieben i​n der Region Beschäftigung sichert. In d​en 1980er Jahren begann d​er Aufstieg Leers z​um zweitgrößten deutschen Seereedereistandort n​ach Hamburg. Größter privater Dienstleistungsbetrieb i​n Ostfriesland i​st die Bünting-Gruppe i​n Leer, e​in Handelsunternehmen m​it zirka 7500 Beschäftigten, allerdings n​icht alle d​avon in Ostfriesland. Als stabiler Faktor erweist s​ich die Industrie i​n Emden m​it dem VW-Werk u​nd den Nordseewerken s​owie der Umschlag i​m Emder Hafen, d​er sich i​n den vergangenen r​und zwei Jahrzehnten z​um drittgrößten Autoverladehafen Europas gewandelt hat. Die Arbeitslosenquote i​st seit Mitte d​er 1990er Jahre zurückgegangen u​nd liegt h​eute im deutschen Durchschnittsbereich.

Die Glaspaläste in Emden, die größten Wohnhäuser Ostfrieslands

In d​en späten 1960er Jahren u​nd frühen 1970er Jahren w​urde in Norden e​in umfangreiches Stadtsanierungsprogramm begonnen. Dadurch wurden v​iele kleine Arbeiterhäuschen abgerissen u​nd durch a​ls modern empfundene, b​is zu achtgeschossige Wohnbauten ersetzt. Pläne, i​n der kleinteiligen Leeraner Altstadt e​ine sogenannte Flächensanierung vorzunehmen u​nd die historischen Gebäude d​urch Wohn- u​nd Geschäftsbauten d​es damaligen Zeitgeistes z​u ersetzen, wurden n​icht verwirklicht.[73] Stattdessen wurden d​ie meisten d​er alten Häuser saniert. Leer h​at heute d​ie am besten erhaltene historische Innenstadt Ostfrieslands. Pläne, a​uch einen Teil d​es Hafens zuzuschütten, wurden ebenfalls n​icht verwirklicht.

In Emden w​urde bereits 1959 d​as erste Hochhaus (acht Stockwerke) fertiggestellt. Ende d​er 1960er Jahre u​nd Anfang d​er 1970er Jahre k​amen mehrere b​is zu elfgeschossige Hochhäuser hinzu, darunter d​ie sogenannten Glaspaläste i​m Stadtteil Barenburg.

Mit d​er Nordseehalle (1972), d​er Kunsthalle (1986), d​er Johannes a Lasco Bibliothek i​n Emden (1995) u​nd kleineren Museen i​n anderen ostfriesischen Orten w​urde die kulturelle Infrastruktur s​eit Anfang d​er 1970er Jahre deutlich ausgebaut. 1973 w​urde Emden Fachhochschulstandort.

Im Zuge d​er Kommunalreform w​urde 1972 d​ie vormals ostfriesische Gemeinde Gödens i​n die oldenburgische Gemeinde Sande eingegliedert. Innerhalb Ostfriesland wurden v​iele kleine Gemeinden m​it einer t​eils nur dreistelligen Einwohnerzahl z​u größeren Gemeinden o​der Samtgemeinden verschmolzen. Auf d​iese Weise entstanden beispielsweise d​ie Gemeinden Uplengen u​nd Krummhörn a​us jeweils 19 Gemeinden, d​ie nur a​us Dörfern u​nd ihrem näheren Umland bestanden hatten. Auch h​aben Städte i​n größerem Umfang umliegende Gemeinden eingegliedert. Als Beispiel k​ann die Stadt Aurich angeführt werden, d​ie 20 Gemeinden inkorporierte u​nd damit a​uf eine Größe v​on 197 Quadratkilometern wuchs.[74] Damit w​ar der heutige Umfang d​er Städte u​nd Gemeinden i​m Wesentlichen hergestellt. Seither g​ab es Änderungen b​ei den Städte- u​nd Gemeindegrenzen n​ur noch d​urch Flächentausch i​n geringerem Umfang.

