Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages
Das Amt des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (WB)[1] wurde im Jahr 1956 gemäß Art. 45b Grundgesetz als Hilfsorgan des Bundestags bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle im Bereich der Bundeswehr geschaffen. Die näheren Bestimmungen regelt das Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (WBeauftrG).
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Staatliche Ebene | Bundesebene | ||
Rechtsform | Hilfsorgan des Deutschen Bundestages | ||
Bestehen | seit 1956 | ||
Hauptsitz | Berlin | ||
Wehrbeauftragte | Eva Högl |
Grundsätze
Rechtliche Stellung/Rechtsgrundlagen
Verfassungsrechtlich ist das Amt des Wehrbeauftragten in Art. 45b Grundgesetz (GG) geregelt. Darüber hinaus gibt es gemäß Art. 45b Satz 2 GG das Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (Kurz: WBeauftrG). Der Wehrbeauftragte ist kein Beamter, sondern steht in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis und darf zur gleichen Zeit kein anderes besoldetes Amt bekleiden und keinen anderen Beruf ausüben. Nach der herrschenden Meinung (h. M.) ist der Wehrbeauftragte als „Hilfsorgan des Bundestages“ Teil der Legislative.[2] Sein Gehalt ergibt sich aus § 18 Abs. 1 WBeauftrG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Bundesministergesetz und entspricht der Besoldungsgruppe B 11.
Wahl
Zu seiner Wahl bedarf es gemäß § 13 WBeauftrG der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages. Er wird auf fünf Jahre gewählt und vom Bundestagspräsidenten ernannt. Vorschlagsberechtigt sind der Verteidigungsausschuss, die Bundestagsfraktionen und so viele Abgeordnete, wie nach der Geschäftsordnung der Stärke einer Fraktion entsprechen.
Aufgaben
Im Wehrbeauftragtengesetz ist festgelegt, dass der Wehrbeauftragte auf Eingabe von Soldaten der Bundeswehr oder auf eigene Initiative immer dann tätig wird, wenn ihm Umstände bekannt werden, die auf eine Verletzung der Grundrechte der Soldaten oder der Grundsätze der Inneren Führung schließen lassen. Jeder Soldat der Bundeswehr hat nach § 7 WBeauftrG das Recht, „sich einzeln ohne Einhaltung des Dienstweges unmittelbar an den Wehrbeauftragten zu wenden. Wegen der Tatsache der Anrufung des Wehrbeauftragten darf er nicht dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt werden“. Der Wehrbeauftragte hat jährlich dem Deutschen Bundestag in einem schriftlichen Bericht über seine Arbeit zu berichten. Zu seinen Rechten gehört, dass er jede Bundeswehrdienststelle ohne Anmeldung besuchen darf, Auskunft und Akteneinsicht fordern kann und dass er – außer gegenüber dem Deutschen Bundestag und dem Verteidigungsausschuss – nicht weisungsgebunden ist.
Amtssitz
Der Wehrbeauftragte war bis 1999 in dem einstigen Gebäude des Hotels Godesberger Hof im Bonner Stadtbezirk Bad Godesberg ansässig. Der neue Amtssitz ist in der Neustädtischen Kirchstraße 15 an der Ecke Neustädtische Kirchstraße und Dorotheenstraße in Berlin-Mitte. Schräg gegenüber, in der Neustädtischen Kirchstraße 4–5, befand sich bis 2008 die US-amerikanische Botschaft.
Der Wehrbeauftragte in der Aufbau- und Konsolidierungsphase der Bundeswehr
Die Jahresberichte der Wehrbeauftragten enthielten in der Aufbauphase der Bundeswehr oft ein wenig erfreuliches Bild der Menschenführung. Die Bundeswehr wurde unter Einbeziehung von Angehörigen des Bundesgrenzschutzes und der früheren Wehrmacht aufgebaut. Das Konzept der Inneren Führung, nach dem jeder Soldat – auch der Wehrpflichtige – „Staatsbürger in Uniform“ blieb, war diesen nicht nur neu, sondern wurde auch teilweise abgelehnt. Auch später finden sich in den Berichten Beschwerden von meist wehrpflichtigen Soldaten über Grundrechtsverletzungen und Schikanen durch Vorgesetzte, der Schwerpunkt ändert sich jedoch durch Eingaben von Zeit- und Berufssoldaten zu Personal-, Fürsorge-, Laufbahn- und Statusfragen. Die Zahl der Beschwerden wuchs auf einen Jahresdurchschnitt von 6.000.[3] Die Behörde des Wehrbeauftragten wuchs entsprechend und legte den Schwerpunkt ihrer Arbeit stärker auf die Prävention.
