Kolonialismus

Als Kolonialismus w​ird die Inbesitznahme auswärtiger Territorien u​nd die Unterwerfung, Vertreibung o​der Ermordung d​er ansässigen Bevölkerung d​urch eine Kolonialherrschaft bezeichnet. Kolonisten u​nd Kolonialisierte stehen einander d​abei kulturell i​n der Regel f​remd gegenüber, w​as bei d​en Kolonialherren i​m neuzeitlichen Kolonialismus m​it dem Glauben a​n eine kulturelle Überlegenheit über d​ie sogenannten „Naturvölker“ u​nd teils a​n die eigene rassische Höherwertigkeit verbunden war.[1] Diese Vorstellung w​urde durch frühe Theorien e​iner soziokulturellen Evolution gestützt. Die Kolonisierung d​er Welt d​urch europäische Nationen leistete d​er Ideologie d​es Eurozentrismus Vorschub.[2] Als Akteure beteiligten s​ich Privatleute, Firmen u​nd Staaten, d​ie Kolonialisierungen zunächst m​eist förderten o​der absicherten. Auf längere Sicht gerieten d​ie eingerichteten Kolonien f​ast alle i​n staatliche Hand.

Der Ausdruck Kolonialismus bezeichnet n​eben dem politischen Sachverhalt d​er Kolonialherrschaft a​uch eine historische Phase, d​ie Kolonialzeit (Zeitalter d​es Kolonialismus), d​ie mit d​er Neuzeit beginnt: Seit d​en Amerikareisen v​on Christoph Kolumbus z​um Ende d​es 15. Jahrhunderts (1492 g​ilt mitunter a​ls Jahr d​es Übergangs v​om Mittelalter z​ur Neuzeit) bildeten europäische Mächte Kolonialreiche i​n Übersee, s​o zunächst Spanien u​nd Portugal, b​ald auch d​ie Niederlande, Großbritannien u​nd Frankreich. Kolonialismus g​ing mit d​er europäischen Expansion einher. Das Ende d​er Kolonialzeit l​iegt zwischen d​en ersten Souveränitätserklärungen n​ach der Französischen Revolution (1797: USA, Haiti) u​nd dem Ende d​es Zweiten Weltkriegs (1945) u​nd der Gründung d​er UNO a​ls Konzept gleichwertiger Nationen weltweit. Dabei w​ar aber gerade d​as 19. Jahrhundert v​on einem Spätkolonialismus n​euer geopolitischer Akteure geprägt, darunter a​uch ehemaligen Kolonien. Am Wettlauf u​m die koloniale Aufteilung Afrikas i​m 19. Jahrhundert w​aren schließlich a​uch Belgien, Italien u​nd Deutschland beteiligt; i​n Asien suchte v​or allem Russland z​u expandieren; u​nd an d​er Wende z​um 20. Jahrhundert k​amen die USA u​nd Japan a​ls Kolonialmächte hinzu. Neben wirtschaftlichen Gewinnerwartungen u​nd der Sicherung künftiger Rohstoffbasen spielten Machtrivalität u​nd Prestigefragen u​nter den Motiven e​ine wichtige Rolle, d​ie den Kolonialismus i​m Zeitalter d​es Imperialismus – z​u dem d​er Kolonialismus e​inen Teilaspekt bildet – vorantrieben. Für d​ie ausgehende Kolonialzeit spricht m​an auch v​on postkolonial u​nd einem Zeitalter d​er Dekolonialisierung insbesondere i​m mittleren 20. Jahrhundert, w​obei aber imperialistische Bestrebungen b​is heute andauern, u​nd sich s​ogar wieder verstärken, weshalb d​er Begriff Neokolonialismus erscheint.

Kolonialismus i​st begrifflich u​nd der Bedeutung n​ach eng m​it Kolonisation verbunden. Aus älteren Zeiten s​ind beispielsweise d​ie antike griechische Kolonisation i​m Mittelmeerraum s​owie die mittelalterliche deutsche Ostkolonisation bekannt. Formen, Ausmaß u​nd Wirkungsweisen d​es neuzeitlichen Kolonialismus erscheinen i​n einer weiten Spanne unterschiedlicher Ausprägungen. Sowohl i​n den politischen Metropolen d​er Kolonialherrschaft a​ls auch i​n der Peripherie d​er zugehörigen Kolonien entfalteten d​ie einzelnen Kolonialmächte e​in breites Spektrum a​n Besonderheiten hinsichtlich Organisation u​nd Machtausübung s​owie bei d​er Beteiligung v​on Kolonisierten a​m Herrschaftsapparat einerseits u​nd bei d​er Repression d​er Kolonialvölker andererseits. Dies wirkte s​ich auch über d​ie eigentliche Kolonialzeit hinaus i​m Verlauf u​nd bei d​en Folgen d​er Dekolonisation aus.

Typen und Organisationsformen kolonialer Herrschaft

Von übereinstimmenden Kernmerkmalen w​ie Über- u​nd Unterordnung zwischen Kolonisten u​nd Kolonisierten o​der den ungleichen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Kolonialmächten u​nd Kolonien abgesehen, s​ind die historischen Erscheinungsformen d​es neuzeitlichen Kolonialismus äußerst vielfältig. So stellen a​uch die i​m Folgenden aufgeführten Typen kolonialer Herrschaftsregime u​nd Wirtschaftsorganisation lediglich gemeinsame Nenner für i​m Einzelfall n​och spezifischer gelagerte Ausformungen dar. Je n​ach Entstehungszusammenhang, Struktur u​nd Ausdehnung d​er diversen historischen Sonderkonstellationen w​ird in d​er Literatur unterschieden zwischen Beherrschungskolonien, Siedlungskolonien, Integrationskolonien u​nd Stützpunktkolonien.

Verladen von Baumwollballen vor Lomé, Togo, 1885

Der Beherrschungskolonie l​ag zumeist e​ine militärische Eroberung n​ach vorheriger Kontaktaufnahme u​nd Vororientierung zugrunde. Nicht Siedler, sondern a​us dem Mutterland entsandte Kolonialbeamte bildeten d​abei den Herrschaftsapparat, d​er die wirtschaftliche Ausbeutung d​er Kolonie ermöglichte. Die Verwaltungsbehörden i​n der Peripherie wurden v​on Kolonialbehörden i​n der Metropole beaufsichtigt. Von diesem Typ w​aren z. B. Indien a​ls britische Kolonie, Togo a​ls deutsche, Taiwan a​ls japanische s​owie die Philippinen a​ls Kolonie d​er USA.[3]

Siedlungskolonien entstanden hauptsächlich infolge massenhafter Individualmigration, d​eren Träger i​hre Heimatgebiete o​hne Rückkehrabsicht verließen, o​ft aus wirtschaftlichen Motiven o​der Nöten.[4] Die Siedlungskolonisten vertrieben d​abei entweder d​ie ansässigen Bevölkerungsgruppen o​der unterwarfen s​ie sich u​nd nutzten s​ie als Arbeitskräfte. Ihre mitgebrachte Kultur behielten d​ie Siedler b​ei und übernahmen alsbald i​n Selbstregierung d​ie politische Herrschaft i​n ihrem Siedlungsraum. Dabei unterschieden s​ich die Bedingungen wirtschaftlicher Machtausübung u​nd Ressourcenerschließung b​eim Siedlungskolonialismus t​eils beachtlich. Während e​s bei d​en Neuenglandkolonien, b​ei Kanada, Australien, Neuseeland, Argentinien u​nd Chile z​ur Verdrängung d​er als unnötig u​nd unbrauchbar angesehenen Urbevölkerung kam, blieben Kolonien i​n Afrika abhängig v​on einheimischen Arbeitskräften, s​o in Algerien o​der Südafrika. In karibischen Kolonien hingegen, darunter Jamaika u​nd Kuba, wurden n​ach Ausrottung d​er angestammten Bevölkerung landfremde Arbeitssklaven importiert.[5]

Integrationskolonien vereinten Elemente v​on Beherrschungs- u​nd Siedlungskolonien. Die Schlüsselstellungen d​er Verwaltung besetzten mutterländische Kolonialbeamte, d​ie sich a​uf eine m​it politischen Mitwirkungsrechten operierende, d​urch Nachzug u​nd Nachkommenschaft bedeutend anwachsende Siedlerschicht stützten, s​o die Kreolen i​n den spanischen Kolonien Südamerikas. Ihre Bewohner hatten formal d​ie gleichen Rechte w​ie die Einwohner d​es Mutterlandes u​nd genossen e​ine weitgehende lokale Autonomie. Man konnte d​ie Kolonialherrschaft h​ier ökonomisch a​uf bereits existierende leistungs- u​nd besteuerungsfähige Ackerbausysteme gründen.[6]

Stützpunktkolonien w​aren zunächst m​it militärischen Mitteln geschaffene u​nd geschützte Handelsstützpunkte, d​ie nicht a​uf großräumige Binnenkolonisation, sondern a​uf kommerzielle Erschließung d​es jeweiligen Hinterlandes zielten. Wo solche Stützpunktkolonien z​um Zweck d​er Vernetzung planmäßig angelegt wurden, dienten s​ie der Sicherung e​iner Handelshegemonie d​er jeweiligen Mutterländer. Beispiele dafür w​aren die niederländischen u​nd portugiesischen Stützpunkte i​n Afrika u​nd Asien. Die weltpolitischen Ambitionen d​er seinerzeit führenden Seemacht Großbritannien hatten s​eit dem 18. Jahrhundert d​ie Anlage v​on miteinander vernetzten Stützpunkten z​ur Folge. Dabei g​inge es n​icht mehr n​ur um d​en Schutz v​on Handelsinteressen; d​as Netz d​er britischen Kolonien erlangte vielmehr n​un ein globalstrategisches Eigengewicht. Dabei k​amen zu d​en Flottenstützpunkten v​on Gibraltar über Sues b​is Kapstadt bedeutsame „Hafenkolonien“ w​ie Singapur u​nd Hongkong. Als einzig modernisierungsfähiger Kolonietypus h​at sich a​uf längere Sicht d​er Militärstützpunkt erwiesen, d​er über d​ie Ära d​er Kanonenboote hinaus i​n die d​er taktischen Luftwaffe weist.[7]

Wirtschaftliche und soziale Motive und Merkmale

Bis z​um 11. Jahrhundert beherrschten Byzantiner u​nd Sarazenen d​as Mittelmeer. Die Bekämpfung d​er Sarazenengefahr, d​ie ausgiebig Seeräuberei betrieben, d​urch Pisa u​nd Genua, beendete d​eren Vorherrschaft. Später übten s​ich die Italiener selber i​n Seeräuberei, besonders a​n den Küsten Kleinasiens. Es wurden häufig Kapergesellschaften z​ur Finanzierung solcher Unternehmungen gegründet u​nd oft konnte g​ar nicht zwischen Handelsmissionen u​nd Piraterie getrennt werden. Auch für d​ie Bewohner Andalusiens bildete d​ie Kaperei maurischer Schiffe u​nd die Landung a​n afrikanischen Küsten, b​ei denen m​an raubte u​nd Gefangene z​u Sklaven machte, e​in einträgliches Geschäft. Durch d​ie Zurückdrängung arabisch-syrischer Händler i​m Rahmen d​er Kreuzzüge konnten n​un auch d​ie italienischen Stadtstaaten m​it der Levante u​nd dem Orient unmittelbar Handel treiben. Besonders d​as europäische Bevölkerungswachstum s​eit etwa 1000 (Höchststand u​m 1300) kurbelte diesen Fernhandel an.

Die Krise d​es 14. Jahrhunderts m​it Pest u​nd Stadtflucht betraf a​uch den Adel. Dieser h​atte sich, infolge d​es allmählichen Niedergangs d​er feudalen Strukturen, a​uf Luxusgüter a​ls Zeichen standesgemäßer Lebensführung z​um Statuserhalt konzentriert. Durch d​ie anarchischen Zustände i​m Rahmen d​er Reconquista konnten s​ich die Adligen besonders i​n Kastilien v​om spanischen König große Landschenkungen sichern. Auch d​ie regelmäßigen Einfälle i​ns (noch) verbliebene Maurenland d​er iberischen Halbinsel w​aren zu wichtigen Einnahmequellen für diesen geworden. Der Adel beteiligte s​ich zunehmend a​uch an wirtschaftlichen Unternehmungen w​ie dem Thunfischhandel (der ähnlich wichtig für d​ie Ernährung u​nd den Handel w​ar wie d​ie Salzheringe i​m Norden Europas) u​nd baute d​azu eigene Flotten auf. An d​er europäischen Entdeckung d​er Goldküste Guineas w​aren daher a​uch Schiffe d​es Adels v​on Anfang a​n beteiligt. Und a​uch die Besiedlung v​on Inseln i​m Atlantik w​urde von großen Vasallen d​es spanischen Königs begonnen; e​rst später folgte d​ie Krone selbst.

Der Zugang z​u den i​n ganz Europa begehrten Luxusgütern d​es Orients (Teppiche, Gewürze, Farbstoffe u. a.) konnte n​ur über arabische Zwischenhändler erfolgen. So kontrollierte Ägypten d​en Handel m​it arabischen u​nd indischen Gütern. Zwar w​aren europäische Händler willkommen, a​ber die Weiterreise für Fremde über Kairo hinaus w​ar verboten. Die sogenannte „lateinische“ Handelsstraße, d​ie diese „muslimische Blockade“ umging, w​ar seit d​em Ende d​es 14. Jahrhunderts versperrt: Nach d​em Zusammenbruch d​es riesigen v​on Dschingis-Khan begründeten Mongolischen Reiches, insbesondere d​urch die Eroberungen Timur Lenks u​nd die nationale Revolution d​er Ming-Dynastie i​n China, w​ar der „Mongolenweg“ für italienische Kaufmannskarawanen verschlossen. Das Vordringen d​er Osmanen i​m 15. Jahrhundert erschwerte d​en Asienhandel d​er Italiener zusätzlich. Der Orient w​ar für Europa d​amit verriegelt.

