Werner Richard Heymann
Werner Richard Heymann (* 14. Februar 1896 in Königsberg i. Pr.; † 30. Mai 1961 in München) war ein deutscher Komponist und Dirigent. Er gilt als einer der bedeutendsten Musikschöpfer der Weimarer Republik.
Leben
Seinen ersten Musikunterricht erteilte ihm Max Brode, der Leiter der Königsberger Philharmonie. Bereits im Alter von 12 Jahren trat Heymann in diesem Orchester als Violinist auf. Im Jahre 1912 siedelte er mit seinen Eltern nach Berlin über. Dort besuchte er die Königliche Hochschule für Musik; sein Lehrer war Paul Juon. Nach Beginn des Ersten Weltkrieges wurde er für kurze Zeit – bis zur krankheitsbedingten Entlassung – Soldat. Nach einem kurzen Aufenthalt in Wien begann er, als Komponist mit verschiedenen Berliner Kabaretts zusammenzuarbeiten, u. a. mit dem Kabarett „Schall und Rauch“, dessen Leiter seinerzeit Max Reinhardt war. Heymann übernahm die Leitung des Kabaretts.
Babelsberger Ufa-Zeit
Die durch die Inflation in finanzielle Nöte geratene Kabarettszene bringt Heymann dazu, seinen Lebensunterhalt zunächst als Studiomusiker in den Filmateliers Neubabelsberg zu verdienen. 1925 trat er dort durch Vermittlung des Produzenten Erich Pommer die Stellung als Assistent des Generalmusikdirektors der Ufa, Ernö Rapée, an. Bereits kurze Zeit später, 1926, stieg er selbst zum Generalmusikdirektor auf. Sein Zuständigkeitsbereich in dieser Position umfasste die Kompositionen und Arrangements von Stummfilmen. Die Ablösung des Stummfilms durch den Tonfilm kam Heymann in Anbetracht seines musikalischen Hintergrundes sehr entgegen und legte den Grundstein für seine späteren Werke, mit denen er sich Weltgeltung verschaffen sollte, darunter die berühmt gewordenen Melodien zu Die Drei von der Tankstelle, Der Kongreß tanzt, Ein blonder Traum und Ich bei Tag und Du bei Nacht direkt zu Beginn der 1930er Jahre.
Emigration
1933 kündigte ihm die Ufa wegen seiner jüdischen Abstammung. Er ging in die Emigration – zuerst nach Paris, dann versuchte er, in Hollywood eine neue Heimat und Wirkungsstätte zu finden, was jedoch misslang. Er kehrte daher nach Paris zurück und ging später nach London. Ende der 1930er Jahre begab er sich ein weiteres Mal in die USA. Diesmal gelang es ihm, dort Fuß zu fassen. In Hollywood komponierte er mit großem Erfolg zahlreiche Filmmusiken, u. a. für die Ernst Lubitsch-Filme Ninotschka mit Greta Garbo und Sein oder Nichtsein. Er wurde mehrmals für den Oscar nominiert, u. a. für die Filmmusik für den Film Blaubarts achte Frau, die in Kooperation mit Friedrich Hollaender entstand.
Rückkehr
Im Jahr 1951 kehrte er nach Deutschland zurück, wo er sich weiterhin dem Komponieren widmete und 1957 nach einem Kulturtest die deutsche Staatsbürgerschaft wiedererlangte.[1] Er heiratete in vierter Ehe die Schauspielerin Elisabeth Millberg, mit der er eine Tochter, Elisabeth Charlotte Trautwein-Heymann (* 3. November 1952), bekam. Heymann starb 1961 in München. Er ist auf dem Münchener Waldfriedhof (Neuer Teil) begraben. Sein älterer Bruder war der Rechtsreferendar und Schriftsteller Walter Heymann (1882–1915).
Bedeutung
Seine kompositorischen Werke sind sehr umfangreich und vielfältig. Sie umfassen Operetten, Bühnenwerke, Filmmusiken, Kabarettmusiken, Schlager, Chansons sowie Lustspiele. Er vertonte außerdem Texte von Robert Gilbert, Walter Mehring, Kurt Tucholsky, Leo Heller und vielen anderen. Den größten Bekanntheitsgrad erreichten seine Filmmusiken; als Interpreten traten u. a. Lilian Harvey, Willy Fritsch, Heinz Rühmann, Paul Hörbiger, Hans Albers und die Comedian Harmonists in Erscheinung. Die Filmemacherin Helma Sanders-Brahms porträtierte ihn, sein Werk und die Zeit seiner größten Erfolge 2012 in ihrer letzten filmischen Arbeit, dem Dokumentarfilm So wie ein Wunder – Das singende Kino des Herrn Heymann.[2] Seit April 2020 trägt ein Platz in Berlin-Schmargendorf den Namen Werner-Richard-Heymann-Platz.[3]
Werke
Operetten
- Florestan I. Prince de Monaco
- Trente et Quarante
Bühnenmusiken
- Die Wandlung
- Die Sendung Samuels
- Artisten
- Professor Unrat
- Rhapsodische Sinfonie
Filmografie
- 1926: Die Brüder Schellenberg
- 1926: Wien – Berlin
- 1926: Im weißen Rößl
- 1926: Der Mann im Feuer
- 1926: Faust – eine deutsche Volkssage
- 1926: Durchlaucht Radieschen
- 1927: Meine Tante – deine Tante
- 1927: Jugendrausch
- 1927: Der letzte Walzer
- 1927: Der große Sprung
- 1927: Die heilige Lüge
- 1929: Melodie des Herzens
- 1930: Liebeswalzer
- 1930: Die Drei von der Tankstelle
- Ein Freund, ein guter Freund
