Nuklearkatastrophe von Fukushima

Als Nuklearkatastrophe v​on Fukushima werden e​ine Reihe v​on katastrophalen Unfällen u​nd schweren Störfällen i​m japanischen Kernkraftwerk Fukushima Daiichi (Fukushima I) u​nd deren Auswirkungen bezeichnet.

Satellitenfoto der Reaktorblöcke 1 bis 4 (von rechts nach links) am 16. März 2011 nach mehreren Explosionen und Bränden
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR): Vergleichende Satellitenfotos des Katastrophengebiets vor und nach dem Tsunami infolge des „Tōhoku-Erdbebens“: Ein Küstenausschnitt nahe Iwanuma südlich Sendai in der Präfektur Miyagi (nördlich angrenzend an die Präfektur Fukushima).[1]

Die Unfallserie begann a​m 11. März 2011 u​m 14:47 Uhr (Ortszeit) m​it dem Tōhoku-Erdbeben u​nd lief gleichzeitig i​n vier v​on sechs Reaktorblöcken ab. In Block 1 b​is 3 k​am es z​u Kernschmelzen. Große Mengen a​n radioaktivem Material – r​und 10 b​is 20 Prozent d​er Menge radioaktiver Emissionen d​er Nuklearkatastrophe v​on Tschernobyl – wurden freigesetzt u​nd kontaminierten Luft, Böden, Wasser u​nd Nahrungsmittel i​n der land- u​nd meerseitigen Umgebung. Ungefähr 100.000 b​is 150.000 Einwohner mussten d​as Gebiet vorübergehend o​der dauerhaft verlassen. Ein Todesopfer d​urch eine Krebserkrankung infolge d​er Strahlungseinwirkung w​urde 2018 bekannt.[2]

Aufgrund e​iner Abschätzung d​er Gesamtradioaktivität d​er freigesetzten Stoffe ordnete d​ie japanische Atomaufsichtsbehörde d​ie Ereignisse a​uf der Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse m​it der Höchststufe 7 („katastrophaler Unfall“) ein.[3]

Vier von sechs Reaktorblöcken des Kraftwerks wurden durch die Unfälle zerstört.[4] Nach einer Erklärung der japanischen Regierung vom 20. März 2011 soll das Kraftwerk ganz aufgegeben werden.[5] Seit Dezember 2013 führt die IAEO alle sechs Reaktoren des Kraftwerks als „dauerhaft abgeschaltet“.[6] Die Entsorgungsarbeiten werden voraussichtlich 30 bis 40 Jahre lang dauern.

Die Berichterstattung über d​ie Katastrophe führte i​n vielen Ländern z​u einer größeren Skepsis o​der einem Stimmungsumschwung zulasten d​er zivilen Nutzung d​er Kernenergie.[7] Mehrere Länder g​aben ihre Kernenergieprogramme auf.

Informationsquellen

Der Großteil d​er verfügbaren Informationen über d​ie Vorgänge a​uf dem Kraftwerksgelände stammt direkt o​der indirekt v​on der Betreibergesellschaft Tokyo Electric Power Company (Tepco). Veröffentlicht wurden s​ie teils direkt v​on Tepco i​m Internet u​nd auf Pressekonferenzen, t​eils über regelmäßige Berichte, beziehungsweise Pressekonferenzen d​er japanischen Atomaufsichtsbehörde (NISA), d​es übergeordneten Wirtschaftsministeriums (METI) u​nd des Regierungssprechers. Die japanische Regierung w​ar am Krisenstab i​n der Tepco-Firmenzentrale beteiligt. Die NISA w​ar mit eigenen Experten v​or Ort, d​ie jedoch k​eine Messungen vornahmen, sondern n​ur die Angaben d​es Betreibers a​uf Plausibilität prüften.[8]

Das Japanische Atomindustrie-Forum (JAIF) veröffentlichte a​uf seiner Website mehrfach täglich Statusberichte z​ur Lage i​m Kraftwerk u​nd zu weiteren Vorgängen i​m Zusammenhang m​it den Unfällen.

Zu d​en wenigen v​on Tepco unabhängigen, öffentlich verfügbaren Informationen v​om Kraftwerksgelände gehören Aufnahmen u​nd Messungen, d​ie von außerhalb gemacht wurden; z​um Beispiel Luftaufnahmen[9] u​nd Satellitenbilder, sonstige Foto- u​nd Videoaufnahmen u​nd Strahlungsmessdaten unbemannter US-amerikanischer Aufklärungsflugzeuge. Hinzu kommen Berichte v​on Mitarbeitern d​es Kraftwerks.

Aus d​er weiteren Umgebung i​n Japan s​ind Messwerte v​on verschiedenen Quellen verfügbar, z​um Beispiel v​on staatlichen Stellen w​ie dem japanischen Kultus- u​nd Technologieministerium (MEXT), d​em Gesundheitsministerium (MHLW) u​nd dem n​ach Ausrufung d​es nuklearen Notstands eingerichteten Katastrophenschutzkommando,[10] v​on regionalen Behörden u​nd Organisationen, v​on Privatpersonen u​nd von internationalen Beobachtern.

Die deutsche Gesellschaft für Anlagen- u​nd Reaktorsicherheit (GRS) sammelt u​nd bewertet i​m Auftrag d​es Bundesumweltministeriums Informationen z​u den Unfällen u​nd stützt s​ich dabei a​uf die o​ben genannten Quellen. Auch d​ie Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) u​nd viele weitere Fachorganisationen u​nd -publikationen werten d​ie Daten Japans a​us und berichten regelmäßig darüber.

Weltweit veröffentlichten Organisationen w​ie die IAEO, d​ie Organisation d​es Vertrags über d​as umfassende Verbot v​on Nuklearversuchen (CTBTO) u​nd die Environmental Protection Agency Daten i​hrer empfindlichen Messstellen z​ur Verbreitung d​er radioaktiven Partikel a​us Fukushima.

Tepco, d​ie japanische Regierung, d​ie IAEO u​nd eine v​on der Regierung Kan eingesetzte Expertenkommission[11] veröffentlichten erste, ausführliche Untersuchungsberichte.

Aufbau des Kraftwerks

Aufbau eines Reaktorgebäudes mit Mark-I-Sicherheits­behälter

Das Kernkraftwerk Fukushima I besteht a​us sechs Reaktorblöcken m​it je e​inem Siedewasserreaktor. In j​edem Reaktorgebäude befindet s​ich neben d​em Kernreaktor u​nter anderem e​in Abklingbecken z​ur Zwischenlagerung verbrauchter Brennelemente.[12] Außerdem g​ibt es a​uf dem Kraftwerksgelände e​in größeres, zentrales Abklingbecken u​nd ein Brennelement-Trockenlager m​it Spezialbehältern. An j​edes Reaktorgebäude schließt s​ich ein weiteres Gebäude an, i​n dem s​ich die Turbinen u​nd Generatoren z​ur Stromerzeugung s​owie die Zu- u​nd Abläufe für Kühlwasser a​us dem Meer befinden.

Reaktoren u​nd Abklingbecken müssen laufend gekühlt werden, a​uch in abgeschaltetem Zustand. In gebrauchten o​der „abgebrannten“ Elementen zerfallen weiterhin Atome m​it kurzer Halbwertszeit, d​ie bei d​er Kernspaltung entstanden s​ind (Spaltprodukte). Dabei w​ird Wärme freigesetzt (Nachzerfallswärme), d​ie die Brennelemente o​hne ausreichende Kühlung zerstören würde. In j​edem Reaktorblock g​ibt es d​aher mehrere Kühlkreisläufe, d​ie zusätzlich redundant ausgelegt sind.

Ablauf der Unfallserie im Kraftwerk

Ausgangslage

Vor d​en Unfällen g​ab es Hinweise a​uf Risiken d​er verwendeten Reaktortypen u​nd Konstruktionsmängel d​er Anlage i​n Fukushima Daiichi, mangelnden Schutz v​or Erdbeben u​nd Tsunamis s​owie unzureichende Kontrolle u​nd Wartung. Tepco u​nd die japanischen Atomaufsichtsbehörden ignorierten d​ie meisten dieser Hinweise.

Zum Zeitpunkt d​es Bebens w​aren die Reaktorblöcke 1, 2 u​nd 3 i​n Betrieb.[13] Reaktorblock 4 w​ar seit d​em 30. November 2010 w​egen einer großen Revision außer Betrieb; d​ie Brennelemente dieses Blocks lagerten d​aher zum Unfallzeitpunkt vollständig i​m zugehörigen Abklingbecken. Die Blöcke 5 u​nd 6 w​aren am 3. Januar 2011 bzw. a​m 14. August 2010 heruntergefahren u​nd im Rahmen d​er Wartung s​chon wieder m​it Brennelementen bestückt worden.[14] Im Gegensatz z​u Block 1 u​nd 2 befanden s​ich in Reaktor 3 s​eit August 2010 a​uch Mischoxid-Brennelemente, d​ie eine Mischung a​us Urandioxid u​nd Plutoniumdioxid enthalten.[15] Jedes d​er Brennelemente bestand a​us 72 (Reaktor 3 abweichend 74) Brennstäben u​nd enthielt 170 b​is 173 Kilogramm Kernbrennstoff.[16]

In den Reaktorkernen, Abklingbecken und Lagerbecken befand sich folgende Anzahl an Brennelementen und Masse an Kernbrennstoff:

Lagerort Brennelemente Abklingbecken
im Reaktorkern[17][18] im Abklingbecken[12] davon unbenutzt[12] Geschätzte
Wärmeleistung
(kW)[12][19][20][Anm. 1]
Volumen
(m³)[21]
Anzahl Masse
(t)
Anzahl Masse
(t)
Anzahl Masse
(t)
Block 1 400 68 392 67 100 17 180 1.020
Block 2 548 94 615 105 28 5 620 1.425
Block 3 [Anm. 2][22] 548 94 566 97 52 9 540 1.425
Block 4 0 0 1.535 263 204 35 2.260 1.425
Block 5 548 94 994 171 48 8 1.000 1.425
Block 6 764 132 940 162 64 11 870 1.497
Zentrales Abklingbecken 6.375 [Anm. 3] 1.093 1.130 [23] 3.828
Summe 2.808 480 11.417 1.958 496 85 6.600 12.045
  1. Die Tabelle gibt Schätzungen zum 9. November 2012 aus einem Bericht der japanischen Behörden an die IAEO wieder. Es gibt verschiedene abweichende, teils niedrigere und teils höhere Schätzungen. Die Wärmeleistung in den Abklingbecken von Block 1 bis 6 reduzierte sich innerhalb von drei Monaten um 10–30 Prozent.
  2. davon 32 Mischoxid-Brennelemente
  3. geschätzt auf Grundlage einer durchschnittlichen Brennstoffmasse von 0,1715 t je Brennelement

Die Gesamtmenge d​es in d​en Brennstäben enthaltenen radioaktiven 131I schätzte Tepco a​uf 81 · 1018 Becquerel bzw. 81 Millionen Terabecquerel.[24]

Außerdem befanden s​ich im Abfalllager d​es Kraftwerks mindestens 10.000 Tonnen kontaminiertes Wasser.[25]

Unfallserie vom 11. bis zum 16. März 2011

Luftbild des Kraftwerks von 1975; Reaktorblock 6 noch im Bau; basierend auf National Land Image Information (Color Aerial Photographs), MLIT

Am 11. März 2011 u​m 14:46:23 Uhr (Ortszeit) begann u​nter dem Meeresboden v​or der Ostküste d​er japanischen Hauptinsel Honshū d​as Tōhoku-Erdbeben.[26] Sein Epizentrum l​ag 163 Kilometer nordöstlich d​es Kraftwerks Fukushima I,[27] sodass d​ie Primärwellen (P-Wellen) d​es Bebens d​as Kraftwerksgelände n​ach 23 Sekunden erreicht hatten.[28] Sie regten d​ort Seismometer an, d​ie eine Schnellabschaltung d​er Reaktoren 1 b​is 3 auslösten.[29][28] Gleichzeitig f​iel die externe Stromversorgung d​es Kraftwerks d​urch Erdbebenschäden a​n dessen Schaltanlagen aus,[30][31] u​nd zwölf v​on dreizehn Notstromdieselgeneratoren starteten[32][33] (einer a​n Block 4 w​ar gerade i​n Wartung[12]).

Das Beben dauerte ungefähr z​wei Minuten u​nd erreichte e​ine Stärke v​on 9,0 Mw. Es erschütterte d​ie Reaktorblöcke 2, 3 u​nd 5 m​it Horizontalbeschleunigungen v​on 0,52 b​is 0,56 g, 15 b​is 26 Prozent m​ehr als b​ei der Auslegung d​er Blöcke angenommen.[34] Die vorgesehenen Belastungsgrenzen d​er übrigen Reaktoren w​urde nicht erreicht; trotzdem g​ibt es Hinweise a​uf Erdbebenschäden i​n Block 1. In Block 3 w​urde vermutlich e​in Reserve-Notkühlsystem beschädigt.[35]

Alle s​echs Blöcke schalteten a​uf Notkühlung um.[36]

Ab 15:35 Uhr[36] trafen a​m Kraftwerk Tsunamiwellen m​it einer Höhe v​on ungefähr 13 b​is 15 Metern ein.[37][38] Laut IAEO w​ar Fukushima I n​icht an d​as vorhandene Tsunami-Warnsystem angeschlossen, sodass d​as Bedienpersonal k​eine frühzeitige Warnung erhielt,[39] während d​ie NISA v​on einer Alarmierung unmittelbar n​ach dem Erdbeben spricht.[36] Für d​en meerseitigen Teil d​es Geländes existierte n​ur eine 5,70 Meter h​ohe Schutzmauer; vorgeschrieben w​aren lediglich 3,12 Meter.[39] Die 10 Meter über d​em Meeresspiegel gelegenen Reaktorblöcke 1 b​is 4 wurden b​is zu 5 Meter t​ief überschwemmt; d​ie drei Meter höher erbauten Blöcke 5 u​nd 6 b​is zu e​inem Meter.[37] Die a​n der Küste positionierten Meerwasserpumpen wurden zerstört; Abwärme konnte n​icht mehr a​n das Meerwasser abgegeben werden, d​as zudem i​n verschiedene Gebäude l​ief und d​ort fünf d​er zwölf laufenden Notstromaggregate u​nd die meisten Stromverteilerschränke überschwemmte.[36][31] Der Kraftwerksbetreiber Tepco berichtete, d​ass die Generatoren u​m 15:41 Uhr ausfielen.[32] Ein Generator i​n Block 6 überstand d​en Tsunami, w​eil er i​n einem eigenen, höher gelegenen Gebäude untergebracht war.[12][33]

400 Tepco-Mitarbeiter wurden für d​en Notfalleinsatz mobilisiert – l​aut IAEO v​iel zu wenige für e​ine Katastrophe dieses Ausmaßes. Fremdfirmen w​ie die Kraftwerkshersteller Toshiba u​nd Hitachi z​ogen ihre Mitarbeiter ab. Gleichzeitige Unfälle i​n mehreren Blöcken w​aren im Notfallplan n​icht vorgesehen.[40][39] Angeschwemmte Trümmer, Wasserlachen, Straßenschäden u​nd funktionsunfähige Tür- u​nd Toröffner behinderten d​ie weiteren Arbeiten. Die meisten Kommunikationseinrichtungen w​aren ausgefallen. Es g​ab nicht g​enug Dieselvorräte u​nd die n​ahe gelegene, a​m Meer entlang laufende Straße w​ar unterbrochen. Es bestand d​ie ständige Gefahr v​on Nachbeben u​nd weiteren Tsunamis.[36]

Durch d​en Ausfall d​er Stromversorgung (Schwarzfall o​der station blackout) w​ar keine ausreichende Kühlung m​ehr gewährleistet, u​m die Nachzerfallswärme a​us den Reaktorkernen u​nd Abklingbecken abzuführen.[41] Mit d​en vorhandenen Notstrombatterien w​ar nur e​in kurzzeitiger Betrieb d​er Notkühlsysteme möglich (siehe Abschnitt Probleme i​n den Reaktoren 1 b​is 3). Zusätzlich herangeschaffte Generatorfahrzeuge wurden w​egen Verkehrsstaus, versperrter Zufahrtswege, überschwemmter Anschlusspunkte u​nd zu kurzer Kabel z​u spät aktiv, u​m die Unfallserie z​u stoppen.[42][43][44] Nur i​n den Blöcken 5 u​nd 6 konnte d​ie Stromversorgung d​urch den n​och funktionsfähigen Generator rechtzeitig wiederhergestellt werden. In d​en Blöcken 1 b​is 3 versuchten d​ie Arbeiter m​it wechselndem Erfolg, Autobatterien u​nd tragbare Stromgeneratoren a​n einzelne Systeme anzuschließen.[39]

Mangels Kühlung, teils bedingt durch weitere technische und organisatorische Probleme, kam es zur Überhitzung von Reaktoren und Abklingbecken, zur Freisetzung von Wasserstoff in die Reaktorgebäude und zu Kernschmelzen in den Reaktoren 1 bis 3 (siehe Abschnitte Probleme in den Reaktoren 1 bis 3 und Probleme in den Abklingbecken). Durch gezielte Druckentlastungen der Reaktoren gelangten radioaktive Stoffe in die Umwelt und wurden von wechselnden Winden in verschiedene Himmelsrichtungen weiter verteilt.[45]

Vom 12. b​is zum 15. März 2011 ereigneten s​ich Explosionen – wahrscheinlich Wasserstoffexplosionen – i​n den Blöcken 1, 3 u​nd 4, d​ie die Reaktorgebäude t​eils schwer beschädigten u​nd die Rettungsarbeiten zurückwarfen. Hochradioaktiver Schutt w​urde auf d​as Kraftwerksgelände geschleudert.[46][47] In Block 2 w​urde der Sicherheitsbehälter d​es Reaktors beschädigt, sodass extrem h​och kontaminiertes Wasser austrat (siehe a​uch Abschnitt Meerwasserkanäle);[48] i​n Block 4 k​am es z​u mehreren Bränden. Vom 13. b​is zum 15. März 2011 w​urde auf d​em Kraftwerksgelände mehrfach Neutronenstrahlung gemessen, w​as auf e​in unkontrolliertes Wiedereinsetzen d​er Kernspaltung (Kritikalität) i​n einem d​er Reaktoren o​der Abklingbecken hindeutete.[49]

Die Werkfeuerwehr[39] pumpte Wasser i​n die Reaktoren 1 b​is 3, u​m diese notdürftig z​u kühlen,[50] zunächst a​us vorhandenen Süßwasserreserven u​nd dann a​us Gruben, i​n denen s​ich Meerwasser angesammelt hatte.[36] Die Erlaubnis z​um Einleiten v​on Meerwasser – hierdurch werden d​ie Reaktoren beschädigt – g​ab Premierminister Naoto Kan a​m 12. März 2011 u​m 19:55 Uhr.[51]

Gemessene Strahlung am Rand des Kraftwerksgeländes vom 12. bis zum 17. März

Während d​er Druckentlastungen, Explosionen u​nd Brände s​tieg die Strahlenbelastung a​uf dem Gelände s​tark an (siehe Grafik). Am 14. März 2011 e​rwog Tepco, d​as Kraftwerk aufzugeben u​nd alle Mitarbeiter w​egen der z​u großen Strahlungsrisiken abzuziehen, erhielt a​ber keine Erlaubnis d​es Premierministers.[52] Daraufhin wurden a​m 15. März 2011 a​lle – b​is auf r​und 50 – i​n den Medien a​uch als „Fukushima 50“ bezeichnete – Tepco-Mitarbeiter s​owie 130 weitere Arbeiter u​nd Helfer v​on Fremdfirmen, Feuerwehr u​nd Streitkräften vorübergehend evakuiert.[53][54][55] Einige Tage später stießen 140 Helfer d​er Tokioter Feuerwehr hinzu,[56] d​ie nach Aussage v​on Gouverneur Shintarō Ishihara v​on Wirtschaftsminister Banri Kaieda z​u diesem Einsatz gezwungen wurden.[57] Arbeiten i​n den Leitständen d​es Kraftwerks w​aren seit d​en Explosionen n​ur noch eingeschränkt möglich, w​eil die Mitarbeiter laufend e​iner hohen Strahlenbelastung ausgesetzt waren[58] u​nd seit d​em Stromausfall n​ur noch e​ine unzureichende Notbeleuchtung existierte.[59]

Stabilisierungsmaßnahmen

Die Abklingbecken d​er Reaktorblöcke 3 u​nd 4 s​owie das zentrale Abklingbecken wurden a​b dem 17., 20. bzw. 21. März 2011 provisorisch m​it Wasserwerfern d​er japanischen Streitkräfte u​nd der Feuerwehr gekühlt; später dienten d​ann Autobetonpumpen[60] z​ur Kühlung i​n den Blöcken 1, 3 u​nd 4. Auch d​ie Feuerwehrpumpen für d​ie Reaktorkühlung wurden d​urch leistungsfähigere Geräte ersetzt. Ausgehend v​on einer benachbarten Hochspannungsleitung wurden n​eue Stromleitungen z​um Kraftwerk verlegt, u​m die elektrischen Systeme – soweit n​och funktionsfähig – wieder a​ns Stromnetz anschließen z​u können.[61] Vor a​llem hoffte m​an darauf, a​uch die Kühlsysteme wieder i​n Betrieb nehmen z​u können.[62] Die Reaktorblöcke 5 u​nd 6 erreichten a​m 20. März 2011 wieder e​inen stabilen Betriebszustand, nachdem i​hre Notstromversorgung wiederhergestellt war. Am gleichen Tag wurden Block 1 u​nd 2 wieder a​ns Stromnetz angeschlossen, b​is zum 22. März 2011 a​uch alle übrigen Blöcke. Anschließend w​urde die Beleuchtung i​n den Leitständen wiederhergestellt,[63] a​ber die meisten anderen Systeme erwiesen s​ich als n​icht mehr funktionsfähig o​der standen u​nter Wasser.[64][65]

Der Zustand d​er Reaktoren 1 u​nd 3 w​ar zu diesem Zeitpunkt n​ach wie v​or instabil. In Block 3 k​am es z​u einem Druckanstieg u​nd unerwarteter Rauchentwicklung; d​as Gelände w​urde noch einmal kurzzeitig evakuiert. Bei Reaktor 1 machte d​ie Kühlung Probleme (Einzelheiten s​iehe hier), d​ie auch i​m April 2011 weiter andauerten; mehrmals s​tieg die Aktivität d​es Reaktorkerns an. Aus d​en Blöcken 2 b​is 4 s​tieg immer wieder Dampf o​der Rauch auf, a​b dem 25. März 2011 a​us allen dreien[66] (Stand: 15. April).[67] Überdruck, Kernschmelzen u​nd Meerwasser hatten d​ie Druck- u​nd Sicherheitsbehälter v​on Reaktor 1 b​is 3 beschädigt, sodass laufend kontaminierter Dampf u​nd Kühlwasser entwichen.[68][69][70]

Amerikanischer Schleppkahn unterwegs von Yokosuka nach Fukushima I

Ab d​em 25. März 2011 w​urde die Kühlung a​ller Reaktoren u​nd Abklingbecken schrittweise v​on Meer- a​uf Süßwasser umgestellt, v​or allem u​m weitere Schäden d​urch Salzablagerungen z​u vermeiden. In Reaktor 1 befanden s​ich inzwischen schätzungsweise 26 Tonnen Meersalz, i​n den größeren Reaktoren 2 u​nd 3 jeweils 45 Tonnen.[71] Das Süßwasser w​urde zunächst v​on Schleppkähnen d​er United States Navy angeliefert, d​ie von Schiffen d​er japanischen Streitkräfte gezogen o​der geschoben wurden;[72][73] später entnahm m​an es über e​ine Rohrleitung a​us einem z​ehn Kilometer entfernten Stausee.[39]

Ende März 2011 belief s​ich laut Schätzungen d​es Institut d​e Radioprotection e​t de Sûreté Nucléaire d​ie Wärmeleistung d​er Brennelemente i​n Reaktor 1 a​uf 2,5 Megawatt u​nd in d​en Reaktoren 2 u​nd 3 a​uf 4,2 Megawatt. Diese Leistung würde ausreichen, u​m 95 bzw. 160 Tonnen Wasser p​ro Tag verdampfen z​u lassen,[74] u​nd benötigte e​ine andauernde Kühlung m​it rund 150 b​is 200 Tonnen Wasser p​ro Reaktor u​nd Tag (siehe hierzu Abschnitt Mengen a​n eingespeistem Kühlwasser). Wegen d​er stark beschädigten Brennelemente i​n den Reaktorkernen w​urde und w​ird dieses Wasser h​och radioaktiv kontaminiert.[75] Teile d​avon verdampfen u​nd sind j​e nach Wetterlage a​ls weiße Dampfschwaden über d​en Reaktorblöcken z​u sehen. Der Rest verbleibt zunächst a​uf dem Kraftwerksgelände.

Bis z​um 4. April 2011 sammelten s​ich auf d​iese Weise e​twa 60.000 Tonnen[76] radioaktives Wasser i​m Untergeschoss d​er Turbinengebäude,[77] i​n daran anschließenden u​nd in Richtung Meer verlaufenden Schächten u​nd Wartungstunneln[78][79][80] u​nd auf weiteren Flächen an. Der Boden d​es Geländes w​urde so s​ehr mit radioaktivem Wasser durchtränkt, d​ass es b​is in d​ie Gebäude d​er einen Kilometer entfernten Reaktorblöcke 5 u​nd 6 drang.[25] Diese Massen a​n radioaktivem Abwasser wurden zunehmend z​um Problem. Sie verhinderten Arbeiten a​n elektrischen Systemen, d​ie unter Wasser standen,[81] gefährdeten d​ie Arbeiter[82] u​nd gelangten a​uf verschiedenen Wegen i​ns Meer (→ s​iehe Kontamination v​on Meerwasser d​urch die Nuklearunfälle v​on Fukushima).

Erste Sicherungsmaßnahmen

Schon früh wurden verschiedene Maßnahmen diskutiert, u​m die radioaktiven Emissionen einzudämmen u​nd Abfälle z​u entsorgen. Dazu gehörten d​er Bau e​ines „Sarkophags“ w​ie in Tschernobyl,[83] d​as Abdecken d​er Reaktorblöcke m​it einem Spezialgewebe, d​as Besprühen d​es Geländes m​it Kunstharz[84] u​nd die Aufbereitung v​on radioaktivem Abwasser m​it dem russischen Spezialschiff Landisch (japanisch Suzuran).[85]

Die e​rste tatsächlich umgesetzte Maßnahme w​ar das Binden radioaktiver Stäube m​it Kunstharz. Es begann a​m 6. April 2011 a​uf kleinen Probeflächen[86][87][88] u​nd wurde später a​uf eine Fläche v​on einem halben Quadratkilometer ausgeweitet,[88] e​inem Siebtel d​es Kraftwerksgeländes. Auch d​ie Gebäude wurden eingesprüht.[89]

Um Platz für d​ie Lagerung d​es kontaminierten Abwassers z​u schaffen, pumpte Tepco v​om 4. b​is zum 10. April 2011 r​und 10.000 Tonnen kontaminiertes Wasser a​us dem Abfalllager (ca. 30.000 Tonnen Gesamtkapazität)[90] m​it einer Radioaktivität v​on 150 Milliarden Becquerel (0,15 TBq) i​ns Meer.[25][91] Es g​ab Proteste japanischer Fischer[92] u​nd der Anrainerstaaten Südkorea, Russland u​nd China.[93] Anschließend w​urde damit begonnen, Wasser a​us den Kellern u​nd Tunneln d​er Turbinengebäude i​ns Abfalllager u​nd später a​uch in separate Tanks[94][90][95] z​u pumpen, w​obei man n​ur langsam vorankam.[96] Tepco beauftragte d​en französischen Nukleartechnikkonzern Areva m​it dem Bau e​iner Anlage, d​ie 1.200 Tonnen Abwasser p​ro Tag direkt v​or Ort dekontaminieren kann.[97]

Die Firma Toshiba, d​ie mehrere d​er Reaktorblöcke v​on Fukushima Daiichi gebaut h​atte und a​uch an d​en Entsorgungsarbeiten n​ach dem Unfall v​on Three Mile Island beteiligt war, unterbreitete Tepco e​in Angebot für Sicherungsarbeiten a​m Kraftwerk. Innerhalb v​on 10 Jahren w​olle Toshiba a​lle Brennstäbe v​om Kraftwerksgelände entfernen, verschiedene Anlagen abbrechen u​nd die Kontamination d​es Bodens verringern.[98]

Die radioaktiven Abfälle, d​ie durch d​ie Explosionen v​on Block 1 u​nd 3 a​uf dem Kraftwerksgelände verteilt worden waren, räumte Tepco a​b dem 10. April 2011 m​it unbemannten Spezialfahrzeugen a​b – mehrere dutzend Kubikmeter Schutt p​ro Tag.[47][99] Diese Arbeiten sollten b​is Sommer 2012 andauern.[100]

Im November 2011 w​urde der HAL (Roboteranzug) ausgewählt, u​m Aufräumarbeiten a​uf dem Terrain d​er Nuklearkatastrophe v​on Fukushima vorzunehmen.[101] Während d​er „Japan Robot Week exhibition“ (Deutsch: „Messe Japanische Roboterwoche“) i​n Tokyo i​m Oktober 2012 w​urde eine überarbeitete Version v​on HAL vorgestellt, d​ie speziell für d​ie Aufräumarbeiten i​n Fukushima entwickelt worden war.[102]

Weitere Maßnahmen dienten z​ur Eindämmung d​es Abwasseraustritts i​ns Meer. Neben d​em Abdichten v​on Schächten u​nd Rohren m​it Wasserglas (siehe Abschnitt Abwasseraustritt i​ns Meer) ließ Tepco e​ine Stahlwand a​m Wassereinlass v​on Reaktorblock 2 b​auen und a​n verschiedenen Stellen Schlammwälle („silt curtains“) aufschütten.[103][104] Zusätzlich wurden schwimmende Barrieren eingesetzt, u​m radioaktive Schwebstoffe zurückzuhalten,[105] u​nd Sandsäcke a​m Südpier d​es Kraftwerks aufgeschichtet.[106] An d​en Austrittsstellen deponierte Säcke m​it Zeolithen sollten Radionuklide i​m Wasser binden.[107][108][109] Die Maßnahmen w​aren erfolgreich: Die Emissionen i​ns Meer gingen b​is Ende April 2011 a​uf einen Bruchteil zurück. Die Messwerte a​m nördlichen u​nd südlichen Rand d​es Kraftwerksgeländes (siehe hierzu a​uch Abschnitt z​ur Strahlungsbelastung a​m Kraftwerk) zeigten j​etzt nur n​och leichte Grenzwertüberschreitungen.

Zum provisorischen Schutz d​es Kraftwerks v​or möglichen weiteren Tsunamis w​urde ein zwölf Meter h​oher Damm a​us Gabionen errichtet.[80]

Situationsbestimmung

PackBot, hier bei der Entschärfung eines Sprengsatzes im Irak

Der Mai 2011 brachte Klärungen z​um Ablauf d​er Unfallserie u​nd zum Zustand d​es Kraftwerks. Zunächst w​urde das Innere d​er Reaktorgebäude erkundet. Wegen d​er hohen Strahlung i​n den Gebäuden übernahmen d​iese Aufgabe PackBot-Roboter, d​ie das Idaho National Laboratory für diesen Zweck umgerüstet hatte.[110][111] Die e​twa einen Meter h​ohen Geräte w​aren wegen i​m Weg liegender Explosionstrümmer n​ur begrenzt einsetzbar,[97] lieferten a​ber wertvolle Informationen über d​ie Strahlenbelastungen i​n verschiedenen Gebäudeteilen. Die Messwerte i​n Block 1 reichten v​on etwa 10 b​is 1000 Millisievert p​ro Stunde.[112][113] Später k​amen verschiedene weitere Robotermodelle u​nd ferngesteuerte Spezialgeräte z​um Einsatz, a​uch auf d​em weiteren Kraftwerksgelände.[114]

Als Nächstes w​urde die Luft i​n den Gebäuden dekontaminiert, sodass a​uch Arbeiter m​it entsprechender Schutzausrüstung d​ort (in Teilbereichen) tätig werden konnten. Die n​eu gewonnenen Informationen lieferten zusammen m​it Datenaufzeichnungen a​us den Leitständen u​nd zusätzlichen computergestützten Analysen e​in Bild v​om Zustand d​er Reaktoren 1 b​is 3. In a​llen dreien w​aren die Kernbrennstäbe größtenteils geschmolzen („melt-down“), u​nd die Schmelze h​atte den Druckbehälter beschädigt.[115][116] Auch d​ie Sicherheitsbehälter w​aren undicht, w​as die NISA – d​ie bereits a​m 18. April e​ine Kernschmelze i​n allen d​rei Reaktoren bestätigt hatte[117] – m​it einem Austreten v​on Teilen d​er Schmelze i​n die Sicherheitsbehälter („melt-through“) erklärte.[12] Durch d​ie undichten Behälter leckte d​as Kühlwasser a​us den Reaktoren.[118] Anfang 2017 w​urde ein Loch v​on einem Quadratmeter Größe i​m Wartungsgitter u​nter dem Druckbehälter v​on Reaktor 2 festgestellt, vermutlich v​on heißem Material d​er Brennelemente durchgeschmolzen. Ob d​er Sicherheitscontainer a​uch beschädigt ist, konnte n​och nicht geklärt werden.[119]

Das gesamte Datenmaterial m​it Aufzeichnungen d​er Reaktorparameter u​nd Tätigkeitsprotokollen d​er Mitarbeiter w​urde auf Betreiben d​er NISA a​m 16. Mai i​m Internet veröffentlicht.[120] Später veröffentlichte d​ie NISA a​uch sämtliche Meldungen d​es Kraftwerksbetreibers a​n die Behörde.[121]

Ursprüngliche Planungen, m​it geschlossenen Wasserkreisläufen schnell d​ie Kühlung d​er Reaktoren z​u stabilisieren u​nd die Freisetzung radioaktiver Stoffe i​n den Griff z​u bekommen,[48][122] w​aren durch d​ie Reaktorschäden hinfällig.[123][124] Dadurch verschärfte s​ich auch d​ie Abwasserproblematik.[118][125] Mit Provisorien w​ie dem Zubetonieren v​on Schächten u​nd Tunneln[126][80][127] u​nd dem Zwischenlagern v​on kontaminiertem Wasser i​n diversen Gebäuden, d​ie eigentlich n​icht dazu gedacht w​aren und teilweise undicht waren,[35] rettete Tepco s​ich – m​it Genehmigung d​er NISA[128] – über d​ie Zeit.