1978 w​urde der Regierungsbezirk Aurich m​it den Bezirken Osnabrück u​nd Oldenburg i​m Regierungsbezirk Weser-Ems zusammengefasst. Seit 1978 i​st Ostfriesland s​omit keine eigenständige Verwaltungseinheit mehr. Lediglich d​ie Ostfriesische Landschaft a​ls Landschaftsverband i​st weiterhin ostfrieslandweit tätig – politisch jedoch lediglich a​uf dem Gebiet d​er Kulturpolitik, w​ozu unter anderem d​ie Pflege d​es Plattdeutschen, d​ie Aufarbeitung d​er Geschichte Ostfrieslands, d​ie Bewahrung d​es Kulturerbes u​nd seit 2006 a​uch Teile d​es Regionalmarketings gehören. „Die Landschaft“, w​ie sie k​urz genannt wird, i​st eine Körperschaft d​es öffentlichen Rechts u​nd ein höherer Kommunalverband, jedoch explizit k​eine Gebietskörperschaft. Die Landschaftsversammlung a​ls oberstes Organ s​etzt sich a​us gewählten Vertretern zusammen, d​ie von d​en drei Kreistagen u​nd dem Emder Stadtrat z​u benennen s​ind und versteht s​ich als identitätsstiftende Institution a​ller Ostfriesen. Rund u​m den oll’ Mai (10. Mai), a​n dem i​n früheren Zeiten d​as Administrationskollegium -ein Vorläufer d​es heutigen Landschaftskollegiums- d​em Parlament d​er Landschaft seinen Rechenschaftsbericht ablegte, organisiert d​ie Landschaft e​ine Fachtagung z​u einem i​hrer Aufgabengebiete. Zu dieser Gelegenheit finden Ehrungen s​tatt und für d​ie Region verdienstvolle Nicht-Ostfriesen bekommen d​ie Ehrenbürgerschaft, d​as sogenannte „Indigenat“ verliehen. Außerdem w​ird ein Kulturpreis a​n ausgezeichnete Projekte o​der Personen verliehen. Unter d​en Landschaften u​nd Landschaftsverbänden i​n Niedersachsen i​st die Ostfriesische Landschaft, 1464 i​ns Leben gerufen, m​it Abstand d​ie älteste – a​lle anderen wurden e​rst im 20. Jahrhundert gegründet.

Forschungseinrichtungen, Archive, Bibliotheken und Museen

Die Ostfriesische Landschaft n​immt im Auftrage i​hrer Gebietskörperschaften (den d​rei ostfriesischen Landkreisen Aurich, Leer u​nd Wittmund s​owie die Stadt Emden) u​nd des Landes Niedersachsen zentrale kommunale u​nd dezentrale staatliche Aufgaben a​uf den Gebieten d​er Kultur, Wissenschaft u​nd Bildung w​ahr und betreibt d​azu entsprechende Einrichtungen.

Der Standort Aurich d​es Niedersächsischen Landesarchivs, d​as für d​en Raum Ostfriesland zuständig ist, bewahrt Archivmaterial z​ur ostfriesischen Geschichte. Das Wirtschaftsarchiv Nord-West-Niedersachsen sammelt historisch wertvolles Schriftgut a​us dem Wirtschaftsleben d​er Region. Die Stadt Emden verfügt über e​in Archiv, d​as als e​ines der umfassendsten kommunalen Archive Niedersachsens gilt. Die d​ort aufbewahrten Urkunden, Schriften u​nd Akten reichen b​is an d​as Ende d​es 15. Jahrhunderts zurück. So findet s​ich dort u​nter anderem d​ie Urkunde z​ur Verleihung d​es Stadtwappens 1495. Weitere Stadtarchive finden s​ich in Leer, Wittmund u​nd Norderney.

