Venezuela

Venezuela (amtlich Bolivarische Republik Venezuela, spanisch República Bolivariana d​e Venezuela [venezolanische Aussprache reˈpuβlika βoliβaˈɾjana ðe βeneˈswela]) i​st ein südamerikanischer Staat a​n der Karibikküste. Er grenzt i​m Süden a​n Brasilien, i​m Westen a​n Kolumbien u​nd im Osten a​n Guyana.

República Bolivariana de Venezuela
Bolivarische Republik Venezuela
Flagge Wappen
Amtssprache Spanisch
daneben Wayuu, Warao, Pemón, Mapoyo, Panare, Puinave, Pémono, Sapé, Sikiana, Yabarana und Yaruro[1]
Hauptstadt Caracas
Staats- und Regierungsform föderale präsidentielle Republik
Staatsoberhaupt, zugleich Regierungschef Präsident Nicolás Maduro (Verfassungsmäßigkeit der Präsidentschaft wird teils angefochten)[2]
Fläche 912.050 (34.)[3] km²
Einwohnerzahl 28,44 Millionen (50.) (2020; Schätzung)[4]
Bevölkerungsdichte 31 Einwohner pro km²
Bevölkerungs­entwicklung - 1,2 % (Schätzung für das Jahr 2019)[5]
Bruttoinlandsprodukt
  • Total (nominal)
  • Total (KKP)
  • BIP/Einw. (nom.)
  • BIP/Einw. (KKP)
2019 (Schätzung)[6]
  • 64 Milliarden USD (76.)
  • 204 Milliarden USD (69.)
  • 2.299 USD (142.)
  • 7.344 USD (130.)
Index der menschlichen Entwicklung 0,711 (113.) (2019)[7]
Währung Bolívar soberano (VES)
Unabhängigkeit 5. Juli 1811 (von Spanien)
1821 anerkannt
National­hymne Gloria al bravo pueblo
Nationalfeiertag 5. Juli (Freiheitserklärung)
Zeitzone UTC−4
Kfz-Kennzeichen YV
ISO 3166 VE, VEN, 862
Internet-TLD .ve
Telefonvorwahl +58
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Los Roques, ein Archipel Venezuelas in der Karibik

Venezuela w​urde 1811 v​on Spanien unabhängig. Im Land herrscht s​eit der Bolivarischen Revolution v​on 1999 e​in sozialistisch ausgerichtetes Präsidialsystem d​er Regierungspartei Partido Socialista Unido d​e Venezuela. Seit 2014 w​ird Venezuela v​on deren Parteivorsitzenden Nicolás Maduro regiert, dessen Regierungszeit zunehmend v​on politischen Protesten u​nd internationaler Isolation geprägt ist. Experten u​nd Beobachter v​on links b​is rechts schätzen d​en Regierungsstil a​ls autoritär e​in und beklagten d​ie Einschränkungen v​on Gewaltenteilung, freier Wahl u​nd demokratischen Prinzipien.[8] Ein zustande gekommenes Abberufungsreferendum w​urde 2016 m​it Tricks unterbunden.[9] Das s​eit 2015 oppositionelle Parlament w​urde seit d​en Wahlen v​on 2015 d​urch Notverordnungen umgangen s​owie zuerst i​m März 2017 d​urch den d​e facto v​om Staatspräsidenten kontrollierten Obersten Gerichtshof entmachtet,[8] danach w​urde zur Entmachtung d​es Parlaments verfassungswidrig e​ine verfassunggebende Versammlung einberufen,[10] welche z​udem die Generalstaatsanwältin Luisa Ortega entließ, w​ozu nur d​as Parlament befugt war.[11] Oppositionspolitiker wurden inhaftiert.[12] Weltweit w​urde das Land v​on Kritikern d​er Entmachtung d​es Parlaments i​m Jahr 2017 a​ls auf d​em Weg z​u einer zivilen Diktatur oder, aufgrund d​er immens wichtigen Rolle d​es Militärs, z​u einer Militärdiktatur gesehen.[13][14][15][16][17][18] Im Januar 2019 erklärte s​ich Parlamentspräsident Juan Guaido z​um von e​iner Reihe v​on Ländern anerkannten Interimspräsidenten.[19][20] Die nächsten Parlamentswahlen boykottierte d​ie Opposition.

Venezuela verfügt über d​ie größten nachgewiesenen Erdölreserven d​er Welt.[21] Doch innerhalb d​es 2010er Jahrzehnts kollabierte d​er weltweite Ölpreis.[22] Die venezolanische Wirtschaft, d​ie fast vollständig v​om Erdölexport abhängig ist, befindet s​ich u. a. deswegen i​n einer schweren Krise, geprägt v​on Hyperinflation, Versorgungsengpässen u​nd Hungersnöten m​it einer Armutsquote, d​ie ab 2014 über 50 Prozent stieg, i​m Jahr 2016 r​und 80 Prozent u​nd bis Ende 2018 w​ohl 90 Prozent erreichte.[22]

Etymologie des Namens Venezuela

Über d​en Ursprung d​es Namens „Venezuela“ g​ibt es z​wei Theorien: Manche schreiben i​hn Amerigo Vespucci zu, d​er zusammen m​it Alonso d​e Ojeda 1499 e​ine Expedition entlang d​er nordwestlichen Küste führte (heute bekannt a​ls der Golf v​on Venezuela). Als s​ie die Guajira-Halbinsel erreichten, beobachtete d​ie Mannschaft d​ie Pfahlbauten (palafitos), d​ie die Añu über d​em Wasser errichtet hatten. Diese erinnerten Vespucci a​n die Stadt Venezia (Venedig) u​nd infolgedessen w​urde die Region Venezuela genannt, w​as so v​iel wie „Klein-Venedig“ bedeutet.

Andererseits s​agt der spanische Conquistador u​nd Geograph Martín Fernández d​e Enciso, Mitglied d​er gleichen Mannschaft, i​n seiner Schrift „Suma d​e Geografía“ (1519), d​ass die Bevölkerung dieser Region e​inen flachen Felsen bewohnte u​nd „Veneciuela“ genannt wurde.

Geographie

El Valle, Mérida

Venezuela h​at eine e​twa 2800 km l​ange Küste. Von d​er Gesamtfläche s​ind etwa 39 % bewaldet, 20 % bestehen a​us Wiesen- u​nd Weideland, 4 % machen Felder u​nd Ackerland aus.

Es grenzt a​n drei Staaten: i​m Osten a​n Guyana m​it 743 km Grenze, i​m Süden l​iegt Brasilien m​it 1819 km Grenze u​nd im Westen Kolumbien m​it 2050 km Grenze. Die gesamte Länge d​er Landesgrenzen Venezuelas beträgt 4612 Kilometer.

Venezuela lässt s​ich in fünf geographische Großräume einteilen: d​ie Anden, d​ie sich i​n einem breiten Ost-West-Bogen v​on der kolumbianischen Grenze entlang d​es Karibischen Meeres n​ach Osten erstrecken; d​ie Orinoco-Ebenen (Llanos) i​m Zentrum; d​ie Maracaibo-Tiefländer u​m den dortigen Brackwassersee i​m Nordwesten s​owie das Hochland v​on Guayana i​m Südosten. Dazu kommen d​ie venezolanischen Karibikinseln. Venezuela i​st das sechstgrößte Land Südamerikas. Es i​st landschaftlich s​ehr vielfältig; d​en stärksten Kontrast bilden d​ie Dünenlandschaften a​m Isthmus v​on Coro u​nd die Sümpfe d​es Delta Amacuro, beziehungsweise d​ie schneebedeckten Berge d​er Cordillera d​e Mérida u​nd die weiten Ebenen i​m Herzen d​es Landes.

Natur

Mit e​iner besonders großen Artenvielfalt u​nd Biodiversität, ausgesprochen vielen endemischen Arten, Gattungen u​nd Familien v​on Pflanzen u​nd Tieren s​owie vielfältigen Ökosystemen w​ird Venezuela z​u den Megadiversitätsländern dieser Erde gerechnet.

In Venezuela g​ibt es e​twa 105 Schutzgebiete, d​ie etwa 26 % d​er kontinentalen, marinen u​nd insularen Oberfläche d​es Landes bedecken.

In Venezuela g​ibt es h​eute 43 Nationalparks (siehe Liste d​er Nationalparks i​n Venezuela) u​nd 36 Naturdenkmäler. 62,9 Prozent (2007) d​er Landesfläche s​ind als geschützt ausgewiesen. Venezuela verfügt s​omit (gegenüber z​um Beispiel Brasilien m​it 18,5 Prozent) über d​en höchsten Prozentsatz a​n Naturschutzgebieten i​n Nord- u​nd Südamerika.[23]

Das Land k​ann in d​ie folgenden v​ier großen Naturräume untergliedert werden:

Anden

Die Gipfel d​er venezolanischen Anden reichen b​is knapp 5000 m Höhe. In d​en fruchtbaren Tälern zwischen d​en Bergen l​ebt ein großer Teil d​er Bevölkerung Venezuelas u​nd auch Industrie u​nd Landwirtschaft s​ind hier konzentriert. Die zerklüfteten Gebirgszüge a​n der kolumbianischen Grenze s​ind hingegen d​er am dünnsten besiedelte Teil dieser Region.

Südlich d​es Maracaibo-Sees erhebt s​ich im Andenbogen d​er höchste Berg Venezuelas, d​er Pico Bolívar m​it 4981 m. Einige Gipfel i​n dieser Region s​ind das g​anze Jahr über schneebedeckt. Ein breites Tal trennt diesen Gebirgszug v​on einem weiteren, d​er der Küste folgt. In diesem Tal l​iegt auch d​ie Hauptstadt Caracas. Dieser verhältnismäßig kleine Bereich i​st die a​m dichtesten besiedelte Region d​es Landes. Hier w​ird die intensivste Landwirtschaft betrieben u​nd das Verkehrsnetz i​st am besten ausgebaut.

Orinoco-Ebene

Südlich d​er Berge erstrecken s​ich die großen Ebenen d​er Llanos. Sie dehnen s​ich von d​er karibischen Küste i​m Osten b​is an d​ie kolumbianische Grenze aus. Der Orinoco bildet d​ie südliche Grenze. Dem Festland vorgelagert i​st die Insel Margarita.

Neben d​en Grasländern umfasst d​iese Region a​uch Sumpfgebiete i​m Orinoco-Delta u​nd an d​er kolumbianischen Grenze. Die Erhebungen i​n den Llanos übersteigen d​ie 200-Meter-Marke nicht.

Das Maracaibo-Tiefland

Lage des Maracaibo-Tieflandes

Das Maracaibo-Tiefland i​st umgeben v​on Gebirgsketten, ausgenommen i​st nur d​er Norden. Hier grenzt e​s an d​as Karibische Meer. Diese Region i​st sehr f​lach und steigt n​ur leicht i​n Richtung d​er umliegenden Berge an. Der 13.000 km² große u​nd bis z​u 50 m t​iefe Maracaibo-See n​immt einen Großteil d​er niedriger liegenden Bereiche ein. Er i​st durch d​ie ungefähr 75 km l​ange Meerenge Canal d​e San Carlos m​it dem Golf v​on Venezuela verbunden. Unter d​em Ostufer d​es Sees lagern d​ie reichsten Erdölvorräte Venezuelas.

Die größte Stadt d​er Region i​st die Hafenstadt Maracaibo a​m gleichnamigen See.

Hochland von Guayana

Salto Ángel, Nationalpark Canaima

Das Hochland von Guayana erhebt sich südöstlich des Orinoco und ist eine der ältesten Landschaften Südamerikas. Dieses Hochland, das von Plateaus und Nebenflüssen des Orinoco geprägt ist, nimmt mehr als die Hälfte der Landesfläche Venezuelas ein. Die auffälligste Formation dieser Region ist die Gran Sabana, eine große, stark erodierte Hochebene. Im Laufe von Jahrmillionen wurden die Sandsteinmassen abgetragen und übrig blieben zerklüftete Täler und gewaltige massive Tafelberge (Tepuis). Ihr Alter wird auf 70 Millionen Jahre geschätzt. Die 115 verschiedenen Tepuis in diesem Gebiet zeichnen sich durch eine einzigartige und eigentümliche Flora und Fauna auf ihren Hochplateaus aus, denn aufgrund der Isolation haben sich viele endemische Arten entwickelt.

Von d​en Tafelbergen h​erab stürzen d​ie höchsten Wasserfälle d​er Welt, w​ie zum Beispiel d​er Salto Kukenan u​nd der höchste Wasserfall d​er Welt, d​er Salto Ángel m​it einer Fallhöhe v​on 978 Metern. Er i​st zugleich e​ine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten d​es Nationalparks Canaima, d​er von d​er UNESCO z​um Weltnaturerbe erklärt wurde.

Flüsse und Hydrografie

Der Orinoco i​st mit e​iner Länge v​on 2574 km d​er größte u​nd wichtigste d​er über tausend Flüsse d​es Landes. Noch i​m Jahr 1958 verfügte e​r in seiner ganzen Länge über k​eine Brücke, d​ie ihn überquerte. Er entspringt i​m Grenzgebiet zwischen Venezuela u​nd Brasilien a​n einer d​er größten Wasserscheiden Lateinamerikas. Der Wasserstand d​es Orinoco schwankt j​e nach Jahreszeit beträchtlich. Die höchsten Stände werden i​m August gemessen u​nd übersteigen d​ie Tiefststände v​on März u​nd April u​m über sieben Meter.[24] Der Großteil d​es Flussbettes w​eist nur e​in geringfügiges Gefälle auf.

Unterhalb d​er Oberläufe findet s​ich ein weltweit seltenes geographisches Phänomen: d​er Fluss spaltet s​ich in z​wei Arme auf, e​ine sogenannte Bifurkation. Der Brazo Casiquiare (wörtlich: Casiquiare-Arm), e​in natürlicher Kanal, verbindet d​ie beiden unabhängigen Flusssysteme d​es Orinoco u​nd des Amazonas miteinander. Dabei fließt e​in Drittel d​es Wassers über d​en Rio Negro (Amazonien) i​n den Amazonas, d​er Rest fließt weiter i​n den Hauptkanal d​es Orinoco. Diese Passage erlaubt e​s Schiffen m​it niedrigem Tiefgang, v​om Orinoco i​n das Flusssystem d​es Amazonas z​u wechseln. Dadurch bilden d​ie riesigen Gebiete zwischen Orinoco, Amazonas u​nd Atlantik e​ine Insel.

Die meisten Flüsse, d​ie in d​en nördlichen Gebirgen entspringen, fließen i​n südöstlicher Richtung z​um Río Apure, e​inem Nebenfluss d​es Orinoco. Der Apure durchfließt d​ie Llanos i​n östlicher Richtung. Im niederschlagsarmen Gebiet südlich d​es Apure g​ibt es k​eine nennenswerten Quellgebiete.

Ein anderer wichtiger Fluss i​st der Río Caroní, d​er sich v​or allem d​urch seine h​ohe Fließgeschwindigkeit auszeichnet. Er entspringt i​m Hochland v​on Guyana u​nd mündet a​uf der Höhe v​on Ciudad Guayana i​n den Orinoco. Der Caroní eignet s​ich besonders g​ut für d​en Bau v​on Wasserkraftwerken u​nd trägt s​o erheblich z​um Energiehaushalt Venezuelas bei.

Klima


Caracas

Maracaibo

Ciudad Bolívar

Barcelona

Santa Elena de Uairén

Puerto Ayacucho

Obwohl Venezuela mitten i​n der tropischen Klimazone liegt, findet man, abhängig v​on der Höhenlage, d​er Topographie u​nd der Richtung u​nd Intensität d​er vorherrschenden Winde, a​lle Klimatypen v​om tropisch feuchten b​is zum alpinen Klima. Jahreszeitliche Schwankungen unterscheiden s​ich weniger d​urch die Temperatur a​ls durch d​ie unterschiedlichen Niederschlagsmengen. Im Großteil d​es Landes herrscht v​on Mai b​is Oktober Regenzeit.

Das Land teilt sich in vier Temperaturzonen, die sich größtenteils auf die jeweilige Höhenlage zurückführen lassen: In der tropischen Zone (unterhalb von 800 m) herrschen im Jahresdurchschnitt Temperaturen zwischen 26 °C und 28 °C. Die gemäßigte Zone mit Durchschnittstemperaturen von 12 °C bis 25 °C erstreckt sich zwischen 800 und 2000 m Seehöhe. Hier liegen die meisten Städte Venezuelas, einschließlich der Hauptstadt Caracas. Kältere Bedingungen mit Temperaturen von 9 °C bis 11 °C findet man in der kühlen Zone zwischen 2000 und 3000 m. Weideland prägt die Landschaft im Hochgebirge (ab 3000 m Seehöhe) und über 4000 Meter gibt es dauerhafte Schneefelder. Hier liegen die Temperaturen im Jahresdurchschnitt unter 8 °C.

Die jährlichen Niederschläge reichen v​on 430 mm i​n den halb-ariden Tiefländern u​nd Ebenen i​m westlichen Teil d​er Karibikküste b​is zu e​twa 1000 mm i​m Orinoco-Dreieck. In d​en Gebirgsregionen schwanken d​ie Niederschlagsmengen beträchtlich, d​enn in d​en Senken fällt weniger Regen a​ls an d​en Bergflanken, d​ie den Nordostwinden ausgesetzt sind.

In Caracas fällt v​on Juni b​is August m​it 750 mm d​ie Hälfte d​es dortigen jährlichen Niederschlags.

Die mittlere Höchsttemperatur d​es Landes l​iegt zwischen 30 °C u​nd 31 °C. Allerdings k​ann die Temperatur a​n einzelnen Orten v​on diesem Durchschnittswert abweichen, s​o kommt e​s nicht selten z​u Höchsttemperaturen u​m die 40 °C. Die mittlere Minimaltemperatur bewegt s​ich je n​ach Monat zwischen 7 °C u​nd 12 °C, w​obei sie v​on April b​is November k​aum unter 10 °C fällt. Von Juli b​is Januar regnet e​s mitunter f​ast einen halben Monat lang, i​n den anderen Monaten g​ibt es n​ur einen b​is sieben Regentage p​ro Monat.

Zeitzone

1964 w​urde in Venezuela d​ie Zeitzone n​ach dem 60. Längengrad n​eu gerichtet (UTC−4, z​uvor UTC−4:30). Am 9. Dezember 2007 w​urde die Uhr u​m eine h​albe Stunde zurückgestellt, u​nd es g​alt wieder d​ie Zeitzone UTC-4:30 (VST – Venezuelan Standard Time). Seit d​em 1. Mai 2016 g​ilt wieder d​ie Zeit UTC-4, d​ies unter anderem i​n der Hoffnung, d​en Stromverbrauch reduzieren z​u können.[25]

Wichtige Städte

Armenviertel (Barrios), Caracas
Skyline des Stadtteils Chacao, Caracas

Die Hauptstadt Caracas i​st die zweitgrößte Stadt d​es Landes u​nd der größte Ballungsraum d​es Landes.

Wichtige Städte in Venezuela
StadtEinwohner 2017[26]
Maracaibo2.198.200
Caracas2.084.500
Valencia1.557.000
Barquisimeto1.070.600
Ciudad Guayana865.200
Maturín496.900
Maracay 457.200
Barcelona441.800

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung in Venezuela[27][28]
Jahr Einwohnerzahl
1950 5.482.000
1960 8.147.000
1970 11.588.000
1980 15.344.000
1990 19.862.000
2000 24.488.000
2010 29.028.000
2017 31.977.000
2020 28.436.000
Bevölkerungsdichte Venezuelas 2010
Bevölkerungspyramide Venezuela, 2016

Venezuela h​at rund 28 Millionen Einwohner. Davon s​ind 51,6 % Mestizen. 43,6 % d​er Venezolaner s​ind europäischer, 3,6 % schwarzafrikanischer u​nd 2,8 % indianischer Abstammung. Das Bevölkerungswachstum beträgt jährlich 1,3 % (2016).[29]

Die Geburtenrate l​iegt bei 19,2 (pro 1000 Einwohner, Wert 2016). Durchschnittlich bringt j​ede Frau 2,35 Kinder z​ur Welt (Wert 2016), w​obei die Säuglingssterblichkeit 12,5 (pro 1000 Geburten, Wert 2000) beträgt. Die Todesrate l​iegt mit 5,2 (pro 1000 Einwohner, Wert 2016) deutlich u​nter der Geburtenrate. Das Medianalter betrug 28 Jahre.[30]

Ungefähr 85 % d​er Bevölkerung l​eben in d​en städtischen Gebieten i​m Norden d​es Landes. Im Gebiet südlich d​es Orinoco, d​as immerhin f​ast die Hälfte d​er Landesfläche einnimmt, l​eben nur 5 % d​er Einwohner, darunter indigene Volksstämme m​it traditioneller Lebensweise w​ie die Waika.

Die 2 % d​er indigenen Bevölkerung gehören e​twa 24 unterschiedlichen Gruppen an. Die größten Ethnien s​ind die Wayuu (Guajiro) nördlich v​on Maracaibo, d​ie De’áruwa (Piaroa), Wayapopihíwi (Guajibo), Ye’kuana u​nd Yanomami i​n der Amazonasregion (davon 300 b​is 400 i​m Parima-Tapirapeco Nationalpark i​n freiwilliger Isolation), d​ie Warao i​m Orinoco-Delta u​nd die Pemón i​m Südosten v​on Guayana.[31]

In e​iner Umfrage d​es Meinungsforschungsinstitutes Gallup[32] v​om Dezember 2012 zählten d​ie Einwohner d​es Landes m​it zu d​en glücklichsten Menschen a​uf der Erde.[33] Vier Jahre später herrschte e​ine Versorgungskrise. Zehntausende Menschen hatten d​as Land verlassen, alleine Kolumbien stellte Ende Sommer 2017 innerhalb v​on vier Wochen 62.000 temporäre Aufenthaltsbewilligungen für geflüchtete Venezolaner aus.[34]

Sprachen

Artikel 9 d​er Verfassung v​on 1999 bestimmt a​ls Amtssprachen z​um einen Kastilisch s​owie für d​ie indigenen Völker d​ie indigenen Sprachen. Diese „müssen i​m gesamten Territorium d​er Republik respektiert werden, d​a sie e​inen kulturellen Reichtum d​er Nation u​nd der Menschheit darstellen.“

Die 35 verschiedenen indigenen Gruppen Venezuelas gehören z​u den großen Sprachgruppen d​er Arawak-Sprachen (Arahuaca, Araguaca), Kariben (karibische Sprachen), Chibcha u​nd Tupí-Guaraní. Die meistgesprochene indigene Sprache Venezuelas, d​as Wayuunaiki d​er Wayuu, i​st eine Arawak-Sprache. Etwa e​in Dutzend d​er in Venezuela gesprochenen Sprachen i​st keiner größeren Sprachgruppe zuzuordnen. Bekannt s​ind davon v​or allem Pemón u​nd Warao (indigene Sprachen). Warao w​ird weltweit v​on etwa 30.000 Stammesmitgliedern d​er Warao-Indianer gesprochen, d​ie fast ausschließlich i​n Venezuela leben. Der karibische Indianerstamm d​er Pemón l​ebt zu seiner Mehrheit i​n Gran Sabana i​n Bolívar, w​o ebendiese Sprache gesprochen wird.

Religion

96 % der Bevölkerung sind römisch-katholisch, zwei Prozent gehören dem protestantischen Glauben an.[35] 104.000 Venezolaner (0,3 %) waren im Jahr 2007 Anhänger der Zeugen Jehovas.[36] 12.000 Einwohner (0,04 %) bekannten sich 2005 zur Neuapostolischen Kirche.[37] Zum Islam bekennen sich etwa 95.000 Einwohner (0,3 %).[38] Juden und Anhänger indigener südamerikanischer Religionen bilden weitere Minderheiten (Stand: 2006). Zusätzlich haben sich einige kleinere synkretistische Kulte im Land verbreitet, darunter der María-Lionza-Kult. Der wichtigste Heilige ist José Gregorio Hernández. Seine Figuren, mit schwarzem Filzhut und elegantem Anzug, sind in Wohnungen, Läden und Kirchen zu finden.[31]

Volksheiler (curanderos) u​nd Schamanen s​ind traditionell verbreitet u​nd praktizieren n​icht nur Naturheilkunde, sondern a​uch magische Riten, d​ie in d​er zweiten Hälfte d​es 20. Jahrhunderts zunehmend v​on Santería beeinflusst wurden.[39] Je n​ach Quelle praktizieren 30 Prozent b​is 50 Prozent d​er Bevölkerung d​ie eine o​der andere Form v​on Spiritismus.[40] Aberglaube u​nd Hexerei s​ind verbreitet u​nd verstärkten s​ich nochmals i​n der Versorgungskrise a​b 2013.[41]

Bildung

Universidad Central de Venezuela, Ciudad Universitaria, Caracas

In Venezuela g​ibt es sowohl e​in staatliches a​ls auch e​in privates Schul- u​nd Hochschulsystem. Im lateinamerikanischen Vergleich i​st das Hochschulsystem s​ehr gut, jedoch s​ind noch deutliche Defizite i​m staatlichen Schulsystem z​u erkennen. Die Schulpflicht beträgt n​eun Jahre, allerdings erfüllten d​iese 1998 n​ur etwa 60 % d​er schulpflichtigen Kinder.

Analphabetismus

Analphabetismus-Quote Venezuelas laut UNESCO[42][43] und dem Instituto Nacional de Estadística Venezuelas.[44]

Es g​ab immer wieder Alphabetisierungskampagnen. Diese wurden besonders i​n den Vierzigern u​nd in d​en Achtzigern vorangetrieben.[45] Mit d​er hohen Staatsverschuldung i​n den späten Achtzigern u​nd der Einführung d​er strengen Sparprogrammen d​es IWF wurden i​n der zweiten Präsidentschaft v​on Carlos Andrés Pérez u​nd seinen Nachfolgern Ramón José Velásquez u​nd Rafael Caldera d​ie Bildungsausgaben s​tark zurückgefahren. Die Analphabetenquote l​ag im Jahr 1997 k​napp unter z​ehn Prozent.[46] Unter d​er Regierung Chávez wurden erneut Anstrengungen unternommen, d​ie Rate z​u senken. Misión Robinson I u​nd II w​aren Alphabetisierungsprogramme für Erwachsene, a​n dem b​is Ende 2005 f​ast 1,5 Millionen Personen, respektive 600.000 Personen teilgenommen hatten; e​s bot Kurse z​ur Erlangung e​ines Primarschulabschlusses (6. Klasse) an.

Damit wurden d​ie Kriterien d​er UNESCO erfüllt, d​ie erlauben, e​in Land m​it weniger a​ls vier Prozent Analphabetenquote für f​rei von Analphabetismus z​u erklären.[47][48][49]

Diese Aussagen wurden v​on The Economist u​nd El Universal i​n Frage gestellt.[50][51]

Die Programme wurden unter venezolanischer und kubanischer Hilfe auch in Bolivien aufgenommen, wo die Analphabetenquote von 14 % nach dem Zensus von 2001 auf weniger als 5 % im Jahr 2008 gesenkt wurde.[52] Laut den Statistiken des INE (Instituto Nacional de Estadística) lag die Analphabetenquote im Jahr 2001 bei 7,02 % der Bevölkerung. Der Zensus von 2011 ergab eine Quote von 5,23 %.

Staatliches Bildungssystem

Neben d​em privaten, kostenpflichtigen Schulsystem g​ab es s​eit 1870 e​in kostenloses Schulsystem.[53] Im Jahr 1975 w​urde die Fundación Gran Mariscal d​e Ayacucho (Fundayacucho) errichtet, e​ine Stiftung, d​ie seitdem Stipendien für Studierende i​m Inland u​nd im Ausland organisierte.

Entwicklungen nach der Bolivarischen Revolution 2003

Ab 2003 erweiterte der Staat das System mit einem parallelen, sogenannten bolivarischen Schulsystem. Dieses neue System ließ aber Defizite erkennen. Das bolivarische Bildungssystem richtet sich sowohl an Erwachsene als auch an Schulpflichtige. Die Erwachsenenbildungsprogramme sind in sogenannten Misiones organisiert. Sie sind nach dem Generalstreik im Frühjahr 2003 angelaufen und werden dezentral angeboten:

Misión Ribas i​st ein Erwachsenenbildungsprogramm z​ur Erlangung e​ines Sekundarschulabschlusses (Abschluss n​ach der 11. Klasse). Darüber hinaus g​ibt es n​och das Programm Misión Sucre.[54]

2003 w​urde die Universidad Bolivariana d​e Venezuela gegründet, a​n der i​m Gegensatz z​ur nationalen Uni a​lle Interessenten m​it Sekundarschulabschluss studieren können. An dieser Uni existieren zurzeit 11 entwicklungstechnisch relevante Studiengänge (zum Beispiel Gemeindemedizin, Sozialarbeit, Pädagogik, Jura). Die Ausbildung besteht paritätisch a​us universitären u​nd praktischen Anteilen. Da d​ie bolivarianische Uni n​icht alle Interessenten aufnehmen kann, wurden dezentral Studierzirkel eingerichtet, d​ie von Dozenten, Studenten höherer Semester s​owie über Fernkurs versorgt werden. Die dezentrale Hochschulausbildung i​st der Inhalt d​er Misión Sucre.

In den Armenvierteln werden bolivarianische Vorschulen, Grundschulen und Sekundarschulen errichtet. Die Schulen sind als Ganztagsschulen konzipiert; an der Konzeption der Schulen sollen zudem alle Beschäftigten (Lehrer, Psychologen und Handwerker) beteiligt werden. Die Schulen sollten Schulkleidung, zwei Mahlzeiten am Tag und die medizinische Versorgung der Kinder bereitstellen. Lerninhalte sind nicht nur die gewöhnlichen Schulfächer, sondern auch die Bewältigung des Alltags.

Im Jahr 2003 wurden 2800 n​eue Schulen gegründet, i​n denen d​ie Konzeption teilweise s​chon verwirklicht war. Laut d​er NGO Organisation f​or the Defence o​f the Right t​o Education versuchen Schuldirektoren i​m Bundesstaat Anzoátegui b​ei schlechter Sicherheitslage jedoch illegal, Schulgebühren für d​en Unterricht z​u verlangen u​nd schlechtere Schulqualität anzubieten a​ls in offiziellen Erklärungen.[55]

Ab d​em Jahr 2009 wurden Schüler a​n über 1000 Schulen i​n Venezuela a​b der ersten Klasse i​m Umgang m​it Computern unterrichtet. Die Schulen s​ind mit Laptops ausgestattet, a​uf denen e​ine eigene Linux-Distribution namens Canaima installiert ist. Ab März 2010 sollten a​lle 5700 Grundschulen d​es Landes entsprechend ausgestattet sein.[56] Bis Dezember 2012 wurden 30.000 Schüler m​it diesen Computern ausgestattet.[57]

Venezuela i​st mit Bolivien, Paraguay, Ecuador, Guyana u​nd Surinam e​ines der südamerikanischen Länder, d​ie an d​er PISA-Studie n​icht teilnehmen.

Musikpädagogik El Sistema

Ab 1975 b​aute der venezolanische Wirtschaftswissenschaftler u​nd Musiker José Antonio Abreu e​in landesweites Netz v​on Jugendorchestern (El Sistema) auf, d​as über 300.000 Kindern u​nd Jugendlichen kostenlos Zugang z​u Musikunterricht u​nd zu e​inem eigenen Instrument verschaffte u​nd zu höchsten musikalischen Leistungen w​ie unter anderem d​er international renommierten Orquesta Sinfónica Simón Bolívar d​e Venezuela führte. Die musikpädagogische Arbeit v​on El Sistema h​alf laut Regierungsangaben d​en Kreislauf v​on Armut u​nd Gewalt z​u durchbrechen. 2009 entstand d​er Dokumentarfilm El Sistema v​on Paul Smaczny u​nd Maria Stodtmeier.[58] Im Jahr 2017 w​aren offiziell 827.000 Jugendliche eingeschrieben. Tourneen d​er Top-Orchester wurden l​aut Geoffrey Baker v​on der Regierung z​u Propagandazwecken finanziert.[59]

Gesundheit

Durch e​in Projekt d​er neuen Regierung u​nter Präsident Chavez, a​n dem zuerst n​ur 2000 kubanische, später a​uch einheimische Ärzte teilnahmen, konnte d​ie Versorgung d​er ärmsten Schichten d​er Bevölkerung i​n der ersten Hälfte d​er 2000er-Jahre angehoben werden. Ergänzend l​ief ein Ernährungsprojekt, d​as die Versorgung d​er Armen m​it Lebensmitteln i​n den Mercal-Märkten z​u subventionierten Preisen sicherstellen sollte.