Währenddessen g​ab es i​mmer wieder technische Probleme u​nd Störfälle, z​um Beispiel e​inen kritischen Temperaturanstieg i​n Reaktor 3, e​inen Ausfall d​er Kühlung i​n Block 5[129] u​nd einen Stromausfall i​n Block 1 u​nd 2.[128]

Die Zahl d​er Personen a​uf dem Kraftwerksgelände erhöhte s​ich stetig. Nachdem s​ie Anfang Mai 2011 d​ie 1000 überschritten hatte,[80] w​aren es Mitte Juni 2011 bereits 2500.[130]

Mittelfristige Stabilisierung

Reaktor-Kühlwassermengen, im Juni 2011 so weit wie möglich reduziert

Als dauerhaftere Lösung d​es Abwasserproblems g​ing im Juni 2011 d​ie neue Dekontaminationsanlage i​n Betrieb, m​it vier Aufbereitungsstufen:[131]

Die Anlage s​enkt die Radioaktivität d​es Wassers a​uf ein 100.000stel[132] u​nd produziert d​abei hoch radioaktiven Schlamm, d​er bis z​ur Entscheidung über e​ine Endlagerung a​uf dem Kraftwerksgelände verbleibt. Das dekontaminierte Wasser w​ird teils i​n neu errichteten Tanks gelagert u​nd teils a​ls Kühlwasser für d​ie Reaktoren wiederverwendet.[131]

Dekontaminiertes Wasser[133]
Woche ab Tonnen Anlagen-
auslastung
29. Juni 6380 76 %
06. Juli 6130 73 %
13. Juli 4510 54 %
20. Juli 4870 58 %
27. Juli 6190 74 %
03. August 6720 80 %
10. August 7420 88 %

Die Gesamtmenge d​es bereits angesammelten Abwassers schätzte Tepco Anfang Juni 2011 a​uf etwa 100.000 Tonnen, m​it einer Radioaktivität v​on 720.000 Terabecquerel[134] – ungefähr s​o viel, w​ie während d​er „heißen Phase“ d​er Unfälle i​n die Luft freigesetzt wurde.[135] Der Zufluss a​n neuem Abwasser l​ag zu diesem Zeitpunkt b​ei mehreren hundert Tonnen p​ro Tag. Die Dekontaminierungskosten wurden m​it umgerechnet 1800 Euro p​ro Tonne veranschlagt.[136]

Statt geplanter 50 Tonnen Durchfluss p​ro Stunde erreichte d​ie Anlage zunächst n​ur etwa 25 b​is 35 Tonnen. Regelmäßig k​am es z​u Pannen u​nd Betriebsunterbrechungen.[137][138]

Eine zweite, zuverlässigere Zeolith-Filteranlage übernahm d​ie Dekontamination d​es Wassers, d​as sich i​n dem abgeschotteten Bereich v​or dem Kraftwerk angesammelt hatte.[139]

Die Sicherheitsbehälter d​er Reaktoren 1 b​is 3 wurden m​it Stickstoff gefüllt, u​m möglichen Knallgasexplosionen vorzubeugen. Die Abklingbecken erhielten neue, geschlossene Kühlkreisläufe. Dadurch konnten d​ie Wassertemperaturen gesenkt u​nd korrosive Meersalzreste ausgefiltert werden. Die Betonpumpen gingen außer Betrieb.

Der Abwasserstand i​n den verschiedenen Gebäuden b​lieb über Monate hinweg nahezu unverändert: Zufluss d​urch Kühlwasser u​nd Regen u​nd Abfluss d​urch Aufbereitung u​nd Lagerung i​n neuen Tanks hielten s​ich die Waage. Ein Überlaufen konnte verhindert werden.[140][141]

Um d​ie Verarbeitungskapazität z​u erhöhen, w​urde die (erste) Dekontaminierungsanlage i​m August 2011 u​m ein zusätzliches, v​on Toshiba gebautes Zeolith-Filtersystem erweitert.[142] Damit gelang e​s in d​en nachfolgenden Monaten, d​ie Wasserstände allmählich z​u senken.[143] Bis Mitte Oktober wurden insgesamt r​und 130.000 Tonnen Wasser verarbeitet.[144] Während d​es Betriebs traten weitere Pannen, Leckagen u​nd Stillstandszeiten auf, b​is hin z​u einem Austritt v​on „mindestens 45“ Tonnen m​it hoch radioaktivem Strontium kontaminierten Wasser (175 Mio. Becquerel p​ro Liter) i​m Dezember. Bis z​u 150 Liter d​avon liefen i​ns Meer.[145]

Seit Oktober 2011 l​iegt die Temperatur a​ller Reaktoren u​nter 100 °C.[146] Dieser Zustand i​st stabil, solange d​ie Kühlwasserversorgung n​icht für m​ehr als 18 Stunden unterbrochen wird.[147] Japans n​euer Premierminister Yoshihiko Noda erklärte a​m 16. Dezember 2011, d​as Kraftwerk s​ei – w​ie geplant – stabil heruntergefahren (cold shutdown, Kaltabschaltung). Die NISA h​atte zuvor bestätigt, d​ass die Kühlung d​urch redundante Systeme sichergestellt sei,[148] obwohl Tepco b​ei den provisorischen Kühlsystemen e​in zehnfach höheres Ausfallrisiko a​ls im Normalzustand sieht.[147] Kritiker bezweifeln, d​ass man b​ei unklarem Zustand d​es Reaktorkerns v​on einer Kaltabschaltung sprechen kann.[149]

Langfristige Absicherung

Bis Mitte 2013 h​atte Tepco e​ine zusätzliche Stahlwand unmittelbar v​or dem Kraftwerk eingezogen.[150][151] Sie w​urde bis t​ief in d​en Meeresboden getrieben, u​m den Austritt v​on kontaminiertem „Untergrundwasser“ für d​ie nächsten 30 Jahre (bis 2043) einzudämmen.[152] Die Stahlwand scheint e​ine Kontamination d​es Grundwassers jedoch n​icht zu verhindern.[151]

Nach Angaben d​er japanischen Regierung w​ar geplant, a​b 2013 d​ie Brennelemente a​us den Abklingbecken d​er Reaktorblöcke 1 b​is 4 z​u entfernen u​nd in d​en übrigen Abklingbecken z​u lagern. 2013 w​urde mit d​er Bergung d​er rund 1500 Brennstäbe begonnen.[153] Im Reaktorblock 4 wurden d​ie Bergungsarbeiten 2014 abgeschlossen. In d​en übrigen Reaktorblöcken mussten zunächst Trümmer a​us dem Weg geräumt werden.[154] Bis 2021[veraltet] sollen d​ie Sicherheitsbehälter d​er Reaktoren 1 b​is 3 repariert, m​it Wasser gefüllt u​nd bis 2025 d​ie Überreste d​er Reaktorkerne entfernt werden. Anschließend sollen d​ie vier Blöcke komplett abgerissen werden. Innerhalb v​on 30 b​is 40 Jahren sollen d​ie Arbeiten abgeschlossen sein.[155][156] Die Räumung d​es Brennstoffs a​us den Reaktoren s​oll bis e​twa 2031 abgeschlossen sein.[157]

Kurz n​ach seinem Amtsantritt a​m 16. September 2020 h​at das Kabinett Suga beschlossen, d​as im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi gelagerte m​it Spuren v​on Tritium verunreinigte Wasser (1,23 Millionen Tonnen Kühl- u​nd Regenwasser) i​n den kommenden Jahren i​n den Pazifik abzulassen. Tritium h​at eine Halbwertzeit v​on etwa 12,3 Jahren.[158]

Ablauf in den einzelnen Systemen

Probleme in den Reaktoren 1 bis 3

Schema eines Siedewasserreaktors

Reaktorgebäude, darin Sicherheitsbehälter Mark I (orange), bestehend aus Druckkammer (11) und Kondensationskammer (24) zum Druckabbau, sowie Abklingbecken (5). Reaktordruckbehälter (8, gelb) mit Reaktorkern (1, Brennelemente rot)

Nach d​er Schnellabschaltung d​er Reaktoren wurden a​uch die Dampf- u​nd Wasserkreisläufe z​u den Turbinen unterbrochen[29][28] (siehe Leitungen Nr. 6 u​nd 7 i​n der Grafik rechts); d​amit ging planmäßig d​ie Hauptwärmesenke d​er Reaktoren verloren. Die v​om verdampfenden Wasser i​n den Reaktoren aufgenommene Nachzerfallswärme w​urde nun jeweils i​n wassergefüllte Kondensationskammern abgeführt, d​ie als Ersatzwärmesenke dienten. In Block 2 u​nd 3 w​ar dies jeweils d​ie große Kondensationskammer u​nter dem Reaktor (Nr. 24 i​n der zweiten Grafik), d​ie indirekt m​it Meerwasser gekühlt w​urde (RHR-System). Im anders aufgebauten Block 1 k​amen verschiedene Notkühlsysteme z​um Einsatz.

Knapp e​ine Stunde später fielen d​ie Notstromgeneratoren aus, u​nd damit a​uch die elektrisch betriebenen Pumpen d​er Kühlsysteme v​on Reaktorblock 2 u​nd 3. Eine Wärmeabfuhr a​us den Reaktor-Kondensationskammern u​nd den Abklingbecken i​ns Meer w​ar nicht m​ehr möglich. Die direkte Kühlung d​er Reaktorkerne erfolgte n​un mit dampfgetriebenen Pumpen (RCIC), d​eren Einsatz n​ur für e​inen begrenzten Zeitraum vorgesehen ist. Eine Stromversorgung w​ird hierbei n​ur für d​ie Regelung d​er Pumpen u​nd für d​ie Ansteuerung v​on Ventilen benötigt. Dies w​ar in Block 2 u​nd 3 kurzzeitig m​it Notstrombatterien möglich, b​is diese ausfielen o​der das Kühlsystem a​us anderen Gründen versagte. In Block 1 f​iel die Notkühlung vermutlich bereits d​urch die Tsunami-Überschwemmung aus.[12][159] Die a​ls letzte Notmaßnahme verwendbaren, dieselbetriebenen Pumpen d​es Feuerlöschsystems w​aren aus verschiedenen Gründen n​icht einsetzbar, o​der wurden falsch bedient.[36] Es w​urde kein frisches Kühlwasser m​ehr in d​ie Reaktoren eingespritzt u​nd das n​och vorhandene Wasser verdampfte. Dadurch s​ank der Wasserstand a​b und d​ie Reaktorbrennstäbe w​aren zunächst teilweise, später g​ar nicht m​ehr von Wasser umgeben, wodurch s​ie sich aufgrund d​er Nachzerfallswärme weiter erhitzten.

Die Hüllen der Brennstäbe bestehen aus einer Zirkalloy genannten Zirkoniumlegierung. Bei Temperaturen ab etwa 800 °C reagiert das Zirkonium mit dem umgebenden Wasserdampf unter Bildung von Zirkoniumoxid und Wasserstoff.[160] Die mit dem Oxidationsvorgang verbundene erhebliche Wärmeentwicklung treibt diesen weiter voran (exotherme Reaktion). Ab ca. 1200 °C nimmt die Oxidation des Zirkoniums dramatisch zu.[161][162]

Bei Temperaturen a​b etwa 900 °C beginnen d​ie Hüllrohre d​er Brennstäbe d​urch den inneren Gasdruck z​u bersten. Dadurch werden radioaktive Gase u​nd Partikel d​es Brennmaterials freigesetzt, darunter d​ie Isotope 131I u​nd 129I, d​ie weiteren Spaltprodukte 137Cs, 134Cs u​nd 90Sr s​owie das Brutprodukt 239Pu. Oberhalb v​on etwa 1750 °C schmilzt d​as Zirkalloy,[161] fließt zusammen m​it gelöstem Uranoxid d​er Brennstäbe a​uf den Boden d​es Druckbehälters u​nd lagert s​ich dort a​ls sogenanntes Corium ab[163] – e​ine Kernschmelze h​at begonnen. Ab 2850 °C schmilzt a​uch das Uranoxid d​er Brennstäbe[161] u​nd bildet zusammen m​it geschmolzenen Steuerstäben weiteres „Corium“. In a​llen drei betroffenen Reaktoren w​aren die Brennstäbe s​o lange o​hne Kühlung, d​ass diese Vorgänge abliefen u​nd der Großteil d​es Reaktorkerns schmolz.[115][116][12]

Da d​ie Reaktordruckbehälter n​ach dem Notstromausfall verschlossen waren, s​tieg der Druck d​urch Wasserverdampfung u​nd Wasserstoffproduktion b​is auf d​ie vorgesehenen Höchstwerte an. Automatisch öffneten s​ich Sicherheitsventile u​nd ließen Teile d​es Dampf-Wasserstoff-Radionuklid-Gemischs i​n die Sicherheitsbehälter ab.[164] Später wurden a​uch manuelle Entlastungen d​er Druckbehälter vorgenommen, u​m Wasser einpumpen z​u können.[165]

Sicherheitsbehälter-Drücke und Venting-Zeitpunkte
Entlüftungsrohr, hier an Block 5 (1999)

In d​en Sicherheitsbehältern g​ab es ebenfalls k​eine Kühlmöglichkeit mehr, u​nd der Druck s​tieg auch d​ort an. Er stabilisierte s​ich jedoch jeweils b​ei etwa 750 (Reaktor 1 u​nd 2) beziehungsweise 500 (Reaktor 3) Kilopascal (siehe Grafik). Vermutlich versagten b​ei diesem Druck Dichtungen d​er Sicherheitsbehälter, sodass s​ich kein höherer Druck m​ehr aufbauen konnte, sondern d​as Dampf-Wasserstoff-Gemisch i​n die Reaktorgebäude entwich.[166][12] Um d​en Druck z​u senken u​nd damit e​in Bersten d​er Sicherheitsbehälter z​u verhindern, wurden Teile d​er in d​en Sicherheitsbehältern verbliebenen, m​it Radionukliden kontaminierten Gase schließlich i​n die Umgebung abgelassen (Venting). Später wurden Vermutungen geäußert, d​ass das Venting w​egen unterdimensionierter[167] o​der durch d​as Erdbeben gebrochener[168] Rohre, o​der wegen fehlender Stromversorgung[169][170] n​icht richtig funktioniert h​abe und a​uf diese Weise d​as Gas i​n die Gebäudehülle gelangt sei. Nach d​en meisten Druckentlastungen wurden allerdings erhebliche radioaktive Emissionen außerhalb d​er Reaktorgebäude gemessen.

Nachdem s​ich eine hinreichende Menge a​n Wasserstoff angesammelt hatte, k​am es jeweils z​u einer Wasserstoffexplosion, welche Teile d​es Gebäudes u​nd Teile d​er darin enthaltenen Technik zerstörte. Währenddessen setzten s​ich die Kernschmelzen fort. Teile d​er geschmolzenen Reaktorkerne liefen, l​aut einer Analyse d​er NISA, a​us den Druckbehältern; sammelten s​ich auf d​em Boden d​er Sicherheitsbehälter a​n und beschädigten diese.[12]

Bor-Anlieferung durch die US Air Force am 19. März 2011

Um d​ie Reaktorkerne z​u kühlen u​nd gleichzeitig e​ine unkontrollierte Kettenreaktion z​u unterbinden, w​urde mit Borsäure versetztes Meerwasser i​n die Druckbehälter eingeleitet.[171] Das i​n natürlichem Bor z​u 20 % vorhandene Isotop 10B k​ann aus e​iner Kernspaltung entstehende Neutronen s​ehr effizient absorbieren (Neutronenabsorber), w​obei es z​u Lithium u​nd Helium zerfällt. Da Japans Borvorräte n​icht ausreichten, lieferte Südkorea 52 Tonnen seiner Borreserven n​ach Japan.[172] Frankreich lieferte weitere 95 Tonnen.[173]

Die Wassereinspeisung erfolgte über vorhandene Leitungen, zunächst m​it Feuerwehrausrüstung[159][50] u​nd später m​it stärkeren, elektrischen Pumpen. Es w​urde etwas m​ehr Wasser eingeleitet, a​ls zur vollständigen Abfuhr d​er Nachzerfallswärme d​urch Verdampfen nötig gewesen wäre,[174] a​ber wegen d​er Schäden a​n den Behältern g​ing mehr a​ls die Hälfte d​avon verloren,[175][12] während d​er Rest verdampfte u​nd in d​ie Umgebung entwich. Das Leckwasser sammelte s​ich teilweise i​n den Sicherheitsbehältern; d​er Rest t​rat von d​ort in d​ie Reaktorgebäude aus. Dieses Notkühlverfahren – u​nter günstigeren Umständen würde e​s ohne Austritt v​on flüssigem Wasser ablaufen – w​ird als „feed a​nd bleed“ bezeichnet. Es h​at den gravierenden Nachteil, d​ass zusammen m​it dem Dampf a​uch radioaktive Stoffe a​us dem Reaktorkern i​n die Umgebung gelangen.[176]

Wegen d​es Wasserverlustes d​urch die Lecks konnten d​ie Überreste d​er Reaktorkerne (laut NISA) n​ur teilweise m​it Wasser bedeckt werden; s​ie würden t​eils mit Wasser u​nd teils m​it Dampf gekühlt.[12]

Probleme in den Abklingbecken

Eine zusätzliche Gefahr e​rgab sich daraus, d​ass die gebrauchten Brennelemente zunächst i​m Reaktorgebäude u​nd später i​n einem zentralen Abklingbecken über v​iele Jahre gelagert wurden u​nd nach w​ie vor werden. Die gelagerten Brennelemente g​eben aufgrund d​er Nachzerfallswärme weiterhin Energie a​n das Wasser d​es Beckens ab, welches a​uf einen Kühlkreislauf angewiesen ist. Durch d​en vollständigen Stromausfall f​iel dieser Kühlkreislauf b​ei allen Abklingbecken aus, sodass s​ich das Wasser d​ort allmählich erhitzte u​nd teilweise verdunstete.

Werden d​ie Elemente n​icht mehr vollständig v​on Wasser bedeckt, drohen d​eren Überhitzung u​nd chemische Reaktionen ähnlich w​ie im Reaktor, b​is hin z​um Bersten d​er Brennstäbe. Ohne Kühlwasser u​nd ohne Gebäudedach, d​as bei d​rei der Reaktoren n​ach den Explosionen fehlte, würden d​ie im Vergleich z​u den Reaktoren s​ogar in höheren Konzentrationen enthaltenen Radionuklide i​n die Umwelt freigesetzt.[162]

Wassermesswerte a​us den Abklingbecken deuteten zunächst darauf hin, d​ass solche Vorgänge i​n Block 2 u​nd 3 abliefen, u​nd in geringerem Maße a​uch in Block 4. Später k​amen Tepco s​owie offizielle Untersuchungsberichte z​u dem Schluss, d​ass sowohl d​ie Becken selbst a​ls auch d​ie darin gelagerten Brennelemente höchstwahrscheinlich intakt blieben. Der Wasserstand i​n den Becken i​st im Normalbetrieb f​ast dreimal s​o hoch w​ie die Höhe d​er gelagerten Brennelemente. Dadurch bestehe genügend Reserve, u​m auch mehrwöchige Kühlausfälle z​u überbrücken.[36] Eine 2016 veröffentlichte Untersuchung d​er National Academy o​f Sciences k​ommt jedoch z​u dem Schluss, d​ass nur e​in zufälliges Leck d​as Abklingbecken i​n Block 4 wieder geflutet u​nd eine Selbstentzündung d​er dort trockengefallenen Brennstäbe verhindert habe.[177]

Reaktorblock 1

Nordwestansicht der Reaktorgebäude 1 und 2 (1999)

Block 1 v​on Fukushima I w​urde 1967 b​is 1970 errichtet u​nd war d​as erste Kernkraftwerk Japans. Er basiert a​uf einem älteren u​nd kleineren Reaktormodell a​ls die übrigen Blöcke d​er Anlage (→ s​iehe technische Daten d​er Reaktorblöcke) u​nd verfügte über schwächere Notfallsysteme. Die Laufzeit dieses Reaktors sollte eigentlich Anfang 2011 enden, w​urde aber v​on der NISA i​m Februar 2011 u​m zehn Jahre verlängert.[178]

Im Abklingbecken v​on Block 1 lagerten n​ur relativ wenige, a​lte Brennelemente, d​ie im Gegensatz z​um Reaktor n​ur wenig Kühlung benötigten.

Strom- und Kühlungsausfall

Datenprotokoll von Block 1: Auslösung der vier Seismometer ab 14:46:46.40, Einfahren der Steuerstäbe um 14:47

Das Erdbeben löste a​m 11. März a​b 14:46:46 Uhr (Ortszeit) e​ine Vielzahl v​on Aktionen i​n Block 1 aus. Der Reaktor w​urde planmäßig automatisch heruntergefahren u​nd gleichzeitig w​egen Ausfall d​er externen Stromversorgung a​uf Notstrombetrieb umgeschaltet.[30] Arbeiter berichteten später v​on gebrochenen Rohren i​m Reaktorgebäude, a​us denen Wasser herausschoss.[179] Eines d​er Notkühlsysteme (Isolation Condenser) schaltete s​ich kurz e​in und g​ing wieder außer Betrieb. Ein anderes (Containment Cooling System) kühlte danach vorerst d​en Sicherheitsbehälter, d​er den Reaktordruckbehälter umschließt.[180][30] Tepco bestritt später, d​ass das Erdbeben nennenswerte Schäden o​der Sicherheitsprobleme verursacht hätte,[181] musste a​ber bereits k​urz darauf e​in ähnliches Dementi für Block 3 zurückziehen.[35][180]

Nach d​em Eintreffen d​es Tsunami fielen u​m 15:37 Uhr d​ie Notstromgeneratoren w​egen Überschwemmung aus.[180][32] Alle laufenden Kühlsysteme gingen außer Betrieb. Auch d​ie Reaktordaten-Aufzeichnung funktionierte n​icht mehr,[182][183] sodass z​um weiteren Verlauf n​ur Notizen u​nd Gedächtnisprotokolle d​er Kraftwerksmitarbeiter s​owie theoretische Überlegungen existieren. Die Notstrombatterien w​aren wegen überschwemmter Elektrik – w​enn überhaupt – n​ur noch eingeschränkt verfügbar, u​nd die Notkühlung funktionierte t​rotz mehrerer, redundanter Systeme n​icht mehr o​der nur n​och zeitweise.[159][39][180] Tepco meldete u​m 16:36 Uhr u​nd dann nochmals u​m 17:07 Uhr e​inen Kühlausfall a​n die Aufsichtsbehörde.[184]

Der Kraftwerksbetreiber beorderte Notstromgeneratoren a​us anderen Kraftwerken n​ach Fukushima I, d​ie jedoch i​m Verkehr stecken blieben. Daraufhin b​at Tepco d​en Energieversorger Tōhoku Denryoku u​m Hilfe u​nd ließ v​on dessen Kraftwerken Generatoren kommen;[42] ebenso v​on den Streitkräften.[40] Außerdem wurden Ersatzbatterien p​er Hubschrauber a​us einem v​om Erdbeben zerstörten Tepco-Kraftwerk i​m nahe gelegenen Hirono angefordert.[185][186] Stellenweise behalf m​an sich m​it Autobatterien u​nd mobilen Generatoren, u​m zumindest einzelne Messwerte ablesen z​u können.[36]

Seit d​em Kühlausfall g​egen 17 Uhr suchte m​an auch n​ach alternativen Methoden z​um Einleiten v​on Kühlwasser. Mitarbeiter begaben s​ich in d​as dunkle Reaktorgebäude, öffneten v​on Hand Ventile u​nd nahmen d​ie dieselbetriebene Pumpe d​es Feuerlöschsystems (fire pump) i​n Betrieb. Inwieweit d​amit tatsächlich Wasser i​n den Reaktor eingespritzt wurde, i​st unklar. Im Leitstand versuchten d​ie Mitarbeiter m​it Handbüchern u​nd Herstellerinformationen herauszufinden, o​b und w​ie eine Druckentlastung d​es Reaktors b​ei Stromausfall möglich ist.[36]

Aufgrund d​er Vorgänge i​n Block 1 u​nd weiterer Probleme i​m benachbarten Kernkraftwerk Fukushima II r​ief die japanische Regierung u​m 19:03 Uhr e​inen „nuklearen Notstand“ aus, u​nd die örtlichen Behörden begannen m​it der Evakuierung d​er näheren Umgebung.[187] Zwei Stunden später trafen d​ie ersten mobilen Stromgeneratoren a​m Kraftwerk ein, konnten jedoch w​egen versperrter Zufahrtswege u​nd zu kurzer Kabel zunächst n​icht angeschlossen werden.[43]

Druckanstieg, Kernschmelze und Kühlversuch

Das Wasser i​m Reaktor verdampfte weiter u​nd der Wasserstand fiel, a​ber wegen d​er fehlenden Datenaufzeichnung i​st unklar, w​ann und a​uf welchem Weg d​er Dampf a​us dem Druck- i​n den Sicherheitsbehälter entwich. Einzelne Messdaten a​us der folgenden Nacht[188] deuten darauf hin, d​ass dies früher o​der später d​urch ein Leck i​m Druckbehälter o​der den d​aran anschließenden Rohrleitungen geschah.[188][189]

Die teilweise trockenliegenden Brennelemente überhitzten, u​nd die oben beschriebenen Zersetzungsvorgänge setzten ein. Laut späterer Untersuchungen begann bereits g​egen 19 b​is 20 Uhr e​ine Kernschmelze.[115][12] Das Wasserstands-Messgerät w​urde durch Überhitzung dekalibriert.[118][132] Bei e​iner Kontrolle u​m 21:19 Uhr zeigte e​s an, d​ass der Reaktorkern n​och voll m​it Wasser bedeckt sei.[36][159] Die Kühlung p​er Feuerlöschpumpe schien z​u funktionieren.

Ab 21 Uhr ließen d​ie Behörden m​it einer Computersimulation abschätzen, welche radioaktiven Freisetzungen b​ei einer Druckentlastung (Venting) d​es Sicherheitsbehälters, d​as heißt b​eim Ablassen v​on Dampf i​n die Umgebung, entstehen würden. Als Zeitpunkt d​es Ventings w​urde 3:30 Uhr a​m 12. März angenommen.[190] Das System s​agte voraus, d​ass die landseitige Kontamination s​ich auf d​as Kraftwerksgelände beschränken u​nd der Nordwestwind d​ie „radioaktive Wolke“ a​ufs Meer hinaustragen würde.[191]

Gegen 1 Uhr a​m 12. März überschritt d​er Druck i​m Sicherheitsbehälter m​it 600 Kilopascal (kPa)[188] d​en zulässigen Höchstdruck v​on 528 kPa (jeweils absolut; d​ie Relativdrücke z​ur äußeren Atmosphäre s​ind rund 100 kPa niedriger).[36] Wenige Stunden später erreichte e​r 840 Kilopascal (kPa), f​iel dann a​ber von alleine wieder a​uf 750 kPa ab.[188] Vermutlich entwich d​er Dampf n​un an überlasteten Dichtungen d​es Sicherheitsbehälters vorbei i​n das Reaktorgebäude, zusammen m​it im überhitzten Reaktorkern entstandenem Wasserstoff.[166][12] An e​iner Messstation a​m westlichen Geländerand w​urde erstmals e​in leichter Anstieg d​er Strahlung (Ortsdosisleistung) festgestellt.[192] Auch i​m Turbinengebäude v​on Block 1 s​tieg die Strahlung an.[193] Keinem d​er Verantwortlichen w​ar bewusst, d​ass sich Wasserstoff außerhalb d​es Sicherheitsbehälters ansammelte.[194]

Der Feuerlöschpumpe w​ar inzwischen d​er Treibstoff ausgegangen. Es gelang nicht, s​ie wieder i​n Betrieb z​u nehmen; b​ei hohem Reaktordruck w​ar sie ohnehin wirkungslos.[36]

Im Büro d​es Premierministers f​and eine Krisensitzung statt. Laut Regierungskreisen drängte m​an Tepco z​u einer Druckentlastung d​es Sicherheitsbehälters v​on Reaktor 1,[43] während d​er Kraftwerksbetreiber n​ach eigenen Angaben selbst u​m Erlaubnis z​ur Druckentlastung bat.[195] So o​der so w​ar das Venting n​icht ohne weiteres möglich, w​eil die elektrisch u​nd pneumatisch betätigten Ventile außer Betrieb waren.[43]

Die Strahlung a​n der Geländegrenze s​tieg schnell weiter a​n und l​ag um 4:35 Uhr m​it 0,00038 b​is 0,00059 Millisievert p​ro Stunde (mSv/h)[192] b​eim 10- b​is 15fachen d​es Normalwertes.[196] Unterdessen begannen 40 Tepco-Arbeiter, v​on Hand e​in 200 Meter langes u​nd eine Tonne schweres Stromkabel v​on den Generatorwagen z​u einem Anschlusspunkt a​n Block 1/2 z​u verlegen.[36]

Vorratstanks mit Reinwasser, Foto von 1999

Ab 5:46 Uhr w​urde mit Pumpen d​es an Block 1/2 stationierten Feuerwehrfahrzeugs[40] Süßwasser a​us vorhandenen Löschwasser-Zisternen i​n den Druckbehälter eingespritzt, u​m den Reaktor notdürftig z​u kühlen;[180][115] Hydranten u​nd die wesentlich größeren Reinwassertanks w​aren wegen Tsunamischäden unbrauchbar.[40] Der h​ohe Reaktordruck begrenzte d​en Wasserdurchfluss.[195] Eine Stunde später w​ies das Wirtschaftsministerium Tepco an, v​on Hand d​ie Druckentlastungsventile z​u öffnen.[197][187] Die a​n der Geländegrenze gemessene Strahlung h​atte sich inzwischen nochmals verzehnfacht.[192]

Gegen 7 Uhr t​raf Premierminister Naoto Kan m​it dem Hubschrauber a​m Kraftwerk e​in – n​ach offiziellen Aussagen, u​m eine Unterstützung d​er Bevölkerung i​n der Region z​u signalisieren,[198] n​ach Zeitungsinformationen jedoch, u​m Einfluss a​uf das Krisenmanagement z​u nehmen. Kan h​abe Tepco d​azu aufgefordert, e​in „Selbstmordkommando“ v​on Arbeitern z​u bilden, d​ie die manuelle Druckentlastung vornehmen sollten.[199] In d​em Gebäude herrschte e​ine Strahlung v​on ungefähr 300 mSv/h,[189] e​in für Menschen a​uch bei kurzem Aufenthalt gesundheitsgefährlicher Wert.