Die Landschaftsbibliothek i​st die größte wissenschaftliche Bibliothek i​n Ostfriesland. Sie s​ieht sich selbst d​er Tradition staatlichen Buchbesitzes i​n Ostfriesland verpflichtet u​nd leitet daraus d​en Anspruch ab, ostfriesische Regionalbibliothek z​u sein.[75] Die Johannes a Lasco Bibliothek i​st eine Fachbibliothek z​ur Geschichte d​es Calvinismus i​n Europa. Das Ostfriesische Landesmuseum i​st ein Museum z​ur Geschichte d​er Stadt Emden u​nd der Region Ostfriesland u​nd zeigt d​eren Einbettung i​n die europäische Geschichte. Zu einzelnen Sonderausstellungen werden Fachkataloge herausgegeben.

Siehe auch

Die Wikipedia-Artikel

bieten detailliertere Informationen z​ur Geschichte einzelner ostfriesischer Städte u​nd Teilregionen.

Literatur

  • Jan Wybren Buma (Hrsg.): Die Brokmer Rechtshandschriften. Nijhoff, Den Haag 1949 (Oudfriese Taal- en Rechtsbronnen 5).
  • Karl Cramer: Die Geschichte Ostfrieslands – Ein Überblick. Isensee Verlag, Oldenburg 2003, ISBN 3-89598-982-7.
  • Walter Deeters: Kleine Geschichte Ostfrieslands. Verlag Schuster, Leer 1992, ISBN 3-7963-0229-7.
  • Geschichte des Rheiderlandes. Risius, Weener 2006 ff.
  • Heiko Heikes: Die Ukena. In: Jahrbuch der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer zu Emden. Band 34, 1954, ISSN 0341-969X, S. 15–52.
  • Onno Klopp: Geschichte Ostfrieslands. 3 Bände. Rümpler, Hannover 1854–1858.
  • Hajo van Lengen: Bauernfreiheit und Häuptlingsherrschaft. In: Karl-Ernst Behre, Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1995, ISBN 3-925365-85-0, S. 113–134.
  • Hajo van Lengen (Hrsg.): Die Friesische Freiheit des Mittelalters – Leben und Legende. Verlag Ostfriesische Landschaft, Aurich 2003, ISBN 3-932206-30-4.
  • Almuth Salomon: Friesische Geschichtsbilder, Historische Ereignisse und kollektives Gedächtnis im mittelalterlichen Friesland. Ostfriesische Landschaftliche Verlags- und Vertriebsgesellschaft, Aurich 2000, ISBN 3-932206-19-3 (Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte Ostfrieslands, Band 78).
  • Heinrich Tjaden: Illustrierte Ostfriesische Geschichte. Verlag Schwalbe, Emden 1913 (mit einer Karte des Rheiderlands vor der Überschwemmung).
  • Ernst Friedländer: Ostfriesisches Urkundenbuch. Band I und II. Digitalisat
Wikisource: Ostfriesland – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Im vorliegenden Artikel geht es um die historische Region Ostfriesland, die heute die Stadt Emden sowie die Landkreise Aurich, Leer und Wittmund umfasst, siehe dazu die Definition der Ostfriesischen Landschaft: Satzung der Ostfriesischen Landschaft, Artikel I (Grundsätze), Absatz 2: „Ostfriesland umfaßt die kommunalen Gebietskörperschaften Landkreise Aurich, Leer und Wittmund sowie Stadt Emden.“
  2. Karl-Ernst Behre/Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1995, S. 40 f.
  3. Kiefer: Funde gehören zu ältesten in Ostfriesland. Abgerufen am 19. Dezember 2018.
  4. Erfolgreiches Jahr für die Archäologen der Ostfriesischen Landschaft. (PDF) In: Nachrichten aus Kultur, Wissenschaft und Bildung. Ostfriesische Landschaft, 19. Dezember 2019, abgerufen am 27. September 2020.
  5. Fund des Monats - Ostfriesische Landschaft. Abgerufen am 19. Dezember 2018.
  6. Archäologischer Dienst der Ostfriesischen Landschaft: Die Steinzeit
  7. Stadt Aurich: Walle