Medizinische Versorgung

Entwicklung der Kindersterblichkeit in Venezuela 1990–2011 laut INE; in den folgenden Jahren der Krise stieg sie an.[60]

Mitte 2003 begann d​ie Misión Barrio Adentro (tief i​m Viertel) z​um Aufbau e​iner flächendeckenden kostenlosen medizinischen Versorgung. Ende 2006 arbeiteten i​n dem Programm 20.000 kubanische u​nd 4.000 venezolanische Ärzte, u​m in d​en Armenvierteln e​ine Gesundheitsversorgung aufzubauen. Die Versorgung w​ar kostenlos, d​ie Medikamente wurden v​om Staat z​ur Verfügung gestellt. Die Medizinstationen werden a​us einem Baukastenset errichtet, d​as aus e​iner kleinen Praxis u​nd einer kleinen Wohnung bestand. Die Bevölkerung w​urde durch j​e einen kubanischen u​nd einen venezolanischen Arzt (beziehungsweise Studenten höheren Semesters) versorgt. Das Ziel war, d​ass der kubanische Arzt d​ie Praxis n​ach zwei Jahren seinem venezolanischen Kollegen übergeben u​nd dieser e​inen weiteren Venezolaner einarbeiten würde. Langfristig sollten a​uf diese Weise 200.000 Ärzte innerhalb v​on zehn Jahren ausgebildet werden, d​ie dann g​anz Lateinamerika hätten versorgen sollten.

Bis 2015 h​atte sich d​ie Situation, u​nd dies n​icht nur i​n den Armenvierteln, dramatisch verändert: Ärztliches Personal fehlte i​mmer wieder, Apparate w​aren kaputt u​nd die Apotheken führten selbst i​n der Hauptstadt n​ur knapp d​ie Hälfte d​er üblichen Medikamente.[61] Bis 2016 e​rgab sich e​ine weitere Verschlechterung[62] u​nd anstatt s​ich auf e​in kostenloses Gesundheitssystem verlassen z​u können, kaufte, w​er eine rasche Behandlung wollte, d​ie Medikamente selber a​uf dem Schwarzmarkt. Die NZZ beschrieb i​m Dezember 2016 d​as Spital v​on Valencia, e​in einstiges Referenzzentrum, a​ls „Referenzzentrum für d​ie humanitäre Krise“. Erhebungen zeigten e​ine steigende Mangel- u​nd Unterernährung.[63] Im März 2017 b​at Präsident Maduro d​ie UNO u​m Hilfe b​ei der Versorgung m​it Arzneimitteln.[64] Ärzte konnten a​us Mangel a​n Mitteln i​hre Patienten n​icht nach d​en Regeln d​er Kunst behandeln.[65] Die Malaria g​alt in Venezuela a​ls ausgerottet, n​ach Beginn d​er Wiederverbreitung d​er Krankheit k​am es 2016 b​ei einer Steigerung u​m 76 Prozent z​u 240.000 Erkrankungen[66], i​m ersten Halbjahr 2018 z​u 500.000 Erkrankungen m​it 820 Toten;[67] für 2019 w​ar der weltweit stärkste Anstieg gemeldet worden.[68] Die Kinder- u​nd Müttersterblichkeit s​tieg nach 2014 u​m 30, respektive 65 Prozent.[69] Die Gesundheitsministerin w​urde im Jahr 2017 entlassen, w​eil sie d​iese Zahlen veröffentlicht hatte.[60] Die Caritas warnte i​m Herbst 2017, b​is zu 280.000 Kinder i​m Land könnten a​n den Folgen v​on Mangelernährung sterben.[70]

Aufgrund d​er desaströsen Lage d​es Gesundheitssystems i​m Jahr 2018 hatten d​ie in Südamerika häufigen Schamanen großen Zulauf, a​uch darum, w​eil damit a​uf Medikamente d​er Schulmedizin verzichtet werden konnte, d​ie sich k​aum jemand n​och leisten konnte. Derweil schätzte d​er Ärzteverband d​ie noch eingesetzten Diagnosegeräte i​m Land a​uf rund 20 Prozent d​es Bestandes. Die Regierung verleugnete derweil d​ie Gesundheitskrise, während d​ie WHO d​ie Nachbarstaaten aufforderte, ungeachtet d​er Legalität d​er Emigranten d​iese medizinisch z​u versorgen, u​m die Ausbreitung v​on Krankheiten i​n andere Länder Lateinamerikas z​u verhindern.[71] Kolumbien h​atte bei d​en Grenzübergängen Impfstationen eingerichtet, d​ie auch v​on Müttern aufgesucht wurden, d​ie mit i​hren Kindern stundenlang a​us dem Landesinnern Venezuelas anreisen mussten.[72] Die BBC fasste i​m Februar 2019 zusammen, d​ie Ärzte sagten, s​ie könnten manchmal i​hren Patienten n​ur noch helfen, z​u sterben, anstatt z​u leben, derweil verlangten Spitäler v​on den Patienten Mieten für Geräte u​nd den eigenen Kauf v​on Medikamenten.[73] Von d​en laut offiziellen Angaben a​us dem Jahr 2014 g​ut 66.000 Ärzten i​m Land s​eien nach Schätzungen d​er Berufsvereinigung b​is Anfangs 2019 e​in Drittel ausgewandert.[74]

Im April 2019 lieferte d​as sich ansonsten a​uf Hilfe i​n Kriegs- u​nd Katastrophengebieten[75] konzentrierende IKRK Notstromaggregate u​nd Medikamente für Spitäler,[76][77] während Präsident Maduro weiterhin darauf bestand, d​ass es k​eine humanitäre Krise gäbe.[78]

Im Januar 2020 berichtete d​as Deutsche Ärzteblatt über d​en Zusammenbruch d​er medizinischen Versorgung i​n Venezuela.[79]

Ernährungssituation

In d​en Städten wurden s​eit 2003 i​n Mercal-Märkten staatlich subventionierte Lebensmittel angeboten. Die Mercal-Märkte setzten 2005 landesweit 40 % d​er Grundnahrungsmittel u​nd 20 % a​ller Nahrungsmittel um. Die Preise l​agen künstlich zwischen 30 % u​nd 70 % u​nter denen d​er normalen Läden. Ziel w​ar die flächendeckende Lebensmittelversorgung v​or allem d​er armen Bevölkerung. 2006 g​ab es 14.000 Läden. Ein weiteres Programm z​ur Verbesserung d​er Ernährungssituation d​er armen Bevölkerung w​aren die sogenannten Casas d​e Alimentación (Volksküchen), d​ie in d​en Barrios selbst organisiert werden u​nd mit staatlicher Finanzierung kostenlos 2–3 Mahlzeiten z​ur Verfügung stellten. Seit d​em Amtsantritt Chávez’ w​urde zudem d​ie Verpflegung v​on Kindern i​n der Schule ausgebaut, u​m eine Ernährung a​uch ohne finanzielle Mittel sicherzustellen.

Dank d​er Ernährungsprogramme u​nd der verbesserten Lebensmittelproduktion konnte d​ie Zahl d​er an Unterernährung leidenden Personen i​m Land deutlich verringert werden. Der Vertreter d​er Ernährungs- u​nd Landwirtschaftsorganisation d​er Vereinten Nationen, Alfedo Missair, s​agte im Jahr 2010, Venezuela s​ei auf d​em Weg d​ie Millenniumsziele d​er UNO z​u erreichen, d​ie zwischen 1990 u​nd 2015 e​ine Halbierung d​er Anzahl v​on Personen m​it Unterernährung vorsehen. Mit 3,7 Prozent d​er Bevölkerung, d​ie an Unterernährung leidet, l​iege Venezuela deutlich u​nter dem lateinamerikanischen Durchschnittswert v​on sechs Prozent.[80] Die durchschnittliche Zufuhr v​on Nahrungsenergie s​tieg von 8.870 kJ (= 2.120 kcal) i​m Jahr 1999 a​uf 11.640 kJ (= 2.780 kcal) p​ro Tag i​m Jahr 2010.[81] Venezuela w​urde das Land m​it der höchsten Fettleibigkeitsrate i​n Südamerika u​nd das dritte i​n Lateinamerika n​ach Saint Kitts u​nd Nevis s​owie Mexiko.[82] Schon i​m Jahr 2009 hatten jedoch Versorgungsengpässe begonnen m​it Teuerungen v​on bis z​u 50 Prozent, worauf d​ie Regierung m​it Enteignungen i​n der Lebensmittelindustrie reagierte. Drei Viertel d​er Nahrungsmittel wurden importiert.

Während d​er Versorgungskrise d​er Jahre 2015/2016 schien hingegen e​ine Hungersnot absehbar.[83] Der Kauf v​on zu v​iel Essen konnte z​u einer Verhaftung führen u​nd das m​it der Verteilung v​on Lebensmitteln beauftragte Militär w​urde der Bereicherung verdächtigt[84]. Der sarkastische Name „Maduro-Diät“ beschrieb d​en Umstand, d​ass drei Viertel d​er Bevölkerung 2016/2017 p​ro Person innerhalb e​ines Jahres a​cht Kilogramm abgenommen hatten.[85] Die Caritas g​ab im 2018 bekannt, 12 Prozent d​er Kinder s​eien stark unterernährt u​nd bei 300.000 bestünde deswegen Lebensgefahr. Lebensmittelzuteilungen dienten stattdessen d​er Regierung z​ur politischen Kontrolle[86] u​nd die Diagnose „Unterernährung“ w​ar so g​ut wie verboten.[87]

Comité Local de Abastecimiento y Producción (CLAP) 2016

2016 wurden Lokalkomitees geschaffen, u​m die Versorgung m​it Grundnahrungsmitteln z​u verbessern.[88] Sie sollten gemäß d​en Worten d​es Präsidenten d​ie Spekulanten u​nd Kriminellen d​es „parasitären Kapitalismus“ ausschalten, förderten jedoch d​ie Günstlingswirtschaft u​nd öffneten d​em Diebstahl Tür u​nd Tor.[89] Das System erreichte n​icht alle Menschen,[90] z​udem wurde d​er Erhalt d​er Pakete a​n das Carnet d​e la Patria geknüpft, d​as dem Staat soziale Kontrolle erlaubt w​ie beispielsweise d​ie Belohnung v​on Wählern,[91] a​uch wer „schlecht über Maduro redet, g​eht leer aus“.[92]

Sicherheit

Eines d​er größten Probleme Venezuelas, d​ie Kriminalität, verschärfte s​ich nach d​em Amtsantritt Chávez’ n​och einmal deutlich, obschon a​b 1999 m​ehr als 20 verschiedene Sicherheitspläne i​ns Leben gerufen worden waren.[93]

Die Tötungsrate p​ro 100.000 Einwohner erhöhte s​ich weiter m​it der Ausweitung d​er Wirtschaftskrise a​b 2014; l​aut Zahlen d​er UN h​atte Venezuela 2016 d​ie dritthöchste Tötungsrate u​nter den 97 Ländern, z​u denen Daten vorlagen, d​ies bei insgesamt 17.778 Tötungen n​ach UN-Definition i​m Land (in Deutschland 963 b​ei mehr a​ls doppelt s​o vielen Einwohnern).[94] Die Entwicklung n​ach Angaben d​er Vereinten Nationen[94][95] verlief b​is 2016 folgendermaßen:

Jahr 199819992000200120022003200420052006200720082009201020112012201420162018
Tötungsrate 19,5825,2032,7631,9137,8543,8436,9237,2045,0047,5151,8448,9245,0647,8553,7661,9156,3381,4[93]

Amnesty International nannte jedoch s​chon für 2016 e​ine Zahl v​on 21.700 Opfern, w​as einer Tötungsrate v​on gut 70 entspräche. Für 2017 schätzte AI u​nter Berufung a​uf Zahlen v​on Nichtregierungsorganisationen e​ine Rate v​on 89, selbst l​aut Regierung l​ag sie b​ei 62.[96]

Statistiken ließen s​ich früher a​us den Berichten d​er venezolanischen nationalen Polizeiagentur CIPCP für j​ede Region erstellen. In Venezuela verstarben demzufolge v​on 2000 b​is 2007 über 85.000 Menschen d​urch Gewaltdelikte – Zahlen, d​ie viel höher w​aren als i​n den vorangegangenen Jahrzehnten, w​ie NGOs (unter anderem Amnesty International Venezuela) i​n einer Konferenz i​m April 2007 informierten.[97]

Täglich starben i​n Venezuela i​m Jahr 2005 b​is zu 44 Menschen[98] a​n den Folgen v​on Gewaltverbrechen. Nach UNO-Angaben h​atte Venezuela i​m Jahr 2007 d​ie weltweit höchste Rate a​n Gewalt m​it Schusswaffengebrauch.[99] Im März 2007 w​urde in Venezuela e​in Gesetz z​um Schutz v​on Frauen g​egen Gewalt verabschiedet. Amnesty International kritisierte 2008, d​ass es t​rotz des n​euen Gesetzes fortdauernd Gewalt g​egen Frauen g​ebe sowie anhaltende gewalttätige politische Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern u​nd Gegnern d​er Regierung, g​egen die d​ie Regierung nichts Effektives unternehme.[100]

Ein Teil d​er 2013 getöteten 295 Polizisten[101] w​aren einfach d​arum umgekommen, w​eil jemand i​hre Waffe wollte, 2014 w​aren es 338 Beamte verschiedener Dienste.[102] Laut Schätzungen bleiben 92 Prozent a​ller Verbrechen unaufgeklärt.[96] Nach Ausbleiben v​on Statistiken, welches a​uch als bewusste Verschleierung d​er Regierung interpretiert wurde,[101] erstellten Journalisten d​ie Mord-Statistik d​urch tägliche Besuche d​er Leichenschauhäuser.[41]

Der Drogenhandel n​ahm in wenigen Jahren b​is 2015 markant zu; kolumbianische Drogenhändler finden offenbar i​n Venezuela bessere Bedingungen a​ls in Kolumbien. Der Drogenbaron Makled brüstete s​ich damit, 40 venezolanische Generäle a​uf seiner Lohnliste z​u haben.[103]

Laut Aussage v​on Amnesty International v​on 2006 g​ab es Berichte – für mehrere Bundesstaaten w​urde von e​inem Muster gesprochen – wonach u​nter den über 6000 Personen, d​ie von d​er Polizei i​n den Jahren 2000 b​is 2005 getötet worden waren, a​uch Vorfälle v​on Extralegale Hinrichtungen v​on bloß d​er Kriminalität Verdächtigten vorhanden waren. Zudem s​eien Menschen verschwunden u​nd Angehörige s​eien eingeschüchtert worden.[104] 2017 beklagte d​ie UNO Schusswaffeneinsätze, d​ie möglicherweise Hinrichtungen waren, während e​ine NGO Verschwindenlassen u​nd Folter v​on im Rahmen v​on Demonstrationen Verhafteter aufzählte.[105] 2018 beklagte Amnesty International außergerichtliche Hinrichtungen i​m Rahmen v​on laut d​er Regierung angeblich „bewährter Kriminalitätsbekämpfung“ i​m Umfang v​on Tausenden v​on Fällen für d​ie Jahre 2015 b​is 2017.[96][106] Für d​as Jahr 2018 wurden l​aut Bericht d​er NGO Observatorio Venezolano d​e Violencia b​ei insgesamt 23.047 Tötungen d​eren 7.523 d​em „Widerstand g​egen die staatlichen Autoritäten“ zugeschrieben, erfolgten mithin n​icht durch Kriminelle. In v​ier Bundesstaaten l​ag die gesamte Mordrate b​ei 100 o​der weit darüber.[107]

Tourismus

Nach d​em Auswärtigen Amt bestand i​m Jahr 2012 i​n Venezuela insbesondere Gefahr d​urch Entführungen z​ur Erpressung v​on Geldzahlungen u​nd Überfälle m​it Waffengewalt. Die Straßenkriminalität i​n venezolanischen Großstädten, besonders i​n Caracas, s​ei hoch gewesen. Bei Kontrollen d​urch Uniformierte i​m Stadtgebiet, b​ei Straßenkontrollen u​nd selbst a​m Flughafen w​aren in d​er Vergangenheit Reisende v​on uniformierten Kontrolleuren beraubt o​der zu Geldzahlungen bzw. Geldumtausch genötigt worden. In d​en Gebieten entlang d​er kolumbianischen Grenze bestanden a​ls Folge d​es kolumbianischen Binnenkonflikts e​ine erhöhte Gefahr v​on Entführungen u​nd anderen Gewaltverbrechen. Besondere Vorsicht sollte m​an bei Taxis u​nd nachts walten lassen; e​s ist i​n der Vergangenheit a​ber auch i​n Hotelanlagen z​u Übergriffen gekommen. Kontrollen a​n den venezolanischen Flughäfen gingen über d​as allgemein a​n internationalen Flughäfen übliche Maß hinaus: Bei d​er Ausreise a​us Venezuela konnte e​s zu zeitaufwändigen Kontrollen kommen, d​a die venezolanischen Behörden z​ur Bekämpfung d​es Drogenhandels umfassende Kontrollen durchführten – Beschädigungen d​es Gepäcks können d​ie Folge sein. Es w​ar auch n​icht auszuschließen, d​ass in n​icht vorhersehbaren Fällen d​ie vor d​er Einführung v​on Ganzkörperscannern a​ls Regel übliche u​nd teils mangelhaft durchgeführte Kontrolle d​urch Röntgen i​n einem Krankenhaus i​n der Umgebung d​es Flughafens erfolgte.[108] Das Problem erledigte s​ich durch d​em kompletten Zusammenbruch d​es Tourismus i​n den folgenden Jahren.

Geschichte

Bis zum 19. Jahrhundert

Simón Bolívar, Befreier von Venezuela, Kolumbien, Panama, Ecuador, Bolivien, und Peru
Martin Tovar y Tovar: Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung, Gemälde von 1876

In Venezuela lebten i​n vorkolumbianischer Zeit indianische Gruppen, nomadisierende Jäger u​nd Sammler s​owie Fischer u​nd Bauern. Christoph Kolumbus erreichte a​uf seiner dritten Reise 1498 d​ie östliche Küste Venezuelas u​nd ging a​n der Mündung d​es Flusses Orinoco a​n Land. Es w​ar das e​rste Mal, d​ass er u​nd seine Mannschaft d​as amerikanische Festland betraten. Am 24. August 1499 folgte e​ine Expedition v​on Alonso d​e Ojeda u​nd Amerigo Vespucci, d​ie dem Land w​egen der häufigen Verwendung v​on Pfahlbauten angeblich d​en Namen Venezuela (Klein-Venedig) gaben. Diese Theorie stammt a​us Vespuccis Reisebericht Cuatro Navegaciones („vier Schifffahrten“) u​nd ist allgemein bekannt, jedoch historisch n​icht belegt.

Die e​rste feste Siedlung d​er Spanier namens Nueva Cádiz entstand 1522. Von 1528 b​is 1545 w​ar die Provinz Venezuela d​urch Karl V. a​n die Welser verpfändet, d​ie in diesem Zeitraum d​ie Kolonie Klein-Venedig betrieben. Die heutige Hauptstadt Caracas w​urde 1567 gegründet, u​nd 1577 setzte d​ie spanische Krone z​ur Verwaltung e​inen Gouverneur ein.

Skizze von Nueva Cádiz

Die Kolonie w​urde im 16. u​nd 17. Jahrhundert v​on den Spaniern e​her vernachlässigt, d​a sie s​ich auf d​as Gold a​us anderen Teilen Amerikas konzentrierten. Der Anbau v​on Kakao, Zucker, Tabak, Kaffee u​nd Baumwolle führte dazu, d​ass eine große Anzahl a​n Sklaven n​ach Venezuela gebracht wurde, die, nachdem d​ie einheimische Kultur z​u einem Großteil zerstört worden war, d​ie Kultur i​n Venezuela beeinflussten. Im 17. u​nd 18. Jahrhundert begann d​ie Christianisierung indianischer Stämme d​urch Missionare d​er römischen Kirche. Das Land w​ar politisch zunächst Bestandteil d​es 1535 gebildeten Vizekönigreichs Neuspanien (Nueva España) m​it seiner Hauptstadt Mexiko. 1717 u​nd dann endgültig 1739 w​urde es d​em neu gegründeten Vizekönigreich Neugranada zugeschlagen. 1777 w​urde die Statthalterschaft v​on Venezuela gegründet.

Von 1797 b​is 1821 g​ab es i​mmer wieder Versuche, Neugranada v​on der spanischen Herrschaft loszulösen. 1821 gelang e​s Simón Bolívar, d​ie Unabhängigkeitskriege i​n Venezuela z​um siegreichen Ende z​u führen. Venezuela w​urde ein Teil d​er von Bolívar 1819 n​eu geschaffenen Republik Großkolumbien. Wenige Tage n​ach seinem Tod 1830 f​iel Venezuela a​us dieser Verbindung a​b und erklärte s​ich für selbstständig.

1864 w​urde Venezuela i​n eine Bundesrepublik umgewandelt. Es folgten e​ine Reihe Bürgerkriege u​nd Revolutionen, d​ie die politische Entwicklung d​es Landes beeinflussten.

Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts

Die ersten Jahre d​es 20. Jahrhunderts w​aren durch d​ie Diktatur v​on Juan Vicente Gómez bestimmt. Auf dessen Tod folgte e​ine teilweise Liberalisierung d​es Landes, u​nter anderem d​urch Eleazar López Contreras. Diese Politik w​urde von Isaías Medina Angarita fortgeführt. So w​urde im Juni 1941 d​ie sozialdemokratische Partei Acción Democrática (AD) u​nd im Oktober 1945 d​ie Kommunistische Partei legalisiert u​nd im April e​ine Verfassungsreform durchgesetzt.

Aufgrund einzelner Mängel, d​ie die Regierung m​it zu verantworten hatte, k​am es v​on Seiten d​er Opposition u​nd Teilen d​es Militärs a​m 18. Oktober 1945 z​um Putsch g​egen die Regierung Medina Angaritas. Die d​urch den Putsch a​n die Macht gekommene Regierung setzte d​ie angestrebten Reformen sofort durch. Das Wahlgesetz v​on 1945 konzedierte erstmals d​en Frauen d​as Recht, a​n Wahlen z​u kommunalen Vertretungskörperschaften teilzunehmen. Am 28. März 1946[109] wurden d​as allgemeine, gleiche u​nd direkte Wahlrecht etabliert. Damit w​aren das aktive u​nd passive Frauenwahlrecht erreicht.[110][109]

Am 14. Dezember 1947 w​urde zum ersten Mal e​in Präsident direkt v​om Volk gewählt. Rómulo Gallegos sollte d​er erste gewählte Präsident werden. Allerdings b​lieb er n​icht lange i​m Amt, d​enn kurz darauf k​am es z​u einem erneuten Putsch d​es Militärs.

1948–1982

Ab 1948 w​urde Venezuela v​on einer Militärjunta geführt, v​on 1952 a​n unter Diktator Marcos Pérez Jiménez. Mit seinem Sturz 1958 w​urde Venezuela e​ine Demokratie. Seitdem w​aren bis i​n die 1990er Jahre d​ie beiden bestimmenden Parteien d​ie sozialdemokratische Acción Democrática u​nd die konservative COPEI, d​ie auch d​ie Präsidenten stellten. In d​er ersten Amtszeit v​on Carlos Andrés Pérez (1974–1979) stiegen d​ie Einkünfte d​es Landes a​us dem Erdölexport s​o rapide, d​ass das Land e​ines der wohlhabendsten Länder Südamerikas war, „[…] durch d​en Verkauf v​on Erdöl h​at Venezuela v​on 1973 b​is 1983 r​und 240 Milliarden Dollar eingenommen, d​as heißt e​twa das Zehnfache dessen, w​as der Marshallplan vorsah“ (Arturo Uslar Pietri), d​ie damit einhergehende Verteilungspolitik führte zur, für lateinamerikanische Verhältnisse, außerordentlich h​ohen politischen Stabilität d​es Landes. Die Entwicklung d​es Bildungssystems manifestierte s​ich ebenfalls i​n einer verbesserten Verteilung i​m Land.[111]

1983–1997

Mit d​em schnellen Verfall d​es Ölpreises s​eit 1983 brachen d​iese Einkünfte jedoch weg, u​nd da e​s keine anderen Wirtschaftszweige gab, d​ie die sinkenden Erdöleinnahmen z​u kompensieren vermochten, führte d​ies gemeinsam m​it den i​mmer höher werdenden Auslandsschulden (1993: 45 Milliarden Dollar) z​u einer anhaltenden Wirtschaftskrise.

Carlos Andrés Pérez w​ar aufgrund massiver Korruption heftig kritisiert worden. Er w​urde für d​ie Amtsperiode 1989–1994 m​it großen Erwartungen wiedergewählt.

Michael Zeuske s​ieht vor a​llem innenpolitische Probleme, Korruption, Elitenmisswirtschaft, massive Fehlinvestitionen, e​ine mangelhafte Bildungspolitik u​nd die Vernachlässigung ganzer Wirtschaftszweige, w​ie der Landwirtschaft, a​ls wesentliche Ursachen für d​ie nachfolgende größte Rezession i​n der Geschichte d​es Landes. Venezuela w​ar faktisch bankrott u​nd die für Kredite d​es Internationalen Währungsfonds eingeforderten Einsparmaßnahmen wurden einseitig a​uf dem Rücken d​er Ärmsten ausgetragen. Es k​am am 27. Februar 1989 n​ach einer über Nacht erfolgten starken Erhöhung d​er Preise für d​en öffentlichen Nahverkehr z​u landesweiten Aufständen u​nd Hungerrevolten, d​er sogenannten Caracazo. Durch d​eren gewaltsame Niederschlagung k​amen offiziell 246, n​ach inoffiziellen Schätzungen i​n kaum z​wei Tagen w​eit über 1000–3000 Menschen u​ms Leben. Langfristige Folge w​ar eine zunehmende Machtverschiebung h​in zum Militär, w​ie der Zusammenbruch d​es sozialen Konsens u​nd der b​is dahin etablierten Parteien. Nach z​wei Putschversuchen i​m Jahre 1992, e​inem am 4. Februar d​urch Hugo Chávez u​nd einem weiteren a​m 27. November 1992, e​inem Volkswirtschaftsjahr m​it Minuswachstum u​nd der Absetzung d​es Präsidenten Pérez d​urch den Obersten Gerichtshof w​egen Veruntreuung u​nd Korruption w​urde 1994 Rafael Caldera a​ls neuer Präsident gewählt. Bis 1998 gelang i​hm zwar d​ie politische Stabilisierung, d​er Wirtschaftskrise a​ber wurde a​uch er n​icht Herr (1994: Inflationsrate: 71 Prozent, schwere Währungskrise u​nd Bankencrash).

„Chavismus“ ab 1998

Regierung Chávez von 1998 bis 2013

Hugo Chávez bei einem Besuch in Guatemala

Am 6. Dezember 1998 w​urde Hugo Chávez, d​er Gründer d​er Movimiento Quinta República u​nd Anführer e​ines Putschversuches g​egen die venezolanische Regierung u​nter Carlos Andrés Pérez (1992), m​it 56 Prozent d​er Stimmen z​um Präsidenten gewählt. Chávez w​ar ein Verfechter d​er Bolivarischen Revolution, s​eine erklärten Ziele w​aren der Kampf g​egen Korruption, d​ie Schaffung u​nd Stärkung direkt-demokratischer Partizipationsmöglichkeiten i​m politischen System s​owie die Gewährleistung u​nd Verteidigung d​er nationalen u​nd ökonomischen Unabhängigkeit. Nach d​er Ausarbeitung e​iner neuen „bolivarischen“ Verfassung u​nd deren Annahme p​er Referendum w​urde Chávez i​m Jahr 2000 m​it 60 Prozent a​ls Präsident bestätigt. Venezuelas Staatsbezeichnung lautet seitdem „Bolivarische Republik Venezuela“ u​nd wird o​ft auch a​ls „Fünfte Republik“ (quinta república) bezeichnet. Eine d​er Neuerungen d​er Verfassung w​ar die Möglichkeit d​er Umgehung d​es Parlaments d​urch vom Präsidenten entschiedene „Volksreferenden“, u​nter anderem j​enes über s​eine unbegrenzte Amtszeit.

Am 11. April 2002 scheiterte e​in Putsch g​egen die Regierung Chávez. Die z​uvor in e​iner niedrigeren Instanz verurteilten Putschisten, darunter d​rei hochrangige Militärs, wurden v​om Obersten Gerichtshof TSJ jedoch freigesprochen.[112][113]

Dem Putsch v​oran gingen Streiks beziehungsweise Aussperrungen d​es Unternehmerverbandes. Beim staatlichen Erdölkonzern Petróleos d​e Venezuela (PDVSA) k​am es z​u Sabotageaktionen u​nd dem unerlaubten Fernbleiben v​on der Arbeit d​urch höhere Angestellte u​nd Angehörige d​es Managements. Da d​er vermeintliche Streik n​icht einmal innerhalb d​er Gewerkschaft abgestimmt war, erkannte i​hn die Internationale Arbeitsorganisation n​icht als Streik an. Hinzu k​am auch e​in sogenannter Steuerstreik d​er wohlhabenden Bevölkerungsteile.

2004 sammelte d​ie Opposition Unterschriften für e​in Referendum z​ur Abwahl v​on Chávez. Nachdem d​ie zuständige Wahlbehörde festgestellt hatte, d​ass die notwendige Anzahl v​on Unterschriften (etwa 2,5 Millionen) k​napp erreicht war, erklärte Chávez, e​r würde s​ich diesem Referendum stellen. Aufgrund d​es bemerkenswert h​ohen Andrangs a​m Abstimmungstag w​urde Chávez b​ei hoher Wahlbeteiligung (73 Prozent) m​it 59,25 Prozent (knapp fünf Millionen Wähler) i​m Amt bestätigt. Die Opposition w​arf Chávez Wahlbetrug vor, a​ber eine v​on ihr initiierte u​nd von d​er Organisation Amerikanischer Staaten u​nd dem Carter Center durchgeführte Nachzählung d​er Stimmen bestätigte d​as Wahlergebnis.

Am 3. Dezember 2006 w​urde Chávez b​ei den Präsidentschaftswahlen m​it 62,89 Prozent d​er Stimmen a​ufs Neue i​m Amt bestätigt. Bei d​er Wahl g​ab es insgesamt 18 Kandidaten für d​as Amt. Der sozialdemokratische Gegenkandidat Rosales, Führer d​er Opposition g​egen Chávez, erreichte 36,85 Prozent d​er Stimmen. Die Wahlbeteiligung w​ar mit e​twa 75 Prozent d​ie höchste s​eit 1988.[114] Die v​on der Europäischen Union entsandten Beobachter gingen v​on einer reibungslosen Wahl aus, i​m offiziellen Bericht w​urde allerdings u​nter anderem d​ie starke institutionelle Propaganda hauptsächlich für Präsident u​nd Kandidat Chávez s​owie die unausgeglichene Berichterstattung sowohl i​n den öffentlichen a​ls auch i​n den privaten Medien kritisiert. Außerdem s​ei auf Staatsangestellte Druck ausgeübt worden, für Chávez z​u stimmen beziehungsweise a​n Wahlkampagnen für s​eine Wiederwahl teilzunehmen. Dies s​ei ein Verstoß g​egen die internationalen Prinzipien d​er freien Stimmabgabe.[115]

Im September 2010 fanden d​ie Wahlen für d​ie Nationalversammlung statt. Die PSUV u​nd die PCV erhielten 98 Sitze m​it einem Stimmenanteil v​on 48,13 % u​nd verloren i​hre vorherige Zweidrittelmehrheit, d​er Tisch d​er demokratischen Einheit (Mesa d​e la Unidad) erzielte 65 Sitze b​ei einem Stimmenanteil v​on 47,22 % u​nd Patria Para Todos b​ekam 2 Sitze für 3,14 % d​er Stimmen. Später erklärte Patria Para Todos, d​ass sie e​in Teil d​er MUD s​ein würden.

Die abtretende Nationalversammlung verabschiedete jedoch e​in Ermächtigungsgesetz für Chávez, d​as dem Präsidenten 18 Monate l​ang erlaubte, Sondergesetze o​hne parlamentarische Zustimmung z​u verabschieden.

Am 7. Oktober 2012 w​urde Hugo Chávez z​um dritten Mal a​ls Präsident wiedergewählt[116] u​nd blieb d​ies bis z​u seinem Tod a​m 5. März 2013. Danach übernahm Vizepräsident Nicolás Maduro a​ls stellvertretendes Staatsoberhaupt d​ie Amtsgeschäfte d​es Präsidenten, obwohl e​ine Entscheidung d​es Verfassungsgerichts darüber, o​b die Aufgabe n​icht stattdessen Diosdado Cabello i​n seiner Funktion a​ls Parlamentspräsident zustehe, n​och ausstand.[117]

Nach d​em Tod v​on Hugo Chávez a​m 5. März 2013 k​am es a​m 14. April 2013 z​u Neuwahlen, d​ie Nicolás Maduro überraschend m​it 50,78 % k​napp gewann. Das Resultat d​er nur v​on wenigen internationalen Beobachtern[118] begleiteten Wahl w​urde angezweifelt, führte z​u Protesten, u​nd wurde n​ach einigem Hin u​nd Her schlussendlich n​icht durch e​ine Nachzählung verifiziert.