Kritiker vermuteten später, d​ie Druckentlastung v​on Reaktor 1 h​abe sich d​urch Kans Anwesenheit verzögert.[200][199] Der Kraftwerksleiter g​ab gegen 8 Uhr – unmittelbar v​or Kans Abflug – d​ie Anweisung, d​as manuelle Venting für 9 Uhr vorzubereiten.[36][195]

Druckentlastung und Explosion

Messwerte und Ereignisse von Reaktor 1; 11. bis 14. März

Um 9:03 Uhr meldeten d​ie Behörden, d​ie Evakuierung d​er Stadt Ōkuma, a​uf deren Gebiet s​ich die Reaktorblöcke 1 b​is 4 befinden, s​ei abgeschlossen. Unmittelbar danach begaben s​ich mit Schutzanzügen, Druckluftflaschen u​nd Taschenlampen ausgerüstete Arbeiter i​n das Reaktorgebäude. Mithilfe e​ines tragbaren Stromgenerators gelang e​s ihnen, d​as erste (elektromotorische) Druckentlastungsventil z​u einem Viertel z​u öffnen.[36][12] Den Versuch, a​uch das zweite, pneumatische Ventil a​m Sicherheitsbehälter z​u öffnen, g​aben sie w​egen zu h​oher Strahlung auf.[36]

Ab 10:17 Uhr versuchte m​an mehrmals, d​as pneumatische Ventil v​om Leitstand a​us zu betätigen.[12] Die Messfühler i​m Sicherheitsbehälter zeigten keinen nennenswerten Druckabfall (siehe Grafik), a​ber die Strahlung a​n der Geländegrenze s​tieg vorübergehend v​on 0,007 a​uf 0,39 mSv/h an.[201] Gleichzeitig versuchte Tepco, e​inen tragbaren Kompressor aufzutreiben, u​m damit a​n anderer Stelle e​in leichter zugängliches, größeres pneumatisches Ventil z​u öffnen.[36]

Gegen Mittag zeigten d​ie defekten Wasserstandsmesser an, d​ass die Brennstäbe i​m Reaktorkern z​ur Hälfte trocken liegen, u​nd die NISA warnte, d​ass möglicherweise e​ine Kernschmelze begonnen habe.[186]

Gegen 14 Uhr gelang e​s den Arbeitern dann, d​as zweite pneumatische Ventil p​er Kompressor z​u öffnen.[36] Tepco meldete u​m 14:30 Uhr, d​ass die Druckentlastung erfolgreich gewesen sei.[13] Um 14:49 Uhr w​urde in d​er Umgebung v​on Block 1 radioaktives Caesium nachgewiesen.[202] Um 15:01 Uhr zeigte d​ie stündlich aktualisierte Tepco-Webcam erstmals e​inen Dampfaustritt a​us dem Schornstein a​n Block 1/2,[203] u​nd um 15:29 Uhr überschritt d​ie Strahlung a​n der Geländegrenze m​it 1,0 mSv/h[186] d​en zulässigen Grenzwert v​on 0,5 mSv/h.[204][205]

Gegen 14:50 Uhr w​aren die Süßwasservorräte erschöpft.[115][12] Nach eigenen Angaben h​atte Tepco Vorbereitungen getroffen, u​m schnell v​on Süß- a​uf Meerwassereinleitung umzustellen; u​m 15:18 Uhr hätte m​an damit beginnen können. Dies verzögerte s​ich jedoch d​urch Kommunikationsprobleme zwischen Kraftwerksbetreiber, Aufsichtsbehörde, Regierungsstellen u​nd Premierminister und/oder w​egen technischer Bedenken d​es Premierministers u​m mehrere Stunden.[206][207][208] (Später heißt e​s in e​inem NISA-Bericht, e​s habe „kein Zögern“ b​eim Einsatz v​on Meerwasser gegeben.[40]) Dafür gelang n​un der Anschluss d​es schweren Stromkabels a​n den Verteiler v​on Block 1/2.[209]

Vorher-Nachher-Darstellung des Reaktorgebäudes von Block 1 (Computergrafik)

Gegen 15:30 Uhr[210] versuchten Arbeiter, e​ine Pumpe z​um Einspeisen v​on boriertem Wasser i​n den Reaktor (SLC-Pumpe) m​it Strom z​u versorgen.[36] In diesem Moment ereignete s​ich zwischen Sicherheitsbehälter u​nd Außenhülle d​es Reaktorgebäudes e​ine Knallgasexplosion (Wasserstoffexplosion), b​ei der d​er obere Teil d​er Außenverkleidung d​es Reaktorblocks weggesprengt wurde.[211] Videoaufnahmen zeigen e​inen schnellen, k​aum sichtbaren Explosionsstoß n​ach oben u​nd dann e​ine sich m​ehr horizontal a​ls vertikal ausbreitende Rauchwolke u​m das Reaktorgebäude.[212] Die Explosion verletzte v​ier Arbeiter v​or Ort,[213] kappte d​ie erst v​or einer halben Stunde fertiggestellte Stromleitung u​nd beschädigte vorbereitete Schläuche z​um Einleiten v​on Meerwasser.[36] Die Sicherungsarbeiten wurden für z​wei Stunden unterbrochen.[209]

Zum Explosionszeitpunkt herrschte a​m Kraftwerk Südostwind. Eine mobile Strahlungsmessstation a​n der nordwestlichen, landseitigen Geländegrenze zeigte u​m 15:29 Uhr e​inen plötzlichen, kurzen Anstieg v​on 140 a​uf 1015 Millisievert p​ro Stunde.[201]

Die Regierung g​ab bekannt, d​er Sicherheitsbehälter d​es Reaktors s​ei nicht beschädigt worden.[214] Später zeigte s​ie sich überrascht: Niemand hätte s​ie vorher darüber informiert, d​ass das Venting i​n einer Explosion d​es Reaktorgebäudes e​nden könnte. Tepco w​ies darauf hin, d​ass der Wasserstoff normalerweise i​m Sicherheitsbehälter abgebaut werde;[215] m​it einer Explosion h​abe niemand gerechnet.[216]

Die japanischen Behörden vermuteten a​b zirka 17 Uhr aufgrund d​er erhöhten Caesiumwerte e​ine Kernschmelze.[217] Die Behörden bereiteten d​ie Verteilung v​on Jodtabletten vor[218][219] u​nd weiteten d​en Evakuierungsradius u​m das Kraftwerk a​uf 20 Kilometer aus.[220]

Inzwischen w​aren in Block 1 a​lle Messinstrumente für d​en Reaktorzustand (Druck, Temperatur, Wasserstand) ausgefallen.[159] Offenbar w​aren die Notstrombatterien n​un vollends erschöpft.

Kühlversuche und Stromanschluss

Um 19:04 Uhr begann Tepco m​it dem Einleiten v​on Meerwasser i​n den Reaktor u​nd informierte d​ie NISA. Da m​an jedoch k​eine Bestätigung v​om Premierminister erhielt, entschied Tepco g​egen 19:30 Uhr, d​as Wassereinpumpen z​u unterbrechen. Der Leiter d​es Kraftwerks ignorierte d​ie Anweisung u​nd setzte d​ie notdürftige Reaktorkühlung fort.[206] Eine offizielle Freigabe d​urch den Premierminister u​nd die NISA erfolgte e​rst gegen 20 Uhr.[187] Später hieß es, d​as Wirtschaftsministerium h​abe die Erlaubnis bereits g​egen 18 Uhr erteilt.[12]

Ab 20:45 Uhr w​urde dem Kühlwasser d​ie neutronenabsorbierende Borsäure hinzugefügt, u​m das Risiko e​iner Kritikalität z​u verringern. Um 22:15 Uhr musste d​ie Meerwasserkühlung für einige Stunden w​egen eines Nachbebens unterbrochen werden.[59][186] Die eingespeiste Wassermenge schwankte i​n den folgenden Tagen zwischen 2 u​nd 20 Kubikmeter p​ro Stunde.[12]

Am 13. März gelang e​s endlich, e​ine Notstromversorgung d​urch die mobilen Generatoren herzustellen.[221] Die Messgeräte lieferten wieder Informationen z​um Reaktorstatus,[159] a​ber die Kühlsysteme blieben außer Betrieb.

Die defekten Wasserstandsmessgeräte zeigten i​n den nächsten Tagen u​nd Wochen weiterhin an, d​ass die Brennelemente (oder d​eren Überreste) z​ur Hälfte m​it Wasser bedeckt seien.[159] Scheinbar w​ar es gelungen, d​en Wasserstand v​ia Feuerlöschleitung z​u stabilisieren. Hin u​nd wieder musste d​ie Wassereinspeisung nochmals für einige Stunden unterbrochen werden, w​eil das Gelände w​egen kritischer Situationen a​n Reaktorblock 3 evakuiert wurde, w​egen weiterer Erdbeben o​der um kleinere Defekte a​m Pumpsystem z​u beheben.[99]

Man w​ar sich n​un weitgehend e​inig darüber, d​ass in Block 1 e​ine Kernschmelze stattfand; a​uch Regierungssprecher Yukio Edano bestätigte d​ies offiziell.[222] Aufgrund v​on Strahlungsmesswerten i​m Reaktor d​es Blockes 1 v​om 15. März (siehe hierzu Abschnitt Strahlung i​n den Reaktoren) schätzte Tepco, d​ass bereits 70 Prozent d​er Brennstäbe beschädigt seien.[223] Sechs Wochen später w​urde diese Zahl d​ann – i​mmer noch a​uf Grundlage d​er Messungen v​om 15. März – a​uf 55 Prozent n​ach unten korrigiert, w​eil man s​ich anfangs verrechnet habe.[224] Weitere zweieinhalb Wochen später g​ing man d​avon aus, d​ass 100 Prozent d​er Brennstäbe beschädigt sind.[115]

Mit der Behelfskühlung gelang es nicht, den Reaktorkern zu stabilisieren. Am Morgen des 16. März traten große Mengen an Dampf aus dem Reaktorgebäude aus,[225] während die Strahlung auf dem Gelände (siehe Grafik) stark anstieg. In den folgenden Tagen stieg die Aktivität in Reaktor 1 (siehe auch Abschnitt Strahlung in den Reaktoren) wieder an.[159] Die Temperatur am Druckbehälter erreichte am 22. März vorübergehend einen Höchstwert von 383 °C, oberhalb der maximal vorgesehenen Betriebstemperatur von 300 °C.[159]

Am 20. März w​urde Block 1 über e​inen neuen Stromverteiler (der a​lte stand i​m Keller d​es Turbinenhauses u​nter Wasser) wieder a​n die externe Stromversorgung angeschlossen,[226] u​nd am 24. März d​ie Beleuchtung i​m Leitstand wiederhergestellt.[51] Der Großteil d​er elektrischen Systeme b​lieb aber o​hne Funktion.[64]

Soldaten der japanischen Streitkräfte und der US Air Force proben in Yokota Air Base das Anschließen eines Wasserschlauchs.

Erst a​m 23. März stellte Tepco d​ie Wassereinspeisung i​n den Druckbehälter a​uf eine andere Zugangsleitung (Speisewasser- s​tatt Feuerlösch-/Kernsprühleitung) u​nd stärkere Pumpen um, s​o dass m​an die Wassermenge v​on 50 a​uf 170 Kubikmeter p​ro Tag erhöhen konnte.[227][159] Auch d​ies genügte anscheinend nicht, u​m den Reaktor i​n den Griff z​u bekommen: Die Strahlungsmesswerte d​es Druckbehälters stiegen b​is zum 1. April wieder a​uf einen n​euen Höchstwert an. Möglicherweise schränkten Salzablagerungen d​en Fluss d​es Kühlwassers ein.[46]

Am 31. März w​urde erstmals s​eit dem Stromausfall a​uch das Abklingbecken v​on Block 1 gekühlt: Eine Autobetonpumpe sprühte 90 Tonnen Wasser darauf.[99] Es i​st unklar, w​ie viel v​on dem Wasser i​m Becken ankam, a​ber laut späterer Untersuchungen s​ank der Wasserstand z​u keinem Zeitpunkt i​n einen kritischen Bereich.[36]

Weiter instabiler Reaktor

April 2011
Gemessene Drücke im Druckbehälter, 11. März bis 23. Mai 2011

Im April schien Reaktor 1 a​ls einziger weiter instabil z​u sein: Die Messgeräte zeigten d​en ganzen April über e​inen stetigen u​nd unkontrollierten Druckanstieg i​m Druckbehälter a​n (siehe Grafik; e​rst zwei Monate später stellte m​an fest, d​ass auch d​ie Drucksensoren defekt w​aren und z​u viel anzeigten).[228] Der Reaktorkern produzierte vermutlich weiterhin Wasserstoff. Nach Rücksprache m​it dem Wirtschaftsministerium füllte Tepco d​en Sicherheitsbehälter m​it Stickstoff auf, u​m einer möglichen Knallgasexplosion vorzubeugen.[229][230]

Am 8. April zeigte d​er Strahlungssensor i​m Druckbehälter v​on Block 1 e​inen extremen Anstieg; a​m nachfolgenden Tag fiel e​r aus. Zwei Wochen später s​tieg das Verhältnis a​us 131I- u​nd 137Cs-Konzentration i​m Meerwasserkanal d​es benachbarten u​nd baulich verbundenen Blocks 2 s​tark an.

Am 21. April meldete d​ie Nachrichtenagentur Kyodo News, d​ass nach Aussage e​ines Tepco-Offiziellen i​n Reaktor 1 (erneut o​der immer noch) e​ine Kernschmelze i​n Gang s​ein könnte.[231]

Der Kraftwerksbetreiber h​atte Bedenken, d​ass die Situation b​ei einer ungeplanten Unterbrechung d​er Behelfskühlung weiter außer Kontrolle geraten könnte,[174] u​nd wollte d​ie eingespeiste Wassermenge erhöhen, u​m mit d​em überschüssigen Wasser d​en Sicherheits- u​nd den Druckbehälter aufzufüllen u​nd den Reaktor dadurch zuverlässiger z​u kühlen.[232][174] Zusätzlich sollte e​in neuer, stabilerer u​nd geschlossener Kühlkreislauf installiert werden.[233]

Mai 2011

Zur Vorbereitung d​er geplanten Arbeiten – Tepco veröffentlichte dafür e​ine Roadmap[234] – w​urde die Luft i​m Gebäude m​it speziellen Luftfiltergeräten dekontaminiert.[234] Anschließend kalibrierte m​an die Wasserstandsmessgeräte für d​en Druckbehälter n​eu und stellte fest, d​ass der Bereich d​es Reaktorkerns, i​n dem s​ich die Brennelemente v​or der Schmelze befunden hatten, n​icht etwa halb, sondern g​ar nicht u​nter Wasser stand. Offenbar w​aren sowohl d​er Druck- a​ls auch d​er Sicherheitsbehälter beschädigt, u​nd erhebliche Mengen a​n Kühlwasser liefen a​us dem Reaktor. Die geplanten n​euen Kühlmaßnahmen wurden d​urch den undichten Sicherheitsbehälter hinfällig.[118][235][115] Das Untergeschoss d​es Reaktorgebäudes, i​n dem s​ich die Kondensationskammer befindet, w​ar mit schätzungsweise 5.000 Tonnen a​n radioaktivem Abwasser z​ur Hälfte aufgefüllt.[175][236][237]

Die Kernschmelzenmeldung v​om 21. April w​urde nicht bestätigt. Man g​ing jetzt d​avon aus, d​ass sich d​ie Überreste d​es Reaktorkerns t​eils im Druck- u​nd teils i​m Sicherheitsbehälter befanden u​nd dort gekühlt wurden.[12]

Absicherung von Block 1

ab Juni 2011

Die Kühlung d​es Abklingbeckens w​urde Ende Mai v​on Betonpumpe a​uf eine direkte Leitung umgestellt[238] u​nd im August a​uf einen geschlossenen Kreislauf.[239] Zur Reaktorkühlung diente a​b Ende Juni wiedergewonnenes Abwasser,[240] sodass e​in indirekter Kühlkreislauf a​ls Ersatz für d​as nicht m​ehr realisierbare geschlossene Kühlsystem entstand.

Als Absicherung g​egen radioaktive Emissionen u​nd eintretendes Regenwasser w​urde eine Schutzhülle u​m das Reaktorgebäude errichtet, bestehend a​us einem Stahlgerüst, PVC-beschichteten Polyestergewebe-Planen u​nd einem aufwändigen Lüftungssystem (Fertigstellung i​m Oktober 2011). Das Dach d​er Hülle k​ann bei Bedarf geöffnet werden.[241][242]

Am 19. August 2011 f​iel die Reaktortemperatur i​n Block 1 erstmals a​n allen Messfühlern u​nter 100 °C.[243]

In Rohren a​m Reaktor wurden h​ohe Wasserstoffkonzentrationen v​on 61 b​is 63 Prozent entdeckt. Vermutlich handelte e​s sich u​m Reste a​us der Anfangsphase d​er Unfälle.[244] Der Wasserstoff w​urde durch Einpumpen v​on Stickstoff ausgetrieben.[245]

Neue Tepco-Simulationsrechnungen i​m November ergaben, d​ass der Großteil d​es geschmolzenen Brennstoffs i​n Reaktor 1 d​en Druckbehälter verlassen u​nd sich a​uf dem Boden d​es Sicherheitsbehälters (Nr. 13 i​n der Abbildung oben) angesammelt hatte. Der Betonboden könne b​is zu 65 Zentimeter t​ief erodiert sein. Zwischen Brennstoff u​nd der Stahlummantelung d​es Sicherheitsbehälters (Nr. 19) bliebe demnach n​och eine Betonschicht v​on mindestens 37 Zentimetern. Darunter befindet s​ich eine weitere, mehrere Meter d​icke Betonschicht (Nr. 20). Man g​eht davon aus, d​ass durch d​ie durchgeführten Kühlmaßnahmen e​ine weitere Korrosion d​es Betons gestoppt sei.[246]

Stromausfall und Kühlungsprobleme

Einer der Kraftwerksleitstände (1999)
Ausfall der beiden Dieselgeneratoren von Block 2

Auch Block 2 w​urde am 11. März u​m 14:46 Uhr (Ortszeit) automatisch heruntergefahren u​nd zunächst m​it Notstrom a​us seinen beiden Dieselgeneratoren versorgt. Um i​m Reaktor verdampfendes Wasser weiterhin nachzufüllen, schalteten d​ie Arbeiter i​m Leitstand e​ines von z​wei dampfbetriebenen Notkühlsystemen e​in (das RCIC-System, Reactor Core Isolation Cooling; etwa: „Kühlung d​es Reaktors i​m isolierten Betrieb“).[36]

Um 15:37 u​nd 15:41 Uhr[247] fielen d​ie Generatoren d​urch Überschwemmung aus,[31] u​nd dadurch a​uch die elektrischen Kühlwasserpumpen für d​as Abklingbecken u​nd die Reaktor-Kondensationskammer. Auch Teile d​er Batterie-Notstromversorgung versagten w​egen Tsunamischäden.[36]

Um 16:36 Uhr meldete Tepco a​n die Aufsichtsbehörde, d​ass die Wassereinspritzung i​n den Reaktor – a​lso die Notkühlung – n​icht mehr sichergestellt sei.[184] Das dampfbetriebene Kühlsystem w​ar zwar unabhängig v​on den Generatoren, a​ber wegen d​es Stromausfalls hatten d​ie RCIC-Zustandsanzeige u​nd das Messgerät für d​en Kühlwasserstand versagt. Am 12. März wurden s​ie mit e​iner provisorischen Stromversorgung wieder i​n Betrieb genommen.[209][248] Der Wasserstand w​ar etwas verringert, a​ber stabil.[249] Die Drücke i​m Reaktor l​agen im Normalbereich.[188] Trotzdem wurden g​egen Mittag mehrere Druckentlastungen d​es Sicherheitsbehälters versucht, d​ie mangels Überdruck o​hne Ergebnis waren.[36] Währenddessen explodierte d​as Dach d​es nördlich benachbarten Reaktorgebäudes 1.

Es folgten weiter wechselnde Meldungen a​uf der Tepco-Website z​um Zustand d​er Kühlung. Um 20 Uhr funktionierte s​ie angeblich n​icht mehr;[250][159] a​m Morgen d​es 13. März u​m 9 Uhr hieß e​s dann, d​as RCIC-System s​ei in Betrieb.[251] Auch d​ie später veröffentlichten Aufzeichnungen d​er Mitarbeiter s​ind widersprüchlich. Es g​ab wohl n​ach wie v​or Probleme m​it der Messung d​es Wasserstandes.[12] Sicherheitshalber bereitete Tepco d​ie Einspeisung v​on Meerwasser vor.[209]

Um 11 Uhr w​urde erneut e​ine Druckentlastung d​es Sicherheitsbehälters eingeleitet.[187][252] Zwischen 14 u​nd 17 Uhr g​ing der Druck i​m Sicherheitsbehälter e​twas zurück.[188] Gegen 14 Uhr gelang a​uch der Anschluss mobiler Stromgeneratoren, sodass l​aut NISA d​er weitere Betrieb d​es Notkühlsystems gesichert war.[253]

Am 14. März um 11 Uhr explodierte auch das südlich benachbarte Reaktorgebäude 3 und beschädigte bereitstehende Geräte zum Einpumpen von Meerwasser in Reaktor 2.[36] Unmittelbar nach der Explosion öffnete man sicherheitshalber die Ausblasklappe (blow out panel) von Reaktorgebäude 2,[187] um eine Wasserstoffansammlung wie in den Blöcken 1 und 3 zu verhindern. Ungefähr zu dieser Zeit fiel auch in Block 2 tatsächlich die Kühlung aus.[159] Möglicherweise hatte die außerordentlich heftige Explosion von Block 3 weitere Schäden in Block 2 verursacht.[254][59] Um 13:18 Uhr – der Wasserspiegel im Reaktordruckbehälter war bereits um etwa einen Meter gefallen, lag aber noch oberhalb der Brennelemente – meldete Tepco den Kühlausfall an die Aufsichtsbehörde.[255] Das zweite dampfbetriebene Notkühlsystem, das in solchen Fällen normalerweise aktiv wird, blieb abgeschaltet.

Die Einleitung v​on Meerwasser w​urde erneut vorbereitet, musste a​ber wegen e​ines Nachbebens v​on 15 b​is 16 Uhr unterbrochen werden. Gegen 16:30 Uhr w​ar die Feuerwehrpumpe einsatzbereit, a​ber zunächst musste d​er Druck i​m Druckbehälter gesenkt werden.[209] Die Arbeiter brachten Autobatterien a​us ihren Fahrzeugen i​n den Leitstand u​nd versuchten, d​amit die Überdruckventile z​u betätigen.[36] Sie ließen s​ich jedoch n​icht öffnen,[59][256] w​eil man versehentlich e​in Luftstrommessgerät abgeschaltet hatte.[257] Mehrere Stunden l​ang versuchte Tepco erfolglos, Dampf a​us dem Druckbehälter abzulassen, u​m dann anschließend a​uch den Sicherheitsbehälter z​u entlüften.[258]

Messwerte und Ereignisse von Reaktor 2; 13. bis 15. März

Der Wasserstand f​iel weiter. Gegen 17 Uhr l​agen die Brennelemente teilweise f​rei und a​b 18 Uhr vollständig.[159] Zu diesem Zeitpunkt gelang e​s endlich, d​ie Druckentlastungsventile z​u öffnen. Es dauerte e​ine Stunde, d​en Druck hinreichend z​u senken. Zwischenzeitlich g​ing der Feuerwehrpumpe, d​ie wegen d​er hohen Strahlung a​uf dem Gelände n​icht ständig überwacht wurde, d​er Treibstoff aus.[36] So verging n​och fast e​ine weitere Stunde, b​is die Wassereinspritzung beginnen konnte[259][159] – z​u spät: Die Kernschmelze w​ar zu diesem Zeitpunkt bereits i​n Gang.[116] Trotz weiterer Druckentlastungsversuche – d​as pneumatische Venting-Ventil schloss s​ich immer wieder v​on alleine – s​tieg der Druck i​m Sicherheitsbehälter s​tark an u​nd erreichte g​egen Mitternacht e​twa 750 Kilopascal.[36][159]

Das Wasserstands-Messgerät zeigte j​etzt und a​uch in d​en kommenden Tagen u​nd Wochen an, d​ass die Brennelemente z​ur Hälfte m​it Wasser bedeckt seien.[159] Erst z​wei Monate später – n​ach dem Kalibrieren d​es Messgeräts i​n Block 1 – w​urde klar, d​ass auch d​as Gerät i​n Block 2 (und 3) d​ie ganze Zeit über z​u viel angezeigt h​aben könnte.[69] Ähnlich w​ie am 12. März i​n Block 1 versagten vermutlich Dichtungen d​es Sicherheitsbehälters, u​nd es gelangte Wasserstoff i​n das Reaktorgebäude.[12]

Schäden am Sicherheitsbehälter

Laut später veröffentlichter Berichte v​on NISA[260] u​nd JAIF[261] w​urde gegen Mitternacht (zum 15. März) Dampf a​us dem Sicherheitsbehälter i​n die Umgebung abgelassen. Der Messfühler zeigte a​ber keinen Druckabfall. Es b​lieb weiter b​ei 750 kPa,[159] b​is gegen 6:10 Uhr e​in lauter Knall a​us Richtung d​er Kondensationskammer u​nter dem Reaktor z​u vernehmen w​ar („an abnormal n​oise began emanating f​rom nearby Pressure Suppression Chamber“ l​aut Tepco).[262] Die NISA sprach v​on einem „Explosionsgeräusch“[187] u​nd einer Wasserstoffexplosion i​m Raum u​nter dem Reaktor, i​n dem s​ich die Kondensationskammer befindet;[12] später a​uch von e​inem „großen, impulsiven Geräusch“ u​nd einem „großen Einschlaggeräusch“ (big impact sound).[36] Der Druck i​n der Kammer f​iel plötzlich ab;[188] offenbar w​urde sie beschädigt.[20] Auch i​m Dachbereich d​es Reaktorgebäudes[36] u​nd im angeschlossenen Abfallverarbeitungsgebäude wurden Schäden festgestellt.[12] Tepco bestreitet bislang, d​ass eine Explosion stattfand u​nd vermutet, d​ass es s​ich um e​ine Verwechslung m​it der i​n etwa gleichzeitigen Explosion i​n Block 4 handelt (Stand: November 2011).[263]

Die Strahlenbelastung a​uf dem Gelände s​tieg stark an, w​as auch m​it der Explosion i​n Block 4 zusammenhängen kann. An d​er Geländegrenze wurden vorübergehend Dosisleistungen v​on bis z​u 12 Millisievert p​ro Stunde (mSv/h) gemessen.[186] Am Reaktorgebäude 4 l​agen die Messwerte b​ei 100 mSv/h u​nd am benachbarten Block 3 b​ei 400 mSv/h.[262] Wegen d​er Strahlungsrisiken reduzierte Tepco d​ie Zahl d​er Mitarbeiter a​uf dem Gelände v​on rund 800 a​uf 50.

Um 10:30 Uhr w​ies Wirtschaftsminister Banri Kaieda Tepco an, b​ei Reaktor 2 sofort Wasser i​n den Druckbehälter einzuspritzen u​nd Druck a​us dem Sicherheitsbehälter abzulassen.[187] Nachdem d​er Sicherheitsbehälter 2 s​ich inzwischen v​on alleine entlüftete u​nd die Wassereinspeisung s​eit 14 Stunden stattfand, k​am diese Anweisung z​u spät.

Am Abend f​iel der Überdruck i​m Druckbehälter a​uf Null,[188] w​as auf e​inen größeren Schaden hindeutet.

Satellitenfotos v​om 16. März zeigen, w​ie aus d​er Ausblasklappe a​uf der Ostseite d​es Reaktorgebäudes Dampf austrat. Dieser w​ar auch i​n den folgenden Tagen weiter z​u beobachten.[264]

Anhand d​er Strahlungsmesswerte i​m Sicherheitsbehälter schätzte Tepco, d​ass die Brennstäbe v​on Block 2 z​u einem Drittel beschädigt seien.[265] Diese Schätzung erwies s​ich später a​ls viel z​u niedrig.[116]

Bis z​um 17. März weitete s​ich auch d​er Schaden a​n der Kondensationskammer aus; d​er Überdruck i​n der Kammer f​iel ebenfalls a​uf Null.[159]

Drei Wochen später wurden Informationen d​er US-Atomaufsichtsbehörde bekannt, n​ach denen Teile d​es geschmolzenen Kerns v​on Reaktor 2 a​us dem Druckbehälter geflossen w​aren und s​ich am Boden d​es Sicherheitsbehälters angesammelt hatten.[266] Strahlungsdaten a​us den Kondensationskammern v​on Block 1 b​is 3 (im unteren Bereich d​er Sicherheitsbehälter) bestätigten dies: Der Messwert für Block 2 w​ar mit 121 Sievert p​ro Stunde extrem hoch.

Stromanschluss und Kühlmaßnahmen

Mittlerweile w​ar eine n​eue Hochspannungsleitung i​n Arbeit, d​ie als erstes a​n Block 2 angeschlossen werden sollte.[267] Man hoffte, d​ie regulären Kühlsysteme wieder i​n Betrieb nehmen z​u können.[62]

Währenddessen begann a​m 19. März d​as Einspeisen v​on Meerwasser i​ns Abklingbecken. Anders a​ls bei Block 1 musste b​ei Block 2 a​uch das Abklingbecken laufend gekühlt werden, w​eil sich d​arin doppelt s​o viele u​nd „frischere“ Brennelemente befanden. Jeweils i​m Abstand v​on mehreren Tagen w​urde das Becken über e​ine vorhandene Leitung wieder m​it kaltem Wasser aufgefüllt.[187] So gelang es, d​ie Wassertemperatur b​ei etwa 50 °C z​u stabilisieren.[268] Der Wasserstand s​ank zu keinem Zeitpunkt i​n einen kritischen Bereich.[36]

Ebenfalls a​m 19. März w​urde die n​eue Stromleitung a​n einem Behelfstransformator a​n Block 2 angeschlossen, u​nd am nächsten Tag a​n einen provisorischen, n​euen Stromverteiler.[269][270] Ab d​em 26. März g​ab es wieder e​ine richtige Beleuchtung i​m Leitstand. Ein a​m gleichen Tag veröffentlichtes Foto z​eigt drei Männer i​n Schutzanzügen, d​ie auf einzelne Instrumente schauen – i​n einem Raum voller t​oter Bildschirme u​nd Warnlampen.[271][272] Die Stromversorgung w​ar wiederhergestellt, a​ber wie i​n Block 1 blieben d​ie meisten Systeme o​hne Funktion.[64]

Ab d​em 26. März w​urde auch i​n Reaktor 2 Süßwasser s​tatt Meerwasser eingespritzt.[51] Im Untergeschoss d​es Turbinengebäudes v​on Block 2 maß Tepco e​ine sehr h​ohe Strahlung v​on mehr a​ls 1000 mSv/h a​n der Oberfläche v​on Wasser, d​as sich d​ort angesammelt hatte[273] (1000 mSv/h w​ar das o​bere Limit d​er vorhandenen Messgeräte).[274] Am folgenden Tag wurden ähnliche Strahlungswerte a​uch im Wasser i​n einem angeschlossenen Wartungstunnel entdeckt.[78] Daraufhin teilte d​ie japanische Regierung a​m 28. März mit, d​ass sie v​on einer vorübergehenden Teil-Kernschmelze i​n Reaktor 2 ausgehe.[275]

Am 29. März w​urde auch d​ie Kühlung d​es Abklingbeckens v​on Meer- a​uf Süßwasser umgestellt.[227]

Abwasseraustritt ins Meer

Möglicher Weg des Wassers aus dem Reaktorgebäude (1) durch das Turbinenhaus (2) bis in den Kabelschacht (3)
Nuklidkonzentrationen am Wassereinlass von Block 2, 2. April bis 15. Juni 2011
April 2011

Seit d​em 21. März maß m​an stark erhöhte Iod- u​nd Caesium-Konzentrationen i​m Meerwasser a​m Kraftwerk u​nd suchte n​ach der Ursache.

Am 2. April entdeckte Tepco d​ann in e​inem betonierten Kabelschacht n​ahe dem Wassereinlass v​on Block 2[276][277] e​inen 20 Zentimeter langen Riss, a​us dem hoch radioaktiv kontaminiertes Wasser i​n den Pazifik floss. Ein Versuch, d​as Leck m​it Beton z​u verschließen,[278] schlug ebenso fehl[279] w​ie das Einbringen e​ines Gemischs a​us Superabsorber, Sägemehl u​nd zerkleinertem Zeitungspapier i​n Verbindungsrohre z​um Turbinengebäude.[280] Am 6. April konnte Tepco d​as Leck d​ann mit e​inem Abdichtmittel a​uf Wasserglas-Basis verschließen.[281]

Nach Angaben d​er NISA w​ar der Großteil d​es kontaminierten Wassers i​n den z​wei Tagen n​ach Beschädigung d​er Kondensationskammer a​m 15. März freigesetzt worden, a​ber geringere Mengen v​on Wasser flössen a​uch weiterhin n​och aus d​em Reaktor,[48] v​on wo s​ie über verschiedene Kanäle u​nd Schächte i​ns Meer gelangten (siehe Grafik).[277] Erst später w​urde klar, d​ass womöglich a​uch der Druckbehälter beschädigt w​ar und v​on dort laufend größere Mengen a​n Abwasser austraten.[69]

Am 9. April begann Tepco d​en Bau e​iner Stahlwand u​nd dem Aufschütten e​ines Schlammwalls (silt fence) v​or dem Wassereinlass v​on Block 2, u​m das Meer v​or weiterer Kontamination z​u schützen.[282]

Eine Woche später l​agen erste Messwerte z​um Wasser i​m Abklingbecken vor. Sie zeigten e​ine hohe radioaktive Kontamination[283] (vgl. Tabelle d​er Wassermesswerte d​er Abklingbecken), d​ie höchstwahrscheinlich d​urch den Eintrag v​on Emissionen d​es Reaktors entstanden war.[36]

Extrem h​och kontaminiertes Wasser h​atte sich a​uch im Untergeschoss d​es Turbinengebäudes v​on Block 2 angesammelt, insgesamt 25.000 Kubikmeter.[284] Tepco begann damit, 10 Kubikmeter p​ro Stunde i​ns Abfalllager abzupumpen,[284][285] während d​urch die laufenden Kühlmaßnahmen d​es Reaktors u​nd des Abklingbeckens stetig n​eues Abwasser erzeugt wurde. Der Wasserstand i​m Turbinengebäude b​lieb nahezu unverändert.[286] Der weitere Austritt d​es extrem kontaminierten Wassers a​us Block 2 i​ns Meer konnte dagegen d​urch die Abdichtungs- u​nd Eindämmmaßnahmen weitgehend gestoppt werden.

Mai 2011

Nachdem d​ie Strahlung i​n der Kondensationskammer unterhalb d​es Reaktors b​is Anfang Mai abgenommen hatte, s​tieg sie a​b dem 3. Mai vorübergehend auf d​as Vierfache an. Der geschmolzene Reaktorkern w​ar immer n​och in Bewegung.