  8. Wolfgang Schwarz: Die Urgeschichte in Ostfriesland . Leer 1995, ISBN 3-7963-0323-4, S. 106.
  9. Arbeitsgruppe der Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft: Hesel (PDF; 29 kB)
  10. Plinius der Ältere, Naturalis historia 16,1,2–4.
  11. Klaus-Peter Johne: Die Römer an der Elbe: Das Stromgebiet der Elbe im geographischen Weltbild und im politischen Bewusstsein der Griechisch-römischen Antike. Akademie Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-05-003445-9, S. 295.
  12. Norbert Fiks: Die Römer in Ostfriesland. (PDF; 376 kB).
  13. E. Strahl: Bentumersiel. (Memento vom 1. Februar 2009 im Internet Archive) Niedersächsisches Institut für historische Küstenforschung
  14. Reinhard Wolters: Die Römer in Germanien, 7. Aufl., Beck, München 2018, S. 60.
  15. Dies und das Folgende nach Wolfgang Schwarz: Ur- und Frühgeschichte, in: Karl-Ernst Behre/Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft, Ostfriesische Landschaft, Aurich 1995, ISBN 3-925365-85-0, S. 72–75.
  16. Rolf Meurer: Wasserbau und Wasserwirtschaft in Deutschland: Vergangenheit und Gegenwart. Parey, Berlin 2000, ISBN 3-8263-3303-9, S. 17.
  17. Dieter Lang, Gert Richter: Deutschland: Porträt einer Nation. Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen. Band 6. Bertelsmann-Lexikothek-Verlag, Gütersloh 1988, ISBN 3-570-08716-6.
  18. F. M. Stenton: Anglo-Saxon England. 3. Auflage, Oxford University Press, Oxford 1971, ISBN 978-0-19-280139-5, S. 136.
  19. Rudolf Vierhaus: Deutsche biographische Enzyklopädie. 2., überarbeitete und erweiterte Ausgabe. Walter de Gruyter, München / Leipzig 2005 bis 2008, ISBN 978-3-598-25030-9, S. 157.
  20. Hajo van Lengen: Bauernfreiheit und Häuptlingsherrlichkeit. In: Karl-Ernst Behre, Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1995, S. 113 f.
  21. Horst Haider Munske, Nils Århammar: Handbuch des Friesischen: Handbook of Frisian Studies. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2001, ISBN 3-484-73048-X, S. 543.
  22. Eckart Krömer, Heino Schmidt, Hajo van Lengen: Ostfriesland. Schriftenreihe der Niedersächsischen Landeszentrale für Politische Bildung, Leer 1987, S. 44.
  23. Karl-Ernst Behre, Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1995, S. 99.
  24. Karl-Ernst Behre, Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1995, S. 89.
  25. Eckart Krömer, Heino Schmidt, Hajo van Lengen: Ostfriesland. Schriftenreihe der Niedersächsischen Landeszentrale für Politische Bildung, Leer 1987, S. 45.
  26. Karl-Ernst Behre/Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1995, S. 113f.
  27. Siebzehn gemeinfriesische Küren. In: Verfasserlexikon. Band VIII, Sp. 1192 ff.
  28. Karl-Ernst Behre/Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1995, S. 115.
  29. Heinrich Schmidt: Das östliche Friesland um 1400. Territorialpolitische Strukturen und Bewegungen. In: Wilfried Ehbrecht (Hrsg.): Störtebeker – 600 Jahre nach seinem Tod. Porta-Alba-Verlag, Trier 2005, S. 87.
  30. Thomas Hill: Die Stadt und ihr Markt: Bremens Umlands- und Aussenbeziehungen im Mittelalter (12.–15. Jahrhundert). Steiner, Stuttgart 2004, ISBN 3-515-08068-6, S. 292.
  31. Heinrich Schmidt: Politische Geschichte Ostfrieslands. Selbstverlag, Leer 1975, S. 79.
  32. Heinrich Schmidt: Politische Geschichte Ostfrieslands. Selbstverlag, Leer 1975, S. 92.