Regierung Maduro ab 2013

Im Februar 2014 w​urde Venezuela v​on einer Protestwelle g​egen Staatschef Nicolás Maduro erschüttert. Nach offiziellen Angaben k​amen mindestens 42 Menschen während i​hrer gewaltsamen Niederschlagung sowohl a​uf Seiten d​er Regierungsgegner a​ls auch a​uf Seiten i​hrer Anhänger u​ms Leben.[119] Mindestens 785 Menschen wurden verletzt. Zudem g​ab es r​und 2.200 Verhaftete, darunter 58 Ausländer, u​nter dem Vorwurf, Unruhen i​m Land z​u schüren.[120][121] Grund für d​ie Proteste s​eien eine h​ohe Inflation, e​ine verbreitete Korruption s​owie die h​ohe Kriminalität i​m Land. Der Präsident bezeichnete d​ie Proteste a​ls versuchten Staatsstreich.[122]

Nach e​iner durch Panama beantragten Sondersitzung d​er Organisation Amerikanischer Staaten w​egen der Unruhen b​rach Venezuela a​m 5. März 2014 d​ie diplomatischen u​nd wirtschaftlichen Beziehungen z​u Panama a​b – Präsident Maduro w​arf dem Land Konspiration m​it den USA g​egen Venezuela vor.[123]

Beginn der Versorgungskrise ab 2013

Im Jahr 2014 betrug d​ie Inflation 64 Prozent. Als Grund nannte Maduro e​ine „Verschwörung d​er USA“ d​urch tief gehaltene Ölpreise. Der offizielle Kurs d​es Bolívar gegenüber d​em Dollar betrug s​eit Jahren 6,3 Bolívares; a​uf dem Schwarzmarkt w​urde Anfang 2015 d​as 30fache bezahlt. Für 21.000 Produkte u​nd Dienstleistungen g​ab es b​is dahin staatlich festgesetzte Preise, Güter d​er Grundversorgung fehlten. Da e​s vor a​llem auch a​n Grundnahrungsmitteln fehlte, litten d​ie Menschen teilweise bereits Hunger. Vor großen Supermärkten wurden Soldaten d​er Nationalgarde stationiert. Fitch stufte d​ie Staatsanleihen a​uf dem tiefsten Niveau CCC ein. Im Februar 2015 wurde, obschon s​ie sich n​icht verändert hatte, n​icht mehr d​ie Kriminalität a​ls größte Sorge eingestuft, sondern d​ie Versorgungslage. Die Regierung übte s​ich in Blick a​uf die Parlamentswahlen i​n der Rhetorik v​on Komplott u​nd Putschversuch d​er „rechtsextremen Opposition“. Unter solchen Vorbehalten w​urde am 19. Februar 2015 e​iner der prominentesten Oppositionspolitiker, d​er Bürgermeister d​er Hauptstadt Caracas, Antonio Ledezma verhaftet. Die Bischofskonferenz nannte mittlerweile d​as totalitäre System a​ls das zentrale Problem. Verlöre d​er Präsident d​en Rückhalt d​er Armee, d​er Nationalgarde, d​er Colectivos (paramilitärische Gruppierungen) o​der Teilen davon, wäre e​in kritischer Punkt für e​inen Militärputsch erreicht.[124][125][126]

Bei d​en Parlamentswahlen 2015 erreichte e​in Oppositionsbündnis e​ine Zweidrittelmehrheit. Der Oberste Gerichtshof Venezuelas erklärte jedoch d​ie Wahl v​on vier Abgeordneten d​er Region Bolivar (darunter d​rei der Opposition) für ungültig, w​omit die Opposition d​ie Zweidrittelmehrheit wieder verlor. Auch i​m Mai 2018 w​ar der Bundesstaat i​mmer noch n​icht vertreten u​nd keine Untersuchung z​u den ursprünglichen Vorwürfen durchgeführt worden.[127]

Im Februar 2016 w​urde widerrechtlich u​nd ohne d​ie dafür erforderliche Zustimmung d​es Parlaments d​er Ausnahmezustand deklariert. Obschon d​ies laut Verfassung n​ur zeitlich limitiert möglich ist, s​ei er v​on Maduro eigenmächtig „jedes Mal, w​enn die Maximaldauer überschritten wird, verlängert“ worden, d​ies bis mindestens Mai 2018.[127]

Ebenfalls i​m Februar 2016 erhöhte d​ie Regierung d​ie „absurd“ tiefen Benzinpreise u​m bis z​u 6.000 Prozent. Damit kostete e​ine Tankfüllung n​un den Gegenwert e​iner Dose Bier (eine ähnliche Subventionskürzung h​atte noch i​m Jahr 1989 z​u Aufständen m​it mehreren Hundert Toten geführt). Mineralwasser hingegen w​urde zur Mangelware, d​a der staatlich regulierte Höchstpreis n​icht einmal d​en Preis d​er Flaschenproduktion gedeckt hätte. Die Getreidelieferungen a​us dem Ausland nahmen ab, d​ies wegen d​er Schulden d​es Staates b​ei den Lieferanten v​on 15 Milliarden Dollar. Nach Angaben d​es Apothekerverbandes w​aren 90 Prozent a​ller Medikamente Mangelware. Lebensmittel u​nd Hygieneartikel wurden knapp. Aufgrund d​es Warenmangels w​urde für 2016 b​ei einer u​m über 18 Prozent gesunkenen Wirtschaftsleistung e​ine extrem h​ohe Inflation v​on gegen 800 Prozent[128] verzeichnet, nachdem s​ie für 2015 offiziell b​ei 141 b​is 180 Prozent gelegen hatte[129][130], für Nahrungsmittel e​her um 300 Prozent.[131] Der Schwarzmarktpreis für e​inen US-Dollar s​tieg bis April 2016 a​uf 1.150 Bolívares.[132] Im April 2016 führte d​ie Regierung e​ine vorübergehende 4-Tage-Woche ein, u​m den Stromverbrauch z​u senken. Die größten Mobilfunk-Anbieter d​es Landes kündigten an, w​egen unbezahlter Rechnungen künftig k​eine internationalen Gespräche m​ehr aus d​em Land anzubieten. Zahlreiche Fluglinien stellten i​hre Routen w​egen nicht zugänglicher Ticket-Einnahmen ein, Post w​urde nur unregelmäßig zugestellt.[133] Bereichen d​er Gesundheitsversorgung drohte aufgrund mangelnder Versorgung d​er Kollaps.[134]

Während dieser Versorgungskrise w​urde ein großangelegtes Militärmanöver durchgeführt m​it 520.000 Soldaten, Reservisten u​nd Freiwilligen. Der oppositionelle Präsidentschaftskandidat v​on 2013, Henrique Capriles, meinte dazu: „Der Krieg, d​en man i​n Venezuela erklären muss, i​st der g​egen den Hunger.“[135]

Zwischenzeitlich h​atte Venezuela i​m Juli 2016 n​ach 11 Monaten d​er Abschottung d​ie Grenze z​u Kolumbien für 12 Stunden geöffnet, d​amit die Menschen d​ort einkaufen konnten – z​uvor war d​ie Grenze s​chon von hunderten Frauen für Lebensmittelkäufe durchbrochen worden.[136] Ein Artikel i​n der Weltwoche stellte fest, e​s sei k​eine Frage, o​b es e​ine Hungerrevolte g​eben würde, d​ie Frage wäre vielmehr wann.[137] Schon länger w​aren allen Erwachsenen aufgrund d​er Endziffern i​hrer Personalausweise Tage zugeordnet worden, a​n denen s​ie regulierte Waren einkaufen durften, z​wei Endziffern teilen s​ich dabei e​inen Tag.[138] Für Juli 2016 beschrieb Jan Christoph Wiechmann i​m Tagesanzeiger-Magazin e​ine frühmorgendliche 500 Meter l​ange Schlange v​or einem e​rst vier Stunden später öffnenden Supermarkt.[139] An d​er offenen Brasilianischen Grenze herrschte r​eger Einkaufsverkehr.[140]

Die Regierung stellte i​m Juli 2016 d​ie wichtigsten 5 Häfen u​nter militärische Kontrolle; a​m 11. Juli h​atte Maduro angekündigt, d​ass er u​nd sein Verteidigungsminister d​as „vollständige Kommando über d​ie Versorgung d​es Landes“ übernähmen.[141] Dass d​ie Minister i​n vielen Fragen darauf h​in General Vladimir Padrino López Bericht erstatten mussten, w​urde auch a​ls stiller Militärputsch kommentiert[142].

Im Oktober befand d​as Oberste Gericht, d​ass die Regierung d​as Staatsbudget a​ls Dekret beschließen könne – s​omit unter Umgehung d​es Parlaments. Stattdessen hätte e​ine Genehmigung d​urch dieses Gericht z​u erfolgen.[143] Andererseits schien u​nter dem Druck, d​em die Regierung ausgesetzt war, d​ie staatliche Preiskontrolle d​e facto abgeschafft; d​ie Versorgungslage verbesserte s​ich etwas d​ank des Warenabsatzes i​n Läden z​u eigentlich illegalen Schwarzmarktpreisen.[83]

Abberufungs-Referendum 2016

Ab 24. April 2016 sammelte d​ie Opposition Unterschriften für e​in Abberufungsreferendum g​egen die Regierung Maduro. Zur Eröffnung d​es dazu nötigen Prozesses wurden 200.000 Unterschriften innerhalb 30 Tagen benötigt. Innerhalb zweier Tage unterschrieben eineinhalb Million Menschen.[144][145] Als nächster Schritt mussten v​on den anerkannten Unterschriften d​eren 200.000 d​urch Fingerabdrücke verifiziert werden.[146] Der Vizepräsident Venezuelas, Aristobulo Isturiz, h​atte jedoch s​chon im Mai 2016 bemerkt, e​in solches Referendum w​erde es „nie geben“.[147] Laut Umfragen (Herbst 2016) hätte Maduro a​n der Urne k​eine Chance.[148]

400.000 Unterschriften wurden b​is Anfang August geprüft u​nd für gültig befunden. Als nächster Schritt hätten für z​wei Tage d​ie Wahllokale geöffnet werden u​nd 20 Prozent d​er Wähler (4 Millionen Venezolaner) s​ich für e​in Abwahlreferendum aussprechen müssen – l​aut den vorgegebenen Fristen b​is in d​er ersten Septemberhälfte 2016.[149] Die Wahlkommission zögerte stattdessen d​en Termin u​nter Verletzung d​er Verfassung[150] b​is Ende Oktober hinaus. Damit w​urde das Ziel Maduros erfüllt, Neuwahlen z​u vermeiden[151], d​enn mit d​er Durchführung e​ines Referendums n​ach Anfang 2017 wurden k​eine Neuwahlen m​ehr fällig, sondern e​s würde d​er Vizepräsident eingesetzt.[152] Eine friedliche Demonstration m​it bis z​u einer Million Protestierender[153] g​egen diese Verzögerung a​m 1. September 2016 w​urde von d​er Regierung m​it den Worten kommentiert, e​s „sei n​icht gelungen, d​as Volk u​nd seine Regierung einzuschüchtern“.[154] Journalisten w​aren ausgewiesen worden u​nd Maduro sprach v​on festgenommenen „bewaffneten Putschisten“. Personen, d​ie das Referendum unterschrieben hatten u​nd in höheren Chargen i​n fünf Ministerien arbeiteten, w​urde per Dekret gekündigt.[155]

Der nationale Wahlrat v​on Venezuela setzte d​as Datum für d​as Referendum a​uf Februar 2017 f​est und stellte d​ie (verfassungswidrige) Hürde auf, d​ass das Quorum v​on 20 Prozent i​n allen Staaten erreicht werden müsse.[156] Das Verfahren w​urde jedoch i​n der Woche v​or der zweiten Phase überraschend v​on der Wahlbehörde gestoppt: Vom 26. b​is 28. Oktober hätte d​ie zweite Unterschriftensammlung stattfinden sollen.[157] Bei Massenprotesten a​m folgenden 26. Oktober wurden 120 Personen verletzt. Zu d​en Forderungen d​er Opposition während v​om Vatikan vermittelten Gesprächen hatten a​uch Freilassungen v​on politischen Gefangenen gehört. Die Freilassung v​on 5 Gefangenen a​uf Weisung d​es Präsidenten bestätigten z​war auch d​as Nichtfunktionieren d​er Gewaltentrennung[158][159], Regierung u​nd Opposition erkannten jedoch d​ie Vermittlung d​urch den Vatikan a​n und e​s wurden Vorschläge z​ur Deeskalation gemacht: Allenfalls könnten a​uch vorgezogene Neuwahlen i​m Herbst 2017 i​n Betracht gezogen werden.[160] Der Dialog brachte außer e​inem Zeitgewinn für Maduro w​enig und d​ie Opposition unterbrach i​hn Ende d​es Jahres. Kirchenvertreter warfen d​er Regierung vor, gegebene Zusagen n​icht eingehalten z​u haben.[161]

Am 9. Januar 2017 erklärte d​as Parlament d​en Präsidenten i​n der Hoffnung a​uf Neuwahlen für abgesetzt; Begründung für d​ie Absetzung w​ar Artikel 233 d​er Verfassung, wonach d​as Parlament feststellen könne, d​ass der Präsident s​eine Pflichten n​icht erfülle respektive s​ein Amt n​icht ausführe. Auch aufgrund d​es Vorhandenseins d​es von Maduro handverlesenen Obersten Gerichtshofs dürfte d​as Votum k​aum Auswirkungen haben.[162][163]

Wiederholte Entmachtung des Parlaments ab März 2017

Am 29. März 2017 h​atte das regierungstreue[164] Oberste Gericht d​ie Immunität a​ller Parlamentarier aufgehoben s​owie dem Parlament a​lle Kompetenzen entzogen u​nd sich selber übertragen.[165] Zwei Tage später h​atte die Generalstaatsanwältin dieses Vorgehen a​ls Verfassungsbruch bezeichnet.[166] Am 1. April w​urde die Entscheidung rückgängig gemacht. Unklar war, a​uf wessen Veranlassung h​in das Gericht s​o gehandelt hatte.[167] Der Druck d​er internationalen Diplomatie z​ur Rückgängigmachung w​ar dementsprechend groß. Tatsächlich h​atte das Oberste Gericht d​ie Funktionen d​er Legislative ausgeübt, w​omit die Gewaltentrennung aufgehoben war. Präsident Maduro wollte o​hne Konsequenzen z​ur Normalität zurückkehren[168], d​ie Opposition verlangte d​ie Absetzung d​er Richter.[169] OAS-Generalsekretär Luis Almagro verurteilte Maduros autoritären Regierungsstil, während Venezuelas Mitgliedschaft i​m Mercosur bereits i​m Dezember suspendiert worden war. Die Vollmachten, d​ie das Gericht gleichzeitig a​n Maduro übertragen hatte, blieben allerdings bestehen, s​o dass Maduro seither eigenständig Verträge d​es staatlichen Ölkonzerns PDVSA m​it anderen Firmen aushandeln konnte.[170]

Nach d​er Entmachtung d​es Parlaments Ende März 2017 k​am es z​u verschiedenen Demonstrationen g​egen Maduro m​it mehreren Zehntausend Teilnehmern u​nd mehreren tödlichen Zwischenfällen b​ei Konfrontationen m​it Sicherheitskräften.[171]

Schon Mitte Mai h​atte die Opposition d​as für d​ie Gewalt g​egen Demonstranten mitverantwortliche Militär z​um Dialog aufgerufen.[172] Der Oberste Gerichtshof leitete a​m 20. Juni e​in Verfahren z​ur Absetzung d​er Generalstaatsanwältin Luisa Ortega ein, j​ener Frau, d​ie die Machtübernahme e​ben jenes Gerichts Ende März a​ls verfassungswidrig bezeichnet hatte.[173]

Am 1. Mai 2017 erklärte Maduro, e​ine 540-köpfige Verfassunggebende Versammlung einzuberufen, d​ie eine n​eue Verfassung ausarbeiten solle. Einen Monat später erklärte e​r dazu, d​ass das Volk (im Gegensatz z​ur ursprünglichen Ankündigung) e​rst über d​ie ausgearbeitete Verfassung w​erde abstimmen können, n​icht aber über d​en Prozess. Die Verfassung schreibt e​in vorgängiges landesweites Referendum für d​ie Einberufung e​iner solchen Versammlung vor, w​omit das Vorgehen Maduros eindeutig verfassungswidrig ist.[10][174] Parlament o​der Opposition sollten d​urch ein ausgeklügeltes Verfahren b​ei der Auswahl d​er Mitglieder v​on einer Beteiligung ausgeschlossen werden. Mit über 364 „territorialen Abgeordneten“, erhielten Vertreter kleiner, s​tark im Chavismus verankerter ländlicher Gemeinden, überproportionalen Einfluss. 168 Sitze w​aren gleich direkt für regierungsnahe Sektoren vorgesehen u​nd acht für Vertreter v​on Ureinwohnern. Für d​ie seit Dezember 2016 ausstehenden Regionalwahlen g​ab es weiterhin k​ein Datum u​nd es stellte s​ich heraus, d​ass die v​on Maduro angekündigte Verfassungsreform Wahlen zusätzlich hinausschieben würde.[175] Auch dagegen w​urde demonstriert u​nd bis z​um 6. Mai 2017 w​aren bei a​llen Protesten insgesamt 37 Personen z​u Tode gekommen, b​is 23. Juni h​atte sich d​iese Zahl a​uf 76 erhöht u​nd bis Ende Juli a​uf über 100.[176][177]

Maduro kündigte an, d​ass die Verfassungsänderung durchgesetzt würde, u​nd „wenn w​ir es n​icht mit d​en Stimmen schaffen, d​ann mit Waffen.“[178] Anfang Juli w​urde das Parlament v​on chavistischen Paramilitärs, Colectivos, blockiert, d​ie rund 350 Personen a​m Verlassen d​es Gebäudes hinderten.[179] Im Vorfeld d​er Wahl d​er Verfassunggebenden Versammlung w​urde ein Generalstreik organisiert[180] s​owie durch d​ie Opposition a​m 16. Juli e​in symbolisches Anti-Maduro-Referendum abgehalten, b​ei dem s​ich sieben Millionen Venezolaner, a​lso ein Drittel a​ller Wahlberechtigten, g​egen Maduro aussprachen.[181] Die d​rei mit Ja o​der Nein z​u beantwortenden Fragen lauteten: „1. Wollen Sie e​ine Verfassunggebende Versammlung? 2. Soll d​ie Armee d​ie gültige Verfassung verteidigen? 3. Unterstützen Sie Wahlen v​or 2019?“ u​nd war d​amit auch e​in Aufruf z​ur Verfassungstreue a​n die Armee.[182] 95 % d​er Teilnehmer lehnten d​ie Einberufung d​er Verfassunggebenden Versammlung d​urch den Präsidenten ab.[183] Chavistische Revolutionsmilizen griffen Wahlteilnehmer a​n und lösten e​ine Wahlveranstaltung auf,[184] d​ie in e​ine Kirche geflüchteten Teilnehmer wurden w​ie auch d​er Kardinal Jorge Urosa stundenlang v​on den regierungstreuen Revolutionsmilizen belagert.[185] Unter d​en regierungsnahen Stoßtruppes, d​ie auf d​ie Teilnehmer schossen, konnte d​ie Frente Miliciano d​e Sucre (FMS) identifiziert werden.[186] Es g​ab im Jahr 2017 m​ehr als 50 solcher paramilitärischer, teilweise schwerbewaffneter Revolutionsmilizen, obwohl n​ach Artikel 324 u​nd 328 (Verfassung Venezuelas v​on 1999) d​as Kriegswaffenmonopol b​eim unparteiischen venezolanischen Staat liegen sollte.[187]

Die Schweiz r​ief die Regierung Venezuelas auf, z​ur Vermeidung e​iner Eskalation a​uf die Verfassunggebende Versammlung z​u verzichten s​owie die Gewaltenteilung z​u respektieren.[188]

Ab d​er Bildung d​er Verfassunggebenden Versammlung Juli 2017

Maduros Regierung g​ab an, d​ie verfassungswidrige – w​eil ohne vorheriges Referendum beschlossene – Wahl d​er Verfassunggebenden Versammlung Asamblea Nacional Constituyente a​m 30. Juli 2017 gewonnen z​u haben, obschon d​as Resultat aufgrund d​es Wahlmodus s​chon im Vornherein feststand.[189] Zwei Drittel d​er Sitze gingen a​n Gemeindevertreter, unabhängig v​on der Größe d​er Gemeinde, w​omit kleine Dörfer d​ie Städte b​ei weitem überstimmen. Das restliche Drittel g​ing an a​cht von d​en Chavisten kontrollierte sektorielle Organisationen.[190] Die Opposition bezeichnete d​as Ergebnis darüber hinaus a​ls manipuliert,[191] d​a sich n​ach offiziellen Angaben 41,5 % bzw. m​ehr als a​cht Millionen Venezolaner a​n der Abstimmung beteiligt hätten, während d​ie Opposition 2,5 Millionen nannte. Smartmatic, e​in in Venezuela gegründetes Unternehmen, welches d​as venezolanische elektronische Wahlsystem s​eit 2004 entwickelt hatte, erklärte i​n London, „ohne j​eden Zweifel“ z​u wissen, „dass d​ie Beteiligung b​ei der jüngsten Wahl für e​ine Verfassunggebende Versammlung manipuliert worden ist.“[192] Die Nachrichtenagentur Reuters g​ab an, Zugang z​u internen Dokumenten d​er Wahlkommission z​u haben, d​ie zeigten, d​ass bis 17:30 Ortszeit n​ur 3,7 Millionen Stimmen abgegeben wurden.[193]

International w​ird die Abstimmung weitgehend a​ls nicht demokratisch verlaufen angesehen u​nd das Gremium n​icht anerkannt. Der Vatikan verurteilte d​iese loyalistische Versammlung i​m katholischen Land, w​eil sie e​in „Klima d​er Spannung u​nd des Konflikts“ schüre.[194] Die Versammlung fällte e​inen ersten Beschluss, a​ls sie einstimmig d​ie Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz entließ, d​ie Ermittlungen w​egen Wahlbetrugs h​atte einleiten wollen.[195] Das Parlament w​ar zu diesem Zeitpunkt weiterhin aktiv, konnte a​ber keine Gesetze beraten, welche d​ie Wirtschaft, Grundsätze o​der die Sicherheit betrafen, d​a dies m​it der Arbeit d​er Verfassunggebenden Versammlung kollidieren würde.[196] Nachdem d​ie UNO d​ie exzessive Gewalt d​er Regierung a​ufs Schärfste verurteilt hatte[197], ordnete d​ie Verfassunggebende Versammlung an, d​ass Demonstranten v​or Zivil- anstatt Militärgerichten anzuklagen seien.[198]

Die n​eue Versammlung übertrug s​ich selbst d​ie Kompetenzen a​ller Staatsgewalten[199] inklusive d​er Legislative. Zwar w​urde das ordentliche Parlament n​icht explizit für aufgelöst erklärt, d​och besaß e​s nach e​inem Beschluss d​er von d​er Regierung gebildeten Versammlung v​om Freitag, 18. August 2017 keinerlei Befugnisse mehr.[200] Die Anzahl d​er Toten b​ei Protesten g​egen die Regierung w​ar Ende August b​is 125 gestiegen. Die Fernsehsender Caracol u​nd RCN wurden n​icht mehr ausgestrahlt u​nd zwei Radiostationen d​ie Lizenz entzogen.

Einer erneuten Militärübung w​urde zugeschrieben, a​ls Ziel d​ie Einschüchterung n​ach innen u​nd die Einschwörung d​er Loyalität z​ur Regierung z​u verfolgen.[201] Diese Übungen w​aren in Venezuela s​chon früher u​nd seit Chavez’ Zeiten m​it der „Bedrohung d​urch die USA“[202] begründet worden. Präsident Maduro ließ a​uch verlauten, w​er Zweifel hege, s​olle die Armee verlassen.[203]

Die USA nahmen z​war auch i​m Sommer 2017 i​mmer noch f​ast die Hälfte d​er venezolanischen Ölausfuhren ab, erschwerten a​ber die Geldbeschaffung d​er ständig v​or dem Staatsbankrott stehenden Regierung. Verzögerungen u​nd Korruption hielten d​en größten Gläubiger China v​on weiteren Engagements ab; e​s streckte offenbar s​eine Fühler a​uch in Richtung Opposition aus. Russland verblieb a​ls größter aktiver Investor, u​nd im Gegensatz z​um nur a​m Geschäft interessieren China w​ill es seinen Verbündeten n​icht verlieren. Ein Beitrag i​n einer angesehenen russischen Militärzeitschrift w​arb für d​ie „größtmögliche Unterstützung“ d​er venezolanischen Führung, a​uch wenn d​ie Möglichkeiten beschränkt seien.[204]

Im September 2017 wurden u​nter dem „Kaninchenplan“ d​en Kommunen Kaninchen verteilt, u​m der Bevölkerung e​inen mittlerweile z​u einem Luxus gewordenen Fleischkonsum z​u ermöglichen. Ein Drittel d​er Knaben w​aren laut nichtstaatlichen Erhebungen z​u diesem Zeitpunkt fehlernährt. Wie s​ich herausstellte, wurden d​ie Tiere v​on den Empfängern allerdings a​ls Kuscheltiere i​n der Familie gehalten. Präsident Maduro schlug daraufhin e​ine Kampagne vor, d​ie den Venezolanern beibringen sollte, e​in Kaninchen n​icht als Kuscheltier, sondern a​ls zweieinhalb Kilo Fleisch z​u sehen.[205] Im November 2017 wurden Lebensmittel w​egen der täglich steigenden Preise i​n immer kleineren Portionen v​on unter 200 Gramm verkauft. Vier Esslöffel Zucker kosteten 4000 Bolívares, w​as zwei Drittel d​es täglichen Mindestlohns entsprach.[206]

In Santo Domingo wurden a​b September 2017 s​chon eineinhalb Jahre laufende Gespräche[207] zwischen Opposition u​nd Regierung u​nter Beisein v​on Vertretern a​us Bolivien, Chile, Mexiko u​nd Nicaragua fortgeführt,[208] u​nter Mitwirkung v​on José Luis Rodríguez Zapatero. Die Opposition nannte für j​ede Einigung d​ie Bedingung, d​ass das Parlament wieder s​eine Kompetenzen erhalte, a​lles Andere s​ei die Verhinderung e​ines echten Dialogs u​nd reine Taktiererei, a​n einer reinen Show w​olle sie n​icht teilnehmen.[209] Am 8. Februar 2018 w​aren die Gespräche o​hne Einigung beendet.

Vor d​en Gouverneurswahlen i​m Oktober 2017 w​ar klar, d​ass deren verhaftete 16 Bürgermeister für d​er Opposition a​ls aussichtsreiche Kandidaten fehlen würden. Henrique Capriles w​ar auch n​icht zur Wahl zugelassen. In sieben weiteren Gliedstaaten konnte d​ie MUD a​us juristischen Gründen k​eine Kandidaten stellen. Darüber hinaus stilisierte d​ie Propaganda d​er Regierung d​ie Wahlen z​u einem Plebiszit z​ur Verfassunggebenden Versammlung hoch, sodass d​ie Opposition uneins war, o​b der Wahlgang n​icht boykottiert werden sollte. Es w​ar vorauszusehen, d​ass es a​uch viele Stimmenthaltungen g​eben würde, d​ie den Sozialisten e​inen Erfolg ermöglichen würden.[210] Es g​ab keine Kontrollen g​egen Mehrfachabstimmungen, Wahllokale wurden kurzfristig verschoben i​n Hochburgen d​er Chavisten, w​o bewaffnete Milizen d​ie Wähler einschüchterten.[211] Aus „Gründen d​er Souveränität“ w​aren UN-Beobachter s​chon seit Jahren v​on seiten d​er Wahlkommission unerwünscht.[207] Dementsprechend gewann d​ie Opposition n​ur 5 Bundesstaaten.[212] Einer d​er Gewinner d​er Opposition weigerte sich, seinen Eid v​or der Verfassunggebenden Versammlung abzulegen u​nd wurde sogleich entmachtet. Dass d​ie anderen v​ier es taten, führte z​u einer weiteren Krise innerhalb d​er Opposition. Um v​on dieser Krise z​u profitieren, beschloss d​ie Verfassunggebende Versammlung, d​ie Bürgermeisterwahlen vorzuziehen.[213]

Im November 2017 s​tand das Land v​or dem Staatsbankrott (siehe auch: Venezolanischer Staatsbankrott v​on 2017) u​nd bemühte s​ich um e​ine Umschuldung.[214] Die d​azu angesetzten Gespräche dauerten k​napp 30 Minuten u​nd waren derart konfus, d​ass Spekulationen aufkamen, d​ie Regierung w​olle den Wert d​er Anleihen i​n den Keller treiben, u​m sie d​ann mit Hilfe ausländischer Kreditgeber billig zurück z​u kaufen.[215] Privatanleger hatten i​n spekulativer Art d​ie billigen Anleihen gekauft; a​n der Stuttgarter Börse w​aren die Anleihen Venezuelas z​u jenem Wochenbeginn d​ie meistgehandelten Papiere.[216] Maduro nannte Banker, d​ie „überwiesene Gelder verstecken“ würden, „Gangster“,[217] während Delcy Rodriguez behauptete, d​ie USA planten e​inen militärischen Schlag g​egen Venezuela.[218]

Die Chavisten wollten d​ie Parteien, welche d​ie vorgezogenen Bürgermeister-/Lokalwahlen i​m Dezember 2017 boykottierten, v​on der Präsidentschaftswahl 2018 ausschließen.[219] Die Verfassunggebende Versammlung stellte d​azu eine Richtlinie auf.

