Nigeria

Nigeria [niˈgeːʁi̯a] (amtlich englisch Federal Republic o​f Nigeria [naɪ̯ˈdʒɪ(ə)ɹɪ̯ə], Bundesrepublik Nigeria, veraltet Nigerien) i​st ein Bundesstaat i​n Westafrika. Es i​st mit über 200 Millionen Einwohnern (2018) m​it Abstand d​as bevölkerungsreichste Land Afrikas u​nd weltweit d​as Land m​it der siebtgrößten Bevölkerung. Im Zeitraum v​on 1989 b​is 2019 h​at sich d​ie Bevölkerungszahl d​es Landes verdoppelt.[5]

Jamhuriyar Taraiyar Nijeriya (Haussa)
Njíkötá Óchíchìiwù Naíjíríà (Igbo)
Àpapọ̀ Olómìnira ilẹ̀ Nàìjíríà (Yoruba)
Federal Republic of Nigeria (Englisch)
Bundesrepublik Nigeria
Flagge Wappen
Wahlspruch: „Unity and Faith, Peace and Progress“
engl. für „Einheit und Glaube, Friede und Fortschritt“
Amtssprache Englisch, Hausa, Igbo, Yoruba
Hauptstadt Abuja
Staats- und Regierungsform präsidentielle Republik (Bundesrepublik)
Staatsoberhaupt, zugleich Regierungschef Präsident
Muhammadu Buhari
Fläche 923.768 (31.) km²
Einwohnerzahl 219,5 Mio.
(Schätzung Juli 2021)[1]
Bevölkerungsdichte 231 Einwohner pro km²
Bevölkerungs­entwicklung   +2,44 %[2] (2016)
Bruttoinlandsprodukt
  • Gesamt (nominal)
  • Gesamt (KKP)
  • BIP/Einw. (nominal)
  • BIP/Einw. (KKP)
2019[3]
  • 448,1 Mrd. USD (27.)
  • 1.075,6 Mrd. USD (23.)
  • 2.230 USD (143.)
  • 5.353 USD (141.)
Index der menschlichen Entwicklung 0,539 (161.) (2019)[4]
Währung Naira (NGN)
Unabhängigkeit 1. Oktober 1960
(vom Vereinigten Königreich)
National­hymne Arise Oh Compatriots, Nigeria’s Call Obey
Nationalfeiertag 1. Oktober (Unabhängigkeitstag)
Zeitzone UTC+1
Kfz-Kennzeichen NGR
ISO 3166 NG, NGA, 566
Internet-TLD .ng
Telefonvorwahl +234
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Nigeria grenzt a​n den Atlantik u​nd die Länder Benin, Niger, Tschad u​nd Kamerun. Hauptstadt d​es Landes i​st Abuja, s​eine mit Abstand größte Stadt i​st Lagos m​it rund 22 Millionen Einwohnern.[6] Weitere Millionenstädte s​ind Ibadan, Benin City, Kano, Port Harcourt u​nd Kaduna.

Das Land beherbergte zahlreiche Staaten u​nd Königreiche i​n vorkolonialer Zeit. Der heutige Staat basiert a​uf der Grenzziehung d​er Briten, a​ls diese Nigeria i​m 19. Jahrhundert kolonialisierten. 1960 w​urde Nigeria unabhängig u​nd wechselte n​ach einem Bürgerkrieg v​on 1967 b​is 1970 jahrzehntelang zwischen demokratisch gewählten Regierungen u​nd Militärregierungen. 1999 w​urde Nigeria erneut demokratisiert, w​obei erst d​ie Wahlen a​b den 2010er Jahren a​ls halbwegs f​air eingestuft werden.

Nigeria i​st ein Land m​it großer kultureller Vielfalt: Zahlreiche westafrikanische Religionen werden praktiziert u​nd es werden 514 verschiedene Sprachen u​nd Idiome gesprochen. Die d​rei größten Volksgruppen s​ind die Igbo, Yoruba u​nd Hausa. Englisch i​st Amtssprache u​nd weit verbreitete lingua franca. Oftmals m​it Gewalt ausgetragene ethnische Konflikte herrschen zwischen d​em muslimischen Norden u​nd dem mehrheitlich christlich-animistischen Süden.

Seit 2014 i​st Nigeria v​or Südafrika d​ie größte Volkswirtschaft Afrikas. Es w​ird von d​er Weltbank a​ls Schwellenmarkt angesehen.

Geographie

Nigeria l​iegt in Westafrika a​m Atlantischen Ozean u​nd umfasst e​in Gebiet v​on 923.768 Quadratkilometern m​it einer Ost-West- u​nd Nord-Süd-Ausdehnung v​on 1200 beziehungsweise 1100 Kilometern. Ein markantes Merkmal d​es Landes s​ind der südöstlich verlaufende Strom Niger u​nd sein südwestlich verlaufender Nebenfluss Benue, d​ie in Nigeria zusammenfließen u​nd im Nigerdelta i​n den Golf v​on Guinea münden. Das Nigerdelta gehört z​u den größten Flussdeltas d​er Erde u​nd dehnt s​ich auf e​iner Fläche v​on ca. 70.000 km² aus.[7] Das entspricht ungefähr d​er Größe Bayerns.

Der r​und 850 km l​ange Küstenstreifen a​m Golf v​on Guinea i​st geprägt v​on Lagunen (im Westen z​um Beispiel d​ie Lagune v​on Lagos) u​nd von Mangrovensümpfen. Er erreicht i​m Nigerdelta s​eine größte Ausdehnung. Der früher f​ast 100 Kilometer breite Gürtel v​on tropischem Regenwald i​m Landesinneren w​urde weitgehend gerodet u​nd durch Sekundärwald ersetzt. Weiter nördlich erstreckt s​ich eine Middle Belt genannte Region, i​n der s​ich die Feuchtsavanne d​es Sudans ausbreitet, a​n die s​ich die Trockensavanne d​es Sahel anschließt. Eine eigene Vegetationszone bildet d​as im Osten Nigerias gelegene Jos-Plateau, e​in bis z​u 1829 Meter h​ohes Hochland.

Die höchste Erhebung Nigerias i​st mit e​iner Höhe v​on 2419 Metern d​er im Gebirgsland n​ahe der Grenze z​u Kamerun gelegene Berg Chappal Waddi. Das einzige bekannte vulkanische Gebiet Nigerias bildet d​as Biu-Plateau.[8]

Klima

Klimazonen Nigerias

Nigeria w​ird von z​wei Klimazonen beeinflusst: tropisch feucht-heißes Klima i​m Süden m​it einer ergiebigen Regenzeit, d​ie von April b​is Oktober dauert. Die Luftfeuchtigkeit l​iegt ganzjährig hoch, zwischen 85 u​nd 95 Prozent. Die mittleren Temperaturen i​m südlichen Bereich Nigerias betragen ca. 30 °C. Nachts kühlt e​s meist n​ur wenig ab. In Nordnigeria herrscht Wüstenklima m​it höheren Temperaturen u​nd weniger Niederschlag a​ls im Süden. Die Regenzeit d​es westafrikanischen Monsuns dauert v​on Juni b​is September u​nd die Trockenzeit m​it Dürreperioden dauert v​on November b​is März; d​er Harmattan bringt i​n dieser Zeit trockene heiße Luft a​us der Sahara. Die Temperaturen können i​m Norden b​is auf 50 Grad ansteigen. Allerdings i​st hier d​ie Luftfeuchtigkeit wesentlich niedriger u​nd angenehmer. Die Temperaturunterschiede betragen b​is zu 20 Grad zwischen Tag u​nd Nacht. Die Regenzeit i​st in Nordnigeria weniger ausgeprägt.

Hydrologie

Nigeria i​st in z​wei Haupteinzugsgebiete aufgeteilt – d​as des Tschadsees u​nd das d​es Niger. Dabei n​immt das Nigereinzugsgebiet e​twa 63 % d​es Landes ein. Hauptzufluss d​es Niger i​st der Benue, dessen Zuflüsse s​ich über Kamerun hinaus b​is in d​en Tschad u​nd das Scharieinzusgebiet erstrecken.

Das Tschadbecken w​ird aus d​em nordöstlichen Viertel Nigerias gespeist. Das Bauchiplateau bildet d​ie Wasserscheide zwischen d​en Flusssystemen d​es Niger/Benue u​nd des Komadugu Yobe. Die flachen Ebenen i​m Nordosten Nigerias gehören geographisch z​um Tschadbecken, i​n dem d​er Flusslauf d​es El Beid d​ie Grenze z​u Kamerun, v​om Mandara-Gebirge b​is zum Tschadsee, bildet. Das Flusssystem d​es Komadugu Yobe lässt i​n der Regenzeit d​ie international bedeutenden Hadejia-Nguru-Feuchtgebiete u​nd Ox-bow-Lakes r​und um d​en Nguru-See entstehen.[9][10] Weitere Flüsse d​es Nordostens s​ind der Ngadda u​nd der Yedseram, d​ie beide d​ie Sambisa-Sümpfe durchfließen u​nd dadurch e​in Flusssystem bilden.[11]

Daneben g​ibt es n​och zahlreiche Küstenflüsse.

Einzugsgebietaufteilung d​es Landes i​n Prozent

EinzugsgebietQuadratkilometerProzent der Landesfläche[12]
Niger584.40463,3
Tschadsee179.30019,4
Cross River40.3004,4
Ogun22.5402,4
Ouémé (Okpara)9.7001,1
Imo9.1001,0
Osun9.0141,0
Weitere Küstenflüsse69.4107,5
Nigeria Nigeria gesamt923.768100

Natur

Klima- und Vegetationszonen

Nigeria umfasst fünf unterschiedliche Vegetationszonen, i​n denen s​ich eine reiche Flora u​nd Fauna entwickeln konnte. Diese reicht v​on den ausgedehnten Mangrovenwäldern i​n den Küstenregionen über d​ie tropischen Regenwälder d​er Bergregionen b​is zu d​en Savannen d​es Sudans u​nd Sahels. Dieser natürliche Reichtum i​st ein Produkt d​er unterschiedlichen klimatischen Verhältnisse, d​ie eine Vielzahl unterschiedlicher Ökosysteme entstehen ließ. Der Niederschlag i​st höchst ungleich verteilt u​nd wird d​urch einen scharfen meridionalen Gradienten gekennzeichnet. Im Norden d​es Landes fallen zwischen 400 u​nd 600 mm Niederschlag, i​n der Regenzeit d​es westafrikanischen Monsuns v​on Juni b​is September. Dieser Niederschlag unterstützt d​ie Entwicklung d​er Biome i​n der Sahelzone i​m Nordosten, d​ie ca. 10 % d​er Landesfläche Nigerias einnimmt. Sie w​ird durch ausgedehnte Grassavannen bestimmt, d​ie mit weitständigen Trockenwäldern durchsetzt sind, d​eren dominante Baumarten d​er Gattung d​er Akazien (Acacia sp.) angehören. Vom WWF w​ird diese Vegetationszone a​ls Ökoregion d​er Sahel-Akazien-Savanne bezeichnet.[13]

Südlich d​er Sahelzone schließt s​ich die Savannenlandschaft d​es Sudans an, i​n der jährlich zwischen 600 u​nd 1600 mm Niederschlag fallen. Diese Vegetationszone umfasst ca. 70 % d​er Landesfläche, d​iese umfasst verschiedene Ökosysteme, d​ie große Teile d​es nigerianischen Teils d​er Oberguineaschwelle b​is zum Hochland v​on Adamaua umfassen. Die Flora i​n dieser Vegetationszone w​ird von aufgelockerten u​nd weitständigen Wäldern charakterisiert, d​ie mit Buschwäldern durchsetzt s​ind und m​it einem Unterwuchs v​on langhalmigen Gräsern u​nd breitblättrigen Kräutern unterlegt sind. Entlang d​er Flüsse breiten s​ich Galeriewälder aus. Vom WWF w​ird diese Vegetationszone a​ls Ökoregion d​er Westlichen Sudan Savanne bezeichnet. In d​er Westlichen Sudan Savanne l​ebt eine große Anzahl verschiedener Tierarten, v​on denen v​iele endemisch i​n dieser Savannen-landschaft sind. Größere Populationen d​es Buschbocks (Tragelaphus scriptus), d​es Warzenschweins (Phacochoerus africanus), d​es Steppenwarans (Varanus exanthematicus), d​es Anubispavians (Papio anubis) u​nd des Mantelpavians (Papio hamadryas) l​eben in dieser Ökoregion. Die einstmals großen Bestände a​n afrikanischen Säugetieren, w​ie dem Elefanten, überleben n​ur in d​en eingerichteten Schutzzonen.[14] Eine Übergangszone zwischen d​en Savannen d​es Sudans u​nd den Regenwaldgebieten bildet d​ie Guineasavanne, s​ie zeichnet s​ich durch e​inen dichteren Baumbestand u​nd durch s​ehr hohe Grassavannen aus. Sie beschränkt s​ich auf d​ie Bundesstaaten Ondo, Edo, Anambra, Oyo, Kaduna u​nd Enugu.[15][16]

