Disparität
Der Ausdruck Disparität (adj. disparat, von lat. disparatum = ‚abgesondert‘, ‚getrennt‘) bezeichnet ein Nebeneinander von Ungleichem. Übersetzen lässt er sich mit Verschiedenheit oder Anderssein.
Als disparat versteht man gemeinsam auftauchende Begriffe dann, wenn sie nicht unter einen höheren Gattungsbegriff oder einer Gruppe zu einer Einheit zusammengefasst werden können, also keine ähnlichen Inhalte vermitteln und demnach unvereinbar sind. Dabei können sie zur Beschreibung eines dritten dienen und müssen sich nicht zwangsläufig widersprechen. Dabei scheint es jedoch sehr auf die Möglichkeiten persönlicher Assoziationen anzukommen.[1][2] Ebenso könnten unterschiedliche Sichtweisen auf denselben Sachverhalt disparat nebeneinander stehen, falls sie sich nicht zu einer gemeinsamen Sichtweise zusammenfassen lassen.
Soziale Disparitäten
In der Soziologie und Humangeographie versteht man unter Disparitäten ungleiche Lebensbedingungen innerhalb eines genau definierten Raumes in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht (Arbeitsplätze, Dienstleistungen, Infrastruktur). Sie werden definiert als Abweichungen bestimmter, als gesellschaftlich relevant erachteter Merkmale von einer gedachten Referenzverteilung, die auf eine bestimmte räumliche Ebene bezogen ist. Man spricht auch von globalen, nationalen und regionalen Disparitäten.
Räumliche (regionale) Disparitäten äußern sich in unterschiedlichen Lebensbedingungen sowie in ungleichen wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Der Stadt-Land-Gegensatz kann als eine Form der räumlichen Disparität aufgefasst werden.[3] Aus wirtschaftlicher Sicht kann man regionale Disparitäten als Folge von unterschiedlichem regionalem Wachstum beschreiben. Indikatoren hierfür sind unter anderem die Arbeitslosenquote, Durchschnittseinkommen, sowie allgemein die Lebensqualität.
Mit Hilfe eines Disparitätendiagramms lassen sich räumliche (regionale) Disparitäten graphisch veranschaulichen.
Disparitätsthese
Das System der horizontalen Disparitäten ist in der Wirtschaftssoziologie eine Theorie der sozialen Ungleichheit. Durch unterschiedliche Einflussmöglichkeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Gruppen auf den Staat werden die Verteilung der Ressourcen und damit die Lebenschancen der jeweiligen gesellschaftlichen Gruppen verändert. Während sozial schwache und schlecht organisierte Gruppen wie Behinderte oder Arbeitslose wenig Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse haben, können gut organisierte und mit starken Druckmitteln ausgestattete Gruppen wie das Bankwesen oder Lobbygruppen großer Konzerne ihre Interessen häufiger durchsetzen.[4] So ist zum Beispiel der bessere Entwicklungsstand des Militärwesens im Vergleich zum Bildungs- oder Gesundheitssystem zu erklären.
Stereographie
Im Zusammenhang mit Stereokamera, Stereosehen, Tiefenbildauswertung ist die Querdisparation oder auch Deviation der Versatz (engl. Offset) in der Position, den das gleiche Objekt in der Abbildung auf zwei unterschiedlichen Bildebenen einnimmt. Die zu den Bildebenen gehörenden Brennpunkte sind dabei durch die Basis b räumlich voneinander getrennt. Haben beide Linsen die Brennweite f gilt für den Abstand r: , wobei d für die Disparität steht. Man kann also den Abstand r zu einem Objekt durch eine Messung der Disparitäten im Stereobild ermitteln. Eine Disparitätenkarte eines Stereobildes ist somit gleichbedeutend zu einem Tiefenbild.
Die Disparitätenkarte (engl. disparity map) kann beispielsweise mit der Census-Transformation berechnet werden.
Binokularsehen
In der Augenheilkunde wird der Begriff der Fixationsdisparität benutzt, eine senso-motorische Störung des beidäugigen Sehens, die eine messbare Ungenauigkeit des Vergenzsystems darstellt.[5]
Siehe auch
- Dispersion (Chemie), ein heterogenes Gemisch aus Stoffen, die sich nicht oder kaum ineinander lösen oder chemisch miteinander verbinden.
Weblink
Quellen
- https://www.textlog.de/1274.html
- https://www.textlog.de/981.html
- DIERCKE: Wörterbuch Allgemeine Geographie. dtv-Verlag, München 2005.
- für einen Überblick über verschiedene Disparitätstheorien vgl. Linden, Markus (2013): Die politische Repräsentation schwacher Interessen. Herausforderungen aus politikwissenschaftlicher Sicht. In: Barmherzigkeit drängt auf Gerechtigkeit. Anwaltschaft, Parteilichkeit und Lobbyarbeit als Herausforderung für Soziale Arbeit und Verbände, Hg. v. Alexander Dietz u. Stefan Gillich, Leipzig, S. 89–108.
- Herbert Kaufmann mit Heimo Steffen: Strabismus. 4. grundlegend überarbeitete und erweiterte Auflage, Georg Thieme, Stuttgart/New York 2012, ISBN 3-13-129724-7.