Schwarzmarkt
Unter einem Schwarzmarkt (auch Schleichhandel oder österr. mitunter noch Agiotage) versteht man einen illegalen Teil der Schattenwirtschaft.
Schwarzmärkte entstehen typischerweise dort, wo der Staat bestimmte Marktfaktoren ausschaltet (z. B. durch Preisgesetze oder Rationierungen) oder ganze Märkte verbietet. Der Schwarzmarkt ist vom Grauen Markt zu unterscheiden, auf dem Handel stattfindet, der zwar ordnungspolitisch nicht gewünscht, aber nicht illegal ist.
Ein Schwarzmarkt weist zwar einige Funktionalitäten des Marktes (z. B. Preisbildung, Allokation, Innovationsförderung) auf, kann in der Regel aber nicht zur allgemeinen Wohlstandsbildung beitragen, da er selten Renten erzeugt – denn jeder Marktteilnehmer muss damit rechnen, dass ihm der Staat die Vorteile des Geschäfts nimmt, z. B. indem die Waren eingezogen werden. Auf einem Schwarzmarkt finden Geschäfte in der Regel so statt, dass die gegenseitigen Verpflichtungen entweder schnell vollzogen (Bargeschäfte Zug um Zug) oder einfach besichert (Faustpfand) werden können.
Obwohl auf dem Schwarzmarkt der Handel nicht staatlich kontrolliert, reguliert, oder geschützt ist, funktioniert er aber sehr wohl nach den Regeln des Marktes. Schwarzmarktpreise bilden daher bei staatlich fixierten Preisen bzw. Abgabebeschränkungen den eigentlichen Marktpreis ab. Anstelle von staatlichen Gerichten zur Beilegung von Disputen gelten auf Schwarzmärkten meist andere Regeln der Konfliktlösung, die sich häufig in informellen Strukturen manifestieren, die auf Faktoren wie Ansehen, Vertrauen und Ehre (vgl. Ehrenkodizes) gründen. Da die Durchsetzung des Rechts dann nicht über staatliche Stellen erfolgen kann, kann es zu Gewaltphänomenen („Recht des Stärkeren“) kommen.
Beispiele
Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Versorgungslage der Bevölkerung sehr schlecht. Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs waren nur gegen Lebensmittelmarken und in geringen Mengen legal in Geschäften erhältlich. Neben diesem legalen Markt entwickelte sich ein illegaler Schwarzmarkt, auf dem alles erhältlich war, allerdings zu stark überhöhten Preisen oder gegen Bezahlung in Zigaretten (Zigarettenwährung). Er verschwand trotz häufig durch die Polizei stattfindender Razzien erst nach der Währungsreform 1948, als staatliche Reglementierung abgeschafft und dadurch Marktpreisbildung möglich war („Plötzlich waren die Läden wieder voll“).
Waffenhandel
Handfeuerwaffen sind in Europa typische Schwarzmarktgüter. Da die Hürden für den legalen Erwerb solcher Waffen relativ hoch sind, befriedigt ein ausgeprägter Schwarzmarkt die Nachfrage. Der internationale Handel mit Kleinwaffen (small arms) ist de facto unvollständig reguliert und lässt daher Raum für die illizite Verbreitung. Der Handel mit Kriegswaffen ist in den meisten Ländern nicht ausnahmslos verboten, sondern bedarf lediglich einer staatlichen Genehmigung.
Kulturgüter
2015 legte das Bundesbildungsministerium „das Projekt ‚Verfahren zur Erhellung des Dunkelfeldes als Grundlage für Kriminalitätsbekämpfung und -Prävention am Beispiel antiker Kulturgüter‘“ auf, das „mit 1,2 Millionen Euro für drei Jahre finanziert“ ist und „verlässliches Datenmaterial zu Funktionsweisen des Schwarzmarktes“ ermitteln soll. Anstoß dazu gaben die Zerstörungen von Kulturgütern in Museen und Ausgrabungsstätten im Irak und die Feststellung: „Die Ausgrabungsstücke, die der Islamische Staat (IS) nicht zerstört, die verkauft er.“[1]
Alkohol und illegale Drogen
Alkoholische Getränke waren während der Prohibition zwischen 1920 und 1933 in den USA Schwarzmarktgüter und sind es heute noch in Ländern, in denen Alkohol als illegale Droge gilt.