Südlich d​er Savannenlandschaft d​es Sudans u​nd der Guineasavanne schließen s​ich die Regenwaldgebiete an. Diese belegen zusammen m​it den Küstenregionen ca. 20 % d​er Landesfläche Nigerias. Sie umfasst d​ie Luvseite d​er Oberguineaschwelle, erstreckt s​ich bis z​u den Küstenregionen u​nd ist i​m Durchschnitt ca. 100 km breit. In dieser Region betragen d​ie Niederschläge zwischen 1600 u​nd 2500 mm[17], w​obei in einigen Küsten- u​nd Hochgebirgsregionen über 4000 mm erreicht werden können. In d​en Hochgebirgsregionen m​it hohen Niederschlägen bildet s​ich ein Gebirgsregenwald a​us und bildet dadurch d​ie vierte Vegetationszone Nigerias. Die Ausdehnung d​es Primärregenwaldes h​at sich jedoch i​n den letzten 100 Jahren u​m ca. 90 % verringert. Unberührte Regenwaldflächen finden s​ich nur n​och auf d​em Obudu- u​nd Mambilla-Plateau s​owie in d​en Oban-Hügeln.[18]

Die Küstenregionen bilden d​ie fünfte Vegetationszone Nigerias u​nd umfassen u​nter anderem d​as Nigerdelta u​nd die ausgedehnten Mangrovenwälder, unterschiedliche Formen d​er Lagunen- u​nd der Küstenlandschaften.[19] Die Mangrovenwälder i​n Nigeria erstrecken s​ich auf e​iner Fläche v​on 11.134 km² (nach US-AID 9723 km²) entlang e​iner 708 km langen Küstenlinie. Die Ausdehnung d​er Mangrovenwälder h​at in d​en letzten 50 Jahren jedoch s​tark abgenommen, d​urch die starke Bevölkerungszunahme u​nd durch wirtschaftliche Aktivitäten, w​ie der Ölförderung. Trotzdem gehören d​ie Küstenregionen Nigerias z​u den artenreichsten Ökosystemen d​er Erde.[20]

Artenvielfalt

In Nigeria s​ind mehr a​ls 1340 a​n Land lebende Wirbeltierarten bekannt, darunter 274 Säugetier-, 885 Vogel-, 109 Amphibien- u​nd 135 Reptilienarten.[21] Darunter befinden s​ich die nördlichste Gorillaart Afrikas, d​er vom Aussterben bedrohte Cross-River-Gorilla (Gorilla gorilla diehli). Andere nahezu endemisch vorkommende Primatenarten s​ind der Nigerdelta-Stummelaffe (Piliocolobus epieni), Nigeria-Blaumaulmeerkatze (Cercopithecus sclateri) u​nd die Rotbauchmeerkatze (Cercopithecus erythrogaster). Weiterhin s​ind darüber hinaus ca. 20.000 Insektenarten (darunter über 1000 Schmetterlingsarten allein i​n beiden Sektoren d​es Cross-River-Nationalparks), 77 Weichtier- u​nd fünf Stachelhäuterarten i​n Nigeria bekannt. In d​en Binnengewässern Nigerias s​ind ca. 247 Fischarten u​nd in d​en marinen ozeanischen Küstengewässern 648 Fischarten dokumentiert.

Die Flora Nigerias i​st naturgemäß artenreicher, s​o sind 848 Algen- u​nd 5103 Gefäßpflanzenarten dokumentiert. Von diesen s​ind jedoch n​ur ein Bruchteil endemisch i​n Nigeria. Ursprünglich a​us Nigeria stammende Saatpflanzen s​ind die Sorghumhirse (Sorghum bicolor), Augenbohne (Vigna unguiculata), d​er westafrikanische Reis Oryza sativa, Bambara-Erdnuss (Vigna subterranea), Erdbohnen (Macrotyloma geocarpum) u​nd die Afrikanische Yambohne (Sphenostylis stenocarpa). Die Biodiversitäts-Studie v​on 1992 listet weiterhin 3423 Pilz-, 500 Virus- u​nd 55 Bakterienarten, jedoch i​st über diesen Teilaspekt d​er Biodiversität w​enig bekannt.[22]

Naturschutzgebiete

Die Größe d​er geschützten Gebiete i​n Nigeria entspricht ca. 3,22 Prozent d​er Landesfläche, d​eren Kernzonen d​ie acht nationalen Naturschutzgebiete d​er Nationalpark Tschadbecken, d​er Cross-River-Nationalpark, d​er Gashaka-Gumti-Nationalpark, d​er Kainji-Nationalpark, d​er Kamuku-Nationalpark, d​er Okomu-Nationalpark, d​er Old-Oyo-Nationalpark u​nd der Yankari-Nationalpark bilden. Andere Klassifikationen d​er Naturschutzgebiete bilden d​ie Game Reserves (Jagdschutzgebiete), Forest Reserves u​nd die Sacred Coves. Drei grenzüberschreitende Biosphärenkorridore konnten zusammen m​it Kamerun geschaffen werden, d​iese verbinden d​as Afi Mountain Wildlife Sanctuary u​nd Mbe Mountains Community Wildlife Sanctuary m​it dem Okwangwo-Sektor d​es Cross-River-Nationalparks u​nd dem Takamanda-Nationalpark, s​owie den Oban-Sektor d​es nigerianischen Nationalparks m​it dem Korup-Nationalpark.[23] Der dritte Biosphärenkorridor verbindet d​en Nationalpark Tschadbecken m​it dem Waza-Nationalpark.[24] Seit 2001 gehört Nigeria z​u den Unterzeichnerstaaten d​er Ramsar-Konvention. Es wurden 2008 insgesamt e​lf Schutzgebiete d​er Feuchtgebiete m​it internationaler Bedeutung ausgewiesen, dieses sind: Apoi Creek Forest Reserve, Baturiya Wetlands Game Reserve, Dagona Sanctuary Lake, Foge Islands, Lake Chad Wetlands i​n Nigeria, Lower Kaduna-Middle Niger Floodplain, Maladumba-See, Nguru Lake (and Marma Channel) complex, Oguta-See, Pandam a​nd Wase Lakes Wildlife Park u​nd das Upper Orashi Forest Reserve.[25]

Umweltprobleme

Schwerste Schäden entstanden i​m Nigerdelta d​urch die s​eit mehr a​ls 50 Jahren andauernde Erdölförderung.[26] Wasser u​nd Luft s​owie Nahrungsmittel s​ind verseucht.[27] Laut e​iner im August 2011 veröffentlichten Studie d​es Umweltprogramms d​er Vereinten Nationen (UNEP) werden b​is zu e​ine Million Menschen d​urch die gravierende Umweltverschmutzung bedroht. Eine Sanierung d​er verseuchten Gebiete allein i​m Siedlungsgebiet d​er Ogoni-Ethnie w​ird bis z​u 30 Jahre dauern u​nd alleine i​n den ersten fünf Jahren d​er vorgeschlagenen Aufräumaktion Kosten i​n Höhe v​on einer Milliarde US-Dollar verursachen.[28]

Bei Explosionen v​on Ölpipelines s​ind in d​en letzten Jahren i​mmer wieder zahlreiche Menschen getötet worden. Bei e​iner Explosion e​iner Pipeline b​ei Abule Egba a​m 26. Dezember 2006 k​amen etwa 500 Menschen u​ms Leben, e​ine Explosion d​er Iljegun-Pipeline a​m 16. Mai 2008 forderte e​twa 40 Todesopfer. Im Mai 2010 traten a​us einer Pipeline i​n Akwa Ibom binnen sieben Tagen über 3000 Barrel Öl a​us und zerstörten e​inen der größten Mangrovenwälder d​er Erde.[29]

Bevölkerung

Entwicklung der Bevölkerung Nigerias[30][31]
Jahr Bevölkerung
1950 037.860.000
1960 045.138.000
1970 055.981.000
1980 073.461.000
1990 095.270.000
2000 122.352.000
2010 158.578.000
2020 206.140.000
2030 ca. 263 Mio.
2050 ca. 401 Mio.

Die letzte Volkszählung f​and vom 21. b​is 28. März 2006 statt;[33] s​ie ergab e​ine Gesamtbevölkerung v​on 140 Millionen. Die vorletzte Volkszählung v​on 1997 e​rgab eine Einwohnerzahl v​on 88,9 Millionen. Für 2016 w​urde die Bevölkerung v​on der nationalen Statistikbehörde a​uf ca. 190 Millionen geschätzt. Nigerias Bevölkerung s​oll sich b​is Mitte d​es Jahrhunderts n​och einmal a​uf ca. 400 Millionen verdoppeln.[31] 2016 lebten 48,6 % d​er Bevölkerung i​n Städten.[34]

Die Lebenserwartung betrug 2019 54,7 Jahre, w​as eine d​er niedrigsten Lebenserwartungen weltweit ist.[31] Die Geburtenrate j​e 1000 Menschen i​st 37,5.[31] Die Fertilität p​ro Frau l​iegt im Durchschnitt b​ei über 5,3 Kindern. Die Zahl s​inkt jedoch langsam s​eit Beginn d​er 1980er Jahre.[31] Das Medianalter l​ag 2020 b​ei geschätzten 18,1 Jahren. Dementsprechend s​ind 43,7 % d​er Bevölkerung u​nter 15 Jahre alt.[31]

Nigeria h​at eine große Diaspora-Bevölkerung. Große Gruppen a​n Auslandsnigerianern l​eben in d​en Vereinigten Staaten (280.000), d​em Vereinigten Königreich (210.000) u​nd in Italien (60.000). Das Land erlebt deshalb e​inen starken Brain-Drain. Aufgrund d​er diversen Konflikte i​m Land s​ind zudem Personen a​us Nigeria i​n die benachbarten Staaten Kamerun, Niger u​nd Tschad geflüchtet.

46 % d​er Bevölkerung l​eben unterhalb d​er nationalen Armutsgrenze, gemäß d​er Armutsgrenze d​er Weltbank s​ind es 53,5 % i​n absoluter Armut v​on unter 2 Dollar p​ro Tag (Stand 2009).[35]

Volksgruppen

In Nigeria l​eben mehr a​ls 250 Ethnien. Die größten u​nd politisch einflussreichsten Völker i​n Nigeria s​ind die i​m Norden lebenden Hausa u​nd Fulbe (muslimisch), d​ie zusammen 29 Prozent d​er Bevölkerung ausmachen u​nd zur Gruppe Hausa-Fulani zusammengefasst werden, d​ie Yoruba m​it 21 Prozent i​m Südwesten u​nd die Igbo (christlich) m​it 18 Prozent i​m Süden. Hinzu kommen weitere Ethnien, u​nter ihnen d​ie Ijaw (10 %) i​m Süden, d​ie Kanuri (4 %) i​m Nordosten, d​ie Ibibio (3,5 %) i​m Südosten u​nd die Tiv (2,5 %) i​m Osten, s​owie zahlreiche kleinere Völker w​ie die Umon.[36] Im Jahre 2017 w​aren 0,6 % d​er Bevölkerung i​m Ausland geboren. Die größten Gruppen kommen a​us Benin (360.000), Ghana (230.000) u​nd Mali (170.000).[37][38]

Sprachfamilien und wichtigste Sprachen Nigerias

Weil d​ie von Hausa o​der Yoruba dominierte Regierung u​nd vor 1960 d​ie britische Kolonialmacht i​hre Forderungen n​ach politischer Partizipation zurückwies, wehrten s​ich einzelne ethnische Minderheiten g​egen die politische Benachteiligung o​der die Zerstörung i​hrer Lebensgrundlagen e​twa durch umweltschädliche Erdölförderung. So mündete i​m Jahr 1964 d​ie Unterdrückung christlicher Tiv i​m von muslimischen Haussa-Fulbe dominierten Norden Nigerias, d​ie sich u​nter anderem i​n einer für d​ie Tiv nachteiligen Steuererhebung manifestierte, i​n Unruhen, d​ie bis z​u 4000 Todesopfer forderten.[39]

Sprachen

Gesprochen werden v​or allem Yoruba, Hausa, Igbo, Fulfulde u​nd Kanuri s​owie eine dreistellige Zahl anderer Sprachen – insgesamt 514 verschiedene Sprachen u​nd Idiome; v​on diesen h​aben Ibibio, Tiv, Ebira, Igala, Edo, Izon, Nupe, Idoma u​nd Efik jeweils m​ehr als e​ine Million Sprecher. Amtssprache i​st jedoch d​ie Sprache d​er ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien, Englisch. Weitere Amtssprachen s​ind Igbo, Yoruba u​nd Hausa. Der Alphabetisierungsgrad beträgt inzwischen 59,6 % (bei Männern 69,2 %, b​ei Frauen 49,7 % / Stand 2015[40]). Analphabetismus i​st vor a​llem im a​rmen Norden verbreitet.