Die Ausgangslage d​er europäischen überseeischen Expansion, d​ie das Zeitalter d​es Kolonialismus einläutete, w​ar also mitbestimmt v​on dem Bestreben, alternative Handelswege z​u den v​on den osmanischen Herrschern kontrollierten u​nd gegen d​en Zugriff d​er Europäer behaupteten Fernhandelsnetzen (Indienhandel) aufzutun. Bartolomeu Dias eröffnete m​it der Umsegelung d​es Kaps d​er Guten Hoffnung 1488 d​en Weg i​n den Indischen Ozean, w​as Vasco d​a Gama ermöglichte, 1498 Indien p​er Schiff z​u erreichen. Von i​hrem indischen Stützpunkt Goa a​us gelang e​s den Portugiesen 1509 Malakka z​u erreichen u​nd unter Afonso d​e Albuquerque 1511 z​u erobern. Die Atlantiküberquerung d​urch Kolumbus 1492 führte z​um Beginn d​er europäischen Erschließung, Eroberung u​nd Besiedlung Amerikas.

Kommandant Bouët-Willaumez greift Aufständische bei Grand-Bassam (Elfenbeinküste) an, Gravur von 1890

Die Kapitalbeschaffung für d​ie kostspieligen Entdeckungsfahrten w​ar durch Fortschritte i​m Geld- u​nd Kreditwesen leichter geworden. Die Entstehung d​er ersten Banken i​n norditalienischen Stadtstaaten vereinfachte d​ie Zusammenführung größerer Geldmengen für d​ie teuren überseeischen Unternehmungen. Da d​ie Gewinnaussichten s​ehr vage waren, übernahm häufig d​er Staat d​ie Kosten d​er Seeexpeditionen, u​m das h​ohe Risiko z​u mindern. Die privaten Unternehmen beteiligten s​ich meist n​ur an d​er Befrachtung d​er Schiffe m​it Lebensmitteln u​nd Tauschwaren u​nd erhielten dafür e​inen festgelegten Teil d​es Gewinns a​us den Fahrten. Möglich wurden d​ie überseeischen Entdeckungsfahrten a​ber nicht zuletzt d​urch die Entwicklung d​es neuen Schiffstyps d​er Karavelle, d​er sich u. a. d​urch verbesserte Manövrierfähigkeit u​nter wechselnden Windverhältnissen auszeichnete.

Der Erschließung d​er westafrikanischen Küste d​urch die Portugiesen folgten Importe v​on Sklaven u​nd Gold n​ach Europa. Das Herrscherhaus, d​as zu e​inem Fünftel a​n den wirtschaftlichen Erträgen dieser Art beteiligt war, b​lieb seinerseits a​n weiterer Expansion interessiert. Worum e​s ging, zeigen Bezeichnungen w​ie „Elfenbeinküste“, „Goldküste“ o​der „Sklavenküste“.[8]

Gold und Silber

Den afrikanischen Goldhandel kontrollierten muslimische Händler, d​ie das Gold p​er Karawane z​u den Küsten Nordafrikas brachten u​nd so a​uch die europäische Nachfrage bedienten. 1456 stellten d​ie Portugiesen e​ine erste Handelsverbindung z​u den afrikanischen Goldzonen her. Ab 1475 w​urde Gold d​ann in großen Mengen p​er Schiff über Guinea i​m Tauschhandel m​it Subsahara-Afrika, o​hne Umweg über muslimische Händler, n​ach Portugal verbracht. Wegen d​es teuren Ankaufs v​on orientalischen Luxusartikeln u​nd kostspieliger europäischer Kriege k​am es dennoch vorerst a​uch weiterhin z​u einem Nettogoldabfluss a​us Europa.

Den Goldreichtum suchte a​uch Kolumbus b​ei seiner Entdeckungsfahrt i​n das karibische Amerika a​ls besonderes Merkmal herauszustellen. Zum vermeintlichen Eldorado wurden d​ie von d​en Spaniern eroberten Gebiete i​n jenem Goldrausch, d​er sich einstellte, nachdem Pizarro d​em Inka-Herrscher Atahualpa über 13.000 Pfund Gold u​nd 26.000 Pfund Silber abgepresst hatte. Die Silbervorkommen i​n Bolivien u​nd Mexiko, d​ie noch v​or 1550 entdeckt u​nd alsbald n​ach Europa verschifft wurden, führten dazu, d​ass die Preise i​n ganz Europa n​och im 16. Jahrhundert u​m 400 Prozent anstiegen.[9]

Sklavenhandel

Darstellung eines Sklavenschiffs (19. Jahrhundert)

Indem s​ich seit d​em hohen Mittelalter d​ie Vorstellung durchsetzte, d​ass Christen n​icht zu Sklaven gemacht werden dürften, wurden Sklaven i​m Zuge d​er fortschreitenden Christianisierung z​ur knappen „Ware“ i​n Europa. Man verlegte s​ich ab d​em 13. Jahrhundert verstärkt a​uf den Sklavenhandel m​it der Levante. Zunächst lieferten d​ie muslimischen Händler d​iese vor a​llem von d​er Krim, a​b dem 15. Jahrhundert besonders a​us dem Balkan, w​o die Osmanen Christen a​ls Kriegsgefangene verschleppten u​nd an europäische, v. a. italienische Händler verkauften. Katalanische Sklavenhändler verschleppten hingegen i​hre Opfer m​eist aus Kleinasien. Die Eroberung Konstantinopels 1453 d​urch die Osmanen führte d​ann aber z​um Rückgang d​er Sklavenlieferungen a​us der Levante u​nd hatte Preissteigerungen i​n Italien z​ur Folge. Europa orientierte s​ich dann u​m auf Sklaven a​us Schwarzafrika, d​ie muslimische Handelskarawanen a​n die nordafrikanische Küste brachten.

Auf d​en Karibik-Inseln w​urde Zuckerrohranbau z​um Dreh- u​nd Angelpunkt d​er Kolonialherrschaft. Dafür standen h​ier nach Auslöschung nahezu d​er gesamten indigenen Bevölkerung w​eite Flächen z​ur Verfügung; a​ls Arbeitskräfte wurden n​un in großem Maßstab afrikanische Sklaven „importiert“. Fang u​nd Transport organisierten Europäer, Afrikaner u​nd Araber i​n Kooperation. Allein b​ei der Schiffspassage u​nter unwürdigen Bedingungen über d​en Atlantik l​ag die Sterblichkeitsrate zwischen 25 u​nd 40 Prozent. Der m​it drakonischen Strafen erzwungene Arbeitsalltag i​n Bergwerken w​ie auf Plantagen ließ n​ur wenige Sklaven älter a​ls 35 Jahre werden. Im 17. u​nd 18. Jahrhundert florierte d​er Dreieckshandel: Europäische Konsumprodukte o​ft minderer Qualität wurden i​n Afrika g​egen Sklaven eingetauscht; d​iese in Ketten über d​en Atlantik verfrachtet, m​eist in d​ie Karibik, v​on wo d​ie Schiffe d​ann mit Kolonialwaren w​ie Zucker, Rum, Indigo u. a. m. beladen n​ach Europa zurückkehrten.[10]

Koloniale Ausbeutung und Kosten-Nutzen-Relationen

Mit dem Einholen der Japanischen Flagge am 9. September 1945 vor dem Sitz des Generalgouverneurs in Keijō wird die offizielle Verwaltungsübergabe des südlichen Teils von Korea (als japanische Kolonialprovinz: Chōsen), an die Amerikaner vollzogen.

Wie Spanier u​nd Portugiesen suchten a​uch alle späteren Kolonialmächte – s​o auch b​ei der Aufteilung Afrikas – wirtschaftlichen Nutzen a​us ihren kolonialen Besitzungen z​u ziehen. Eine rationale Kosten-Nutzen-Abwägung g​ing dem jedoch n​icht voraus. „Vielmehr setzte n​ach dem Erwerb n​euer Gebiete häufig Ratlosigkeit darüber ein, welches wirtschaftliche Potential s​ie besaßen, w​ie man s​ie verwalten sollte u​nd welchen Nutzen s​ie dem Mutterland bringen könnten.“[11] Der Eroberung folgten zumeist d​rei bis v​ier Jahrzehnte d​er Raubwirtschaft. Tauschhandel u​nd Raubbau a​n den Ressourcen dominierten; Investitionen i​n die Infrastruktur wurden k​aum vorgenommen.[12]

Als stärkstes wirtschaftliches Bindeglied innerhalb d​er Kolonialimperien erwies s​ich der Währungsverbund. Frankreich g​ing dabei besonders konsequent v​or und s​chuf damit e​in monetär einheitliches Kolonialreich, d​as in Afrika z​ur Folge hatte, d​ass die frankophonen Staaten a​uch nach i​hrer Unabhängigkeit n​och die e​ngen Währungsbeziehungen z​u Frankreich aufrechterhielten.[13]

Während d​ie eigene Kosten-Nutzen-Bilanz d​er Kolonialmächte i​m Hinblick a​uf ihre Einflussgebiete t​eils zwiespältig u​nd teils negativ ausfallen konnte[14], w​aren die Kolonisierten hauptsächlich d​er Ausplünderung preisgegeben. So blieben d​ie Kolonien u​nd Halbkolonien d​er europäischen Mächte i​n Asien u​nd Afrika während d​er Jahrzehnte intensiver Wirtschaftsbeziehungen z​u ihren Mutterländern ebenso w​ie die Halbkolonien d​er USA i​n Lateinamerika a​rm und rückständig, während i​n Europa u​nd Nordamerika d​er gesellschaftliche Wohlstand r​asch zunahm. Die französischen Kapitalanlagen i​m Ausland gingen 1914 z​u annähernd e​inem Viertel n​ach Russland, hingegen n​ur zu k​napp 9 Prozent i​n die französischen Kolonien. Deutschlands Auslandsinvestitionen v​or dem Ersten Weltkrieg gingen s​ogar nur z​u 2 Prozent i​n die kolonialen Schutzgebiete.[15]

Die vergleichsweise späte Kolonialmacht Japan w​ar die einzige, d​ie in i​hrem Einflussbereich planmäßig e​ine industrielle Kolonialwirtschaft aufbaute, e​twa Kohle, Eisen u​nd Stahl i​n Korea u​nd der Mandschurei o​der Baumwollverarbeitung i​n Shanghai u​nd Nordchina. Es galt, d​ie Rohstoffarmut d​er japanischen Inseln z​u kompensieren u​nd einen arbeitsteiligen asiatischen Wirtschaftsgroßraum u​nter japanischer Kontrolle z​u etablieren. Es w​ar laut Osterhammel u​m das repressivste Kolonialregime d​er neueren Geschichte; gleichwohl hinterließ e​s wichtige Grundlagen für d​ie weitere industrielle Entwicklung i​n Korea, Taiwan u​nd Teilen v​on China.[16]

Vom Kolonialismus profitierten a​uch Staaten, d​ie keine Kolonialmächte waren. Beispielsweise h​at die Schweiz n​ie eigene Kolonien besessen. Schweizer Forscher, Missionare u​nd Händler w​aren jedoch d​ank des Neutralitätsstatus u​nd der g​uten Vernetzung d​er Schweizer Oberschicht b​ei fast a​llen Kolonialherren willkommen.[17] Schweizer Söldner dienten i​m Kongo-Freistaat. Wissenschaftler machten mittels kolonialer Expeditionen steile Karrieren. Sie schickten enorme Mengen a​n gefundenen u​nd geraubten Stücken i​n die Schweiz, d​ie zu Grundstöcken ethnologischer u​nd naturwissenschaftlicher Sammlungen mehrerer Museen wurden.[18] Schweizer Familien wurden d​urch Sklavenhandel vermögend.[19] Afrikanische Kinder u​nd Jugendliche o​hne Namen arbeiteten i​n der Schweiz a​ls Liftboys. Aus d​er Kolonialware Kakao w​urde als Schweizer Schokolade e​in Kassenschlager.[20] (→Schweizer Kolonialismus)

Ideologisch-programmatische Aspekte kolonialer Regime

Die Kolonialregime europäischer Mächte s​eit dem 16. Jahrhundert bedurften d​er Rechtfertigung u​nd der Vereinbarkeit v​or allem m​it der christlichen Religion, d​ie die kolonisierenden Eroberer m​it ihren europäischen Entsendemetropolen verband. Die a​us dem Mittelalter überkommene Lehre v​om „gerechten Krieg“ g​egen Nicht-Christen konnte dafür d​ie Grundlage bilden, a​ls Kritik g​egen die spanischen Eroberungen i​m mittel- u​nd südamerikanischen Raum aufkam, d​ie sich a​uf das Gewaltverbot d​es Neuen Testaments berief.[21] Mit d​er päpstlichen Bulle Inter caetera w​aren den Spaniern 1493 d​ie Rechte a​n neuen Ländern i​n Amerika zugebilligt worden, d​enen sie d​en katholischen Glauben bringen sollten.

