Reuters
Reuters war eine internationale Nachrichtenagentur mit Hauptsitz in London und zuletzt die weltweit größte ihrer Art. Ihr Schwerpunkt waren Wirtschaftsthemen, doch verkaufte sie ab 1949, wie etwa die Deutsche Presse-Agentur oder Associated Press, auch andere Nachrichten. Nach Kauf durch und Vereinigung mit der kanadischen Thomson-Gruppe heißt der Konzern seit dem 17. April 2008 Thomson Reuters und hat seinen Hauptsitz in New York City.
Reuters | |
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Rechtsform | Public Limited Company |
Gründung | Oktober 1851 |
Auflösung | 17. April 2008 (in Thomson Reuters aufgegangen) |
Sitz | London, Vereinigtes Königreich |
Leitung | Andrew Rashbass |
Branche | Medien |
Website | reuters.com |
Unternehmensprofil
Das Nachrichtenbüro wurde 1849 vom Bankkaufmann Paul Julius Freiherr von Reuter, eigentlich Israel Beer Josaphat, in Aachen gegründet;[1] von dort aus übermittelte er mit Brieftauben Aktiendaten nach Brüssel. Als zwischen den beiden Städten eine Telegrafenverbindung eingerichtet wurde, stellte Reuter den „Flugdienst“ ein. Nach seiner Emigration nach London gründete er 1851 erneut ein Unternehmen, um über das Seekabel zwischen Dover und Calais Börsenkurse nach Paris zu übermitteln.
Von 1870 bis 1934 war Reuters zusammen mit der französischen AFP, dem deutschen W.T.B. und später auch der US-amerikanischen Agentur Associated Press Teil des sog. Wolff-Reuter-Havas-Nachrichtenkartells. Inhalt der Kartellverträge, die de facto ein weltweites Monopol zum Sammeln und Verbreiten von Informationen bedeuteten, war eine detaillierte globale Marktaufteilung. Gemäß dem Kartellvertrag zog sich Reuters 1870 aus dem deutschen Nachrichtenmarkt zurück.[2][3][4]
Reuters hatte die folgenden fünf Geschäftsbereiche:
- Institutional Sales & Trading
- Asset Management & Research
- Trade & Risk Management
- Enterprise
- Media
Mit Börsen- und Wirtschaftsinformationen wurden 90 % des Umsatzes erwirtschaftet.
Reuters belieferte Fernsehsender auch mit Bildern und Tönen zum aktuellen Weltgeschehen. Auf eigenen verschlüsselten Satelliten-Kanälen wurde Material zu den Themen Politik, Sport und Entertainment verbreitet. Reuters verfügte über ein weltweites Netz von Video-Reportern und Partnern, so dass die Bilder in kürzester Zeit ausgestrahlt werden konnten.
1994 erwarb Reuters von der Citicorp die Quotron Systems Inc., welche System und Screens für Börseninformationen bereitstellte. Von 1994 bis 2002 betrieb Reuters zudem den Wirtschaftssender Reuters Financial Television, dessen Programm in London, Tokio und New York City produziert wurde.
Anfang August 2006 wurde bekannt, dass die Agentur Reuters ihre jahrelange Zusammenarbeit mit dem libanesischen Fotografen Adnan Hajj beendet hatte, weil dieser Bilder, mit denen israelische Angriffe auf den Libanon dokumentiert werden sollten, durch Einfügen zusätzlicher Bildelemente (Rauchschwaden, von einem israelischen Flugzeug ausgestoßene Infrarot-Täuschkörper) manipuliert hatte. Reuters zog 920 Fotos dieses Fotografen aus ihrer Datenbank zurück.
Reuters war an der Börse von London im FTSE und an der NASDAQ in New York notiert (LSE: RTR, NASDAQ: RTRSY).
Die Thomson-Gruppe gab im Mai 2007 ihre Absicht bekannt, Reuters zu übernehmen. Der Kaufpreis sollte umgerechnet 12,9 Mrd. Euro betragen.[5]
Mit Wirkung vom 7. Januar 2021 werden die Nutzer der regionalen Internetauftritte von Reuters.com – etwa de.reuters.com in deutscher Sprache, fr.reuters.com in französischer Sprache, it.reuters.com in italienischer Sprache sowie es.reuters.com und reuters.mx in spanischer Sprache – auf den rein englischsprachigen Internetauftritt umgeleitet. Thomson Reuters reduziert damit seine frei zugängliche, internationale Berichterstattung auf die englischsprachige und rein japanische Berichterstattung.[6][7]
Tochtergesellschaften
Die Lipper, Inc., ein Anbieter von Fondsinformationen und -analysetools, ist eine Tochtergesellschaft von Reuters.[8]
Konkurrenten
Hauptkonkurrenten im Bereich Informationsprodukte für Finanzdienstleister waren die Unternehmen Bloomberg, Telekurs und Thomson Financial, eine Hauptgesellschaft von The Thomson Corporation. Im Bereich Medien sind die wichtigsten Konkurrenten Associated Press, Agence France-Presse, Dow Jones und Bloomberg News, in der Bundesrepublik Deutschland auch die Deutsche Presse-Agentur. Reuters hatte über 327.000 professionelle Anwender.
Literatur
- Donald Read: The Power of News. The History of Reuters. 1849–1989. Oxford u. a. 1992.
Weblinks
- Reuters, Großbritannien (englisch)
- Literatur zu Reuters im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- Paul Reuter. In: kids.britannica.com. Encyclopædia Britannica, Inc., 2015, abgerufen am 23. Oktober 2015 (englisch).
- Peter Meier: Nachrichtenagenturen. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2. September 2010, abgerufen am 3. August 2020.
- Eine Chronik der AFP. 23. Februar 2012, abgerufen am 3. August 2020.
- Dominik Geppert: Pressekriege: Öffentlichkeit und Diplomatie in den deutsch-britischen Beziehungen (1896–1912). Walter de Gruyter, 2012, ISBN 978-3-486-70749-6 (google.de [abgerufen am 3. August 2020]).
- Financial Times Europe, 27. Juli 2007, S. 13 (englisch).
- Änderungen betreffend der regionalen Internet-Seiten von Reuters.com. In: Internet Archive. Wayback Machine, Weblink, 2021, abgerufen am 11. Januar 2021.
- Unternehmensveröffentlichung von Reuters.com. In: reutersagency.com. Thomson Reuters Inc., 2021, abgerufen am 11. Januar 2021.
- Lipper Alpha Insight. In: Thomson Reuters. Abgerufen am 10. Juni 2017 (englisch).