  33. Niedersachsen.de: Geschichte der Regionen: Ostfriesland (Memento vom 1. Februar 2009 im Internet Archive)
  34. Aurich.de: Die katholische Kirche
  35. Diether Götz Lichdi: Die Mennoniten in Geschichte und Gegenwart. Von der Täuferbewegung zur weltweiten Freikirche, Lage 2004 (2. Auflage), S. 66
  36. Diether Götz Lichdi: Die Mennoniten in Geschichte und Gegenwart. Von der Täuferbewegung zur weltweiten Freikirche, Lage 2004, S. 67
  37. Hans-Jürgen Goertz: Religiöse Bewegungen in der frühen Neuzeit, Band 20 in der Reihe Enzyklopädie deutscher Geschichte (herausgegeben von Lothar Gall u. a.), München 1993, ISBN 3-486-55759-9, S. 29
  38. Rolf Bärenfänger: Die ostfriesischen Klöster aus archäologischer Sicht. In: Karl-Ernst Behre/Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1995, S. 241.
  39. Geschichte des teutschen Handels: Der Schiffarth, Fischerey, Erfindungen, Künste, Gewerbe, Manufakturen, der Landwirthschaft, Polizey, Leibeigenschaft, des Zoll-, Münz- und Bergwesens, der Scheidekünste, des Seerechts und Wechselrechts, der Stadtwirthschaft, und des Luxus, Band 3, S. 550, Digitalisat
  40. Bernd Kappelhoff: Emden als quasiautonome Stadtrepublik 1611–1749. Selbstverlag, Pewsum 1994 (Ostfriesland im Schutze des Deiches, Band 11).
  41. Siegfried Lüderitz: Westgroßefehn. In: Arbeitsgruppe der Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft, PDF (PDF)
  42. Thorsten Melchers: Ostfriesland: Preußens atypische Provinz? Preußische Integrationspolitik im 18. Jahrhundert. Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg, Diss., 2002, S. 122, verfügbar auch zum Download.
  43. Aiko Schmidt (Ostfriesisches Landesmuseum Emden): Kunstwerk des Monats Dezember 2003: Die Weihnachtsflut 1717. Aufgerufen am 6. November 2013.
  44. Thorsten Melchers: Ostfriesland: Preußens atypische Provinz? Preußische Integrationspolitik im 18. Jahrhundert. Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg, Diss., 2002, S. 168.
  45. Martin Tielke: Die neue Bibliothek der Ostfriesischen Landschaft in Aurich (PDF)
  46. Homepage des Zolls über Freihäfen (Memento vom 5. Januar 2010 im Internet Archive)
  47. Thorsten Melchers: Ostfriesland: Preußens atypische Provinz? Preußische Integrationspolitik im 18. Jahrhundert. Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg, Diss., 2002, S. 473.
  48. Siehe dazu Enno Schmidt: Siedlungsgeographischer Überblick über die ländlichen Siedlungen Ostfrieslands zur ersten Preußenzeit. In: Als Friesen Preußen waren. Ostfriesland im 18. Jahrhundert. Aufsätze (Redaktion Theo Meyer, Wilhelm Kuppers). Ostfriesische Landschaft: Aurich 1997. ISBN 3-932206-02-9. S. 60–79; hier: S. 74 (100 Moorkolonien der Preußenzeit)
  49. Walter Deeters: Kleinstaat und Provinz. Allgemeine Geschichte der Neuzeit. In Karl-Ernst Behre/Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1995, ISBN 3-925365-85-0, S. 161.
  50. Walter Deeters: Kleinstaat und Provinz. Allgemeine Geschichte der Neuzeit. In: Karl-Ernst Behre/Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1995, ISBN 3-925365-85-0, S. 167.
  51. Walter Deeters: Kleinstaat und Provinz. Allgemeine Geschichte der Neuzeit. In: Karl-Ernst Behre/Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1995, ISBN 3-925365-85-0, S. 169.
  52. Landdrostei Aurich (1823–1865) (PDF; 23 kB) HGIS Germany