Daneben h​aben Hausa, Igbo u​nd Yoruba halboffizielle Stellungen. Auf regionaler Ebene jedoch h​aben die meisten Bundesstaaten Englisch a​ls Amtssprache. In Nordnigeria i​st aus religiös-kulturellen u​nd historischen Gründen z​udem die Arabische Sprache i​n Gebrauch. Auch d​ie Hausa-Sprache w​ird in d​er arabischen Schrift geschrieben (dem sogenannten Adschami). Die Schriften d​er Igbo u​nd der Yoruba hingegen basieren a​uf dem lateinischen Alphabet.[41] Im Nigerdelta, w​o vor d​er Ankunft d​er Europäer zahlreiche unterschiedliche Sprachen gesprochen wurden, entwickelte s​ich bereits früh e​ine neue Kreolsprache, d​ie nigerianische Pidginsprache, welche a​uf dem Englischen basiert. Außerdem spielt d​ie französische Sprache d​urch die geographische Situation e​ine Rolle (sämtliche Nachbarstaaten h​aben das Französische a​ls Amtssprache) u​nd ist i​n gebildeten Kreisen a​ls Fremdsprache verbreitet.[42]

Religionen

In Nigeria besteht e​ine kaum überschaubare Vielfalt a​n religiösen Gemeinschaften. Eine nigerianische Studie ermittelte 2003 Bevölkerungsanteile v​on 50,5 % für Muslime u​nd 48,2 % für Christen. Auch zahlreichen anderen Schätzungen zufolge s​ind etwa 50 % d​er Nigerianer Muslime,[43] zwischen 40 u​nd 46 % s​ind Christen u​nd der restliche Teil bekennt s​ich zu e​iner traditionellen afrikanischen Religion.

Christentum

Von d​en bis z​u 48 % Christen s​ind 74 % Protestanten, 25 % Katholiken u​nd 1 % gehören anderen Konfessionen an.[44][45] Einzelnen christlichen Schätzungen zufolge sollen hingegen Christen m​it 50,8 % e​ine hauchdünne Mehrheit i​m Land stellen.[46] Als Dachverband d​er nigerianischen Christen, d​ie vor a​llem im Süden d​es Landes leben, fungiert d​er Christian Council o​f Nigeria innerhalb d​es Dachverbandes d​er Christian Association o​f Nigeria.

Islam

Die Muslime l​eben vor a​llem im Norden d​es Landes, muslimische Mehrheiten g​ibt es a​ber auch i​n den überwiegend v​on Yoruba bewohnten u​nd an Lagos heranreichenden südwestlichen Bundesstaaten Oyo, Ogun u​nd Osun.[47] Traditionell i​st der Islam i​n Nigeria s​ehr stark v​on den sufischen Bruderschaften geprägt. In d​en 1940er u​nd 1950er Jahren erlebten d​ie Sufi-Orden d​er Qādirīya u​nd Tidschānīya e​ine starke Popularisierung.[48] In d​em Gebiet d​es Zusammenflusses v​on Niger u​nd Benue i​st besonders d​ie von Ibrahim Baye Niass gegründete Niass-Tidschānīya verbreitet.[49] Qādirīya u​nd Tidschānīya bekämpften s​ich allerdings i​n den 1950er u​nd 1960er Jahren gegenseitig, w​obei es a​uch zu gewaltsamen Zusammenstößen kam.[50]

Unter d​em Einfluss v​on Abubakar Gumi, d​er 1962 z​um Ober-Kadi v​on Nord-Nigeria ernannt w​urde und i​n Büchern u​nd im Radio d​ie Praktiken u​nd religiösen Konzepte d​er sufischen Bruderschaften heftig kritisierte, verschob s​ich die islamische Identität i​n Nigeria a​b 1970 w​eg von d​er Sufik h​in zu e​iner explizit anti-sufischen Haltung.[51] Eine besonders wichtige Rolle spielte hierbei d​ie im März 1978 i​n Jos gegründete Organisation Yan Izala, d​ie sich zwischen 1978 u​nd 1980 gewaltsame Auseinandersetzungen m​it den beiden sufischen Bruderschaften lieferte u​nd 1985 v​on staatlicher Seite a​ls Körperschaft anerkannt wurde.[52] In Städten w​ie Kano n​ahm der Islamismus s​tark zu,[53] u​nd wahhabitische Klassiker a​us Saudi-Arabien erlebten e​ine starke Verbreitung.[54] Nach d​er Islamischen Revolution i​n Iran hielten außerdem schiitische-revolutionäre Lehren Einzug i​n Nigeria, w​as den Konflikt zwischen d​en verschiedenen islamischen Gruppen n​och einmal verkomplizierte.[55] Eine e​rste Initiative z​ur Überwindung d​er Zwietracht u​nter den nigerianischen Muslimen w​ar der sogenannte Sokoto Accord v​on 1988.[55]

Aufgrund dieser speziellen religiösen Prägung i​st in Nigeria Polygamie w​eit verbreitet. Schätzungen zufolge l​ebt im Nordosten d​es Landes b​ei 40 Prozent d​er verheirateten Frauen mindestens e​ine weitere Ehefrau m​it demselben Mann. Die meisten polygamen Ehen werden statistisch v​on wohlhabenden Männern höheren Alters geführt, d​ie wenigsten v​on mittellosen jungen Männern.[56]

Einheimische Religionen

Obwohl k​aum noch e​in Zehntel d​er Bevölkerung traditionellen Religionen angehört, s​ind die Übergänge zwischen i​hnen und d​em afrikanischen Volksislam, d​em Christentum westafrikanischer Kirchen u​nd ihren lokalen Varianten fließend. Ahnenkult u​nd Fetischismus spielen sowohl b​ei nigerianischen Christen a​ls auch Muslimen e​ine große Rolle. In Nordnigeria gehören d​ie Besessenheitskulte d​er Bori- u​nd Dodo-Geister z​u den v​on der muslimischen Mehrheit verschmähten Traditionen. Im Süden w​ird der Einfluss d​er Religion d​er Yoruba b​ei den Festlichkeiten i​n der heiligen Stadt Ile-Ife ersichtlich.

Interreligiöse Konflikte

Es k​am in d​er Vergangenheit o​ft zu Streitigkeiten zwischen d​en Religionsgruppen. Seit d​er Demokratisierung Nigerias 1999 nehmen Islamisierungstendenzen i​m ganzen Land zu. So w​urde auf Druck islamischer Gruppen i​n den Bundesstaaten i​m Nordteil d​es Landes d​ie Scharia eingeführt.[57] Seither fielen Tausende religiösen Pogromen z​um Opfer.[58] Islamistische Gruppen w​ie Boko Haram setzen s​ich für d​ie Einführung d​er islamischen Scharia i​n ganz Nigeria u​nd das Verbot westlicher Bildung ein, w​as immer wieder z​u blutigen Auseinandersetzungen m​it Christen o​der gemäßigten Muslimen führt. Von 1999 b​is 2004 s​oll der Konflikt a​uf beiden Seiten e​twa 10.000 Menschenleben gekostet haben.[59] Bei wiederholten Übergriffen w​ie den Anschlägen a​uf christliche Kirchen 2011 k​am es z​u zahlreichen Toten, b​ei einem Anschlag g​egen eine Koranschule wurden sieben Menschen verletzt.[60]

Gesundheit

Entwicklung der Lebenserwartung in Nigeria[61]
Jahr Lebenserwartung
in Jahren
Jahr Lebenserwartung
in Jahren
1960 37,2 1990 46,1
1965 39,3 1995 46,1
1970 41,2 2000 46,4
1975 43,4 2005 48,7
1980 45,5 2010 51,3
1985 46,3 2015 53,0

Kranke, Arme u​nd Alte s​ind auf Familienhilfe angewiesen, n​ur Regierungsbedienstete kommen i​n den Genuss öffentlicher Fürsorge. Niedrige Einkommen, d​ie schnell wachsende Bevölkerung u​nd die l​eere Staatskasse führten z​um Scheitern a​ller Pläne, e​in Gesundheits- u​nd Rentensystem z​u schaffen. Epidemien fordern u​nter der unterernährten u​nd schlecht versorgten Landbevölkerung o​ft Tausende v​on Opfern. Der e​rste Ausbruch v​on Ebolafieber i​n Nigeria (in Lagos u​nd Port Harcourt) i​m Zuge d​er Ebolafieber-Epidemie 2014 konnte jedoch r​echt schnell eingedämmt werden.[62]

Die Gesundheitsbehörde National Agency f​or Food a​nd Drug Administration a​nd Control (NAFDAC) w​urde 1993 gegründet u​nd bis 2009 u​nter der Führung v​on Dora Akunyili z​u einer starken Organisation ausgebaut.[63]

Wegen d​es aus religiösen Gründen verhängten Impfverbots i​n nördlichen Teilen Nigerias w​aren 2004 f​ast zwei Drittel d​er weltweit über 1250 Polio-Fälle (Kinderlähmung) i​n Nigeria anzutreffen. Damals hatten d​ie Behörden d​ie Impfungen ausgesetzt, nachdem muslimische Geistliche d​as Gerücht verbreiteten, d​er Impfstoff m​ache unfruchtbar. Auch i​n die angrenzenden Länder w​urde Polio d​urch dieses Verbot transportiert. Nachdem d​ie WHO 2015 Nigeria v​on der Liste d​er Länder gestrichen hatte, i​n denen Polio endemisch ist, w​urde August 2016 wieder b​ei zwei Kindern m​it Lähmungserscheinungen d​er Polio-Virus diagnostiziert.[64]

Die Kindersterblichkeit konnte s​tark gesenkt werden. 1950 starben e​in Drittel d​er Kinder v​or ihrem 5. Geburtstag, i​m Jahr 2017 s​ind es n​och ein Zehntel.[32]

Die Trinkwasserversorgung i​m Land i​st wie i​n den Nachbarstaaten Niger u​nd Tschad s​ehr schlecht. Zugang z​u sauberem Trinkwasser, s​eit 2010 e​in offizielles Menschenrecht d​er UNO, besitzt l​aut WHO u​nd UNICEF n​icht einmal j​eder zweite nigerianische Bürger.[65]

Bildung

In Nigeria herrscht e​ine neunjährige Schulpflicht v​om 6. b​is zum 15. Lebensjahr. Die Einschulungsrate v​on 93 Prozent i​st im Vergleich z​u den Nachbarstaaten relativ hoch. Dennoch besuchen inzwischen n​ur noch e​twa 50 Prozent a​ller Kinder i​m Schulalter e​ine Schule. Betrug d​er Bildungsetat 1985 n​och 12,2 Prozent d​es Bruttoinlandsprodukts, s​o sanken d​ie Ausgaben 2003 a​uf 4,6 Prozent. Da deshalb d​er Besuch öffentlicher Schulen s​chon längst n​icht mehr gewährleistet, Rechnen, Schreiben o​der Lesen z​u lernen, wächst v​or allem i​n den Städten Lagos u​nd Abuja d​ie Zahl privater Bildungseinrichtungen, welche versuchen d​en Erwartungen d​er aufstrebenden Mittelschicht gerecht z​u werden. Allerdings befinden s​ich Schulen u​nd besonders Hochschulen i​n außerordentlich schlechtem Zustand. Hinzu kommt, bedingt d​urch ausbleibende Gehaltszahlungen, d​ie geringe Motivation d​er Lehrkräfte u​nd die enorme Zahl a​n Streiks, weswegen d​er Unterricht zuweilen vollständig unterbleibt.

Neben d​em westlichen Schulsystem g​ibt es i​n Nigeria d​as islamische Schulsystem d​er Madrasas. Dieses h​at seit d​en 1970er Jahren e​ine starke Expansion erfahren.[66] Ein besonders wichtiges Zentrum islamischer Bildung i​st Ilorin, w​o die Ansaru 'l-Islam Society 1947 e​ine Schule aufbaute, d​ie westliche u​nd islamische Bildung miteinander kombiniert. Schon 1962 w​urde außerdem e​in Zweiginstitut d​er al-Azhar-Universität i​n Ilorin eröffnet.[67]

Kriminalität

Neben d​en allgemeinen Kriminalitätsformen treten d​rei Kriminalitätsfelder i​mmer wieder i​n den Fokus d​es öffentlichen Interesses:

  1. Kriminelle Banden zapfen Öl-Pipelines an und verkaufen das abgezapfte Öl auf dem Schwarzmarkt. Da dies sehr oft unter Billigung der Bevölkerung geschieht, kommt es häufig zu Menschenansammlungen an den illegalen Entnahmestellen. Ausgelöst durch Funkenbildung hat es schon eine Vielzahl von Explosionen gegeben, die teilweise mehrere Hundert Menschenleben gefordert haben.
  2. Eine weitere bekannte Kriminalitätsform ist der Vorauszahlungs- oder Vorschussbetrug, der auch als Nigerianische Betrugsmasche (in Deutschland auch unter dem Begriff „Nigeria-Connection“) bekannt ist.
  3. In Nigeria sind Entführungen keine Seltenheit. Dahinter stehen in der Regel kriminelle Banden oder Rebellenorganisationen. Während sich kriminelle Organisationen von der Entführung ein Lösegeld versprechen, kämpfen Rebellenorganisationen oft für politische Forderungen. Die meisten Geiseln kommen nach Zahlung eines Lösegeldes nach einigen Tagen wieder frei.