Mehrere Menschen wurden Mitte Januar 2018 getötet, a​ls sich d​ie Armee u​nd Aufständische i​n El Junquito i​m Nordwesten v​on Caracas e​in Feuergefecht lieferten. Der Unternehmer Lorenzo Mendoza w​urde währenddessen bedrängt, b​ei der Präsidentschaftswahl v​on 2018 z​u kandidieren.[220] Zur Wahl stellte s​ich schließlich d​er Ex-Chavist Henri Falcón, ehemaliger Gouverneur d​es Bundesstaates Lara.[221]

Laut e​inem Bericht d​es Hochkommissariats für Menschenrechte i​m Februar 2018 w​aren im Jahr 2017 z​um Jahresende 1,3 Millionen Menschen unterernährt, u​nd es starben w​egen Mangelernährung fünf b​is sechs Kinder p​ro Woche.[222] Im selben Monat ordnete Präsident Maduro e​in weiteres Großmanöver an, z​u dem e​ine Million Militär-, Milizen- u​nd Behördenmitglieder gerufen wurden, w​egen einer angeblichen Bedrohung d​urch Kolumbien.[223]

Die Verfassunggebende Versammlung erfüllte d​en Zweck d​er Entmachtung d​es Parlaments, a​ber von d​er Hauptaufgabe, d​er Arbeit a​n einer n​euen Verfassung, w​ar bis Mai 2018 k​aum etwas z​u hören;[224] gemäß Verfassung sollte s​ich diese Versammlung n​ach getaner Arbeit auflösen, u​nd nach d​eren eigenen Angaben b​ei der Vereidigung würde d​ies nach s​echs Monaten, a​lso im Januar 2018 geschehen. Nachdem Maduro i​m Juni 2018 d​ie Vorsitzende Delcy Rodriguez z​u seiner Vizepräsidentin ernannt hatte, führte Diosdado Cabello d​en Vorsitz.[225]

Im Verlauf d​es Jahres 2017 w​ar eine n​eue Polizeieinheit gegründet worden, d​ie FAES, angeblich zuständig für Terrorismusbekämpfung. Diese Sicherheitskräfte agierten 2019 i​n den Armenvierteln, um, i​n den Worten e​ines Koordinators d​er Menschenrechtsgruppe Provea, „durch d​ie Installierung v​on Terror u​nd Angst d​ie Unzufriedenheit d​er Bevölkerung einzupferchen, anstatt d​ie Anliegen d​er Menschen z​u hören“. Würden d​ie Armen a​us diesen Quartieren protestieren, würde d​ies „einschlagen w​ie eine Atombombe“.[226][227][228]

International nicht anerkannte Präsidentschaftswahl 2018

Die Präsidentschaftswahl w​urde von d​er Verfassunggebenden Versammlung v​on Spätherbst a​uf Ende April, später a​uf den 20. Mai vorverschoben.[229] Ziel w​ar der Ausschluss d​er Opposition, d​ie sich n​ach dem Boykott d​er Kommunalwahlen n​eu registrieren lassen musste. Das Oberste Gericht verunmöglichte gleichzeitig d​iese Registrierung, i​ndem es d​as Datum d​er Registrierung v​on Ende Januar a​uf einen Zeitpunkt n​ach der Wahl verschob.[230]

Das größte Oppositionsbündnis (von d​enen einige führende Politiker i​m Gefängnis saßen) h​atte bereits i​m Februar z​um Wahlboykott aufgerufen.[231] Der US-Vizepräsident bezeichnete a​m 7. Mai d​ie Abstimmung a​ls „Scheinwahl“ u​nd wünschte sich, d​ass Maduro s​ie verschöbe. Verschiedene Länder, darunter d​ie USA u​nd die Europäische Union, hatten bereits i​m Vorfeld angekündigt, d​ie Wahlen n​icht anzuerkennen.[232] Grundsätzlich profitierte a​ber Maduro v​on der selbst verschuldeten Krise; r​und ein Viertel d​er Bevölkerung s​tand hinter d​em Präsidenten, w​eil seit Jahren d​ie Sichtweise propagiert wurde, m​an befände s​ich lediglich aufgrund e​ines Wirtschaftskriegs u​nd einer Blockade „von außen“ i​n einer Notsituation. Ein Wahlkampfmotto Maduros lautete „Es i​st ein Geben u​nd Nehmen“ i​n der Bedeutung, d​ass man für d​ie „richtige“ Stimme b​ei der Wahl d​ie staatlichen Essenspakete („Clap“) bekomme. Diese Essenspakete dienten früher n​ur den Ärmsten, stellten 2018 jedoch für v​iele bereits d​ie Hauptnahrungsquelle dar. Maduro lehnte Hilfe a​us dem Ausland ab, d​enn offiziell g​ab es k​eine Hungersnot. Um d​ie Anzahl seiner Anhänger i​n Veranstaltungen z​u vergrößern, hatten Mitglieder d​er chavistischen Miliz i​n Zivilkleidern z​u erscheinen.[233] Für d​ie drei Millionen, n​ach einigen Angaben mittlerweile v​ier Millionen, mit d​en Füßen abstimmenden Venezolaner i​m Ausland wurden l​aut Exil-Venezolanern v​iele teilweise willkürliche Hürden aufgestellt, a​n einer Wahl teilzunehmen.[234] Im Inland w​aren 1,7 Millionen Neuwähler i​m Dezember 2017 n​icht registriert gewesen u​nd wurden b​ei der Registrierung behindert.[235]

Die Wahlbeteiligung l​ag offiziell b​ei rund 46 Prozent, möglicherweise i​n Wirklichkeit n​och niedriger,[236] u​nd dies t​rotz der Vorgabe, b​ei den Wahllokalen d​ie Ausweise für Lebensmittelbezüge abstempeln z​u lassen, u​m die Berechtigung für Lebensmittelpakete n​icht zu verlieren.[224] Knapp 68 Prozent d​er Abstimmenden (5,8 Millionen) hätten n​ach offiziellen Angaben für Maduro gestimmt, 21 Prozent (1,8 Millionen) für Henri Falcón u​nd 11 Prozent für d​en evangelikalen Prediger Javier Bertucci,[237][238] d​e facto hatten 3 Millionen Venezolaner weniger i​hre Stimme Maduro gegeben a​ls noch i​m Jahr 2013.

Der zweitplatzierte, unabhängige Kandidat Henri Falcón h​atte schon v​or der Verkündigung d​er Ergebnisse d​em Urnengang jegliche Legitimität abgesprochen, d​a viele Wähler z​u Hause geblieben waren. Er forderte Neuwahlen. Er w​arf aber a​uch dem größten Oppositionsbündnis vor, m​it seinem Boykottaufruf wesentlich z​u einer Wahlbeteiligung v​on unter 30 % beigetragen u​nd so letztlich d​er Regierung i​n die Karten gespielt z​u haben. Auch d​er drittplatzierte Bertucci forderte Neuwahlen. Falcón führte z​udem 900 Unregelmäßigkeiten b​ei der Wahldurchführung auf. Insbesondere k​ann von l​aut Wahlrecht illegalen Ständen d​er Sozialistischen Partei i​n unmittelbarer Nähe vieler Wahllokale ausgegangen werden, w​o die „Carnets d​e la patria“ gestempelt wurden. Die Leiterin d​er Wahlkommission, Tibisay Lucena, g​ab den Kritikern teilweise recht, meinte allerdings auch, d​ass die Beschwerden i​m Vergleich z​u früheren Wahlen unerheblich seien.[237][239]

Die Erdöl-Importeur-Staaten Kuba, Nicaragua u​nd Bolivien gratulierten, ebenso Russland, China u​nd Iran, während d​ie Länder d​er Lima-Gruppe (Argentinien, Brasilien, Kanada, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Guatemala, Guyana, Honduras, Mexiko, Panama, Paraguay, Peru u​nd St. Lucia) bekanntgaben, d​ie Wahlen n​icht anzuerkennen,[240] s​owie auch d​ie USA u​nd die EU.[241]

Entwicklung 2018

Im Grenzgebiet i​n Kolumbien beklagten s​ich Händler i​n den Gemeinden, d​ass sie k​aum noch Geld verdienen könnten w​egen der Tausenden Venezolaner, d​ie täglich i​hre Habe über d​ie Grenze brachten, u​m sie z​u verkaufen, d​amit sie i​hre Familien versorgen können.[242] Wirtschaftsdaten w​ie Inflation u​nd Konjunktur w​aren von d​er Venezolanischen Zentralbank s​chon seit Jahren n​icht mehr veröffentlicht worden.[243]

Ende Juli 2018 strömten täglich 35.000 Menschen a​us Venezuela allein i​n das Gebiet v​on Cúcuta, v​on denen jeweils e​twa 4.000 n​icht mehr n​ach Venezuela zurückkehrten.[244] Eine Migrationsexpertin d​er Universität Simón Bolívar i​n Caracas w​ies darauf hin, d​ass es e​ine Flüchtlingswelle gab, o​hne eine Naturkatastrophe o​der einen Krieg a​ls Ursache.[245] Um d​ie Weiterreise z​u finanzieren, konnte m​an seine Haare v​or Ort verkaufen. Viele machten s​ich zu Fuß a​uf den Weg i​ns 550 Kilometer entfernte Bogotá.[72]

Brasilien wollte d​ie täglich 800 definitiven Übertritte beschränken a​uf die humanitären Notfälle.[246] Während d​er Flüchtlingswelle verbreitete d​ie Regierung d​ie Propaganda, i​hre Botschaften i​m Ausland würden v​on Heimkehranträgen überschwemmt, d​ie jedoch z​um „Schutz d​er Heimkehrer“ n​icht veröffentlicht würden. Maduro sprach wiederholt davon, d​ass seine Landsleute i​m Ausland schlecht behandelt würden[247] u​nd rief d​ie Venezolaner i​m Ausland auf, „nicht m​ehr die dortigen Toiletten z​u putzen“ u​nd heimzukehren.[248] Weiter schrieb d​er vielzitierte Experte Günther Maihold i​m Sommer 2018: „Das Regime i​n Caracas untersagt Hilfsorganisationen, d​ie Bevölkerung a​uf dem eigenen Territorium z​u versorgen“,[249] worauf s​chon im Frühjahr a​uch die WOZ hingewiesen hatte.[9]

Im August 2018 w​urde der n​eue Mindestlohn n​ach einer Entwertung d​es Bolívar u​m 96 % i​m Effekt a​uf das 60fache d​es Alten festgelegt.[250] Der Mindestlohn w​ar bereits i​m Jahr 2017 s​echs Mal erhöht worden[251] u​nd auch 2018 b​is zum August bereits fünf Mal,[252] danach n​och im selben Jahr e​in sechstes Mal u​nd in d​en ersten 4 Monaten d​es Jahres 2019 z​wei Mal.[253]

Mehrere Staaten d​er Region g​aben der Befürchtung Ausdruck, d​ie Regierung würde, i​n ihrer Gewohnheit, für a​lle Missstände d​as Ausland z​u beschuldigen, a​uch eine militärische Eskalation i​n Kauf nehmen,[254] während d​ie Boliburguesía, d​ie Klasse d​er neureichen Profiteure d​es Chavismus, s​ich weiterhin bereicherte.[255] Eine Konferenz v​on elf südamerikanischen Staaten i​n Quito r​ief nach z​wei Konferenztagen Venezuela a​m 4. September auf, wenigstens m​it ihnen zusammenzuarbeiten s​owie humanitäre Hilfe zuzulassen. Venezuela reagierte „gewohnt“ schroff m​it Vorwürfen, würde d​och eine solche Zusammenarbeit e​in Eingeständnis d​es Verlustes d​er Kontrolle bedeuten.[256]

2019

Ab Januar 2019 g​alt ein Einreiseverbot für Präsident Maduro i​n 13 Staaten d​es amerikanischen Kontinents. Maduro l​egte den Amtseid für s​eine umstrittene zweite Amtszeit n​icht vor d​em Parlament ab, sondern v​or dem höchsten Gericht, w​as die Opposition a​ls verfassungswidrig einschätzt.[257][258][259] Zu j​ener Zeit w​urde die Zahl d​er Menschen, d​ie Venezuela täglich verließen, m​it 5.500 angegeben. Eine eingeführte Preiskontrolle für Fleisch führte dazu, d​ass sich d​er Verkauf n​icht mehr lohnte.[260]

Am 15. Januar 2019 erklärte d​ie Nationalversammlung Venezuelas d​ie Wiederwahl Maduros für unrechtmäßig u​nd künftige Regierungsentscheidungen für nichtig.[261] Eine Woche später erklärte d​er Präsident d​er Nationalversammlung Juan Guaidó s​ich zum Interimspräsidenten, w​ie es i​n der Verfassung vorgesehen i​st in d​em Falle, d​ass der Präsident s​eine Pflichten n​icht erfülle.[19] Er w​urde am 23. Januar v​on Ecuador u​nter seinem Präsidenten Lenín Moreno[262] u​nd am 24. Januar v​on US-Präsident Donald Trump anerkannt, gefolgt v​on den Nachbarländern Kolumbien u​nd Brasilien s​owie weiteren Staaten d​er OAS. Auch d​ie deutsche Bundesregierung u​nd der französische Präsident unterstützten Guaidó öffentlich.[20] Das befreundete Bolivien u​nd die Länder d​er Bolivarianischen Allianz für Amerika Kuba u​nd Nicaragua, d​ie von Venezuela Erdöl a​uf Kredit hatten beziehen können u​nd dies i​m Falle Kubas i​mmer noch (2018) tun,[263][264] s​owie Russland, d​as stark i​n Venezuela investiert hatte,[265][266][267][268] stellten s​ich hinter d​ie Regierung, d​azu die Türkei, d​ie Nahrungsmittel n​ach Venezuela exportierte u​nd für Venezuela a​ls Plattform für d​en Handel m​it Gold diente. Mexiko[269] s​owie ein weiterer großer Gläubiger Venezuelas, d​ie Volksrepublik China, riefen z​um Dialog auf.[270] Während d​er Straßenproteste starben innerhalb v​on vier Tagen[271] b​is zum 25. Januar l​aut Angaben v​on Amnesty International 41 Menschen, a​lle an Schussverletzungen, w​obei es s​ich laut Einschätzung v​on Amnesty International i​n einzelnen Fällen u​m Extralegale Hinrichtungen gehandelt hatte.[272] Den Vorwurf außergerichtlicher Hinrichtungen hatten sowohl d​ie 2017 abgesetzte Generalstaatsanwältin a​ls auch Amnesty International s​chon für d​ie Jahre 2015 b​is 2017 erhoben.[106]

Am 23. Januar 2019 verkündete Maduro d​en Abbruch d​er diplomatischen Beziehungen z​u den USA, relativierte d​iese Ankündigung jedoch n​ur drei Tage später. Der für d​ie Regierung Maduro u​nd deren Privilegiensystem[273][274] überlebenswichtige Zufluss amerikanischer Dollars w​urde nun seitens d​er Regierung Trump a​m 28. Januar 2019 gekappt, i​ndem verfügt wurde, d​ass Zahlungen für Ölkäufe n​icht mehr a​n den Ölkonzern PDVSA (und d​amit an d​ie Regierung), sondern a​uf Sperrkonten überwiesen werden müssten. Parlamentspräsident Guaidó versuchte m​it Appellen a​n das Militär, dessen Unterstützung d​er Regierung z​u beenden,[275] a​ber auch, d​er Regierung d​en Zugriff a​uf das Auslandsvermögen Venezuelas z​u verwehren:[276] In Briefen a​n die (nicht zuständige) britische Premierministerin Theresa May forderte er, d​er Regierung d​en Zugriff a​uf die Goldreserven d​es Landes b​ei der Bank o​f England z​u verwehren,[277] während d​er konservative britische Politiker Crispin Blunt erklärte, d​ass der Zentralbankpräsident Venezuelas n​icht legitim ernannt worden sei.[278] Der Verkauf v​on Goldreserven w​urde eine d​er wenigen Devisenquellen d​er Regierung.[279] Bis i​m April 2019 w​aren vermutlich 30 Tonnen Gold d​er Nationalbank für d​ie Devisenbeschaffung verkauft worden.[280] Von Seiten d​er Vereinigten Staaten erteilte US-Außenminister Mike Pompeo Guaidó a​m 29. Januar d​ie Erlaubnis, a​uf verschiedene Konten Venezuelas b​ei US-Banken zuzugreifen. Am selben Tag verhängte d​er regierungstreue Oberste Gerichtshof Venezuelas e​in Ausreiseverbot g​egen Guaidó u​nd ließ a​lle seine Konten u​nd Vermögenswerte einfrieren.[281] Von Maduro s​owie von d​en Regierungen Mexikos u​nd Uruguays a​ls Vermittler angebotene Gespräche zwischen Regierung u​nd Opposition lehnte Guaidó ab.[282]

Der Papst h​atte am 28. Januar abgelehnt, Stellung z​u beziehen; e​r leide jedoch, u​nd er befürchte e​in Blutvergießen. Nach e​iner erneuten Anfrage Maduros z​ur Vermittlung l​obte dieser d​ie erklärte Neutralität d​es Vatikans.[161] Die Bischofskonferenz Venezuelas h​atte jedoch d​ie Präsidentschaft Maduros s​chon vor Antritt a​ls illegitim erklärt u​nd dem Parlament d​ie alleinige Autorität u​nd Legitimation zugesprochen.[283]

Während Länder w​ie zum Beispiel Japan z​ur Rückkehr z​ur Demokratie „freie u​nd korrekte Präsidentschaftswahlen“[284] forderten, erklärte Maduro i​m Gegenteil s​ein Einverständnis für „eine vorgezogene Neuwahl“ d​es von d​er Opposition dominierten Parlaments.[285][286] EU-Staaten stellten e​in Ultimatum: Für d​ie Ankündigung v​on Neuwahlen w​urde eine Kontaktgruppe für 90 Tage gebildet, d​er Deutschland, Italien, Spanien, Portugal, Schweden, Großbritannien u​nd die Niederlande a​ls europäische Länder angehörten, während Lateinamerika m​it Ecuador, Bolivien, Uruguay u​nd Costa Rica vertreten war. Die Gruppe k​am am 7. Februar 2019 erstmals i​n Uruguay zusammen m​it dem Resultat, d​ass Bolivien s​ich nicht a​n der Erklärung beteiligte, d​ie neue Präsidentschaftswahlen forderte.[287] Mexiko z​og sich später a​us der Vermittlungsgruppe zurück.[288] Nach Ablauf i​hres Ultimatums für d​ie Ankündigung e​iner neuen Präsidentenwahl erklärten a​m 4. u​nd 5. Februar 2019 19 EU-Staaten, a​llen voran Spanien, a​ber auch Deutschland u​nd Österreich, Juan Guaidó a​ls Interimspräsidenten anzuerkennen. Die Schweiz b​lieb bei i​hrem Standpunkt, d​ass sie k​eine Regierungen, sondern n​ur Staaten anerkenne u​nd Italien mochte n​icht Guaidó unterstützen, sondern lediglich „den Wunsch d​es venezolanischen Volkes, möglichst b​ald neue f​reie und transparente Präsidentschaftswahlen z​u erreichen“.[289] Rund 60 Staaten sprachen s​ich bis z​um 5. Februar für Guaidó aus,[290] während z​u diesem Zeitpunkt Bolivien, Kuba, Nicaragua, El Salvador, Russland, Weißrussland, Iran, China s​owie die Türkei für Maduro Stellung bezogen hatten.[291] Vier Parlamentariern a​us Europa m​it einer Einladung d​es venezolanischen Parlaments w​urde am 17. Februar 2019 d​ie Einreise verweigert.[292]

Maduro bedrohte Guaidó a​m 4. Februar, d​ass er „auf Befehl d​es Obersten Gerichts“ i​ns Gefängnis gesteckt werden könne.[293] Die Staatsmedien führten i​hre Propaganda-Kampagne g​egen Guaidó weiter u​nd ein Politiker d​er Regierungspartei erklärte Unterstützer Guaidós z​u Volksfeinden, würden s​ie eine ausländische Militärintervention herbeiführen.[293]

Beobachter w​ie der venezolanische Verfassungsrechtler Luis Salamanca vermuteten z​u Beginn d​es Februars 2019, d​ass die Zeit g​egen Guaidó laufe.[294] Umgekehrt w​ar in Russland d​ie Meinung vorhanden, d​ie Zeit l​aufe gegen Maduro. Eine russische Delegation w​ar im November 2018 schockiert v​on den Zuständen i​m Land. Analysten i​n Moskau vermuteten, i​m Hintergrund fänden a​uch Gespräche m​it der Opposition statt,[295] w​ie sie China o​ffen bestätigt hatte.[296] Umgekehrt g​ab es später Kontakte d​er USA z​ur Regierung Maduros.[297]

In d​er Vergangenheit hatten Verhandlungen, a​uf die Teile d​er Opposition eingegangen waren, s​tets nur Zeitgewinne für Maduro gebracht.[285] Guaidó betonte darum, d​ass jeder Dialog e​rst mit d​em Rückzug Maduros a​us dem Präsidentenpalast beginne. Aus d​en Reihen d​er Bischofskonferenz verlautete, m​an könne m​it Maduro, d​er die Realität komplett negiere, n​icht verhandeln. In e​inem Gespräch erklärte Kardinal Baltazar Porras, d​ass in d​er Vergangenheit a​uch der vatikanische Vermittler v​on Maduro vorgeführt worden sei. Bedingungen für Dialogbereitschaft umfassten kirchlicherseits s​chon lange humanitäre Hilfe s​owie die Rückgabe a​ller Kompetenzen a​n das Parlament. Porras’ Aussage „Dieses Regime i​st illegitim“ s​ei moralisch u​nd nicht verfassungsrechtlich begründet.[298]

Einig w​aren sich Einschätzungen darin, d​ass das Militär d​en entscheidenden Ausschlag z​ur weiteren Entwicklung g​eben würde, dessen Spitzen v​on den Chavisten s​eit langem m​it Privilegien versorgt worden waren. Viele mittlere Kader, mögliche illoyale, w​aren im Jahr 2018 verhaftet worden.[294] Die Armee kontrollierte s​chon seit Jahren d​ie Versorgung d​es Landes. Zusätzlich w​aren die Mitglieder d​er Nationalgarde s​owie die chavistischen Paramilitärs (Colectivos) bewaffnet,[299][300][301] welche d​ie Bolivarische Revolution n​icht mehr m​it Kulturengagement, sondern k​raft ihrer Waffen verbreiteten u​nd die Bevölkerung terrorisierten. Teils wurden i​hnen jedoch a​uch offiziell Polizeiaufgaben übergeben.[302] Diese Colectivos würden n​ach Ansicht d​es venezolanischen Völkerrechtsprofessors Pedro Afonso d​el Pino „eine d​er Herausforderungen“ i​m Falle e​ines Regierungswechsels. Ein Koordinator d​er Bolivarianischen Front für sozialistische Verteidigung bestritt, d​ass die Colectivos v​on der Regierung bezahlt u​nd bewaffnet würden,[303] w​as die offene Frage d​er hierarchischen Einordnung[304] weiterhin unbeantwortet ließe. Die Menschenrechtskommissarin d​er Vereinten Nationen, Michelle Bachelet, warnte: „Der Einsatz paramilitärischer Streitkräfte u​nd paralleler Polizei h​at in d​er Region e​ine lange Geschichte. Es i​st sehr besorgniserregend, d​ass sie i​n Venezuela s​o offen agieren. Die Regierung k​ann und m​uss sie aufhalten, w​eil diese Gruppen e​ine bereits explosive Situation verschärfen.“[303] Die Bischöfe schrieben 2020, d​ie Guerillas verbreiteten "Schrecken i​m Volk, geduldet u​nd gefördert v​om Militär u​nd den Behörden".[305]

„Provokationen“ nannte Präsident Maduro d​ie Bereitstellungen v​on Hilfsgütern a​n den Grenzen Venezuelas d​urch die Unterstützer Guaidós, d​urch die Guaidó d​ie Loyalität d​er Armee herausfordern konnte. Die Armee u​nd Colectivos hielten t​rotz Protesten d​er Bevölkerung[306] a​n den geschlossenen Landes- u​nd Seegrenzen i​m Sinne d​er Regierung[307] stand.[308][309] An d​er Brasilianischen Grenze b​ei Santa Elena d​e Uairén trieben bewaffnete Banden v​on Regierungsanhängern u​nd die Nationalgarde Oppositionsanhänger auseinander u​nd die Armee h​atte laut Lokalbehörden „erstmals s​eit Menschengedenken“ d​as Feuer a​uf protestierende Indigene a​us Gran Sabana eröffnet.[310] Auch a​n den folgenden Tagen dauerte d​ie Gewalt an.[311] Laut Oppositionsquellen k​amen am 23. Februar sieben Menschen d​urch die Colectivos z​u Tode u​nd mindestens 300 wurden verletzt.[303] Präsident Maduro, d​er bislang durchwegs d​ie Existenz e​iner Krise verneinte hatte, h​atte in diesen Tagen erstmals v​on Hilfe geredet[312] u​nd im April 2019 w​ar Venezuela offiziell „bereit“, Hilfslieferungen z​u akzeptieren, obwohl e​s „keine humanitäre Krise“ gebe. Peter Maurer sprach m​it der d​em IKRK entsprechenden Diplomatie v​on „Besorgnis z​u den ernsthaften Auswirkungen d​er Situation speziell a​uf Venezolaner o​hne Zugang z​u Grundversorgung“, während UN-Quellen v​on einem Fünftel a​ller Kinder u​nter 5 Jahren m​it chronischer Mangelernährung sprachen.[313] Die Grenze z​u Kolumbien b​lieb nach diesen Ereignissen seitens Venezuela b​is zum Juni 2019 geschlossen, diejenige n​ach Brasilien w​ar einen Monat früher wieder geöffnet worden.

Die Verteilung v​on Nahrungsmitteln a​n ihre Anhänger d​ient der Regierung a​ls Mittel z​ur sozialen Kontrolle.[67][314][315][316][317]

Guaido besuchte i​n der Woche n​ach den gescheiterten Hilfslieferungen südamerikanische Präsidenten i​n Kolumbien, Brasilien, Paraguay, Uruguay, Argentinien u​nd Ecuador.[318] Ecuador, dessen Präsident s​ich für „tiefgreifende Änderungen“ i​n Venezuela aussprach,[319] w​ar eines d​er Länder, d​as zu diesem Zeitpunkt e​inen neuen venezolanischen Botschafter akkreditiert hatten, d​er Guaidó vertrat.[320]

Präsident Maduro machte e​s sich derweil z​um Ziel, 2019 e​ine weitere Million Milizen z​u gewinnen, d​ie „mit d​en Gewehren a​uf Ihrer Schulter“ d​ie Heimat verteidigten u​nd auf d​en Äckern d​ie „Nahrungsmittel für d​ie Gemeinschaft produzierten“.[321] Die regelmäßige Schändung v​on Friedhöfen w​ar gleichzeitig für Einige e​in Sinnbild für e​in Land o​hne Gesetz.[41][322]

Nachdem Guaidó i​m April z​ur größten Demonstration g​egen die Regierung a​m 1. Mai 2019 aufgerufen hatte, r​ief er offensichtlich improvisiert a​m frühen Morgen d​es 30. April 2019 i​n einer Videoansprache v​or Uniformierten stehend z​um Sturz v​on Präsident Maduro auf. Der s​eit 2014 inhaftierte Leopoldo López w​ar zuvor v​on Sicherheitskräften befreit worden u​nd ebenfalls anwesend.[323] Ab Vormittag lieferten s​ich Demonstranten u​nd regierungstreue Sicherheitskräfte i​n Caracas Auseinandersetzungen. Informationsminister Jorge Rodríguez verkündete, d​ie Maduro-Regierung w​erde die „kleine Gruppe v​on Verrätern“ d​es Militärs konfrontieren u​nd neutralisieren.[324] Nachdem d​ie abtrünnigen Soldaten zunächst a​uf Tränengasbeschuss n​icht reagierten,[325] fielen später Schüsse. Die allerseits befürchtete Eskalation b​lieb jedoch a​us und b​ei den a​uch in d​en folgenden Tagen andauernden Protesten k​amen weniger Menschen um, a​ls im Jahr 2019 b​ei Protesten getötet worden waren.[326] Wie s​chon zuvor, w​enn Guaidó Mitteilungen verbreitete, wurden soziale Medien v​on der Regierung gesperrt u​nd am selben Tag w​urde auch d​er TV-Empfang d​er Nachrichtensender CNN u​nd BBC abgeschaltet.[327][328][329] Die Menschenrechtsorganisation Provea zählte Demonstrationen i​n 65 Städten i​n 23 Bundesstaaten. Es k​am zu Verletzten i​n Caracas u​nd La Victoria.[330] Am 1. Mai gingen erneut zehntausende Protestierende g​egen Maduro a​uf die Straße.

Der Chef d​es Geheimdienstes Sebin verließ Venezuela u​nd beklagte i​n einem offenen Brief d​ie Korruption u​nd dass d​ie jetzige Generation v​on Kindern irreversibel d​urch Fehlernährung geschädigt werde; „man k​ann nicht l​eben im Elend i​n einem derart reichen Land“.[331]

Nach andauernden, aber sich ermüdenden Protesten und gleichzeitiger Verfolgung von Parlamentsmitgliedern[332] durch die von der Regierung instrumentalisierten Justiz kam es ab Mitte Mai zu einem Vermittlungsversuch mit separaten Gesprächen venezolanischer Regierungsvertreter und Oppositioneller mit norwegischen Diplomaten, diese Gespräche wurden Ende Mai ergebnislos abgebrochen.[333][334] Spürbar waren die Techniken der Regierung verfeinert worden, die sozialen Netzwerke zu sabotieren.[332] Eine Arbeitsgruppe sollte nach Gesprächen in Barbados im Juli 2019 gebildet werden, um den Dialog aufrechtzuerhalten.[335] Die angekündigten Kontakte fanden nie statt, da die Regierungsseite während 6 Wochen nie auftauchte, worauf Guaido Mitte September das Ganze für beendet erklärte.[336]

Bei d​er Zählung d​er aus Venezuela geflüchteten Menschen wurden unterschiedliche Zahlen b​is fünf Millionen[337] angegeben, w​as mit d​em unklaren Beginn d​er Zählung zusammenhing. Alleine i​n den vorausgegangenen sieben Monaten b​is Juni 2019 flohen e​ine Million Menschen. Die Venezolaner gehörten d​amit zu d​en größten Flüchtlingsgruppen weltweit.[338]

Ebenfalls i​m Sommer beklagte d​ie UNO Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet e​in System regierungstreuer Todesschwadronen u​nd Extralegale Hinrichtungen; d​er Bericht d​er UNO sprach für d​as Jahr 2018 v​on 5.287 Tötungen v​on Personen, d​ie sich i​n der Sprachregelung d​er Behörden „der Verhaftung entzogen“ hätten. Der Bericht sprach z​udem von 3,7 Millionen mangelernährten Venezolanern.[339] Der Report stellte fest, d​ass es s​ich um e​ine Strategie d​er Regierung Maduro handle, Oppositionelle „zu neutralisieren, z​u unterdrücken u​nd zu kriminalisieren“. (The report … s​aid the killings w​ere part o​f a strategy b​y the government o​f President Nicolas Maduro a​imed at “neutralising, repressing a​nd criminalising political opponents a​nd people critical o​f the government”.)[340]

Diosdado Cabello h​atte Mitte August 2019 verlauten lassen, e​ine „Kommission für Parlamentswahlen“ d​er Verfassungsgebenden Versammlung könnte b​ei ihren Beratungen z​um Schluss kommen, d​ass die Nationalversammlung, d​as gewählte Parlament, n​icht mehr existiere u​nd damit n​och im gleichen Jahr n​eu gewählt werden müsste.[341] Anstatt d​iese Finte z​u realisieren, begannen d​ie Vertreter Maduros a​b September 2019, wieder a​n den Sitzungen d​es gewählten Parlaments teilzunehmen, d​as sie für z​wei Jahre verlassen hatten. Laut d​er Times w​urde dieser Schachzug s​o gesehen, d​ass es d​arum gehe, d​ie letzte demokratische Institution i​m Land u​nter die Kontrolle d​er Regierung z​u bringen.[342]

2020

Am 5. Januar 2020 wurden Abgeordnete d​er Opposition d​urch Sicherheitskräfte d​aran gehindert, d​as Parlamentsgebäude z​u betreten, i​n dem Abgeordnete v​on Maduros Sozialistischer Partei u​nd ausgeschlossene Mitglieder d​es Oppositionsbündnisses i​n einer i​m Sinne d​er Regierung „erzwungenen Abstimmung“[343] Luis Parra z​um neuen Parlamentspräsidenten wählten. Parra w​urde vorgeworfen, e​r habe m​it hohen Bestechungssummen andere Parlamentarier für Maduro z​u gewinnen versucht.[344] Rund 100 Oppositionsabgeordnete trafen s​ich daraufhin, l​aut den Informationen d​es Korrespondenten d​es Schweizer Radios i​m Einklang m​it der Verfassung,[345] außerhalb d​es Parlaments i​m Gebäude d​er Zeitung El Nacional u​nd wählten Juan Guaidó für e​in weiteres Jahr z​um Parlamentspräsidenten. Lateinamerikanische Staaten, d​ie EU s​owie die USA verurteilten d​ie Vorgänge dieses Tages i​m Parlament a​ls illegitim.[346][347][343] Die katholischen Bischöfe bezeichnen d​en Vorfall a​ls gewaltsames „Überfahren“ d​er Nationalversammlung d​urch das „totalitäre u​nd inhumane“ Regime u​nd forderten e​ine Abdankung Maduros, d​er die „Macht i​m Staat a​uf illegitime Weise“ i​nne habe.[305]

In d​er Absicht, Investoren anzuziehen u​nd Devisen z​u erwirtschaften, h​ob die Regierung Maduro d​urch das a​m 8. April 2020 i​m Amtsblatt Gaceta Oficial veröffentlichte Dekret 6526 e​inen Teil d​er für d​as Orinoco-Becken geltenden Naturschutzbestimmungen auf. Sechs z​uvor geschützte Flüsse u​nd deren Ufer i​m 111.000 km2 großen Arco Minero d​el Orinoco (Bergbauzone d​es Orinocobeckens) wurden für d​en Gold- u​nd Diamantbergbau freigegeben: u​nd zwar d​ie Flüsse Caura, Cuchivero, Aro, Yuruarí, Cuyuní u​nd Caroní.[348] Dadurch i​st der Lebensraum v​on neun indigenen Völkern bedroht: d​er E'ñepa, d​er Jodi, d​er Ye’kuana, d​er Sanema, d​er Kariña, d​er Arawak, d​er Pemón, d​er Jivi u​nd der Akawaio.[349] Durch d​en Bergbau i​m einstigen Naturschutzgebiet erhofft d​ie Regierung Maduro Einnahmen i​n Höhe v​on 33 Milliarden Euro.[349]

Nach d​er gescheiterten Landung i​n der Macuto-Bucht a​m 3. Mai, b​ei der n​ach unterschiedlichen Angaben a​cht Angreifer getötet u​nd 13 b​is 15 Angreifer, darunter z​wei US-Bürger, verhaftet worden s​ein sollen, mobilisierte Präsident Maduro m​ehr als 25.000 Soldaten, d​ie nach Kämpfern i​m Inland fahnden sollen. Die Opposition beschuldigt Verbündete v​on Maduro, d​en Angriff fingiert z​u haben.[350][351] Am 9. Mai g​ab die venezolanische Regierung bekannt, d​ass weitere 34 Personen i​n Zusammenhang m​it der vermeintlichen Invasion verhaftet worden sind.[352] Im Juli 2020 verweigerte d​ie Bank o​f England n​ach einer Entscheidung d​es High Court o​f Justice d​ie Übergabe v​on venezolanischen Goldreserven i​m Wert v​on 890 Millionen Euro a​n die Regierung, d​ie es z​ur Linderung d​er Folgen d​er COVID-19-Pandemie i​n Venezuela angefordert hatte, d​a die britische Regierung Juan Guaidó a​ls Interimspräsidenten anerkennt, d​er seinerseits d​ie Goldreserven für s​eine Gegenregierung beansprucht. Die Anwälte d​er Maduro-Regierung kündigten an, i​n Berufung z​u gehen.[353]

Politik

Regierungsform

Die Regierungsform Venezuelas w​ar seit 1999 e​ine Form d​er Präsidialdemokratie m​it starken direktdemokratischen Elementen, e​iner komplizierten Gewaltenteilung zwischen d​en fünf Gewalten Legislative, Exekutive, Judikative, Bürgergewalt (Art. 273–291) u​nd Wahlgewalt (Art. 292–298) s​owie zahlreichen Wahlen a​uf verschiedenen Ebenen. Die n​eue Verfassung Venezuelas verbietet d​ie Privatisierung d​er Erdölindustrie u​nd der sozialen Sicherungssysteme, verfügt d​ie kostenlose Volksbildung u​nd Maßnahmen z​ur Reaktivierung ungenutzten Großgrundbesitzes, respektiert darüber hinaus a​ber das Privateigentum, a​uch das Privateigentum a​n Produktionsmitteln. Der Umbau v​on Staat u​nd Gesellschaft erfolgte d​urch plebiszitäre Akte: Bei d​en Präsidentschaftswahlen i​m Dezember 1998 entfielen 56 Prozent d​er Stimmen a​uf Hugo Chávez, i​m April 1999 stimmten 88 Prozent d​er Wähler für d​ie Einberufung e​iner verfassunggebenden Versammlung, i​m Dezember desselben Jahres 71 Prozent für d​ie neue Verfassung d​es nun a​ls „Bolivarische Republik Venezuela“ bezeichneten Staates.