  53. Regierungsbezirk Aurich (PDF) HGIS Germany.
  54. Eberhard Rack: Landeskunde Ostfriesland. Arbeitsgemeinschaft der Sparkassen Ostfrieslands, Norden 1974, S. 247.
  55. Martin Wein: Stadt wider Willen. Kommunale Entwicklung in Wilhelmshaven/Rüstringen 1853–1937. Tectum, Marburg 2006, S. 262.
  56. Herbert Reyer: Revolution und demokratischer Neubeginn in der Stadt und dem Landkreis Aurich in den Jahren 1918–1920. In: Ostfriesland zwischen Republik und Diktatur. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1998, S. 85 f.
  57. Jann Berghaus. In: Biographisches Lexikon für Ostfriesland.
  58. Rudolf Nassua: Die Weltwirtschaftskrise und ihre Folgen in Aurich. (PDF; 48 kB) Arbeitsgruppe der Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft
  59. Landkreis Aurich: Tätigkeitsbericht 1948 bis 1952. Verlag A. H. F. Dunkmann, Aurich 1952, S. 29.
  60. Biographisches Lexikon für Ostfriesland: Dr. Erich vom Bruch
  61. Herbert Reyer (Hrsg.): Aurich im Nationalsozialismus. Verlag Ostfriesische Landschaft, Aurich 1989, S. 71.
  62. Adolf Hitler in Aurich. In: Ostfriesische Nachrichten, 1. November 1932.
  63. Herbert Reyer: Ostfriesland im Dritten Reich – Die Anfänge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Regierungsbezirk Aurich 1933–1938. Ostfriesische Landschaftliche Verl.- und Vertriebsges., Aurich 1992, ISBN 3-932206-14-2, S. 14.
  64. Heinrich Schmidt: Ostfriesland im Schutze des Deiches: Politische Geschichte Ostfrieslands. Selbstverlag, Leer 1975, ohne ISBN, S. 483; siehe auch Eintrag in der Deutschen Nationalbibliothek @1@2Vorlage:Toter Link/d-nb.info (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. .
  65. Siehe hierzu auch die Dokumentation von Gerd Rokahr: Der Bombenangriff auf Esens am 27. September 1943, erschienen als Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung im „Müllerhaus“, der Städtischen Galerie Esens, vom 27. September bis 2. November 2003.
  66. Silke Wenk: Erinnerungsorte aus Beton: Bunker in Städten und Landschaften. Links, Berlin 2001, ISBN 3-86153-254-9, S. 183
  67. Eva Requardt-Schohaus: Der verdrängte Herbst von Engerhafe. In: Ostfriesland-Magazin (Ausgabe 11/1994).
  68. Rudolf Nassua: Das Kriegsende in Ostfriesland. In: Arbeitsgruppe der Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft PDF (PDF)
  69. Günther Möhlmann: Ostfriesland, weites Land an der Nordseeküste. Burkard-Verlag, Essen 1969, S. 55.
  70. Landkreis Aurich: Tätigkeitsbericht 1948 bis 1952. Verlag A. H. F. Dunkmann, Aurich 1952, S. 16.
  71. Landkreis Aurich: Tätigkeitsbericht 1948 bis 1952. Verlag A. H. F. Dunkmann, Aurich 1952, S. 54.
  72. Landkreis Aurich: Tätigkeitsbericht 1948 bis 1952. Verlag A. H. F. Dunkmann, Aurich 1952, S. 8.
  73. Ostfriesland-Magazin, Ausgabe 10/2008, S. 92.
  74. Eine detaillierte Karte, die den Umfang aufzeigt, und die (heutigen) Einwohnerzahlen finden sich unter aurich.de. Die Einwohnerzahl verdreifachte sich, die Fläche der Stadt wuchs um mehr als den Faktor 33.
  75. Portrait – Die Landschaftsbibliothek Aurich – Von der Handbibliothek zur „Ostfriesischen Bibliothek“. Ostfriesischelandschaft.de @1@2Vorlage:Toter Link/bib.ostfriesischelandschaft.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.

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