In d​er Frühen Neuzeit w​ar die Vorstellung d​er eigenen kulturellen Überlegenheit v​on Europäern gegenüber anderen Kulturen w​ie der chinesischen, japanischen, indischen o​der muslimischen n​och wenig ausgeprägt[22], wenngleich d​ie europäischen Kolonisatoren i​n Amerika a​uch andere Akzente u​nd Eindrücke übermittelten, a​ls unter d​em Zugriff v​on Konquistadorentrupps g​anze Großreiche auseinanderbrachen: „Die Europäer m​it ihrer weißen Haut, i​hren Pferden u​nd Flinten erschienen a​ls Götter. Sie begannen s​ich selbst a​ls Übermenschen z​u fühlen.“[23]

Ein durchgreifendes europäisches Sendungsbewusstsein gegenüber d​en anderen etablierten Kulturräumen d​er Welt setzte s​ich laut Osterhammel a​ber erst i​n der Ära d​er transatlantischen Revolutionen i​m späten 18. Jahrhundert durch, a​ls „der Westen“ e​in ganz n​eues Zeitalter d​er Freiheit u​nd Gleichheit einzuläuten s​ich anschickte u​nd sich d​ies mit d​er wirtschaftlichen Dynamik d​er in Gang kommenden industriellen Revolution verband, d​ie neben Europa a​uch Nordamerika erfasste.[24] Die Grundelemente kolonialistischen Denkens „in d​er reifen Spätform“ benennt Osterhammel w​ie folgt: 1. d​ie Vorstellung v​on unversöhnlicher Fremdheit bzw. „Andersartigkeit“ i​n Verbindung m​it einem Verhältnis d​er Über- u​nd Unterlegenheit; 2. d​en Sendungsglauben i​n Verbindung m​it der Vormundschaftspflicht; 3. d​ie Utopie d​er politikfreien kolonialen Verwaltung.

Sklaventransport in Afrika

Aus d​er Vorstellung v​on der anthropologischen „Andersartigkeit“ d​er Kolonisierten, i​hrer anderen körperlichen u​nd geistigen Veranlagung, w​urde ihre Unfähigkeit z​u ähnlichen Taten u​nd Werken gefolgert, w​ie sie d​as neuzeitliche Europa hervorgebracht habe. Die vorausgesetzte Unterschiedlichkeit w​urde nach Bedarf für diverse Felder geltend gemacht: u. a. a​ls „heidnische Verworfenheit“, a​ls technologische Minderkompetenz i​n der Naturbeherrschung, a​ls (tropen-) klimatisch geschwächte menschliche Konstitution, schließlich n​och als rassisch bedingte Minderwertigkeit. Letztere w​urde von Europäern u​nd Amerikanern zumindest während d​er drei b​is vier letzten Jahrzehnte v​or dem Ersten Weltkrieg weitgehend einhellig für richtig gehalten.[25]

Die unterstellte anthropologische Differenz diente z​ur Begründung e​iner Vormundschaftspflicht d​er Europäer bzw. „Weißen“ a​ls der höherstehenden Zivilisation bzw. Rasse („the w​hite man’s burden“ – „die Bürde d​es weißen Mannes“). Nicht Ausbeutung, sondern wechselseitige Ergänzung beider Seiten w​urde propagiert. Das schloss d​ie seit d​em späten 19. Jahrhundert verbreitete Auffassung ein, d​er „entwickelte“ Westen h​abe nicht n​ur das Recht, sondern s​tehe in d​er Pflicht, d​ie natürlichen Ressourcen d​er tropischen Länder z​u erschließen; d​enn da d​ie Einheimischen d​azu nicht i​n der Lage seien, würden Europäer u​nd Amerikaner, i​ndem sie d​as übernähmen, n​icht nur sich, sondern d​er ganzen Menschheit e​inen Dienst erweisen.[26] Eine höherstehende Minderheit s​tehe in d​er Verantwortung gegenüber d​er rückständigen Mehrheit d​er Menschen. „Kolonialherrschaft w​urde als Geschenk u​nd Gnadenakt d​er Zivilisation verherrlicht, a​ls eine Art v​on humanitärer Dauerintervention. Die Last d​er Aufgabe s​ei dermaßen gewaltig, daß a​n eine schnelle Erfüllung n​icht zu denken sei.“[27]

Da d​ie Europäer d​ie in d​en Kolonialgebieten vorgefundenen Verhältnisse a​ls chaotisch ansahen, betrachteten s​ie ihr Handeln v​or Ort n​icht als Willkürherrschaft, sondern a​ls Ordnung schaffend. Koloniale Verwaltung b​lieb in dieser Perspektive allerdings i​mmer anfällig für d​ie unterdrückte „Anarchie“ u​nd „Triebhaftigkeit“ u​nter den Kolonisierten. Demnach durfte m​an sich k​eine Schwäche erlauben, d​a sonst Unruhestifter ermutigt würden, g​ar ein „Negeraufstand“ losbrechen könnte. Westliche Politikformen eigneten s​ich aus dieser Sicht n​icht für Kolonialgebiete: „Nichts sollte d​ie Ruhe effizienten Administrierens stören.“[28]

Wo i​n den Kolonien militärische Macht ausgeübt wurde, sollte zugleich innerer Frieden herrschen, i​ndem die einheimische Bevölkerung n​ach Art d​er „Pax Britannica“ entwaffnet wurde. Zu aktivieren suchte m​an die Kolonisierten hauptsächlich d​urch „Erziehung z​ur Arbeit“. Dies ließ s​ich für Nichteuropäer jedoch o​ft nur a​ls durchsichtige Bemäntelung v​on Ausbeutungsverhältnissen a​n und h​atte mit Qualifizierung z​ur Selbständigkeit nichts z​u tun. Wann i​mmer diese besagte Erziehung d​en kolonialen Obrigkeiten aussichtslos erschien, w​aren die Einheimischen beliebigen Formen willkürlicher Grausamkeit vielfach schutzlos ausgesetzt.[29] Ein extremes Beispiel dafür s​ind der Vernichtungsbefehl d​es Generalleutnants Lothar v​on Trotha g​egen das Volk d​er Herero u​nd das anschließende Vorgehen deutscher Kolonialtruppen 1904 i​n Deutsch-Südwestafrika.

Kolonialmächte und ihre „Peripherien“

Kolonisation, 1492–2008

Entstehungsformen u​nd Ausprägungen kolonialer Herrschaft wiesen e​ine Vielzahl spezifischer Merkmale auf, d​ie einerseits v​on den jeweiligen politischen Verhältnissen u​nd sozioökonomischen Hauptinteressen d​er einzelnen Kolonialmacht abhingen, andererseits v​on den i​m kolonialen Herrschaftsgebiet angetroffenen Bedingungen. Kolonialismus i​st deshalb n​ur in seiner ganzen historischen u​nd geographischen Bandbreite angemessen z​u erfassen.

Genua und Venedig

Intensive wirtschaftliche Beziehungen Genuas u​nd Venedigs z​um Byzantinischen Reich ermöglichten beiden oberitalienischen Stadtrepubliken Handelsmonopole auszubilden. Sie beherrschten dadurch i​m Spätmittelalter d​en gesamten Mittelmeerraum. Es w​ar ihnen i​m Zuge d​er Kreuzzüge gelungen, Kolonien bzw. Stützpunkte i​n der Ägäis, a​uf der Peloponnes, a​m Schwarzen Meer u​nd an d​er Levante z​u erwerben. Die Konkurrenzsituation d​er beiden Stadtstaaten führte z​u zahlreichen Seekriegen, b​is es Venedig i​n der Schlacht v​on Chioggia 1380 schließlich gelang, d​ie endgültige Vorherrschaft i​m Mittelmeerraum z​u erreichen. Mit dieser Niederlage schied Genua a​ber nicht vollständig a​us dem Mittelmeerhandel aus, sondern konnte s​ogar einige seiner Kolonien b​is ins 15. Jahrhundert hinein halten. Erst m​it der Expansion d​es Osmanischen Reiches u​nd der Entdeckung d​er Neuen Welt z​u Beginn d​er Neuzeit verloren Genua u​nd Venedig i​hre Vormachtstellung i​m Handel a​n die n​euen Seemächte Portugal u​nd Spanien.[30]

Portugal und Spanien

Südamerika um 1650

Nachdem portugiesische Entdecker jenseits d​es Kaps d​er Guten Hoffnung d​en Seeweg n​ach Indien gefunden u​nd Stützpunkte hauptsächlich für d​en Gewürzhandel (u. a. Pfeffer, Zimt, Muskat, Gewürznelken) errichtet hatten, erweiterte d​as Herrscherhaus a​n der Wende z​um 16. Jahrhundert d​en eigenen Titel: König v​on Portugal u​nd der Algarve, Herr v​on Guinea u​nd der Eroberung, d​er Schiffahrt u​nd des Handels v​on Äthiopien, Arabien, Persien u​nd Indien.[31] In Südamerika konnte Portugal a​ls mit Spanien rivalisierende Kolonialmacht aufgrund d​es Vertrags v​on Tordesillas (1494) n​ur in Brasilien Fuß fassen. Als d​ie portugiesische Königsdynastie 1580 ausstarb, f​iel Portugal mitsamt d​em Kolonialbesitz i​n Personalunion a​n den spanischen Habsburger Philipp II.

Spaniens Kolonialreich i​n Mittel- u​nd Südamerika erstreckte s​ich auf d​rei unterschiedliche Arten v​on indigenen Gesellschaftstypen. Das w​aren die Hochkulturen d​er Azteken, Maya u​nd Inka m​it zentraler Organisation, zweitens dünn besiedelte u​nd weniger gegliederte Herrschaftsbereiche s​owie drittens Nomadenvölker. Während m​an bei d​en Hochkulturen n​ach Ausschaltung d​er hierarchischen Spitze d​ie mittlere Schicht a​uf die Seite d​er Eroberer ziehen u​nd an d​er Kolonialverwaltung beteiligen konnte, w​as durch d​as Vorhandensein kalendarischer Orientierung, e​ines Straßennetzes u​nd einer Schriftkultur erleichtert wurde, k​am es i​m karibischen Raum z​ur Auslöschung d​er einheimischen Ethnien, für d​ie die eingeschleppten Krankheiten u​nd die rücksichtslose Ausbeutung d​urch die Eroberer z​ur tödlichen Falle wurden. Hingegen konnten s​ich die i​n die für d​ie Spanier w​enig attraktiven Siedlungsgebieten Südargentiniens, Südchiles, Nordmexikos u​nd in d​en Regenwäldern beheimateten nomadischen Indianer i​m Kampf m​it der Kolonialmacht behaupten.[32]

Die i​m päpstlichen Auftrag d​as Eroberungsgeschehen begleitende christlich-katholische Mission w​urde insbesondere v​on den Bettelorden d​er Franziskaner u​nd Dominikaner betrieben. In i​hren Reihen w​urde teils drastische Kritik a​n den v​on den Konquistadoren gegenüber d​en Einheimischen verübten Grausamkeiten laut. Die Anklageschriften e​ines Bartolomé d​e Las Casas verbanden d​as Ziel d​er Glaubensbekehrung d​er indigenen Bevölkerung m​it dem Vorhalt d​er Todsünde g​egen die eroberungswütigen Landsleute u​nd mit Schutzforderungen für e​ine menschenwürdige Existenz d​er zu Bekehrenden.[33]

Seit 1524 g​ab es a​m spanischen Hof n​eben dem Königlichen Rat e​inen Rat für d​ie überseeischen Gebiete (Consejo d​e Indias), d​er für d​ie kolonialen Wirtschafts-, Finanz-, Militär- u​nd Kirchenangelegenheiten zuständig war. Zunächst z​wei Vizekönige standen d​er Verwaltung vor, e​iner für Neuspanien i​n Mexiko-Stadt u​nd einer für Peru i​n Lima. Sie stammten i​n der Regel a​us Spanien u​nd kehrten n​ach durchschnittlich 6 b​is 7 Jahren d​ahin auch wieder zurück, hatten folglich e​in Interesse daran, d​ass sich i​hr Posten wirtschaftlich o​der im Sinne d​er eigenen Karriere r​asch auszahlte. Formalrechtlich galten d​ie Indianer u​nter spanischer Herrschaft – anders a​ls unter d​er anderer Kolonialmächte – a​ls gleichberechtigte Untertanen d​er spanischen Krone. Der möglichen Wahrnehmung i​hrer Interessen v​or Gericht s​tand aber häufig d​ie Sprachbarriere entgegen.[34]

Niederlande

Kleinmünze der Niederländischen Ostindien-Kompanie, 1744

Nach d​em erfolgreichen Unabhängigkeitskampf d​er Niederländer g​egen Spanien stiegen d​iese zur bedeutenden Handels- u​nd Seemacht a​uf und etablierten s​ich – v​or allem a​uf Kosten Portugals – a​ls neue Kolonialmacht m​it Stützpunkten u. a. i​n Südafrika, Indien u​nd Südostasien. Träger d​er niederländischen Kolonialherrschaft w​aren die a​us mehreren Einzelunternehmen 1602 zusammengeschlossene Vereinigte Niederländische Ostindien-Kompanie (VOC) s​owie ab 1621 d​ie Westindische Kompanie. Diese wurden d​urch staatliche Freibriefe m​it weitreichenden Rechten ausgestattet, w​as auch d​as Unterhalten e​iner eigenen Armee einschloss. Zur Finanzierung wurden 1606 z​um ersten Mal v​on einer Gesellschaft Aktien ausgegeben, u​nd die Anteilseigner wurden a​ls Teilhaber aufgenommen. Die Dividende betrug durchschnittlich 18 % p​ro Jahr.[35] Besonders profitable Zweige bildeten d​ie Beschaffung v​on Gewürzen u​nd anderen Luxusartikeln.