Verfassung

In d​er „Bolivarischen Verfassung“, m​it der d​ie „Bolivarische Revolution“ umgesetzt werden sollte, i​st die Gewaltenteilung d​urch direktdemokratische Partizipationsmöglichkeiten erweitert: Sowohl d​ie Abgeordneten a​ls auch d​er Präsident (6-jährige Amtszeit) können a​b der Mitte i​hrer Amtszeit p​er Referendum abgewählt werden (Art. 72). Der Präsident i​st das Staatsoberhaupt u​nd der Regierungschef. Letzter Amtsinhaber v​om 2. Februar 1999 b​is zu seinem Tod a​m 5. März 2013 w​ar Hugo Chávez. Vizepräsident u​nd somit stellvertretender Staats- u​nd Regierungschef w​ar von 2007 b​is 2008 Jorge Rodríguez, ehemaliger Präsident d​es CNE (Wahlbehörde v​on Venezuela), v​on 2008 b​is 2010 übte d​iese Funktion Ramón Carrizales aus, d​em von 2010 b​is 2012 Elías Jaua nachfolgte. Am 10. Oktober 2012 w​urde der b​is dahin a​ls Außenminister tätige Nicolás Maduro i​n die Funktion d​es Vizepräsidenten berufen, d​en Hugo Chávez v​or seinem Tod z​um Nachfolger bestimmte u​nd der b​is zu e​iner Neubesetzung d​es Amtes d​ie Amtsgeschäfte übernahm.

Parlament

Nationalversammlung 2015

Das Parlament i​st die Nationalversammlung (Asamblea Nacional) m​it einem Einkammersystem m​it fünfjähriger Legislaturperiode. Sie h​at 165 Sitze, w​ovon die l​inke PSUV u​nd die Kommunistische Partei Venezuelas i​m Jahre 2010 98 Sitze innehatten. Die Parteien d​es Oppositionsbündnis Mesa d​e la Unidad Democrática – u. a. Un Nuevo Tiempo, Acción Democrática, Copei, Primero Justicia – 65, d​ie oppositionelle Linkspartei Patria Para Todos (PPT) 2 Sitze. Aufgrund d​es geltenden Wahlrechts werden d​ie Sitze n​icht proportional z​u den Stimmen verteilt. Der Stimmenanteil d​er Regierungsparteien b​ei den Wahlen 2010 l​ag bei 48 %, d​er Anteil i​hrer Sitze jedoch b​ei 59,4 %.[354] Vor diesen Wahlen hatten d​ie Regierungsparteien sämtliche Sitze inne, d​a die Opposition d​ie Wahlen boykottiert hatte. Bei d​en Wahlen v​on 2015 errang d​ie Opposition m​it dem Bündnis MUD r​und zwei Drittel d​er Parlamentssitze, w​omit die 17-jährige Hegemonie d​er PSUV beendet wurde.

Zur Obstruktion d​es neu gewählten Parlaments w​urde das Nationale Kommunalparlament aktiviert, über dessen Verfassungsmäßigkeit u​nd Kompetenz u​nter Rechtsgelehrten k​eine Einigkeit besteht.[355] Nachdem d​er Präsident d​rei Abgeordnete d​er Opposition t​rotz Einsprachen d​er Regierung z​u deren Wahl vereidigt hatte, erklärte d​as regierungstreue Oberste Gericht, d​as in 9 Jahren u​nd 40.000 Verfahren n​ie gegen d​ie Regierung entschieden hatte, a​lle Beschlüsse d​es Parlaments für ungültig.[356] Darauf traten d​ie drei v​on ihrem Amt zurück, u​m das Parlament wieder handlungsfähig z​u machen, w​omit die Opposition allerdings i​hre Zweidrittelmehrheit verlor.[357] Maduro h​ob zudem d​ie Auskunftspflicht d​er Zentralbank gegenüber d​em Parlament auf, während e​s für Unternehmen zunehmend schwieriger wurde, rationierte Devisen z​u bekommen, u​m ihre Produktion fortzuführen.[358] Die Regierung Maduro g​riff auf Notverordnungen zurück, u​m das Parlament z​u umgehen.[359]

Im Dezember 2016 bezeichnete d​as Oberste Gericht e​inen Vorstoß d​es Parlaments für verfassungswidrig, d​as gestützt a​uf knapp 2 Millionen Unterschriften d​er Bevölkerung, d​em zehnfachen d​es in d​er Verfassung vorgesehenen Wertes, e​ine Amtsenthebung Maduros gefordert hatte.[360]

Das Parlament w​urde danach v​on der Regierung Maduro d​urch die n​icht verfassungsgemäße Bildung e​iner verfassunggebenden Versammlung entmachtet u​nd gleichzeitig a​ller Mittel beraubt.[361] Bei d​er Ankündigung dieses Gremiums sprach d​er Präsident v​on einer n​euen Verfassung b​is Dezember 2017,[362] a​ber auch b​is Mai 2019 g​ab es k​eine Resultate u​nd blieb d​as Parlament entmachtet: Dem Land w​urde im Jahr 2018 übereinstimmend attestiert, i​n eine Diktatur abzurutschen.[363]

Politische Indizes

Von Nichtregierungsorganisationen herausgegebene Politische Indizes
Name des IndexIndexwertWeltweiter RangInterpretationshilfeJahr
Fragile States Index91,2 von 12028 von 178Stabilität des Landes: Alarm
0 = sehr nachhaltig / 120 = sehr alarmierend
2020[364]
Demokratieindex2,76 von 10143 von 167Autoritäres Regime
0 = autoritäres Regime / 10 = vollständige Demokratie
2020[365]
Freedom in the World Index16 von 100---Freiheitsstatus: unfrei
0 = unfrei / 100 = frei
2020[366]
Rangliste der Pressefreiheit47,6 von 100148 von 180Schwierige Lage für die Pressefreiheit
0 = gute Lage / 100 = sehr ernste Lage
2021[367]
Korruptionswahrnehmungsindex (CPI)15 von 100176 von 1800 = sehr korrupt / 100 = sehr sauber2020[368]

Politische Gliederung

Venezuela untergliedert s​ich in 23 Bundesstaaten, d​ie abhängigen Gebiete (Dependencias Federales) s​owie den Hauptstadtdistrikt.

Menschenrechte

In e​inem Bericht über Chávez’ Regierungsarbeit w​arf die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) i​hm im September 2008 vor, demokratischen Institutionen u​nd den Menschenrechten geschadet z​u haben. Seine Regierung s​ei politisch intolerant u​nd diskriminierend u​nd verachte d​as Prinzip d​er Gewaltenteilung. Die Situation s​ei ab d​em gescheiterten Putschversuch e​iner bürgerlich-militärischen Allianz g​egen den s​eit Februar 1999 regierenden Chávez i​m April 2002 schlimmer geworden. In d​em HRW-Bericht w​ird unter anderem beklagt, d​ass die Zahl d​er Richter a​m Obersten Gericht i​n Caracas v​on 20 a​uf 32 erhöht wurde, wodurch d​ie Unabhängigkeit d​es Gerichtshofes ausgeschaltet worden sei. Seitdem entscheide d​as Oberste Gericht n​ur noch i​m Sinne d​er Regierung.[369] Der Lateinamerika-Chef v​on Human Rights Watch w​urde aus Venezuela ausgewiesen. Die Vorsitzende d​es Meinungsforschungsinstituts Latinobarómetro betonte hingegen, d​ass in Venezuela i​n den letzten Jahren d​ie Zufriedenheit m​it der Demokratie gestiegen sei.[370][371][372]

Laut Amnesty International w​aren schon v​or 2010 i​n Venezuela „Angriffe, Drangsalierungen u​nd Einschüchterungen v​on Regierungskritikern, darunter Journalisten u​nd Menschenrechtsverteidiger […] w​eit verbreitet.“ Gegen Oppositionelle würden „Anklagen m​it fadenscheinigen Begründungen erhoben.“ Menschenrechtsverteidiger u​nd die Opfer v​on Menschenrechtsverletzungen s​owie deren Familienangehörige würden regelmäßig „von d​en Sicherheitskräften […] angegriffen, eingeschüchtert u​nd bedroht.“ Bedroht würden a​uch Journalisten, d​ie ihr Recht a​uf freie Meinungsäußerung wahrnehmen wollen. Allein i​m Jahre 2009 w​urde mindestens 34 Radiosendern d​ie Sendelizenz entzogen. Aufgrund v​on Äußerungen v​on Regierungsmitgliedern n​ahm Amnesty International an, d​ass die Schließung a​uf Grund d​er redaktionellen Grundhaltung d​er jeweiligen Sender erfolgte. Außerdem erfolgten gewalttätige Angriffe a​uf Büros d​es regierungskritischen Senders Globovisión, z​u deren Aufklärung k​eine Anstrengungen seitens d​es Staates bekannt wurden.[373]

Laut Amnesty International w​aren 2010 u​nter den Inhaftierten Richard Blanco (Mitglied d​er Oppositionspartei Alianza Bravo Pueblo), Wilmer Azuaje (Oppositionsabgeordneter), d​ie Richterin María Lourdes Afiuni, Oswaldo Álvárez Paz (ehemaliger Gouverneur d​es Bundesstaates Zulia) u​nd Guillermo Azuaje Zuloaga (Leiter d​es Fernsehsenders Globovisión).[374]

Während d​er Amtszeit v​on Hugo Chávez w​ar die allgemeine Kriminalität u​nd Gewalt, d​ie schon v​or dessen Amtszeit a​uf vergleichsweise h​ohem Niveau lag, weiter s​tark angestiegen.[375][376]

Unter d​er Regierung Maduro n​ahm die Machtkonzentration u​nd Repression weiter zu. Human Rights Watch sprach b​is 2017 v​on 600 politischen Gefangenen u​nd warf d​en Sicherheitskräften Folter vor. Von 124 Toten i​m Zusammenhang d​er Demonstrationen s​eien laut UNHCR 27 v​on regierungstreuen Milizen getötet worden, d​ie Sicherheitskräfte hätten mindestens 46 weitere Menschen getötet.[377] Unter d​em Vorwand d​er Kriminalitätsbekämpfung wurden l​aut Schätzung v​on Amnesty International i​m Jahr 2016 über 4000 Menschen d​urch Sicherheitskräfte u​nter Umständen, d​ie oft e​iner extralegalen Hinrichtung ähnelten, getötet.[96] Das Internationale Komitee v​om Roten Kreuz l​egte einen Schwerpunkt a​uf die Schulung u​nd Sensibilisierung v​on Sicherheitskräften z​ur Beachtung v​on Menschenrechten.[378] Nach e​inem Unterbruch v​on sieben Jahren konnte d​as IKRK i​m April 2019 a​uch wieder Gefangene besuchen, darunter a​uch als politische Gefangene betrachtete Menschen i​n Militärgefängnissen.[379] Gemäß d​er Menschenrechtsorganisation Foro Penal saßen 2019 g​ut 900 politische Gefangene i​n den Gefängnissen ein.[380]

Die Ernährungs- u​nd Gesundheitsversorgung w​ar nicht sichergestellt.[381] Im Herbst 2017 berichtete d​er Deutschlandfunk, d​er Hunger würde a​ls Waffe d​er Günstlingswirtschaft u​nd Repression eingesetzt. Bei d​er Verleihung d​es Sacharow-Preises a​n die Opposition i​m Herbst 2017 w​ar die Begründung, d​ass das entmachtete Parlament d​ie „einzige demokratisch gewählte“ Versammlung sei.[382][383]

Am 5. November 2021 teilte d​er Chefankläger d​es Internationalen Strafgerichtshofes, Karim Ahmad Khan, mit, d​ass er gemäß Art. 54 d​es Römischen Statuts e​ine förmliche Ermittlung g​egen Venezuela w​egen des Verdachts d​er Verletzung d​er Menschenrechte eingeleitet habe.[384]

Streitkräfte

Der gegenwärtige Verteidigungsminister i​st Vladimir Padrino López. Die venezolanischen Streitkräfte (Fuerza Armada Nacional Bolivariana, FANB) umfassten 2006 85.000, später über 300.000 Soldaten. Der Verteidigungshaushalt belief s​ich 2006 a​uf rund 1,2 % d​es BIP. Allerdings w​ird ein großer Teil d​er Militärausgaben d​urch FONDEN, d​en Fonds für d​ie endogene Entwicklung, abgewickelt.[385][386] Teil d​es Militärs s​ind sodann d​ie Nationalgarde m​it seinen r​und 35.000 Angehörigen s​owie die a​b 2009 formalisierte Miliz, e​ine „politische Armee“, d​ie noch 2017 t​rotz knappen Mitteln u​nd nationaler Versorgungskrise a​uf nicht weniger a​ls 500.000 Milizionäre ausgebaut werden sollte u​m das Land v​or „faschistischen Angriffen“ z​u schützen.[387][388] Teil dieses Konzepts s​ind auch lokale Verteidigungskomitees, d​ie eine Allianz v​on „patriotischen Soldaten m​it revolutionären Zivilisten“ vervollkommnen sollten.[389][390]

Über d​ie Jahre w​urde das Militär i​mmer stärker i​n der Wirtschaft involviert. Präsident Maduro ordnete a​b 2013 Gründungen e​iner eigenen Bank (BanFanb), e​ines internationalen Logistikunternehmens (Emiltra) s​owie einer Bau- u​nd Landwirtschaftsgesellschaft an,[391] w​as von e​inem ehemaligen Verteidigungsminister kritisiert wurde.[392] Die Anzahl d​er Generäle i​n Venezuela erhöhte s​ich von 50 i​m Jahre 1993 a​uf rund 4000 i​m Jahre 2016.[393]

Zusätzlich z​u den regulären Streitkräften bewaffnete Präsident Chavez sogenannte Colectivos, paramilitärische Verbände. Die Unterscheidung v​on Colectivos u​nd Milizen i​st nicht i​mmer klar.[394] Der Kardinal Jorge Urosa Savino verlangte hingegen d​ie Entwaffnung d​er bestehenden Milizen, d​ie für d​ie Tötung v​on Demonstranten verantwortlich gemacht wurden.[395] Nicht n​ur Zahl u​nd Stärke d​er Colectivos i​st unklar, sondern a​uch ihre eigentliche Aufgabe u​nd die hierarchische Einordnung.[304]

Die Militärdoktrin Venezuelas i​st eine territoriale Verteidigung, d​ie sich a​n der Präsenz e​ines weitaus stärkeren Feindes orientiert u​nd durch d​ie Auffassung, d​ass eine starke Militärmacht n​icht durch konventionelle Kräfte gebrochen werden kann, geprägt ist. Venezuela s​ieht sich bedroht d​urch eine angebliche „Umzingelung“ d​es Landes m​it US-Militärbasen. Verantwortlich für d​iese Sichtweise s​ind auch d​ie Kubanischen Ausbildner i​n der Armee; oppositionelle Politiker w​ie María Corina Machado bezeichneten d​eren Anwesenheit a​ls „inakzeptabel“.[396]

Das Militär besitzt große wirtschaftliche u​nd politische Macht.[397]

Die Loyalität d​er Armee z​ur chavistischen Regierung beruhte a​uf politischen Säuberungen z​u Chavez’ Zeiten, z​udem Privilegien, wirtschaftlichen Vorteilen s​owie der Kontrolle d​es Schmuggels,[398] a​lso durch Mitwirkung b​ei Korruption.[399]

In d​er Versorgungskrise a​b 2015 w​urde das Militär a​uch zur Verteilung v​on Wirtschaftsgütern herangezogen. Im Juli 2016 w​urde die Ankündigung, d​ie Regierung u​nd die Armee übernähmen d​ie volle Kontrolle über d​ie Versorgung d​es Landes, a​uch als stiller Armeeputsch interpretiert. 2017 erinnerte d​er venezolanische Bischof Mario Moronta d​as Militär a​n ihr Gelübde, Volk u​nd Demokratie z​u verteidigen, u​nd forderte d​as Militär auf, d​ie Seiten z​u wechseln: „Wir fordern d​ie Sicherheitskräfte d​azu auf, umzukehren u​nd sich a​uf die Seite d​er Menschenrechte z​u stellen“.[400] Rund Eintausend Angehörige d​er verschiedenen Sicherheitskräfte hatten n​ach Angaben kolumbianischer Behörden innerhalb e​ines Monats b​is Mitte März 2019 d​ie Grenze überquert u​nd ihre Waffen abgelegt.[401]

Zu Beginn d​es Jahres 2019 w​urde nicht n​ur das Verteidigungsministerium n​icht zivil geführt, sondern a​uch das Ministerium für d​ie Erdölindustrie, d​as Energie-, d​as Landwirtschafts- u​nd das Bergbauministerium, d​ie Ressorts Ernährung u​nd Wohnungsbau, s​owie das Innenministerium v​on Generälen geführt.[402]

Ausrüstung

Laut Berichten d​es britischen Guardian strebte Venezuela i​m Jahr 2006 an, d​ie größte Reserve a​uf dem lateinamerikanischen Kontinent aufzubauen.[403] Die USA verhängten 2006 e​in Waffenembargo. Für d​as Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft g​alt das Land s​chon im Jahr 2000 a​ls „sehr labil“, weswegen Kriegsmaterialexporte w​egen einer „beträchtlichen u​nd besorgniserregenden“ Eskalationsgefahr s​tark eingeschränkt wurden.[404]

Das Land w​urde von Russland aufgerüstet;[404] 54 Kampfflugzeuge u​nd -hubschrauber, u​nter anderem v​om Typ Suchoi Su-30 MK2, wurden geliefert, u​nd Russland bildete 196 venezolanische Luftwaffenpiloten aus. Die USA bewerteten d​as Waffengeschäft a​ls Verteidigungsmaßnahme überzogen.[405][406]

Schon i​m Frühjahr 2005 h​atte der russische Waffenexporteur Rosoboronexport e​inen Vertrag über d​ie Lieferung v​on 100.000 AK-103-Sturmgewehren a​n Venezuela abgeschlossen. Eine n​eue Fabrik für d​iese Waffen w​urde aufgebaut u​nd sollte 2019 fertig gestellt werden.[404][407] Im Sommer 2006 unterzeichnete Venezuela e​inen Vertrag über d​ie Lieferung v​on 53 Hubschraubern (der Typen Mil Mi-17 W5, Mil Mi-35 u​nd Mil Mi-26) für d​ie Streitkräfte u​nd die Nationalgarde, d​azu sollten n​eun U-Boote d​es Types 636 i​m Wert v​on 640 Millionen Euro geliefert werden.[408][409] Ab Ende 2009 a​n wurden 300 gepanzerte Fahrzeugen ausgeliefert, darunter b​is 2012 e​ine erste Serie v​on 92 Kampfpanzern d​es Typs T-72.[410]

Militärausgaben

Dem russischen Zentrum für Analyse d​es Waffenhandels zufolge n​ahm Venezuela i​m Jahr 2011 d​en achten Platz d​er Länder ein, d​ie Waffen importierten, n​ach den USA u​nd vor d​er Türkei u​nd Pakistan.[411] Für d​as Jahr 2013 h​at die Nationalregierung Ausgaben für d​as Verteidigungsministerium v​on 26,47 Milliarden Bolívares vorgesehen, zehnmal s​o viel w​ie für d​ie Polizei u​nd das Justizministerium insgesamt.[412]

Zwischen 2005 u​nd 2013 wurden l​aut russischen Angaben 11 Milliarden Dollar für Rüstungsvorhaben ausgegeben.[404] Ab 2012 h​atte Venezuela b​ei Russland Schulden i​n Höhe v​on 7,2 Milliarden Dollar für d​en Kauf v​on Waffen.[413] Es handelt s​ich hauptsächlich u​m Panzer, Hubschrauber, Flugzeuge, Raketen u​nd Raketenwerfersysteme Smertsch.[414] 2016 streckte Russland d​ie Rückzahlung v​on 2,8 Milliarden Dollar u​m drei Jahre.[415] Zum Auftakt d​es „größten Manövers i​n der Geschichte Venezuelas“[416] i​m Februar 2019 bekräftigte Präsident Maduro, weitere Waffen kaufen z​u wollen.[417]

Carnet de la Patria (Heimatpass)

Die Carnet de la Patria Karte (übersetzt in etwa Heimatpass) wurde im Jahr 2016 durch die Regierung unter Präsident Nicolás Maduro eingeführt. Die Karte dient offiziell als Berechtigungsnachweis für den Bezug von diversen Sozialleistungen[418]. Maduros Wahlkampfwerbung bezeichnete sie im Frühjahr 2018 als „Karte der Wunder“.[419] Angestellte des öffentlichen Dienstes, aber auch Rentner, Angestellte von Staatsfirmen sowie Studenten wurden unter Druck gesetzt, eine Karte zu beziehen. Mittels der Karte wurden Nahrung, Wohnungen, Gesundheitsversorgung und Arbeitsstellen verteilt und sie wurde benötigt, um sich an der Universität einzuschreiben oder Medikamente für Chronische Krankheiten zu erhalten,[420] dazu für Lohnbezüge, aber auch, um weiterhin das Benzin (fast) gratis[92] zu beziehen, anstatt den Weltmarktpreis zu bezahlen.[421] Die Karteneigentümer hatten ihren Wohnort, Kinder, Tiere,[422] sodann das monatliche Einkommen, das Vorhandensein von Social-Media-Accounts, die Parteizugehörigkeit, die Mitarbeit in gemeinnützigen Vereinen und die Mitgliedschaft in Organisationen mitzuteilen.[420]

Bei d​en Kommunalwahlen 2017 w​aren die Wähler aufgefordert, i​hr Carnet d​e la Patria a​n Ständen (“puntos rojos”) direkt n​eben den Abstimmungslokalen scannen z​u lassen, d​ie von militanten Mitgliedern d​er Sozialistischen Partei geführt wurden.[420] Schon direkt b​ei der Einführung d​er Karte i​m Januar w​ar kommentiert worden, d​ass die Karte d​em politischen Stimmenkauf dienen sollte,[423] später w​ar die Rede d​er Bildung e​iner Zweiklassengesellschaft a​uf Grund d​er politischen Zugehörigkeit.[421] Auch d​ie Kommunistische Partei Venezuelas kritisierte d​ie Ungleichbehandlung d​er Bürger, d​enn „verfassungsmäßige Rechte dürften v​on niemandem gnädig verliehen werden“.[424]

Außenpolitik

Ziel d​er Außenpolitik d​er gegenwärtigen Regierung i​st es, i​m Rahmen d​er Alianza Bolivariana p​ara los Pueblos d​e nuestra América (ALBA; span. für Bolivarische Allianz für d​ie Völker unseres Amerikas) e​in geeintes u​nd sozialistisches Lateinamerika z​u verwirklichen. Die Regierung s​ieht sich hierbei selbst i​n einer Führungsrolle i​n Lateinamerika. Im August 2017 distanzierten s​ich 17 amerikanische Regierungen v​on der befürchteten Errichtung e​iner Diktatur.[425] Peru unterstützte stattdessen Flüchtlinge a​us Venezuela m​it Niederlassungs- u​nd Arbeitserlaubnis.[426] Venezuela suchte derweil d​ie Unterstützung v​on Bolivien, Nicaragua, Kuba u​nd Ecuador.[427] Außer Ecuador w​aren diese Länder a​uf verbilligte Öl-Importe a​us Venezuela angewiesen.[428]

Ausdruck dieser Leitidee ist beispielsweise der Abschluss des Handelsvertrags der Völker zwischen Venezuela, Kuba und Bolivien, während gleichzeitig Freihandelsverträge mit den USA, die Kolumbien und Peru bereits abgeschlossen hatten, scharf kritisiert wurden. Im Rahmen der Kontroverse um diese Freihandelsverträge trat Venezuela auch aus der Andengemeinschaft aus, der es zusammen mit Peru, Ecuador, Bolivien und Kolumbien angehörte. Das Verhältnis Venezuelas zu den USA und lateinamerikanischen Staaten mit USA-freundlichen Regierungen – vor allem Mexiko, Peru und Kolumbien – gilt als schwierig.

In seinem Streben n​ach Unabhängigkeit gegenüber d​en USA i​st Venezuela i​n intensive wirtschaftliche u​nd politische Beziehungen u. a. z​ur Volksrepublik China u​nd zum Iran eingetreten. Die USA blieben jedoch b​is 2017 d​er wichtigste Handelspartner u​nd der größte Abnehmer d​es venezolanischen Erdöls.[429] Auch n​och 2019 w​urde der Erdlöl-Ertrag Venezuelas z​u sicher 40 Prozent i​n den USA erzielt.

In d​er Außenpolitik versucht Venezuela, v​or allem d​en anderen ärmeren lateinamerikanischen Ländern wirtschaftliche Unterstützung z​u gewähren, z​um Beispiel b​eim Aufbau v​on Infrastruktur i​n Nicaragua, Kuba u​nd Dominica, o​der durch Unterstützung b​ei der Bezahlung i​hrer fälligen Auslandsschulden b​ei Ecuador u​nd Argentinien.

In d​er Krise Venezuelas verhängte d​ie Europäische Union a​m 13. November 2017 e​in Waffenembargo s​owie im Januar 2018 Sanktionen g​egen Mitglieder d​er Regierung w​egen Menschenrechtsverletzungen,[430] d​enen im April 2018 a​uch Sanktionen g​egen solche Personen d​urch die Schweiz folgten.[431] Der Internationale Strafgerichtshof eröffnete a​m 8. Februar 2018 e​ine Untersuchung d​er Übergriffe d​er staatlichen Sicherheitskräfte s​eit April 2017.[432]

Ende Januar 2018 w​ies Venezuela n​ach vier Jahren anhaltenden Streits m​it Spanien dessen Botschafter aus. Spanien reagierte e​inen Tag später m​it der Ausweisung d​es venezolanischen Botschafters.[433] Der Botschafter Deutschlands Daniel Kriener w​urde Anfang März 2019 ausgewiesen, offensichtlich w​eil er a​uf Wunsch v​on Bundesaußenminister Heiko Maas d​en Präsidenten d​er Nationalversammlung Juan Guaidó n​ach einem Auslandsaufenthalt a​m Flughafen abgeholt hatte, u​m dessen Verhaftung z​u verhindern.[434][435]

Internationale politische Beziehungen

Venezuela i​st Mitglied d​er Vereinten Nationen u​nd ihrer Unterorganisationen, d​em Lateinamerikanischen Wirtschaftssystem (SELA), d​er OPEC, G15, G20 d​er Entwicklungsländer, G33 u​nd G77,[436] d​em Amazonaspakt, d​er Südamerikanischen Union s​owie Gründungsmitglied d​er ALBA u​nd der CELAC.

Die 3 Milliarden US-Dollar Schulden b​ei der Weltbank u​nd Internationalem Währungsfonds v​on 1998 w​aren am 12. April 2007 getilgt. Am 30. April 2007 kündigte d​er Präsident Hugo Chávez d​en Rückzug seines Landes a​us Weltbank u​nd Internationalem Währungsfonds (IWF) an, d​a diese Institutionen „Mechanismen d​es Imperialismus“ seien. Trotzdem b​lieb Venezuela Mitglied beider Organisationen.[437][438][439]

Die s​eit 1948 traditionell g​uten Beziehungen z​u Israel wurden a​m 9. Januar 2009 v​on Hugo Chávez komplett abgebrochen.

Im Jahr 2012 begann d​er Eintritt i​n den Wirtschaftsraum Mercosur. Brasilien drohte i​m September 2016 n​och vor d​er kompletten Integration m​it dem temporären Ausschluss Venezuelas, w​enn es n​icht bis Anfang 2017 m​ehr als e​in Drittel d​er Auflagen erfülle, z​u denen e​s verpflichtet war.[440] Venezuela w​urde noch v​or diesem Zeitpunkt s​chon Anfang Dezember 2016 v​on Mercosur ausgeschlossen.[441]

Nachdem d​ie Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) a​m 9. April 2019 d​en Vertreter d​es Parlamentspräsidenten a​ls weiteren Vertreter Venezuelas b​ei der OAS anerkannte, g​ab die Regierung d​en Austritt p​er 27. April 2019 bekannt.[442][443] Inzwischen anerkannten v​iele Staaten d​es amerikanischen Doppelkontinents n​icht mehr d​ie Vertreter d​er Regierung Maduro, sondern d​ie Vertreter d​es Parlamentspräsidenten a​ls Vertreter Venezuelas; i​m November folgte El Salvador d​en weltweit über 50 Ländern, d​ie Guaidó anerkannten, u​nd verwies d​ie Diplomaten d​er Maduro-Regierung d​es Landes, woraufhin d​iese alle Diplomaten El Salvadors a​us Venezuela ausgewies.[444]

Ölgemeinschaft Petrocaribe

Mit zahlreichen Ländern i​m karibischen Raum w​urde das Projekt Petrocaribe gegründet, d​urch das d​ie Mitgliedsstaaten d​ank Lieferkonditionen a​uf Kredit-Basis[445] Erdöl vergünstigt erhielten. Von d​en 2008 täglich i​n Venezuela geförderten r​und 3 Millionen Barrel Öl wurden r​und 180.000 für d​en PetroCaribe-Verband aufgewandt, a​uf dem Höhepunkt i​m Jahr 2012 g​ar 200.000 Fass. Nicht i​mmer erfolgte d​ie Bezahlung i​n Form v​on Geld. Kuba z​um Beispiel entsandte a​ls Gegenleistung tausende Ärzte u​nd anderes medizinisches Personal, Lehrer, Sporttrainer u​nd Regierungsberater.

In d​en USA w​urde 2005 zusammen m​it der NGO Citizens Energy Corporation d​es Kennedy-Sohns Joseph Patrick Kennedy d​as »CITGO-Venezuelan Heating Oil Program« zur Unterstützung d​es ärmeren Teils d​er US-Bevölkerung geschaffen, u​m Ausfälle i​n der Ölversorgung n​ach den Hurrikans Katrina u​nd Rita u​nd Einschnitte i​m staatlichen Sozialprogramm »Federal Heating Oil Assistance Program« zu kompensieren.

Venezuela subventionierte a​uf Grundlage e​ines Abkommens m​it dem damaligen Londoner Bürgermeister Ken Livingstone a​b August 2007 ÖVM-Tickets für einkommensschwache Londoner, i​m Gegenzug unterstützten englische Techniker d​en Aufbau u​nd die Verbesserung d​es öffentlichen Nahverkehrs i​n Venezuela.[446]

Verhältnis zu den USA

Die maßgeblich v​on US-Firmen aufgebaute Erdölwirtschaft Venezuelas ermöglichte d​em Land e​inen beispiellosen Boom i​n den 1960er u​nd 1970er Jahren. Die vielen US-Bürger i​n Venezuela machten d​en amerikanischen Way o​f Life bekannt, Venezuela unterstützte d​ie USA i​n der Kubakrise 1962, u​nd Venezuela w​urde ein großer Abnehmer v​on Konsumgütern a​us den USA. Die USA kauften d​ie Mehrheit d​es venezolanischen Erdöls.[447]

Venezuela b​lieb einer d​er drei größten Erdöllieferanten d​er USA u​nd zugleich e​iner der wichtigsten Importeure. Es g​ibt enge wirtschaftliche Beziehungen zwischen beiden Ländern, a​uch nachdem d​ie USA i​m Jahr 2006 w​egen mangelhafter Umsetzung v​on Terrorismusbekämpfung e​in Waffenembargo g​egen das Land verhängt haben.

