Reihenhaus
Ein Reihenhaus (schweizerisch Reiheneinfamilienhaus) ist ein Einfamilienhaus, das mit weiteren gleichartig gestalteten Häusern eine geschlossene Reihung bildet.[1]
Form
Reihenhäuser können leicht versetzt zueinander oder in exakter Reihe angelegt sein. Die so gebildete Reihe ist parallel zu einer Straße ausgerichtet oder begrenzt einen Platz.[2] Reihenhäuser können in geschlossener Bauweise einen ganzen Häuserblock einnehmen, oder in offener Bauweise in einzelne Hausgruppen aufgegliedert sein. Stoßen nur zwei einheitlich gestaltete Einfamilienhäuser mit ihren Seitenwänden aneinander, spricht man hingegen von einem Doppelhaus. Wenn das letzte Gebäude der Häuserreihe kein Eckgebäude ist und dreiseitig frei steht, wird es als Reihenendhaus bezeichnet.
Reihenmittelhäuser werden jeweils bis an die beiden seitlichen Grundstücksgrenzen gebaut. Diese beiden seitlichen Kommunwände müssen fensterlos, zweischalig und Brandwände sein. Reihenendhäuser dürfen nur an der Seite bis an die seitliche Grundstücksgrenze gebaut werden, an der die weiteren Reihenhäuser folgen. Auf der freistehenden Hausseite müssen die jeweiligen Bestimmungen zur Nachbarbebauung und somit in der Regel ein Mindestabstand zur Grundstücksgrenze eingehalten werden. Ferner hat ein Reihenendhaus nur eine Kommunwand. Häuser, die nicht am Ende der Reihe gebaut sind, müssen an den Seitenwänden nicht wärmeisoliert werden und es konnte früher oftmals eine Seitenwand pro Haus eingespart werden.
Der Begriff Reihenhaus sagt nichts über die Größe des Gebäudes aus. Oftmals handelt es sich bei kleineren Reihenhäusern um eine Abfolge annähernd baugleicher Typenhäuser, die an einer Straßen- oder Blockkante errichtet oder treppenartig versetzt angeordnet wurden. Diese Bautypen, die nur eine oder zwei übereinander liegende Wohnungen aufweisen, haben meist einen eigenen Garten hinter dem Haus.
Geschichte
Das Reihenhaus erfreute sich insbesondere in England schon seit Jahrhunderten großer Beliebtheit und gelangte im Rahmen der Gartenstadtbewegung nach Deutschland, beispielsweise unter Ernst May nach Frankfurt. Viele Siedlungen des Neuen Frankfurts waren Reihenhauskolonien, als Besonderheit waren alle Häuser mit einer Frankfurter Küche ausgestattet. Jedoch war nur ein kleiner Teil als Wohneigentum vorgesehen.
In Schleswig-Holstein wurden, von der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen als Typengebäude geplant, in den 1950er Jahren Reihenhäuser mit 2–3 Kleinstwohnungen als (sogenannte) Duplexhäuser gebaut, die von kleinen Mietwohnungen – bei nachlassender Wohnungsnot – zu Einfamilien-Reihenhäusern umgenutzt werden konnten.[3]
Private Reihenhäuser in Reihenhaussiedlungen erfreuten sich besonders in den 1950er und 1960er Jahren großer Beliebtheit, da auf einem relativ kleinen Grundstück ein eigenes Heim errichtet werden konnte. Dieses wies neben den geringeren Herstellungskosten aufgrund der Brandwände eine bessere Heizenergiebilanz als ein vergleichbares, freistehendes Einfamilienhaus auf.
Verbreitung
In Deutschland sind Reihenhäuser beliebt; die neuen Bauten greifen auf das Modell des vorindustriellen mehrgeschossigen Bürgerhauses auf kleiner schmaler Grundfläche zurück, wobei die Hausgruppe nach § 22 Abs. 2 Baunutzungsverordnung maximal 50 m lang sein darf.
Besonders verbreitet und häufiger als das Mietshaus sind Reihenhäuser in Nordwesteuropa (Britische Inseln, Niederlande, Belgien und Nordwestdeutschland; dort besonders in Bremen: Bremer Haus). Die Bewohner dieser Häuser sind meistens auch die Eigentümer.[4]
Die in den Industriegebieten Englands mehrheitlich zwischen 1850 und 1900 mit Elementen der viktorianischen Architektur errichteten Reihenhäuser aus Backsteinziegel werden Terraced houses[5] genannt. Eine Häuserzeile kann mehr als 50 Häuser aufweisen; jeweils zwei benachbarte Häuser teilen sich immer einen Schornstein und sind deshalb spiegelbildlich angeordnet. Der Grund für die einheitlich in Backstein ausgeführten Fassaden liegt in der ehemals starken Luftverschmutzung in den Industriegebieten durch Kohlenruß, der gekalkte Fassaden rasch schwarz färbte; eine verschmutzte Backsteinfassade wird durch Abschleifen gesäubert. Reihenhäuser, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, werden in England Town houses genannt.
- Reihenhäuser in Fortuneswell, Grafschaft Dorset
- Am Schweizer Garten, Berlin
Literatur
- Daniel Arnold (Hrsg.): In deutschen Reihenhäusern. Texte von Hartmut Häußermann, Werner Sewing und Inken Herzig. Fotos von Albrecht Fuchs und Marc Räder. Callwey, München 2008, ISBN 978-3-7667-1790-0.
- Guido Brendgens: Der neue urbane Trend Townhouse. Ein taugliches Instrument zur Reurbanisierung? In: Ausdruck und Gebrauch. Dresdner wissenschaftliche Halbjahreshefte für Architektur Wohnen Umwelt, 8. Heft, II/2007, S. 15–28; Shaker, Aachen 2007, ISBN 978-3-8322-7014-8.
- Klaus Theo Brenner, Helmut Geisert, Anke Bruse: Das städtische Reihenhaus. Geschichte und Typologie. Krämer, Stuttgart/Zürich 2004, ISBN 978-3-7828-1518-5.
- Stefan Muthesius: Das englische Reihenhaus. Die Entwicklung einer modernen Wohnform. (= Die Blauen Bücher). Verlag Langewiesche, Königstein im Taunus 1990, ISBN 3-7845-8071-8.
Weblinks
Einzelnachweise
- Ernst Seidel (Hrsg.): Lexikon der Bautypen. Funktionen und Formen der Architektur. Stuttgart 2006, S. 429.
- Hans-Joachim Kadatz: Seemanns Lexikon der Architektur. Leipzig 2000, S. 208.
- z. B.: Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. (Hrsg.): Bauen in Schleswig-Holstein Heft Nr. 13: „Wohnungstypen für das Schwerpunktprogramm und die Selbsthilfe“, Kiel Februar 1951; und: Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. (Hrsg.): Bauen in Schleswig-Holstein Heft Nr. 17: „Wohnungstypen für das Schwerpunktprogramm 1952“, Kiel 1951.
- Tamms/Wortmann: Städtebau. Umweltgestaltung. Erfahrungen und Gedanken. Darmstadt 1973, ISBN 3-87179-066-4, S. 112.
- Terraced Houses in Leicester. Abgerufen am 14. Mai 2021.