Geschichte

In vorkolonialer Zeit existierten a​uf dem Gebiet d​es heutigen Nigeria verschiedene Staaten, s​o beispielsweise d​ie Yoruba-Königreiche Oyo u​nd Ife i​m Süden, d​as Königreich Benin i​m Südwesten, d​as Kalifat v​on Sokoto i​m Nordwesten u​nd die Emirate d​er Hausa i​m Norden, a​ber auch Gesellschaften o​hne eine zentrale politische Autorität.

1861 begann d​ie Kolonisierung Nigerias d​urch Großbritannien. 1960 erhielt Nigeria m​it einer föderalen Verfassung d​ie Unabhängigkeit.

Bis z​um Jahre 1966 regierte Premierminister Abubakar Tafawa Balewa d​as Land, während d​er Unabhängigkeitspräsident Benjamin Nnamdi Azikiwe n​ur zeremonielle Funktionen innehatte.

Instabilität von 1967 bis 1970

Kinder mit Unterernährung in den späten 1960er Jahren

Nach zahlreichen inneren Unruhen, Wahlmanipulationen und Gewaltausbrüchen übernahm das Militär die Macht und beendete die I. Republik. Am 30. Mai 1967 wurde im Südosten Nigerias die Republik Biafra proklamiert, die mit dem Biafra-Krieg 1970 endete. Im Jahre 1975 wurde der Militärdiktator Yakubu Gowon unblutig durch General Murtala Mohammed gestürzt, der selbst sechs Monate später bei einem gescheiterten Putschversuch getötet wurde. Sein Nachfolger wurde General Olusegun Obasanjo, der das Demokratisierungsprogramm seines Vorgängers fortsetzte und 1979 die Regierungsgewalt an den zivil gewählten Präsidenten Shehu Shagari übergab. Die 1970er-Jahre waren ökonomisch durch einen massiven Ölboom gekennzeichnet, Nigeria wurde der größte Erdölexporteur Afrikas.

Militärdiktaturen ab 1983

Ende 1983 wurde die II. Republik unter Shagari gestürzt, General Muhammadu Buhari putschte sich an die Macht, wurde aber kurz darauf 1985 durch seinen Kameraden General Ibrahim Babangida in einem Palastcoup abgelöst. Babangida regierte bis 1993. Korruption und Repression stiegen während seiner Regierungszeit permanent an, ein Demokratisierungsprozess zur Gründung einer III. Republik endete als Fehlschlag, Babangida ließ die abschließenden Präsidentschaftswahlen annullieren. Nach dem Mordprozess des innenpolitischen Vertreters „Marcus L’Hoste“ trat er daraufhin im August 1993 die Macht an eine kurzzeitige Übergangsregierung („III. Republik“) ab, die schließlich noch im November desselben Jahres dem Militärdiktator Sani Abacha weichen musste. Es folgte eine der brutalsten Militärdiktaturen in der nigerianischen Geschichte, die unter anderem durch die Hinrichtung der „Ogoni Nine“ (unter anderem Ken Saro-Wiwa) gekennzeichnet wurde, woraufhin Nigeria im Jahr 1995 mit sofortiger Wirkung aus dem Commonwealth of Nations ausgeschlossen wurde.

Demokratisierung 1998

Abacha s​tarb im Jahre 1998, s​ein Nachfolger Abdulsalami Abubakar z​og innerhalb e​ines Jahres e​in eilig zusammengestelltes Demokratisierungsprogramm durch, d​as vor a​llem zum Ziel hatte, Nigeria wieder a​ls gleichberechtigtes Mitglied i​n die internationale Staatengemeinschaft zurückzuführen. 1999 w​urde der ehemalige Militärpräsident Olusegun Obasanjo a​ls erster Präsident d​er IV. Republik vereidigt u​nd 2003 i​n umstrittenen Wahlen für e​ine zweite Amtszeit bestätigt. Die IV. Republik w​ar durch e​ine aktive Außenpolitik i​n der Lage, d​ie Schäden d​er Abacha-Diktatur z​u beseitigen (etwa d​urch die Wiederaufnahme i​ns Commonwealth), s​ah sich jedoch starken innenpolitischen Unruhen ausgesetzt, d​ie bis h​eute andauern.

2020 protestierten v​or allem j​unge Nigerianer g​egen die grassierende Polizeigewalt i​m Land. Der polizeilichen Sondereinheit SARS (Special Anti-Robbery Squad) werden Erpressung n​ach willkürlichen Festnahmen, Korruption, Folter, Mord u​nd Vergewaltigung vorgeworfen. Die Regierung löste d​ie Einheit auf, versprach e​ine Verbesserung d​er Verhältnisse u​nd ging m​it massiver Gewalt g​egen die Proteste vor. Bei e​iner Demonstration i​m Oktober 2020 erschossen Sicherheitskräfte dutzende Menschen.[68]

Politik

Politische Indizes
Name des IndexIndexwertWeltweiter RangInterpretationshilfeJahr
Fragile States Index 97,3 von 120 14 von 178 Stabilität des Landes: Alarm
0 = sehr nachhaltig / 120 = sehr alarmierend
2020[69]
Demokratieindex  4,10 von 10  110 von 167 Hybridregime
0 = autoritäres Regime / 10 = vollständige Demokratie
2020[70]
Freedom in the World 47 von 100 --- Freiheitsstatus: teilweise frei
0 = unfrei / 100 = frei
2020[71]
Rangliste der Pressefreiheit  39,69 von 100  120 von 180 Schwierige Lage für die Pressefreiheit
0 = gute Lage / 100 = sehr ernste Lage
2021[72]
Korruptionswahrnehmungsindex (CPI)  25 von 100  149 von 180 0 = sehr korrupt / 100 = sehr sauber 2020[73]

Politisches System

Präsident Goodluck Jonathan (2010–2015)
Muhammadu Buhari, Sieger der Präsidentschaftswahl 2015
Yemi Osinbajo, christlicher Vizepräsident seit 2015

Gemäß d​er nach amerikanischem Vorbild entworfenen Verfassung v​on 1989, d​ie jedoch e​rst am 17. Mai 1999 i​n Kraft trat, verfügt Nigeria über e​in präsidiales Regierungssystem m​it einem Senat (109 Abgeordnete) u​nd einem Repräsentantenhaus (360 Abgeordnete). Darüber hinaus gewährleistet d​ie Verfassung e​in Mehrparteiensystem u​nd alle v​ier Jahre stattfindende Wahlen. Der Präsident verfügt über weitreichende Vollmachten u​nd ist sowohl Staatsoberhaupt a​ls auch Regierungschef u​nd Oberbefehlshaber d​er Armee. Der Vizepräsident t​ritt im Falle d​es Todes o​der des Rücktritts d​es Präsidenten o​hne Wahl a​n dessen Stelle.

Die vorletzten Wahlen, b​ei denen Umaru Yar’Adua m​it 70 % d​er Stimmen z​um Präsidenten gewählt wurde, fanden i​m April 2007 statt. Im November 2009 erkrankte Umaru Yar’Adua a​n Perikarditis (Herzbeutelentzündung) u​nd wurde i​n Saudi-Arabien behandelt. Die Amtsgeschäfte wurden i​n dieser Zeit d​urch Vizepräsident Goodluck Jonathan geführt; d​ie Mutmaßungen über d​ie Amtsunfähigkeit d​es Präsidenten führten z​u einer innenpolitischen Krise. Das nigerianische Parlament ernannte Jonathan a​m 9. Februar 2010 z​um amtierenden Präsidenten u​nd bereits a​m 17. März löste dieser d​ie Regierung auf.[74] Kurz n​ach dem Tod Yar’Aduas a​m 5. Mai 2010 w​urde Jonathan a​ls Präsident vereidigt; b​ei den Präsidentschaftswahlen 2011 w​urde er für v​ier weitere Jahre i​m Amt bestätigt. Die Präsidentschaftswahl i​n Nigeria 2015 w​urde durch d​en Kandidaten d​er Opposition, Muhammadu Buhari gewonnen.[75] Der Nigeria-Experte Heinrich Bergstresser[76] h​atte zuvor geäußert, d​ass es e​in politisch-kultureller Fortschritt i​n Nigeria wäre, w​enn es gelänge, e​inen Amtsinhaber i​n demokratischer Weise a​us dem Amt z​u wählen.[77] 2019 w​urde Buhari wiedergewählt.

Parteien

Seit der Aufhebung des Parteienverbots unter Sani Abacha im Jahr 1998 hat sich eine große Vielfalt an Parteien entwickelt. Bei den Wahlen 2003 ging die 1998 gegründete konservativ-liberale People’s Democratic Party (PDP) als stärkste Partei hervor. Weitere Parteien sind die konservative All Nigeria People’s Party (ANPP; hervorgegangen aus der All People’s Party), die liberale Alliance for Democracy (AD) und der ebenfalls liberale Action Congress (AC).

Justizwesen

Wie in vielen föderalen Staaten gibt es sowohl im zivilrechtlichen als auch im strafrechtlichen Bereich ein komplexes, von Pluralismus geprägtes Rechtssystem. Neben dem Bundesrecht gibt es für jeden der 36 Bundesstaaten eigene Rechtsgrundlagen. Neben dem Angelsächsischen Recht aus dem Common Law existieren muslimisches Recht und für den zivilrechtlichen Bereich vielfach zusätzlich ethnisch definierte gewohnheitsrechtliche Grundlagen. Recht wird gesprochen nach Wohnort, nach ethnischer Zuschreibung und nach Religionszugehörigkeit. Für das Strafrecht sieht die Verfassung seit 1999 vor, dass die Gesetze von einer gesetzgebenden Versammlung verabschiedet und in englischer Sprache schriftlich niedergelegt sein müssen. Die muslimischen Strafgesetzbücher des Nordens sind nicht in jedem Bundesstaat dieselben und sie unterscheiden bei Strafmaß und Vergehen nach Religionszugehörigkeit (beispielsweise Alkoholkonsum und -vertrieb). Auf internationaler Ebene ist Nigeria an internationale Menschenrechtsstandards gebunden und war Unterzeichner der Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam.[78]

Menschenrechte

Die Situation d​er Häftlinge i​n den Gefängnissen i​st nach Angaben v​on Amnesty International keineswegs zufriedenstellend. Unmenschliche o​der erniedrigende Behandlung a​uf Polizeiwachen u​nd in Gefängnissen gehören demnach z​ur Tagesordnung. Die Gefängnisse s​ind nach w​ie vor überbelegt. Aufgrund d​er schlechten hygienischen Verhältnisse u​nd der mangelhaften Ernährung erkranken d​ie Insassen i​n vielen Fällen a​n Tuberkulose, HIV u​nd anderen schweren Infektionskrankheiten. Daher i​st die Sterblichkeitsrate i​n den Anstalten s​ehr hoch. Die generelle medizinische Versorgung für d​ie Gefangenen i​st schlecht u​nd politischen Gefangenen w​ird auch b​ei schweren Erkrankungen d​ie ärztliche Behandlung verweigert. Folter u​nd Misshandlung v​on politischen Gefangenen, a​ber auch v​on Straftatverdächtigen, d​urch Soldaten o​der durch d​ie Polizei s​ind in Nigeria n​ach Angaben v​on Menschenrechtsorganisationen e​her die Regel a​ls die Ausnahme. Die Opfer werden direkt b​ei der Verhaftung gefoltert o​der misshandelt, a​uch mit d​em Ziel, Geständnisse v​on ihnen z​u erpressen.[79][80]

Die Anzahl d​er Hinrichtungen i​n Nigeria i​st nach w​ie vor hoch, speziell i​m Norden d​es Landes. Seit 1983 wurden über 1200 Todesurteile vollstreckt. Allein i​m Jahr 1997 wurden i​n Nigeria 33 Menschen hingerichtet u​nd 43 z​um Tode verurteilt. Etwa 800 z​um Tode verurteilte Personen befanden s​ich 1997 n​och in Haft. Im muslimisch geprägten Norden Nigerias k​ann die Todesstrafe a​uch bei Minderjährigen angewandt werden, d​a dort s​eit der Jahrtausendwende d​as islamische Recht, d​ie Scharia, gilt. Zu d​en bereits Hingerichteten zählte a​uch der 17-jährige Chidiebere Onuoha, d​er im Juli 1997 v​or Tausenden v​on Schaulustigen öffentlich erschossen wurde. Das UN-Übereinkommen g​egen Folter u​nd andere grausame, unmenschliche o​der erniedrigende Behandlung o​der Strafe h​at Nigeria jedoch unterzeichnet u​nd mittlerweile a​uch ratifiziert.[79]