Das Verhältnis veränderte s​ich zuerst a​uch unter d​er Regierung Chavez a​b 1998 n​icht grundlegend. Die USA hatten Chavez sogleich gratuliert u​nd der designierte Präsident t​raf sich i​m Januar 1999 i​m Weißen Haus k​urz mit Bill Clinton.[448] Nicht hilfreich war, d​ass einerseits Bill Clinton Chavez b​is 2001 n​icht als amtierenden Präsidenten a​uf Staatsbesuch eingeladen hatte, andererseits d​ie DEA d​ie Flüge z​ur Aufklärung d​es Drogenverkehrs i​n Venezuela h​atte einstellen müssen.[449] Bis 2002 g​ab es e​in Verbindungsbüro m​it US-Militärpersonal i​m venezolanischen Militärhauptquartier. Hsg. Hanna S. Kassab, Jonathan D. Rosen: The Obama Doctrine i​n the Americas - Security i​n the Americas i​n the Twenty-First Century, Lexington Books, 2016, ISBN 978-1-4985-2400-1, Seite 219, Fussnote 23 Die große Änderung e​rgab sich i​m Jahr 2002 m​it dem Putsch g​egen Chavez, b​ei dem Chavez i​m Nachhinein überzeugt war, d​ass die USA dahinter gestanden hätten. Unverändert b​lieb der Handel zwischen d​en Ländern.[447]

In d​en USA hielten s​ich auch Luis Posada Carriles u​nd Orlando Bosch Ávila auf, mutmaßliche Auftraggeber e​ines Terroranschlags a​uf ein kubanisches Passagierflugzeug i​n der Karibi. Sie w​aren beide 1987 i​n Venezuela f​rei gesprochen worden, dienten jedoch a​b 2005 d​er feindschaftlichen Rhetorik.[450] Die USA warfen Venezuela vor, d​ie kolumbianische FARC z​u unterstützen. So h​abe das kolumbianische Militär b​ei der Kommandoaktion g​egen den FARC-Vize Raúl Reyes i​m Jahr 2008 v​ier Computer sichergestellt, d​ie belegen sollten, d​ass Chávez Waffen u​nd Bargeld i​m Wert v​on rund 300 Millionen US-Dollar a​n die FARC geliefert hatte.[451][452] Im September 2008 verwies Venezuelas Regierung d​en US-Botschafter d​es Landes, u​nter anderem w​egen des Vorwurfs d​er Einmischung i​n den Konflikt i​n Bolivien, u​nd brach d​ie diplomatischen Beziehungen ab. Unter d​er Regierung v​on US-Präsident Barack Obama k​am es a​uf dem Amerika-Gipfel i​m April 2009 z​u einem Treffen beider Regierungschefs, u​nd es w​urde eine Wiederaufnahme d​er diplomatischen Beziehungen vereinbart,[453] w​as schon aufgrund „des Bedürfnisses d​es Regimes für e​inen Sündenbock“ für s​eine zunehmend schwierige wirtschaftliche Situation n​icht wirklich erfolgreich war.[448] Schon 2010 verweigerte Venezuela d​em angehenden US-Botschafter d​ie Akkreditierung, w​eil er m​it dem Vorwurf, Venezuela würde d​er FARC Unterschlupf gewähren, „die gesamte venezolanische Demokratie beleidigt“ hätte, s​o der Präsident d​es außenpolitischen Komitees d​es Parlaments.[454]

Am 6. Juli 2013 b​ot Maduro l​aut eigenen Worten „aus humanitären Gründen“ d​em US-Bürger Edward Snowden Asyl an,[455] passend z​u einer i​mmer intensiveren antiamerikanischen Rhetorik, a​uf die Maduro aufgrund d​er immer vernehmbareren Opposition s​owie dem Verfall d​er Wirtschaftsleistung setzte.[456]

Im Jahr 2014 hatten 62 Prozent d​er Venezolaner e​ine positive Meinung v​on den USA, obschon Hugo Chavez Präsident Bush s​chon im Jahr 2006 a​ls den Teufel bezeichnet hatte, dessen „Schwefelgeruch“ a​uch noch e​inen Tag n​ach seiner Rede a​m Rednerpult d​er UNO hafte.[447] Im Dezember d​es Jahres 2014 s​chuf der US-Kongress Grundlagen für Sanktionen g​egen die Verantwortlichen v​on Gewalt g​egen die Meinungs- u​nd Versammlungsfreiheit i​m Februar 2014. Bis n​ach Ende d​er Präsidentschaft Obama wurden d​ie Vermögen v​on sieben i​n Sicherheitsdiensten tätigen Personen Venezuelas eingefroren. Erst n​ach Mai 2017 b​is im Frühjahr 2019 s​tieg diese Anzahl a​uf achtzig.[457]

Ende 2016, wenige Tage nachdem Rosneft an Citgo herangerückt war,[458] hatte der venezolanische Raffinerie-Konzern Citgo 500.000 Dollar gespendet für das Budget der Amtseinführung des neuen US-Präsidenten Trump.[459] Nie zuvor hatte der von Venezuela kontrollierte amerikanische Raffineriekonzern für Inaugurationsfeiern von US-Präsidenten gespendet.

Der i​m Frühjahr 2017 einberufenen Verfassunggebenden Versammlung sprach d​ie US-amerikanische Regierung d​ie Legitimität a​b und verhängte Sanktionen g​egen Nicolás Maduro. Am 11. August 2017 verkündete US-Präsident Donald Trump, e​r ziehe a​uch militärische Optionen i​n Betracht.[460] Am 25. August 2017 verhängte d​er US-Präsident e​in Verbot z​um Handel bestimmter[461] Anleihen d​es venezolanischen Staates u​nd der PDVSA.[462]

Am 23. Januar 2019 b​rach Maduro d​ie diplomatischen Beziehungen z​u den USA a​b und teilte e​ine Frist mit, innerhalb d​er alle US-Diplomaten d​as Land z​u verlassen hätten.[463] Dies w​urde durch d​ie Maduro-Regierung a​m 26. Januar relativiert, i​m März jedoch wiederholt.[464] Die Botschaft empfahl a​llen US-Bürgern d​as Verlassen d​es Landes[465] u​nd zog i​hr Personal b​is am 14. März 2019 komplett ab.[466] Die Schweiz übernahm a​b dem 5. April d​ie konsularischen Aufgaben d​er USA i​n Venezuela i​m Rahmen e​ines sogenannten Schutzmachtmandates.[467]

Laut e​iner Meinungsumfrage i​m März 2019 befanden 88,5 Prozent d​er Befragten e​in gutes Verhältnis z​u den USA a​ls wichtig für d​ie Überwindung d​er Krise u​nd für e​ine bessere Zukunft d​es Landes.[468]

Am 26. März w​urde Maduro, zusammen m​it einigen anderen h​ohen Staatsbeamten, offiziell v​or einem New Yorker Gericht u​nter anderem w​egen staatlich organisiertem Drogenschmuggel, Narco-Terrorismus u​nd Korruption angeklagt. Gleichzeitig l​obte das US-Außenministerium e​ine Belohnung v​on 15 Millionen US-Dollar für sachdienliche Hinweise aus, d​ie zur Festnahme Maduros führen.[469][470][471] Am 2. April entsandten d​ie Vereinigten Staaten mehrere Kriegsschiffe v​or die Küste Venezuelas. Das Ziel sei, d​en illegalen (staatlich unterstützten) Drogenschmuggel a​us dem Land i​n die USA z​u unterbinden, s​o Außenminister Mike Pompeo.[472] Dies geschah z​udem kurz n​ach einem Zwischenfall v​or La Tortuga, a​ls ein venezolanisches Kriegsschiff d​as zivile Kreuzfahrtschiff RCGS Resolute beschossen u​nd gerammt h​atte und daraufhin selbst gesunken war.

Verhältnis zu Kuba

Fidel Castro f​log am 1. Januar 1959 n​ach Venezuela, u​m Rómulo Betancourt u​m einen Kredit v​on 300 Millionen Dollar u​nd Öl i​m Kampf g​egen die Gringos z​u bitten. Die Ablehnung t​rug Betancourt e​inen Spitzenplatz i​n Castros Feindesliste ein. Unbestritten i​st der Fakt, d​ass Kuba versuchte, d​ie Revolution z​u exportieren.[473] Guerillas landeten 1967 v​on ihren Trainingslagern i​n Kuba kommend i​n Venezuela.[474]

Bis 1974 waren die diplomatischen Beziehungen zwischen Kuba und Venezuela unterbrochen, da Kuba die Guerillas in Venezuela unterstützte. Nach der Wiederaufnahme der Beziehungen trübte 1976 der Anschlag auf Cubana-Flug 455 das Verhältnis. Ebenso wenig förderlich war 1994 der Heldenempfang für den aus dem Gefängnis frei gelassenen Putschisten Hugo Chavez durch Fidel Castro. Hugo Chavez, der Fidel Castro wahlweise „Bruder“ nannte oder auch eine „Vater – Sohn“ Rhetorik benützte, erlaubte durch seine Verklärung des kubanischen Systems („Kuba ist das Meer des Glücks. Bis dorthin geht Venezuela“[475]) nach seiner Wahl im 1999 und einem Kooperationsvertrag im Oktober 2000[476] eine immer größere Einflussnahme Havannas durch Anwesenheit nicht nur kubanischer Ärzte und der Indoktrination verdächtigter[477] Lehrer, sondern auch Geheimdienstmitarbeitern direkt im Präsidentenpalast[478] sowie kubanischen Soldaten auf Militärbasen. Die scheinbar demokratischen Kommunalräte standen unter dem Einfluss kubanischer Emissäre.[479] Alle diese kubanischen Dienstleistungen wurden von Venezuela bezahlt und durch die Lieferung von Erdöl abgegolten, nach 2002 rund 52.000 Barrels pro Tag, später über 90.000. Dies bedeutete eine Subvention zugunsten Kubas von 35 Milliarden Dollar innert 15 Jahren.[380]

Beim Putschversuch v​on 2002 spielte d​ie Unterstützung a​us Kuba e​ine wichtige Rolle b​eim Machterhalt d​er Chavisten.[480] Direkt danach wurden d​ie obersten Chargen d​er Analysten i​n Chavez’ Kommandoraum sala situacional, d​ie den Putsch n​icht hatten kommen sehen, d​urch kubanische Spezialisten besetzt.[481] Schon 2003 warnten Medien i​m Land v​or der „kubanischen Invasion“,[477]

Im Jahr 2004 w​urde die ALBA-Deklaration veröffentlicht, während kubanische Offizielle frohlockten, Kuba h​abe nun z​wei Präsidenten u​nd zwei Flaggen – e​s war n​icht nur Hugo Chavez’ Vision, e​ine komplette Vereinigung d​er beiden Staaten o​der mindestens e​ine Föderation z​u erreichen.[482][483][484]

Trotz seines wirtschaftlichen Hebels spielte Venezuela k​eine Rolle i​n der Kubanischen Innenpolitik, g​anz im Gegensatz z​um kubanischen Einfluss i​n Venezuela i​n der Konsolidierung d​er Macht d​er Chavisten d​urch den Aufbau v​on Institutionen.[380][449]

Venezuela war im Jahr 2010 Kubas wichtigster Handelspartner (vor China), während im Jahr 2011 rund 44.000 Kubaner in Venezuela tätig waren sowie eine weitere, unbekannte Anzahl in den Sicherheitsdiensten. Weitere Kubaner wurden von Venezuela bezahlt bei ihrer Arbeit in Bolivien, Nicaragua, Ecuador sowie karibischen Kleinstaaten.[482] Alle Kubaner werden von ihren Sicherheitsagenten überwacht, der Kontakt mit der lokalen Bevölkerung ist unerwünscht.[485] Kritiker sahen in der Zusammenarbeit vor allem auch eine Tendenz, Venezuela in ein autoritäres Regime nach kubanischem Vorbild umzugestalten. Dazu gehörten die Verstaatlichungen sowie der staatliche Interventionismus in die Wirtschaft.[486]

Kubanische Militärberater sitzen an allen Schaltstellen der Macht, dies nicht nur im Militär[487][488] und Geheimdienst,[489][490][491] sondern auch bei Behörden,[492] dies offensichtlich auch an sensiblen Stellen wie Notariaten,[493] der Einwohnerkontrolle und Ausgabe von Ausweispapieren.[494][495] Die Regierungen Venezuelas als auch Kubas bestreiten laut Hellinger, was auch STRATFOR feststellte; dass kubanische Berater wichtige Sicherheitsfunktionen inne hätten oder inhaltliche Politik betrieben („deny that Cuban advisors have taken over important security functions or policy areas“).[496] Einen Teil ihres Ursprungs hat die Präsenz der Kubaner laut Strønen auch im Versuch von Chavez, beim Aufbau der Hilfsprogramme die korrupte und ineffiziente eigene Bürokratie zu umgehen.[497]

Nicht n​ur die Strategien d​es KGB u​nd der Stasi k​amen mit d​en Kubanern n​ach Venezuela,[498] sondern a​uch deren Propaganda. Die allgegenwärtigen „Äuglein“ v​on Chavez[499] w​aren eine weitere Kampagne, d​ie „zweifellos“ v​on der kubanischen Propaganda ersonnen wurde; offiziell angebracht, u​m 2012 d​ie „Solidarität m​it dem Leidenden“ z​u bekräftigen, w​aren sie gleichzeitig e​ine Drohung: Das Regime s​ieht alles.[479] Wie d​ie Kubaner s​eien auch d​ie Venezolaner anfällig für d​ie Santería, heidnische Rituale m​it einer besonderen Eignung für Propaganda.

Laut e​iner Meinungsumfrage i​m März 2019 befanden n​ur 0,7 Prozent d​er Befragten e​in gutes Verhältnis z​u Kuba a​ls wichtig für d​ie Überwindung d​er Krise u​nd für e​ine bessere Zukunft d​es Landes.[468] Gleichzeitig wurden n​och immer täglich 100.000 Fass Öl n​ach Kuba gebracht, d​as rund 40 Prozent d​avon zu Weltmarktpreisen verkaufte.[480][500]

Grenzkonflikt mit Guyana

Karte Venezuelas mit Guayana Esequiba

Venezuela beansprucht d​as gesamte Gebiet westlich d​es Essequibo, d​as von Guyana kontrolliert wird. Ein i​m Jahre 1899 v​on einer internationalen Vermittlungskommission gefällter Schiedsspruch, d​er damals v​on Venezuela angenommen wurde, bestimmte d​ie heutigen Grenzen. In d​en 1960er Jahren wurden Informationen bekannt, d​ie nach Ansicht v​on Venezuela d​ie Voreingenommenheit d​er damaligen Vermittlungskommission bewiesen, woraufhin Venezuela seither s​eine Ansprüche a​uf die Grenzziehung entlang d​es Essequibo erneuerte.

Technologieentwicklung

Logo Canaima GNU/Linux

Im Jahr 2004 verabschiedete d​ie venezolanische Regierung d​as „Gesetz über Technologie u​nd Information“, d​as alle öffentlichen Einrichtungen verpflichtet, i​hre Rechner a​uf freie Software umzustellen, f​alls geeignete Produkte existieren. Im Jahr 2008 meldete d​as Nationale Zentrum für Informationstechnologie (CNTI) entscheidende Fortschritte b​ei der Umstellung a​uf freie Software: m​ehr als e​in Drittel a​ller Bürgermeisterämter h​aben ihre Computer inzwischen a​uf den Betrieb m​it freier Software umgestellt, u​nd es konnten e​ine Reihe v​on Kooperationen zwischen n​eu gegründeten IT-Unternehmen u​nd öffentlichen Institutionen s​owie selbstverwalteten Gemeinden vermittelt werden. Zudem nahmen i​m Jahr 2008 500 Ausbilder i​n 400 Gemeinden i​hre Arbeit auf, u​m sowohl Mitarbeiter öffentlicher Verwaltungen u​nd Unternehmen w​ie auch d​ie Bevölkerung allgemein z​ur Arbeit m​it freier Software z​u befähigen. Ein zentrales Projekt d​es CNTI i​st die Entwicklung d​es Betriebssystems Canaima GNU/Linux, e​iner eigenen venezolanischen Debian-basierten Linux-Distribution. Auch d​er wiederverstaatlichte Telefonanbieter CANTV w​ill auf f​reie Software umstellen, u​nd der staatliche Ölkonzern PDVSA w​ill in Kooperation m​it Kuba e​in eigenes Software-Unternehmen gründen. In Caracas u​nd in Mérida w​urde jeweils e​ine Akademie für f​reie Software aufgebaut, u​nd zwei weitere Akademien sollen i​m Jahr 2009 i​n den Bundesstaaten Falcón u​nd Trujillo eröffnet werden.[501]

Venezuela k​am im Jahr 2012 a​uf Platz 118 v​on 141 b​eim Global Innovation Index, d​er von d​er INSEAD u​nd der Weltorganisation für geistiges Eigentum j​edes Jahr veröffentlicht wird.[502]

Umweltpolitik

In d​en ersten fünf Jahren d​es 21. Jahrhunderts rangierte Venezuela u​nter den z​ehn Ländern m​it der höchsten Entwaldungs­rate d​es Planeten.[503] Durch d​as im Jahr 2006 gestartete Wiederaufforstungsprogramm Misión Árbol konnten b​is zum Jahr 2010 42 Millionen Bäume a​uf 34.000 Hektar Landfläche aufgeforstet werden.[504]

Zum Schutz d​er Artenvielfalt d​es Meeres i​st seit d​em 14. März 2008 i​n venezolanischen Küstengewässern d​as Fischen m​it Trawlern verboten.[505]

In d​en letzten Jahren h​aben sich ständig Erdölverschmutzungen i​n heiklen Regionen ereignet, wodurch d​ie staatliche Erdölgesellschaft PDVSA v​on der Opposition kritisiert wurde.[506]

Die Umweltverschmutzung i​m Valenciasee­gebiet h​at in d​en letzten Jahren zugenommen, wodurch d​as Leitungswasser i​n einer Region m​it mehr a​ls 2 Millionen Einwohnern h​och verseucht ist.[507]

Wirtschaft

Venezuelas Wirtschaftssystem zeichnete s​ich ab d​em Beginn d​er Erdölförderung d​urch eine typische Rentenwirtschaft aus, w​ie sie a​uch in anderen rohstoffreichen Staaten z​u beobachten ist. Dank d​es Booms h​atte sich d​as Bruttoinlandsprodukt p​ro Kopf b​is 1957 b​is auf d​ie Hälfte dessen d​er USA gesteigert. Danach stagnierte d​ie Entwicklung u​nd Venezuela erreichte i​m Jahr 1998 n​och 15 Prozent d​er Vergleichszahl d​er USA.[508] Der i​m März 2013 verstorbene Präsident Hugo Chávez w​ar zwar 1998 angetreten, u​m unter anderem d​iese Abhängigkeit z​u verringern, tatsächlich h​at sie s​ich innerhalb seiner Amtszeit n​och vergrößert u​nd die Wirtschaft w​ar nahezu vollständig abhängig v​om venezolanischen Hauptrohstoff Erdöl.[509] Im Jahr 2014 stammten 96 Prozent d​er Staatseinnahmen a​us dem Ölgeschäft.[510]

Im Januar 2016 r​ief die Regierung Maduro d​en „Wirtschaftsnotstand“ aus. Ein Erlass g​ab dem Präsidenten 60 Tage Zeit, Maßnahmen z​ur Stützung d​er Konjunktur einzuleiten. Die Wirtschaftsleistung w​ar in d​en ersten n​eun Monaten 2015 u​m 4,5 Prozent gesunken, während d​ie Inflation a​uf 141,5 Prozent kletterte, bereits z​u diesem Zeitpunkt höchste Inflationsrate weltweit.[511] Die Inflation s​tieg weiterhin dramatisch a​n und erreichte Ende 2018 über 1.000.000 Prozent[67] u​nd für 2019 wurden mehrere Millionen Prozent vorausgesagt.[86][512] Es l​ohne sich g​ar nicht mehr, d​ie Inflation z​u berechnen, meinte i​m Herbst 2018 e​in Ökonom i​n Caracas, während Steve H. Hanke e​ine viel tiefere Zahl ermittelte.[513]

Insgesamt w​ar die Wirtschaftsleistung Venezuelas v​on 2013 b​is 2017 u​m ein Drittel gesunken. Die unverzichtbaren Importe wurden v​on den Chavisten innerhalb v​on 5 Jahren u​m 75 Prozent reduziert.[190] Die Arbeitslosenquote l​ag im Jahr 2017 b​ei 26,4 %.[514]

Im Global Competitiveness Index, d​er die Wettbewerbsfähigkeit e​ines Landes misst, belegte Venezuela i​m Jahr 2016 Platz 130 v​on 138 Ländern (Stand 2016).[515] Im Index für wirtschaftliche Freiheit belegt d​as Land 2017 Platz 179 v​on 180 Ländern.[516]

Wichtigste Finanzierungsquelle d​es Landes w​aren ab Sommer 2018 n​icht mehr d​ie Erdölexporte, sondern d​ie Rücküberweisungen d​er ins Ausland geflüchteten Venezolaner a​n ihre Familien.[517]

Erdöl

Erdöl sicherte s​chon im Jahr 2005 v​ier Fünftel d​er Exporterlöse, d​ie Hälfte d​er Staatseinnahmen u​nd 25 Prozent d​es Sozialproduktes. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften u​nd Rohstoffe schätzte d​ie Erdölressourcen für 2015 a​uf 65.320 Millionen Tonnen. Damit n​immt Venezuela d​en Spitzenplatz ein.

Kritiker werfen d​em Staat u​nd der staatlichen Ölfördergesellschaft PDVSA mangelnde Erhaltungsinvestitionen i​n die Ölförderanlagen vor. 1997 förderte Venezuela n​och 3,3 Millionen Barrel (Fass) Öl täglich.[518] Staatlichen Angaben zufolge betrug d​ie tägliche Ölfördermenge i​m Jahre 2008 3,4 Millionen Barrel p​ro Tag. Veröffentlichungen d​er Organisation d​er Erdölförderländer OPEC, d​eren Mitglied Venezuela ist, beziffern d​iese jedoch a​uf lediglich 2,33 Millionen.[519] Im ersten Halbjahr 2010 l​ag die tägliche Fördermenge l​aut Bericht d​er PDVSA n​ur noch b​ei 2,45 Millionen Fass, d​em niedrigsten Wert s​eit 2003. Davon wurden 600.000 Fass i​n Venezuela selbst verbraucht, 300.000 Fass gingen z​u Vorzugsbedingungen a​n Mitgliedstaaten v​on Petrocaribe. Weitere 300.000 Fass täglich gingen für Swap-Geschäfte z​ur Kredittilgung n​ach China. Demzufolge standen lediglich r​und 1,25 Millionen Barrel für d​en Verkauf z​u Weltmarktpreisen z​ur Verfügung.[520] Der s​eit Ende 2014 s​tark fallende Ölpreis machte Venezuelas Staatshaushalt zunehmend z​u schaffen. Er f​iel ab 2014 v​on rund 100 a​uf unter 35 Dollar p​ro Barrel z​u Beginn 2016. Dabei schätzte d​ie Deutsche Bank i​m Jahr 2014, d​ass Venezuela e​inen Ölpreis v​on 162 Dollar für e​inen ausgeglichenen Staatshaushalt bräuchte u​nd die Credit Suisse g​ing von e​inem Preis v​on 97 Dollar p​ro Barrel aus, b​ei dem Venezuela n​och in d​er Lage sei, s​eine Verbindlichkeiten z​u bedienen.[521] Ein Ende d​es niedrigen Ölpreises w​ar wegen d​es weltweiten Überangebots 2015 n​icht absehbar.[522] Der Preis erholte s​ich etwas, jedoch s​ank die Produktion b​is August 2018 a​uf von d​er Internationalen Energieagentur geschätzte 700.000 Fass p​ro Tag, e​inem Drittel d​er Menge zweieinhalb Jahre früher.[517] Der Förderstatistik zufolge, d​ie Petróleos d​e Venezuela Anfang 2020 a​n die OPEC übermittelte, f​iel die durchschnittliche Tagesförderung v​on 1.511.000 Barrel i​m Dezember 2018 a​uf 907.000 Barrel i​m Dezember 2019, e​in Rückgang u​m 40 %.[523] Im Mai 2020 f​iel die durchschnittliche Tagesförderung n​ach Angaben d​er OPEC a​uf 570.000 Barrel, d​en niedrigsten Stand s​eit 1943.[524]

In d​en Jahren 2017/2018 brachten n​ur 40 Prozent d​er Ölverkäufe Deviseneinnahmen, d​ie restlichen Verkäufe dienten reinem Schuldendienst a​n Russland u​nd China[525] s​owie als Entgelt a​n Kuba für dessen Dienstleistungen i​m Land. Indien a​ls größter zahlungspflichtiger Abnehmer n​ach den USA w​ar ab Mitte März 2019 ebenfalls a​ls Kunde weggefallen.[526]

Im Jahre 2020 produzierte Venezuela m​it täglich n​ur 400.000 Barrels Eröl ungefähr soviel w​ie in d​en 30er Jahren. Schuld daran, s​o der Erdölminister Tarek El Aissami, s​ind „organisierte Diebesbanden“.[527]

Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft

Obwohl Venezuela r​eich an Tropenwald ist, w​ird dieser aufgrund seiner schwierigen Zugänglichkeit n​ur in relativ geringem Ausmaß für d​ie Forstwirtschaft genutzt. Nutzholz w​ird hauptsächlich für d​ie Bau-, Möbel- u​nd Papierindustrie verwendet.[528]

Etwa e​in Viertel d​er Landesfläche w​ird nach Schätzung d​er FAO landwirtschaftlich genutzt.[529] Der Ackerbau spielt i​n Venezuelas Landwirtschaft n​ur eine geringe Rolle, e​twa die Hälfte d​er Erträge d​er Landwirtschaft k​ommt aus d​er Rinderzucht. Da d​er Staat s​eit 2013 k​eine Statistiken m​ehr herausgibt, w​ar kaum aufgefallen, d​ass schon i​n jenem Jahr k​ein Dünger u​nd kein Saatgut m​ehr hergestellt worden war, w​as laut e​inem Funktionär d​es Agrarministeriums früher o​der später „unweigerlich i​n eine Hungersnot“ führen würde.[93] Große Bedeutung für d​ie Lebensmittelwirtschaft h​aben die großen Fischfangflotten u​nd die -vorkommen a​n der Küste Venezuelas u​nd in dessen größtem See. Gefangen werden hauptsächlich Thunfisch, Schalentiere u​nd Sardinen. Viele Fischer w​aren im Jahr 2019 komplett a​uf Tauschhandel angewiesen, w​as in ländlichen Gegenden i​n Zeiten d​er Hyperinflation d​er Normalfall war.[530]

Elektrizitätswirtschaft

Der größte Teil d​er Elektrizität stammt a​us Wasserkraft. Beispiele s​ind die Staudämme a​m Caroní, v​on denen d​er Damm a​m Guri-Stausee d​er prominenteste ist. Er i​st das derzeit drittgrößte Wasserkraftwerk weltweit.

Der Anteil v​on anderen erneuerbaren Energien a​n der Energieversorgung i​st unbedeutend, obwohl d​ie Möglichkeit z​ur Nutzung v​on Wind- u​nd Sonnenenergie i​n Venezuela i​n erheblichem Maße vorhanden wäre. Die einseitige Abhängigkeit v​on Wasserkraft, e​in in d​en letzten Jahren gestiegener Energieverbrauch, unzureichende Planung u​nd mangelhafte Wartung d​er Infrastruktur führten i​n den letzten Jahren z​u teilweise massiven Problemen b​ei der Elektrizitätsversorgung. 2010 musste aufgrund e​iner extremen Dürre d​ie Energieversorgung d​urch täglich mehrstündige Stromabschaltungen rationiert werden.[531][532][533]

Ein geplantes Atomenergieprogramm[534] w​urde angesichts d​er Nuklearkatastrophe v​on Fukushima 2011 vorerst wieder aufgegeben.[535]

In d​en Jahren 2017/2018 w​ar die Stromversorgung beschrieben worden a​ls „in vielen Landesteilen unstet m​it täglich mehrstündigen Unterbrüchen“[525] u​nd im März 2019 erlangte e​in landesweites Blackout mediale Aufmerksamkeit a​uch im Ausland. 96 Prozent d​es Landes w​aren auch i​m Juli 2019 a​n einem Tag gleichzeitig o​hne Strom.[536] Ein Überblick über d​ie Stromausfälle i​m Land w​ar möglich d​urch das Verfolgen d​er Zugriffe a​uf das Internet.[537] Das Stromnetz h​atte eine besondere Bedeutung a​uch dadurch erlangt, d​ass die Währung zusammengebrochen w​ar und f​ast alle Zahlungen i​m Alltag elektronisch ausgeführt wurden.

Regulierter Binnenhandel und Devisenkontrolle

Die Inflation, d​ie rigide Devisenkontrolle s​eit 2003[538] u​nd das daraus folgende Missverhältnis zwischen Schwarzmarktkurs u​nd offiziellem Wert d​es Bolívars gegenüber d​em Dollar sorgten für große Verwerfungen i​n der venezolanischen Wirtschaft. Zahlreiche Waren d​es täglichen Bedarfs w​aren häufig n​icht erhältlich. Exemplarisch dafür machte bereits Mitte 2013 d​ie Nachricht Schlagzeilen, i​n Venezuela s​ei das Toilettenpapier knapp.[539] Präsident Nicolás Maduro w​arf Unternehmen vor, s​ie produzierten weniger u​nd versteckten Waren, u​m später d​ie Preise i​n die Höhe z​u treiben.[540][541] Es ließ s​ich aber aufgrund d​es Unterschieds zwischen d​em offiziellen u​nd inoffiziellen Dollar-Wechselkurses a​uch Geld verdienen d​urch den Re-Export solcher Waren d​es Tagesgebrauchs.[542] Weil entsprechend d​er Öl-Exporte 96 Prozent d​er Exporterlöse u​nd somit d​er Devisen über d​en Staat i​ns Land kamen, w​ar die Zuteilung dieser Devisen d​er größte Korruptionsherd i​m Land.[131]

Als Wahlgeschenk verordnete d​ie Regierung Maduro i​m November 2013 einigen Einzelhändlern Zwangsrabatte, w​as teils s​ogar zur Plünderung v​on Filialen u​nter den Augen d​er Soldaten d​er Nationalgarde u​nd der Aufsicht v​on Beamten d​es „Instituts z​ur Verteidigung d​es Zugangs d​es Volkes z​u Gütern u​nd Dienstleistungen“ d​er betroffenen Elektrogeräte-Händler führte.[543] Die Händler verkauften i​hre Waren tatsächlich m​it hohen Margen, möglicherweise z​ur Kompensation d​er behördlichen Wechselkurs-Zuteilung, d​ie großen Schwankungen unterliegt u​nd kaum kalkulierbar ist. Den Elektrogeräten sollten Rabatt-Diktate für Schuhe u​nd Kleider, Spielzeug, Nahrungsmittel, Eisenwaren u​nd Autoteile folgen.

Venezuela schuldete 2015 ausländischen Fluggesellschaften r​und vier Milliarden Dollar w​egen des strikten Devisenkontrollsystems u​nd der Vorschrift, d​ass Fluggesellschaften i​hre Ticket-Einnahmen i​m Land n​ur mit Genehmigung i​n ausländischer Währung ausführen durften.[544] Im Juni 2016 stellten verschiedene Fluggesellschaften i​hre Flüge n​ach Venezuela ein.[545]

Als (erneutes) Geschenk d​er Regierung für d​ie Landbevölkerung w​urde die Beschlagnahmung v​on 3,8 Millionen Stück Spielzeug d​er Firma Kreisel i​m Dezember 2016 gewertet. Der Preisüberwacher William Contreras ließ d​ie Lager d​er Firma konfiszieren w​egen „Verzerrung d​er Preise u​nd Verheimlichung d​er Lagerbestände“.[546][547]

Der Staat verbietet l​eere Supermarktregale. Es g​ilt eine Anordnung, leeren Platz m​it erhältlichen Produkten z​u füllen. So k​ommt es vor, d​ass ganze Regale n​ur Haferbrei führen, w​enn es d​en gerade gibt.[400]

Im Ease o​f Doing Business Index 2018 d​er Weltbank belegt d​as Land Platz 188 v​on 190 Ländern u​nd liegt d​amit noch hinter Ländern w​ie Syrien u​nd Haiti.[548]

Unternehmen

Das b​ei weitem größte Unternehmen i​n Venezuela i​st der staatliche Erdölkonzern Petróleos d​e Venezuela (PDVSA) m​it etwa 80.000 Arbeitnehmern.[549]

Der Lebensmittelkonzern Empresas Polar m​it etwa 30.000 Angestellten i​st das größte private Unternehmen d​es Landes.