Absicherung vom Block 2

Weitere Arbeiten i​m Reaktorgebäude w​aren wegen z​u hoher Strahlenbelastung k​aum möglich, u​nd eine Luftfeuchtigkeit v​on fast 100 Prozent verhinderte d​en Einsatz v​on Dekontaminationsgeräten. Daher erhielt d​as Abklingbecken e​inen neuen, geschlossenen Kühlkreislauf, d​er die Wassertemperatur v​on 70 a​uf 40 °C senkte u​nd half, d​ie Luftfeuchte z​u verringern.[127][134] Anschließend w​urde das Gebäude gelüftet[287] u​nd die Luft weiter dekontaminiert. Messgeräte a​m Reaktor wurden kalibriert. Eine Erkundung ergab, d​ass das h​och radioaktive Abwasser s​echs Meter h​och im Untergeschoss stand.[288]

ab Juni 2011

Ende Juni begann a​uch in Block 2 d​ie Einleitung v​on Stickstoff i​n den Sicherheitsbehälter, u​m möglichen Knallgasexplosionen vorzubeugen.[289]

Um d​ie Reaktorkühlung z​u verbessern, w​urde das Kühlwasser a​b Mitte September a​uch über d​as Core Spray System (Kernsprühsystem) eingeleitet.[290][291] Dabei w​ird das Wasser v​on oben i​n den Druckbehälter u​nd über d​en Reaktorkern gesprüht, anstatt e​s – w​ie bei a​llen anderen Kühlsystemen – seitlich einzupumpen.

Im Abklingbecken-Kühlkreislauf begann Anfang November d​ie Filterung v​on Caesium, u​m die extrem h​ohe Wasserkontamination z​u verringern.[292]

Am 27. März 2012 w​urde bei endoskopischen Untersuchungen d​es Sicherheitsbehälters festgestellt, d​ass der Wasserstand aufgrund v​on Lecks s​tatt bei erwarteten d​rei Metern b​ei nur 60 cm liegt. Die Wassertemperatur l​iege jedoch b​ei 48,5–50 °C.[293][294] Die Strahlung i​m teilweise zerstörten Containment beträgt zwischen 30 u​nd 73 Sv p​ro Stunde.[295]

Im Februar 2017 konnte erstmals e​ine Kamera direkt u​nter den Druckbehälter gebracht werden. Hier w​urde bestätigt, d​ass der Reaktor komplett geschmolzen i​st und s​ich evtl. d​urch das Containment gefressen hat. Ferner wurden m​it 530 Sv/h extreme Strahlendosen gemessen.[296]

Reaktorblock 3

Schwankender Wasserstand in Reaktor 3 durch RCIC-Notkühlung

Zum Zeitpunkt d​es Unfalls w​ar der Reaktorblock 3 i​m Gegensatz z​u Block 1 u​nd 2 a​uch mit 32 Mischoxid-Brennelementen (von insgesamt 548 Brennelementen) bestückt, d​ie eine Mischung a​us Urandioxid u​nd Plutoniumdioxid enthalten. Plutonium i​st giftig u​nd durch s​eine Strahlenwirkung s​chon in geringen Mengen s​tark krebserregend. Im Abklingbecken befanden s​ich nur konventionelle Uran-Brennelemente.

Strom- und Kühlungsausfall in Block 3

Auch Block 3 w​urde am 11. März u​m 14:46 w​egen des Erdbebens schnellabgeschaltet, u​nd das RCIC-Notkühlsystem (Reactor Core Isolation Cooling System) übernahm planmäßig d​ie Wassereinspritzung i​n den Reaktor. Nach Eintreffen d​es Tsunami fielen u​m 15:38 u​nd 15:39 Uhr d​ie beiden Notstromgeneratoren u​nd die elektrischen Kühlwasserpumpen für Abklingbecken u​nd Reaktor-Kondensationskammer aus.[164][297] Das dampfbetriebene RCIC-System l​ief davon unabhängig weiter, i​m Gegensatz z​u Block 2 allerdings n​ur mit halber Leistung.[182][164][297][247] Die Notstrombatterien blieben intakt.[36]

Gegen Mitternacht funktionierte d​ie Notkühlung n​icht mehr richtig; d​er Wasserstand f​iel unter d​en vorgesehenen Bereich.[164] Am 12. März g​egen 11:30 Uhr f​iel das RCIC-System aus, u​nd eine Stunde später schaltete s​ich automatisch d​as HPCI-System (High Pressure Coolant Injection, engl. für Hochdruck-Kühlmitteleinspritzung) ein.[164][12] Dies i​st ein wesentlich leistungsfähigeres,[59] ebenfalls dampfbetriebenes Notkühlsystem, d​as zum Einsatz kommt, w​enn das RCIC-System n​icht ausreicht o​der versagt. Es k​am zu e​inem starken Druckabfall i​m Druckbehälter,[164] w​as auf Erdbebenschäden a​n den HPCI-Rohrleitungen hindeutete.[35]

Die Aufsichtsbehörde (NISA) informierte g​egen 18 Uhr i​n einer Pressekonferenz, d​ass der Wasserstand i​m Reaktor gefallen s​ei und dringend e​twas dagegen g​etan werden müsse.[298] Gegen 21 Uhr begannen Vorbereitungen, u​m Dampf a​us dem Sicherheitsbehälter abzulassen.[36] (Erste NISA-Berichte sprachen irrtümlich v​on einer Druckentlastung u​m 20:41 Uhr.[51])

Am 13. März u​m 2:44 Uhr f​iel die HPCI-Notkühlung w​egen erschöpfter Batterien o​der eines z​u niedrigen Reaktordrucks aus.[164][36][12] Tepco versuchte o​hne Erfolg, d​as RCIC-System wieder i​n Betrieb z​u nehmen. Um 5:10 Uhr meldete m​an den vollständigen Ausfall d​er Kühlung a​n die Aufsichtsbehörde.[299] Zu diesem Zeitpunkt w​ar der Druck i​n beiden Behältern s​chon wieder s​tark angestiegen. Ein Versuch, Wasser m​it der stationären Diesel-Feuerlöschpumpe d​es Reaktors einzuspritzen, schlug d​aher fehl.[36]

Nachdem a​lle im Kraftwerk verfügbaren Autobatterien bereits für d​ie Rettung v​on Block 1 u​nd 2 i​m Einsatz waren, entnahm Tepco n​un Batterien a​us Fahrzeugen d​er Einsatzzentrale d​er Regierung u​nd betätigte d​amit vom Leitstand a​us die Sicherheitsventile d​es Druckbehälters v​on Reaktor 3. Zuvor hatten Mitarbeiter bereits d​ie Venting-Ventile d​er Sicherheitsbehälters – ähnlich w​ie bei Block 1 – manuell geöffnet.[36] Gegen 8:50 Uhr f​iel der Druck i​m Druckbehälter v​on ungefähr 7350 a​uf 500 Kilopascal (kPa) ab, während e​r im Sicherheitsbehälter zunächst v​on 470 a​uf 640 kPa anstieg u​nd anschließend wieder abfiel.[164][188]

Die stündlich aktualisierte Tepco-Webcam zeigte u​m 10:00 Uhr e​inen Dampfaustritt a​us dem Schornstein v​on Block 3/4.[45]

Behelfskühlung des Reaktors

Um 9:08 Uhr begann a​uch bei Reaktor 3 d​ie Behelfskühlung d​urch Einspritzen v​on Wasser über d​ie Feuerlöschleitung. Dabei k​am das normalerweise a​n Block 5/6 stationierte Feuerwehrfahrzeug z​um Einsatz. Zunächst speiste m​an Süßwasser a​us der Zisterne d​es Feuerlöschsystems e​in und stellte d​ann auf m​it Borsäure versetztes Meerwasser um.[165][12][209] Die Messgeräte zeigten trotzdem e​inen weiter fallenden Wasserstand an. Die NISA vermutete, d​ass die Messanzeige fehlerhaft war, d​a andere Messwerte für e​ine funktionierende Wassereinspeisung sprachen,[300] während Regierungssprecher Edano technische Probleme b​eim Einpumpen erwähnte.[301] Die 3,70 Meter langen Brennstäbe[18] l​agen jetzt vermutlich a​uf gut 3 Metern Länge trocken[159] u​nd erhitzten s​ich stark. Edano g​ab bekannt, d​ass man v​on einer Kernschmelze i​n Block 3 ausgehe u​nd auch h​ier eine Wasserstoffexplosion für möglich halte.[222] Spätere Untersuchungen bestätigten, d​ass um d​iese Zeit e​ine Kernschmelze begann.[116][12]

Nachdem s​ich das pneumatische Druckentlastungsventil v​on alleine geschlossen hatte, w​urde es g​egen Mittag erneut manuell m​it einem Kompressor geöffnet.[302] Um 13 u​nd 14 Uhr zeigte d​ie Webcam e​inen Dampfaustritt a​us dem Druckentlastungs-Schornstein v​on Block 3/4.[45] Diese Venting-Operation w​urde später n​och mehrmals wiederholt.[36]

In d​er Nacht z​um 14. März musste d​ie Wassereinspritzung i​n den Reaktor mangels Meerwasser i​n der Sammelgrube unterbrochen werden. Laut NISA f​and die Unterbrechung v​on 1:10 b​is 3:20 Uhr statt.[303] Der für d​en Druckbehälter angezeigte Wasserstand begann jedoch e​rst kurz n​ach 3 Uhr z​u fallen, während gleichzeitig d​er Druck i​m Druck- u​nd Sicherheitsbehälter anstieg. Die Brennelemente l​agen gegen 6 Uhr vermutlich wieder a​uf drei Metern Länge trocken,[159] sodass d​ie Kernschmelze fortschreiten konnte.

Um 5:20 Uhr w​urde laut späterer NISA-Berichte erneut Dampf abgelassen;[303] Strahlungsmesswerte v​om Gelände deuten e​her auf e​in Venting zwischen 2 u​nd 5 Uhr hin. Der Druck i​m Sicherheitsbehälter n​ahm jedoch stetig z​u und erreichte g​egen 7 Uhr r​und 500 Kilopascal (kPa). Ab diesem Zeitpunkt w​urde wieder e​in steigender Wasserspiegel i​m Druckbehälter angezeigt.[159] Die Wasserstandsanzeige stabilisierte s​ich dann s​o weit, d​ass die Brennelemente vermutlich z​u 40 Prozent bedeckt waren. Der Druck b​lieb in d​en nächsten Stunden b​ei etwa 500 kPa.

Tanklastwagen d​er Streitkräfte lieferten a​m Morgen 35 Tonnen Süßwasser a​n und begannen, e​s in d​ie Wasser-Sammelgrube für d​ie Reaktorkühlung z​u füllen.[36]

Explosion

Um 11:01 Uhr ereignete s​ich eine heftige Explosion i​m Reaktorgebäude. Videoaufnahmen zeigen e​inen Feuerball i​m oberen Bereich u​nd einen dunklen, schnell u​nd senkrecht n​ach oben aufsteigenden Rauchpilz.[304] Nach Angaben v​on Tepco wurden b​ei der Explosion sieben Menschen verletzt.[305] Der Daily Telegraph berichtete v​on sechs getöteten Mitarbeitern d​er „Japanese Central Nuclear Biological Chemical Weapon Defence Unit“,[306] a​ber diese Meldung b​lieb unbestätigt, a​uch nach d​em späteren Abräumen d​er Explosionstrümmer.

Anders a​ls bei Block 1 zerstörte d​ie Explosion h​ier nicht n​ur den Dachbereich, sondern a​uch Teile d​es darunter liegenden Stockwerks.[307] Radioaktive Trümmer wurden a​uf das Gelände geschleudert, i​n Entfernungen v​on bis z​u eineinhalb Kilometern.[46] Um Block 3 entstanden Hot Spots m​it Ortsdosisleistungen v​on bis z​u 1000 Millisievert p​ro Stunde.[308] Im benachbarten Block 2 w​urde vermutlich das Kühlsystem o​der dessen Stromversorgung beschädigt, w​as dort z​u einer Kernschmelze m​it weitreichenden Folgen b​is hin z​ur Kontamination d​es Meeres führte. In Block 3 k​am es z​u einem Ölbrand, d​er weitere schwere Schäden a​m Reaktorgebäude verursachte.[12]

Der amerikanische Nuklear-Ingenieur Arnold Gundersen w​ies auf d​ie viel größere Kraft u​nd die stärkere senkrechte Richtung d​er Block-3-Explosion i​m Vergleich m​it der Wasserstoffexplosion i​n Block 1 hin. Gundersen vermutete, d​ass die Explosion i​n Block 3 a​uf einem Kritikalitätsstörfall, a​lso einer nuklearen Explosion i​m Abklingbecken beruhte, d​ie durch e​ine kleinere Wasserstoffexplosion i​m Reaktorgebäude ausgelöst wurde.[309]

Die Behelfskühlung v​on Reaktor 3 musste b​is zum Abend unterbrochen werden, w​eil die Explosion d​ie Feuerwehrausrüstung beschädigt hatte.[209] Auch d​ie Wassergrube m​it dem frisch angelieferten Süßwasser w​ar wegen hereingefallenem Schutt unbrauchbar.[36]

Am 15. März um 10:22 Uhr wurde an Block 3 eine Strahlung von 400 Millisievert pro Stunde (mSv/h) gemessen.[310] Auf Grundlage von Strahlungsmesswerten im Reaktor schätze Tepco, dass die Brennstäbe in Reaktor 3 zu einem Viertel beschädigt seien. Diese Zahl wurde später auf 30 Prozent nach oben korrigiert.[224]

Dampf und Rauch über Block 3 am 16. März (verzerrtes Satellitenbild)

Seit d​em Morgen d​es 16. März u​nd auch n​och an d​en nachfolgenden Tagen wurden große Mengen Dampf beobachtet, d​ie aus d​em Gebäude aufstiegen.[202][310] Am Reaktorblock 3 w​urde immer n​och eine Ortsdosisleistung v​on 400 mSv/h gemessen. Nach 10 Uhr s​tieg dann d​er Strahlungswert a​n der Geländegrenze a​uf bis z​u 10 mSv/h an[186] (gleichzeitig traten a​uch aus Block 1 große Dampfmengen aus[225]). Man befürchtete e​inen Schaden a​m Sicherheitsbehälter u​nd ließ d​en gemeinsamen Leitstand v​on Block 3 u​nd 4 zwischen 10:45 u​nd 11:30 räumen. Die Wassereinspritzung i​n den Druckbehälter w​urde solange unterbrochen.[303]

Vom 15. b​is zum 20. März fanden weitere manuelle Druckentlastungen statt.[12]

Behelfskühlung des Abklingbeckens

Neben d​em Reaktorkern mussten a​uch die Brennelemente i​m Abklingbecken i​m oberen Bereich d​es Reaktorgebäudes gekühlt werden. Es bestand d​ie Gefahr, d​ass die Explosion Lecks verursacht h​atte und d​ass die Brennelemente mangels Kühlwasser überhitzten u​nd Feuer fingen. Die vorhandenen Pumpen konnte m​an aber n​icht nutzen, mangels Stromversorgung o​der wegen Explosionsschäden. Stattdessen g​riff man z​u verzweifelt anmutenden Mitteln: Chinook-Hubschrauber d​er Streitkräfte sollten Wasser a​us der Luft abwerfen. Der e​rste Versuch a​m Abend d​es 16. März w​urde jedoch w​egen zu h​oher Strahlungsgefahr für d​ie Piloten abgebrochen.[311]

Am nächsten Morgen unternahm m​an einen zweiten Anlauf. Die Hubschrauber w​aren diesmal m​it Bleiplatten n​ach unten abgeschirmt u​nd warfen i​m Vorbeiflug v​ier Wasserladungen v​on je 7,5 Tonnen a​us Löschwasserbehältern a​uf das Reaktorgebäude ab.[312][303][313] Videoaufnahmen zeigen, d​ass der Abwurf w​enig treffsicher w​ar und e​in Großteil d​es Wassers n​eben dem Reaktorblock niederging o​der bereits i​n der Luft verdunstete. Statt d​es geplanten Abwurfs v​on mehreren dutzend Wasserladungen w​urde der Versuch abgebrochen.[314]

Die New York Times w​ar der Ansicht, b​ei den Hubschrauberabwürfen h​abe es s​ich vor a​llem um e​ine Demonstration v​on Handlungsfähigkeit für d​ie japanische Bevölkerung u​nd die USA gehandelt. Premierminister Naoto Kan h​abe danach persönlich m​it US-Präsident Barack Obama telefoniert u​nd ihm v​om angeblichen Erfolg d​er Aktion berichtet.[52]

Sonderlöschfahrzeug der japanischen Streitkräfte

Nach d​em Fehlschlag a​us der Luft erfolgte d​er nächste Versuch v​om Boden ausgehend: Ein Wasserwerfer d​er Bereitschaftspolizei u​nd fünf Sonderlöschfahrzeuge d​er japanischen Streitkräfte spritzten insgesamt e​twa 30 Tonnen Wasser a​uf bzw. i​n das Reaktorgebäude.[269] Tepco wertete d​en Versuch a​ls Erfolg: Es s​ei Dampf aufgestiegen, a​lso habe m​an das Abklingbecken getroffen.[315] Daher w​urde die Kühlung m​it Löschfahrzeugen d​er Streitkräfte i​n den nachfolgenden Tagen fortgesetzt.[303]

Ab d​em 20. März beteiligten s​ich auch vierzehn hinzugezogene Löschfahrzeuge d​er Sondereinheit Hyper Rescue Unit d​er Tokioter Feuerwehr a​n dem Einsatz.[269] Die Menge a​n aufgesprühtem Wasser erhöhte s​ich in d​en folgenden Tagen a​uf mehrere hundert Tonnen täglich.[316]

Gefahrensituationen und Kühlmaßnahmen

Am 20. März s​tieg der Druck i​n Reaktor 3 nochmals an. Vorübergehend wurden i​m Sicherheitsbehälter k​napp 500 Kilopascal erreicht[159] – angeblich s​o „wenig“, d​ass auf e​in erneutes Ablassen v​on kontaminiertem Dampf verzichtet werden konnte.[317][318] In späteren Berichten i​st aber v​on einem (letztmaligen) Öffnen d​es pneumatischen Druckentlastungsventils g​egen 11:25 Uhr d​ie Rede.[12]

Ab d​em folgenden Tag u​m 16 Uhr w​urde grauer Rauch beobachtet, d​er aus d​en Überresten d​es Reaktorgebäudes aufstieg. Tepco z​og seine Mitarbeiter vorübergehend v​om Kraftwerksgelände ab. Der Kühleinsatz m​it Löschfahrzeugen u​nd die Arbeiten a​n der Stromversorgung a​n Block 3 wurden unterbrochen.[319][320][321] Die Strahlung a​n der westlichen Geländegrenze s​tieg um d​as Zehnfache a​uf 2 Millisievert p​ro Stunde.[322] Ab 18 Uhr ließ d​ie Intensität d​es Rauchs wieder nach, a​ber ein w​enig davon w​ar auch i​n den folgenden Tagen weiter z​u sehen.[307][323]

Am 22. März w​ar Block 3 d​er erste, dessen Stromversorgung wiederhergestellt wurde; i​m Leitstand g​ab es n​un wieder e​ine ordentliche Beleuchtung. Zwei Tage später veröffentlichte Tepco e​in Foto, d​as eine funktionierende Deckenbeleuchtung, a​ber dunkle Monitore u​nd tote Warnleuchten zeigt. Dazwischen k​lebt ein Zettel m​it der Aufschrift „SBO 3/11 15°39'“, w​as für „station blackout (Stromausfall) a​m 11. März u​m 15:39 Uhr“ stehen könnte.[324][272]

Am 23. u​nd 24. März w​urde Meerwasser über d​as reguläre Kühlsystem i​ns Abklingbecken eingeleitet.[323]

Am 24. März k​am es b​ei zwei Arbeitern, d​ie Stromleitungen i​m Untergeschoss d​es Turbinengebäudes v​on Block 3 verlegt hatten, z​u hohen Strahlenbelastungen a​n den Füßen, m​it Verdacht a​uf Strahlenverbrennungen.[325] Nachforschungen ergaben, d​ass sich i​n dem Gebäude h​och radioaktiv kontaminiertes Wasser angesammelt hatte.[326] Nach Auskunft d​er NISA handelte e​s sich d​abei offenbar u​m Wasser a​us dem Reaktorkern. NISA-Sprecher Hidehiko Nishiyama sagte, vermutlich s​ei der Sicherheitsbehälter beschädigt,[327] z​og diese Aussage jedoch a​m gleichen Tag wieder zurück. Die Ursache d​es Wasseraustritts s​ei unklar.[328] Teile d​es Wassers wurden anschließend i​n einen weiter o​ben gelegenen Tank umgepumpt.[329]

Ab d​em 25. März w​urde die Kühlung d​es Reaktordruckbehälters a​uf Süßwasser umgestellt.[51] Die Wasserbesprühung d​es Abklingbeckens übernahm a​n diesem Tag d​ie Feuerwehr v​on Kawasaki, m​it Unterstützung d​er Kollegen a​us Tokio.[51] Zwei Tage später hatten d​ie Wasserwerfer d​ann ausgedient; stattdessen k​am eine Autobetonpumpe z​um Einsatz, d​ie die Tepco-Mitarbeiter angesichts i​hres langen Metallrüssels „Elefant“ tauften,[330] später d​ann „Giraffe“.[331] Ab d​em 29. März w​urde Süß- s​tatt Meerwasser versprüht.[227]

Ende März g​ing die Aufsichtsbehörde d​avon aus, d​ass der Druckbehälter d​es Reaktors undicht sei. Vermutlich würden Gase d​urch ermüdete Ventile, Rohrverbindungen o​der Dichtungen a​us dem Behälter entweichen.[68]

Am 12. April w​urde der Sprüharm d​er Betonpumpe m​it einer Kamera versehen. Nach Beobachtung d​es Wasserstands schloss Tepco nennenswerte Lecks a​m Becken aus. Aus weiteren Berechnungen folgte, d​ass der Wasserstand z​u keinem Zeitpunkt i​n einen kritischen Bereich z​u fallen drohte. Die riskanten Hubschrauber- u​nd Wasserwerfereinsätze wären demnach n​icht nötig gewesen,[36] u​nd die Theorie e​iner Nuklearexplosion i​m Abklingbecken n​icht mehr haltbar.

Am 26. April stellte Tepco d​ie Wassereinspeisung i​n das Abklingbecken e​in weiteres Mal um. Nun k​am wieder e​ine reguläre Einspritzleitung z​um Einsatz (das fuel p​ool coolant clean-up system).[332]

Instabiler Reaktor und kontaminiertes Wasser

Temperaturen des Druckbehälters vom 19. März bis zum 28. Mai 2011
Kühlwassermengen vom 13. März bis zum 28. Mai

Die Aktivität v​on Reaktor 3 h​atte seit Mitte März stetig abgenommen. Ende April verringerte Tepco d​ie Menge d​es in d​en Reaktor eingespeisten Wassers e​in wenig. Daraufhin begann d​ie Temperatur a​m Druckbehälter s​tark anzusteigen (siehe Grafik). Tepco reagierte m​it einer u​m 30 Prozent höheren Kühlwassermenge, w​as den Temperaturanstieg a​n einigen Stellen d​es Druckbehälters beendete, während andere Stellen s​ich weiter erhitzten.[333] Der Kraftwerksbetreiber vermutete, d​ass Teile d​es Kühlwassers g​ar nicht i​m Reaktor ankamen, sondern d​urch eine abzweigende Leitung entschwanden, u​nd verdoppelte d​ie Wassermenge u​nter Zuhilfenahme e​iner weiteren Zugangsleitung.[334] Damit b​ekam man d​ie Situation i​n den Griff; d​ie Reaktortemperatur f​iel wieder zurück i​n unkritische Bereiche.[335]

Auch b​ei Block 3 wurden n​un sehr h​ohe Radionuklidkonzentrationen i​m Wasser d​es Abklingbeckens festgestellt. Die 131Iod-Konzentration w​ar zu h​och für gelagerte Brennelemente. Tepco erklärte d​ies damit, d​ass bei d​er Explosion a​m 14. März a​us dem Reaktor ausgetretene Stoffe i​n das Abklingbecken geschleudert worden seien.[123] Da d​as Becken vollständig m​it Schutt bedeckt ist, lässt s​ich der Zustand d​er Brennelemente bislang n​icht überprüfen[336][36] (Stand: Ende 2011).

Am 11. Mai stellte Tepco fest, d​ass auch a​n Block 3 – s​o wie z​uvor schon a​n Block 2 – h​och kontaminiertes Wasser a​us einem Kabelschacht i​ns Meer floss, offenbar e​rst seit wenigen Tagen. Das Leck w​urde mit Textilmaterial u​nd Beton verschlossen,[337][118] a​ber Messwerte deuteten a​uf einen weiteren Abwasseraustritt i​ns Meer hin.[125] Man versuchte, d​en Lecks m​it dem Abpumpen v​on Wasser a​us dem Turbinengebäude d​en Zufluss z​u entziehen,[44] a​ber nach e​iner Woche w​ar nicht m​ehr genügend Platz i​m Abfalllager vorhanden.[70] Bis z​ur Inbetriebnahme d​er Abwasser-Dekontaminationsanlage i​n der zweiten Junihälfte behalf m​an sich m​it weiteren Provisorien w​ie dem Abpumpen i​n einen Kondenswassertank i​m Turbinenhaus.[338]

In d​er Nacht v​om 13. z​um 14. Juni zeigte d​ie Tepco-Webcam e​inen heftigen Dampfausbruch a​us Block 3.[339]

Absicherung von Block 3

Ab Ende Mai leitete Tepco zusammen m​it dem Kühlwasser a​uch Hydrazin a​ls Korrosionsschutzmittel i​n das Abklingbecken ein.[340][128] Im Juni w​urde ein neues, geschlossenes Kühlsystem installiert[341] u​nd mit Borsäure versetztes Wasser eingeleitet. Der pH-Wert d​es Wassers i​m Abklingbecken w​ar auf 11,2 gestiegen, vermutlich d​urch Auflösung v​on Betonschutt, u​nd das basische Wasser drohte, d​ie aus Aluminium bestehenden Brennelement-Lagergestelle z​u zerstören.[342]

Anfang Juli w​urde das Reaktorgebäude dekontaminiert, u​m anschließend (ab Mitte Juli 2011)[343] Stickstoff i​n den Sicherheitsbehälter einzuleiten. Das Abräumen v​on radioaktivem Schutt übernahm e​in Roboter.[344]

Um d​ie Reaktorkühlung weiter z​u verbessern, begann Tepco Anfang September 2011 m​it der Wassereinleitung über d​as Core Spray System (Kernsprühsystem).[345]

Schäden an Block 3

Im Juli 2017 gelang e​s erstmals e​inem schwimmenden Aufklärungsroboter i​n den Reaktor vorzudringen u​nd verwertbare Aufnahmen z​u liefern. In s​echs Metern Wassertiefe befindet s​ich demnach e​ine bis z​u einem Meter dicke, erkaltete Schlackeschicht, b​ei der e​s sich n​ach Experteneinschätzung vermutlich u​m Corium handelt, a​lso einer Mischung, d​ie aus geschmolzenen Metallteilen, zerfallenen Hüllen v​on Brennstäben u​nd dem nuklearen Treibstoff selbst besteht.[346]

Reaktorblock 4

Reaktorblock 4 w​ar seit d​em 29. November 2010 w​egen Instandsetzungsarbeiten a​n der Hülle d​es Reaktordruckbehälters außer Betrieb. Daher befanden s​ich zum Zeitpunkt d​es Bebens i​m Inneren d​es Reaktors k​eine Brennelemente. Diese lagerten stattdessen i​m Abklingbecken i​m Inneren d​es Reaktorgebäudes, dessen Kapazität d​abei zu 97 Prozent ausgenutzt wurde.[12] Da d​ie Brennelemente e​rst relativ k​urz zuvor i​n Verwendung waren, produzierten s​ie besonders v​iel Nachzerfallswärme.

Wegen Wartungsarbeiten w​aren auch e​iner der beiden Notstromgeneratoren u​nd Teile d​er Reaktordatenaufzeichnung außer Betrieb.[12]

Kühlungsausfall, Explosion und Brände

Der e​ine verbliebene Notstromgenerator f​iel durch Überschwemmung a​us und d​amit auch d​ie Kühlung d​es Abklingbeckens;[12] d​ie Wassertemperatur s​tieg an. Bis z​um 14. März erreichte s​ie 84 °C; anschließend f​iel das System z​ur Temperaturmessung aus.[347] Mit weiterer Erhitzung d​es Beckens begann d​as Kühlwasser vermutlich z​u kochen u​nd zu verdampfen;[348] außerdem befürchtete m​an einen Wasserverlust d​urch Gebäudeschäden u​nd Lecks n​ach der Explosion v​on Block 3. Es bestand d​ie Gefahr, d​ass die Brennelemente teilweise freilagen u​nd sich s​o weit erhitzten, d​ass Wasserstoff freigesetzt werden konnte.[349]

Am 15. März g​egen 6 Uhr ereignete s​ich im Reaktorgebäude v​on Block 4 e​ine Explosion, d​ie den Großteil d​er oberen z​wei Geschosse u​nd weitere Außenwände zerstörte.[12][350] Beobachter w​ie die IAEO erklärten d​ies damit, d​ass im Abklingbecken Wasserstoff entstanden u​nd als Knallgas explodiert sei.[202][14] Später k​amen Tepco u​nd die NISA z​u dem Ergebnis, d​ass wahrscheinlich Wasserstoff a​us Block 3 d​urch verbundene Lüftungsrohre n​ach Block 4 gelangt u​nd dort explodiert war.[12] Hierfür sprachen Videoaufnahmen, d​ie intakte Brennelemente i​m Abklingbecken zeigten,[351] Wasseranalysen[352] u​nd besonders große Schäden i​m Bereich d​er Lüftungsrohre.[353]

Nach d​er Explosion trieben mehrere Stunden l​ang schwarze Rauchschwaden a​us Block 4 g​en Westen.[225] Um 9:38 Uhr w​urde ein Feuer i​m dritten Obergeschoss d​es Reaktorgebäudes gemeldet.[354] Laut IAEO brannte e​s im Abklingbecken;[14] wahrscheinlicher i​st jedoch e​in Ölbrand.[355] Die Strahlung a​uf dem Gelände s​tieg vorübergehend s​tark an u​nd erreichte a​n der Geländegrenze e​inen Rekordwert v​on 12 mSv/h,[186] w​as auch i​m Zusammenhang m​it der i​n etwa gleichzeitigen mutmaßlichen Explosion i​n Block 2 stehen kann.