Entwicklung der Eingaben beim Wehrbeauftragten
Die folgende Grafik zeigt die Anzahl der Eingaben an den Wehrbeauftragen bis 2019, bezogen auf 1000 Soldaten. Der höchste Wert wurde mit 27,7 Eingaben im Berichtsjahr 2013 erreicht, der niedrigste mit 9,6 Eingaben pro 1000 Soldaten im Berichtsjahr 1966.[4]
- Bericht des Wehrbeauftragten 2019[4]
Arbeitsweise des Wehrbeauftragten
Der Wehrbeauftragte verfügt über verschiedene Erkenntnisquellen. Zum einen stehen ihm persönliche Eindrücke aus Truppenbesuchen und sonstigen Gesprächen mit Soldaten zur Verfügung. Daneben wenden sich jedes Jahr zahlreiche Soldaten schriftlich mit Eingaben an ihn. Zur Erfüllung seiner Aufgaben kann sich der Wehrbeauftragte bei der Bearbeitung der Eingaben auf seine rund 50 Mitarbeiter stützen. Um die Eingaben bewerten zu können, müssen von der Bundeswehr Stellungnahmen erbeten werden. Nach § 9 WBeauftrG soll allerdings dem Einsender Vertraulichkeit über seine Eingabe und seinen Namen gewährt werden, wenn dieser es wünscht. Die Stellungnahmen werden dann – gegebenenfalls nach umfangreichen Ermittlungen seitens der zuständigen militärischen Vorgesetzten – beim Wehrbeauftragten ausgewertet und das Ergebnis dem Einsender der Eingabe mitgeteilt. Da der Wehrbeauftragte selbst über keine exekutiven Möglichkeiten verfügt, müssen notwendige Abhilfemaßnahmen durch die militärischen Vorgesetzten ergriffen werden.
Wehrbeauftragte seit 1959
Seit der Einführung des Amtes 1959 haben insgesamt zwölf Personen das Amt des Wehrbeauftragten des deutschen Bundestages bekleidet. Fünf Wehrbeauftragte wurden aus dem Lager der Unionsfraktionen (CDU, CSU) gewählt, ebenso viele aus dem der SPD und zwei stellte die FDP. Der erste Wehrbeauftragte, Helmuth von Grolman, war parteilos.[5]
- 1959–1961: Helmuth von Grolman (parteilos)
- 1961–1964: Hellmuth Heye¹ (CDU)
- 1964–1970: Matthias Hoogen (CDU)
- 1970–1975: Fritz-Rudolf Schultz (FDP)
- 1975–1985: Karl Wilhelm Berkhan (SPD)
- 1985–1990: Willi Weiskirch (CDU)
- 1990–1995: Alfred Biehle (CSU)
- 1995–2000: Claire Marienfeld (CDU)
- 2000–2005: Willfried Penner (SPD)
- 2005–2010: Reinhold Robbe (SPD)
- 2010–2015: Hellmut Königshaus (FDP)
- 2015–2020: Hans-Peter Bartels (SPD)
- 2020–Eva Högl (SPD) :
¹ - Hellmuth Heye war zurückgetreten, nachdem er in der Bundeswehr eine Gefahr zur gesellschaftlichen Selbstisolierung aufgezeigt hatte.
Eigener Wehrdienst der Wehrbeauftragten
Von den bisher dreizehn Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages leisteten neun Wehrdienst (bzw. Kriegsdienst) ab. Sechs bekleideten einen Offizierdienstgrad (bzw. Reserveoffizierdienstgrad). Hellmuth Heye und Helmuth von Grolman waren hochrangige und dekorierte Admirale bzw. Generale der Wehrmacht. Dienst in der Bundeswehr taten bisher die Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus und Hans-Peter Bartels. Der einzige Zivildienstleistende war Reinhold Robbe. Wilfried Penner gehörte zum „Weißen Jahrgang“, für den keine Wehrpflicht bestand. Claire Marienfeld und Eva Högl leisteten keinen militärischen Dienst, als Frauen unterlagen sie ohnehin keinem pflichtigen Wehr- oder Ersatzdienst.
Literatur
- Wolfgang R. Vogt: Militär und Demokratie. Funktionen und Konflikte der Institution des Wehrbeauftragten. v. Decker, Hamburg 1972, ISBN 3-7685-0472-7.
- Rudolf J. Schlaffer: Der Wehrbeauftragte 1951 bis 1985: Aus Sorge um den Soldaten. Oldenbourg, München 2006, ISBN 978-3-486-58025-9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Friedhelm Dreyling (Red.): Zum Schutz der Grundrechte …: Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages. Hrsg.: Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages. NDV Neue Darmstädter Verlagsanstalt, Rheinbreitbach 2006, ISBN 3-87576-574-5.
Weblinks
Einzelnachweise
- Abkürzungsverzeichnis. (XLSX; 27 kB) Abkürzungen für die Verfassungsorgane, die obersten Bundesbehörden und die obersten Gerichtshöfe des Bundes. In: bund.de. Bundesverwaltungsamt (BVA), abgerufen am 23. Mai 2017.
- Klein, Maunz/Dürig: Grundgesetz-Kommentar, 73. EGL 2014, Rn. 14.
- Jahresbericht 2010 des Wehrbeauftragten; PDF; 853 kB
- Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten – Jahresbericht 2019 (61. Bericht). (PDF; 3.8 MB) Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages, 28. Januar 2020, S. 96/97, abgerufen am 5. Mai 2020.
- Die Wehrbeauftragten seit 1959. Deutscher Bundestag, abgerufen am 6. Februar 2013.