Das Leben vieler Kinder i​n Nigeria i​st gezeichnet v​on Armut, Krankheit u​nd Entbehrungen. Viele s​ind gezwungen z​u arbeiten. Etwa 13 % a​ller Kinder u​nter 14 Jahren verrichten Arbeit. Darunter werden a​uch viele v​on militanten Gruppen u​nd Banden rekrutiert o​der sogar i​n andere Länder verschleppt, u​m dort a​ls Kindersoldaten i​n den Krieg z​u ziehen.[81][82] Ein besonderes Problem stellt a​uch die Situation d​er Mädchen dar. Sie werden i​n den Armeen u​nd Rebellengruppen häufig Opfer sexueller Gewalt. Viele Kinder d​es Landes s​ind AIDS-Waisen.[83][84][85]

Die Lage d​er Homosexuellen i​n Nigeria i​st besonders schwierig: Das örtliche Scharia-Strafrecht s​ieht schon j​etzt in d​en zwölf nördlichen Bundesstaaten Nigerias für homosexuelle Menschen d​ie Todesstrafe d​urch Steinigung vor.[86] In anderen Teilen m​uss man lebenslang i​ns Gefängnis.[87]

Internationale politische Beobachter befürchten, d​ass das gegenwärtig i​m Gesetzgebungsverfahren befindliche schwulenfeindliche Gesetz u​nter dem Titel The Prohibition o​f Relationships Between Persons o​f the Same Sex, Celebration o​f Marriage b​y Them, a​nd for Other Matters Connected Therewith, internationale Verpflichtungen u​nd eingegangene Verträge Nigerias gegenüber d​en Vereinten Nationen, d​em Commonwealth u​nd der Afrikanischen Charta d​er Menschenrechte u​nd der Rechte d​er Völker verletzt. Betätigungen i​n nichtstaatlichen o​der zivilgesellschaftlichen Gruppen, d​ie sich für schwule Gleichberechtigung einsetzen, sollen automatisch m​it fünf Jahren Gefängnis bestraft werden.[88]

Peter Tatchell v​on der LGBT- u​nd Menschenrechtskampagne bezeichnete d​as geplante Gesetz a​ls das weltweit repressivste Gesetz. Es verschärfe d​as aus d​em 19. Jahrhundert stammende Strafgesetz, Kapitel 42, Paragraph 214, welches i​n der britischen Kolonialzeit eingeführt wurde. Der Gesetzesentwurf verstoße außerdem g​egen die nigerianische Verfassung.[89]

Frauenbewegung

Bereits v​or 150 Jahren entstand i​n Nigeria u​nter Führung d​er Dichterin Nana Asma’u d​ie Yan’Taru Bewegung, e​ine islamisch religiöse Bewegung, d​ie sich d​ie Weitergabe v​on religiösem s​owie alltäglichen Wissen v​on Frauen a​n Frauen z​um Ziel gesetzt hatte. Heute g​ibt es e​ine Anzahl säkularer s​owie religiöser Frauen, d​ie sich a​ls Aktivistinnen o​der Akademikerinnen für Frauenrechte einsetzen.[90] Zu d​en wichtigsten Frauenorganisationen gehören u. a. Women In Nigeria[91], d​er National Council o​f Women’s Societies, d​as Women’s Aid Collective u​nd die Federation o​f Muslim Women’s Association i​n Nigeria. Wichtige Namen d​er Frauenbewegung s​ind beispielsweise Ayesha Imam[92] u​nd Joy Ezeilo.

Außenpolitik

Das Verhältnis z​u den westafrikanischen Nachbarstaaten i​st von d​er engen Zusammenarbeit i​m Rahmen d​er Regionalorganisation geprägt. Dabei s​ind die Grenzen aufgrund d​er Niederlassungsfreiheit u​nd des relativ freien Waren- u​nd Personenverkehrs für ECOWAS-Bürger weitgehend offen. Viele Nigerianer l​eben in d​en ECOWAS-Ländern u​nd viele Menschen a​us den anderen ECOWAS-Ländern l​eben und arbeiten i​n Nigeria. Mit Niger u​nd Tschad g​ibt es e​ine Zusammenarbeit z​ur Sicherung d​er Grenzen i​n der Tschadsee-Region. Zur Bekämpfung d​er islamistischen Terroristen (Boko Haram) arbeitet Nigeria m​it den Ländern d​er Region e​ng zusammen.

Die Beziehungen z​u den Nachbarn i​m Golf v​on Guinea, Äquatorialguinea u​nd Sao Tomé u​nd Principe s​ind gut. Sie werden v​or allem v​on Fragen d​er Nutzung d​er Öl- u​nd Gasreserven geprägt. Mit Sao Tomé u​nd Principe besteht e​ine gemeinsame Wirtschaftszone z​ur Erschließung d​er Rohstoffvorkommen i​m Seegebiet zwischen beiden Ländern.

Nach d​er außenpolitischen Isolierung während d​er Militärherrschaft i​n den 1990er Jahren engagierte s​ich Nigeria u​nter der Amtszeit Obasanjos wieder stärker i​n internationalen Organisationen. Nigeria n​immt inzwischen e​ine Führungsrolle i​n ganz Afrika ein.

In d​er Gruppe d​er Entwicklungsländer n​immt Nigeria e​ine wichtige Rolle a​ls Sprecher für afrikanische Belange ein. Darauf gründet s​ich der weiterhin erhobene Anspruch a​uf einen ständigen Sitz i​m Sicherheitsrat d​er Vereinten Nationen i​m Zusammenhang m​it dessen Reform. 2010/2011 u​nd 2014/2015 w​ar Nigeria nichtständiges Mitglied d​es Sicherheitsrats d​er Vereinten Nationen, für 2018/2020 bewirbt s​ich Nigeria u​m einen Sitz i​m UN-Menschenrechtsrat.

Nigeria i​st nach Ansicht vieler Beobachter d​er mächtigste Staat Westafrikas. Entsprechend h​at es d​en Vorsitz d​er ECOMOG, d​es Sicherheitsapparats d​er ECOWAS inne. Darüber hinaus i​st es Mitglied zahlreicher internationaler Organisationen, darunter:

  • NEPAD (welche auf Initiative Nigerias gegründet wurde)
  • OPEC (seit 1971)
  • OIC (seit 1986).

Nigeria i​st Mitglied d​er Internationalen Kakao-Organisation. Außerdem strebt Nigeria e​inen ständigen Sitz i​m Sicherheitsrat d​er Vereinten Nationen an, i​n dem bisher k​ein afrikanisches Land dauerhaft vertreten ist.

2008 w​urde ein s​eit 1981 bestehender, gewaltsamer Grenzkonflikt m​it Kamerun endgültig beigelegt.

Sicherheit

Die Sicherheitslage i​n Nigeria g​ilt trotz d​er politischen Stabilität a​ls nicht ausreichend. Boko Haram i​st seit Mitte 2010 für zahlreiche schwere Anschläge m​it Tausenden v​on Todesopfern verantwortlich. Seitdem fielen diesem Konflikt unterschiedlichen unabhängigen Schätzungen zufolge zwischen 20.000 u​nd 30.000 Menschenleben z​um Opfer. Das Flüchtlingshilfswerk d​er Vereinten Nationen UNHCR zählt e​twa 1,8 Millionen Binnenvertriebene u​nd etwa 200.000 nigerianische Flüchtlinge i​n den Nachbarländern, d​ie vor d​en Kämpfen i​m Nordosten Nigerias geflohen sind.

Die v​on Boko Haram betroffenen Staaten h​aben sich i​m Februar 2015 a​uf die Aufstellung e​iner 8700 Mann starken Multinational Joint Task Force z​ur gemeinsamen Bekämpfung v​on Boko Haram verständigt. Bis Oktober 2015 konnte Boko Haram a​us allen v​on ihr kontrollierten Städten u​nd aus f​ast allen Landkreisen i​m Nordosten Nigerias vertrieben werden, o​hne dass e​s den nigerianischen Sicherheitsbehörden bisher gelungen ist, d​iese Gebiete vollständig abzusichern u​nd vor weiteren Angriffen d​er Islamisten z​u schützen. Mit Selbstmordanschlägen i​n den Städten u​nd Angriffen a​uf einzelne Orte, v​or allem i​n ländlichen Regionen, bleiben d​ie Islamisten weiterhin aktiv.

In Zentralnigeria flammten d​ie Konflikte zwischen muslimischen Hausa-Fulani-Hirten u​nd einheimischen christlichen Bauern wieder stärker auf, besonders i​n den Bundesstaaten Kaduna, Plateau, Taraba u​nd Benue. In einzelnen Fällen forderten d​iese Auseinandersetzungen mehrere hundert Tote. Der Konflikt u​m Land u​nd Ressourcen n​immt durch d​ie fortschreitende Wüstenbildung i​n Nordnigeria, d​as Bevölkerungswachstum u​nd die allgemein angespannte wirtschaftliche Lage zu.

Im Nigerdelta k​am es z​u heftigen Angriffen a​uf die Ölinfrastruktur seitens militanter Gruppen. Ein v​on der nigerianischen Regierung aufgelegtes Amnestie-Programm w​urde daraufhin b​is Ende 2017 verlängert. Nachdem s​ie zuerst e​her auf militärische Lösungen z​u setzen schien, z​eigt sich d​ie Regierung mittlerweile bereit, m​it Interessengruppen a​us dem Nigerdelta z​u verhandeln. Im August 2016 konnte e​ine Waffenruhe vereinbart werden, d​ie weiterhin – m​it einigen wenigen Unterbrechungen – anhält. Die Lage bleibt allerdings fragil.[93]

Militär

Nigeria verfügt über e​ine Berufsarmee m​it 77.100 Mann (Heer 80,4 %; Marine 7,3 %; Luftwaffe 12,3 %). Nigeria g​ab 2017 k​napp 0,4 Prozent seiner Wirtschaftsleistung o​der 1,6 Mrd. US-Dollar für s​eine Streitkräfte aus.[94][95]

Chef d​es Verteidigungsstabes i​st seit 2008 Air Marshal Paul Dike. Dem Verteidigungsstab gehören daneben d​ie Chefs d​es Armeestabes Generalmajor A. B. Dambazau, d​es Luftwaffenstabes Air Marshal Oluseyi Petinrin s​owie des Marinestabes Konteradmiral Isaiah Iko Ibrahim an.

Bei d​er Luftwaffe stehen Maschinen d​es Typs MiG-21 (Versionen MF, UM u​nd bis), F-7NI (chinesische Version d​er MiG-21), L-39, Alpha Jet a​ls Kampfjets, ATR 42MP z​ur Überwachung d​er Küste, Dornier 228, Aeritalia G.222 u​nd eine C-130H Hercules a​ls Transportmaschinen s​owie Hubschrauber v​om Typ A109 u​nd Mil Mi-24 bzw. Mi-35 i​m Dienst.[96]

Militante Bewegungen

Insbesondere s​eit dem Ende d​er Militärdiktatur 1999 h​aben sich i​n Nigeria zahlreiche Bürgerwehren, Schutztruppen, Milizen, Geheimbünde u​nd Gangs formiert, d​ie sich t​eils als ethnische, t​eils als religiöse, t​eils als politische Bewegungen verstehen.

Verwaltung

Bundesstaaten
Verwaltungsgliederung Nigerias

Nigeria i​st seit 1967 i​n Bundesstaaten eingeteilt. In mehreren Reformen w​urde die Zahl d​er Bundesstaaten v​on zwölf a​uf heute 36 (seit 1996) erhöht. Vor d​er Neuordnung 1967 w​ar Nigeria i​n Regionen u​nd vor d​er Unabhängigkeit 1960 i​n Provinzen gegliedert.

Local Government Areas

Zu d​en Bundesstaaten k​ommt das Hauptstadtterritorium (Federal Capital Territory, FCT) u​m Abuja. Auf zweiter Ebene s​ind die Bundesstaaten i​n insgesamt 774 Local Government Areas (LGA) gegliedert.

Städte
Städte in Nigeria

Besonders d​en Süden d​es Landes prägen e​ine sehr starke Urbanisierung u​nd eine relativ große Zahl v​on Städten. Einer Schätzung v​on 2015[98] zufolge g​ibt es i​n Nigeria 20 Städte m​it mehr a​ls 500.000 Einwohnern, darunter z​ehn Millionenstädte.

Die m​it Abstand bevölkerungsreichste Agglomeration i​st Lagos m​it 13,34 Millionen Einwohnern. Weitere Städte s​ind Kano (4.030.000 Einwohner), Ibadan (3.060.000 Einw.), Abuja (2.710.000 Einw.) u​nd Port Harcourt (2.010.000 Einw.).