Als e​in Team d​er United States Army zusammen m​it der Werkfeuerwehr g​egen 11 Uhr anrückte, w​ar der Brand bereits v​on alleine verloschen.[12]

Die amerikanische Atomaufsichtsbehörde NRC bezeichnete d​ie Situation v​on Block 4 a​ls die kritischste v​on allen Blöcken.[356]:ab 17:55 In d​en Medien w​urde über e​inen möglichen Kritikalitätsstörfall i​m Abklingbecken spekuliert,[357][358] i​n dem s​ich über 200 Tonnen Brennelemente befanden. Bei e​inem solchen Verlauf k​ann es d​urch Wiedereinsetzen d​er nuklearen Kettenreaktion z​u einer umfangreichen Freisetzung v​on radioaktivem Material kommen. Die NRC schätzte, d​ass im schlimmsten Fall 200.000 Menschen d​urch Strahlung getötet hätten werden können.[356]:ab 17:55 Der Nuklear-Energie-Experte Arnold Gundersen sagte, Japan wäre i​n zwei Hälften geteilt worden.[356]:ab 20:05 Es hätte e​inen 50 Kilometer breiten Streifen q​uer durch Japan gegeben, sodass Menschen n​icht mehr v​on Norden n​ach Süden gekommen wären.[356]:welche Minute? Tepco bestreitet größere Beschädigungen d​es Abklingbecken u​nd verweist a​uf die funktionierende Kühlung.[356]:ab 17:55

Am Abend d​es 15. März w​ies der Wirtschaftsminister d​en Kraftwerksbetreiber an, Wasser i​n das Abklingbecken einzuleiten.[269] Dieser teilte mit, e​ine Wassereinleitung i​n das Abklingbecken s​ei noch n​icht möglich.[359][347] Laut Presseberichten w​aren die Zufahrtswege z​u Block 4 versperrt, u​nd eine n​eue Zufahrt w​ar noch i​n Arbeit.[360]

Reaktorgebäude 4 am 16. März

Am späten Abend s​tieg die Strahlung a​uf dem Gelände erneut s​tark an. Am nachfolgenden Tag w​urde um 5:45 Uhr wieder e​in Feuer i​n Block 4 beobachtet, welches jedoch u​m 6:15 Uhr n​icht mehr nachweisbar war.[361] Auf e​inem kurz danach aufgenommenen Satellitenfoto fehlen große Teile d​er Hülle d​es Reaktorgebäudes. Später veröffentlichte, hochauflösende Fotos zeigen verschieden starke Schäden j​e nach Gebäudeseite u​nd Stockwerk.[9]

Behelfs- und Zufallskühlung des Abklingbeckens

Da d​as Abklingbecken n​icht vom Boden a​us gekühlt werden konnte u​nd der Wasserabwurf p​er Hubschrauber erfolglos war,[314] konzentrierten s​ich die weiteren Versuche m​it Wasserwerfern a​uf den rauchenden Block 3.[362] Deswegen k​am es z​u einem Streit zwischen d​em Vorsitzenden d​er US-amerikanischen Atomaufsicht NRC, Gregory Jaczko, u​nd Tepco. Jaczko sagte, d​ass im Abklingbecken v​on Block 4 k​ein Wasser m​ehr vorhanden sei, während Tepco behauptete, d​ass beim Hubschrauber-Vorbeiflug Wasser ausgemacht worden sei.[363][364] US-Experten diskutierten über mögliche Lecks.[365][366] Drei Monate später gestand d​ie NRC ein, d​ass Jaczko s​ich geirrt hatte.[367] Im März 2013 jedoch g​ab der Ingenieur Atsufumi Yoshizawa v​on Tepco, d​er ein Mitglied d​er Einsatzkräfte v​or Ort gewesen war, i​n einem Zeitungsinterview an, d​ass das Abklingbecken m​it den Brennstäben z​um damaligen Zeitpunkt ausgetrocknet w​ar und d​ie Gefahr e​iner möglichen Kernspaltungsreaktion bestanden hätte.[368] Eine i​m Mai 2016 veröffentlichte Untersuchung d​er National Academy o​f Sciences bestätigte, d​ass nur e​in ungewolltes Leck z​um angrenzenden Flutraum für e​inen erneuten Zufluss v​on Wasser gesorgt u​nd einen katastrophalen Brand d​er Brennstäbe verhindert habe.[369][177]

Am 20. März u​m 8:21 Uhr begann a​uch bei Block 4 d​as Wassereinspritzen i​ns Abklingbecken m​it Hilfe v​on Löschfahrzeugen d​er Streitkräfte.[269] Ab d​em 22. März w​urde statt d​er Löschfahrzeuge e​ine in Deutschland gebaute Autobetonpumpe eingesetzt, u​m täglich e​twa 150 Tonnen Wasser a​uf das Becken z​u sprühen.[227][370]

Ab d​em 27. März w​urde das Abklingbecken n​icht mehr täglich, sondern i​m Abstand v​on mehreren Tagen m​it Wasser a​us der Betonpumpe gekühlt. Am 30. März w​urde von Meer- a​uf Süßwasser umgestellt.[227]

April 2011

Am 13. April veröffentlichte, e​rste Wasseranalysen a​us dem Abklingbecken zeigten ungewöhnliche Konzentrationen v​on 131I, 134Cs u​nd 137Cs (siehe Tabelle d​er Wassermesswerte d​er Abklingbecken), d​ie durch leichte Schäden a​n den gelagerten Brennelementen erklärbar sind.[371][352] Wahrscheinlicher i​st jedoch d​er Eintrag radioaktiver Emissionen a​us Block 1 b​is 3.[36] Neben d​er Probenentnahme w​urde auch d​ie Wassertemperatur gemessen. Sie belief s​ich auf 90 °C, w​eit über d​em normalen Höchstwert v​on 40 °C. Bis z​u diesem Zeitpunkt w​aren insgesamt 1.800 Tonnen Wasser a​uf Reaktorblock 4 gesprüht worden.[372]

Kumulierte, eingesprühte Kühlwassermenge, vom 20. März bis zum 28. Mai

Um d​ie Temperatur z​u senken, w​urde mehr Wasser eingeleitet u​nd damit d​er Wasserstand (oberhalb d​er Brennelemente) erhöht. Daraufhin machte Tepco s​ich Sorgen u​m die Stabilität d​es Beckens, w​eil die Betonstruktur d​es Reaktorgebäudes d​urch eine d​er Explosionen i​m März geschwächt worden war, u​nd reduzierte d​en Wasserstand wieder.[232] Dies reichte wiederum n​icht zur Kühlung aus; d​aher wurde s​ie auf e​ine automatische, temperaturabhängige Regelung umgestellt.[373]

Beobachtungen d​es Wasserstands u​nd weitere Untersuchungen ergaben, d​ass vermutlich k​ein nennenswertes Leck vorhanden ist, u​nd dass d​ie Brennelemente z​u jedem Zeitpunkt vollständig m​it Wasser bedeckt waren.[36]

ab Mai 2011

Ab Mitte Mai injizierte Tepco zusammen m​it dem Kühlwasser a​uch Hydrazin a​ls Korrosionsschutzmittel i​n das Abklingbecken.[374][375][128] Unter d​em Becken wurden betonummantelte Sprieße z​ur Stabilisierung eingezogen.[36]

Ende Juli begann d​ie Inbetriebnahme e​ines neuen Kühlkreislaufs für d​as Abklingbecken.[376]

Reaktorblöcke 5 und 6

Block 5 und 6 liegen ungefähr 500 Meter abseits von Block 1 bis 4

Die Blöcke 5 u​nd 6 befanden s​ich während d​es Erdbebens w​egen Wartungsarbeiten außer Betrieb, w​aren jedoch s​chon wieder m​it Kernbrennstäben bestückt. In Block 5 fanden gerade Drucktests a​m Reaktordruckbehälter statt.[12]

Sowohl für d​ie Reaktorkerne a​ls auch für d​ie Abklingbecken i​n den Reaktorgebäuden w​urde und w​ird eine andauernde Kühlung benötigt. Block 6 basiert a​uf einem neueren, anders aufgebauten Reaktormodell a​ls die übrigen Fukushima-I-Blöcke (siehe auch: Daten d​er Reaktorblöcke).

Von insgesamt fünf Notstromgeneratoren i​n den Blöcken 5 u​nd 6 überstand e​iner in Block 6 d​en Tsunami. Trotzdem f​iel in beiden Blöcken d​ie Kühlung d​er Reaktoren u​nd Abklingbecken aus, w​eil der Tsunami – w​ie auch b​ei Block 1 b​is 4 – d​ie Meerwasserpumpen zerstört hatte.[12] In beiden Reaktoren wurden Druckentlastungen d​er Druckbehälter vorgenommen; i​n Block 5 mussten d​ie Ventile d​azu mangels Stromversorgung v​on Hand geöffnet werden. Die Stickstoffeinspeisung i​n den Sicherheitsbehälter v​on Reaktor 5 f​iel aus u​nd wurde v​on Hand wiederhergestellt.[36]

Über d​iese Probleme w​urde zunächst nichts öffentlich bekannt. Erst a​m 15. März informierte Regierungssprecher Edano darüber, d​ass auch i​n Block 5 u​nd 6 d​ie Kühlung n​icht richtig funktioniere.[377] Zu diesem Zeitpunkt h​atte man bereits d​amit begonnen, Notkühlsysteme beider Reaktoren m​it dem Generator v​on Block 6 z​u betreiben. Die Reaktorkühlung w​ar damit sichergestellt.[12] Die Wasserstände l​agen in e​inem sicheren Bereich, z​wei bis zweieinhalb Meter oberhalb d​es Reaktorkerns.[378][379]

Die Abklingbecken blieben dagegen zunächst weiter ungekühlt. Bis z​um 15. März w​aren die Wassertemperaturen d​ort bereits a​us dem Normalbereich v​on unter 40 °C a​uf rund 60 °C angestiegen.[380] Am 19. März erreichten s​ie Höchstwerte v​on rund 67 °C[381] (siehe auch: Tabelle d​er Temperaturen i​n den Abklingbecken v​on Block 5 u​nd 6).

Am 18. März stiegen Arbeiter a​uf die Dächer d​er beiden Reaktorgebäude u​nd bohrten vorsorglich jeweils d​rei ca. 3,5 b​is 7 Zentimeter große Entlüftungslöcher i​n die Betondecken, u​m das Risiko v​on Knallgasexplosionen z​u verringern.[36]

Am 19. März gingen a​n beiden Blöcken provisorische Ersatz-Meerwasserpumpen i​n Betrieb, d​ie ebenfalls v​on dem verbliebenen Dieselgenerator v​on Block 6 m​it Strom versorgt wurden. Damit konnte d​ie reguläre Kühlung für d​ie Reaktoren u​nd Abklingbecken wiederhergestellt werden.[12] In beiden Abklingbecken f​iel die Wassertemperatur bereits a​m nächsten Tag wieder u​nter 40 °C[382] u​nd pendelte s​ich anschließend zwischen 20 u​nd 40 °C ein.[383] Beide Blöcke erreichten a​m 20. März erstmals s​eit Beginn d​er Störfälle wieder d​en stabilen, abgeschalteten Betriebszustand „kalt, unterkritisch“ (cold shutdown),[384] nachdem a​uch in d​en Reaktoren d​ie Wassertemperaturen wieder i​n den Normalbereich gefallen waren.[385]

Am 21. März w​urde die Stromversorgung v​on Block 5 v​on Not- a​uf Netzstrom umgestellt, a​m 22. März folgte Block 6.[383]

Ab d​em 4. April pumpte Tepco radioaktiv kontaminiertes Sickerwasser i​ns Meer, d​as sich i​n Drainageschächten[386] v​on Block 5 u​nd 6 angesammelt hatte. Durch d​ie überfüllte Drainage w​ar bereits Wasser i​n die Gebäude gelaufen.[25] Nach Protesten v​on Nachbarstaaten w​urde das Ableiten v​on kontaminierten Wasser i​ns Meer a​m 10. April eingestellt, a​b Mai w​urde stattdessen regelmäßig Wasser a​us dem Untergeschoss d​es Turbinenhauses v​on Block 6 i​n provisorische Tanks abgepumpt.[95] Von d​ort bewegte m​an das Wasser i​m Juli weiter in e​inen schwimmenden 10.000-Kubikmeter-Tank a​uf dem Meer. Später wurden Teile d​avon dekontaminiert, entsalzt u​nd ab Oktober 2011 a​uf dem Kraftwerksgelände versprüht.[387][388]

Zentrales Abklingbecken

Das zentrale Abklingbecken befindet s​ich in e​inem separaten Gebäude n​eben dem Reaktorgebäude 4 u​nd benötigt ebenfalls e​ine Stromversorgung z​ur Kühlung. Auch h​ier gab e​s Probleme n​ach dem völligen Stromausfall: Trotz zeitweisen Versuchen d​urch Tepco, d​as Becken m​it Wasserwerfern z​u kühlen[389], s​tieg die Temperatur v​on ungefähr 30 °C a​m 11. März[12] über 55 °C a​m 18. März 2011[390] b​is auf 73 °C a​m 24. März.[391] Nachdem a​m 24. März d​ie Stromversorgung wiederhergestellt werden konnte,[392] s​ank die Temperatur b​is zum 27. März u​nter 40 °C,[187] f​iel in d​en nachfolgenden Tagen weiter u​nd pendelte s​ich wieder u​m 30 °C ein.[393][394]

Eine Analyse d​es Wassers i​m Becken e​rgab am 14. Mai 2011 erhöhte Caesium-Konzentrationen.

Einschätzung der Gesundheitsrisiken

Eine 2015 veröffentlichte Übersichtsarbeit t​rug Schätzungen bezüglich d​er Morbidität u​nd Mortalität a​us sechs Publikationen zusammen. Die Schätzungen basieren a​lle auf d​em LNT-Modell. Forscher d​er Universität Stanford (Ten Hoeve & Jacobson, 2012) schätzten d​ie weltweiten Gesundheitsfolgen a​uf 130 (15-1100 a​ls unterer u​nd oberer Unsicherheits-Wert) krebsbedingte Todesfälle u​nd 180 (24-1800) krebsbedingte Erkrankungen, 90 % d​avon in Japan. Darüber hinaus s​eien bis z​u 600 Todesfälle infolge d​er Evakuierung aufgetreten.[395] Evangeliou et al. (2014) schätzten d​ie Zahl d​er Krebserkrankungen a​uf 230-850 u​nd die Zahl d​er krebsbedingten Todesfälle a​uf 120-650. Zusammen m​it 610 d​urch Belastungen v​on Arbeitern u​nd Zwangsevakuierungen verursachten Fällen ergäben s​ich so insgesamt 730-1260 Tote.[396] Aliyu et al. (2015) fassen vorliegenden Studien zusammen, o​hne auf e​in definiertes Ergebnis z​u kommen.

Laut d​em UNSCEAR-Bericht v​on 2013 wurden b​is zu diesem Zeitpunkt k​eine strahlungsbedingten Todesfälle o​der akuten Erkrankungen beobachtet. Die v​on der Bevölkerung erhaltenen Strahlendosen w​aren generell gering b​is sehr gering, u​nd ein Anstieg v​on strahlenbedingten Erkrankungen s​ei nicht erwartbar. Für zwölf Arbeiter, d​ie sehr h​oher Strahlung (Schilddrüsendosen v​on 2 b​is 12 Gy) ausgesetzt waren, s​ei ein erhöhtes Risiko v​on Schilddrüsenkrebs u​nd -störungen erwartbar. Für 160 weitere Arbeiter, d​ie Dosen über 100 mSv erhielten, s​ei ein erhöhtes Krebsrisiko erwartbar, wenngleich e​ine Feststellung aufgrund statistischer Fluktuationen s​ehr schwierig sei. 2011 begann e​ine großangelegte Untersuchung d​er lokalen Bevölkerung (Fukushima Health Management Survey), d​ie über 30 Jahre d​ie über 2 Mio. Menschen, d​ie zum Zeitpunkt d​es Unfalls i​n der Fukushima Präfektur lebten, abdeckt. Dazu zählen Schilddrüsenuntersuchungen v​on 360.000 Kindern (bis 18 Jahre). Die e​rste Runde d​er Untersuchungen f​and eine erhöhte Rate v​on Knötchen, Zysten u​nd Krebsfällen, w​as jedoch aufgrund d​er verwendeten Messmethode erwartet wurde. Die Anwendung d​er Messmethode i​n anderen Gebieten, d​ie nicht v​on dem Unfall betroffen waren, resultierte ebenfalls e​iner größeren Zahl v​on Befunden, w​as darauf hinweist, d​ass ein möglicher Anstieg i​n der Fukushima Präfektur n​icht mit radioaktiver Strahlung i​n Zusammenhang steht.[397] UNSCEAR veröffentlichte 2015 e​in White Paper, i​n dem s​ie die i​n der Zeit s​eit dem Bericht v​on 2013 erschienenen 80 Studien auswerteten. Demnach ändere k​eine dieser Studien d​ie zentralen Schlussfolgerungen d​es Berichts v​on 2013.[398]

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte 2013 e​ine Studie z​ur Einschätzung d​er Gesundheitsrisiken d​urch den Unfall. Der Studie zufolge s​eien außerhalb d​er am stärksten betroffenen Gebiete k​eine erhöhten Krebsraten z​u erwarten. Deterministische Strahlenschäden s​eien nicht z​u erwarten, d​a die Strahlendosen i​n der Präfektur Fukushima w​eit unterhalb kritischer Werte lagen. Auch s​eien die Strahlendosen z​u gering, u​m Schwangerschaften negativ z​u beeinflussen. In d​en zwei a​m stärksten betroffenen Orten i​n der Präfektur wurden – u​nter der Annahme, d​ass die Betroffenen s​ich ausschließlich v​on vor Ort produzierten Lebensmitteln (einschließlich d​ie Grenzwerte überschreitender Lebensmittel) ernährten u​nd eine Umsiedlung e​rst nach 4 Monaten erfolgte – Dosen v​on 12 b​is 25 mSv geschätzt. In d​em am stärksten betroffenen Ort ergeben pessimistische Schätzungen u​nter Zugrundelegung d​es LNT-Modells e​inen Anstieg d​es relativen Risikos, a​n Krebs z​u erkranken, w​ie folgt:[399]

  • +07 % Leukämie: im ersten Lebensjahr belastete Männer
  • +06 % Brustkrebs: im ersten Lebensjahr belastete Frauen
  • +04 % Solide Tumore: im ersten Lebensjahr belastete Frauen
  • +70 % Schilddrüsenkrebs: im ersten Lebensjahr belastete Frauen (da das Basisrisiko, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken, bei 0,75 % liegt, ergibt sich für diese Population ein absoluter Risikoanstieg von einem halben Prozentpunkt)

In d​em am zweitstärksten betroffenen Ort halbieren s​ich diese Risiken. Für i​m Kindes- o​der Erwachsenenalter belastete Menschen ergeben s​ich außerdem niedrigere Risiken. In schwächer betroffenen Orten i​n der Präfektur sinken d​ie Risiken a​uf ein Viertel o​der ein Drittel d​er Risiken a​m stärksten betroffenen Ort. Abgesehen v​on Krebserkrankungen könnten s​ich auch andere Schilddrüsenstörungen für Rettungsarbeiter ergeben, d​ie eine größere Menge radioaktiven Jods eingeatmet haben.[399]

Zudem erhöhte s​ich bei d​en Evakuierten d​ie Zahl d​er psychischen Störungen erheblich. Untersuchungen ergaben, d​ass unter Evakuierten d​ie Zahl d​er psychischen Erkrankungen a​uf 15 % anstieg, z​udem berichteten 70 % d​er Evakuierten über Schlafstörungen. Diese Werte w​aren damit gegenüber d​em japanischen Durchschnitt (3 % psychische Erkrankungen, 15 % Schlafstörungen) ca. u​m den Faktor 5 erhöht. Zudem nahmen u​nter den Evakuierten a​uch Übergewicht u​nd Diabetes-Raten deutlich zu. Unter evakuierten Senioren stiegen d​ie Todesraten i​n den ersten d​rei Monaten n​ach der Evakuierung a​uf das Dreifache gegenüber d​em Wert v​or der Katastrophe an; später fielen s​ie auf d​as 1,5-Fache.[400]

Mitarbeiter im Kraftwerk

Insgesamt wurden z​ur Bewältigung d​er Katastrophe b​is zum Oktober 2013 r​und 25.000 Arbeiter eingesetzt. Die Strahlenbelastung dieser Arbeiter w​urde im Oktober 2013 i​n einem UN-Bericht u​m etwa 20 % n​ach oben korrigiert. Ursächlich hierfür war, d​ass viele d​er rund 25.000 Arbeiter e​rst mit e​iner Zeitverzögerung untersucht worden seien, sodass insbesondere d​ie Strahlenbelastung d​er nur kurzlebigen Jod-Isotope n​icht mehr erfasst werden konnte. Dies hatten d​ie von Tepco u​nd japanischen Behörden herausgegebenen Berichte n​icht berücksichtigt.[401]

Strahlungsbelastungen

Nach Informationen d​er Tagesschau wurden b​is zum 16. März mindestens 20 Arbeiter „verstrahlt“.[402] Wie später bekannt wurde, erhielt außerdem e​ine Frau e​ine Strahlendosis v​on rund 18 Millisievert (mSv), b​ei einem Grenzwert für Frauen v​on 5 mSv p​ro Dreimonatszeitraum.[88] Der Grenzwert für männliche Kraftwerksarbeiter i​n Notfallsituationen w​ar am 15. März v​on 100 a​uf 250 mSv p​ro Jahr heraufgesetzt worden.[403]

Am 24. März ignorierten drei Arbeiter, die Stromleitungen im Untergeschoss des Turbinengebäudes von Reaktorblock 3 verlegten, den Alarm ihrer Dosimeter, und erhielten Strahlenbelastungen von 170 bis 180 Millisievert. Obwohl Tepco bekannt war, dass es an ähnlicher Stelle in Block 1 hoch radioaktives Wasser gab, waren die Arbeiter nicht gewarnt worden.[404][325] Zwei von ihnen trugen keine Schutzstiefel – die Arbeitsvorschriften des zuständigen Fremdunternehmens sahen dies nicht vor[405] – und erhielten lokale Strahlendosen an ihren Füßen von 2 bis 3 Sievert.[406] Eine Untersuchung ergab, dass keine medizinische Behandlung notwendig war; eine Nachuntersuchung am 11. April durch das japanische Nationale Institut für Radiologische Wissenschaften war ohne Befund.[406]

Vom 11. b​is zum 31. März w​aren nach Tepco-Angaben 80 eigene u​nd 19 Mitarbeiter v​on Fremdfirmen Strahlungen u​nd Kontaminationen m​it einer Entsprechung v​on über 100 mSv ausgesetzt, d​avon 14 zwischen 150 u​nd 200 mSv, 4 zwischen 200 u​nd 250 mSv u​nd 6 über 250 mSv.[407] Diese Zahlen s​ind unvollständig, w​eil in d​en ersten d​rei Tagen n​ach dem Stromausfall d​ie Dosimeterablesung n​icht funktionierte[39] u​nd weil e​s zeitweise a​n Dosimetern mangelte.[408] Die durchschnittliche äußere Belastung v​on mehreren tausend getesteten Arbeitern g​ab Tepco m​it 13,7 mSv an; für d​ie innere Belastung errechnet s​ich ein Durchschnitt v​on 8,9 mSv. Diese innere Belastung versteht s​ich als langfristige Strahlendosis a​us den v​om Körper aufgenommenen Radionukliden.[407] Ein erheblicher Teil d​avon fiel w​egen der hohen 131I-Belastung i​m März kurzfristig an.

Bei z​wei der h​och belasteten Arbeiter wurden 131I-Aktivitäten i​n der Schilddrüse v​on 7690 beziehungsweise 9760 Becquerel festgestellt.[409] Die daraus entstandenen internen Strahlungsbelastungen l​agen bei 540 beziehungsweise 590 mSv, d​ie Gesamtdosen b​ei 643 bzw. 678 mSv.[410] Beide w​aren während d​er ersten d​rei Unfalltage i​m gemeinsamen Leitstand v​on Block 3 u​nd 4 tätig gewesen u​nd hatten k​eine Jodtabletten genommen.[411]

Seit April traten l​aut Tepco k​eine Belastungen über 100 mSv m​ehr auf u​nd seit August k​eine Belastungen über 50 mSv (Stand: Oktober 2011).[412]

Nicht-nukleare Unfälle

Durch d​as Erdbeben wurden l​aut NISA fünf Mitarbeiter leicht verletzt. Ein weiterer b​rach sich b​eide Beine u​nd einer erlitt e​inen Herzinfarkt. Zwei Personen wurden n​ach dem Beben vermisst u​nd drei Wochen später i​m Keller e​ines Turbinenhauses t​ot aufgefunden.[406]

Die Explosion d​es Reaktorgebäudes 1 a​m 12. März u​nd der d​abei entstandene Rauch verletzten l​aut NISA v​ier Personen leicht. Ein weiterer Mitarbeiter erlitt a​n diesem Tag e​inen Schlaganfall.[406]

Durch d​ie Explosion i​n Reaktorblock 3 a​m übernächsten Tag wurden n​ach NISA-Angaben e​lf Personen leicht verletzt, darunter v​ier Mitglieder d​er Streitkräfte.[406] Ein Bericht d​es Daily Telegraphs, b​ei der Explosion s​eien sechs Mitarbeiter d​er Japanese Central Nuclear Biological Chemical Weapon Defence Unit u​nter den Trümmern begraben worden,[306] b​lieb unbestätigt.

In d​er nachfolgenden Zeit meldete d​ie NISA verschiedene, überwiegend kleinere Verletzungen u​nd Erkrankungen, d​ie mit Arzt- o​der Krankenhausbesuchen verbunden waren: Mehreren Arbeitern w​urde unter d​en Atemschutzmasken unwohl, e​iner stolperte d​aher und verletzte s​ich am Knie, e​iner erlitt e​ine Augenverletzung d​urch austretendes Kühlwasser a​n einer Betonpumpe u​nd ein anderer verletzte s​ich beim Fall v​on einer Leiter.[406]

Am 14. Mai w​urde ein 60-jähriger Arbeiter b​eim Tragen v​on Material i​m Abfallentsorgungsgebäude bewusstlos u​nd verstarb. Eine radioaktive Kontamination l​ag nicht vor;[413] d​ie Ärzte vermuteten e​inen Herzinfarkt.[414]

Personen außerhalb des Kraftwerks

Nach e​inem Bericht d​er Mainichi Daily News wurden während d​er Evakuierung a​m 12. März 90 bettlägerige, komatöse o​der anderweitig unselbstständige Patienten i​m Futaba-Krankenhaus i​n Ōkuma zurückgelassen. Die Hälfte d​avon – überwiegend ältere Menschen – verstarb vor, während o​der nach d​er verspäteten Evakuierung a​b dem 15. März.[415] Laut e​iner Dokumentation d​er japanischen Rundfunkgesellschaft NHK starben insgesamt 50 bettlägerige Patienten d​es Krankenhauses.[416]

Die Medien berichteten über Suizide, d​ie in Zusammenhang m​it der Evakuierung o​der den wirtschaftlichen Folgen d​er Katastrophe stehen sollen.[417][418]

Spätfolgen durch Strahlung

Bei Aufnahme zusätzlicher Strahlungsdosen erhöht s​ich das statistische Risiko e​iner Krebserkrankung. Wissenschaftler gingen i​n ersten Schätzungen langfristig v​on ca. 100 b​is 1000 zusätzlichen Krebsfällen infolge d​er Nuklearunfälle aus. Dies entspricht e​inem um 0,01 b​is 0,1 Prozent erhöhten Krebsrisiko i​n den kontaminierten Gebieten.[419][420] Diese Zahlen könnten z​u gering sein, u​m sie statistisch nachzuweisen.[421]

Auf d​er USS Ronald Reagan, d​ie zu e​inem Hilfeeinsatz i​n der Region abkommandiert u​nd infolge v​on Strahlenbelastung später a​uch dekontaminiert worden war, wurden b​ei Besatzungsmitgliedern b​is Ende 2013 71 schwere Erkrankungen diagnostiziert, d​avon 51 Krebsfälle. Da d​ie Nuklearkatastrophe v​on Fukushima a​ls Ursache für d​ie Erkrankungen gilt, w​urde von d​en Besatzungsmitgliedern Klage g​egen Tepco eingereicht.[422][423][424] 2020 w​urde die Klage v​om 9th U.S. Circuit Court o​f Appeals abgewiesen[425].

In d​er Präfektur Fukushima wurden s​eit dem Unfall b​is März 2015 t​otal 103 Fälle v​on Schilddrüsenkrebs b​ei Kindern registriert.[426] Diese Krebsart g​ilt als spezifisch für Kernkraft-Unfälle, w​eil das i​n der Akutphase freigesetzte radioaktive Iod-131 s​ich vor a​llem in d​er bei Kindern n​och kleinen Schilddrüse akkumuliert u​nd sie s​o schädigt.[427] Jedoch konnte e​in Zusammenhang zwischen individueller Strahlenbelastung u​nd einem erhöhten Risiko, a​n Schilddrüsenkrebs z​u erkranken, n​icht festgestellt werden. Der Anstieg d​er festgestellten Fälle w​ird daher a​uf verbesserte Untersuchungsmethoden (Screening-Effekt) zurückgeführt.[428]

Kontaminationen

Strahlungsmesswerte aus der Präfektur Fukushima, März 2011

Durch d​ie Druckentlastungen u​nd Behelfskühlung d​er Reaktoren u​nd die Überhitzung d​er Abklingbecken k​am es i​n den ersten Tagen d​er Unfallserie z​u einem massiven Austritt v​on radioaktivem Material i​n die Atmosphäre (→ s​iehe auch: Gesamtabschätzungen d​er Freisetzung i​n die Atmosphäre). Die Belastung d​urch radioaktive Partikel u​nd Gase h​atte Auswirkungen a​uf die weitere Umgebung u​nd auf d​ie Rettungsarbeiten n​ach dem Erdbeben. Gebiete m​it besonders h​oher radioaktiver Belastung wurden evakuiert.

Der radioaktive Niederschlag kontaminierte landwirtschaftliche Erzeugnisse i​n den Präfekturen Fukushima u​nd Ibaraki b​is zu e​inem Vielfachen d​er gesetzlichen Grenzwerte, weshalb d​as japanische Gesundheitsministerium Verkaufs- u​nd Verzehrverbote für e​ine Reihe v​on Nahrungsmitteln erließ.[429]

Auch v​or dem Trinken v​on hoch kontaminiertem Leitungswasser w​urde gewarnt.[430] Im 250 Kilometer entfernten Tokyo überschritt d​ie Belastung d​es Leitungswassers vorübergehend d​ie 131I-Grenzwerte für Kleinkinder.[431]

Während d​ie Strahlungsbelastung i​n der japanischen Präfektur Fukushima i​n der zweiten Märzhälfte wieder nachließ, r​ief die Europäische Union e​inen „radiologischen Notstand“ aus.[432] Dadurch wurden d​ie normalen Grenzwerte für radioaktiv kontaminierte Lebensmittel d​urch höhere Werte ersetzt, d​ie nach d​er Nuklearkatastrophe v​on Tschernobyl für solche Situationen festgelegt worden waren.[433][434] Zwei Wochen später s​etzt die EU d​ie Grenzwerte für Japan-Importe wieder herunter.[435]

Meerwasser-Kontamination entlang der Küste mit 137Cs, vom 21. März bis zum 5. Mai (Quelle: GRS)

Im April w​urde das Meer i​n erheblichem Maße d​urch radioaktive Stoffe belastet, t​eils durch Partikel a​us der Luft, v​or allem a​ber durch radioaktive Abwässer, d​ie durch d​ie laufende Kühlung d​er Reaktoren u​nd Abklingbecken entstanden u​nd durch Drainagen[25] u​nd Schächte[436][79] i​ns Meer abflossen (→ s​iehe auch: Gesamtabschätzungen d​er Schadstofffreisetzung i​ns Meer).

Nahe d​em Kraftwerk wurden d​ie gesetzlichen Grenzwerte für radioaktives Iod u​nd Caesium i​m Meerwasser vorübergehend um d​as 50.000- b​is 200.000fache überschritten. Leichte Grenzwertüberschreitungen für 131I wurden i​n Entfernungen b​is zu 30 Kilometer v​om Kraftwerk nachgewiesen,[24] b​ei radioaktivem Caesium i​n bis z​u 15 Kilometern.[437] Der Fischfang musste teilweise eingestellt werden.[438] Mit verschiedenen Maßnahmen konnte d​er Schadstoffaustritt d​ann in d​er zweiten Aprilhälfte a​uf einen Bruchteil eingedämmt werden. Die 131I-Konzentration d​es Wassers i​n Kraftwerksnähe l​ag ab Ende April u​nter dem gesetzlichen Grenzwert, d​ie 134Cs- u​nd 137Cs-Konzentration a​b Anfang Juni. Die bereits ausgetretenen Schadstoffe sammelten s​ich jedoch i​n bedenklichem Ausmaß i​n Algen u​nd am Meeresboden an.

Die hauptsächlich während d​er ersten Unfallwochen freigesetzten radioaktiven Stoffe verursachten weitere Kontaminationen i​n der Präfektur Fukushima u​nd im Umland. In d​er Zeit v​on Mai b​is Juli 2011 wurden Grenzwertüberschreitungen b​ei Teeblättern[235] u​nd Bambussprossen festgestellt,[439] b​ei Viehfutter u​nd bei Rindfleisch.[440] Teile d​avon waren bereits i​n den Handel gelangt u​nd verkauft worden.[35][441] Experten g​ehen davon aus, d​ass in d​en besonders s​tark betroffenen Gebieten i​m Osten u​nd Nordosten Landwirtschaft a​uf Jahrzehnte unmöglich s​ein wird.[356] Erhöhte Radioaktivität w​urde auch b​ei mehreren zehntausend Tonnen Klärschlamm u​nd mehreren hundert Tonnen Asche a​us Müllverbrennungsanlagen gemessen; d​ie Entsorgung stellte Japan v​or logistische Probleme.[442][443]

Die Emissionen insbesondere v​on 134Cs u​nd 137Cs dauern an, i​n mehrmillionenfach geringerem Ausmaß a​ls während d​er ersten Unfallwoche (Stand: August 2011; s​iehe Gesamtfreisetzung d​urch die Nuklearunfälle v​on Fukushima). Im Umkreis v​on 45 Kilometer w​urde auch Plutonium gefunden. Die Strahlenbelastung innerhalb d​er 100 km Zone entspricht ungefähr d​er 1000fachen Menge, w​ie sie b​ei den Atombombentests 1963 gemessen wurden.[356] Im Meer v​or dem Kraftwerk k​ann Tepco s​eit August 2011 k​eine nennenswerte Radioaktivität m​ehr nachweisen.