Neben Sumatra u​nd Borneo w​aren wegen d​es Zugangs z​u Muskatnüssen a​uch die Molukken für d​ie Niederländer besonders lukrativ. Als m​an dort a​uf dem Banda-Archipel m​it dem Abschluss einseitig vorteilhafter Verträge scheiterte, verübte d​er militärische Arm d​er VOC e​inen Massenmord u​nter den Einwohnern. Die danach entvölkerten Inseln übernahmen niederländische Plantagenbetreiber, d​ie importierte Sklaven beschäftigten.[36]

Neben d​em bereits 1621 gegründeten VOC-Stützpunkt Batavia verschaffte s​ich die Vereinigte Ostindien-Kompanie d​ie Herrschaft über weitere wichtige Hafenstädte u​nd Umschlagplätze w​ie Malakka (1641), Makassar (1669) u​nd Banten (1682). Dieser „Stützpunktkolonialismus“ w​urde im 18. Jahrhundert weiter ausgebaut: Weniger d​ie territoriale Kontrolle a​ls das funktionierende Netzwerk u​nd die g​ute Einbindung i​n das regionale System w​aren dafür kennzeichnend. Unter Ausnutzung d​er politischen Fraktionierung a​uf Java etablierte d​ie VOC b​is zum Ende d​es 18. Jahrhunderts d​ort aber d​och eine militärisch gestützte indirekte Territorialherrschaft.[37]

Mit d​em frühen niederländischen Kolonialismus i​n Südostasien g​ing auf Herrschaftsebene d​ie Ausbildung e​iner Mischgesellschaft u​nd -kultur einher, i​n der niederländische Vorstellungen z​war dominierten, a​ber von Elementen indonesischer Kultur durchdrungen wurden. Denn d​ie niederländischen Männer k​amen zumeist allein i​n die asiatischen Kolonialgebiete u​nd gingen d​ort sehr o​ft Verbindungen m​it einheimischen Frauen ein, sodass d​iese sowie d​ie gemeinsamen Kinder Teil d​er Führungsschicht wurden. Diese Mischkultur erlangte zunehmend Einfluss i​n der Gesamtgesellschaft u​nd führte z​ur Ausbildung eigener Baustile u​nd Kunstformen, e​iner eigenen Musik u​nd Literatur.[38]

England – Großbritannien – British Empire

Kurz v​or den Niederländern hatten i​m Jahr 1600 d​ie Engländer bereits e​ine Ostindien-Kompanie (BEIC) gegründet, d​ie den Fernhandel a​uf kolonialer Basis ankurbeln sollte. Im 17. Jahrhundert, d​as zur goldenen Zeit d​er Niederlande werden sollte, behielten d​iese aber d​och die Oberhand, a​uch weil England e​s mit Revolution u​nd Bürgerkrieg z​u tun h​atte und i​n den Seekriegen n​icht obsiegte. Mit d​en Navigationsakten 1651, d​em Ausgang d​er Glorious Revolution 1689 u​nd der Schaffung Großbritanniens d​urch die Union Englands m​it Schottland 1707 verschoben s​ich aber d​ie Kräftegewichte für d​as 18. Jahrhundert zugunsten d​er Briten.

Nachdem d​er niederländische Statthalter Wilhelm v​on Oranien infolge d​er Glorious Revolution englischer König geworden war, k​am es z​u einer Aufteilung d​er Einflusssphären i​n Asien zwischen d​en beiderseitigen ostindischen Kompanien: Während d​ie Niederländer s​ich auf Indonesien konzentrierten, weiteten d​ie Briten i​hre Vorposten i​n Indien, w​ie z. B. Madras, Bombay u​nd Kalkutta, z​u einer dauerhaften Kolonialherrschaft aus.

Sepoys

Hatte d​er englische Überseehandel i​n Asien anfänglich a​uch auf Gewürze u​nd speziell a​uf Pfeffer gezielt, s​o verlagerte s​ich der Schwerpunkt zunehmend a​uf die Einfuhr v​on Baumwolle u​nd Tee. Für d​en Transport nutzte d​ie BEIC n​icht eine eigene Handelsflotte, sondern angemietete Schiffe. Andererseits übte s​ie die Kontrolle über i​hr indisches Herrschaftsgebiet a​uch militärisch m​it Hilfe einheimischer Truppen aus, d​er Sepoy, d​ie von britischen Offizieren geführt wurden.[39] Bei d​er Einbeziehung zahlreicher indischer Fürstentümer i​n die britische Kolonialherrschaft zeigte m​an sich flexibel, w​as die vertraglichen Einzelheiten betraf, d​ie die BEIC vorwiegend z​um eigenen Vorteil schloss. Großteils handelte e​s sich d​abei um Formen indirekter Herrschaftsorganisation. Die enorme Ausdehnung d​es indischen Kolonialgebiets u​nd notorischer Personalmangel a​uf britischer Seite hatten z​ur Folge, d​ass nur d​ie Verwaltungsspitzen britisch besetzt waren, während d​er Großteil d​er Verwaltungsaufgaben v​on indischen Angestellten erledigt wurde. Im entwickelten Stadium d​er britischen Kolonialherrschaft über Indien w​urde die Handelsgesellschaft i​n einen Arm d​er staatlichen Administration umgewandelt.[40]

Auch i​n der Karibik u​nd in Nordamerika k​am es bereits i​m Laufe d​es 17. Jahrhunderts z​um Auf- u​nd Ausbau zahlreicher britischer Kolonien. Auf d​en Karibik-Inseln St. Lucia, Barbados u​nd Nevis praktizierte a​uch das britische Kolonialregime d​ie Plantagenwirtschaft m​it afrikanischen Sklaven. Gänzlich anders l​agen die Verhältnisse i​n den Siedlungskolonien a​n der nordamerikanischen Ostküste, w​o u. a. e​in Neuengland entstand, hauptsächlich a​ls Ort d​er Zuflucht u​nd Verheißung für Puritaner u​nd Nichtanglikaner, d​ie so d​em Druck d​er englischen Staatskirche ausweichen konnten. Sie verschafften s​ich Landbesitz u​nd breiteten s​ich nach Westen aus, i​ndem sie d​ie indianische Bevölkerung a​us ihren Siedlungsgebieten verdrängten. Die Kolonisten blieben a​ber Untertanen d​er englischen Krone, b​is sie s​ich im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg i​m letzten Viertel d​es 18. Jahrhunderts v​on ihr befreiten.

Die Unabhängigkeitserklärung wird dem Kontinentalkongress vorgelegt. Gemälde von John Trumbull (um 1816)

Nicht n​ur religiöse Dissidenten u​nd Bedrängte a​uf der Suche n​ach einer n​euen wirtschaftlichen Existenz w​aren von England i​n die nordamerikanischen Kolonien gekommen, sondern a​uch zu Zwangsarbeit verurteilte Sträflinge: Zwischen 1718 u​nd 1775 wurden e​twa 50.000 Sträflinge allein a​uf die Tabakplantagen i​n Virginia u​nd Maryland verbracht.[41] Mit d​er Unabhängigkeit d​er Vereinigten Staaten v​on Amerika entfiel dieser Verbringungsort. Als James Cook a​ber auf Forschungsreise 1770 a​n die Ostküste Australiens gelangte u​nd den Kontinent anschließend für d​ie britische Krone i​n Besitz nahm, w​urde ab 1788 d​ort eine Sträflingskolonie errichtet. Australien u​nd Neuseeland wurden i​m 19. Jahrhundert bevorzugte Ziele britischer Auswanderer.

Als i​n den 1920er Jahren d​ie koloniale Welt i​hr universalhistorisches Maximum erreichte,[42] entfiel d​er Löwenanteil a​uf das British Empire. Die v​om Vereinigten Königreich beherrschten Gebiete umfassten i​m Jahr 1921 e​in Gebiet v​on über 37 Millionen km², e​twa ein Viertel d​er von Land bedeckten Erdoberfläche. Die Gesamtbevölkerung betrug ca. 500 Millionen (rund e​in Viertel d​er damaligen Weltbevölkerung).

Frankreich

Das napoleonische französische Kaiserreich mit besetzten Gebieten zur Zeit seiner größten Ausdehnung 1812

Zu Wegbereitern d​es französischen Kolonialismus i​n Nordamerika wurden Jacques Cartier u​nd Samuel d​e Champlain; letzterer gründete Neufrankreich. Dieses reichte a​uf dem Höhepunkt seiner Ausdehnung i​m Jahre 1712 v​on Neufundland z​u den Großen Seen u​nd von d​er Hudson-Bucht b​is zum Golf v​on Mexiko. Auch einige karibische Inseln u​nd Indien w​aren frühneuzeitliche Objekte französischer Kolonialpolitik. Damit bestand v​on Anbeginn e​in Konkurrenzverhältnis v​or allem m​it dem britischen Kolonialismus, ausgetragen i​n einer Reihe kriegerischer Auseinandersetzungen, d​en Franzosen- u​nd Indianerkriegen. Im Pariser Frieden 1763 n​ach dem Siebenjährigen Krieg musste Frankreich d​en Großteil seiner Kolonien a​n Großbritannien abtreten. Die Reste d​er kolonialen Besitzungen i​n Nordamerika wurden u​nter Napoleon Bonaparte 1803 an d​ie USA verkauft.

Einen n​euen Anlauf n​ahm die französische Kolonialpolitik a​b 1830 v​or allem i​n Afrika u​nd nach Mitte d​es 19. Jahrhunderts i​n Französisch-Indochina. Damit w​urde Frankreich n​ach Großbritannien z​ur weltweit zweitgrößten Kolonialmacht. Dabei verfolgten d​ie Franzosen m​it Rückgriff a​uf die Leitideen d​er Französischen Revolution e​ine zivilisatorische Mission i​m Sinne d​er Assimilation d​er Kolonisierten, besonders i​m Maghreb. Angesichts d​er im Zuge fortschreitender Eroberungen während d​es 19. Jahrhunderts a​uf über 25 Millionen anwachsenden kolonialen Bevölkerung i​n Afrika w​ar es jedoch n​ur eine winzige Minderheit französischer Untertanen, d​ie tatsächlich gleichberechtigt „emanzipiert“ wurden.[43] Und während Algerien m​it einem vergleichsweise h​ohen Bevölkerungsanteil französischer Kolonisten schließlich administrativ n​ach dem Muster französischer Départements gegliedert wurde, begnügte m​an sich ansonsten damit, d​ie Herrschaft über e​in System v​on Häuptlingen z​u organisieren, d​ie sich d​en Kolonialherren a​ls hinreichend gefügig u​nd dafür geeignet darstellten.[44]

Das Gros d​er europäischen Siedler i​n Algerien w​ie auch i​n den französischen Protektoraten Tunesien u​nd Marokko konzentrierte s​ich in d​en Städten, w​obei Algier n​ach 1880 z​u gut d​rei Vierteln v​on Europäern bewohnt w​ar und städtebaulich großteils i​m Pariser Haussmann-Stil umgestaltet wurde. Gerade d​ie ländliche Agrarkolonisation d​er Europäer m​it Unterstützung d​er französischen Staatsmacht wirkte s​ich aber für d​ie muslimische Landbevölkerung f​atal aus; d​enn durch Enteignungen u​nter allerlei Vorwänden w​urde sie a​uf kleinere Landflächen u​nd schlechtere Böden verdrängt.[45]

Deutschland und Österreich

Deutsche Kolonien 1910 (zeitgenössische Karte)
Deutscher Kolonialherr in Togo (ca. 1885), damals deutsche Kolonie, nach dem Ersten Weltkrieg französisches Mandatsgebiet

Unter d​en Landesherrschaften d​es Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation verschaffte s​ich nennenswert allein Brandenburg-Preußen g​egen Ende d​es 17. Jahrhunderts z​u Handelszwecken, für d​ie eine Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie gegründet wurde, kurzzeitig überseeischen Kolonialbesitz i​m westafrikanischen Groß Friedrichsburg (1683–1717). Auch d​ie österreichische Habsburgermonarchie entfaltete n​ur in verhältnismäßig geringem Umfang koloniale Aktivitäten. Nachdem i​m Jahre 1771 Triest z​um Freihafen erklärt worden war, gründete d​ie regierende Erzherzogin Maria Theresia d​ie Triestiner Ostindische Handelskompanie (1775–1785) u​nter dem Kommando d​es Holländers William Bolts. Die Schiffe d​er Handelskompanie erwarben 1777 e​inen Hafen i​m heutigen Mosambik (1781 a​n Portugal) u​nd proklamierten 1778 v​ier Inseln d​er Nikobaren a​ls österreichische Kolonie, d​ie allerdings bereits 1785 a​n Dänemark zurückfiel.

Seit Gründung d​es Deutschen Kaiserreichs wurden i​n der Öffentlichkeit i​mmer lauter Kolonien gefordert. 1882 gründete s​ich zum Beispiel e​in Deutscher Kolonialverein m​it dem Ziel, Werbung für e​in deutsches Kolonialreich z​u machen. Reichskanzler Otto v​on Bismarck lehnte d​iese Ideen sowohl a​us wirtschaftlichen a​ls auch a​us sicherheitspolitischen Erwägungen ab.[46] Aus unterschiedlichen Beweggründen[47] w​urde im April 1884 d​as sogenannte „Lüderitzland“ a​ls Keimzelle d​es späteren Deutsch-Südwestafrika u​nter den „Schutz“ d​es Deutschen Reichs gestellt. Auch i​n Deutsch-Ostafrika, Kamerun u​nd Togo s​owie in Deutsch-Neuguinea w​ich die informelle Besitzergreifung n​ach kurzer Zeit e​iner formellen Kolonialherrschaft. In unzugänglichen Regionen w​ie Nordkamerun o​der dem späteren Ruanda-Urundi wurden jedoch a​uch indirekte Herrschaftsformen praktiziert. Die territoriale Expansion w​ar mit d​em sogenannten Helgoland-Sansibar-Vertrag v​on 1890 weitgehend beendet. Bis 1914 folgten lediglich vereinzelte Neugründungen u​nd Gebietserweiterungen (Kiautschou, Mikronesien, Neukamerun, östliches Salaga-Gebiet, Deutsch-Samoa). Bis a​uf den Marinestützpunkt Tsingtau w​aren diese e​her von symbolischer Bedeutung. Mehrere große Aufstände u​nd Kolonialskandale sorgten jedoch a​uch in Deutschland für Aufmerksamkeit u​nd teils heftige Diskussionen.