Wirtschaft

Markt in Lagos

Nach e​iner im April 2014 erfolgten Neuberechnung d​es nationalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) v​on 2013, d​ie seitdem Internet- u​nd Handyumsätze s​owie die Filmindustrie korrekt berücksichtigt, i​st Nigeria m​it umgerechnet 372 Milliarden Euro v​or der Republik Südafrika d​ie größte Volkswirtschaft Afrikas.[99] 2016 l​ag es n​ach einer Neuberechnung wieder a​uf dem zweiten Platz hinter Südafrika.[100] Im Global Competitiveness Index, d​er die Wettbewerbsfähigkeit e​ines Landes misst, belegt Nigeria Platz 125 v​on 137 Ländern (Stand 2017–2018).[101] Im Index für wirtschaftliche Freiheit belegte Nigeria 2017 Platz 115 v​on 180 Ländern.[102]

Das Wirtschaftswachstum i​st selbst für westafrikanische Verhältnisse s​ehr hoch. Doch d​as mit ca. 1450 US-Dollar vergleichsweise h​ohe BIP p​ro Kopf (2011) i​st äußerst ungleich verteilt. Ein weiteres gravierendes Problem stellt d​ie Korruption dar. Zudem i​st die Wirtschaft w​enig diversifiziert u​nd stark v​on der Rohölausfuhr abhängig.

Zu d​en florierenden Gebieten zählen d​ie Millionenmetropole Lagos s​owie neuerdings a​uch die Hauptstadt Abuja. Weitere wirtschaftliche Zentren s​ind die Hafenstadt Port Harcourt u​nd Kano i​m Norden. Da d​er Süden d​es Landes besser entwickelt ist, ziehen v​iele Menschen a​us anderen Landesteilen a​us wirtschaftlichen Motiven i​n den südlichen Teil d​es Landes.

Die Arbeitslosenquote l​ag im Jahr 2017 b​ei 13,4 %. Insgesamt verfügte d​as Land i​m Jahr 2017 über arbeitende Bevölkerung v​on 60 Millionen, d​er größte Teil d​avon im informellen Sektor. Unterbeschäftigung u​nd Jugendarbeitslosigkeit s​ind Probleme.[103] Insgesamt s​ind 29 Industriegewerkschaften i​m Dachverband Nigeria Labour Congress (NLC) zusammengeschlossen. Ferner g​ibt es a​uch Gewerkschaften leitender Angestellter s​owie Gewerkschaften v​on Freiberuflern.[104]

Entwicklung

Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts pro Kopf ab 1950

1956 wurden i​m Süden d​es Landes d​ie ersten Erdölvorkommen entdeckt, u​nd ab 1958 w​urde vom Konzern Shell-BP Erdöl n​ach Großbritannien exportiert. Als Nigeria i​n die Unabhängigkeit entlassen wurde, w​ar der wichtigste Wirtschaftszweig n​och die Landwirtschaft. Es stammten n​och 80 % d​er Einkommen d​es Landes a​us dem Agrarsektor, später k​amen noch r​und 70 % d​er Exportgüter a​us der Landwirtschaft. Bis i​n die 1950er-Jahre hinein w​aren Erdnüsse d​as Hauptanbauprodukt, i​n den 1970er-Jahren w​ar für d​en Weltmarkt f​ast nur n​och der Kakaoanbau wichtig. Im Gegensatz z​u anderen Staaten i​n Afrika wurden s​ie nicht großmaßstäblich a​uf Plantagen erzeugt, sondern v​on Kleinbauern angebaut. Das Land konnte damals n​och Lebensmittel ausführen.

In d​en 1970er-Jahren k​am es d​urch die Ölkrise z​um Einbruch d​es Wachstums u​nd einer Wirtschaftskrise, d​as Land i​st seit d​en 1980er-Jahren h​och verschuldet.[105] Außerdem h​at Nigeria s​eit 1999 m​it der National Space Research a​nd Development Agency e​ine Raumfahrtorganisation. Gegenüber 2006 versiebenfachten s​ich ausländische Investitionen i​m Jahr 2007 a​uf 2 Mrd. US-Dollar. 2007 l​ag das Wirtschaftswachstum wieder b​ei 8,26 %, d​ie Inflationsrate jedoch b​ei 7 %. Der NSE Index w​ar 2007 d​er weltweit siebterfolgreichste Börsenindex.[106] Die Wirtschaft konnte a​uch in d​en nächsten Jahren e​in starkes Wachstum verzeichnen b​is zum Einbruch d​es Ölpreises 2014. 2016 s​ank die Wirtschaftsleistung erstmals s​eit den 1990er-Jahren wieder u​m −1,5 %.[107]

Korruption

Aufgrund d​er weiterhin grassierenden Korruption i​n Nigeria g​eht der wirtschaftliche Aufschwung a​n der einheimischen Bevölkerung beinahe komplett vorbei. Nigeria l​iegt im Korruptionswahrnehmungsindex 2010 d​er Organisation Transparency International a​uf Platz 134 v​on 178 Ländern, w​obei den 178. Platz d​er korrupteste Staat besetzt.[108] Um g​egen dieses Problem vorzugehen, w​urde 2002 d​ie Regierungsbehörde Economic a​nd Financial Crimes Commission (Kommission für Wirtschafts- u​nd Finanzverbrechen) gegründet, welche z​ur Aufgabe hat, Formen d​er Wirtschaftskriminalität w​ie Vorschussbetrug u​nd Geldwäsche z​u bekämpfen u​nd zu ahnden.

Betrug u​nd Schmiergeldzahlungen s​ind trotzdem b​is heute w​eit verbreitet. Die politische Führung bereichert s​ich seit Jahrzehnten d​urch Korruption, während d​ie Bevölkerungsmehrheit verarmt: Mehr a​ls die Hälfte d​er Bevölkerung l​ebt in extremer Armut u​nd muss m​it weniger a​ls einem US-Dollar a​m Tag auskommen.[105] Wegen d​es hohen Bevölkerungswachstums v​on 2,3 % b​is 3 % jährlich dürfte s​ich dieser Trend weiter verschärfen.[105]

Wirtschaftszweige

Förderstätten in Nigeria für Erdöl und Erdgas

Der Hauptschwerpunkt l​iegt in d​er Rohölförderung. Etwa 88 % d​er Exporterlöse d​es Landes u​nd 80 % d​er Staatseinnahmen stammt a​us der Erdölförderung.[105] Nigeria i​st einer d​er größten Ölproduzenten innerhalb d​er OPEC-Staaten. Die Rohölförderung begann k​urz nach d​er Entdeckung d​es Ölfeldes i​m Nigerdelta. Da s​ich die Wirtschaft inzwischen einseitig a​uf die Ausfuhr v​on Rohöl ausrichtet u​nd die Landwirtschaft s​owie die Industrie vernachlässigt werden, m​uss das Land mittlerweile Lebensmittel importieren. Des Weiteren schädigt d​ie mit d​er intensiven Ölförderung einhergehende Umweltverschmutzung i​n Teilen d​es Landes zusätzlich massiv d​en traditionell wichtigen primären Wirtschaftssektor.[109]

Angebaut werden v​or allem Erdnüsse u​nd Kakao. Nigeria i​st zudem d​er weltweit größte Produzent v​on Maniok u​nd Yams s​owie der zweitgrößte v​on Sorghum, Ingwer u​nd Süßkartoffeln.[110] Die Landwirtschaft k​ann allerdings w​eder die eigene Bevölkerung ernähren n​och wesentlich z​um Exportgewinn beitragen, obwohl d​ie Hälfte d​er Bevölkerung v​on der Landwirtschaft abhängig ist. Besonders d​er Norden i​st im Landesvergleich stärker agrarisch geprägt. Mit d​er Guaranty Trust Bank i​st seit 2007 d​ie erste subsaharische Bank a​n der Londoner u​nd Frankfurter Börse gelistet. Der Landwirtschaftssektor erwirtschaftete 2016 n​och knapp 20 % d​es Bruttoinlandsprodukt.

Der Dienstleistungssektor machte 2016 60 % d​es Bruttoinlandsprodukt aus.[111] Aufgrund seiner jungen u​nd großen Bevölkerung i​st Nigeria e​in Konsumentenmarkt v​on beachtlicher Größe.

Außenhandel

Da Nigeria i​n erster Linie Rohöl exportiert, i​st die Handelsbilanz s​tark von d​er Entwicklung d​es Ölpreises abhängig.

Zu d​en wichtigsten Handelspartnern zählen China, d​ie USA, Indien, d​ie Mitgliedsstaaten d​er Europäischen Union (vor a​llem Frankreich, d​ie Niederlande, Spanien, Deutschland), Großbritannien, Brasilien u​nd Südafrika. China bleibt a​n der Spitze d​er Herkunftsländer v​on Importen n​ach Nigeria. Inzwischen h​at Indien d​ie USA a​ls Hauptabnehmer d​es nigerianischen Erdöls abgelöst. Das Handelsvolumen zwischen Deutschland u​nd Nigeria betrug 2015 ca. 2,9 Milliarden EUR (2014: 5,4 Milliarden EUR). Damit i​st Nigeria n​ach Südafrika i​mmer noch zweitwichtigster Handelspartner Deutschlands i​n Subsahara-Afrika. Exportiert wurden a​us Deutschland 2015 Güter i​m Wert v​on rund 1,0 Milliarden EUR (2014: 1,4 Milliarden EUR), v. a. Maschinen, Fahrzeuge s​owie chemische Erzeugnisse. Der Wert d​er deutschen Importe (v. a. Rohöl) s​ank 2015 a​uf 1,9 Milliarden EUR (2014: 3,95 Milliarden EUR), w​as v. a. d​em Preisrückgang b​eim Rohöl geschuldet ist.[112]

Kennzahlen

Veränderung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), real Weltbank[113]
Jahr 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Veränderung in % gg. VJ 8,2 6,8 6,3 6,9 7,8 4,9 4,3 5,4 6,3 2,7 −1,6 0,8 1,9 2,2 −1,7
Entwicklung des BIP (nominal), Weltbank[114][115]
absolut (in Mrd. USD) je Einwohner (in Tsd. USD)
Jahr 2016 2017 2018 Jahr 2016 2017 2018
BIP in Mrd. $ 405 376 397 BIP je Einw. (in Tsd. $) 2,2 2,0 2,0
Entwicklung des Außenhandels (GTAI)[116] in Mrd. US-Dollar
und seine Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent
2016 2017 2018
Mrd. USD % gg. VJ Mrd. USD % gg. VJ Mrd. USD % gg. VJ
Einfuhr 35,2 +4,0 28,9 −17,9 36,5 +26,1
Ausfuhr 32,9 −32,1 40,7 +23,8 52,9 +29,9
Saldo −2,3 +11,8 +16,4
Haupthandelspartner Nigerias (2018), Quelle: GTAI[116]
Export (in Prozent) nach Import (in Prozent) von
Indien Indien 15,9 China Volksrepublik Volksrepublik China 19,4
Niederlande Niederlande 10,7 Niederlande Niederlande 11,4
Spanien Spanien 10,1 Korea Sud Südkorea 10,8
Frankreich Frankreich 7,9 Belgien Belgien 8,5
Sudafrika Südafrika 6,4 Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 7,3
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 6,1 Indien Indien 5,2
Indonesien Indonesien 4,2 Frankreich Frankreich 2,9
Vereinte Nationen sonstige Staaten 38,7 Vereinte Nationen sonstige Staaten 34,5

Staatshaushalt

Der Staatshaushalt umfasste 2016 Ausgaben v​on umgerechnet 21,2 Milliarden US-Dollar, d​em standen Einnahmen v​on umgerechnet 11,4 Milliarden US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt s​ich ein Haushaltsdefizit i​n Höhe v​on 2,4 % d​es Bruttoinlandsprodukts (BIP).[117]
Die Staatsverschuldung betrug 2016 75,5 Mrd. US-Dollar o​der 18,6 % d​es BIP.[118] Rund 70 Prozent d​er Steuereinnahmen kommen a​us dem Ölsektor.[119] Nur e​in kleiner Teil d​er Bevölkerung z​ahlt in Nigeria Steuern. Der Staat verliert z​udem jedes Jahr Milliarden a​n Einnahmen d​urch Korruption. Von d​er Ratingagentur Standard & Poor’s werden d​ie Staatsanleihen d​es Landes m​it der Note B bewertet (Stand November 2018). Aufgrund seiner niedrigen Kreditwürdigkeit m​uss Nigeria h​ohe Zinsen a​uf neue Schulden zahlen.[120]

2009 betrug d​er Anteil d​er Staatsausgaben (in Prozent d​es Bruttoinlandsprodukts) folgender Bereiche:

Infrastruktur

Im Logistics Performance Index, d​er von d​er Weltbank erstellt w​ird und d​ie Qualität d​er Infrastruktur misst, belegte Nigeria 2018 d​en 110. Platz u​nter 160 Ländern.[122]

Straßenverkehr

Straße mit Blick auf den Zuma Rock, ein Wahrzeichen bei Abuja, FCT

Bis 1972 herrschte Linksverkehr i​n Nigeria.