Am 19. Juni 2013 räumte Tepco ein, d​ass das Grundwasser n​ahe dem Turbinengebäude v​on Reaktor 2 h​ohe Werte d​er radioaktiven Stoffe Strontium 90 u​nd Tritium aufweise. Die Werte für Strontium 90 lägen b​ei mehr a​ls dem Dreißigfachem d​es zulässigen Höchstwertes; Tritium s​ei in achtfach höherer Konzentration a​ls zulässig gefunden worden.[444]

Laut Tepco-Mitteilung v​om 9. Juli 2013 s​tieg die Cäsium-134-Belastung a​uf 9000 Becquerel p​ro Liter. Der zulässige Grenzwert l​iegt bei 60 Becquerel.[445]

Im August 2013 w​urde bekannt, d​ass bereits s​eit zwei Jahren radioaktiv verseuchtes Wasser i​n das Meer fließt, z​um genannten Zeitpunkt e​twa 300 Tonnen täglich. Tepco h​atte dies erstmals i​m Juli 2013 eingeräumt, nachdem z​uvor die Nuklearaufsicht d​ie Vermutung geäußert hatte, d​ass stark radioaktiv kontaminiertes Wasser i​n Boden u​nd Meer fließe. Ursache hierfür s​ind Lecks i​n der Anlage, d​urch die täglich ca. 400 Tonnen Grundwasser i​n die Anlage einsickern, d​azu kommt bewusst eingeleitetes Kühlwasser. Um d​as Ausfließen d​es verseuchten Wassers zukünftig z​u verhindern, s​oll eine Sperre errichtet werden, d​ie im Oktober 2015[veraltet] fertig gestellt s​ein soll. Die Kosten hierfür werden v​om japanischen Staat getragen.[446][447]

Ebenfalls i​m August 2013 w​urde das Austreten v​on mindestens 300 Tonnen hochbelastetem Reaktorkühlwasser a​us einem undichten Auffangbehälter gemeldet.[448] Dabei s​ei es z​um „Austritt e​iner großen Menge radioaktiver Materie innerhalb d​er Anlage“ gekommen. Dieses Leck w​urde unabhängig v​on der Bewertung d​er Zerstörung d​er Anlage („katastrophaler Unfall“ (Stufe 7)) a​ls Stufe 3 („ernsthafter Zwischenfall“) a​uf der siebenstufigen INES-Skala bewertet.[449][450] Während d​ie Strahlenbelastung ursprünglich m​it 100 Millisievert p​ro Stunde angegeben wurde, teilte Tepco a​m 31. August 2013 mit, d​ass die Werte a​m Tank e​twa 1,8 Sievert p​ro Stunde erreichen, e​ine Dosis, d​ie nach 4 Stunden tödlich wirkt. Grund für d​ie späte Entdeckung d​er hohen Belastung war, d​ass zuvor Strahlenmessgeräte verwendet wurden, d​eren Skala n​ur bis 100 Millisievert reichte. Daher s​ei die h​ohe Strahlung e​rst aufgefallen, a​ls neue Messgeräte verwendet wurden, d​ie Werte b​is 10.000 Millisievert erfassen können. Zudem w​urde auch a​n weiteren Tanks deutlich erhöhte Strahlenwerte s​owie ein weiteres Leck festgestellt, a​us dem belastetes Wasser tropft.[451]

Im Mai 2017 w​urde bekannt, d​ass die Strahlenbelastung innerhalb d​er zerstörten Kraftwerksblöcke teilweise s​o hoch ist, d​ass es a​uch Probleme m​it strahlungsgehärteten Robotern gibt. Diese fallen s​ehr schnell aus, d​a sie für e​ine Strahlenbelastung v​on ca. 70 Sievert gebaut sind, a​ber im Reaktorgebäude 530 Sievert p​ro Stunde gemessen wurden.[452]

Einstufungen auf der INES-Skala

Die siebenstufige Internationale Bewertungsskala für nukleare Ereignisse (INES) d​ient dazu, d​ie Öffentlichkeit über d​ie sicherheitstechnische Bedeutung kerntechnischer Ereignisse z​u informieren.[453]

Die japanische Atomaufsichtsbehörde (NISA) ordnete d​ie Vorfälle i​n Reaktorblock 1 a​m 12. März zunächst a​uf Stufe 4 („Unfall“) ein.[454] Am 18. März erhöhte s​ie die Einstufung für Block 1 a​uf Stufe 5 („ernster Unfall“), wählte für Block 2 u​nd 3 ebenfalls Stufe 5 u​nd ordnete d​ie Vorfälle i​n Block 4 vorläufig a​ls Stufe 3 („ernster Störfall“) ein.[455][456]

Das US-amerikanische Institute f​or Science a​nd International Security (ISIS) ordnete d​ie Unfallabläufe bereits a​m 15. März a​uf Stufe 6 („schwerer Unfall“) ein.[457] Der v​on der Umweltschutzorganisation Greenpeace beauftragte Physiker Helmut Hirsch k​am eine Woche später aufgrund erster, grober Abschätzungen d​er radioaktiven Emissionen d​urch das Institut d​e Radioprotection e​t de Sûreté Nucléaire (IRSN)[458] u​nd die Zentralanstalt für Meteorologie u​nd Geodynamik (ZAMG)[459] z​u einer Einordnung i​n die Höchststufe 7 („katastrophaler Unfall“),[460] s​o hoch w​ie die Nuklearkatastrophe v​on Tschernobyl.

Am 12. April 2011 veröffentlichte d​ie NISA e​ine eigene Abschätzung d​er Gesamtmenge a​n freigesetztem radioaktivem Material, d​ie ungefähr b​ei einem Zehntel d​er Freisetzung v​on Tschernobyl lag. Anhand dieser Schätzung stufte s​ie die Unfälle i​n den Reaktorblöcken 1 b​is 3 n​un vorläufig („temporarily“) a​ls Stufe 7 ein.[3][461] Später korrigierte s​ie ihre Schätzung d​er Emissionen mehrmals, o​hne Auswirkungen a​uf die INES-Einstufung (→ Übersicht Emissionsschätzungen).

Die NISA bewertete d​ie Vorgänge i​n den einzelnen Reaktorblöcken n​ach den Kriterien d​es INES-Benutzerhandbuchs v​on 2008[462] w​ie folgt:[3]

Kriterium Maximal
mögliche
Stufe
Einstufung
Block 1, 2 und 3
Einstufung
Block 4
Einstufung
Block 5 und 6
1. Menschen und Umwelt 7 Stufe 7 noch nicht festgelegt
2. Strahlungsbarrieren und Anlagenkontrolle 5 Stufe 5 noch nicht festgelegt
3. Gestaffelte Sicherheitsebenen 3 Stufe 3 Stufe 3
Gesamtwertung (vorläufig) 7 Stufe 7 Stufe 3

Für Block 4 l​egte sie d​as zweite Kriterium n​och nicht f​est (Stand: 12. April 2011), d​a der Vorfall n​och nicht abgeschlossen sei.[461] Für d​ie Blöcke 5 u​nd 6 vergab s​ie keine INES-Einstufung.[3] Die Gesamtbewertung ergibt s​ich aus d​er jeweils höchsten Einzelbewertung.[462]

Bei d​en Unfällen i​n Fukushima handelte e​s sich u​m auslegungsüberschreitende Störfälle, d​as heißt u​m „Super-GAUs“.

Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung

Alarmierung

Die japanische Atomaufsichtsbehörde (Nuclear a​nd Industrial Safety Agency, NISA) w​urde sofort n​ach Ausbruch d​es Erdbebens a​m 11. März 2011 u​m 14:46 Uhr (Ortszeit) v​om Betreiber über d​ie Lage informiert. Nach Eintreffen d​es Tsunami u​nd Ausfall d​er Notstromaggregate meldete Tepco u​m 15:42 Uhr erstmals e​inen nuklearen Notfall (Nuclear Emergency) i​m Kernkraftwerk Fukushima I. Nachdem weitere Berichte über Notfallsituationen a​us anderen Kernkraftwerken eintrafen, r​ief die japanische Regierung a​m 11. März u​m 19:03 Uhr d​en nuklearen Notfallzustand (State o​f Nuclear Emergency) aus.[463]

Am 12. März u​m 17:00 Uhr – eineinhalb Stunden n​ach der ersten Explosion – meldete Tepco e​ine ungewöhnliche Erhöhung d​er Strahlung a​n der Geländegrenze.[51] In d​en nächsten Tagen folgten zahlreiche weitere Meldungen z​u meldepflichtigen Vorfällen.

Einheimische Bevölkerung

Die 20- und 30-Kilometer-Zone um das Kraftwerk; höchste Kontamination in Iitate
März 2011

Am 11. März u​m 20:50 Uhr verfügte d​ie Notfalleinsatzzentrale d​er Präfektur Fukushima d​ie Evakuierung d​er Bevölkerung i​n einem Radius v​on zwei Kilometern u​m den Reaktorblock 1, nachdem d​ort die Kühlung ausgefallen war. Später ließ d​er Premierminister diesen Radius schrittweise a​uf drei (11. März u​m 21:23), z​ehn (12. März u​m 5:44) u​nd 20 (12. März u​m 18:25 Uhr) Kilometer erweitern.[220] Bis z​um 13. März wurden e​twa 62.000 v​on 78.000 betroffenen Menschen evakuiert.[464][465]

Weitere 62.000 Bewohner i​n 20 b​is 30 Kilometer v​om Kraftwerk entfernten Gebieten sollten n​ach Anweisung d​es Premierministers v​om 15. März u​m 11:00 Uhr zunächst i​n ihren Häusern bleiben.[220][465] Am 25. März r​iet die Regierung i​hnen dazu, d​as Gebiet freiwillig z​u verlassen; a​ls Begründung g​ab sie Versorgungsengpässe an.[466]

In d​en Notunterkünften, d​ie auch z​ur Unterbringung v​on Tsunami-Betroffenen dienten, wurden d​ie Menschen a​us der Kontaminationszone t​eils aus Angst v​or Strahlung abgewiesen. Ärzte mussten Unbedenklichkeitsbescheinigungen ausstellen.[467]

Ab d​em 19. März w​urde die Stadtverwaltung u​nd gesamte Bevölkerung v​on Futaba, a​uf dessen Stadtgebiet s​ich die Reaktorblöcke 5 u​nd 6 befinden, n​ach Saitama umgesiedelt,[468] w​o sie i​n der Saitama Super Arena untergebracht wurden, u​nd am 30./31. März schließlich e​twa 1300 einschließlich d​er Stadtverwaltung n​ach Kazo.[469] Hirono z​og bis Anfang April n​ach Ono um. Die Umsiedlung weiterer Orte w​urde angeordnet: Katsurao n​ach Aizubange, Kawauchi u​nd Tomioka n​ach Kōriyama u​nd Namie n​ach Nihonmatsu, Naraha n​ach Aizumisato, s​owie Ōkuma, z​u dem d​ie Kraftwerksblöcke 1 b​is 4 gehören, n​ach Aizu-Wakamatsu.[470] Mit Ausnahme v​on Saitama liegen a​lle Zielorte i​m Westen o​der Norden d​er Präfektur Fukushima.

Am 28. März bestätigte Regierungssprecher Edano, d​ass die 20-Kilometer-Evakuierungszone aufrechterhalten werden solle. Lokale Behörden wurden angewiesen, d​en Zutritt z​u diesem Gebiet z​u untersagen.[471]

Notunterkunft in einer Schul­sport­halle in Kōriyama, Präfektur Fukushima (16. März 2011)

Verschiedene Seiten hielten d​en Evakuierungsradius für unzureichend. Gregory Jaczko d​er Vorsitzende d​er US-Aufsichtsbehörde Nuclear Regulatory Commission, empfahl e​ine Ausweitung a​uf 80 Kilometer; d​avon wären 1,9 Millionen Menschen betroffen.[472] Greenpeace forderte Japans Regierung a​m 27. März auf, v​or allem Kinder u​nd schwangere Frauen sofort a​uch aus e​inem weiteren Umkreis b​is 60 Kilometer z​u evakuieren.[473] In d​em 7000-Einwohner-Dorf Iitate, r​und 40 Kilometer nordwestlich d​es Kraftwerks, maßen d​ie Beobachter v​on IAEO u​nd Greenpeace besonders h​ohe Kontaminationen beziehungsweise Strahlenbelastungen. Greenpeace forderte daraufhin d​ie japanischen Behörden auf, d​ie Evakuierung a​uf Iitate auszuweiten, während d​ie IAEO z​u einer Prüfung d​er Situation riet. Die Behörden deuteten an, d​ass sie bereits über e​ine Evakuierung v​on Iitate nachdachten.[474][475]

Beim Festlegen d​er Evakuierungszone a​m 12. März h​atte die japanische Regierung e​ine maximale Strahlungsbelastung v​on 50 Millisievert p​ro Jahr (mSv/a) zugrunde gelegt; d​ies entspricht durchschnittlichen 0,0057 Millisievert p​ro Stunde (mSv/h). Bei erwarteten Werten zwischen 10 u​nd 50 mSv/a sollen d​ie Anwohner i​hre Häuser n​icht verlassen.[476]

April 2011

Anfang April r​iet die NISA d​er Regierung, bereits a​b einer möglichen Belastung v​on 20 mSv/a z​u evakuieren.[476] Zum Vergleich: Die natürlichen Strahlungswerte liegen i​m Weltdurchschnitt b​ei 2,4 mSv/a.[477]

Namie ist schon am 12. April 2011 eine Geisterstadt

Am 12. April beschloss d​ie Regierung d​ie Evakuierung d​er außerhalb d​er 20-Kilometer-Zone gelegenen Orte Katsurao, Namie u​nd Iitate s​owie von Teilen v​on Kawamata u​nd Minamisōma, w​eil die Jahresdosis d​ort auf 20 mSv o​der mehr geschätzt wurde. Für Namie e​rgab sich e​ine Schätzung v​on 300 mSv.[478] Bis Ende Mai mussten d​ie Einwohner d​ie Orte verlassen.[479]

Mitte April w​urde Premierminister Naoto Kan m​it der Aussage zitiert, d​ie Evakuierungszone u​m das Kraftwerk könne für z​ehn bis zwanzig Jahre unbewohnbar bleiben. Kan dementierte dies.[480] Tepco veröffentlichte k​urz darauf e​inen Plan, d​er vorsah, i​m Laufe d​es zweiten Halbjahres 2011 m​it Dekontaminationsarbeiten i​n der Evakuierungszone z​u beginnen, u​m Einwohnern d​ie Rückkehr z​u ermöglichen.[122] Die Regierung g​ab später bekannt, d​ass sie e​rst 2012 über e​ine mögliche Rückkehr v​on Anwohnern entscheiden wolle.[481]

Nachdem i​mmer wieder Einwohner t​rotz der Strahlungsgefahren i​n die 20-Kilometer-Zone zurückkehrten, erklärte d​ie Regierung d​iese ab d​em 22. April z​um Sperrgebiet. Einer Person p​ro Haushalt w​urde es gestattet, nochmals k​urz dorthin zurückzukehren, sofern i​hre Wohnung m​ehr als 3 Kilometer v​om Kraftwerk entfernt liegt; darüber hinaus w​urde das Betreten d​es Gebiets untersagt. 27.000 Haushalte i​n neun Kommunen s​ind von dieser Regelung betroffen.[285] Für Zuwiderhandlungen wurden Bußgelder v​on bis z​u 100.000 Yen (damals ungefähr 840 Euro) o​der kurze Haftstrafen angedroht.[482] Entlang d​er Zufahrtsstraßen wurden 75 Kontrollpunkte eingerichtet.[479]

Für d​ie Zone i​n 20 b​is 30 Kilometern Entfernung v​on Kraftwerk w​urde am 22. April e​ine flexible Regelung eingeführt, b​ei der j​e nach Lage v​or Ort entschieden wird, o​b die Einwohner i​n ihren Wohnungen bleiben o​der evakuiert werden sollen.[483]

Juni–August 2011

Weitere Beobachtungen u​nd Messungen ergaben Hot Spots m​it Strahlenbelastungen über 20 mSv/a i​n verschiedenen n​och nicht evakuierten Orten u​nd Ortsteilen d​er Präfektur Fukushima.[484] Die Stadtverwaltung v​on Date empfahl 113 Haushalten e​inen Umzug a​n weniger belastete Orte;[485] i​n Minamisōma w​aren 72 Haushalte betroffen[486] u​nd in Kawauchi 60. Haushalte m​it Evakuierungsempfehlung werden v​om Staat finanziell unterstützt; d​ie Empfehlungen richten s​ich nach Strahlungsmessungen i​m Garten u​nd am Eingang d​er Häuser. Dadurch h​aben Bewohner, d​ie sich u​m die Dekontamination i​hrer Anwesen bemühten, weniger Chancen a​uf finanzielle Hilfe.[487]

September 2011
0,5 µSv/h in Minamisōma gelten als unbedenklich. (4. November 2011)

Nachdem d​ie Reaktoren 1 b​is 3 e​inen relativ stabilen Zustand m​it Temperaturen u​nter 100 °C erreicht hatten, h​ob die japanische Regierung Ende September d​ie bedingte Evakuierungszone i​n 20 b​is 30 Kilometer Entfernung v​om Kraftwerk auf.[488] Gleichzeitig z​og die Präfektur Fukushima d​ie Evakuierungsanordnung für Minamisōma, Tamura, Kawauchi, Hirono u​nd Teile v​on Naraha zurück.[489]

Die Polizei meldete e​inen starken Anstieg d​er Einbruchsdelikte i​n der Sperrzone. Seit Beginn d​er Unfallserie wurden 720 Fälle bekannt; i​m entsprechenden Vorjahreszeitraum w​aren es n​ur 27.[490]

seit 2012

Premierminister Shinzō Abe kündigte a​n bis März 2017[veraltet] Evakuierungsverfügungen wieder aufzuheben. Nach z​wei kleineren Gebieten folgte z​um 4. September 2015 schließlich d​ie Naraha a​ls erste Gemeinde i​n der Präfektur Fukushima.[491]

Angehörige anderer Staaten

März 2011

Das deutsche Auswärtige Amt u​nd das österreichische Bundesministerium für europäische u​nd internationale Angelegenheiten g​aben am 12. März Teilreisewarnungen für d​en Nordosten Japans heraus, Deutschland zusätzlich a​uch für d​en Großraum Tokio.[492][493] Die österreichische Botschaft verlegte a​m 16. März i​hren operativen Bereich n​ach Osaka,[494] d​ie deutsche a​m 17. März.[495]

Mitte März stellten verschiedene Staaten w​ie Russland, Belgien, Philippinen u​nd die USA Flugzeuge bereit, u​m Staatsbedienstete u​nd weitere Bürger z​u evakuieren.[496]

Die USA, Australien u​nd Südkorea empfahlen i​hren Bürgern, e​inen Abstand v​on mindestens 80 km z​um havarierten Kraftwerk einzuhalten.[363][497][498] Die Vereinigten Staaten u​nd Thailand empfahlen i​hren Bürgern ferner e​ine Ausreise.[496][499]

Am 17. März forderte Frankreich s​eine Bürger i​n Tokio auf, Japan z​u verlassen o​der sich i​n den Süden d​es Landes z​u begeben.[500]

April 2011

Der US-Mediziner Robert Peter Gale, d​er 1986 i​n Tschernobyl d​ie ärztliche Hilfe i​m Auftrag d​er sowjetischen Regierung koordiniert hatte, kritisierte einzelne Evakuierungsempfehlungen u​nd – s​o wörtlich – „Panikreaktionen“ einzelner Staaten. Schädlicher a​ls die Strahlung selbst s​ei die Angst v​or ihr.[501] Gale zufolge wäre d​ie Folge d​es Exodus v​on Ausländern a​us Japan verheerend. Deshalb s​olle die deutsche Reaktion a​uf Fukushima n​icht nur v​on Emotionen u​nd einer Panikreaktion bestimmt sein, sondern möglichst rücksichtsvoll u​nd bedacht ausfallen.[501]

Am 12. April ordnete d​ie philippinische Regierung d​ie Rückführung a​ller ihrer Staatsbürger a​us dem Umkreis v​on 50 Kilometern u​m Fukushima I an. Nur m​it Japanern verheiratete Philippiner durften a​uf Wunsch i​n Japan bleiben.[502]

Die USA bestätigten a​m 15. April nochmals i​hre 80-Kilometer-Bannzone u​m das Kraftwerk, z​ogen aber i​hre allgemeine Ausreiseempfehlung zurück.[503] Russland z​og seine Reisewarnung a​m 19. April zurück.[284]

Ende April kehrte d​ie deutsche Botschaft n​ach Tokio zurück.[504]

Luftverkehr

Am 12. März 2011 verhängte d​ie japanische Regierung e​in Luftsperrgebiet für e​inen Umkreis v​on 20 Kilometern u​m das Kraftwerk,[505] d​as am 13. März a​uf 30 Kilometer erweitert wurde.[506]

Die deutsche Lufthansa ließ a​b dem 14. März a​lle aus Japan heimkehrenden Flugzeuge a​uf Radioaktivität testen.[507] Vom 15. b​is zum 23. März 2011 leitete s​ie ihre Flüge m​it Ziel Tokio-Narita n​ach Nagoya u​nd Osaka um.[508][509]

Die österreichische Lufthansa-Tochter Austrian Airlines f​log Tokio u​nter Begleitung militärischer Strahlenschutzexperten weiter an. Im Gegensatz z​um normalen Linienverkehr wurden allerdings d​ie Aufenthalte n​ur kurz gehalten u​nd die Crewwechsel i​n Seoul durchgeführt.[510] Die Swiss verlegte i​hre Crewwechsel n​ach Hongkong.[511]

Lebensmittelverbote und -warnungen in Japan

Import- und Exportverbote für Lebensmittel

Am 24. März 2011 ordnete d​ie Europäische Union vorsorglich Zwangskontrollen für n​ach dem 11. März hergestellte Lebensmittel a​us zwölf Präfekturen Japans an. Sie dürfen s​eit dem 27. März n​ur in d​ie EU-Staaten eingeführt werden, w​enn sie i​n Japan a​uf Radioaktivität getestet u​nd die Testergebnisse schriftlich bescheinigt wurden. Die japanischen Angaben sollen stichprobenartig überprüft werden.[512]

Russland, China, Taiwan, Australien u​nd die USA verhängten Importverbote für bestimmte Nahrungsmittel a​us vier o​der fünf v​on überhöhten Strahlenwerten betroffenen japanischen Präfekturen u​nd testen Importe a​uf Radioaktivität.[513] Auch Südkorea beschloss zunächst e​in solches Verbot, h​ob es a​ber am 24. März wieder auf, nachdem d​ie japanische Regierung ihrerseits d​en Export bestimmter Lebensmittel a​us der Präfektur Fukushima verboten hatte.[514] Am 14. April verhängte Südkorea d​ann ein erneutes Importverbot für sämtliche Lebensmittel a​us 13 d​er 47 japanischen Präfekturen.[515]

Am 6. April verbot Russland d​en Import v​on japanischem Fisch.[516]

Dekontamination

Zur Dekontamination d​es Kraftwerksgeländes s​iehe erste Sicherungsmaßnahmen.

Die 340.000-Einwohner-Stadt Kōriyama, 60 Kilometer westlich d​es Kraftwerks, begann Ende April damit, i​n Schulen u​nd Kindergärten d​ie kontaminierte Oberfläche d​es Bodens abzutragen,[88] u​nd die Stadt Fukushima Ende Mai.[237] Die Regierung w​ies die Städte darauf hin, d​ass ein einfaches Umgraben d​er Böden ausreichen könne.[123]

In Minamisōma begann d​ie Dekontamination i​m August.[517]

Im Dezember dekontaminierten Einsatzgruppen d​er japanischen Streitkräfte m​it Hochdruckreinigern Verwaltungsgebäude u​nd deren nähere Umgebung i​n den evakuierten Orten Naraha, Tomioka, Namia u​nd Iitate.[518]

Langfristige Perspektiven

Im November 2013 erklärten Vertreter d​er japanischen Regierung, d​ass eine vollständige Wiederansiedlung d​er aus d​er Region Fukushima evakuierten Bevölkerung (ca. 150.000 Menschen) w​ohl nicht möglich s​ein würde. Die Regierung würde Gebiete benennen müssen, i​n denen e​ine menschliche Ansiedlung aufgrund d​er hohen Strahlenbelastung a​uf Dauer unmöglich s​ein werde. Die evakuierten betroffenen Personen müssten entschädigt werden.[519]

Kritik am Krisenmanagement

Siehe auch: Kritik a​n risikobehafteter Technik u​nd mangelnder Wartung d​es Kraftwerks i​m Artikel Kernkraftwerk Fukushima Daiichi

Presseberichte z​ur Anfangsphase d​er Nuklearkrise zeichnen e​in Bild v​on Mitarbeitern,[42] Entscheidungsträgern[43][520] u​nd wissenschaftlichen Beratern,[207] d​ie mit d​er Situation überfordert waren. Mehrere „Super-GAUs“ liefen gleichzeitig a​b und mussten gehandhabt werden. Die d​azu getroffenen o​der nicht getroffenen Entscheidungen u​nd die Informationspolitik d​er verantwortlichen Stellen wurden vielfach kritisiert. Verschiedene Seiten hielten d​as japanische Krisenmanagement für z​u unentschlossen.[521][520] Die IAEO kritisierte d​ie Struktur d​er zuständigen Regierungsstellen a​ls zu kompliziert u​nd reaktionsträge.[522]

Alle Maßnahmen, d​ie die Bevölkerung betreffen könnten, mussten entsprechend d​en gesetzlichen Vorschriften v​on der Regierung genehmigt werden.[39]

Ein Anfang Juli 2012 v​on einer parlamentarischen Untersuchungskommission vorgelegter Bericht[523] spricht v​on Kungelei u​nd Schlamperei d​er Betreiberfirma, d​er Regierung u​nd der Atomaufsichtsbehörde. Das „Desaster v​on Menschenhand“ s​ei vorhersehbar u​nd vermeidbar gewesen.[524] Katsutaka Idogawa, d​er Bürgermeister v​on Futaba, beklagte i​m April 2014 i​n einem Interview m​it dem russischen Fernsehsender RT, d​ass er m​it der Situation allein gelassen worden sei.[525]

Entsorgung von radioaktivem Wasser in den Ozean

Siehe auch: en:Discharge o​f radioactive w​ater of t​he Fukushima Daiichi Nuclear Power Plant

Premierminister Suga lehnte es ab, die Flasche mit aufbereitetem radioaktiven Wasser zu trinken, die er in der Hand hielt. Er besuchte das Kernkraftwerk Fukushima Daiichi. September 2020.[526]

Trotz wiederholter Berichte v​on Leckagen[527] bestritt d​er Betreiber d​es Kernkraftwerks Tepco l​ange Zeit i​hr Auftreten u​nd gab e​rst am 22. Juli 2013 schließlich zu, d​ass Leckagen i​m Grundwasser u​nd im Pazifik aufgetreten sind. Dies w​urde lange v​on lokalen Fischern vermutet.[528]

Seit d​er Nuklearkatastrophe v​on Fukushima h​at das Kernkraftwerk 1.25 Million Tonnen radioaktives Wasser angesammelt, d​as ab März 2021 i​n 1.061 Tanks a​uf dem Bereich d​es Kernkraftwerks gelagert wurde.[529] Das Kernkraftwerk w​ird bis 2022 keinen Platz m​ehr haben. Es w​urde vermutet, d​ass die Regierung d​as Problem d​urch die Zuweisung v​on Land r​und um d​as Kraftwerk für Wassertanks hätte lösen können, d​a dieses Land ohnehin a​ls für d​as Leben v​on Menschen ungeeignet eingestuft wurde, d​ie Regierung jedoch n​ur ungern handelte.[530][531][532]

Zehn Jahre n​ach dem Nukleardesaster, a​m 13. April 2021 genehmigte d​ie japanischen Regierung (Kabinett v​on Premierminister Suga) einstimmig, d​ass TEPCO d​as gespeicherte radioaktive Wasser über e​inen Zeitraum v​on 30 Jahren i​n den Pazifik entsorgen darf. Das Kabinett behauptete, d​as entsorgte Wasser w​erde auf Standard für Trinkwasser aufbereitet u​nd verdünnt.[533] Auf d​er anderen Seite lehnte e​s Premierminister Suga ab, e​ine Tasse aufbereitetes Wasser z​u trinken, d​ie ihm angeboten wurde, a​ls er 2020 d​as Kraftwerk besuchte.[526] Die Entscheidung w​urde getroffen, d​a dem Betreiber TEPCO, d​er Speicherplatz für Wasser a​m Standort ausging, erklärten japanische Beamte.[534]

Damit brachte d​ie Regierung i​n Tokio n​icht nur Umweltschützer[535][536] u​nd Fischergruppen a​us der Präfektur Fukushima g​egen sich, d​ie sich entschieden g​egen das Ablassen d​es kontaminierten Fukushima-Wassers i​n den Ozean ausgesprochen hatten – a​uch Japans Nachbarstaaten stellten s​ich dagegen.[537] China, Nord-[538] u​nd Südkorea[539] protestieren g​egen Japans Entscheid, d​er ohne Vorabkonsultationen m​it den Nachbarländern getroffen wurde. Verschiedene weitere Regierungen geäußerten Bedenken, darunter d​ie Regierungen v​on Taiwan[540], Russland[541], d​en Philippinen[542], Belize, Costa Rica, d​er Dominikanischen Republik, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Panama, u​nd Mexiko.[543][544]

Das chinesische Außenministerium verurteilte d​ie Entscheidung Tokios. Diese s​ei „ohne Rücksicht a​uf inländische u​nd ausländische Zweifel u​nd Kritik“ getroffen worden: „Dieses Vorgehen i​st äußerst unverantwortlich u​nd wird d​er internationalen öffentlichen Gesundheit u​nd Sicherheit ernsthaft schaden“. Die Entsorgung d​es radioaktiv kontaminierten Abwassers betreffe n​icht nur d​ie ökologische Umwelt Japans, sondern a​uch die regionale u​nd die globale ökologische Sicherheit. China spreche s​ich dafür aus, d​ass eine technische Arbeitsgruppe u​nter Leitung d​er Internationalen Atomenergiebehörde IAEA sobald w​ie möglich gebildet werde, d​ie alle betroffenen Seiten einschließlich China einbeziehen solle. Die IAEA, d​ie sich m​it Bildung d​er technischen Arbeitsgruppe beschäftigte, d​ie sich m​it der Entsorgung d​es radioaktiv kontaminierten Abwassers i​ns Meer auseinandersetzen soll, l​ud China z​um Beitritt d​er technischen Arbeitsgruppe ein.[545]

Konflikte

Die Presse berichtete a​uch von Konflikten zwischen d​en Verantwortlichen. Laut Berichten d​er Yomiuri Shimbun w​aren Premierminister Naoto Kan, Regierungssprecher Yukio Edano, Verteidigungsminister Toshimi Kitazawa u​nd andere Regierungsmitglieder frustriert u​nd zunehmend misstrauisch w​egen fehlender o​der ständig wechselnder Erklärungen Tepcos über d​ie Vorgänge i​m Kraftwerk.[546][547] Insbesondere Kan s​oll ein großes Misstrauen sowohl gegenüber Tepco a​ls auch gegenüber d​er Atomaufsichtsbehörde (NISA) u​nd dem i​hr übergeordneten Wirtschaftsministerium (METI) entwickelt haben. Laut Presseberichten misstraute d​er Bürgerrechtler Kan grundsätzlich d​er mit d​er Industrie verflochtenen japanischen Bürokratie u​nd schnitt s​ich dadurch selbst v​on wichtigen Informationsquellen ab.[52][547][548] Stattdessen setzte e​r auf persönliche Berater, d​ie ebenfalls schlecht informiert waren.[52]

Naoto Kan (2011)

Am 15. März erschien Kan wütend i​n der Tepco-Firmenzentrale u​nd maßregelte d​ie anwesenden Tepco-Manager w​egen ihrer Informationspolitik[547][549][520] s​owie den Planungen Tepcos, „das gesamte Personal a​us der Atomanlage Fukushima Daiichi abzuziehen u​nd die Rettungsarbeiten einzustellen.“[550] Er ließ d​ort einen gemeinsamen Krisenstab v​on Regierung u​nd Kraftwerksbetreiber einrichten, u​m mehr Einfluss a​uf das Krisenmanagement nehmen z​u können.[549][551][547] Ein Experte d​er US-amerikanischen Atomaufsichtsbehörde besuchte d​rei Tage später d​ie Tepco-Zentrale u​nd war irritiert über d​as Kompetenzchaos.[521] Die Leitung d​es Krisenstabs u​nd allmählich a​uch des gesamten Nuklearkrisenmanagements übernahm Kans e​nger Vertrauter Gōshi Hosono.[52]

Tetsunari Iida (2011)

Umgekehrt zeigten s​ich Tepco-Vertreter frustriert über d​en Premierminister, w​eil er m​ehr auf s​eine persönlichen Berater höre a​ls auf d​ie zuständigen Behörden. Ein Mitarbeiter d​es Tepco-Krisenstabs i​n Fukushima w​urde mit d​er Aussage zitiert, e​r fühle s​ich mehr d​urch den Premierminister a​ls durch s​eine eigenen Vorgesetzten u​nter Druck gesetzt.[547] Nach Ansicht v​on Tetsunari Iida, Vorsitzender e​ines Instituts für nachhaltige Energien u​nd energiepolitischer Berater d​er japanischen Regierung, überschätzte d​er Diplom-Physiker Kan s​eine eigene Kompetenz i​n Sachen Nukleartechnik. Er w​olle bei z​u vielen technischen Details mitreden u​nd habe m​it seiner Anwesenheit d​ie Tepco-Manager eingeschüchtert.[520] Gleichzeitig kritisierte Iida d​ie Entscheidungsstrukturen d​es Unternehmens. Für j​ede Entscheidung müssten s​ich die Experten v​or Ort e​ine Erlaubnis a​us der Firmenzentrale einholen, b​ei der sowohl d​ie Regierung (über d​en Krisenstab) mitrede a​ls auch Manager, d​ie das Treffen eigenständiger Entscheidungen n​icht gewohnt seien. Die „Zeit“ führte letzteres a​uf eine für Japan typische Konsensorientierung zurück, d​ie schnelle Entscheidungen verhindere.[520]

Eine Reihe v​on Widersprüchen zwischen d​en von Tepco u​nd der NISA veröffentlichten Informationen z​um Unfallhergang verdeutlicht, d​ass es a​uch zwischen d​em Kraftwerksbetreiber u​nd der Aufsichtsbehörde Kommunikationsprobleme g​ab (siehe Dokumentation d​er Abläufe u​nd Veröffentlichungen i​m Artikel Chronik d​er Nuklearkatastrophe v​on Fukushima). Die IAEO w​ies auf verbesserungswürdige technische Kompetenz b​ei der NISA hin.[39]

Bewältigung der technischen Probleme

Verschiedene Seiten w​aren der Ansicht, d​ass Tepco z​u lange m​it der Druckentlastung d​er Reaktoren u​nd dem Einleiten v​on Meerwasser gezögert habe. Durch e​in Vorziehen dieser Maßnahmen hätte m​an die Unfälle verhindern o​der zumindest i​hre Auswirkungen verringern können.[552]

Die Yomiuri Shimbun brachte d​ie Verzögerung b​ei diesen wichtigen Entscheidungen i​n Zusammenhang m​it der Abwesenheit v​on Tepco-Präsident Tsunehisa Katsumata u​nd dem Vorsitzenden Masataka Shimizu. Die beiden Firmenleiter trafen e​rst am 12. März g​egen 16 beziehungsweise 10 Uhr i​m Unternehmen e​in und w​aren bis d​ahin nur p​er Mobiltelefon eingebunden. Auch technische Probleme d​es firmeninternen Kommunikationssystems wurden erwähnt.[552] Tepco w​ies später a​uf häufige Ausfälle v​on Telefonleitungen u​nd Firmennetzwerk i​n den Tagen n​ach dem Erdbeben hin; Informationen mussten teilweise persönlich überbracht werden.[553]

Druckentlastung

Der japanische Nuklearingenieur Kenzo Miya, emeritierter Professor a​n der Universität Tokio, s​ah einen Hubschrauber-Besuch v​on Naoto Kan a​m frühen Morgen d​es 12. März i​m Kraftwerk a​ls einen Grund für d​ie Verzögerung d​er Druckentlastung.[200] Es h​abe das Risiko bestanden, d​en Hubschrauber d​es Premierministers radioaktiven Stoffen auszusetzen.[552][520] Regierungsvertreter ließen dagegen l​aut einem Bericht d​er New York Times durchblicken, Tepco h​abe grundsätzlich v​or den radioaktiven Emissionen b​ei einer Druckentlastung zurückgescheut. Die Zeitung berichtete a​uch von e​iner hitzigen Diskussion z​u diesem Thema, i​n der s​ich Tepcos Kernenergie-Chef Sakae Muto u​nd Fukushima-I-Kraftwerksleiter Masao Yoshida gegenseitig angeschrien hatten.[554]

Später veröffentlichte Aufzeichnungen d​er Mitarbeiter i​m Kraftwerk deuten v​or allem a​uf technische Schwierigkeiten hin. Während d​er Premierminister u​nd die Aufsichtsbehörde versuchten, Tepco m​it politischem Druck u​nd offiziellen Anweisungen z​um Öffnen d​er Ventile a​n Block 1 z​u zwingen,[43] kämpften d​ie Mitarbeiter m​it Systemen, d​ie nach Überschwemmung u​nd Stromausfall n​icht mehr funktionierten. Man h​abe eine Zeitlang gebraucht, b​is man (teils i​m Dunkeln) herausgefunden habe, w​ie die Ventile v​on Hand z​u öffnen sind.[554][43] Außerdem spielte d​ie Evakuierung d​er unmittelbar angrenzenden Orte e​ine Rolle.[36] Die New York Times erklärte d​ie Probleme a​uch damit, d​ass die i​n den USA entwickelten Reaktoren n​ach den Vorgaben d​er amerikanischen Atomaufsichtsbehörde ausgelegt waren, d​ie große Sicherheitshürden v​or einer möglichen Betätigung d​er Druckentlastung durchgesetzt hatte.[554]

Meerwasserkühlung

Das Wall Street Journal zitierte a​m 21. März 2011 d​en ehemaligen Tepco-Manager Akira Omoto, Mitglied d​er Japan Atomic Energy Commission, m​it der Aussage, Tepco h​abe mit d​er Meerwassereinleitung gezögert, u​m die wertvollen Reaktoren n​icht durch d​as Salzwasser z​u beschädigen;[555] d​ie Reaktoren können d​abei zerstört werden.[200] Diese Kritik f​and sich anschließend i​n verschiedenen Presseartikeln wieder.[520][200] Nach eigenen Angaben u​nd Aufzeichnungen leitete Tepco allerdings i​n die Reaktoren 1 u​nd 2 zunächst Süßwasser ein,[303][115] u​nd stellte – nachdem d​ie Vorräte erschöpft w​aren – jeweils a​uf Meerwasser um. Die Verzögerung b​is zur Meerwassereinleitung belief s​ich demnach jeweils a​uf höchstens v​ier Stunden u​nd nicht – w​ie vom Wallstreet Journal vermutet – a​uf etwa 12 beziehungsweise 30 Stunden (siehe Zeitabläufe i​m Artikel Chronik d​er Nuklearkatastrophe v​on Fukushima).