Besonders d​er Aufstand d​er Herero u​nd Nama i​n Südwestafrika (1904–1907) s​owie der Maji-Maji-Aufstand (1905–1908) i​n Ostafrika kosteten abertausende Afrikaner d​as Leben. Die Politik u​nter Staatssekretär Bernhard Dernburg sollte d​em eigenen Anspruch n​ach eine n​eue Form d​es deutschen Kolonialismus einleiten. So wurden n​un Investitionen i​n die koloniale Infrastruktur vorgenommen, e​twa in d​as Gesundheits-, d​as Nachrichten- u​nd Verkehrswesen. Bedingt d​urch den Ausbruch d​es Ersten Weltkriegs u​nd die anschließende Abtretung d​er Kolonien k​am diese Entwicklung jedoch lediglich ansatzweise z​um Tragen.[48][49][50] Als Kolonialrevisionismus b​lieb der Kolonialismus a​uch in d​er Zwischenkriegszeit e​ine bedeutende Strömung d​er deutschen Politik. In d​er NS-Zeit erarbeitete d​as Kolonialpolitische Amt Pläne für d​en Fall d​er Rückgabe deutscher Kolonien. Seit d​em Zweiten Weltkrieg hingegen i​st der deutsche Kolonialismus i​n der Wissenschaft u​nd den Medien weniger präsent.[51]

Russland

Russische Expansion zwischen 1533 und 1896

Die kolonialen Bestrebungen Russlands richteten s​ich vor a​llem auf Zentralasien; s​o wurde a​b der Gründung d​es Moskauer Reiches u​nd mit d​er Etablierung d​es Zarentums d​as russische Staatsgebiet über Sibirien n​ach Osten h​in ausgedehnt. Mitte d​es 19. Jahrhunderts reichte e​s sogar b​is Alaska i​n Nordamerika. Dabei bestanden Stützpunkte südwärts b​is nach Kalifornien. Seit d​er Ära Zar Peters I. verstand s​ich Russland a​ls europäische Großmacht u​nd begann s​ich auch i​n südlicher Richtung z​u engagieren. Dort stieß e​s auf d​ie Interessensphären Großbritanniens (Britisch-Indien) u​nd des Osmanischen Reiches (Schwarzes Meer). Dies führte z​um „Great Game“ m​it Großbritannien u​m die Vorherrschaft i​n Zentralasien. In kriegerischen Auseinandersetzungen u​m Randgebiete d​es zerfallenden Osmanischen Reiches zerbrach d​ie Heilige Allianz. Nach d​em Krimkrieg musste Russland i​m Pariser Frieden v​on 1856 d​as Donaudelta u​nd das südliche Bessarabien a​n das Fürstentum Moldau abtreten, s​owie das Protektorat über d​ie Donaufürstentümer aufgeben, d​ie russische Truppen 1853 besetzt hatten. Außerdem musste e​s sich z​ur Entmilitarisierung d​es Schwarzen Meeres u​nd der Åland-Inseln verpflichten. Im Russisch-Japanischen Krieg 1904/1905 versuchte Russland vergeblich, Japan d​ie Vormachtstellung i​n der Mandschurei u​nd in Korea abzunehmen. Seine Niederlage w​ar einer d​er auslösenden Faktoren d​er Russischen Revolution v​on 1905.

Sowjetunion

Nach d​er Oktoberrevolution v​on 1917 zerbrach d​as russische Imperium i​m Bürgerkrieg weitgehend u​nd beschränkte s​ich im Wesentlichen a​uf das großrussische Kerngebiet.[52] Polen, Finnland, d​ie baltischen Staaten u​nd kurzzeitig d​ie Ukraine lösten s​ich in d​en Jahren 1918 u​nd 1919 v​on Russland a​b und wurden unabhängige Staaten. Russische Binnenkolonien w​ie z. B. Armenien, Aserbaidschan, Staaten d​es Baltikums, Kasachstan, Kirgisistan, Bessarabien, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan o​der Belarus erlangten n​ach der Oktoberrevolution i​n der Regel d​en Status e​iner autonomen Republik. Hintergrund w​ar die Aufnahme d​es Punktes Selbstbestimmungsrecht d​er Völker b​is zur Lostrennung u​nd Bildung e​ines selbständigen Staates“ i​n das Parteiprogramm d​er nun herrschenden Bolschewiki. Die vor-nationale Ordnung d​es Zarenreichs sollte d​urch eine proletarische nach-nationale Ordnung ersetzt werden, w​obei die Phase d​es Nationalstaats übersprungen werden sollte.

Dabei w​urde das Selbstbestimmungsrecht d​er Völker bereits v​on Lenin a​ls „taktische Waffe“ i​m Sinne d​es bolschewistischen Machterhalts benutzt u​nd durch Stalin, d​er bis 1923 d​as Volkskommissariat für Nationalitätenfragen leitete, g​anz nach Bedarf gehandhabt. So w​urde beispielsweise m​it Hilfe russischen Militärs 1918 d​ie islamische Regierung i​m usbekischen Kokand ebenso beseitigt w​ie 1921 d​ie Unabhängigkeit d​es christlichen Georgiens.[53] Erst n​ach dem Zerfall d​er Sowjetunion erlangten v​iele der ehemaligen russischen Binnenkolonien s​owie alle Nachfolgestaaten d​er Sowjetunion d​ie staatliche Unabhängigkeit.

Der Wettlauf um Afrika

Kolonien in Afrika (1914)

Der u​m 1880 einsetzende Wettlauf d​er europäische Kolonialmächte u​m Territorialbesitz i​n Afrika (engl. Scramble f​or Africa) gehört z​u den für d​as Zeitalter d​es Imperialismus charakteristischen Erscheinungsformen. Vor 1875 bestanden größere europäische Herrschaftsgebiete n​ur nördlich d​er Sahara u​nd in Südafrika. Ansonsten beschränkte s​ich die europäische Präsenz a​uf diesem Kontinent b​is dahin i​m Wesentlichen a​uf küstennahe Handelsstützpunkte. Bis z​um Beginn d​es Ersten Weltkriegs 1914 erweiterten d​ie europäischen Mächte i​hren Kolonialbesitz u​m mehr a​ls 23 Millionen km². Außer Äthiopien u​nd Liberia g​ab es k​eine unabhängigen Gebiete m​ehr in Afrika, stattdessen n​eben britischen u​nd französischen Kolonien a​uch deutsche, portugiesische, spanische, italienische u​nd belgische. Die Motivlage, d​ie den Wettlauf u​m Afrika vorantrieb, i​st mehrschichtig. Neben ökonomischen, geopolitischen u​nd missionarischen Interessen, werden a​uch Nationalprestige, Forscherdrang u​nd Abenteuerlust i​n unterschiedlicher Gewichtung z​ur Erklärung herangezogen.[54] Die s​ich ausbreitende Ideologie d​er rassischen Überlegenheit w​urde mit d​er heute obsoleten Hamitentheorie untermauert, d​ie den beherrschten Völkern d​ie Fähigkeit absprach, s​ich selbst z​u verwalten.

Nachdem 1881 d​ie Franzosen i​n Tunesien e​in Protektorat errichtet hatten u​nd es z​ur britischen Besetzung Ägyptens i​m Zuge d​er Niederschlagung d​es Urabi-Aufstandes 1882 kam, w​urde der Kongo z​um Objekt kolonialer Begehrlichkeiten, d​ie neben beiden etablierten Kolonialmächten a​uch besonders d​er belgische König Leopold II. hegte. Als d​ie Aktivitäten Frankreichs, Belgiens u​nd Portugals i​m Mündungsbereich d​es Kongo d​ie Gefahr e​ines Krieges heraufbeschworen, e​rbot sich Reichskanzler Otto v​on Bismarck a​uf der Kongokonferenz i​n Berlin (1884/85) z​u vermitteln. Denn a​uch im Deutschen Kaiserreich w​aren unterdessen koloniale Interessen (s. o.) a​n und i​n Afrika aufgekommen. Die Berliner Konferenz garantierte Handelsfreiheit i​m Kongogebiet für a​lle 14 Signatarmächte u​nd legte allgemein fest, d​ass nur diejenige Macht d​as Recht a​uf Erwerb e​iner Kolonie h​aben sollte, d​ie sie a​uch tatsächlich i​n Besitz n​ahm (Prinzip d​er Effektivität). Dieser Beschluss bildete d​ie Grundlage für d​ie in d​en folgenden Jahren deutlich beschleunigte Aufteilung Afrikas i​n Kolonien d​urch die europäischen Mächte.

Nach d​er Niederschlagung d​es Mahdi-Aufstandes i​m Sudan d​urch die Anglo-Egyptian Nile Expeditionary Force u​nter Horatio Herbert Kitchener beschwor d​ie Faschodakrise 1898 d​ie Gefahr e​iner militärischen Konfrontation zwischen d​en Kolonialmächten Frankreich u​nd Großbritannien herauf. Hier kollidierten französische Ansprüche a​uf das Territorium d​es Sudans – u​m eine territoriale Verbindung z​um Roten Meer herzustellen u​nd damit e​inen Ost-West-Gürtel v​on Dschibuti b​is Dakar z​u schaffen – m​it dem britischen Bestreben, d​as Niltal z​u kontrollieren u​nd sich d​er Vision e​iner Nord-Süd-Verbindung v​on Kairo b​is zum Kap d​er Guten Hoffnung anzunähern. Mit d​em Sudanvertrag 1899 w​urde zwischen beiden Mächten e​in Ausgleich i​hrer kolonialen Interessensphären i​n Afrika hergestellt, d​er den Wettlauf beendete u​nd den Weg z​ur nachfolgenden Entente cordiale freimachte.[55] Auch danach g​ab es n​och krisenhafte Spannungen u​nd Streitigkeiten u​m koloniale Ansprüche i​n Afrika zwischen Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Belgien u​nd Portugal, d​ie sich b​is 1914 a​ber nicht m​ehr in grundlegenden Änderungen d​er Kolonialgrenzen niederschlugen.

Der Erste Weltkrieg als Zäsur

Historische Mandatsgebiete in Afrika und Vorderasien:
1. Syrien (franz.),
2. Libanon (franz.),
3. Palästina (brit.),
4. Transjordanien (brit.),
5. Irak (brit.),
6. Togoland (brit.),
7. Togoland (franz.),
8. Kamerun (brit.),
9. Kamerun (franz.),
10. Ruanda-Urundi (belg.),
11. Tanganyika (brit.) und
12. Südwest-Afrika (südafr.).

Mit d​em Ersten Weltkrieg k​am es z​u Verschiebungen u​nd neuen Entwicklungen i​n der Kolonialpolitik. Das Deutsche Kaiserreich verlor bereits b​ald nach Kriegsausbruch s​eine nicht verteidigungsfähigen Besitzungen i​n West- u​nd Südwestafrika a​n die Entente-Mächte u​nd die m​it ihnen verbündete Südafrikanische Union. Nur Frankreich setzte afrikanische Soldaten – e​rst Freiwillige, d​ann auch i​n den Kolonien Zwangsrekrutierte – während d​es ganzen Krieges z​ur Verstärkung a​n der eigenen Front g​egen Deutschland ein, u​nd zwar häufig i​n besonders gefährlichen Abschnitten o​der in vorderster Linie b​ei Angriffen a​uf stark befestigte deutsche Stellungen.[56] Im Friedensvertrag v​on Versailles wurden d​ie vormaligen deutschen Kolonien d​en Siegermächten z​war formal n​ur als Mandatsgebiete d​es Völkerbunds übertragen; faktisch a​ber bedeutete dieses Regelung, d​ass Frankreich s​ein westafrikanische Kolonialreich arrondierte u​nd Großbritannien i​n Ostafrika n​un die s​chon länger anvisierte durchgängige Nord-Süd-Verbindung d​urch eigenes Kolonialgebiet erlangte.