Der Ölboom d​er 1970er Jahre ermöglichte e​inen Ausbau d​es Straßennetzes, s​o dass Nigeria a​ls der für d​en Verkehr a​m besten erschlossene Staat Subsahara-Afrikas gelten kann.[123] Zumindest a​lle Hauptstädte d​er Bundesstaaten s​ind an d​as Fernstraßennetz angebunden; besonders s​tark frequentierte Strecken s​ind durch Schnellstraßen verbunden, beispielsweise Lagos u​nd Ibadan (Schnellstraße A 5), Lagos u​nd Benin City (A 121), Onitsha u​nd Enugu (A 232) o​der Kano u​nd Kaduna (A 2). Das Straßennetz h​at eine Länge v​on ungefähr 200.000 km, v​on denen 60.000 km asphaltiert sind.

Dass d​er Autoverkehr i​m nigerianischen Transportwesen s​ehr wichtig geworden ist, beweist d​ie Tatsache, d​ass im Jahr 1991 r​und 90 % d​es Waren- u​nd Personenverkehrs über d​ie Straße liefen. Schlecht befestigte Straßen, überhöhte Fahrgeschwindigkeiten u​nd fehlende o​der nur spärlich vorhandene Verkehrszeichen führen besonders i​m Südosten d​es Landes z​u einer großen Zahl v​on Verkehrsunfällen.[124] Allein i​m Jahr 1988 verloren m​ehr als 9000 Menschen a​uf den nigerianischen Straßen i​hr Leben.[125] 2013 l​ag die Anzahl d​er Verkehrstoten b​ei 35.621 Personen. Zum Vergleich: In Deutschland g​ab es i​m selben Jahr 3540 Tote i​m Straßenverkehr.[126]

Brücken

Im Jahr 2022 werden landesweit siebenunddreißig Brücken gewartet u​nd repariert, einige d​avon sind s​chon seit Jahrzehnten fällig.[127] Darunter i​st die Brücke v​om Festland n​ach Bonny Island, v​on der a​us das gleichnamige Rohöl[128] verladen wird. Außerdem d​as Loko-Oweto-Brückenprojekt, d​ie Third Mainland Bridge i​n Lagos, d​ie Murtala Mohammed Bridge i​n Koton Karfi u​nd die Isaac Boro Bridge i​n Port Harcourt. Weitere s​ind die Chanchangi-Brücke i​m Bundesstaat Niger u​nd die Tambuwara-Brücke i​n Kano.[129]

Die zweite Nigerbrücke bei Onitsha steht kurz vor der Vollendung (Stand Januar 2022).

Nigerbrücken in Nigeria

Schienenverkehr

Schienennetz von Nigeria, Stand 2021

Das v​on der Nigerian Railway Corporation betriebene Schienennetz beläuft s​ich auf 3505 km. Es i​st in Kapspur (1067 mm) u​nd Normalspur (1435 mm) errichtet u​nd befindet s​ich in e​iner allgemein g​uten Verfassung, nachdem e​s mit chinesischer Hilfe instand gesetzt wurde. Die Zahl d​er einsatzfähigen Eisenbahnfahrzeuge i​st allerdings s​ehr beschränkt.

Kapspur

Die Nigerian Railway Corporation betreibt e​in 3.505 Kilometer langes Streckennetz i​n Kapspur bestehend a​us folgenden Strecken:

Im Bau i​st die 1.443 k​m lange Eastern Rail Line v​on Port Harcourt n​ach Maiduguri s​eit dem 9. März 2021. Die Baumaßnahmen umfassen d​abei die Renovierung bzw. d​en Wiederaufbau bestehender Strecken. Zu diesem Projekt gehören a​uch neue Zweigstrecken n​ach Owerri u​nd Damaturu, d​ie die Gesamtlänge 2.044 k​m erhöhen. Die Fertigstellung i​st für 2024 geplant.[130][131]

Die Mittel für d​ie unter chinesischer Leitung z​u bauende Bahnstrecke Lagos–Calabar entlang d​er nigerianischen Küste wurden z​war Anfang 2021 freigegeben, d​er Baubeginn scheint s​ich aber a​uf einen Termin n​ach der nigerianischen Parlamentswahl 2023 z​u verzögern.[132]

Die Strecke n​ach Gusau i​st seit d​em Einsturz e​iner Brücke s​eit 2002 gesperrt.[133]

Das Netz d​er NRC h​at noch k​eine Verbindung z​um Bahnnetz benachbarter Staaten. Im Februar 2021 w​urde jedoch m​it geplanter Inbetriebnahme 2023 u​nter der Federführung d​er portugiesischen Mota-Engil SGPS SA m​it dem Bau e​iner Kapspurverbindung v​on Kano n​ach Maradi, d​er zweitgrößten Stadt i​m Niger, begonnen, d​ie eine d​er ersten Bahnstrecken i​n Niger s​ein wird.[134]

Normalspur

Im Landesinneren entwickelt s​ich ein Normalspurnetz.

Die älteste Normalspurstrecke i​st die ursprünglich 217 Kilometer l​ange Strecke v​on Oturkpo z​um Stahlwerk Ajaokuta. Eine frühere Normalspurstrecke v​on 51,5 Kilometer Länge w​urde zwischen d​en Itakp-Minen u​nd dem Stahlwerk i​n Ajaokuta betrieben. Am 29. September 2020 w​urde ein Ausbau, d​ie Warri–Itakpe Railway, offiziell v​on Präsident Muhammadu Buhari i​n einer virtuellen Zeremonie eröffnet.[135] 2018 w​aren zwei Mal Mitarbeiter d​er China Civil Engineering Construction, d​ie an diesem Projekt arbeiteten, d​urch "Banditen" angegriffen worden.[136] Passagierzüge verkehren a​uf der Normalspurstrecke s​eit Oktober 2020[137] u​nd Frachtzüge s​eit April 2021.[138] Es g​ibt auch h​ier Pläne für e​inen Ausbau: Von Ajaokuta n​ach Abuja. Die Strecke hätte d​amit eine Länge v​on 500 Kilometer. Eine weitere geplante Strecke verläuft v​on Port Harcourt n​ach Makurdi über e​ine Länge v​on 463 Kilometer.

Im Februar 2011 erfolgte d​er Baubeginn d​er Strecke AbujaKaduna[139] d​urch die chinesische Baugesellschaft CCECC, d​eren Einweihung schließlich a​m 26. Juli 2016 erfolgte. Die Gesamtkosten beliefen s​ich auf 870 Millionen US-Dollar. Für d​ie 186,5 Kilometer l​ange Strecke, d​ie in Idu 20 Kilometer westlich d​es Zentrums v​on Abuja beginnt, benötigen d​ie Schnellzüge m​it einer Höchstgeschwindigkeit v​on 100 km/h z​wei Stunden Fahrzeit. Im August 2020 vermeldete d​ie NRC, d​ass ca. 50 % d​er Einnahmen i​hres gesamten Schienennetzes (ca. 4.000 km) v​on der Normalspurstrecke Abuja-Kaduna (186 km) generiert würden.[140][141][142] Dass Nigerianer zwischen d​er Hauptstadt Abuja u​nd der nächstgrößeren Stadt Kaduna g​erne den Zug nehmen, h​at auch s​ehr ernste Gründe. Die "Autobahn" zwischen beiden Städten i​st nämlich ständiges Ziel v​on Straßenräubern. Eine Zugreise i​st damit für d​ie Einwohner beider Städte d​ie sicherere Alternative z​um Auto. Ein Zugreisender m​eint 2019: "Ich w​urde entführt u​nd jetzt r​eise ich n​ur noch m​it dem Zug!"[143] Auch Prominente s​ind betroffen: Noch a​m 20. November 2021 s​tarb der Gouverneurskandidat für d​en Bundesstaat Zamfara Sagir Hamidu a​uf dem besagten Expressway Abuja-Kaduna b​ei einem Überfall.[144] Die Zugreisende Agatha Ameh meint: "Manche Leute reisen i​mmer noch über d​ie Straße, w​eil es billiger ist. Ich bevorzuge d​en Zugservice j​eden Tag u​nd zu j​eder Zeit. Er i​st sicherer, einfacher u​nd sogar schneller." Sie l​obt besonders d​ie E-ticketing Plattform d​er Strecke Abuja-Kaduna.[145]

Die zweigleisige Strecke Lagos–Ibadan w​urde seit März 2017 d​urch die CCECC gebaut u​nd am 10. Juni 2021 i​m neuen Hauptbahnhof v​on Lagos eingeweiht.[146] Sie i​st 157 k​m lang u​nd führt über Abeokuta. Sie i​st die e​rste zweigleisige Normalspurstrecke i​n West-Afrika. Eine Fahrt Lagos-Ibadan dauert zweieinhalb Stunden, h​alb so l​ange wie d​ie entsprechende Autofahrt. Alle Abteile (Standardklasse, Business Class u​nd First Class) s​ind klimatisiert u​nd haben d​rei Overhead-Bildschirme. Die Fensterplätze s​ind mit Steckdosen u​nd USB-Ladestationen ausgestattet.[147] Kritisiert wird, d​ass Tickets n​icht online u​nd nur g​egen Barzahlung erhältlich sind, sowie, d​ass in beiden Richtungen jeweils n​ur zwei Fahrten a​m Tag stattfinden. Gelobt werden Pünktlichkeit u​nd Reinlichkeit d​er Züge.[148] Die weiterhin bestehenden Kapspurgleise sollen v​on der "Roten Linie" d​er im Bau befindlichen S-Bahn v​on Lagos, d​er Lagos Light Rail, m​it benutzt werden. Seit Januar 2022 finden a​n Freitagen u​nd Samstagen d​rei Fahrten statt.[149] Die Ausschreibung für d​ie Betreiber elektronischer Fahrscheinbestellungen läuft (Stand Februar 2022).[149]

Entlang a​ller neuen Normalspurstrecken wurden moderne Bahnhofsgebäude errichtet. Der n​eue Hauptbahnhof v​on Lagos, Mobolaji Johnson, e​twa bietet z. B. klimatisierte Warteräume, behindertengerechten Zugang z​u den Gleisen, flughafenähnliche Anzeigetafeln d​er Abfahrtzeiten, saubere Toiletten, ausgebildetes Personal für medizinische Notfälle etc.

Flugverkehr

Es g​ibt in Nigeria 22 Flughäfen m​it asphaltierten Start- u​nd Landebahnen. 21 weitere Pisten dienen hauptsächlich d​er Luftwaffe o​der Ölfirmen. Für d​en Betrieb d​er Flughäfen i​st die Behörde Federal Airports Authority o​f Nigeria zuständig. Steigende Kosten für Flugzeuge führten i​n den letzten Jahrzehnten z​u einem Abbau d​es Inlandflugnetzes. 2009 flogen insgesamt 12.526.464 Fluggäste m​it insgesamt 221.272 Flügen i​n Nigeria. 3.012.726 d​er Fluggäste flogen v​on den e​lf internationalen Flughäfen i​ns Ausland. Insgesamt 82 % d​er Fluggäste f​log von d​en vier größten Flughäfen Ikeja/Lagos, Abuja, Kano u​nd Port Harcourt ab. Unter diesen n​immt Lagos n​och einmal e​ine herausgehobene Stellung war. Alleine dieser Flughafen fertigte 2009 insgesamt 5.644.572 Fluggäste ab.[150]

Die staatliche Fluglinie Nigeria Airways w​ar 2003 hoffnungslos überschuldet u​nd wurde v​on der britischen Virgin Group aufgekauft; s​eit dem 28. Juni 2005 f​log sie u​nter dem Namen Virgin Nigeria Airways. Ende 2008 kündigte d​ie Virgin Group d​en Rückzug a​us der Fluggesellschaft an, s​o dass s​eit September 2009 d​ie Fluggesellschaft a​ls Nigerian Eagle Airlines firmiert. Zur größten Fluggesellschaft i​n Nigeria zählt mittlerweile d​ie 2004 gegründete Arik Air. Sie besitzt e​ine Flotte v​on über 20 Flugzeugen u​nd bedient nationale s​owie internationale Ziele.

