Roraima-Tepui
Der Roraima-Tepui (aus Pemón roroi ‚türkisblau‘, ‚fruchtbar‘, ma ‚groß‘), portugiesisch und spanisch Monte Roraima oder Cerro Roraima, ist ein 2810 m hoher Tepui im Dreiländereck zwischen Venezuela, Brasilien und Guyana. Er ist der höchste Tafelberg der Welt.[1]
Roraima-Tepui | ||
---|---|---|
Roraima-Tepui | ||
Höhe | 2810 m | |
Lage | Dreiländereck Venezuela, Brasilien und Guyana | |
Gebirge | Tepui | |
Koordinaten | 5° 10′ 59″ N, 60° 45′ 59″ W | |
| ||
Typ | Tafelberg | |
Gestein | Sandstein | |
Alter des Gesteins | ca. 2 Milliarden Jahre | |
Erstbesteigung | 1884 durch Everard Im Thurn | |
Die steile Felswand des Roraima-Tepui |
Er ist Namensgeber des brasilianischen Bundesstaates Roraima. Bis 1962 hieß die Region Território do Rio Branco, doch immer wieder kam es zu Fehlleitungen von Briefsendungen und Einwanderern, die in diese Region wollten, jedoch schließlich in der damaligen Hauptstadt Rio Branco des Acre-Territoriums ankamen.
Lage und Daten
In der Gran Sabana befinden sich 115 Tepuis (durch Erosion entstandene Tafelberge), von denen der Roraima-Tepui und der Auyan-Tepui die bekanntesten sind. Die größte Ausdehnung des Roraima-Hochplateaus beträgt etwa 15 km und erhebt sich bis zu 700 Meter über den tropischen Regenwald. Westlich vom Mt. Roraima befindet sich der Zwillingstepui Kukenán.
Die Landschaft auf dem Hochplateau ist ein Felslabyrinth mit vielen Schluchten – teilweise mehrere hundert Meter tief – und keine Hochebene, wie man früher annahm. Der Sandstein besteht zu 95 Prozent aus reinem Quarz und ist durchzogen von vielen hydrothermalen Quarzgängen. Daher kann man auf der Oberfläche immer wieder Zusammenschwemmungen aus lauter kleinen Quarzkristallen und auch ganze Kristallstufen finden, die aus diesen Gängen stammen. Das Gebiet gehört zu einem Nationalpark, daher ist die Mitnahme jeglicher Mineralien vom Roraima untersagt.
Fauna und Flora
Auf der Hochebene des Tepuis wachsen hauptsächlich Flechten, Gräser, Stegolepis guianensis, Orectanthe sceptrum und verschiedene Orchideen. Der nährstoffarme Sandsteinboden ist aber auch ideal für fleischfressende Pflanzen, wie Sumpfkrüge, Reusenfallen und Sonnentauarten. Die Tierwelt besteht aus Insekten, Vögeln, Lurchen (beispielsweise Oreophrynella quelchii) sowie kleineren Reptilien (Schlangen, Echsen) und Säugetieren (Mäuse). Auf dem Roraima sind etwa 80 Prozent aller Organismen endemisch, d. h., es handelt sich um eine einzigartige, nur auf dem Tepui vorkommende Tier- und Pflanzenwelt, wie sie an keinem anderen Ort der Welt zu finden ist. Eine Ursache ist die mehrere hundert Meter hohe Steilwand, die eine unüberwindbare Barriere darstellt, eine andere das unterschiedliche Klima, das zu einer thermischen Isolation gegenüber dem Regenwald führt. Auf dem Boden herrscht ein feuchtes, tropisches Klima (≈ 30 °C), auf dem Plateau dagegen ein eher gemäßigtes (≈ 10 °C) mit unterschiedlichen Wetterverhältnissen.
Entstehung
Lange Zeit war eine Datierung der Entstehung des Roraima-Tepuis unmöglich. Der Sandstein enthält keine Fossilien, mit denen man das Alter bestimmen könnte. In den 1980er Jahren entdeckte man besondere Gesteinseinschlüsse, die aus tiefen Erdschichten stammten und durch Risse im Sandstein nach oben transportiert wurden, wo die glutförmige Masse erstarrte. Dieses Gestein enthält radioaktive Elemente, u. a. Uran, das mit einer Halbwertszeit von Milliarden Jahren zu Blei zerfällt; daher kann der Zeitpunkt des Erstarrens mittels Uran-Blei-Datierung bestimmt werden. Die Sandsteineinschlüsse ergaben ein Alter von 1,8 Milliarden Jahren. Da dies jedoch nur angibt, wann das Gestein erstarrte, muss der Tepui-Sandstein selbst deutlich älter sein. Geologen vermuten die Entstehung des Tepui-Sandsteins vor 2 Milliarden Jahren. Die Teilung des Tepuisandsteins in Roraima und Kukenam geschah vermutlich vor 160 Millionen Jahren, als der Urkontinent Gondwana auseinanderbrach und Südamerika nach Westen driftete. Wahrscheinlich war ein gewaltiges Erdbeben Ursache dieser Teilung.