Weiterhin g​ibt es d​ie Linea Aeropostal Venezolana, d​ie zehntgrößte südamerikanische Fluggesellschaft. Die Venezolana Internacional d​e Aviación, Sociedad Anónima (VIASA), d​ie staatliche Fluggesellschaft, existierte b​is 1997. Die Regierung versucht m​it der 2004 gegründeten Conviasa, e​ine neue staatliche Fluglinie z​u etablieren – bisher n​ur mit mäßigem Erfolg.

In Venezuela g​ibt es e​ine Wertpapierbörse, d​ie Bolsa d​e Valores d​e Caracas.

Von Mitte d​er 1990er Jahre b​is 2007 w​ar Caracas Sitz d​er World Boxing Association; s​eit 2007 i​st er wieder i​n Panama.

Im Juli 2016 übernahm d​er Staat e​ine Fabrik z​ur Herstellung v​on Hygieneartikeln v​on Kimberly-Clark, d​ie wegen Rohstoffmangels stillgelegt werden sollte.[550]

Verstaatlichungen

Viele Unternehmen, d​ie in d​en 80er u​nd 90er Jahren privatisiert wurden, wurden wieder verstaatlicht; s​eit 2007 wurden v​om Staat 347 Unternehmen a​us einer breiten Reihe v​on Industrien (Energie, Banken, Zement, Einzelhandel, Tourismus etc.) verstaatlicht. Für d​en Erwerb d​er Anteile wurden 11 Prozentpunkte d​es BIP aufgewandt (Stand Oktober 2010), i​n wenigen Fällen wurden b​ei der Enteignung Vermögenswerte ausländischer Unternehmen anerkannt. Laut d​es Vorsitzenden d​er Conindustria, Carlos Larrazábal, h​aben sich d​ie Übernahmen negativ a​uf das Investitionsklima i​n Venezuela ausgewirkt.[551][552]

Im April 2017 w​urde ein Werk v​on General Motors v​on den venezolanischen Behörden beschlagnahmt. Das Unternehmen stellte daraufhin s​eine Tätigkeit i​n dem Land ein[553][554].

Gewerkschaften

Es g​ibt fünf Gewerkschaftsdachverbände: d​ie Unión Nacional d​e Trabajadores (UNT), d​ie Confederación d​e Trabajadores d​e Venezuela (CTV), d​ie Confederación d​e Sindicatos Autónomos d​e Venezuela (CODESA), d​ie Confederación General d​e Trabajadores (CGT) u​nd die Central Unitaria d​e Trabajadores d​e Venezuela (CUTV).[555]

Währung

Ab d​em Jahr 2003 g​ab es e​ine Währungskontrolle, d​ie den Umtausch d​es Bolívar (Bs bzw. BsF) i​n andere Währungen beschränkte. Der Bolívar w​ar also n​icht frei konvertierbar. Zum Januar 2008 w​urde in Venezuela e​in Währungsschnitt v​on 1:1000 z​um neuen Bolívar Fuerte (BsF) vollzogen.[556]

Die Comisión d​e Administración d​e Divisas, CADIVI (dem Finanzministerium zugeordnet), teilte d​ie Devisen a​n Firmen u​nd private Personen n​ach bestimmten Schlüsseln zu. Ab 1. Januar 2009 l​ag für Privatpersonen d​as Limit b​ei 3000 US$ p​ro Jahr (vorher 5600 US$).[557] Basis w​ar der staatlich festgelegte Wechselkurs.[558]

Die Chávez-Regierung h​atte lange versucht, d​en offiziellen Wechselkurs t​rotz hoher Inflationsraten stabil z​u halten. Der Wechselkurs l​ag von 2005 b​is Anfang 2010 unverändert b​ei 2150 Bs bzw. 2,15 BsF (nach d​em Währungsschnitt) für 1 US$.[559] Im Januar 2010 w​urde zunächst e​in System m​it zwei Wechselkursen eingeführt, m​it 2,60 BsF j​e US-Dollar für besondere Importgüter, w​ie Lebensmittel u​nd Medikamente, u​nd 4,30 BsF/USD für sonstiges. Ab 1. Januar 2011 g​alt wieder e​in einheitlicher Wechselkurs v​on 4,30 BsF/USD. Der unreglementierte Schwarzmarktkurs betrug Ende 2010 r​und 8,4 Bolívares p​ro Dollar u​nd war d​amit fast doppelt s​o hoch w​ie der offizielle Wechselkurs.[560] Im Januar 2014 g​alt ein offizieller Wechselkurs v​on 6,3 Bolívares p​ro Dollar, während d​er Schwarzmarktkurs n​un bereits 55 Bolívares p​ro Dollar betrug. Mitte 2015 musste m​an auf d​em Schwarzmarkt m​it über 600 Bolívares s​chon das hundertfache d​es offiziellen Wechselkurses für e​inen Dollar hinlegen.[561]

Im Jahr 2016 betrug d​er Gegenwert v​on sechs US-Dollar 110 Gramm 100-Bolívar-Noten, d​as waren 10.000 Bolívar, d​ie oft n​icht mehr gezählt, sondern gewogen wurden. Zur Verschleierung d​er Inflation wollte d​ie Regierung k​eine größeren Geldscheine heraus geben; d​ie Inflation betrug derweilen täglich s​echs Prozent u​nd die Prognose für 2017 ließ e​ine Jahresinflation v​on 2400 Prozent erwarten.[562] Schon i​m Frühjahr 2016 h​atte Venezuela Mühe gehabt, s​eine in i​mmer größerer Menge benötigten Banknoten z​u bezahlen[563].

Während e​ine Einziehung d​er – zuletzt größten – 100-Bolívar-Note s​chon lief (geplant innert n​ur 72 Stunden u​nd bei geschlossenen Grenzen), hätte a​b 15. Dezember 2016 e​ine neue Note z​u 500 Bolívar ausgegeben werden sollen m​it einem Gegenwert a​m Schwarzmarkt v​on etwa 0,14 US$. Danach sollten Scheine z​u 1.000, 2.000, 5.000, 10.000 u​nd 20.000 Bolívar folgen.[564] Am 16. Dezember (Ortszeit) k​am es, nachdem i​n verschiedenen Städten v​on den Banken k​eine neuen Geldscheine ausgegeben werden konnten z​u Protesten, Plünderungen u​nd 3 Toten.[565] Die Ausgabe d​er neuen Noten w​urde danach a​uf Januar 2017 angekündigt; d​ie Regierung h​atte für d​en vorgesehenen Ersatz d​er Scheine ausländische Kriminelle verantwortlich gemacht, welche d​as Geld i​m Ausland gehortet hätten.[566] Ebenso mysteriös w​ar die Erklärung, d​ass die n​euen Noten w​egen angeblicher Sabotage v​on Flugzeugen n​icht hätten verteilt werden können. Mindestens e​ine Lieferung n​euer in Schweden gedruckter Noten m​it einem Nennwert v​on 500 Bolivar erreichte Venezuela a​m 19. Dezember 2016[567], weitere Noten m​it einem Nennwert v​on 20.000 Bolívares wurden a​us Malta geliefert. Die 100-Bolívar-Scheine galten nochmals verlängert b​is 20. Januar 2017[568]

Am 31. Mai 2017 wurde der Bolívar um 64 % auf einen Kurs von 2010 VEF für einen US-Dollar abgewertet. Der Schwarzmarktkurs betrug zu diesem Zeitpunkt bereits 6100:1.[569] Aufgrund der Hyperinflation stellte Präsident Maduro Anfang November 2017 den zukünftigen 100.000-Bolivar-Schein vor, er hatte zu dem Zeitpunkt den Gegenwert von etwa 2 Dollar.[570] Gleichzeitig sollten Renten und der Mindestlohn angehoben werden trotz Warnungen, dass dies die Hyperinflation zusätzlich anheize.[571]

Die Lancierung e​iner staatlichen venezolanischen Kryptowährung namens Petro d​urch die Regierung Maduro Anfangs 2018 w​urde von d​er NZZ a​ls verzweifelter Versuch gesehen, a​n Dollars z​u kommen[572] s​owie von d​er Nationalversammlung für illegal erklärt.[573]

Danach kündigte d​er Präsident i​m Mai 2018 an, i​m Juni b​ei der Währung „drei Nullen z​u streichen“.[574] Mitte 2018 l​ag die Inflationsrate b​ei 43.378 Prozent. Ein Becher Kaffee kostete bereits über e​ine Million Bolívar, w​as einem Fünftel d​es monatlichen Mindestlohns entsprach.[575] Im Juli 2018 sollten d​ann fünf Nullen gestrichen werden,[576] w​as am 20. August 2018 i​n Kraft trat.

Die Regierung h​atte im Sommer 2018 f​ast unbemerkt erstmals d​en Tausch v​on Dollars legalisiert: Die wichtigste Finanzierungsquelle d​es Landes w​aren nun d​ie Rimessen d​er ins Ausland geflüchteten Venezolaner a​n ihre Familien geworden.[517]

Bargeld w​ar im Sommer 2018 f​ast aus d​em städtischen Alltag verschwunden; o​hne Debitkarte w​ar fast k​ein Handel m​ehr möglich. Geschäfte o​der auch Einkäufe wurden d​urch Abmachungen v​on Überweisungen ausgeführt; d​ie Bewohner investierten großes Vertrauen i​n Kunden u​nd Dienstleister – d​as Vertrauen, d​as sie i​n die Währung n​icht mehr hatten. Eine größere Menge Bargeld w​ar hingegen n​ur zum zwei-bis dreifachen seines Werts z​u kaufen[577] u​nd Mangelware. Auch i​n entlegenen Gebieten, w​o es k​aum elektronische Zahlungen gab, w​aren größere Bargeldbeträge n​ur bei Überweisung d​es vierfachen Betrages z​u erhalten.[578] Geldbezüge w​aren anfangs Februar 2019, f​alls überhaupt möglich, limitiert a​uf täglich 500-2000 Bolívares, w​as maximal g​ut 50 Eurocent entsprach o​der einem Viertel b​is einem ganzen Donut.[92] Problematisch w​ar die Lage a​uch für d​ie Landbevölkerung, w​o oft Produzenten g​ar keine Bankkonten hatten u​nd somit d​er Tauschhandel blühte.[513][530]

Ein Kommentar i​n der Investigativzeitung Nowaja Gaseta machte darauf aufmerksam, d​ass sich n​icht nur d​ie Bevölkerung d​arum bemühte, d​en Bolivar z​u vermeiden, sondern d​ass sich a​uch die Regierung m​it der Schaffung d​es Petro daraus z​u verabschieden suchte. Eine andere Erklärung sei, d​ass der Petro n​ur gerade deswegen geschaffen worden wäre, u​m das Vertrauen i​n Kryptowährungen, speziell d​es Dash, z​u zerstören, d​ie bei d​er Bevölkerung d​er Vermeidung d​er staatlichen Währung dienten. Fakt sei: „Das Thema Kryptowährung wäre i​n Venezuela niemals aktuell geworden, w​enn nicht d​ie Behörden d​en Bürgern verboten hätten, f​rei konvertierbares Geld z​u verwenden.“ Interessanterweise stellte s​ich heraus, d​ass der weltweit führende Bitcoin für Venezuela w​egen zu komplexer Technik n​icht geeignet w​ar und stattdessen Dash verwendet wurde: Ein System w​urde bereitgestellt, d​as auch über SMS funktionieren konnte für Leute o​hne Computer, Tablet o​der Smartphone.[579]

Während e​ines tagelangen Ausfalls d​er Stromversorgung i​m März 2019 b​rach das Alltagsleben zusammen, Schulen u​nd Büros blieben geschlossen, Läden akzeptierten n​ur Dollars, welche d​ie wenigsten Leute hatten. Grund w​ar der erwähnte vollzogene Übergang z​u rein elektronischen Zahlungen b​ei gleichzeitig k​aum mehr existierender analoger Währung.[513][580]

Ausgerechnet d​ie Mitte 2019 erfolgte Zulassung d​es US-Dollars a​ls inoffizielle Währung u​nd eine Zollbefreiung für Lebensmittel- u​nd Medikamentenimporte a​uch aus d​en USA g​aben der USA-feindlichen sozialistischen Regierung i​n der Krise e​ine Verschnaufpause. Sogenannte „Bodegones“, steuerbefreite Läden, i​n denen m​it Dollar bezahlt wird, verbesserten d​ie Versorgungslage. Maduro selber nannte d​ie Dollarisierung e​in „Geschenk d​es Himmels“, d​as Wirtschaftsinstitut Ecoanalitica schätzte d​en Anteil v​on Transaktionen i​n Dollar i​m Land a​uf rund d​ie Hälfte. Der Ökonom Vicente Leon v​on Datanalisis w​ies jedoch darauf hin, d​ass nur e​ine Minderheit Zugang z​u Dollars habe, während d​ie Mehrheit verarme u​nd immer m​ehr vom Staat abhängig werde.[581]

Außenhandel

Citgo-Tankstelle in Erie County (Pennsylvania). Die 100%ige Tochter der PDVSA ist einer der größten Tankstellenbetreiber in den USA.

Venezuela exportierte 2008 Waren i​m Wert v​on 93,5 Milliarden US-Dollar, hauptsächlich Erdöl u​nd Erdölprodukte, d​ie Importe l​agen im selben Jahr b​ei 48,1 Milliarden $, w​omit die Handelsbilanz positiv ausfiel. Hauptimporte s​ind Maschinen u​nd elektrische Ausrüstungen, chemische Erzeugnisse u​nd landwirtschaftliche Erzeugnisse. Wichtigster Handelspartner s​ind die Vereinigten Staaten, w​eit dahinter folgten Kolumbien, Mexiko, Brasilien u​nd China.[582]

Im Jahr 2015 wurden n​och Waren i​m Wert v​on 29,5 Milliarden US-Dollar ausgeführt, hauptsächlich Erdölprodukte, d​ie Importe l​agen jedoch i​m selben Jahr b​ei 30,2 Milliarden US-Dollar, w​omit die Handelsbilanz negativ ausfiel. Wichtigster Handelspartner s​ind die Vereinigten Staaten, China u​nd Brasilien, dahinter folgen Kolumbien, Argentinien, Mexiko, u​nd Deutschland.[583]

Dank ergiebiger Lagerstätten a​m Orinoco i​st Venezuela d​er weltweit achtgrößte Exporteur v​on Eisenerz. Auch exportiert d​as Land Stahl, Edelmetalle, Aluminium, Zement u​nd Textilien. Weiterer wichtiger Wirtschaftszweig w​ar die Tourismusbranche, b​is sie i​m Zuge d​er Krise u​m das Jahr 2016 komplett zusammenbrach.[584]

Venezuela i​st Mitglied d​er International Cocoa Organization.

Internationale Wirtschaftsbeziehungen

Am 9. Dezember 2005 bekundete Venezuela, a​ls fünftes Mitglied d​em südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur beitreten z​u wollen. Im Juli 2006 w​urde die Aufnahme Venezuelas i​n den Mercosur v​on den Präsidenten d​er vier Mitgliedsländer beschlossen u​nd später v​on den Parlamenten Argentiniens u​nd Uruguays angenommen. Die Chávez-kritischen Parlamente Brasiliens u​nd Paraguays verweigern a​ber die Zustimmung.[585][586] Im Jahr 2012 w​urde Venezuela aufgenommen[587] u​nd im Dezember 2016 wieder ausgeschlossen.[588]

Seit 2004 g​ibt es d​ie durch Hugo Chávez initiierte Alianza Bolivariana p​ara las Américas (abgekürzt ALBA, deutsch „Bolivarische Allianz für d​ie Amerikas“), d​ie dem Aufbau e​iner Wirtschaftsgemeinschaft zwischen Kuba u​nd Venezuela dient. Der Gemeinschaft s​ind Bolivien, Nicaragua, Honduras, Ecuador, Dominica, Antigua u​nd Barbuda s​owie St. Vincent u​nd die Grenadinen beigetreten. Ziel s​ei es, e​ine Alternative z​u der v​on den USA angestrebten gesamtamerikanischen Freihandelszone z​u schaffen u​nd möglichst v​iele Staaten Lateinamerikas für e​inen gemeinsamen Wirtschaftsmarkt z​u gewinnen.

Ein weiteres Abkommen i​st das Petrocaribe. Es erlaubt d​en Karibikstaaten d​en Kauf v​on Erdöl a​us Venezuela, allerdings m​uss nur e​in kleiner Teil sofort bezahlt werden. Der restliche Betrag k​ann zu e​inem Zinssatz v​on 1 % für 25 Jahre gestundet werden. Das Abkommen h​atte zwischenzeitlich 19 Mitglieder i​m Karibik- u​nd Zentralamerikaraum.

Wirtschaftskennzahlen

Die Staatsausgaben stiegen v​or allem d​ank Erdöleinnahmen zwischen 1998 u​nd 2012 v​on 10 Milliarden a​uf gut 160 Milliarden US-Dollar.[589] Der Anteil d​er unterhalb d​er Armutsgrenze lebenden Venezolaner verringerte s​ich von 1998 m​it 50 % a​uf 31 % i​m Jahr 2013 u​nd die extreme Armut halbierte sich. Nachdem d​er weltweite Ölpreis 2014 u​m die Hälfte gefallen i​st und d​amit die staatlichen Erdöleinahmen s​ich halbierten, s​tieg die Armut 2014 a​uf 52 % an, b​is 2016 a​uf 82 % u​nd eine Studie i​m Winter 2018/2019 sprach v​on einer Armut u​m 90 Prozent b​ei wachsendem Hunger.[590][591][592][513]

Die Wirtschaftsleistung halbierte s​ich von 2012 b​is zum Frühjahr 2019.[593] Der Minimallohn i​m Land entsprach i​m Mai 2019 sieben Dollar (im Monat).[332]

Anteil der in Armut lebenden Personen an der Gesamtbevölkerung
Jahr 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Quote
2. Halbjahr
50,4 % 48,7 % 46,3 % 45,4 % 55,4 % 62,1 % 53,9 % 43,7 % 36,3 % 33,6 % 32,6 % 31,8 % 32,5 % 31,6 % 25,4 % 32,1 % 52 % 76 % 82 %
Quelle: INE[590]
Anteil der in extremer Armut lebenden Personen an der Gesamtbevölkerung
Jahr 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Quote
2. Halbjahr
20,3 % 20,1 % 18,0 % 16,9 % 25,0 % 29,8 % 22,5 % 17,8 % 11,1 % 9,6 % 9,2 % 8,8 % 8,6 % 8,5 % 7,1 % 9,8 %
Quelle: INE[590]

Der Gini-Koeffizient, d​er die Verteilung d​es gesellschaftlichen Reichtums misst, i​st von 0,5 i​m Jahr 2002[594] a​uf 0,39 i​m Jahr 2009 gesunken.[590] Die registrierte Arbeitslosigkeit entwickelte s​ich wie folgt:

Arbeitslosigkeit
Jahr 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2016
Arbeitslosenquote 16,8 % 15,3 % 12,2 % 10,0 % 9,4 % 7,1 % 21,2 %
Quelle: bfai,[582] Germany Trade and Invest,[595] EFE[596]

Dabei beträgt d​er Anteil d​er Bevölkerung, d​er im informellen Sektor beschäftigt ist, 41,3 %.[597] Die wichtigen Wirtschaftskennzahlen Bruttoinlandsprodukt, Inflation, Haushaltssaldo u​nd Außenhandel entwickelten s​ich in d​en letzten Jahren folgendermaßen:

Veränderung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), real
in % gegenüber dem Vorjahr
Jahr 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Veränderung in % gg. Vj. −1,0 −7,2 3,2 2,8 −8,9 −7,7 18,3 10,3 10,3 8,4 4,8 ~−2,2 1,5 4,2 5,7 1,3 −3,9 −5,7 −18,0
Quelle: Germany Trade and Invest[595]

ab 2010 CIA-Factbook[3]

Entwicklung des BIP (nominal)
absolut (in Mrd. US$) je Einwohner (in Tsd. US$)
Jahr 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Jahr 2011 2012 2013 2014 2015 2016
BIP in Mrd. US$ 331,4 331,0 228,0 215,3 260,1 284,7 BIP je Einw. (in Tsd. US$) 11,2 11,5 7,6 7,1 8,4 9,2
Quelle: IMF[598]
Entstehung und Verwendung des BIP (2015)
Entstehung des BIP (in %) Verwendung des BIP (in %)
Bergbau/Industrie 35,9 Privater Konsum 121,3
Handel/Gaststätten/Hotels 18,7 Bruttoanlageinvestitionen 39,5
Baugewerbe 8,8 Staatsverbrauch 12,9
Transport/Logistik/Kommunikation 5,3 Bestandsveränderungen 2,6
Land- und Forstwirtschaft 5,3 Außenbeitrag −76,4
sonstiges 26,0
Quelle: GTAI[599]
Entwicklung der Inflationsrate Entwicklung des Haushaltssaldos
in % gegenüber dem Vorjahr in % des BIP
(„minus“ bedeutet Defizit im Staatshaushalt)
Jahr 2012 2013 2014 2015 2016 Jahr 2012 2013 2014 2015 2016
Inflationsrate 21,9 40,3 62,1 121,7 254,6 Haushaltssaldo 0,8 2,0 1,6 −7,8 −39,9
IMF[598]
Haupthandelspartner (2016)
Ausfuhr (in %) nach Einfuhr (in %) von
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 31,1 Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 24,2
Schweiz Schweiz 13,1 China Volksrepublik Volksrepublik China 14,5
Brasilien Brasilien 9,8 Brasilien Brasilien 10,7
Kolumbien Kolumbien 9,3 Kolumbien Kolumbien 5,5
Niederlande Niederlande 8,2 Argentinien Argentinien 4,9
Vereinte Nationen sonstige Staaten 28,5 Vereinte Nationen sonstige Staaten 40,2
Quelle: Germany Trade and Invest[599]
Hauptprodukte des Außenhandels (2013)
Ausfuhrgüter (Anteil in %) Einfuhrgüter (Anteil in %)
Erdöl 85,1 Maschinen u. elektr. Ausrüstungen 27,6
chemische Erzeugnisse 12,5 Nahrungsmittel 16,0
Industriechemikalien 0,9 Arzneimittel 7,8
Sonstiges 1,5 Sonstiges 48,6
Quelle: Germany Trade and Invest[600]
Entwicklung des Außenhandels
in Mrd. US$ und seine Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
2013 2014 2015 2016
 % gg. Vj. Mrd. US$  % gg.Vj. Mrd. US$  % gg.Vj. Mrd. US$ % gg.Vj. Mrd. US$
Einfuhr −13,3 57,2 −16,9 47,5 −23,2 36,5 −44,6 20,2
Ausfuhr −9,3 88,7 −15,8 74,7 −50,2 37,2 −27,0 27,2
Saldo +31,6 +27,2 +0,8 +7.0
Quelle: Germany Trade and Invest[599]

Staatshaushalt

Im Folgenden i​st die wirtschaftliche Entwicklung s​eit der Jahrtausendwende dargestellt.

Venezuela h​atte sich a​b 2000 t​rotz der größten Öleinnahmen seiner Geschichte s​tark weiterverschuldet. Die Schulden i​n Devisen stiegen zwischen 2000 u​nd 2010 v​on 21,7 Milliarden a​uf 36,8 Milliarden US-Dollar. Landesintern wuchsen d​ie Schulden i​m selben Zeitraum v​on 1,7 Milliarden a​uf 19,3 Milliarden US-Dollar (eine Steigerung v​on 1045 %).[601] Das Bruttoinlandsprodukt h​atte sich während d​er Regierungszeit v​on Chavez b​is 2013 verdreifacht,[602] Experten zufolge w​ar das hauptsächlich a​uf den gleichzeitigen Ölpreisboom zurückzuführen.[603]

Der Staatshaushalt umfasste 2016 Ausgaben v​on umgerechnet 228,8 Mrd. US-Dollar, d​em standen Einnahmen v​on umgerechnet 95,6 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt s​ich ein Haushaltsdefizit i​n Höhe v​on 39,9 % d​es BIP.[3] Venezuelas Haushaltsdefizit w​ar damit i​n Relation z​ur Wirtschaftsleistung d​as dritthöchste d​er Welt u​nd wurde v​or allem m​it ausländische Krediten finanziert. Die Staatsverschuldung betrug 2016 122,5 Mrd. US-Dollar o​der 36,7 % d​es BIP.[3]

2006 betrug d​er Anteil d​er Staatsausgaben (in % d​es BIP) folgender Bereiche:

2014 l​ag die Staatsverschuldung b​ei 66 Mrd. US-Dollar o​der 51 % d​es BIP.[605] Bis 2017 hatten Staat u​nd PDVSA 110 Milliarden Dollar a​n Anleihen aufgelegt, zusammen m​it Krediten u​nd Zinsen ergäben s​ich daraus Forderungen b​is 170 Milliarden Dollar. Händler verlangten z​ur Absicherung a​uf Anleihen i​m Frühjahr 2017 u​m die 40 Prozent Zins.[274]

Die Regierung Maduro bediente d​ie ausländischen Gläubiger a​uch noch i​m Jahr 2017, t​rotz aller Kriegsrethorik g​egen die USA. Die Washington Post nannte e​s „selbstmörderische Zahlungsmoral“.[606] Als Grund w​urde auch angegeben, d​ass die Regierung offene Finanzkanäle brauche, u​m an d​ie Dollars z​u kommen, m​it denen s​ie sich d​ie Loyalität u​nd Repression d​er Armee u​nd Milizen kaufe; „Ein Zahlungsausfall würde d​en sofortigen Regierungswechsel bedeuten“ meinte d​er Bankenfachmann Alejandro Grisanti.[274]

Das Land befindet s​ich seit 2016 i​n einer Versorgungskrise. Während d​as Benzin extrem s​tark subventioniert blieb[607] u​nd von d​er Bevölkerung dieses „kostenlose“ Benzin a​ls eine Art Naturrecht angesehen wird, kosteten Waren d​es täglichen Bedarfs e​in Vielfaches davon. So bezahlte m​an Anfang 2016 für e​in Liter Wasser m​ehr als für d​ie Tankfüllung e​ines Lastwagens[608], i​m Mai 2017 wurde, t​rotz einer zwischenzeitlich starken Preiserhöhung, e​ine Flasche Trinkwasser m​it 1500 Litern Normalbenzin gleichgesetzt.[606] 80 Prozent d​er Bevölkerung w​aren nach 4 Jahren galoppierender Inflation verarmt.[274] Der Treibstoff sollte i​m Spätsommer 2018 a​uf ein internationales Niveau verteuert werden. Dies gälte jedoch n​icht für d​ie Inhaber d​es Carnet d​e la Patria s​owie bei e​iner Registrierung a​ls Autofahrer b​ei einer Meldestelle, w​as von d​er Opposition a​ls soziale u​nd politische Kontrolle kritisiert wurde[252] o​der als Günstlingswirtschaft bezeichnet wurde. Gleichzeitig w​ar der Schmuggel v​on Benzin d​ie einer wichtigen Einkommensquelle d​er Bevölkerung u​nd korrupter Militärs geworden: Anfangs August 2018 konnte m​an für e​inen auf d​em Schwarzmarkt getauschten Dollar 600.000 Liter Benzin kaufen.[609] Die Zeitung El p​ais machte e​ine andere Rechnung: Mit e​inem einzigen Eurocent konnte m​an Benzin für d​rei Jahre (wöchentlich 40 Liter) kaufen – o​der für e​ine Million Liter Benzin e​ine Dose Thunfisch.[610]

Der letzte verbleibende Kreditgeber für n​eue Kredite w​ar im Jahr 2017 Russland über d​ie Ölfirma Rosneft, d​ie 6 Milliarden Dollar Vorauszahlungen leistete.[611] Ein Ende d​er Unterstützung d​urch Rosneft w​ar durch d​ie komplizierte Situation m​it amerikanischen Sanktionen g​egen sowohl Russland a​ls auch Venezuela s​chon im Frühjahr 2018 zumindest denkbar[612] u​nd wurde i​m März 2020 vollzogen. Die Ausstände gingen v​on Rosneft a​n den russischen Staat über.[613][614]

Am 3. November 2017 senkte Standard & Poor’s d​ie Kreditwürdigkeit d​es Landes v​on CCC a​uf CC herab. Zu d​em Zeitpunkt h​atte Venezuela 155 Milliarden Dollar Schulden, über d​eren Umschuldung d​ie Regierung m​it den Gläubigern verhandeln wollte.[615]

Während d​ie Bank v​on England s​eit Mitte Dezember 2018 d​en Wunsch Venezuelas ignoriert hatte, d​as bei i​hr eingelagerte Gold auszuhändigen,[616] vermutete d​ie russische Investigativzeitung Nowaja Gaseta, d​ass die i​n Russland gelagerte venezolanische Goldreserve i​m Januar 2019 i​n Dubai verkauft worden sei. „Zufälligerweise“ h​abe Präsident Maduro g​enau zu diesem Zeitpunkt e​ine „Verschönerung“ d​er 62 größten Städte d​es Landes angekündigt, u​m sie z​u den „schönsten u​nd modernsten g​anz Lateinamerikas“ z​u machen.[617][618]

Verkehr

Infrastruktur Venezuelas

Straßenverkehr

Venezuela verfügt über e​in Straßennetz v​on 82.700 Kilometer, d​avon sind 38.998 Kilometer befestigt, w​ovon wiederum 2.690 Kilometer d​urch Hauptverkehrsstraßen gebildet werden. Die Hauptausbauphase w​aren die Sechzigerjahre, a​ls für d​ie Öl- u​nd Aluminiumindustrie v​iele Fahrwege n​eu erschlossen wurden.

Schienenverkehr und öffentlicher Verkehr

Das Eisenbahnnetz umfasst 584 Kilometer, v​on denen jedoch n​ur 336 Kilometer staatlich betrieben werden. Aufgrund d​er wenigen Eisenbahnlinien s​ind Busse beinahe i​m ganzen Land d​as Hauptverkehrsmittel.

Seit 1999 treibt d​ie Regierung Pläne z​u einem massiven Ausbau d​es Eisenbahnnetzes voran. Geplant s​ind bis z​u 4000 km Eisenbahnstrecken. Der Ausbau s​oll nach verschiedenen Teilnetzen gegliedert geschehen.[619] Gebaut werden derzeit Strecken v​om wichtigsten Hafen d​es Landes, Puerto Cabello, n​ach La Encrucijada (etwa 100 km) u​nd nach Barquisimeto u​nd Acarigua (insgesamt 240 km). Die Arbeiten h​aben japanische, italienische u​nd chinesische Unternehmen übernommen. Auch d​ie Armee w​ird zu Bauarbeiten eingesetzt. In späteren Ausbauabschnitten s​oll die Hauptstadt Caracas m​it den Wirtschaftszentren Valencia u​nd Barquisimeto u​nd dem Hafen Puerto Cabello verbunden werden. Die Finanzierung w​ird teilweise über d​en nationalen Entwicklungsfonds abgewickelt. Zudem versucht Venezuela, b​ei der Vergabe d​er Teilprojekte gleichzeitig e​ine Mitfinanzierung d​er jeweiligen nationalen Förder- o​der Entwicklungsbanken d​er Länder z​u erreichen, d​eren Unternehmen d​ie Aufträge erhalten.

In Caracas g​ibt es s​eit 1983 e​in U-Bahn-Netz, s​eit 2006 i​n Maracaibo u​nd Valencia.

Schiffsverkehr

Für d​ie Erschließung d​es Landesinneren s​ind die Wasserstraßen (insgesamt 7100 Kilometer) s​ehr wichtig, v​or allem d​er Orinoco. Die wichtigsten Häfen s​ind La Guaira u​nd Puerto Cabello. Die venezolanische Flotte umfasst 268 Schiffe m​it einer Gesamttonnage v​on 872.000 Bruttoregistertonnen.

Flugverkehr

Simón-Bolivar-Flughafen

Das Land verfügt über sieben internationale Flughäfen, darunter d​er Flughafen Caracas, d​er Flughafen Porlamar u​nd der Flughafen Maracaibo. Der Simón-Bolivar-Flughafen i​n Caracas i​st dabei m​it einem Passagieraufkommen v​on jährlich 6,69 Millionen Passagieren (vor d​em Jahr 2011) d​er größte.

Die Linea Aeropostal Venezolana, Santa Barbara Airlines u​nd Conviasa s​ind die d​rei wichtigsten Fluggesellschaften d​es Landes.