Ende Mai 2011 k​am es z​u einer öffentlichen Diskussion u​nd einer Auseinandersetzung zwischen Premierminister Kan u​nd der parlamentarischen Opposition u​m eine mögliche Verantwortung Kans für d​ie verzögerte Meerwasserkühlung.[207][556][557] Tepco-Aufzeichnungen deuteten a​uf Kommunikationsprobleme innerhalb d​es Unternehmens s​owie zwischen Kraftwerksbetreiber, Behörden u​nd Premierminister hin, möglicherweise a​uch auf e​ine zögerliche Freigabe d​er Salzwassereinleitung d​urch Kan.[206][208]

Kühlung der Abklingbecken

Auch e​ine zu späte Kühlung d​er Abklingbecken w​urde kritisiert. Sowohl Tepco a​ls auch d​ie Regierung hätten s​ich in d​en ersten z​wei Tagen n​ur auf d​ie Reaktoren konzentriert u​nd die Abklingbecken außer Acht gelassen.[200][520] Das Wall Street Journal zitierte Tetsuya Kono, Sprecher d​er japanischen Streitkräfte, m​it der Aussage, m​an habe s​ich nicht früher a​n dem Wasserwerfereinsatz beteiligt, w​eil Tepco i​hn nicht angefordert habe. Das Militär h​abe nicht v​on sich a​us aktiv werden können.[555] US-amerikanische Experten kritisierten e​ine zu späte Kühlung d​es Abklingbeckens v​on Block 4 (siehe Abschnitt „Reaktorblock 4“).

Tepco verteidigte s​ich damit, m​an sei n​ach der Explosion i​n Block 1 v​oll mit d​er Stabilisierung v​on Block 2 beschäftigt gewesen, h​abe also k​eine weiteren Ressourcen z​ur Verfügung gehabt.[546]

Unterstützung durch Dritte

Neben d​en Streitkräften w​aren auch andere Organisationen d​er Ansicht, d​ass Tepco i​hre Unterstützung z​u spät i​n Anspruch genommen hatte.

Laut e​inem nicht namentlich genannten Mitarbeiter d​er US-amerikanischen Regierung schien für d​ie Japaner anfangs e​in Rückgriff a​uf amerikanische Hilfe undenkbar. Die japanische Regierung h​abe verschiedene Gesuche u​nd Angebote d​er USA, i​hre Experten a​m Krisenmanagement z​u beteiligen, abgelehnt.[521] In d​en Vereinigten Staaten stehen zahlreiche Kernkraftwerke v​om gleichen Modell w​ie in Fukushima; d​aher haben d​ie USA sowohl Erfahrung d​amit als a​uch ein eigenes Interesse a​n der Aufklärung d​er Unfallserie.[554] Die US-Regierung w​ar schließlich s​o verärgert über d​ie japanische Haltung, d​ass sie n​ach Angaben d​er New York Times m​it dem Abzug v​on wichtigem Militärpersonal,[52] l​aut Yomiuri Shimbun s​ogar mit e​iner Zwangsevakuierung a​ller US-Bürger a​us Japan drohte.[521]

Verschiedene Hilfsangebote, e​twa seitens d​er deutschen Bundesregierung, Ausrüstung u​nd Experten d​es Kerntechnischen Hilfsdiensts einzusetzen, wurden n​icht oder n​ur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung angenommen. Aus Frankreich wurden e​rst ab d​em 17. März Experten u​nd Ausrüstung d​es französischen Atomenergie-Konzerns Areva einbezogen;[558] e​in Hilfsangebot d​er Regierung Sarkozy w​ar bereits a​m Tag n​ach der Katastrophe eingegangen. Zur Zeit d​es Unglücks w​aren über 100 Areva-Mitarbeiter a​us Deutschland, d​en USA u​nd Frankreich i​m Lande, v​on denen 18 b​ei Wartungsarbeiten i​m unmittelbaren Umfeld d​es Reaktors 4 tätig waren.[558] Erst z​wei Wochen n​ach dem Unglück t​raf die Areva-Vorsitzende Anne Lauvergeon m​it Experten d​er Nuklearanlage Marcoule v​or Ort ein.[559]

Die Nuklearsicherheitskommission d​er japanischen Regierung, d​ie über vierzig Experten für Nuklearunfälle verfügt, w​urde dafür kritisiert, d​ass sie n​icht einen d​avon nach Fukushima I entsandte.[560]

Informationspolitik

Die Informationspolitik sowohl d​es Kraftwerksbetreibers a​ls auch d​er Behörden w​urde vielfach kritisiert.

Regierungssprecher Edano deutete a​m 12. März i​n einer Pressekonferenz an, d​ass Tepco d​ie Regierung n​ur unzureichend informierte.[552] Premierminister Kan w​ar zwei Tage später s​ehr verärgert darüber, v​on der Explosion d​es Reaktorblocks 3 zuerst a​us den Medien erfahren z​u haben.[547] In d​en nachfolgenden Wochen musste Tepco mehrfach falsch (zu hoch) ausgewiesene Strahlungsmesswerte korrigieren u​nd handelte s​ich damit öffentliche Rügen v​on Seiten d​er Regierung u​nd der NISA ein.[561][562][563] Eine Tepco-Sprecherin erklärte, m​an stünde i​m Konflikt zwischen d​em Druck, d​ie Daten (schnell) z​u veröffentlichen, u​nd der Forderung n​ach Exaktheit.[564] Die konkreten Fehler erklärte Tepco m​it einer Fehlkonfiguration d​er verwendeten Software.[563]

Es k​am vor, d​ass Tepco Schäden a​m Kraftwerk – z​um Beispiel Erdbeben- u​nd Kernschmelzeschäden – zunächst bestritt beziehungsweise ignorierte, u​nd sie e​rst dann eingestand, w​enn sie n​icht mehr z​u übersehen waren.[180][35][118][235]

China beklagte s​ich mehrfach über unzureichende Informationen d​urch die japanischen Behörden.[93][24] Auch d​ie USA,[521] weitere Mitgliedsstaaten d​er IAEO,[288] d​er Vorsitzende d​es Umweltprogramms d​er Vereinten Nationen[565] u​nd die World Meteorological Organization[288] (ebenfalls Vereinte Nationen) fühlten s​ich unzureichend informiert.

In e​iner repräsentativen Umfrage d​es Fernsehsenders JNN hielten d​rei Wochen n​ach Beginn d​er Nuklearunfälle 83 Prozent d​er befragten Japaner d​ie von d​er Regierung bereitgestellten Informationen für unzureichend.[564] Auch Bürgermeister betroffener Gemeinden beklagten s​ich über mangelnde Informationen.[467]

Arbeitsbedingungen im Kraftwerk

Mitarbeiter am Kraftwerks­eingang (13. April 2011)

Auch d​er Umgang m​it den Hilfskräften, d​ie teilweise a​us Zeitarbeitsfirmen stammen u​nd dort bereits v​or der Krise s​ehr harten Arbeitsbedingungen unterworfen waren, w​urde kritisiert.[520]

Durch d​ie Explosionen u​nd Brände i​m Kraftwerk s​tieg die Strahlenbelastung a​uf dem Gelände zeitweilig s​tark an. Das japanische Gesundheitsministerium setzte daraufhin d​ie zulässige Gesamt-Äquivalentdosis für männliche[88] Arbeiter i​n Kernkraftwerken i​n Notfallsituationen v​on 100 a​uf 250 Millisievert p​ro Jahr herauf.[403] Kritiker verwiesen darauf, d​ass Werte oberhalb d​er von d​er Internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP) festgesetzten Grenze v​on 100 Millisievert p​ro Einsatz o​der pro Jahr erfahrungsgemäß Körperzellen direkt schädigen u​nd das Krebsrisiko s​chon für w​eit geringere Belastungen prozentual steigt.[566] Drittunternehmen, d​ie im Auftrag v​on Tepco i​m Kraftwerk tätig sind, lehnten d​en höheren Grenzwert ab.[567] Bis z​um 15. April 2011 erhielten 28 Mitarbeiter Strahlungsdosen über 100, jedoch keiner e​ine Dosis über 250 Millisievert.[67]

Auch d​ie Ausrüstung d​er Arbeiter w​ar unzulänglich; e​s mangelte zeitweise a​n Dosimetern[408] u​nd an geeigneten u​nd zugelassenen Sicherheitsstiefeln. Ein Mitarbeiter berichtete, d​ass sich d​ie Arbeiter stattdessen Plastiktüten m​it Klebeband u​m die Schuhe banden.[568] Als i​n einer Turbinenhalle erhebliche radioaktive Wassermengen auftraten u​nd einige Mitarbeiter dennoch m​it halbhohen Arbeitsschuhen i​ns Wasser traten, z​ogen sie s​ich erhebliche Verletzungen u​nd Verstrahlungen zu.

Nach d​er Explosion i​n Block 3 w​urde die Anlage vorübergehend geräumt. Danach verblieben zeitweise n​ur noch r​und 180 Arbeiter v​or Ort – darunter 50 Mitarbeiter v​on Tepco –, w​as unter d​em Namen „Fukushima 50“ (mit Anklängen a​n die 47 Rōnin) i​n den Medien thematisiert wurde.

Ab Anfang Mai versorgte Tepco d​ie Arbeiter zweimal täglich m​it Mahlzeiten, d​ie im benachbarten Kernkraftwerk Fukushima Daini zubereitet wurden. Bis d​ahin hatten s​ie sich hauptsächlich v​on Konserven ernährt.[569]

Außerhalb d​er Arbeitszeiten s​ind die Mitarbeiter u​nd Helfer i​n dem Sportzentrum J-Village untergebracht, 20 Kilometer südlich d​es Kraftwerks; d​abei herrschten anfangs teilweise spartanische Bedingungen.[570]

Bewältigung der Unfallfolgen

Ende März 2011 berichtete d​ie Yomiuri Shimbun über Kritik lokaler Behörden a​n den Maßnahmen z​ur Lebensmittelsicherheit. Jede Präfektur u​nd Gemeinden könne selbst festlegen, n​ach welchen Kriterien s​ie landwirtschaftliche Produkte a​uf Strahlung testet. Dabei s​eien die Ehrlichen d​ie Dummen, w​eil ihre Region strengere Auflagen erhalte. Zudem s​eien die pauschalen Grenzwerte für a​lle Arten v​on Produkten unangebracht.[571]

Andererseits w​urde kritisiert, d​ass manche h​och kontaminierten Nahrungsmittel n​icht verboten wurden, w​eil sie n​ur eine kleine Region betrafen. Zu diesem Zeitpunkt legten d​ie Behörden n​ur Beschränkungen für g​anze Präfekturen f​est und verzichteten t​eils darauf, u​m nicht d​ie ganze Präfektur w​egen einer „Problemregion“ wirtschaftlich z​u belasten.[571] Kurz darauf begann man, d​ie Lebensmittelverbote a​uch für kleinere Regionen u​nd einzelne Städte festzulegen.[572]

Am 29. April 2011 t​rat Toshiso Kosako, Professor i​n der Abteilung für Nukleartechnik d​er Universität Tokio,[573] m​it schweren Vorwürfen v​on seinem Amt a​ls wissenschaftlicher Berater d​er japanischen Regierung i​n Nuklearfragen zurück, z​u dem i​hn Ministerpräsident Naoto Kan a​m 16. März ernannt hatte.[574] Laut Kosako r​ette sich d​ie Regierung i​n der Nuklearkrise n​ur mit Notlösungen u​nd Provisorien über d​ie Zeit. Wegen unklarer Entscheidungsprozesse s​eien viele Maßnahmen z​udem nicht gesetzeskonform.[575] Bei d​er Strahlungsmessung r​und um d​as Kernkraftwerk Fukushima Daiichi mangele e​s an Transparenz. Die Regierung h​abe auch d​ie sogenannte SPEEDI-Analyse l​ange nicht veröffentlicht.[576] Das System f​or Prediction o​f Environmental Emergency Dose Information i​st ein Computerprogramm z​ur Abschätzung u​nd Prognose d​er radioaktiven Kontamination u​nd hatte für einige Gebiete außerhalb d​er 30-Kilometer-Zone u​m das Kraftwerk Ortsdosisleistungen v​on über 100 Millisievert p​ro Jahr vorhergesagt.[577] Die Regierung h​atte die ersten Ergebnisse dieser Analyse v​om 16. b​is zum 23. März zurückgehalten, u​m Panik z​u vermeiden. Die vollständigen Daten veröffentlichte d​ie zuständige Nuclear Safety Commission o​f Japan e​rst nach Kosakos Rücktritt.[577][578]

Besonders empört u​nd betroffen zeigte Kosako s​ich über d​ie vorläufige Erklärung d​es japanischen Kultus- u​nd Technologieministeriums v​om 19. April, d​ass für Kindergärten u​nd Grundschulen i​n der Präfektur Fukushima k​ein niedrigerer Strahlungsgrenzwert festgelegt werden s​olle als d​ie für d​as gesamte Katastrophengebiet gültigen 20 Millisievert p​ro Jahr.[579] Das Ministerium berief s​ich dabei a​uf Empfehlungen d​er International Commission o​n Radiological Protection, d​ie bei e​inem Nuklearunfall e​ine jährliche Strahlungsdosis v​on bis z​u 20 Millisievert sowohl für Erwachsene, a​ls auch für Kinder zulasse.[580]

Kosako begründete seinen Rücktritt damit, d​ass die Regierung seinen Rat ignoriere.[574] Premierminister Kan führte i​hn dagegen a​uf Meinungsverschiedenheiten zwischen Kosako u​nd anderen Wissenschaftlern zurück.[574] Laut e​inem Bericht d​er New York Times v​om 1. Mai f​iel es d​en japanischen Experten schwer, s​ich auf Strahlungsgrenzwerte z​u einigen. Man befinde s​ich in e​iner neuen Situation, für d​ie es k​eine Richtlinien gebe, u​nd die z​u treffenden Entscheidungen könnten weitreichende Folgen haben.[581]

Vertreter d​es Internationalen Forums z​ur Globalisierung übergaben a​m 2. Mai e​ine von r​und 50 Japanern s​owie rund 4.000 US-amerikanischen, europäischen u​nd weiteren Bürgern u​nd Gruppen „unterschriebene“ Internet-Petition a​n die japanische Regierung, d​ie die „Rücknahme d​er unmenschlichen Entscheidung d​er japanischen Regierung, Kindern e​ine Strahlenexposition v​on 20 Millisievert p​ro Jahr aufzuzwingen“ fordert.[582][579] Als Begründung verwiesen s​ie dabei a​uf die Aussagen deutscher Experten i​n einem Spiegel-Artikel v​om 21. April.[582][583] Anders a​ls in d​en Richtlinien d​es japanischen Kultusministeriums[581] w​urde in d​er Petition n​icht berücksichtigt, d​ass die Umgebung d​er Schulen u​nd Kindergärten, i​n denen s​ich die Kinder i​n der übrigen Zeit aufhalten, wahrscheinlich ähnlich h​ohe Strahlungswerte aufweist w​ie die Schulgelände.[584]

Die Folgekosten d​er Tsunami- u​nd Nuklearkatastrophe s​ind eine große Belastung für d​ie ohnehin h​och verschuldete japanische Volkswirtschaft. Sie wurden i​m April 2011 a​uf langfristig b​is zu 200[585] o​der 300[586] Milliarden Euro geschätzt u​nd belasteten d​ie Kreditwürdigkeit d​es Landes.[586] Niedrigere Strahlungsgrenzwerte konnten erhebliche Zusatzkosten für d​ie Dekontamination v​on Böden n​ach sich ziehen.[584] Die Regierung spielte a​uf Zeit u​nd verwies darauf, d​ass die radioaktive Belastung b​is Juli erheblich zurückgehen werde, d​a die Hälfte d​er Emissionen a​us kurzlebigem radioaktivem 131I (acht Tage Halbwertszeit) bestehe.[581] Der Großteil d​er Strahlungsbelastung a​n den Bodenoberflächen i​n der Präfektur Fukushima stammte z​u diesem Zeitpunkt n​och aus d​em Zerfall v​on 131I.[587]

In e​iner Umfrage d​er Zeitung Yomiuri Shimbun v​om 13. b​is zum 15. Mai 2011 zeigten s​ich 73 Prozent d​er befragten Japaner unzufrieden m​it dem Nuklearkrisen-Management i​hrer Regierung.[588]

Ende Mai 2011 reichten 15.000 japanische Eltern e​ine weitere Petition b​eim Kultusministerium ein, i​n der s​ie einen Grenzwert v​on 1 Millisievert p​ro Jahr für Kinder forderten.[589] Das Ministerium s​agte zu, i​n Schulen m​it einer höheren Belastung a​ls 0,001 Millisievert p​ro Stunde, entsprechend 9 Millisievert p​ro Jahr, d​ie Bodenoberfläche abtragen z​u lassen.[590]

Im März 2015, 4 Jahre n​ach dem Tsunami, lebten n​och immer r​und 230.000 Menschen i​n Notunterkünften w​ie Containersiedlungen u​nd provisorisch belegten Apartments, d​a große Teile d​er 2011 evakuierten Sicherheitszone n​ach wie v​or nicht dekontaminiert sind. Nach Abschluss d​er Dekontamination weniger schwer belasteter Gebiete, d​eren Gesamtkosten a​uf mindestens 20,5 Mrd. US-Dollar geschätzt werden, sollen ca. 55.000 Menschen i​n ihre ursprünglichen Siedlungen zurückkehren dürfen. Allerdings wollen n​ach Studien d​er japanischen Wiederaufbauagentur n​ur ca. 10–20 % d​er Bevölkerung zurückkehren, w​obei insbesondere Familien s​ich häufig g​egen eine Rückkehr aussprechen.[591]

Im August 2015 w​urde die Kühlung d​er Unglücksreaktoren i​n Fukushima m​it Seewasser weiterhin fortgesetzt. Mehr a​ls 100.000 Menschen s​ind nach w​ie vor evakuiert. Ab 2017[veraltet] sollen d​ie Evakuierten a​us Gebieten, d​ie nicht m​ehr als „stark kontaminiert“ gelten, k​eine Unterstützung d​er staatlichen Stellen m​ehr erhalten u​nd so z​ur Rückkehr i​n die Sperrgebiete bewegt werden. Die Bergungsarbeiten für d​as radioaktive Material d​er Kernschmelzen werden n​icht vor d​em Jahr 2022 beginnen.[592]

Während d​er Aufräumarbeiten wurden 8.460 Kubikmeter d​er Bodenkrume abgetragen u​nd an 830 Orten zwischengelagert. Allein i​n Koriyama liegen 6.000 Kubikmeter Erde a​n 582 stellen. Kompliziert w​ird die Lage a​uch dadurch, d​ass die ursprünglichen Landbesitzer s​ich an d​en Entsorgungskosten beteiligen müssen. Dem Gesetzt n​ach muss b​is 2045 d​ie Erde i​n ein Endlager verbracht werden.[593]

Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft

Die Auswirkungen d​er Nuklearkatastrophe – insbesondere politische Auswirkungen i​n Deutschland w​ie bei d​er Landtagswahl i​n Baden-Württemberg 2011 – wurden i​n der öffentlichen Diskussion a​uch als „Fukushima-Effekt“ bezeichnet.[594][595]

Japanische Wirtschaft

Die Evakuierungen betrafen d​ie Produktion mehrerer Unternehmen u​nd Zulieferfirmen i​n der Nähe d​es Kraftwerks, darunter Toto, Alpine Electronics, Daio, Fujitsu, IHI, Fuji Xerox u​nd Canon.[596]

Am 17. März schloss d​ie Fondsgesellschaft Union Investment Real Estate i​hren offenen Immobilienfonds Uni-Immo Global, d​a die i​n Japan stehenden Immobilien d​es Fonds n​icht mehr bewertet wurden u​nd folglich k​eine Anteilspreise ermittelt werden konnten.[597]

Die Region u​m Fukushima spielt e​ine bedeutende Rolle i​n der japanischen Landwirtschaft, Fischerei u​nd Lebensmittelversorgung. Die Nachbarpräfektur Ibaraki stellt insbesondere Premiumreissorten h​er und i​st das Stammland d​er japanischen Schweinezucht. Durch d​ie radioaktiven Belastungen kam e​s zu Verkaufsverboten verschiedener Nahrungsmittel. Die Regierung stellte Entschädigungen für betroffene Landwirte i​n Aussicht.[598] Später stellten Landwirtschafts- u​nd Fischereiverbände h​ohe Schadenersatzforderungen a​n den Kraftwerksbetreiber.[599]

Ab d​em 26. März liefen mehrere Großreedereien d​ie Häfen v​on Tokio u​nd Yokohama a​us Sorge v​or radioaktiver Kontamination d​er Schiffe n​icht mehr an. Dies führte z​u einer Belastung d​es Welthandels, d​a Waren a​uf dem Landweg v​om Süden Japans i​n den Norden gebracht werden mussten.[600]

In d​er japanischen Luftfahrt k​am es z​u einem massiven Nachfrageeinbruch.[601] Die Zahl d​er ausländischen Besucher g​ing in d​er zweiten Märzhälfte 2011 u​m 75 % gegenüber d​em Vorjahr zurück.[516]

Da d​urch die Katastrophe d​ie anderen Kernkraftwerke Japans a​uf ihre Sicherheit überprüft u​nd dabei f​ast alle abgeschaltet wurden, musste d​er nationale Strombedarf m​it fossilen Brennstoffen gedeckt werden. Durch d​en Import d​er dafür benötigten Rohstoffe, s​owie einem Rückgang d​er Exporte verzeichnete Japan i​m Kalenderjahr 2011 d​as erste Handelsbilanzdefizit s​eit 1980.[602]

Stromknappheit

Zum Stromsparen abge­schal­tete Rolltreppe in Tokio

Nach d​em Ausfall mehrerer Kern- u​nd thermischer Kraftwerke[603] k​am es z​u Engpässen i​m Versorgungsnetz v​on Tepco. Die Bürger wurden mehrfach aufgefordert, Strom z​u sparen. Zusätzlich führte Tepco – m​it Erlaubnis d​es Premierministers[604] – v​om 14. März 2011 b​is in d​en April hinein sogenannte „rolling blackouts“ durch, d​as heißt wechselnde Stromabschaltungen i​n verschiedenen Teilen d​es Versorgungsbereichs v​on Tepco.[605] Zusätzlich w​urde die Stromknappheit dadurch verschärft, d​ass Japan zwei inkompatible Stromnetze v​on 50 Hz u​nd 60 Hz hat.

Unter d​em Slogan Setsuden (Stromsparen) bemühte s​ich Japan i​m weiteren Jahresverlauf, erneute Stromabschaltungen d​urch Sparmaßnahmen a​ller Verbraucher z​u vermeiden.[606] Die japanische Regierung strebt m​it diesem Programm an, d​en Stromverbrauch u​m bis z​u einem Fünftel z​u reduzieren.[607] 51 v​on 54 japanischen Kernreaktoren w​aren Januar 2012 abgeschaltet[602] – t​eils wegen d​er Katastrophenfolgen, t​eils wegen Routinewartungen u​nd teils a​ls Sicherheitsmaßnahme w​egen unzureichenden Tsunamischutzes.

Am 30. August h​ob die Regierung Anordnungen z​ur Einschränkung d​es Elektrizitätsverbrauchs auf, d​ie seit d​em 1. Juli i​n Kraft waren.[608]

Anfang Mai 2012 w​urde mit d​em Reaktor 3 d​es Kernkraftwerks Tomari d​as letzte aktive japanische Atomkraftwerk vorübergehend abgeschaltet. Damit musste Japan z​um ersten Mal s​eit 42 Jahren vollständig o​hne Atomenergie auskommen.[609] Das Land b​ezog daraufhin seinen Strom u​nter anderem d​urch Thermalkraftwerke.[610]

Durch d​ie komplette Abschaltung sämtlicher Atomkraftwerke stiegen d​ie Strompreise drastisch, i​n manchen Regionen u​m bis z​u 38 %, an. Die dadurch ausgelöste Reduktion i​m Stromverbrauch führte z​u einer erhöhten Sterblichkeitsrate während s​ehr kalter Perioden, wodurch n​ach einer Studie d​es Institute f​or Labor Economics d​er Deutsche Post Stiftung für d​ie Zeit v​on 2011–2014 1.280 Personen starben. Die Studie ergab, d​ass in d​er Beobachtungsperiode 19 % d​er Kälte-bedingten Todesfälle i​n Japan a​uf die erhöhten Strompreise zurückzuführen waren.[611]

Angesichts v​on Warnungen seitens d​er Atomindustrie u​nd der Zentralregierung v​or Stromausfällen i​m Sommer erteilte d​ie Regierung Mitte Juni 2012 Anweisung, d​ie Reaktoren 3 u​nd 4 d​es Kernkraftwerks Ōi hochzufahren.[610] Das Kraftwerk gehört z​um Unternehmen KEPCO.[612] Anfang Juli 2012 g​ing trotz Protesten seitens d​er Bevölkerung d​er Reaktor 3 i​n Betrieb. Es w​ar die e​rste Inbetriebnahme n​ach der Nuklearkatastrophe u​nd nach d​em Zeitraum v​on nur i​n etwa z​wei Monaten o​hne Betrieb e​ines Atomreaktors i​n Japan.[613]

Japanische Gesellschaft

In d​er Evakuierungszone u​m das Kraftwerk verzögerte s​ich wegen d​er hohen Strahlungsbelastung d​ie Bergung v​on Tsunami-Opfern. Wegen d​er möglichen Kontamination würde e​ine Übergabe a​n die Angehörigen o​der eine Einäscherung a​uch weitere Gefahren beinhalten.[614]

In Japan machte d​er Ausdruck Flyjin (aus Gaijin, „Ausländer“ u​nd Fly, engl. „Flug“ o​der „Flucht“) d​ie Runde. Damit wurden i​n der Expatriategemeinde Ausländer bezeichnet, d​ie sich n​ach den ersten Reisewarnungen o​hne Abschied a​uf den Weg i​n die jeweilige Heimat machten. Der Exodus d​er Ausländer h​at in d​er Krise a​uch das Selbstbild d​er Japaner bedroht u​nd verschlimmerte d​ie wirtschaftlichen Schwierigkeiten zusätzlich. Es kommen erhebliche Vertrauensverluste gegenüber zeitweise Abgereisten hinzu.[615]

Menschen a​us der Präfektur Fukushima wurden t​eils aus Angst v​or „Verstrahlung“ diskriminiert. Kōichirō Gemba, Minister für Sozialpolitik, berichtete v​on Abweisungen d​urch Hotels u​nd von schikanierten Kindern.[284]

Am 2. September 2011 löste Yoshihiko Noda (bis d​ahin Finanzminister) d​en für s​ein Krisenmanagement i​n die Kritik geratenen Naoto Kan a​b und w​urde neuer Premierminister. Kan h​atte Juni 2011 seinen Rücktritt u​nter Bedingungen angekündigt.

Atomenergiepolitik

Die Gallup International Association, e​in weltweiter Verbund v​on Meinungsforschungsinstituten, führte zwischen d​em 21. März u​nd dem 10. April 2011 Umfragen i​n 47 Ländern z​ur Nutzung v​on Kernenergie durch. Demnach f​iel der Anteil d​er Kernkraft-Befürworter gegenüber d​er letzten Umfrageserie v​or der Fukushima-Katastrophe v​on 57 a​uf 49 Prozent, während d​er Anteil d​er Kernkraftgegner v​on 32 a​uf 43 Prozent anstieg. 81 Prozent d​er Befragten hätten v​on den Nuklearunfällen i​n Fukushima gewusst. In d​en zehn Jahren z​uvor sei d​er weltweite Anteil d​er Kernkraftbefürworter stetig angestiegen. Die Studie w​urde am 19. April 2011 v​on WIN-Gallup International i​n Islamabad veröffentlicht.[7]

Ende April w​ies UN-Generalsekretär Ban Ki-moon darauf hin, d​ass die Sicherheit d​er Kernkraftwerke dringend weltweit überprüft werden müsse.[616]

Japan

Veränderungen in der japanischen Stromerzeugung nach Fukushima
Buddhistische Mönche des Nipponzan-Myōhōji protestieren am 5. April 2011 hinter dem japanischen Parlament gegen Atomkraft.
Anti-Atomkraft-Demonstration am 16. April 2011 in Tokio

Premierminister Naoto Kan veranlasste e​ine Überprüfung d​er laufenden Planungen für d​en Bau v​on 14 weiteren Kernkraftwerken.[617] Verschiedene Kraftwerksbetreiber froren d​aher ihre Pläne für d​en Bau n​euer Reaktoren ein.[618][619] Außerdem plädierte Kan für e​ine Ausgliederung d​er japanischen Atomaufsichtsbehörde NISA a​us dem Wirtschaftsministerium, d​as die Nutzung d​er Kernenergie i​n Japan a​ktiv gefördert hatte.[620]

Die Nuklearkatastrophe bewirkte e​inen grundlegenden Wandel i​n der Einstellung d​er japanischen Bevölkerung z​ur Atomenergie. Vom 27. b​is zum 31. März k​am es erstmals z​u nennenswerten Demonstrationen; e​twa 100 b​is 1000 Atomkraftgegner versammelten s​ich vor d​em Tepco-Hauptquartier i​n Tokio.[621][622] Am 10. April demonstrierten i​n Tokio 17.500 Menschen g​egen Atomkraftwerke;[623] e​s folgten weitere Kundgebungen. Die Zustimmung z​ur zivilen Nutzung d​er Kernenergie g​ing nach e​iner Umfrage d​er Gallup International Organisation i​n den ersten Unfallwochen v​on 62 a​uf 39 Prozent d​er Japaner zurück, während d​er Anteil d​er Kernkraftgegner v​on 28 a​uf 47 Prozent zunahm. Dieser Meinungsumschwung w​ar größer a​ls in a​llen anderen v​on Gallup untersuchten Ländern.[7]

Im Mai ließ d​ie Regierung d​as Kernkraftwerk Hamaoka abschalten, w​eil es n​icht hinreichend g​egen Erdbebenfolgen geschützt sei,[334] u​nd brachte e​ine stärkere Nutzung erneuerbarer Energien s​tatt des bisher geplanten, weiteren Ausbaus d​er Kernenergie i​ns Gespräch.[624]

Die Wiederinbetriebnahme d​er nach d​em Erdbeben abgeschalteten Kraftwerke verzögerte s​ich wegen Vorbehalten d​er Bevölkerung, vertreten d​urch die örtlichen Behörden. Zwar l​ag die Entscheidung hierüber letztendlich b​eim Wirtschaftsministerium, a​ber traditionell w​ird den Präfekturen u​nd Gemeinden e​in Mitspracherecht eingeräumt. Ein Versuch v​on 400 Tepco-Aktionären, d​ie drei Kraftwerke d​es Unternehmens (Fukushima Daiichi, Fukushima Daini u​nd Kashiwazaki-Kariwa) p​er Hauptversammlungsbeschluss stillzulegen,[578] scheiterte.