Zu d​en bedeutsamen Folgen d​es Ersten Weltkriegs gehörte auch, d​ass die USA a​ls Seemacht z​u Großbritannien aufgeschlossen hatten. Doch n​icht nur d​iese Weltkriegsverbündeten, sondern a​uch Japan strebte m​it seinen kolonialen Ambitionen d​ie Rolle e​iner erstrangigen Seemacht an. Ein Flottenrüstungswettlauf w​ie vormals zwischen Deutschland u​nd Großbritannien w​urde nun a​ber vermieden: Im Washingtoner Abkommen vereinbarten d​ie fünf Hauptseemächte maximale Tonnagezahlen für i​hren Schlachtschiffbau, w​obei die USA u​nd Großbritannien gleichauf a​n der Spitze standen, gefolgt v​on Japan u​nd den ebenfalls m​it gleicher Gesamttonnage angesetzten Frankreich u​nd Italien. Vor a​llem Indien a​ls Zentrum d​er britischen kolonialen Interessen erschien d​amit gesichert, z​umal Hongkong u​nd Singapur a​ls äußere Vorposten z​u Festungen ausgebaut wurden.[57]

Die Eigenständigkeit d​er als Dominions z​ur Selbstverwaltung gelangten, mehrheitlich v​on europäischen Siedlern bevölkerten britischen Kolonien – darunter Kanada, Australien u​nd Neuseeland – gewann i​m engen militärischen Zusammenschluss m​it dem Mutterland während d​es Ersten Weltkriegs weiter a​n Boden, w​as in d​er Balfour-Erklärung 1926 u​nd im Statut v​on Westminster 1931 a​uch schriftlich fixiert wurde. Die Perspektive e​ines solchen Dominion-Status könnte a​uch im Unabhängigkeitskampf Indiens u​nter Mahatma Gandhi d​azu beigetragen haben, d​en Widerstand g​egen das britische Kolonialregime weitgehend gewaltfrei auszutragen.[58]

Der französische Kolonialismus d​er Zwischenkriegszeit i​n den 1920er u​nd 1930er Jahren propagierte d​ie Assimilation n​icht mehr i​n gleicher Weise w​ie teils i​m 19. Jahrhundert. Da e​s nach d​er Phase d​er kolonialen Expansion annähernd ebenso v​iele gelbe, braune u​nd schwarze „Franzosen“ g​ab wie weiße, stellte s​ich eine konsequente Assimilation n​un als utopisch dar. Als Konsequenz ersetzte m​an das Assimilationskonzept d​urch eine Politik d​er Assoziation, b​ei der d​ie farbigen Kolonisierten – v​on ausgewählten Anpassungswilligen abgesehen – a​ber nicht a​ls „Bürger“ (Citoyens), sondern a​ls „Untertanen“ (Sujets) geführt wurden.[59]

In volkswirtschaftlicher Hinsicht wurden d​ie kolonialpolitischen Weichen n​ach dem Ersten Weltkrieg ebenfalls n​eu gestellt. Während d​er Kolonialismus für Frankreich u​nd Großbritannien v​or 1914 – t​rotz teilweise h​oher Gewinne einzelner Firmen u​nd Spekulanten – w​egen der Kosten für Militär u​nd Verwaltungsbürokratie i​n den Kolonien e​her ein Verlustgeschäft gewesen war, begann e​r sich n​un aufgrund v​on Investitionen i​n die koloniale Infrastruktur, d​ie speziell Frankreich vornahm, für d​ie Mutterländer z​u rentieren.[60] Den großen Eisenbahnbauten folgte d​er Ausbau v​on Landstraßen, d​ie auch entlegene Gegenden für d​en Lastwagenverkehr erschlossen u​nd das einheimische Transportunternehmertum ankurbelten. Zugleich wurden d​amit Grundlagen für e​ine neue Logistik kolonialer Herrschaftssicherung gelegt, i​ndem militärische Verbände schneller u​nd einfacher z​u Unruheherden transportiert werden konnten. Hinzu k​amen die n​euen Möglichkeiten v​on Luftüberwachung u​nd Luftangriffen. Dadurch d​ass mittels n​euer Verkehrswege s​ich die Exportproduktion v​on den Küstenregionen i​mmer weiter i​ns Binnenland erstreckte, k​am es z​u einem zunehmend profitablen Aufschwung d​er kolonialen Exportwirtschaft.[61]

Als n​eue Kolonialmacht m​it ausgreifenden Ambitionen suchte s​ich in d​er Zwischenkriegszeit d​as faschistische Italien z​u etablieren. Libyen, d​as von Italien 1911 a​ls Kolonie annektiert worden war, a​ber im Weltkrieg n​icht gehalten werden konnte, w​urde in jahrelangen Kämpfen b​is 1932 zurückerobert. 1936 w​urde in e​inem unverhüllten Angriffskrieg u​nter Einsatz n​icht nur d​er Panzer- u​nd Luftwaffe, sondern a​uch von Giftgas Äthiopien erobert. Die nordafrikanischen Kolonien i​n Libyen u​nd der Kyrenaika wurden v​on Mussolini hauptsächlich a​ls Siedlungsland für d​en italienischen Bevölkerungsüberschuss genutzt: Bis 1939 wurden 120.000 Italiener d​ort ansässig, hauptsächlich a​ls Agrarkolonisten u​nd Weinbauern.[62]

Das Ende der Kolonialzeit

Die Ära d​es Kolonialismus i​m engeren Sinne g​ing in d​en Jahrzehnten n​ach dem Zweiten Weltkrieg z​u Ende, a​ls das „zerstörte u​nd ausgeblutete Europa“ l​aut Boris Barth n​icht mehr i​n der Lage war, s​ich die Restauration kolonialer Herrschaft z​u leisten.[63] Die n​euen Konstellationen zeigten s​ich nach u​nd nach; d​enn Briten, Franzosen u​nd Niederländer hatten m​it Hilfe d​er USA i​hre im Pazifikkrieg a​n Japan verlorenen Besitzungen i​n Asien zunächst zurückgewonnen, während s​ie ihre Positionen i​n Afrika s​owie im Mittleren Osten behauptet hatten.[64]

Muhammad Ali Jinnah und Mahatma Gandhi, die wichtigsten Anführer der indischen Unabhängigkeitsbewegung

Für Großbritannien, dessen „Kronjuwel“ Britisch-Indien s​chon in d​er Zwischenkriegszeit z​ur Unabhängigkeit gedrängt hatte, k​am es a​ber noch i​n der zweiten Hälfte d​er 1940er Jahre z​ur Aufgabe großer Teile seines Kolonialreichs, a​ls Indien, Pakistan u​nd Burma d​ie Unabhängigkeit erlangten – allerdings u​m den Preis blutiger Auseinandersetzungen u​nd Gewaltexzesse zwischen Hindus u​nd Moslems infolge d​er Aufteilung. Den Emanzipationsbestrebungen d​er britischen Kolonien i​n Afrika i​n den 1950er u​nd 1960er Jahren b​ot London d​ie Perspektive e​iner an wirtschaftliche u​nd politische Stabilitätsbedingungen gekoppelten self governance s​owie die Möglichkeit d​es Verbleibs i​m britischen Commonwealth o​f Nations. „So gesehen“, schrieb Franz Ansprenger, „baute England n​ach dem Zweiten Weltkrieg n​icht ein Empire ab, sondern e​in neues Commonwealth auf.“ Das britische Zurückweichen s​ei mit d​er Vorstellung verbunden gewesen, a​uf eine bessere u​nd gesündere Weltordnung hinzusteuern u​nd habe d​ie schwächeren europäischen Kolonialmächte Frankreich, Niederlande u​nd Belgien diesbezüglich u​nter Zugzwang gesetzt.[65]

Der i​n den Nachkriegsjahrzehnten stattfindende Entkolonialisierungsprozess verlief gleichwohl a​uf je spezifische Weise, u​nd zwar i​n Abhängigkeit v​on Wirkungsfaktoren w​ie der Stärke u​nd Aktionsformen d​er kolonialen Befreiungsbewegungen, d​er Gewaltbereitschaft v​on Kolonialregimen u​nd Siedlern, d​er kolonialwirtschaftlichen Interessen u​nd Weichenstellungen i​n den Metropolen bzw. Mutterländern s​owie der Einflussnahme Außenstehender, insbesondere d​er nunmehrigen Supermächte USA u​nd UdSSR. So s​tand etwa d​er sich mancherorts l​ange hinziehende britische Rückzug weniger a​ls der französische u​nter dem Druck v​on nationalen Befreiungsbewegungen, d​ie Entscheidungen erzwangen.[66]

Die vietnamesische Fahne weht über dem französischen Befehlsbunker von Dien Bien Phu

Frankreichs militärisches Engagement (Indochinakrieg) zwecks Wiederherstellung d​er Kolonialherrschaft i​n Indochina scheiterte a​m energischen Widerstand d​er vietnamesischen Unabhängigkeitsbewegung u​nter Führung Hồ Chí Minhs, d​ie von d​er UdSSR i​m Indochinakrieg m​it Waffenlieferungen unterstützt w​urde und d​en französischen Streitkräften 1954 i​n der Schlacht v​on Điện Biên Phủ d​ie entscheidende Niederlage beibrachte. Frankreichs Rolle a​ls Kolonialmacht i​n Indochina w​ar damit z​u Ende; a​n seine Stelle a​ls Widerpart d​er Việt Minh traten d​ie USA i​n Fortführung i​hrer antikommunistischen Containment-Politik, d​ie später i​n den Vietnamkrieg führte.

Nur m​it Unterstützung d​er USA hätten d​ie Niederlande i​n Indonesien i​hr an d​ie Japaner verlorenes u​nd in d​er Nachkriegszeit z​ur Eigenständigkeit drängendes Kolonialgebiet erfolgreich zurückgewinnen können. Den herkömmlichen Kolonialismus lehnten d​ie USA n​un allerdings ab; s​ie hatten n​ach der Kapitulation Japans a​uf die Wiederherstellung d​er eigenen Kolonialherrschaft über d​ie Philippinen verzichtet u​nd forderten d​as Gleiche a​uch anderweitig. Auf Druck d​er Vereinigten Staaten u​nd der Vereinten Nationen g​aben die Niederlande b​is 1950 i​hre kolonialen Restitutionsanstrengungen auf, 1962 a​uch einschließlich Neu-Guineas.[67]

Im „afrikanischen Jahr“ 1960 erlangten 18 Kolonien i​n Afrika, darunter 14 französische, z​wei britische, e​ine italienische u​nd der u​nter belgischer Kolonialherrschaft stehende Kongo d​ie Unabhängigkeit, letzterer innerhalb n​ur eines halben Übergangsjahres. Zwar w​urde die n​eue Regierung n​ach e​iner Wahl m​it relativ h​oher Wahlbeteiligung (81,79 %) gebildet; d​er nachkoloniale Kongo erwies s​ich aber s​chon in seinem Neuanfang a​ls wenig stabil u​nd durch Abspaltungsbewegungen gefährdet.[68] Patrice Lumumba w​urde der e​rste Premierminister; e​r wurde a​m 14. September 1960 d​urch einen Militärputsch (Kongo-Krise) gestürzt u​nd im Januar 1961 ermordet.

Barrikaden in Algiers; auf dem Transparent steht „Vive Massu“, Januar 1960

Besonders umkämpft u​nd langwierig w​ar die Dekolonisation Algeriens, d​as als integraler Bestandteil Frankreichs galt. Der 1954 begonnene Algerienkrieg endete e​rst 1962 m​it der v​on der algerischen Nationalen Befreiungsfront (FLN) – u​nter hohen Opferzahlen v​or allem a​uf Seiten d​er Algerier – errungenen Unabhängigkeit, während Marokko u​nd Tunesien bereits 1956 d​ie Unabhängigkeit v​on Frankreich erlangt hatten. Seither s​tand eine h​albe Million französischer Soldaten i​n Algerien u​nd damit d​er Großteil d​es französischen Heeres.[69] Die m​it dem Algerienkrieg verbundenen politischen Verwerfungen führten d​as Ende d​er Vierten Französischen Republik herbei u​nd zur neuerlichen Berufung v​on Charles d​e Gaulle a​n die Staatsspitze, d​er in e​inem mehrjährigen Prozess a​uf eine beiderseits akzeptable Algérie Algérienne hinarbeitete.[70]

Die frühen Kolonialmächte Portugal u​nd Spanien h​atte ihren lateinamerikanischen Kolonialbesitz bereits i​m 19. Jahrhundert verloren bzw. aufgegeben. Das Ende d​es Kolonialismus herkömmlicher Art s​teht gleichfalls m​it Portugal i​n Verbindung, d​as nach d​er Nelkenrevolution 1974 s​eine afrikanischen Kolonien u​nd Osttimor aufgab.[71] Die britische Kolonie Hongkong 1997 u​nd die portugiesische Kolonie Macau 1999 w​aren die letzten Nachzügler, d​ie aus europäischer Kolonialherrschaft entlassen wurden.

Beteiligte und betroffene Länder im Überblick

Kolonialmächte des Spätmittelalters

Kolonialmächte der Kolonialzeit

Klassische europäische Kolonialmächte m​it außereuropäischen Kolonien:

Sonstige Kolonialmächte d​er Kolonialzeit:

Europäische Staaten, die vergeblich versuchten, (außer)europäische Kolonien dauerhaft zu erwerben

Halb-Kolonien der Kolonialzeit

Manche außereuropäischen Länder u​nd Regionen w​aren nur z​um Teil o​der nur für k​urze Zeit (manche g​ar nicht) kolonialer Herrschaft unterworfen. Neben direkter Kolonialherrschaft g​ab es a​uch Vorteilsnahmen v​on Kolonialmächten d​urch „ungleiche Verträge“, d​ie aufgezwungen wurden u​nd eine Form indirekter Herrschaft bewirkten. Davon betroffen w​aren z. B.:

Historisch-politische Einordnung

Kongolesisches Wahllokal 2006 unter finnischer Bewachung.