Geschichte
Die ansässigen Indianer versuchten nie, den Roraima-Tepui zu besteigen, und auch die Entdecker des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts konnten nur spekulieren, was sich auf dem Hochplateau befindet. Man vermutete ausgestorbene Tierarten (gar Saurier), die dort überlebt hätten. Mehrere Naturforscher, Geographen, Botaniker und Anthropologen erforschten das Gebiet um den Roraima, wie Richard und Robert Schomburgk (zwischen 1838 und 1844), Ernst Ule (1909/10) und Theodor Koch-Grünberg (1911). Am 18. Dezember 1884 gelang dem britischen Forscher Everard Im Thurn die Erstbesteigung des Mount Roraima. Er fand nur Kräuter und Sträucher vor. Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu einem Konflikt, als Großbritannien von Britisch-Guyana aus die Region der Tepuis annektieren wollte, da man in der Umgebung Bodenschätze (z. B. Diamanten) fand. Sie zogen sich jedoch wieder auf Verlangen von US-Präsident Grover Cleveland zurück. 1899 wurde ein internationales Tribunal in Paris einberufen, um den Grenzstreit zu klären. Hierbei wurde beschlossen, dass der größte Teil des Gebietes (inklusive Roraima) zu Britisch-Guayana gehöre. Da der Zugang bis heute nur von venezolanischer Seite möglich ist, konnten die Briten das Gebiet jedoch nicht erschließen.
Im Jahr 2010 gelang einer Expedition mit Stefan Glowacz die Erstbegehung der Route „Behind the Rainbow“ (IX+/X-), eine Route durch die überhängenden Felswände des Berges. Glowacz, Holger Heuber und Kurt Albert waren zwei Wochen unterwegs, um mit Einbäumen auf Flussläufen und dann zu Fuß an den Berg zu gelangen. Weil ihnen der Anstieg zu steil und zu gefährlich wurde, traten die Einheimischen, die von den Kletterern engagiert worden waren, um beim Transport der schweren Ausrüstung zu helfen, vorzeitig den Rückweg an. Über die Expedition entstand 2013 der Film Jäger des Augenblicks – Ein Abenteuer am Mount Roraima.[2]
The Lost World
Berichte des berühmten Südamerika-Forschers Sir Robert Hermann Schomburgk inspirierten den englischen Landarzt und Schriftsteller Arthur Conan Doyle zu einem Roman The Lost World (1912) über die Entdeckung einer lebenden prähistorischen Welt voller Saurier und urzeitlicher Pflanzen. Arthur Conan Doyle nennt in seinem Buch jedoch nie den Namen Roraima. Im Roman gilt der Tafelberg als unbesteigbar. Nur durch einen Trick gelingt es den Romanfiguren, auf das Plateau zu kommen, nämlich indem sie eine vorgelagerte Felsnadel ersteigen und die Schlucht mit einem gefällten Baum überqueren. Diese Felsnadel gibt es auch in der Wirklichkeit, sie ist aber mehr als nur eine Baumlänge vom Plateau entfernt.
Bildergalerie
- Landkarte
- Satellitenaufnahme
- Maverick Rock (links), höchster Punkt des Roraima-Tepui (2810 m)
- Hochplateau des Roraima-Tepui
- Cyrilla racemiflora auf dem Roraima-Tepui
- Kukenan-Tepui (links) und Roraima-Tepui (rechts)
- Der Tripel-Punkt auf Roraima markiert das Dreiländereck von Venezuela, Brasilien und Guyana
Weblinks
- Lage des Nationalparks
- Beschreibung (Parques Nacionais) (portugiesisch)
Einzelnachweise
- Highest mountain tabletop. Abgerufen am 13. April 2021 (deutsch).
- Stephanie Geiger: Wo es noch echte Abenteuer gibt, in: Welt am Sonntag, 20. April 2013