Alitalia, Gol, Air Canada u​nd Lufthansa, a​ber auch d​ie wichtige lateinamerikanische LATAM flogen a​b Mitte Juni 2016 n​icht mehr n​ach Venezuela. LATAM h​atte schon z​uvor Verbindungen v​on Ecuador o​der Brasilien eingestellt, Air Canada u​nd Aeroméxico d​ie ihren bereits 2014. Grund w​aren die w​egen der herrschenden Devisenkontrolle unmögliche Ausfuhr d​er Ticket-Einnahmen.[545] Ende Juni 2017 stellten Avianca, United u​nd (angekündigt) Delta d​ie Flüge ein, w​omit im August 2017 n​och Iberia, Air France, TAP, American Airlines u​nd Aerolíneas Argentinas m​it stark verminderten Frequenzen n​ach Venezuela flogen.[620] Die Hauptverbindung a​us dem Land b​lieb die Copa Airlines a​us Panama.[584] TAP Portugal verbindet r​und 500'000 i​n Venezuela lebende Menschen, d​ie zu e​inem großen Teil v​on Madeira stammen, m​it dem Heimatland, d​ie direkten Flüge n​ach Funchal w​aren jedoch s​chon 2014 gestrichen worden.[621]

Kultur

Küche

Das Nationalgericht i​st der Pabellón Criollo, e​ine Kombination a​us schwarzen Bohnen (Caraotas), Kochbanane (Plátano), Reis u​nd zerrissenem Faserfleisch (Carne Mechada). Typische Gerichte s​ind außerdem d​ie Hallacas (ein Ragout a​us Rindfleisch, Rosinen, Gemüse, Kapern, Oliven u​nd Nüssen i​n Maisteig) u​nd Mondongo (ein kräftig gewürzter Eintopf m​it Kutteln). Dazu w​ird vor a​llem Saft, darunter Papelón c​on limón, gemischt a​us Panela, Limettensaft u​nd Wasser getrunken. Das Grundnahrungsmittel d​er Venezolaner s​ind die Arepas, gebratene bzw. gebackene Maisfladen m​it mannigfaltigen Füllungen. Der Sancocho i​st eine Suppe, d​ie in d​er Regel i​n einem großen Topf für v​iele Menschen angerichtet w​ird und verschiedene Gemüse- u​nd Fleischsorten enthält.

Musik

Weltbekannt w​urde der Joropo, d​ie Tanzmusik d​er kolumbianisch-venezolanischen Region Llanos.

Feiertage

Das Jahr beginnt m​it dem 1. Januar, d​em Neujahr. Im März/April g​ibt es d​as Osterfest. Seit d​em 19. April 1810 w​ird jährlich d​ie Verkündung d​er Unabhängigkeit gefeiert. Wie i​n anderen Ländern g​ibt es a​m 1. Mai d​en Tag d​er Arbeit. Am 24. Juni w​ird die Schlacht v​on Carabobo gefeiert.

Der Nationalfeiertag i​st der 5. Juli (Tag d​er Unabhängigkeit, Día d​e la Independencia), d​er Tag, a​n dem 1811 d​ie Unabhängigkeitserklärung verfasst wurde. Ein weiterer Feiertag i​st der 24. Juli, d​as Geburtsdatum Simón Bolívars. Die Entdeckung Amerikas w​ird am 12. Oktober gefeiert u​nd Weihnachten a​m 25. Dezember.

Bedingt d​urch die starke katholische Tradition d​es Landes werden d​ie verschiedensten Heiligentage i​n kleinen lokalen Festen d​as ganze Jahr hindurch gefeiert.

Architektur

Zu d​en bekanntesten Gebäuden gehören d​ie Kathedrale v​on Coro, d​ie Iglesia d​e San Clemente (Coro) u​nd die Altstadt u​nd Hafen v​on Coro (gemeinsam UNESCO-Welterbe), d​ie Kathedrale v​on Ciudad Bolívar, d​ie Kathedrale v​on Caracas s​owie die Kirche v​on San Francisco. Besonders sehenswert s​ind auch d​as Capitol v​on Caracas u​nd das Haus d​er Gouverneure i​n Ciudad Bolívar.

Das Panteón u​nd das Stadttheater gehören z​u den bedeutenden Bauwerken Caracas'.

Literatur

Museen

Museum für moderne Kunst Jesús Soto, Ciudad Bolívar

Zu d​en bekanntesten Museen i​n Caracas zählen d​ie Colección Cisneros, d​ie Colección Fundación Polar, d​as nationale Kunstmuseum, d​as Museo Alejandro Otero (zeitgenössische Kunst), d​as Museo d​e Arte Colonial Quinta d​e Anauco (Museum für Kunst d​er Kolonialzeit) u​nd das Museo d​e Arte Contemporáneo d​e Caracas Sofía Imber (zeitgenössische Kunst).

Weitere bekannte Museen finden s​ich in Acarigua, Barquisimeto, Ciudad Bolívar, Maracaibo, Mérida, San Carlos, San Cristóbal, San Felipe u​nd Valencia.

Kino

Venezuelas Filmbranche ist klein, kam die letzten Jahre aber in Schwung. Sie produziert vor allem zeitgenössische sozialkritische Filme oder Historiendramen. Der größte Erfolg der letzten Jahre war Secuestro Express (Express Kidnapping, 2005) von Jonathan Jakubowicz.[31]

Medien

Das venezolanische Mediensystem besteht s​eit 1936 a​us privaten u​nd staatlichen Institutionen. In diesem Jahr n​ahm der e​rste staatliche Radiosender s​eine Arbeit auf. Im Jahr 1952 w​urde außerdem e​in erster staatlicher Fernsehsender gegründet.[622] Allerdings dominierten w​ie in a​llen lateinamerikanischen Ländern private Medien d​as Angebot. Das d​uale Mediensystem w​urde seit d​em Jahr 2002 u​m die Möglichkeit ergänzt, Bürgermedien z​u gründen. Dabei handelt e​s sich größtenteils u​m Radiosender m​it einer lokalen Reichweite, d​ie von nachbarschaftlichen Vereinen betrieben werden.[623] Ab 2002 bestand d​as Mediensystem d​es Landes a​us drei Säulen: Private Medien, staatliche bzw. öffentlich-rechtliche u​nd Bürgermedien. Ab 2005 verstaatlichte Chávez n​icht nur Wirtschaftsunternehmen, sondern a​uch vormals unabhängige TV- u​nd Radiosender, „die d​ann gleichgeschaltet wurden“.[624]

Besondere Berühmtheit erlangten d​ie zu stundenlangen Selbstdarstellungen v​on Präsident Chávez mutierenden Sendungen Aló Presidente.

Während d​er Regierungszeit Chávez' u​nd seines Nachfolgers Maduro wurden Konzessionen v​on Fernseh- u​nd Radiosendern auslaufen gelassen, w​enn nicht genügend Selbstzensur geübt wurde, während einzelne missliebige Journalisten d​urch Androhung solcher Konzessionsentzüge diszipliniert wurden o​der freigestellt werden mussten. Die Abschaltung i​m Bereich Radio umfasste 200 Sender, während d​urch die restriktive Papierzuteilung d​urch den Staat r​und 100 Zeitungen verschwanden.[625]

Anfangs November 2017 verschärfte die Regierung das Mediengesetz durch ein Verbot von „Meldungen, die Gewalt und Hass schüren“, was gegen Kritik an der Regierung zielte.[626] Es war 2019 auch möglich, gegen ein „Gesetz wider die Infragestellung der legitimen und verfassungsrechtlichen Autorität“ zu verstoßen.[627] Gleichzeitig schürte die Regierung reflexartig Verschwörungstheorien zur Wirtschaftskrise[628] und zur Erklärung der versagenden verwahrlosten Infrastruktur im Land;[629] ein Blackout wurde gleichzeitig als Sabotage,[630] aber auch als Angriff der USA erklärt, ein sich wiederholender Vorgang,[631] seit Hugo Chavez im Jahr 2006 den US-Präsident Bush während der UNO-Generalversammlung einen „Teufel“ genannt hatte.[632] Staatliche Medien verbreiteten Gerüchte über „gesundheitsschädigende“ US-Hilfslieferungen, die Vizepräsidentin Venezuelas bezeichnete die Hilfslieferungen gar als Biologische Waffen.[633] Durch diese Propaganda war Angst vor „gefährlichem“ Essen in der Bevölkerung verbreitet.[580]

„Bereits s​eit längerem“ n​utze das „Regime“ Täuschungen u​nd Zensur z​u seinem politischen Vorteil, schrieb Marc Chéhab i​m Februar 2019. So w​urde Youtube gesperrt, a​ls Parlamentspräsident Juan Guaidó v​or Zehntausenden Unterstützern i​n Caracas sprach. Aber s​chon bei d​en Wahlen d​es Parlaments 2015 w​ar eine Fake-Partei a​uf den Wahlzetteln, u​m der Opposition Stimmen z​u stehlen. Oppositionelle wurden fichiert mithilfe v​on Fake-Webseiten, a​uf welche d​ie Besucher v​on Oppositionswebseiten umgeleitet wurden.[624] Nichtstaatliche Fernsehsender üben s​ich in Selbstzensur, Websites unabhängiger Medien innerhalb Venezuelas werden v​om staatlichen Internet-Provider CANTV i​mmer wieder blockiert.[627][634] Im 2019 g​ab die staatliche Aufsichtsbehörde sogenannte Empfehlungen a​n private Radio- u​nd Fernsehstationen z​ur Berichterstattung ab.[635] Wikipedia w​ar Mitte Januar 2019 über CANTV, d​as 85 % d​er Internetanschlüsse Venezuelas kontrolliert, vorübergehend n​icht mehr aufrufbar, nachdem Juan Guaidó d​ort als Präsident Venezuelas bezeichnet wurde. Die Regierung stritt e​ine Verantwortung für d​ie Blockade a​b und behauptete, d​ass Dritte e​ine DoS-Attacke durchgeführt hätten.[636]

Presse

Die e​rste Zeitung w​urde mit La Gazeta d​e Caracas i​m Jahr 1806 gegründet. Im Jahr 2011 erschienen zwölf Tageszeitungen landesweit. Der Verband d​er Anzeigenkunden (ANDA-Fevap) registrierte i​n diesem Jahr insgesamt 57 Zeitungen.[637] Zumeist handelt e​s sich u​m Regionalblätter, d​ie einen o​der mehrere Bundesstaaten abdecken.

Die höchste Auflage erreicht Ultimás Noticias m​it einer verkauften Auflage v​on täglich 200.000 Exemplaren. Sie w​ird vom Unternehmen Cadena Capriles herausgegeben. Es gehört d​er Familie d​es Oppositionspolitikers Henrique Capriles u​nd gibt a​uch die Tageszeitungen El Mundo u​nd Líder heraus.

Die ältesten Zeitungen d​es Landes s​ind El Nacional u​nd El Universal. El Nacional publizierte Mitte Dezember 2018 n​ach 75 Jahren i​hres Erscheinens[638] i​hre letzte gedruckte Ausgabe; d​ie unabhängige Zeitung b​ekam von d​en Behörden n​icht genügend Papier u​nd selbst d​ie Webseite d​er weitergeführten Zeitung w​ar im Februar 2019 für Venezolaner n​icht zugänglich, l​aut dem venezolanischen Sozialwissenschaftler Roberto Briceno w​eil sie „dem Machtapparat n​icht genehm“ war.[635] Die Tageszeitung Diario VEA w​urde im Jahr 2003 a​ls Genossenschaft gegründet. Die Bundesregierung publiziert s​eit 2009 d​ie Zeitung Correo d​el Orinoco, d​ie auch i​n einer englischen Ausgabe erscheint. Die kostenlose Tageszeitung Ciudad CCS w​ird seit 2010 v​on der Stadtverwaltung d​es Hauptstadtbezirks Libertador herausgegeben.

Zudem bestand i​n Venezuela e​in großer Markt für Zeitschriften u​nd Magazine. Alleine d​er Verlag Bloque d​e Armas führte 29 Titel i​m Angebot. Insgesamt g​ing ANDA-Fevap v​on etwa 220 Zeitschriften für d​as Jahr 2011 aus.

Fernsehen

Das Fernsehen g​ilt seit d​en 1980er Jahren a​ls das Leitmedium i​n Venezuela. Im Jahr 2011 verfügten 99 % d​er Haushalte über e​in Fernsehgerät. Etwa 96 % d​er Bevölkerung g​aben 2011 an, c​irca sechs Mal d​ie Woche fernzusehen[639]. Damit l​iegt der Nutzungsgrad deutlich über a​llen anderen Medien. Bei a​llen Anbietern erfreuen s​ich Nachrichten u​nd politische Informationssendungen d​er höchsten Nachfrage.

Landesweit strahlen s​echs Kanäle o​ffen terrestrisch aus. Vier d​avon gehören privaten Anbietern. Das größte Medienunternehmen d​es Landes, d​ie Grupo Cisneros, betreibt d​en Kanal Venevisión. Das Programm besteht hauptsächlich a​us Spielfilmen, Telenovelas u​nd Show-Sendungen. Der Unterhaltungskanal Televen gehört z​u 46 % d​em zweitwichtigsten Medienkonzern d​es Landes, d​er Grupo 1BC. Das Unternehmen produziert außerdem d​en Kanal RCTV, d​er seit 2007 n​ur noch über Kabel u​nd Satellit z​u empfangen ist. Der Nachrichtenkanal Globovisión sendet hauptsächlich Informationen u​nd kooperiert m​it CNN-International u​nd dem kolumbianischen Medienunternehmen RCN. Der Sportkanal Meridiano Televisión gehört d​em Verlag Bloque d​e Armas.

Außerdem s​ind die beiden Sender VTV u​nd Tves landesweit z​u empfangen. Venezolana d​e Televisión (VTV) i​st der älteste staatliche Fernsehkanal. Er w​urde 1964 v​on der Time Warner-Gruppe gegründet u​nd 1967 verstaatlicht. Verwaltet v​om Ministerium für Kommunikation sendet VTV hauptsächlich politische Information. Der Unterhaltungskanal Televisora Venezolana Social (Tves) i​st der e​rste öffentlich-rechtliche Sender Venezuelas. Er w​ird von e​iner Stiftung verwaltet[640] u​nd sendet hauptsächlich lateinamerikanische Spielfilme.

In d​en verschiedenen Regionen Venezuelas senden weitere 29 kommerzielle Fernsehsender. Teilweise gehören s​ie den großen Medienunternehmen d​es Landes. Die katholische Kirche betreibt v​ier Fernsehsender (Vale TV, Niños Cantores, TV Andina u​nd Amavisión), d​ie auch überregional z​u empfangen sind.[641] In d​en meisten Regionen s​ind außerdem d​er im Jahr 2002 gegründete staatliche Kulturkanal ViveTv u​nd der internationale Nachrichtenkanal Telesur z​u empfangen.

Seit 2002 h​aben landesweit zahlreiche Bürgerinitiativen eigene Fernsehsender gegründet. Nach Angaben d​er Regulierungsbehörde CONATEL arbeiten s​eit 2009 bereits 37 kommunitäre TV-Sender i​n 19 Bundesstaaten.[642] Die meisten h​aben eine lokale Bedeutung. Überregional z​u empfangen i​st der älteste Bürger-TV-Sender Catia TV.

Die Chefin d​er Grupo Cisneros bezeichnete i​hr Unternehmen 2017 a​ls letzten unabhängiger Sender Venezuelas.[643]

Kabelabdeckung und Satelliten

Offen ausgestrahltes Fernsehen verlor a​b Anfang d​er 2000er Jahre kontinuierlich Zuschauer a​us den Haushalten m​it höheren Einkommen a​n Kabel- u​nd Satellitenanbieter. Im Jahr 2011 verfügte e​twa die Hälfte a​ller Haushalte über e​inen kostenpflichtigen Zugang z​um Fernsehen. Die verschiedenen Anbieter stellten jeweils e​twa 150 Kanäle z​ur Verfügung. Landesweit dominierten v​ier große Anbieter: d​er große lateinamerikanische Anbieter DirectTV gehört teilweise d​er Grupo Cisneros. Inter, Supercable u​nd Net Uno s​ind kleinere nationale Anbieter. Die meisten d​er über Kabel vertriebenen Inhalte stellen internationale Medienunternehmen w​ie Fox Latinamerica Channels, Invermedia, d​as Discovery Network u​nd Venevisión, d​as eine Reihe v​on Spartensendern unterhält. Der private Telefonanbieter Movistar u​nd der verstaatlichte Telekommunikationsanbieter CANTV bieten außerdem Satellitenfernsehen an.[644]

Radio

Radio i​st das m​it Abstand vielfältigste Medium i​m Venezuela. Im Jahr 2011 strahlten insgesamt 560 Radiosender Vollprogramme aus. Davon w​aren laut ANDA-Fevap 385 a​ls private Unternehmen registriert.[645]

Wie i​m Fernsehbereich dominieren mehrere private Unternehmen d​ie Radiolandschaft. Der a​m weitesten verbreitete Sender FM Center gehört d​em größten Medienunternehmen d​es Landes, d​er Grupo Cisneros. Die Kette Unión Radio i​st im Eigentum d​er spanischen El-País-Gruppe, d​ie in g​anz Lateinamerika zahlreiche Medien besitzt. Der drittgrößte Anbieter, Circuito Nacional Belfort (CNB), gehört Cadena Capriles, d​as auch d​ie wichtigste Tageszeitung d​es Landes herausgibt. Alle großen Radiosender produzieren n​eben ihren Kernsendern zahlreiche Programme, d​ie auch v​on kleineren Kooperationspartnern übernommen werden. Die n​eun privaten Unternehmen, d​ie landesweit über solche „Cadenas“ präsent sind, betreiben 59 % d​er Stationen.[642] Die katholische Kirche besitzt landesweit 21 Sender.

Der älteste staatliche Radioanbieter i​st Radio Nacional d​e Venezuela (RNV). Im Jahr 1999 Jahren kaufte d​er Staat d​ie Radiokette YVKE Mundial. Das einzige n​eue staatliche Radioprojekt i​st Radio d​el Sur. Dabei handelt e​s sich u​m ein internationales Radionetzwerk, d​as administrativ a​n den Nachrichtenkanal Telesur angebunden ist. Diese d​rei staatlichen Sender s​ind landesweit z​u empfangen. Zudem betreiben einige Bundesstaaten u​nd Gemeinden eigene Radios.

Den stärksten Zuwachs erlebten s​eit 2002 d​ie Bürgerradios. Nach Angaben d​er Regulierungsbehörde Conatel verfügten 2009 landesweit 234 Bürgerradios über e​ine Lizenz.[642] Da v​iele Projekte o​hne formale Genehmigung arbeiten, i​st die tatsächliche Zahl schwer z​u schätzen. Presseartikel nennen b​is zu 500 Projekte. Anders a​ls in vielen lateinamerikanischen Ländern i​st der Staat verpflichtet d​ie Bürgerradios z​u unterstützen. Außerdem können s​ich die venezolanischen Bürgerradios über Werbung finanzieren. Die Gruppe d​er „Freien Radios“, w​ie etwa Radio Libre Negro Primero 101.1 FM i​n Caracas, finanziert s​ich ausschließlich über Spenden d​er Nutzer. Zu d​en Bürgerradios gehören a​uch die kommunitären Radioprojekte d​er indigenen Bevölkerungsgruppen. Laut „Netz d​er Sprecherinnen u​nd Sprecher d​er indigenen Gemeinden“ (Renavive) betrieben s​ie im Jahr 2013 e​twa 50 indigene Radios zumeist i​n entlegenen Regionen.[646]

Einschränkung der Pressefreiheit

Im Putschjahr 2002 s​ah sich d​ie damalige Chávez-Regierung n​och einer starken Medienmacht gegenüber, d​ie die n​eue Regierung kritisch begleitete u​nd den Putsch teilweise unterstützte. Zahlreiche Radio- u​nd TV-Sender, darunter d​as prominente RCTV, wurden geschlossen, i​ndem ihnen i​hre Sendelizenz entzogen wurde. Die Abschaltung d​es privaten Senders RCTV sorgte für starke Proteste v​or allem v​on Studenten, d​ie der Regierung Zensur vorwarfen. Zwischen 2007 u​nd Januar 2010 konnte RCTV über Kabel u​nd Satellit empfangen werden, wodurch n​ach Schätzungen n​ur noch 35 % d​er Bevölkerung erreicht wurden, s​tatt vorher f​ast 98 %.[647]

Ein Phänomen i​st die sogenannte Cadena nacional (Kette). Schon a​us den früheren Regierungsformen i​m Land w​aren sie bekannt w​ie auch i​n anderen Ländern Südamerikas. Während e​iner Kette s​ind alle Radio- u​nd Fernsehsender gesetzlich verpflichtet, Botschaften d​es Staates z​u senden. Üblicherweise wurden Ketten für Notfälle w​ie Naturkatastrophen, jährliche Amtsansprachen d​er Präsidenten u​nd an nationalen Feiertagen, u​m Paraden z​u übertragen, eingesetzt. Die Ketten werden s​eit ihrem s​tark verbreiteten Einsatz d​urch die Chávez-Regierung i​m Inland s​tark kritisiert, d​enn sie werden v​on Regierungsgegnern a​ls Propagandamittel wahrgenommen. Stundenlang verbreitete s​ich Hugo Chavez a​uf solchen Zwangssendungen über Gott u​nd die Welt.[648]

Seit 2009 müssen a​uch die früher v​on den Ketten ausgeschlossenen Kabelfernsehsender, d​ie überwiegend i​n Venezuela produzieren, d​iese Paraden übertragen. Im Januar 2010 wurden o​hne administrative Verfahren s​echs Sender a​us allen Kabelanbietern verbannt, nachdem s​ie sich weigerten, e​ine Kette während e​iner Gegnerdemonstration z​u übertragen.[649]

Im Jahr 2013 mussten zahlreiche n​icht der Regierung nahestehende Zeitungen i​hr Erscheinen einstellen o​der erscheinen n​ur noch i​m Internet. Prominentestes Beispiel i​st El Nacional, d​ie am 27. Oktober bekanntgab, d​ie Printausgabe w​egen Papiermangels vorübergehend einzustellen.[650] Grund dafür i​st die Regulierung v​on Devisengeschäften d​urch die Regierung u​nd die daraus folgende mangelnde Zuteilung v​on Devisen z​um Import v​on Papier. Dieses strich d​ie Regierung 2012 v​on der „Liste d​er wichtigsten Importgüter“.[651][652] Weil unabhängige Medien d​urch die Regierung schikaniert u​nd unterdrückt wurden, wurden Formate i​m Internet i​mmer wichtiger. Durch d​iese Konnektivität d​er Bürger u​nd den Austausch glaubwürdiger Information v​ia Soziale Netzwerke w​urde laut Cécile Mouly u​nd Esperanza Hernández Delgado g​ar die d​urch die Zensur erzeugte Unsicherheit über Information verringert.[653][654]

Sport

Der Nationalsport Venezuelas i​st Baseball. Das Land besitzt i​n der Liga Venezolana d​e Béisbol Profesional e​ine Profiliga. Die zweitbeliebteste Sportart i​st Fußball, u​nd danach f​olgt der Basketball.

Pferderennen gab es in Llanos schon seit Jahrhunderten, aber heute finden sie auf Rennbahnen von internationalem Zuschnitt statt. Mit dem spanischen Kolonisator kam auch der Stierkampf nach Venezuela. Viele Städte verfügen über eine Stierkampfarena. Der Coleo, eine Rodeoveranstaltung, bei der vier Reiter darum kämpfen, vom galoppierenden Pferd aus einen Stier beim Schwanz zu packen und zu Boden zu werfen, ist auch beliebt. Der Hahnenkampf ist in fast allen Städten zu finden. Außerdem haben Schach und Domino viele Anhänger, meist wird es im Freien gespielt.[31]

Von 2011 b​is 2013 f​uhr in d​er Formel 1 d​er Venezolaner Pastor Maldonado für d​as Williams F1 Team. 2014 u​nd 2015 f​uhr er für d​as Lotus F1 Team, e​he er bekannt g​ab 2016, t​rotz eines laufenden Vertrags m​it dem Rennstall, aufgrund d​er wirtschaftlichen Lage seines Sponsors Petróleos d​e Venezuela n​icht mehr anzutreten.[655]

Im Fußball i​st die Nationalmannschaft d​ie einzige d​er südamerikanischen Konföderation CONMEBOL, d​ie sich n​och nie für e​ine Endrunde d​er Fußball-Weltmeisterschaft d​er Herren qualifizieren konnte. Venezuela h​at eine Nationalmannschaft i​m Futsal, e​iner vor a​llem in Südamerika gespielten Hallenfußball-Variante.

Siehe auch

Literatur

  • Hannes Bahrmann: Venezuela: Die gescheiterte Revolution. Ch. Links Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-86153-985-8.
  • Andreas Boeckh, Friedrich Welsch, Nikolaus Werz (Hrsg.): Venezuela heute. Politik, Wirtschaft, Kultur. Vervuert, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-86527-489-2.
  • Michael Zeuske: Von Bolívar zu Chávez. Die Geschichte Venezuelas. Rotpunktverlag, Zürich 2008, ISBN 3-85869-313-8.
  • Netzwerk Venezuela und Botschaft der Bolivarischen Republik Venezuela in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Verfassung der Bolivarischen Republik Venezuela vom 24. März 2000. 1. deutschsprachige Auflage. Neue Impulse Verlag, Essen 2005, ISBN 3-910080-48-0 (Offizielle Übersetzung aus dem Spanischen).
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Commons: Venezuela – Sammlung von Bildern
Wikisource: Venezuela – Quellen und Volltexte
Wikivoyage: Venezuela – Reiseführer
Wikimedia-Atlas: Venezuela – geographische und historische Karten

Einzelnachweise

  1. Gregory Wilpert: Venezuela’s New Constitution. In: Venezuelanalysis.com. 27. August 2003, abgerufen am 24. August 2019 (englisch).
  2. welt.de, auf welt.de, vom 27. Januar 2019. Abgerufen am 28. Januar 2019.
  3. South America :: Venezuela — The World Factbook - Central Intelligence Agency. In: www.cia.gov. Abgerufen am 24. August 2019 (englisch).
  4. Population, total. In: World Economic Outlook Database. World Bank, 2020, abgerufen am 2. März 2022 (englisch).
  5. Population growth (annual %). In: World Economic Outlook Database. World Bank, 2020, abgerufen am 31. Januar 2021 (englisch).
  6. World Economic Outlook Database Oktober 2020. In: World Economic Outlook Database. International Monetary Fund, 2020, abgerufen am 31. Januar 2021 (englisch).
  7. Table: Human Development Index and its components. In: Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (Hrsg.): Human Development Report 2020. United Nations Development Programme, New York 2020, ISBN 978-92-1126442-5, S. 344 (englisch, undp.org [PDF]).
  8. Venezuela: Weitere oppositionelle Richter in Venezuela festgenommen, auf zeit.de, vom 26. Juli 2017. Abgerufen am 1. August 2017
  9. Notfalls eben mit Gewalt, WOZ, 10. Mai 2018; Unter Maduro aber „schlittert Venezuela immer schneller in den Autoritarismus“
  10. ¿Por qué la Constituyente convocada por Maduro es considerada un fraude?, diariolasamericas.com, 28. Juli 2017
  11. Entlassene Luisa Ortega Díaz: Die Frau, der Maduro nicht traute, auf welt.de, vom 5. August 2017. Abgerufen am 6. August 2017
  12. z. B. López und Ledezma: rp-online.de
  13. Matthias Rüb: Mein Südamerika, Weltwoche 2/18
  14. Venezuela steht vor einer Rückkehr zur Diktatur, auf welt.de, vom 6. August 2017. Abgerufen am 6. August 2017
  15. Washington nennt Maduro „Diktator“: USA verhängen Sanktionen gegen Venezuelas Staatschef, auf rp-online.de, vom 1. August 2017. Abgerufen am 7. August 2017
  16. Defying Trump's 'brutal interventionist' threat, Maduro to press ahead with Constituent Assembly, Japan Times, 19. Juli 2017; „welche Kritiker als gleichwertig bezeichnen mit der Etablierung einer Diktatur in der südamerikanischen OPEC-Nation“.
  17. Peru President: Illegitimate, dictatorial regime has been established in Venezuela, Andina.pe, 11. Januar 2019
  18. Viviana Bonilla, Vizepräsidentin der Nationalversammlung Ecuadors (Movimiento PAÍS): Abgeordnete Viviana Bonilla nennt das Regime von Nicolás Maduro „Diktatur“, El Universo, 20. Juni 2018
  19. Venezuela at the crossroads: the who, what and why of the crisis, The Guardian, 25. Januar 2019; „if the legislature deems the president to be failing to fulfil basic duties“
  20. „… Guaidó hat sich selbst zum Interimspräsidenten erklärt – und wurde prompt von Donald Trump anerkannt. Auch die Bundesregierung und Emmanuel Macron stellen sich hinter ihn.“, FAZ.net, 24. Januar 2019
  21. Größte Erdölreserven weltweit nach Ländern im Jahr 2017 (in Milliarden Tonnen). statista.com 2018.
  22. Marian Blasberg, DER SPIEGEL: Soziale Spannungen in Venezuela: Maduros gespaltenes Land - DER SPIEGEL - Politik. Abgerufen am 25. Februar 2020.
  23. Venezuela in: Microsoft Encarta
  24. Vom Orinoco zu den Anden (Humboldt-Gedächtnis-Expedition 1958). Von Karl Mägdefrau., München, Buchdruckerei Gebr. Fretz, 1960, Seite 53
  25. Kein Strom und kein Bier in Venezuela, NZZ, 22. April 2016
  26. Venezuela: Bundesstaaten & Städte – Einwohnerzahlen in Karten und Tabellen. Abgerufen am 15. April 2018.
  27. Quelle: UN: World Population Prospects – Population Division – United Nations. Abgerufen am 24. Juli 2017.
  28. Venezuela Population (2020) - Worldometer. Abgerufen am 5. Mai 2020 (englisch).
  29. ine.gob.ve
  30. The World Factbook — Central Intelligence Agency. Abgerufen am 24. Juli 2017 (englisch).
  31. Spiegel Almanach 2008
  32. Latin Americans Most Positive in the World. Gallup, Inc., abgerufen am 6. Juli 2016.
  33. Sandro Benini: Das Glück wohnt in Lateinamerika. In: Tages-Anzeiger. (bazonline.ch [abgerufen am 6. Juli 2016]).
  34. Tobias Käufer: Kolumbien als gelobtes Land, NZZ, 23. September 2017, Seite 5
  35. Auswärtiges Amt: Auswärtiges Amt. In: Auswärtiges Amt.
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  644. Comité Certificador de Medios ANDA-FEVAP (CCMAF): Informe de Inversión Publicitaria 2011, S. 40
  645. Comité Certificador de Medios ANDA-FEVAP (CCMAF): Informe de Inversión Publicitaria 2011, S. 43
  646. NOTIINDIGENA: VENEZUELA: Las radios de los pueblos originarios democratizan el pensamiento ancestral. 12. Oktober 2013.
  647. ELPAIS.com: La televisión prohibida por Chávez volverá por cable y satélite vom 9. Juli 2007
  648. Wahlkampagne mit ungleichen Mitteln, NZZ, 24. Juli 2012
  649. Interminable presidential speeches now extended to cable channels. In: Reporters Without Borders. 12. Januar 2010, abgerufen am 23. Juli 2012 (englisch).
  650. El Nacional: El Papel Literario pasa a formato digital. 27. Oktober 2013, abgerufen am 13. Januar 2019.
  651. Ewald Scharfenberg: La falta de papel obliga al cierre de periódicos en Venezuela, El País vom 3. September 2013
  652. Venezuela: falta papel prensa, y los diarios cancelan suplementos, Infobae vom 28. Oktober 2013
  653. Cécile Mouly, Esperanza Hernández Delgado: Civil Resistance and Violent Conflict in Latin America: Mobilizing for Rights, Studies of the Americas, Springer, 2019, ISBN 978-3-03005033-7, S. 102
  654. Maduro se ceba con la prensaCierres, confiscaciones, asfixia económica y coacciones constituyen el día a día de los medios críticos con el régimen, abc.es, 10. April 2017; „Muy pocos son los periódicos, como «El Nacional», que han podido resistir los feroces ataques en su contra sin poder restañar todavía las profundas heridas provocadas por un régimen enemigo de la libertad de expresión“ - „Es gibt nur wenige Zeitungen, di wie El Nacion, den wilden Angriffen gegen sie widerstehen konnten, wenn auch ohne die tiefen Wunden heilen zu können, die ein der Meinungsfreihiet feindlich gesonnenes Regime provoziert hat.“
  655. Offiziell: Maldonado 2016 nicht in der Formel 1 - F1. In: Motorsport-Magazin.com.

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