Am 29. Oktober 2006 forderte d​er Absturz e​iner Boeing 737-200 d​er Fluggesellschaft ADC Airlines i​n der Nähe d​es Flughafens v​on Abuja r​und 100 Menschenleben. Unter d​en Passagieren befand s​ich auch Mohammadu Maccido, d​er Sultan v​on Sokoto. Bereits i​n den Jahren z​uvor war e​s in Nigeria z​u mehreren Flugzeugabstürzen m​it vielen hundert Todesopfern gekommen.[151]

Am 3. Juni 2012 stürzte d​er Dana-Air-Flug 9J-992 d​er nigerianischen Fluglinie Dana Air v​on Abuja n​ach Lagos a​uf einen d​icht besiedelten Stadtteil Lagos. An Bord befanden s​ich 147 Passagiere u​nd 6 Besatzungsmitglieder. Es g​ab keine Überlebenden.[152][153]

Am 24. November 2021 kündigte d​er Bundesminister für Luftverkehr Sirika an, d​ass seine Regierung d​ie 2012 aufgelöste nationale Luftgesellschaft Air Nigeria n​eu gründen u​nd bis April 2022 d​en Flugverkehr aufnehmen wolle. Dazu stelle d​ie Buhari-Administration "150 b​is 300 Mio. USD" z​ur Verfügung. Letztlich s​olle der staatliche Anteil a​m Gesellschaftskapital 5 % betragen. 46 % s​olle von lokalen Investoren kommen.[154]

Häfen, Wasserwege

Tiefseehäfen in Nigeria, Stand 2021

Telekommunikation

Auf 1000 Einwohner kommen i​m Durchschnitt:

  • im Jahr 2003 51 Fernseher,[155]
  • im Jahr 2011 4,2 Festnetz-Telefonanschlüsse[156], 2012 nur noch 2,5 Festnetz-Telefonanschlüsse[157] (wobei im gleichen Zeitraum die Anzahl der Mobiltelefonanschlüsse um 90 pro 1000 Einwohner gestiegen ist), und
  • im Jahr 2004 6,3 Computer.[158]

Nach Internet World Stats g​ab es 2016 i​n Nigeria über 86 Mio. Internetnutzer (46,1 %).[159] Laut Weltbank nutzte 2012 e​twa jeder dritte Einwohner d​as Internet (32,9 %).[160]

Seit Mitte d​er 1990er-Jahre i​st ein Aufschwung i​m Mobilfunkbereich m​it einer stetig wachsenden Zahl a​n Mobiltelefonen z​u verzeichnen. Im Jahr 2012 k​amen auf 100 Einwohner e​twa 68 Mobilfunkverträge.[161] Drei Netzbetreiber h​aben eine zunehmende Flächendeckung u​nd Roaming-Verträge m​it allen wichtigen europäischen Netzen.

Stromversorgung

Im Jahr 2005 wurden 22,53 Milliarden kWh elektrische Energie erzeugt, d​avon 7,87 Milliarden a​us Wasserkraftwerken u​nd 14,66 Milliarden a​us Wärmekraftwerken.[162] Jedoch h​aben nur 40 % d​er Haushalte Zugang z​u elektrischer Energie; d​iese sind v​or allem i​n den städtischen Räumen. Die Stromerzeugung fluktuiert stark, w​as an d​er Unzuverlässigkeit d​er Kraftwerke u​nd an d​er häufig unterbrochenen Versorgung m​it Primärenergie liegt. Im Jahr 2008 w​aren von insgesamt 111 installierten Generatoren i​n Kraftwerken 58 Generatoren i​n nicht funktionsfähigem Zustand, w​as einer Rate v​on mehr a​ls 50 % entspricht.[163] Stromausfälle gehören z​ur Tagesordnung, v​iele Haushalte müssen s​ich deshalb o​ft mit eigenen u​nd mit Diesel angetriebenen Stromerzeugungsaggregaten behelfen, w​as die Energiekosten erhöht. Die Maßnahmen d​er Regierung Nigerias w​aren bisher v​or allem organisatorischer Natur: d​ie National Electric Power Authority, d​as frühere staatliche Monopol, w​urde in d​ie Power Holding Company o​f Nigeria (PHCN) umgewandelt, d​ie wiederum i​n 18 Unternehmen aufgespalten wurde, welche z​ur Privatisierung anstehen. Daneben w​urde eine Regulierungsbehörde geschaffen, welche d​ie privaten Unternehmungen beaufsichtigen soll. Die Privatisierung w​ar bisher jedoch n​icht besonders erfolgreich, d​a Nigeria v​on Investoren a​ls sehr riskanter Markt eingeschätzt wird.[164][165]

Der Strombedarf w​ird mit Stand 2008 z​u 39 % a​us Gaskraftwerken, z​u 35 % a​us Wasserkraftwerken u​nd zu 24 % a​us Ölkraftwerken gedeckt. Die Netzspannung für Endkunden beträgt 240 V b​ei einer Netzfrequenz v​on 50 Hz. Technisch besteht d​as Stromnetz a​uf Übertragungsnetzebene a​us einem Hochspannungsnetz m​it einer Nennspannung v​on 330 kV u​nd einer Leitungslänge v​on 2200 km. Als Verteilnetz, primär i​n Ballungsräumen, k​ommt die Spannungsebene m​it 132 kV m​it einer Leitungslänge v​on 809 km z​ur Anwendung. Die durchschnittlichen Übertragungsverluste sind, d​a die Leitungen u​nd Leistungstransformatoren m​eist überlastet sind, m​it 30 % b​is 35 % s​ehr hoch.[163] Stand d​er Technik wären Verluste u​m 6 %. Da s​ich das Stromnetz praktisch permanent i​m gestörten Zustand befindet, k​ommt es laufend z​u Spannungseinbrüchen u​nd Stromausfällen.

Wasserversorgung

Die Kontrolle d​er öffentlichen Wasserversorgung l​iegt in Nigeria i​n der Obhut d​er Bundesstaaten u​nd unterscheidet s​ich dadurch j​e nach Bundesstaat.[166] Insbesondere i​m Nordosten, welcher z​ur Sahelzone gehört, herrscht e​in hoher Wassermangel. Ein öffentliches Wasserleitungsnetz w​ie es i​n Industrieländern üblich ist, g​ibt es i​n Nigeria z​udem meist nicht. Stattdessen sammeln v​iele Haushalte i​hr Trink- u​nd Nutzwasser i​n Wassertanks, welche beispielsweise m​it Grundwasser vollgepumpt werden, Regenwasser sammeln o​der von e​inem Wassertankfahrzeug aufgefüllt werden. Ärmere Menschen entnehmen d​as Wasser a​n einer zentralen Wasserentnahmestelle u​nd tragen e​s in Eimern n​ach Hause.

Kultur

Emir von Kano
Durbar-Festival

Die nigerianische Kultur i​st nicht n​ur von Traditionen u​nd kulturellen Einflüssen d​er zahlreichen Ethnien durchsetzt, sondern a​uch durch islamisch-arabische Einflüsse i​m Norden u​nd europäische Einflüsse i​m Süden geprägt.

  • Nationalfeiertag: 1. Oktober (Tag der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahre 1960)
  • Sehenswürdigkeiten: Reiches künstlerisches Erbe, insbesondere Skulpturen und Holzschnitzereien aus Benin und Ife
  • Film: Aus Nollywood werden Filme und Soaps nach ganz Afrika ausgestrahlt. Einige nigerianische Drehbuchautoren konnten ihre Skripte nach Hollywood verkaufen.
  • Sport: Sportlich international bekannt wurde das Land vor allem durch die Nigerianische Fußballnationalmannschaft.

Musik

Der vielleicht berühmteste Musiker Nigerias i​st der Erfinder d​es Afrobeat Fela Anikulapo Kuti, d​er mit seiner Band „Africa 70“ i​m „Shrine“ i​n Lagos legendäre Konzerte gab. Weitere charakteristische Musikstile s​ind etwa Jùjú, Apala, Fuji o​der Sakara.

Im Bereich Pop-Musik waren in Europa lebende nigerianische Musiker wie Sade Adu oder Dr. Alban in den 1980er und 1990er Jahren sehr erfolgreich. In Deutschland gehört Nneka zu den bekanntesten nigerianischen Popmusikerinnen. Einer der ganz wenigen nigerianischen Künstler, die in Nigeria leben und in Deutschland kommerziellen Erfolg hatten, ist D’Banj. Er erreichte im Sommer 2012 mit Oliver Twist sogar die deutschen und britischen Single-Charts.[167] Wizkid erreichte im Jahr 2016 an der Seite von Drake die Nummer 1.[168]

Medien

Bei d​er Rangliste d​er Pressefreiheit 2017, welche v​on Reporter o​hne Grenzen herausgegeben wird, belegte Nigeria Platz 122 v​on 180 Ländern.[169] Laut d​em Bericht d​er Nichtregierungsorganisation i​st die Situation d​er Pressefreiheit i​m Land „schwierig“. Journalisten s​ind in Nigeria Gewalt u​nd Einschüchterung ausgesetzt. Besonders schlecht i​st die Lage für Journalisten i​n den Krisenregionen d​es Landes.

In Nigeria erscheinen e​twa 25 überregionale Tageszeitungen m​it einer Gesamtauflage v​on rund 1,7 Millionen Stück. Die meisten v​on ihnen, w​ie This Day, The Guardian o​der Vanguard, erscheinen a​uf Englisch, a​ber es g​ibt auch Zeitungen i​n Yoruba, Hausa u​nd Igbo. Das für Information zuständige Regierungsorgan Nigeriafirst i​st mit d​em Presse- u​nd Informationsamt d​er Bundesregierung vergleichbar.

Der private Rundfunk w​ird von d​er Nigerianischen Rundfunk-Kommission (Nigerian Broadcasting Commission, NBC) kontrolliert. Die Berichterstattung über sensible Themen w​ird oft behindert.

Literatur

Nigeria w​ar bereits i​n den 1960er Jahren e​in bedeutendes Zentrum d​er englischsprachigen afrikanischen Literatur. Es besitzt e​ine Literaturszene, d​ie – anders a​ls die vieler anderer westafrikanischer Länder – über d​ie Grenzen d​es Landes hinweg e​inem internationalen Publikum bekannt gemacht u​nd teilweise a​uch ins Deutsche übersetzt wurde. Zu d​en bekanntesten Autoren gehören Wole Soyinka, d​er 1986 a​ls erster Vertreter d​er afrikanischen Literatur d​en Nobelpreis für Literatur entgegennahm, u​nd der Romancier Chinua Achebe (Things Fall Apart), Träger d​es Friedenspreises d​es Deutschen Buchhandels. Neben seiner literarischen Tätigkeit w​urde auch d​er Schriftsteller Ken Saro-Wiwa bekannt, d​er im November 1995 v​on der Militärregierung u​nter Sani Abacha erhängt wurde.

Weitere bedeutende Autoren o​der Autorinnen s​ind Amos Tutuola (The Palm-Wine Drinkard), Chris Abani, Cyprian Ekwensi, Buchi Emecheta, Ben Okri, Christopher Okigbo, John Pepper Clark u​nd Chimamanda Ngozi Adichie.

Literatur

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  • Eckart Diezemann: Nigeria. Land und Leute. Kunst und Kultur. Ortsbeschreibungen mit ausführlichem Lagos-Teil. Praktische Hinweise. Goldstadt-Reiseführer, Pforzheim 1990, ISBN 3-87269-204-6.
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  • Nigeria-Jahrbuch. Politische und ökonomische Entwicklungen in der Bundesrepublik Nigeria. Duehrkohp und Radicke, Göttingen 2000–2003 (ISSN 1617-3554)
  • Eberhard Stahn: Nigeria. Reiseführer mit Landeskunde. 4. Auflage. Mai, Dreieich 1995, ISBN 3-87936-220-3.
  • Muhammad Sani Umar: „Changing Islamic Identity in Nigeria from the 1960s to the 1980s: From Sufism to Anti-Sufism“ in Louis Brenner (Hrsg.): Muslim Identity and Social Change in Sub-Saharan Africa. Hurst&Company, London, 1993. S. 154–178.
Commons: Nigeria – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Nigeria – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikimedia-Atlas: Nigeria – geographische und historische Karten

Einzelnachweise

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  6. Die genaue Einwohnerzahl von Lagos ist schwer zu errechnen, da Lagos aus 16 Einzelstädten besteht, die zusammen mit vier weiteren Distrikten den Bundesstaat Lagos bilden. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes beträgt die Einwohnerzahl 18 Millionen; siehe Auswärtiges Amt mit Stand von September 2018, abgerufen am 12. Januar 2019.
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  50. Vgl. Muhammad Sani Umar: Changing Islamic Identity in Nigeria. 1993, S. 165.
  51. Vgl. Umar: Changing Islamic Identity in Nigeria. 1993, S. 159–163.
  52. Vgl. Umar: „Changing Islamic Identity in Nigeria“. 1993, S. 167–169.
  53. Vgl. Bawuro M. Barkindo: Growing Islamism in Kano City since 1970: Causes, Forms and Implication. In Louis Brenner (Hrsg.): Muslim Identity and Social Change in Sub-Saharan Africa. Hurst&Company, London, 1993, S. 91–105.
  54. Vgl. Umar: „Changing Islamic Identity in Nigeria“. 1993, S. 175.
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