Alltagsgüter
In einigen Ländern der Welt ist Benzin ein typisches Schwarzmarktgut, wenn der Handel durch Mengen- oder Preisbegrenzungen staatlich reguliert wird. Auch Pornografie, Radarwarngeräte und Elfenbein können Schwarzmarktgüter sein.
Währungen
In Ländern, die keinen freien (privaten) Währungshandel gestatten, entsteht regelmäßig ein Schwarzmarkt für Devisen. Für ausländische Anbieter von Waren und Dienstleistungen sind die Währungen dieser Länder in der Regel wertlos, denn diese Länder lassen ihre Währung nicht frei handeln. Damit entsteht im Ausland für solche Währung kein adäquater Gegenwert. Importgüter sind in diesen Ländern dann oft nur gegen „harte“ Währung (in der Regel Euro oder US-Dollar) zu haben, was diese Fremdwährung entsprechend begehrt macht. In solchen Situationen kann es zum ungewollten Abfluss von Devisen kommen, sodass diese Länder mit einem Zwangsumtausch, Ein- oder Ausfuhrverbot reagieren.
Urheberrecht
In Regionen der Welt, in denen Verstöße gegen Urheber-, Patent- und Verwertungsrechte von staatlichen Stellen kaum geahndet werden, finden sich Schwarzpressungen und Schwarzkopien von DVDs und CDs bei Straßenhändlern.
Dienstleistungen
Auch bestimmte Dienstleistungen werden häufig auf einem Schwarzmarkt erbracht, falls sie in dem entsprechenden Land als illegal gelten. Beispiele hierfür können sein: Abtreibung, Prostitution, Schmuggel, Beihilfe zur Steuerhinterziehung und die Hilfe, gestohlene Ware abzusetzen (Hehlerei). Die in Form der Schwarzarbeit erbrachten Dienst- und Werkleistungen sind hingegen als solche legal.
Illegale Einwanderer sind oft in doppelter Hinsicht von Schwarzmärkten betroffen: einerseits können sie bestimmte Leistungen nicht auf regulären Märkten einkaufen (z. B. den eigenen Transport in das Zielland), andererseits können sie ihre Arbeitskraft im Zielland oft nicht auf dem weißen Arbeitsmarkt anbieten und müssen auf illegale Beschäftigungsverhältnisse ausweichen.
Keine Schwarzmärkte
Die Güterbeschaffung in der „Mangelwirtschaft der DDR“ fand – entgegen einer landläufigen Meinung – in der Regel nicht auf Schwarzmärkten, sondern auf Grauen Märkten statt, da der nicht-gewerbliche Handel mit eigenen Gütern erlaubt war.
Auch der Verkauf von Eintrittskarten („Schwarzmarktkarten“) zwischen Konsumenten findet in der Regel auf einem Grauen Markt statt, da diese Geschäfte in der Regel nicht gesetzlich verboten sind.
Der Schwarzmarkt in der Belletristik
Mit seinen Kurzgeschichten Lehmann oder So schön war mein Markt setzte Siegfried Lenz 1964 dem Schwarzmarkt in Hamburg und Norddeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg auch ein literarisches Denkmal.
Literatur
- Malte Zierenberg: Stadt der Schieber : der Berliner Schwarzmarkt 1939 - 1950. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2008 ISBN 978-3-525-35111-6 Köln, Univ., Diss., 2006
- Stefan Mörchen: Schwarzer Markt : Kriminalität, Ordnung und Moral in Bremen 1939 - 1949. Frankfurt am Main : Campus, 2011 ISBN 978-3-593-39298-1 Bremen, Univ., Diss., 2009
- Franziska Meixner: Schwarzmarkt der Nachkriegszeit in Nürnberg aus einer juristischen Perspektive. Förderverein Europäische Rechtskultur, 2018 ISBN 9783963740343
Weblinks
Einzelnachweise
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- Rolf Brockschmidt: Propaganda mit Pressluftbohrer. In: Der Tagesspiegel. Berlin, 2. März 2015, S. 20.