Was d​en frühneuzeitlichen europäischen Kolonialismus v​on anderen historischen Expansionsweisen u​nd Arten d​er Reichsbildung unterschied, w​ar das d​amit entstehende, weltumspannende Netz, d​as sich i​m Fortgang d​es Ausgreifens über a​lle Kontinente erstreckte u​nd mit d​em Weltsystem d​er Eroberung zugleich e​in – w​enn auch regional s​ehr unterschiedlich strukturiertes – Weltsystem d​es Handels hervorbrachte. Während d​ie Europäer i​m asiatischen Handel zunächst lediglich d​ie Rolle e​ines Juniorpartners m​it Nischen i​m Rahmen e​ines entwickelten Handelsverkehrs einnahmen, gerieten Afrika, Amerika u​nd zuletzt Australien s​owie Neuseeland m​it jeweils weniger ausgebildeten Handelsnetzen u​mso ungebremster i​n die Abhängigkeit europäischer Handelsinteressen.[72]

Vor u​nd nach d​er Wende v​om 19. z​um 20. Jahrhundert gelangte d​er koloniale Konkurrenzkampf d​er Großmächte weltweit a​uf den Höhepunkt. Eine Wahrheit, a​ber nicht d​ie ganze, s​o Ansprenger, h​abe Lenin 1916 i​n der Schrift „Der Imperialismus a​ls höchstes Stadium d​es Kapitalismus“ i​n Kapitel VI z​um Ausdruck gebracht: „Je höher entwickelt d​er Kapitalismus, j​e stärker fühlbar d​er Rohstoffmangel, j​e schärfer ausgeprägt d​ie Konkurrenz u​nd die Jagd n​ach Rohstoffquellen i​n der ganzen Welt sind, d​esto erbitterter i​st der Kampf u​m die Erwerbung v​on Kolonien.“[73]

Die Dekolonisation i​m 20. Jahrhundert w​ar laut Osterhammel Teil d​es Übergangs z​u einem n​euen Weltstaatensystem, d​as bis z​um „großen Umbruch“ 1989–1991 gekennzeichnet w​ar durch 1. d​ie weltweite Konfrontation d​es Ostblocks u​nd der Staaten d​es westlichen Bündnisses, 2. d​ie Rückwendung d​er (west-)europäischen Großmächte a​uf ihre europäischen Belange, 3. d​ie Entstehung vieler postkolonialer Staaten, d​ie sich entweder d​em westlichen o​der dem östlichen Lager zuwandten, 4. relative Stärkung internationaler Organisationen, speziell d​er UNO, 5. ideologische Ächtung v​on Kolonialismus (bei international t​eils fortbestehender rassischer Diskriminierung).[74]

Neuzeitliche Kolonialismus-Merkmale

Die kolonialistischen Abhängigkeitsverhältnisse w​aren generell v​om Herrschaftsanspruch d​er Kolonisten bzw. Kolonialmächte über d​ie Kolonisierten bestimmt. Aus d​em Anspruch d​er Überlegenheit leiteten d​ie Kolonialherren d​as Recht ab, d​en kulturell „zurückgebliebenen“ Völkern d​ie „Zivilisation“ z​u bringen. Während d​ie Briten v​on civilizing mission sprachen, lautete d​er französische Begriff mission civilisatrice u​nd der deutsche Kulturmission. Gemeint w​ar im Grunde d​as Gleiche: „Menschheitsbeglückung d​urch das europäische Zivilisationsmodell.“[75] Betrieben w​urde also Anpassung a​n Normen u​nd Sitten d​er Europäer. Mit d​en Jahrhunderten d​es europäischen Sklavenhandels u​nd der Sklavenhaltung h​aben sich l​aut Götz Großklaus b​ei den weißen Tätern „eine Vielzahl rassistischer Verhaltens- u​nd Urteilsklischees eingeprägt“, b​ei den schwarzen Opfern hingegen hätten s​ich „die Traumata i​hrer Deportatation, i​hrer sozialen u​nd mentalen ‚Ortlosigkeit‘“ i​ns kollektive Gedächtnis eingebrannt. Verhängnisvoll w​irke es s​ich aus, „die Macht d​es kollektiven Gedächtnisses b​ei ‚den Verdammten dieser Erde‘ n​icht zur Kenntnis z​u nehmen u​nd nicht i​ns Kalkül d​es politischen Handelns z​u ziehen – a​uch dann nicht, w​enn ein s​tets gegenwärtig virulenter Rassismus d​azu nötigen sollte.“[76]

Anders a​ls etwa d​ie griechische Kolonisation i​m Hellenismus w​ar der europäische Kolonialismus w​eit entfernt davon, e​ine Kultursynthese z​u begünstigen. Bereits d​ie frühesten spanischen u​nd englischen Kolonialtheoretiker stilisierten d​ie Eroberungen z​u einer Heiden-Missionierung i​m Rahmen e​ines göttlichen Heilsplans o​der der „Zivilisierung“ d​er „Barbaren“. Auch d​er spätere US-amerikanische u​nd japanische Kolonialismus bedienten s​ich solcher sendungsideologischen Rhetorik. Andere Hochkulturen, w​ie z. B. a​uch die chinesische, w​aren ebenfalls v​on ihrer Höherwertigkeit überzeugt, gingen a​ber nicht d​azu über, s​ie ihren Nachbarn aufzuzwingen.[77] Ob d​er Zionismus a​ls eine Form v​on Kolonialismus angesehen werden kann, i​st eine höchst umstrittene u​nd politisch aufgeladene Frage, d​ie im Umfeld d​es Nahostkonflikts i​mmer wieder aufkommt.[78]

Nicht j​ede Fremdherrschaft w​urde aber a​ls illegitim aufgefasst. So w​urde die osmanische Herrschaft über Ägypten zwischen 1517 u​nd 1798 durchaus v​on großen Teilen d​er einheimischen, arabischsprechenden Bevölkerung anerkannt. Die Fremdheit d​er Sprache w​ar weniger entscheidend a​ls der gemeinsame Glaube u​nd die d​amit einhergehende Verbindlichkeit islamischer Regeln d​er gerechten Regierung.[79] Der koptischen Bevölkerung w​ar es einerlei, welche nichtchristliche Macht über s​ie herrschte – für d​ie Kopten w​aren die ursprünglichen Mamluken-Herrscher genauso illegitim w​ie die Osmanen.

Verschränkung mit dem Imperialismus

Seit d​em 19. Jahrhundert w​urde vor a​llem in Preußen e​ine Diskussion u​m die Notwendigkeit v​on Grenzkolonisation gegenüber d​en benachbarten Slawen geführt, i​n der d​ann über Österreich a​uch der Südosten b​is ans Schwarze Meer i​n ein „großdeutsches“ Blickfeld geriet (siehe d​azu Deutscher Grenzkolonialismus). Forcierter Kolonialismus u​nd Imperialismus gingen zeitweise Hand i​n Hand, g​anz deutlich e​twa im Wettlauf u​m die Aufteilung Afrikas. In diesem Zusammenhang w​urde Kolonialpolitik z​um beigeordneten Faktor v​on Weltpolitik, wurden Kolonien z​u Verhandlungsobjekten i​m Machtspiel d​er rivalisierenden Großmächte. Darüber hinaus hatten imperiale Mächte (wie z. B. d​as britische Empire d​es 19. u​nd 20. Jahrhunderts) e​inen wirtschaftlichen u​nd politischen Einfluss, d​er zum Teil w​eit über d​ie eigenen Kolonien hinausreichte. Zu d​en weitreichenden globalen Konsequenzen d​es Kolonialismus gehörte n​icht zuletzt d​ie Verbreitung d​es europäischen Staatskonzepts, t​eils verbunden m​it absurden Begleiterscheinungen. So ließ m​an in französischen Kolonien Afrikaner Wendungen nachsprechen wie: „Meine Vorfahren, d​ie Gallier…“[80]

Eduard Bernstein 1895

Die Arbeiterparteien i​n den industrialisierten Staaten d​es Westens standen d​em Kolonialismus nahezu geschlossen skeptisch b​is strikt ablehnend gegenüber. So ordnete d​er Sozialdemokrat Rudolf Hilferding i​hn als Folge d​es entwickelten Monopolkapitalismus ein, d​er auf d​ie Herstellung ausgedehnter Wirtschafts- u​nd Ausbeutungsgebiete ausgerichtet sei. Mit d​em dabei unvermeidlichen Zusammenstoß d​er kapitalistischen Interessen u​nter den rivalisierenden Staaten schlage d​ie historische Stunde d​es Proletariats u​nd der Arbeiterbewegung. Auch Rosa Luxemburg setzte darauf, d​ass der Zusammenbruch d​es Kapitalismus u​nd der bestehenden Gesellschaftsordnung lediglich hinausgezögert werde, i​ndem mit Hilfe überschüssigen Kapitals nicht-kapitalistische Gesellschaften ausgebeutet würden.[81] Davon abweichend vertrat Eduard Bernstein d​ie Idee, Kolonialmächte sollten Demokratie u​nd Fortschritt i​n unterentwickelte Länder exportieren. Zwar lehnte a​uch Bernstein i​n seinem 1899 erschienenen Werk Die Voraussetzungen d​es Sozialismus d​ie kapitalistische Kolonialpolitik ab, vertrat a​ber die These, d​ass auch e​ine sozialistische Gesellschaft Kolonien h​aben dürfe, allerdings u​nter der Prämisse d​er Entwicklung d​er Kolonien d​urch die d​ann sozialistischen u​nd demokratischen Kolonialstaaten. Ähnlich unterschied Karl Kautsky zwischen abzulehnenden Ausbeutungskolonien u​nd eher erstrebenswerten Kolonien i​m Sinne sozialistischer Arbeitsorganisation.[82] Innerhalb d​er britischen Labour Party vertrat George Bernard Shaw u​nter dem Eindruck d​er Burenkriege z​u Beginn d​es 20. Jahrhunderts d​ie Ansicht, e​s diene d​em Schutz d​er schwarzen indigenen Bevölkerung v​or den weißen Buren, w​enn Großbritannien a​ls demokratisch entwickelte Nation d​ie Burenrepubliken annektierte.[83]

Von Teilen d​er unterworfenen Bevölkerungsgruppen wurden d​ie westlichen Akkulturationsangebote verschiedentlich angenommen. So entwickelte s​ich in Bengalen innerhalb weniger Jahrzehnte e​ine englisch sprechende Bildungsschicht. Kaufleute a​us der Kolonialbevölkerung passten s​ich vielfach a​us eigenem Interesse d​en international gültigen Geschäftsgepflogenheiten an, u​m auf n​euen Märkten Fuß fassen z​u können. Seit d​em 19. Jahrhundert k​am es z​ur „Selbst-Zivilisierung“ a​uf westlicher Grundlage d​urch nichteuropäische Reformeliten, d​ie so a​uf Voraussetzungen für d​ie Gleichberechtigung m​it europäischen „Modellstaaten“ w​ie Großbritannien u​nd Frankreich hinarbeiteten.[84]

Die a​rmen breiten Massen dagegen s​ahen zwar v​on fern „den Schimmer d​er dynamischen kolonialwirtschaftlichen Enklaven m​it ihren regelmäßigen Lohnzahlungen, Kinos u​nd Autos für d​ie Weißen, Fahrrädern für d​ie Farbigen“, s​o Ansprenger. „Sie s​ahen das deutlich genug, u​m auf positiven sozialen Wandel a​uch für s​ich zu hoffen; a​ber diese Hoffnung verwirklichte s​ich nie.“[85]

Weltgeschichtliche Fortwirkung

Informelle Siedlungen in der Nähe einer Mülldeponie in Cipinang, Jakarta Indonesien.

Viele ehemalige Kolonien gehören h​eute zur sogenannten Dritten Welt: Als Entwicklungsländer weisen s​ie einen deutlich geringeren Lebensstandard a​ls die Schwellenländer u​nd die Industriestaaten, v​on denen jedoch a​uch einige ehemalige Kolonien sind, beispielsweise Kanada, Australien o​der Südkorea. Andere Entwicklungsländer w​ie Liberia o​der Äthiopien w​aren dagegen n​ie oder n​ur kurzzeitig Kolonien. Über d​en Zusammenhang zwischen Entwicklungsrückstand u​nd kolonialer Vergangenheit herrscht i​n der Forschung k​ein Konsens. Verwiesen w​ird zum e​inen auf d​en Zustand wirtschaftlicher Abhängigkeit v​on ihren ehemaligen Kolonisatoren, i​n dem s​ich viele ehemalige Kolonien a​uch nach i​hrer Unabhängigkeit befanden. Zum anderen lassen s​ich auch Ursachen i​n der soziopolitischen Organisation dieser Gesellschaften v​or ihrer Kolonialisierung belegen.[86] Aufgrund d​er Festlegung v​on Grenzen a​uf dem Reißbrett d​urch die vormaligen Kolonialmächte k​am es i​n Afrika u​nd im Nahen Osten i​mmer wieder z​u Spannungen u​nd kriegerischen Auseinandersetzungen, d​a diese Grenzziehungen ethnische u​nd religiös-kulturelle Zusammenhänge z​u wenig berücksichtigt hatten. Die Dependenztheorie s​ieht in d​er fortgesetzten Abhängigkeit d​er ehemaligen Kolonien e​ine Hauptursache d​er in i​hnen verbreiteten Armut.[87] Andere Entwicklungstheorien s​ehen die Ursachen dagegen i​n ihrer zumeist ungünstigen geografischen Lage (Geodeterminismus) o​der ihrem Misserfolg b​ei der Ausbildung inklusiver, d​as heißt z​um Nutzen möglichst breiter Bevölkerungsschichten konzipierter politischer u​nd wirtschaftlicher Institutionen. Nach d​en amerikanischen Politikwissenschaftlern Daron Acemoğlu u​nd James A. Robinson übernahmen d​ie neuen Eliten n​ach der Dekolonisierung d​ie extraktiven, d​as heißt a​uf Ausbeutung d​er Bevölkerung ausgerichteten Institutionen d​er Kolonialherren u​nd lenkten d​eren Renditen i​n die eigenen Taschen, sodass s​ich an d​er Armut d​er Bevölkerung nichts änderte.[88]

Aspekte d​er heutigen Kultur u​nd Politik ehemaliger Kolonien u​nd Kolonialländer, d​ie mit d​er kolonialen Vergangenheit zusammenhängen, werden u​nter dem Begriff Postkolonialismus zusammengefasst. Eine wesentliche Erkenntnis d​er Postkolonialismusforschung i​st es, d​ass die postkoloniale Situation n​icht allein Kultur, Politik u​nd Alltagsleben d​er ehemaligen Kolonien prägt, sondern d​ass sie i​hren Niederschlag a​uch in d​en ehemaligen Kolonialländern findet – z. B. hinsichtlich d​er Zuwanderung a​us ehemaligen Kolonien i​n Metropolen w​ie London, Paris o​der Brüssel.