- Liebling, mein Herz läßt dich grüßen
- Lieber guter Herr Gerichtsvollzieher
- Hallo Du süße Frau
- Erst kommt ein großes Fragezeichen
- 1931: Ihre Hoheit befiehlt
- Frag nicht wie
- Du hast mir heimlich die Liebe ins Haus gebracht
- 1931: Der Kongreß tanzt
- Das muß ein Stück vom Himmel sein (nach einer Melodie des Walzers Mein Lebenslauf ist Lieb und Lust von Josef Strauss)
- Das gibt’s nur einmal, das kommt nicht wieder
- Schön ist das Leben
- 1931: Der Ball
- 1931: Bomben auf Monte Carlo
- Wenn der Wind weht
- Das ist die Liebe der Matrosen
- Eine Nacht in Monte Carlo
- Die Ki Ka Königin von Pontenero
- 1932: Der Sieger
- Hoppla jetzt komm ich
- Es führt kein andrer Weg zur Seligkeit
- 1932: Quick
- Gnädige Frau komm und spiel mit mir
- 1932: Ein blonder Traum
- Irgendwo auf der Welt
- Wir zahlen keine Miete mehr
- Einmal schaffts jeder
- Alles verstehen heißt alles verzeihn
- 1932: Ich bei Tag und Du bei Nacht
- Wenn ich sonntags in mein Kino geh
- Wenn Du nicht kommst
- Uns kann keiner
- 1933: Saison in Kairo
- Saison in Kairo
- Mir ist so ich weiß nicht wie
- 1934: Caravan
- Ha Cha Cha
- Wine Song
- 1937: Stolen Holiday
- 1938: Blaubarts achte Frau (Bluebeard’s Eighth Wife)
- 1939: Ninotschka (Ninotschka)
- 1939: Rendezvous nach Ladenschluß (The Shop Around the Corner)
- 1941: Ehekomödie (That Uncertain Feeling)
- 1941: Topper 2 – Das Gespensterschloß (Topper Returns)
- 1942: Sein oder Nichtsein (To Be Or Not to Be)
- 1944: Knickerbocker Holiday
- 1944: Three Is a Family
- 1944: Modell wider Willen (Together Again)
- 1944: Heil dem siegreichen Helden (Hail the Conquering Hero)
- 1945: Der Dieb und die Blonde (Hold That Blonde)
- 1945: It’s in the Bag!
- 1946: Verrückter Mittwoch (Mad Wednesday!)
- 1951: Durch Dick und Dünn
- 1951: Heidelberger Romanze
- 1951: Drunt am Neckarstrand
- 1951: Schlaf gut, träume süß
- 1952: Alraune
- 1952: Heut gefall ich mir
- 1954: Ein Haus voll Liebe
- 1954: Geliebtes Fräulein Doktor
- 1955: Der Kongreß tanzt
- 1955: Die Drei von der Tankstelle
Trivia
Sechs Jahre nach seiner Rückkehr bewarb sich Heymann 1957 um die Wiedererlangung der deutschen Staatsbürgerschaft. Bei der Einbürgerungsbehörde in Bayern wurde er daraufhin unter anderem gefragt, ob er Kenntnisse über die deutsche Kultur hat und zum Beispiel ein deutsches Volkslied singen kann. Daraufhin soll er Das gibt’s nur einmal angestimmt haben, ohne ein Wort über seine Urheberschaft zu verlieren. Heymann erhielt die deutsche Staatsbürgerschaft.
Literatur
- Hans-Michael Bock: Werner Richard Heymann – Komponist. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 34, 2000.
- Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Band 2,1. Saur, München 1983, ISBN 3-598-10089-2, S. 507.
- Hubert Ortkemper (Hrsg.): Werner Richard Heymann: „Liebling, mein Herz lässt dich grüßen“. Der erfolgreichste Komponist der UFA-Zeit erinnert sich. Schott Music, Mainz 2011, ISBN 978-3-7957-0751-4 (Autobiographie).
- Wolfgang Trautwein; Centrum Judaicum (Hrsg.): Werner Richard Heymann: Berlin, Hollywood und kein Zurück. Hentrich & Hentrich, Berlin 2011, ISBN 978-3-942271-37-0 (= Jüdische Miniaturen. Band 113).
- Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 3: F – H. Barry Fitzgerald – Ernst Hofbauer. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 666 ff.
- Kay Weniger: ‘Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …’. Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. ACABUS-Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86282-049-8, S. 240 ff.
Weblinks
- Werke von und über Werner Richard Heymann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werner Richard Heymann im Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit (LexM)
- Werner Richard Heymann in der Internet Movie Database (englisch)
- Homepage zu Werner Richard Heymann
- Werner-Richard-Heymann-Archiv im Archiv der Akademie der Künste, Berlin
- Werner Richard Heymann bei filmportal.de
- Werner Richard Heymann bei Discogs
Einzelnachweise
- Unter anderem sollte er ein deutsches Volkslied vortragen. Er stimmte seinen Schlager „Das gibt’s nur einmal“ an – ohne sich als Komponist zu nennen – und wurde daraufhin eingebürgert. Vgl. Slapstick auf Tasten: Werner Richard Heymann neu bearbeitet Der Tagesspiegel 18. Juli 2013.
- Programmhinweis auf arte.tv (Memento vom 14. Februar 2015 im Internet Archive) vom 24. Mai 2012, abgerufen am 14. Februar 2015.
- Neuer Platz erinnert in Schmargendorf an den Komponisten Werner Richard Heymann, berlin.de, 14. Oktober 2020, abgerufen am 16. Oktober 2020.