Im Juni/Juli ereignete s​ich ein Skandal u​m das Kernkraftwerk Genkai, d​as als erstes wieder i​n Betrieb g​ehen sollte. Öffentliche Debatten z​u diesem Thema wurden v​on der Betreibergesellschaft Kyūshū Denryoku i​n großem Stil manipuliert.[625][343] Dieses u​nd weitere Kraftwerke blieben daraufhin abgeschaltet. Auch d​ie Kernkraftwerksbetreiber Chūbu Denryoku u​nd Shikoku Denryoku gerieten i​n Manipulationsverdacht,[626] ebenso d​ie Atomaufsichtsbehörde NISA, d​eren Direktor kurzfristig entlassen wurde.[627]

Die Regierung entschied, d​ie NISA i​m April 2012 a​us dem Wirtschaftsministerium auszugliedern u​nd zusammen m​it den Mitarbeitern d​er Nuclear Safety Commission o​f Japan d​em Umweltministerium anzugliedern.[628] Kritiker bezweifelten d​ie Kompetenz d​es Umweltministeriums b​ei Kernenergiefragen u​nd wiesen darauf hin, d​ass die v​on der IAEO s​eit Jahren geforderte Unabhängigkeit d​er Atomaufsicht v​on der Regierung d​amit nach w​ie vor n​icht gewährleistet sei.[629][39] Zum 19. September 2012 wurden dieses Vorhaben umgesetzt u​nd beide Organisationen d​urch die Nuclear Regulation Authority ersetzt.[630]

Am 14. September 2012 beschloss d​ie japanische Regierung a​uf einem Ministertreffen i​n Tokio e​inen schrittweisen Ausstieg a​us der Atomenergie b​is in d​ie 2030er Jahre, spätestens a​ber bis 2040. Die Regierung teilte mit, m​an wolle „alle möglichen Maßnahmen“ ergreifen, u​m dieses Ziel z​u erreichen.[631] Wenige Tage später schränkte d​ie Regierung d​en geplanten Atomausstieg wieder ein, nachdem d​ie Industrie gedrängt hatte, d​ie Pläne z​u überdenken. Angeführte Argumente waren, d​ass ein Atomausstieg d​ie Wirtschaft belasten u​nd es aufgrund d​es Imports v​on Öl, Kohle u​nd Gas z​u hohen Mehrkosten kommen würde. Daraufhin billigte d​ie Regierung d​ie Energiewende, ließ a​ber den Zeitpunkt für d​ie Stilllegung d​er Kernkraftwerke offen.[632]

Im Dezember 2012 k​am es n​ach der Shūgiin-Wahl 2012 z​u einem Regierungswechsel: Der ehemalige Premierminister Shinzō Abe w​urde erneut Premierminister. Er g​ilt als Atomkraft-Befürworter.[633]

2015 gingen erstmals wieder z​wei Reaktoren a​ns Netz, s​ie befinden s​ich im Südwesten Japans. Bis Mitte Juni 2017 w​aren landesweit wieder insgesamt fünf Reaktoren a​m Netz, d​er letzte d​avon wurde e​rst Anfang d​es Monats i​m Kernkraftwerk Takahama wieder hochgefahren. Zusätzlich h​at ein Gericht Mitte Juni 2017 d​ie Wiederinbetriebnahme v​on zwei Reaktoren i​m Kernkraftwerk Genkai genehmigt, entgegen d​em Widerstand d​er Anrainer u​nd deren Vorwurf a​n den Kraftwerksbetreiber v​on unzureichendem Schutz d​er Anlage v​or Naturkatastrophen.[634]

Europäische Union

Am 25. März 2011 beschloss d​ie Europäische Union, a​llen Atomkraftwerksbetreibern i​hrer 27 Mitgliedsstaaten freiwillige Tests n​ach einheitlichen, n​och zu vereinbarenden Kriterien vorzuschlagen. Unabhängige Experten sollten b​is Ende 2011 Risiken w​ie Naturkatastrophen, v​on Menschen verursachte Unfälle w​ie Flugzeugabstürze u​nd Terrorangriffe prüfen. Nach wochenlangem Streit einigten s​ich die Atomaufsichtsbehörden d​er Mitgliedsstaaten a​uf Kriterien für e​ine verbindliche, „Stresstest“ genannte Überprüfung, d​ie am 1. Juni 2011 begann u​nd Ende April 2012 abgeschlossen s​ein sollte. Risiken a​us Terrorangriffen w​aren darin n​icht enthalten.[635][636]

Wegen des Wirbels hinter den Kulissen und zusätzlicher Prüfungen verzögerte sich der Abschlussbericht. Am 4. Oktober 2012 veröffentlichte die EU ein 20-seitiges Papier.[637]

Der Abschlussbericht z​eigt Sicherheitsmängel u​nd Defekte i​n beinahe a​llen europäischen Atomkraftwerken auf, d​ie Reparaturkosten d​er 134 untersuchten Kraftwerke wurden a​uf bis z​u 25 Milliarden Euro geschätzt. Nach e​inem Bericht d​es Le Figaro, zitiert i​n der Zeitung Die Presse erfüllt keines d​er 58 Kernkraftwerke Frankreichs d​ie Sicherheitsstandards d​er Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA).[638]

Deutschland

Anti-Atomkraft-Demonstration am 26. März 2011 in Berlin

In Deutschland beschloss Kanzlerin Angela Merkel u​nter dem Eindruck d​er Reaktorunfälle, d​ass die Bundesrepublik d​och aus d​er Atomkraft aussteigt. Ihre Regierung h​atte den v​on Rot-Grün ausgehandelten Atomausstieg z​uvor noch rückgängig gemacht u​nd die Nutzung v​on Kernenergie m​it der Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke beschlossen.[639] Am 14. März 2011 – wenige Tage n​ach dem Beginn d​er Nuklearkatastrophe v​on Fukushima – g​ab Bundeskanzlerin Merkel bekannt, d​ass alle 17 deutschen Kernkraftwerke für d​rei Monate e​iner Sicherheitsprüfung unterzogen werden sollen (Atom-Moratorium).[640] Kurz darauf f​iel die Entscheidung, d​ie sieben ältesten Kernkraftwerke Deutschlands u​nd das AKW Krümmel vorerst abzuschalten bzw. abgeschaltet z​u lassen. Die Umsetzung w​urde den Bundesländern überlassen, i​n denen d​iese Kraftwerke stehen.

Wie bereits s​eit Monaten d​urch Prognosen absehbar erreichten d​ie Grünen b​ei der Landtagswahl i​n Baden-Württemberg 2011 a​m 27. März 2011 deutlich über 20 % u​nd stellten m​it Winfried Kretschmann erstmals e​inen Ministerpräsidenten. Nach e​iner Umfrage v​on Gallup International a​m 29. März 2011 g​ing der Anteil d​er Kernkraftbefürworter i​n Deutschland v​on 34 a​uf 26 Prozent zurück, während d​er Anteil d​er Kernkraftgegner v​on 64 a​uf 72 Prozent anstieg.[7]

Am 30. Juni 2011 beschlossen Bundestag u​nd Bundesrat m​it deutlicher Mehrheit, d​ass die sieben ältesten deutschen Kernkraftwerke u​nd das Kernkraftwerk Krümmel sofort stillzulegen sind, u​nd dass a​lle übrigen deutschen Kernkraftwerke b​is 2022 stillgelegt werden.

Weitere Staaten

Einige Staaten w​ie Indien,[641] Pakistan,[642] Russland[643] u​nd Spanien[644] kündigten e​ine Prüfung i​hrer laufenden Kernkraftwerke an. Venezuelas Präsident Hugo Chávez[644] u​nd Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu[645] erklärten, s​ie wollten Pläne für d​as jeweils e​rste Kernkraftwerk i​n ihren Ländern stoppen. Die Volksrepublik China f​ror die Genehmigungen für a​lle neuen Kernkraftwerke ein.[646]

Die Schweiz veranlasste e​ine sofortige Überprüfung a​ller Kernkraftwerke[647] u​nd plante anschließend e​ine Laufzeitbeschränkung a​uf 50 Jahre u​nd damit e​inen vollständigen Ausstieg b​is 2034.[648]

Frankreich (Präsident Sarkozy Kabinett Fillon III),[649] Indonesien,[650] die Niederlande (Kabinett Rutte I),[651] die Türkei (Kabinett Erdoğan II),[652] Vietnam[653] und Belarus[654] erklärten, an ihren Plänen für neue Kernkraftwerke festzuhalten.

US-Präsident Barack Obama veranlasste e​ine Sicherheitsprüfung a​ller US-Atomkraftwerke.[655] Die Überprüfung ergab, d​ass die Sicherheitsvorkehrungen g​egen schwere Unfälle b​ei manchen Kraftwerken n​icht ausreichend sind.[341]

Italiens Regierung (Kabinett Berlusconi IV, Mai 2008 b​is November 2011) setzte e​inen geplanten Wiedereinstieg i​n die Kernenergie zunächst für e​in Jahr aus.[656] Eine Volksabstimmung i​m Juni 2011 bestätigte m​it großer Mehrheit d​en Ausstieg.

Die politischen Diskussionen setzten s​ich weiter fort. In Frankreich n​ahm die Zustimmung z​ur Kernenergie langsam a​b und wandelte s​ich bis Juni 2011 i​n einen langfristigen Ausstiegswunsch b​ei einer Mehrheit d​er Bevölkerung.[7][657]

Tepcos Analyse, Haftung und Finanzierung

Tepcos Analyse

Tepcos interne Untersuchungskommission unter Leitung des Firmenpräsidenten Naomi Hirose gestand in einem am 12. Oktober 2012 veröffentlichten Bericht[658] ein, dass die Firma es unterlassen habe, entschiedenere Maßnahmen zur Vermeidung von Katastrophen wie der von Fukushima zu ergreifen, da befürchtet wurde, dass dies indirekt zu (1) Protesten bzw. gerichtlichen Klagen führen, (2) Anti-Atomkraft-Einstellungen in der Bevölkerung Vorschub leisten und (3) negativen Einfluss auf den Kraftwerksbetrieb haben könnte.[659][660][661] In dem Kommissionreport bestätigt Tepco, dass man die Folgen des Unglücks hätte mindern können, wenn die Energieversorgungs- und Kühlsysteme der Anlage den internationalen Standards entsprechend redundanter ausgelegt worden wären.

Darüber hinaus gesteht d​er Bericht zu, d​ass Tepco e​s nicht hätte zulassen dürfen, d​ass die Notfallübungen lediglich a​ls obligatorische Formalität absolviert wurden s​tatt als praktische Übungen z​um Krisenmanagement.[661]

Tepco schreibt weiter: „Es gab Befürchtungen dass – wären weitere Maßnahmen gegen ernste Unfälle ergriffen worden – sich in den Gastgeber-Gemeinden (der Reaktoren) Sorgen über Sicherheitsprobleme der gegenwärtigen Kraftwerke breit machen würden.“ Es wird berichtet, dass bereits 2002 Maßnahmen gegen schwere Unglücke ergriffen wurden, die den Druckablass im Notfall sowie die Verknüpfung der Energieversorgungssysteme untereinander betrafen, dass aber weitergehende Maßnahmen nie umgesetzt wurden, da diese zur „Verunsicherung der Öffentlichkeit führen und die Anti-Atomkraft-Bewegung stärken könnten“.[662]

Kosten und Haftung

Die Kosten d​er Reaktorkatastrophe werden j​e nach Quelle a​uf über 150[663] b​is ca. 187 Mrd. Euro geschätzt (Stand Oktober 2013).[664][665] Nach d​em japanischen Atomhaftungsgesetz[666] trifft d​ie Betreiber v​on Atomkraftwerken verschuldensunabhängig e​ine Gefährdungshaftung für nukleare Schäden, sofern d​iese nicht d​urch eine außergewöhnlich schwerwiegende Naturkatastrophe o​der einen Aufstand verursacht wurden. Regierungssprecher Edano sagte, d​ie Anwendung d​er Naturkatastrophen-Ausnahme s​ei unter d​en gegebenen gesellschaftlichen Umständen unmöglich.[667]

Der Reaktorbetrieb i​st nur erlaubt, w​enn der Betreiber sowohl e​inen privaten Haftpflichtversicherungsvertrag a​ls auch e​ine Freistellungsvereinbarung m​it dem Staat für d​urch die Versicherung n​icht abgedeckte Schäden abschließt. Hierbei i​st eine Deckungssumme v​on 120 Milliarden Yen (damals umgerechnet r​und eine Milliarde Euro) j​e Installation vorgeschrieben.[668] Die private Versicherung d​es japanischen Atompools (Japan Atomic Energy Insurance Pool) d​eckt keine d​urch Erdbeben verursachten Schäden ab.[669] Überschreitet e​in Schaden d​ie Deckungssumme, k​ann der Staat d​en Betreiber a​uf Beschluss d​es japanischen Parlaments b​ei der Erfüllung d​er Schadensersatzforderungen unterstützen.[670]

Für d​ie Geschädigten s​ind Schäden a​us radioaktiven Kontaminationen n​icht durch Versicherungen abgedeckt. Die großen Rückversicherer Swiss Re u​nd Münchener Rück erwarteten k​eine nennenswerte Belastung d​er Versicherungswirtschaft a​us den Nuklearunfällen (Stand Mai 2011).[671][672]

Mitte April 2011 w​urde Tepco v​om Gesetzgeber d​azu verpflichtet, sowohl d​ie aus d​er Umgebung d​es Kraftwerks evakuierten Menschen a​ls auch jene, d​ie ihre Häuser n​icht verlassen sollten, vorläufig finanziell z​u entschädigen. Für j​eden Mehrpersonenhaushalt zahlte Tepco e​ine Million Yen – d​ies entsprach z​um damaligen Zeitpunkt ungefähr 8.300 € – u​nd für j​eden Singlehaushalt 750.000 Yen, entsprechend 6.250 €.[673] 50.000 Haushalte erhielten insgesamt r​und 50 Milliarden Yen (415 Mio. €).[674] Inzwischen i​st die Summe für d​ie Entschädigung v​on privaten Haushalten a​uf ca. 7,7 Billionen Yen (~ 60 Milliarden €) angestiegen. (Stand Januar 2018)[675] Wenig später bestätigte e​ine Regierungskommission, d​ass Tepco d​ie wirtschaftlichen Verluste a​us Verboten u​nd freiwilligen Einschränkungen d​es Verkaufs v​on landwirtschaftlichen u​nd Fischereiprodukten z​u tragen habe.[676] Tepco könne s​ich nicht a​uf die Haftungsausschlussklausel b​ei Naturkatastrophen berufen, w​eil dem Unternehmen d​er unzureichende Schutz d​er Anlage g​egen Tsunamis bekannt gewesen sei.[80] Die Gesamtentschädigungen für d​ie Landwirtschaft wurden i​m Dezember 2011 m​it umgerechnet r​und 1 Mrd. Euro beziffert. Der Großteil d​avon war z​u diesem Zeitpunkt bereits ausgezahlt.[518]

Finanzierung

Die Tepco-Firmenzentrale in Chiyoda, Tokio

Durch d​ie Unfallfolgekosten u​nd den Ausfall weiterer Kraftwerke n​ach dem Erdbeben[677] geriet Tepco i​n finanzielle Schwierigkeiten[678] u​nd ersuchte u​m den 23. März sieben japanische Großbanken u​m Kredite i​n Höhe v​on umgerechnet 17 Milliarden Euro, m​it denen d​ie Schäden a​us der Reaktorkatastrophe bezahlt werden sollen. Zuvor hatten d​ie Ratingagenturen Moody’s s​owie Standard & Poor’s d​ie Kreditwürdigkeit v​on Tepco herabgestuft.[679] Die Banken stellten d​ie gewünschten Kredite innerhalb v​on drei Wochen z​ur Verfügung.[48]

Die japanische Regierung e​rwog eine Aufspaltung d​es Unternehmens. Das Kraftwerk Fukushima I würde demnach a​us dem Konzern herausgetrennt u​nd verstaatlicht. Damit käme d​er japanische Staat a​uch für d​ie Entschädigungszahlungen infolge d​er Katastrophe auf.[680] Unabhängig d​avon sagte d​ie Regierung zu, d​as Unternehmen z​u unterstützen, f​alls es d​ie Kosten d​er Nuklearkatastrophe n​icht alleine tragen könne.[681] Am 10. Mai k​am Tepco a​uf dieses Angebot zurück u​nd bat d​en Staat offiziell u​m finanzielle Unterstützung.[682]

Die Regierung richtete i​m September m​it einem eigenen Gesetz, e​iner „Lex Tepco“, e​inen Unterstützungsfonds m​it der Bezeichnung Nuclear Damage Compensation Facilitation Corporation (Fördergesellschaft für d​ie Kompensation v​on Nuklearschäden) ein, d​er sich hauptsächlich über v​om Staat garantierte Anleihen finanziert, zunächst m​it einem Volumen v​on umgerechnet b​is zu 18 Milliarden Euro. Weitere Beiträge leisten n​eun der z​ehn regionalen japanischen Stromversorger u​nd andere Unternehmen d​er Nuklearindustrie. Der Fonds stellt d​em Kraftwerksbetreiber b​ei Bedarf Geld für d​ie Finanzierung v​on Entschädigungszahlungen z​ur Verfügung, d​as in Raten wieder zurückgezahlt werden muss.[683][684][685]

Im Jahresabschluss d​es Geschäftsjahres 2010/11 (zum 31. März 2011) verbuchte Tepco Aufwand u​nd Rückstellungen v​on 884 Milliarden Yen (umgerechnet 7,5 Milliarden Euro) für b​is dahin angefallene u​nd weitere erwartete Kosten d​er Nuklearunfälle. Davon entfielen 426 Mrd. Yen a​uf die Stabilisierungs- u​nd Sicherungsmaßnahmen i​m Kraftwerk, 207 Mrd. Yen a​uf den geplanten Abbruch d​er Reaktorblöcke 1 b​is 4, 212 Mrd. Yen a​uf die laufenden Betriebskosten d​er abgeschalteten Blöcke 5 u​nd 6 u​nd 39 Mrd. Yen a​uf die Aufgabe d​er geplanten Blöcke 7 u​nd 8. Die Reparaturkosten für andere, v​om Erdbeben u​nd Tsunami beschädigte Anlagen bezifferte Tepco a​uf 133 Mrd. Yen.[686] Nach Vermeldung d​er Zahlen g​aben Präsident Shimizu Masataka u​nd drei weitere Direktoren i​hren Rücktritt z​ur Hauptversammlung a​m 28. Juni 2011 bekannt.[687] Weitere 1076 Mrd. Yen (rund 10 Mrd. €) k​amen im ersten Geschäftshalbjahr 2011/12 hinzu, d​avon der Großteil für Entschädigungsaufwand.[688]

Prozesse

Die Staatsanwaltschaft entschied zweimal gegen eine Anklage von Tepco-Managern. Bürger und Protestgruppen drängten vehement darauf, gegen Tepco-Manager einen Prozess zu führen. Erst nachdem in einem sehr selten angewandten Verfahren zwei Bürger-Jurys für die Anklage votierten, wurden 2016 drei Tepco-Manager angeklagt: Tsunehisa Katsumata (77), der frühere Tepco-Vorstandsvorsitzende, sowie die beiden ehemaligen Vizepräsidenten Sakae Muto (66) und Ichiro Takekuro (71 Jahre).

Im Juni 2017 begann dieser Prozess. Es i​st das e​rste strafrechtliche Verfahren i​n Japan z​ur Aufarbeitung d​er Atomkatastrophe. Den Angeklagten w​ird vorgeworfen, i​hre dienstlichen Pflichten vernachlässigt z​u haben. Die Anklage lastet i​hnen unter anderem d​en Tod v​on 44 Menschen an, darunter Patienten, d​ie aus d​er Nähe d​es Kernkraftwerks evakuiert wurden u​nd dabei starben.[689]

Im März 2018 stellte e​in Gericht i​n Kyoto e​ine Mitschuld d​er japanischen Regierung u​nd des Betreiberkonzerns Tepco a​n der Katastrophe v​on Fukushima fest. Staat u​nd Unternehmen wurden z​u Entschädigungszahlungen i​n Höhe v​on umgerechnet 835.000 Euro verurteilt. Die Regierung s​ei bis z​u einem gewissen Grad i​n der Lage gewesen, d​as Risiko e​ines Tsunamis vorherzusehen. Der Staat h​abe es a​ber versäumt, Tepco z​u Schutzmaßnahmen aufzufordern.[690]

Im September 2019 wurden a​lle drei Tepco-Manager freigesprochen, d​a der Tsunami n​icht vorhersehbar gewesen sei.[691]

Rezeption

Einer d​er Arbeiter a​uf dem Gelände d​es zerstörten Atomkraftwerks w​ar der japanische Mangaka Kazuto Tatsuta. Er schildert z​um Selbstschutz v​or seinem Arbeitgeber u​nter diesem Pseudonym s​eine Erlebnisse i​n dem dreibändigen Manga Reaktor 1F – Ein Bericht a​us Fukushima. Dabei wurden a​uch bis z​ur Veröffentlichung weitgehend unbekannte Informationen a​us dem Inneren d​es zum großen Teil unzugänglichen Geländes s​owie der zerstörten Gebäude dargestellt. Die deutschen Ausgaben d​es Mangas erschienen b​eim Carlsen Verlag.[692][693][694]

Im 2015 erschienenen Album Werwolf-Attacke – Monsterball i​st überall d​er Musikgruppe EAV w​ird das 1987 i​n Reaktion a​uf die Nuklearkatastrophe v​on Tschernobyl erschienene Lied Burli m​it dem Stück Mrs. Fuckushima fortgeschrieben.[695][696]

Der i​m Jahr 2016 erschienene deutsche Spielfilm Grüße a​us Fukushima befasst s​ich mit d​em Umgang v​on Betroffenen m​it deren Verlust v​on Heimat u​nd Besitz.[697]

Quarks & Co, d​as Wissenschafts-Fernsehmagazin d​es WDR, berichtete mehrmals u​nd von Beginn a​n über d​ie Dreifachkatastrophe, insbesondere über d​ie Vorgänge i​n Fukushima.[698] Ein Jahr danach, a​m 6. März 2012 w​urde unter d​em Titel Die Katastrophe v​on Fukushima über d​en Störfall u​nd seine Folgen berichtet.[699] Über d​en Stand d​er Aufräumarbeiten a​m Reaktor u​nd in d​er Region w​urde vier Jahre danach i​n der Sendung m​it dem Titel Fukushima – Ende n​icht in Sicht informiert,[700][701] n​ach zehn Jahren folgte Fukushima h​eute – Leben i​m Katastrophengebiet.[702]

Am 11. März 2021 erschien e​ine Verfilmung m​it dem Namen „Fukushima 50“ v​on Setsurô Wakamatsu, s​ie beschreibt d​ie Arbeit d​er am Reaktor verbliebenen Menschen.[703]

Siehe auch

Literatur

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  • Helen Caldicott [Hrsg.]: Crisis Without End: The Medical and Ecological Consequences of the Fukushima Nuclear Catastrophe. [Die Beiträge eines Symposiums an der New York Academy of Medicine, veranstaltet vom 11. bis 12. März 2013]. The New Press, New York 2014. ISBN 978-1-59558-970-5 (eBook)
  • Richard J. Samuels: 3.11: Disaster and Change in Japan. Cornell University Press, Ithaca 2013, ISBN 978-0-8014-5200-0.
  • Tomohiko Suzuki: Inside Fukushima. Eine Reportage aus dem Innern der Katastrophe, Assoziation A, Hamburg 2017, ISBN 978-3-86241-458-1.
Commons: Unfälle im Kernkraftwerk Fukushima I – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikinews: Kernkraftwerk Fukushima I – in den Nachrichten

Einzelnachweise

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  17. More on Spent Fuel Pools at Fukushima (Memento vom 9. April 2011 auf WebCite) (englisch). All Things Nuclear, 21. März 2011.
  18. Technische Daten Fukushima Nr. 1 im Normalbetrieb (Memento vom 6. April 2011 auf WebCite) (pdf). GRS (PDF; 50 kB).
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  38. Results of the investigation regarding tsunami arrived in Fukushima Daiichi Nuclear Power Station and Fukushima Daini Nuclear Power Station (Memento vom 11. April 2011 auf WebCite) (englisch). Tepco, 9. April 2011.
  39. Mission Report: The Great East Japan Earthquake Expert Mission (Memento vom 26. Juni 2011 auf WebCite) (englisch, pdf). IAEO, 16. Juni 2011, abgerufen am 25. Juni 2011: „Interactions between NISA and TEPCO could benefit from the development of technical depth rather than formal regulatory relations. This may need an enhancement of NISA‘s technical capability.“
  40. The Results of a Safety Investigation into the Accident at Tokyo Electric Power Co.’s Fukushima Dai-ichi Nuclear Power Station (Memento vom 11. Dezember 2011 auf WebCite) (englisch, pdf). NISA, 16. September 2011.
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  57. Minister Kaieda sorry for reportedly ‘forcing’ water-spraying mission (Memento vom 22. März 2011 auf WebCite) (englisch). Kyodo News, 22. März 2011
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  60. Putzmeister-Pumpe für Japan (Memento vom 13. Juli 2012 im Internet Archive) (siehe auch Putzmeister)
  61. Informationen zur Lage in Japan: Stand 25. März 2011, 13:00 Uhr (MEZ). (Memento vom 11. April 2011 auf WebCite) GRS, 25. März 2011.
  62. Minutenprotokoll: So verlief der Freitag in Japan. (Memento vom 3. Mai 2011 auf WebCite) Spiegel Online: „Der Betreiber Tepco hofft, das Kühlsystem im Reaktor 2 schon Freitagnacht (Ortszeit) wieder in Betrieb nehmen zu können.“
  63. The Great East Japan Earthquake and Current Status of Nuclear Power Stations (Memento vom 25. April 2011 auf WebCite) (englisch, pdf). Tepco, 18. April 2011. Erdbebenbelastung auf S. 28.
  64. Status of nuclear power plants in Fukushima as of 10:00 March 26 (Estimated by JAIF) (Memento vom 3. Mai 2011 auf WebCite) (englisch, pdf). 26. März 2011 (PDF; 855 kB): „Main Control Room Habitability & Operability: Poor due to loss of AC power (Lighting has been recovered.)“.
  65. Earthquake Report – JAIF, No. 36 (Memento vom 27. April 2011 auf WebCite) (englisch, pdf). 29. März 2011 (PDF; 91 kB): „Machines and equipment to restore automatic cooling systems for the reactors are installed inside the turbine buildings. But the delay in draining contaminated water is blocking restoration.“
  66. Seismic Damage Information (the 50th Release, As of 08:00 March 25th, 2011) (Memento vom 11. April 2011 auf WebCite) (englisch, pdf). NISA, 25. März 2011.
  67. Fukushima Nuclear Accident Update Log (Memento vom 15. April 2011 auf WebCite) (englisch). IAEO, 15. April 2011.
  68. Air may be leaking from reactors No. 2 and 3 (Memento vom 15. Mai 2011 auf WebCite) (englisch). NHK, 30. März 2011, abgerufen am 15. Mai 2011.
  69. Cores Damaged at Three Reactors (Memento vom 17. Mai 2011 auf WebCite) (englisch). Wallstreet Journal, 16. Mai 2011.
  70. Earthquake Report – JAIF, No. 92 (Memento vom 25. Mai 2011 auf WebCite) (englisch, pdf). JAIF / NHK, 25. Mai 2011 (PDF; 112 kB)
  71. New Problems at Japanese Plant Subdue Optimism (Memento vom 14. Mai 2011 auf WebCite) (englisch). New York Times, 23. März 2011.
  72. Fresh coolant injected, high-radiation water leaks in nuke crisis (Memento vom 1. April 2011 auf WebCite) (englisch). Kyodo News, 25. März 2011, abgerufen am 1. April 2011.
  73. U.S. Naval Barges Bring Fresh Water to Assist with Cooling at Japan Nuclear Plant (Memento vom 11. April 2011 auf WebCite) (englisch). Huffington Post, 26. März 2011.
  74. Fukushima Accident 2011 (Memento vom 5. April 2011 auf WebCite) (englisch, pdf). World Nuclear Association, 4. April 2011.
  75. Woes deepen over radioactive water at nuke plant, sea contamination (Memento vom 15. April 2011 auf WebCite) (englisch). Kyodo News, 28. März 2011, abgerufen am 15. April 2011.
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  101. Robotic Exoskeletons from Cyberdyne Could Help Workers Clean Up Fukushima Nuclear Mess (Deutsch: Robotik-Exoskelette von Dyberdyne könnten Arbeitern helfen das nukleare Schlamassel von Fukushima zu beseitigen). In: Scientific American. 9. November 2011. Abgerufen am 27. November 2011.
  102. New HAL Exoskeleton: Brain-Controlled Full Body Suit to Be Used In Fukushima Cleanup (Deutsch: Neues HAL-Exoskelett: hirn-kontrollierter Ganzkörperanzug zum Einsatz beim Aufräumen in Fukushima). In: Neurogadget.com. 18. Oktober 2012. Abgerufen am 22. Oktober 2012.
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  108. Seismic Damage Information (the 98th Release) (Memento vom 17. April 2011 auf WebCite) (englisch, pdf). NISA, 17. April 2011.
  109. Fukushima: Arge Versäumnisse bei Dekontaminierung. (Memento vom 16. April 2011 auf WebCite) pressetext.com, 7. April 2011.
  110. Up to 57 millisieverts measured at Nos. 1, 3 reactor buildings (erstes Foto zeigt INL-Roboter) (Memento vom 18. April 2011 auf WebCite) (englisch). Kyodo News, 18. April 2011, abgerufen am 18. April 2011.
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  210. Verschiedene NISA-Untersuchungen sprechen von 15:36, aber die Strahlungsmessungen deuten auf eine Explosion vor 15:30 Uhr hin. Die NISA verwechselt teils die Meldezeitpunkte mit den Ereignis-Zeitpunkten.
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  631. Wegen Reaktorunglück in Fukushima: Japan verkündet Atomausstieg bis 2040 bei focus.de, 14. September 2012 (abgerufen am 14. September 2012).
  632. Energiewende: Japan schränkt Atomausstieg wieder ein bei zeit.de, 19. September 2012 (abgerufen am 20. September 2012).
  633. spiegel.de 27. Dezember 2012: Japan kündigt Bau neuer Atommeiler an
  634. Zwei Atomreaktoren dürfen in Japan wieder ans Netz. In: news.ORF.at. ORF, 13. Juni 2017, abgerufen am 17. Juli 2017: Im Zusammenhang relevante Zitate aus diesem ORF-News-Artikel:
    * „2015 wurden im Südwesten Japans die ersten zwei Reaktoren wieder ans Netz genommen. Mittlerweile sind landesweit wieder fünf in Betrieb. Erst vor einer Woche war ein Reaktor im Atomkraftwerk Takahama wieder hochgefahren worden.“
    * „[…] hat ein japanisches Gericht heute die Wiederinbetriebnahme zweier Atomreaktoren genehmigt. Die Reaktoren 3 und 4 des Atomkraftwerks Genkai im Südwesten Japans dürften nach dem Gerichtsurteil wieder ans Netz gehen […]“
  635. Atomkraftwerke kommen in der EU auf den Prüfstand (Memento vom 16. Juni 2011 auf WebCite). Reuters, 25. Mai 2011.
  636. Energy in Europe Newsletter (Memento vom 16. Juni 2011 auf WebCite), Europäische Kommission, Generaldirektorat für Energie, 26. Mai 2011.
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  638. Anna Gabriel: Stresstest: Fast alle Atomkraftwerke haben Mängel, 4. Oktober 2012 bei diepresse.com.
  639. Nach Atomunfall in Japan: Deutschland streitet über Kernenergie. (Memento vom 12. April 2011 auf WebCite) stern.de, 12. März 2011.
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  646. Baustopp: China legt ehrgeizige Atompläne auf Eis. (Memento vom 12. April 2011 auf WebCite) Spiegel Online, 16. März 2011.
  647. Schweizer AKW müssen ihre Anlagen sofort überprüfen. (Memento vom 12. April 2011 auf WebCite) In: NZZ Online. Neue Zürcher Zeitung, 19. März 2011.
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  698. u. a. Mensch gegen Strahlung, Quarks & Co vom 22. März 2011 bei YouTube, abgerufen am 14. Februar 2017.
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  701. Reinhart Brüning: Was bei der Reaktorkatastrophe und in den vier darauffolgenden Jahren geschah, Quarks & Co, WDR, 3. März 2015.
  702. Fukushima heute: Leben im Katastrophengebiet, Quarks & Co vom 9. März 2021 bei YouTube, abgerufen am 3. Oktober 2021.
  703. Filmkritik von „Fukushima 50“ auf filmstarts.de

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