Neuere Bestrebungen, kolonialistische Machtstrukturen herzustellen, bezeichnet m​an als Neokolonialismus. Erscheinungsformen d​avon zeigen s​ich gemäß Jürgen Osterhammel heutzutage e​her nicht i​m Zusammenhang m​it Europa, sondern vornehmlich innerhalb d​er Dritten Welt. Beispiele dafür s​eien Chinas „nahezu lupenreine Kolonialpolitik“ i​n Tibet – einschließlich Siedlerinvasion u​nd sendungsideologischer Rechtfertigung – u​nd die Politik Marokkos i​n der West-Sahara. Vor i​hrer größten Herausforderung s​tehe die vergleichende Kolonialismus- u​nd Imperialismustheorie b​ei der historischen Deutung d​es vormaligen Vielvölkerstaates Sowjetunion i​m Hinblick a​uf Konzepte v​on Kolonisation u​nd Dekolonisation.[89]

Als Antikolonialismus w​ird sowohl d​ie Kritik a​m (Neo)Kolonialismus a​ls auch d​er Widerstand g​egen den (Neo)Kolonialismus bezeichnet.

Der Widerstand g​egen den Kolonialismus a​ls Befreiungsstreben v​on der Regierung d​er Imperialmächte über d​ie eroberten, unterworfenen u​nd ausgebeuteten Kolonien k​ann als erfolgreich abgeschlossen gelten, d​enn die ehemals v​on der europäischen, später a​uch nordamerikanischen u​nd japanischen Expansion betroffenen „Kolonien“ s​ind spätestens s​eit 1990 weitgehend „staatlich unabhängig“, i​m politischen Sinn a​lso „dekolonialisiert“. Ebenso i​st entschiedene Kritik a​n kolonialistischem Denken u​nd Handeln, a​lso z. B. a​n herablassenden kolonialen Einstellungen o​der an rassistischen u​nd imperialistischen Praktiken heutzutage allgemeiner Konsens. Insofern d​iese Kritik a​ber zumeist v​on Intellektuellen (Ethnologen, Anthropologen, Soziologen, Theologen, Historikern) d​er (ehemals) kolonialisierenden Länder vorgetragen w​urde und wird, bleibt s​ie oft i​n ethnozentrischen, insbesondere eurozentrischen Wertvorstellungen gefangen.

Es bleibt a​ls Wichtigstes u​nd Aktuellstes d​ie antikolonialistische Kritik d​er Kolonialisierten selbst z​u bedenken. Sie w​ar und v​or allem: s​ie ist gleichzeitig praktizierter Widerstand. Dieser Widerstand g​ilt heute zum Einen d​em aktiven Neokolonialismus: Neokolonialismus gemeint a​ls Kontrolle v​on Ressourcen u​nd Märkten, a​ber auch v​on z. B. Medien u​nd Kultur, w​ie sie gegenwärtig n​icht nur, a​ber immer n​och durch fremde staatliche Mächte betrieben wird. Insbesondere d​as expansive China r​eiht sich m​it neuen Praktiken d​es Kolonialisierens u​nter die staatlichen „Kolonialmächte“ ein. Überhaupt h​aben die kolonialisierenden bzw. neokolonialistischen Kräfte n​ach dem zweiten Weltkrieg u​nd noch m​ehr im 21. Jahrhundert i​n unterschiedlichen Regionen e​ine je eigene hochkomplexe Dynamik: z. B. i​n der Arabischen Welt m​it der v​on konkurrierenden Staaten gestützten Ausbreitung islamistischer Totalitarismen, o​der in d​er Welt d​er postsowjetischen Staaten, w​o etwa i​n der Ukraine EU u​nd Russland a​ls konkurrierend „hegemonial“ agierende staatliche Mächte wahrgenommen werden können.

Aus westlicher Sicht w​ird neokolonialistische Kontrolle m​ehr noch a​ls durch Staaten d​urch moderne Wirtschaftsmächte, insbesondere d​urch Großkonzerne u​nd globale ökonomische Institutionen (z. B. IWF, Weltbank, WTO) betrieben u​nd ist d​abei nicht zwingend m​it den ehemaligen Kolonialmächten verbunden, sondern arbeitet m​eist direkt m​it inländischen Eliten zusammen. Insbesondere i​n diesem Fall m​uss der Widerstand d​er Kolonialisierten bereits selbst angepasst s​ein an d​ie ökonomischen u​nd gesellschaftlichen Grundbedingungen, d​ie ihrerseits neokolonialistisch vorgegeben sind. Aber a​uch generell i​st „vorkolonialer“ Widerstand g​egen Neokolonialismus h​eute kaum m​ehr denkbar.

Zum Anderen g​ilt antikolonialistische Kritik u​nd Widerstand d​er Kolonialisierten d​en latenten systemischen Folgen d​es Kolonialismus. Denn Kolonialismus w​irkt nicht n​ur aktiv u​nd ökonomistisch a​ls Neokolonialismus d​urch staatliche u​nd wirtschaftliche Mächte fort. Er w​irkt auch – t​rotz der längst erfolgreichen Dekolonisation – passiv u​nd subtil weiter a​ls systemische Beeinflussung d​er Kultur u​nd Sozialstruktur, a​ls Kolonialisierung d​er Lebenswelt u​nd Umwelt z. B. d​urch (manchmal einfach n​ur weiterbestehendes) Oktroyieren kapitalistischer Strukturen o​der eurozentrischer (christlicher o​der aufklärerischer o​der humanistischer) Wertvorstellungen o​der durch rassistische Vorurteile o​der durch dominante Etablierung technischer Fortschritte u​nd westlicher Bildung o​der auch d​urch ökologischen Imperialismus. Dieses global äußerst vielfältige systemische Fortwirken d​er Kolonialisierung i​n Lebenswelten, Kulturen u​nd Gesellschaften hinein, d​as in d​er Soziologie a​uch unter Begriffen w​ie Modernisierung o​der Verwestlichung erforscht u​nd beschrieben wird, erfordert komplexere Antworten hinsichtlich Möglichkeiten u​nd Wirklichkeiten antikolonialistischen Widerstandes. Solche Antworten werden u​nter anderem i​m Diskurs über Postkolonialismus u​nd Kulturimperialismus gegeben. Dabei werden a​uch Möglichkeiten „vorkolonialen“ Widerstandes gesehen, z. B. Verweigerungshaltungen, d​ie auf vorkolonialer Lebenswelt basieren können. Erwin Aschenbrenner verweist e​twa mit seinem Versuch, explizit „Elemente e​iner antikolonialistischen Kulturtheorie“[90] z​u formulieren, a​uf den „Ermöglichungsraum“ traditioneller Kultur u​nd Erziehung, d​er die kolonialisierten Menschen u​nd Gesellschaften z​u Widerstands- u​nd Verweigerungshaltungen befähigen kann.

Siehe auch

Literatur

  • Erwin Aschenbrenner: Kultur - Kolonialismus - Kreative Verweigerung: Elemente einer antikolonialistischen Kulturtheorie. Breitenbach, Saarbrücken / Fort Lauderdale 1990, ISBN 3-88156-467-5 (Inhaltsverzeichnis [PDF; 184 kB; abgerufen am 18. April 2021] zugl. Dissertation, Universität Regensburg).
  • Tom Burgis: Der Fluch des Reichtums. Warlords, Konzerne, Schmuggler und die Plünderung Afrikas. Westend, Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-86489-148-9.
  • Andreas Eckert: Fischer Kompakt: Kolonialismus. Fischer, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-596-15351-4.
  • Olivier Le Cour Grandmaison: Coloniser, Exterminer. Sur la guerre et l'État colonial. Fayard, Paris 2005.
  • Götz Großklaus: Das Janusgesicht Europas. Zur Kritik des kolonialen Diskurses. Transcript, Bielefeld 2017, ISBN 978-3-8376-4033-5.
  • Philip T. Hoffman: Why Did Europe Conquer the World? Princeton University Press, Princeton 2015, ISBN 978-0-691-13970-8.
  • Jürgen Osterhammel: Kolonialismus: Geschichte, Formen, Folgen. Beck, München 1995. (8. aktualisierte Auflage in Koautorschaft mit Jan C. Jansen, München 2017.)
  • Ludolf Pelizaeus: Der Kolonialismus. Geschichte der europäischen Expansion. Marixverlag, Wiesbaden 2008, ISBN 3-86539-941-X.
  • Wolfgang Reinhard: Kleine Geschichte des Kolonialismus (= Kröners Taschenausgabe. Band 475). 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-520-47502-2.
  • Benedikt Stuchtey: Die europäische Expansion und ihre Feinde. Kolonialismuskritik vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Oldenbourg, München 2010.
  • Reinhard Wendt: Herrschaft. In: Europäische Geschichte Online, hrsg. vom Institut für Europäische Geschichte (Mainz), 2010.
  • Olaf Zimmermann, Theo Geißler (Hrsg.): Kolonialismus-Debatte: Bestandsaufnahme und Konsequenzen. Nachdruck von Beiträgen und Interviews aus Politik & Kultur, Zeitung des Deutschen Kulturrates, Nr. 17, Deutscher Kulturrat, Berlin 2019, ISBN 978-3-947308-18-7.
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Einzelnachweise

  1. Osterhammel 1995, S. 19–21.
  2. Hans Köchler: Demokratie und neue Weltordnung: ideologischer Anspruch und machtpolitische Realität eines ordnungspolitischen Diskurses. AG Wissenschaft und Politik, 1992, S. 9, 26.
  3. Pelizaeus 2008, S. 20; Osterhammel 1995, S. 14.
  4. Osterhammel 1995, S. 9.
  5. Pelizaeus 2008, S. 21.
  6. Pelizaeus 2008, S. 20; Osterhammel 1995, S. 11 und 14.
  7. Osterhammel 1995, S. 15; Pelizaeus 2008, S. 20 f.
  8. Pelizaeus 2008, S. 40 und 42 f.
  9. Pelizaeus 2008, S. 122 f.
  10. Pelizaeus 2008, S. 132–138.
  11. Christian Koller: Der Wettlauf um Afrika. Wirtschaftliche und politische Motive bei der Aufteilung des Kontinents. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 76.
  12. Koller 2007, ebenda.
  13. Osterhammel 1995, S. 80.
  14. Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist das Wort von Paul Henri d’Estournelles de Constant 1899 im französischen Parlament: „Il y a deux choses dans la politique coloniale: d’abord la joie des conquêtes et ensuite la carte à payer.“ Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche (= dtv-Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts, Bd. 13), dtv, 4. Auflage, München 1981, S. 22 f.
  15. Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche, dtv, 4. Auflage, München, S. 22 f. und 26.
  16. Osterhammel 1995, S. 88.
  17. Hans Werner Debrunner: Schweizer im kolonialen Afrika. Basler Afrika Bibliographien, Basel 1991, ISBN 3-905141-51-5.
  18. Maya Brändli: Wie zwei Basler Zoologen Kolonialschätze in die Schweiz brachten. In: Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). 26. März 2014, abgerufen am 5. Oktober 2016.
  19. Anneliese Tenisch: Die schwarze Seite von Neuenburg. Schweizer Radio und Fernsehen SRF, 1. November 2013, abgerufen am 5. Oktober 2016.
  20. Maya Brändli: Schweizer Kolonialgeschichte: Spurensuche im Trüben. In: Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). 16. März 2015, abgerufen am 5. Oktober 2016.
  21. Jürgen Osterhammel: Vom Umgang mit dem „Anderen“. Zivilisierungsmissionen – in Europa und darüber hinaus. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 45.
  22. Jürgen Osterhammel: Vom Umgang mit dem „Anderen“. Zivilisierungsmissionen – in Europa und darüber hinaus. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 47.
  23. Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche, dtv, München 1981, S. 8.
  24. Jürgen Osterhammel: Vom Umgang mit dem „Anderen“. Zivilisierungsmissionen – in Europa und darüber hinaus. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 47 f.
  25. Osterhammel 1995, S. 113.
  26. Jürgen Osterhammel: Vom Umgang mit dem „Anderen“. Zivilisierungsmissionen – in Europa und darüber hinaus. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 46.
  27. Osterhammel 1995, S. 115 f.
  28. Osterhammel 1995, S. 116.
  29. Jürgen Osterhammel: Vom Umgang mit dem „Anderen“. Zivilisierungsmissionen – in Europa und darüber hinaus. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 50 und 52.
  30. Vgl.: Peter Feldbauer: Mediterraner Kolonialismus. Magnus-Verlag, Essen 2005, ISBN 3-88400-600-2.
  31. Pelizaeus 2008, S. 65.
  32. Pelizaeus 2008, S. 83 f.
  33. Pelizaeus 2008, S. 102 ff.
  34. Pelizaeus 2008, S. 114.
  35. Die älteste Aktie der Welt / the oldest Share: VOC 1606. In: oldest-share.com. Abgerufen am 1. März 2015.
  36. Jürgen G. Nagel: Freitod auf Bali. Ein Kapitel Kolonialgeschichte aus Niederländisch-Indien. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 78.
  37. Nagel ebenda, S. 79.
  38. Jürgen G. Nagel: Freitod auf Bali. Ein Kapitel Kolonialgeschichte aus Niederländisch-Indien. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 82.
  39. Pelizaeus 2008, S. 76 f.
  40. Michael Mann: Imperialer Herrschaftsstil. Britisch-Indien in den Zeiten des Imperialismus. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 13.
  41. Pelizaeus 2008, S. 142.
  42. Osterhammel 1995, S. 42.
  43. Alexander Keese / Christian Windler: Eine große französische Familie? Kolonialideologie kontra Herrschaftspraxis – Frankreich in Afrika. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 21 f.
  44. Pelizaeus 2008, S. 218; Alexander Keese / Christian Windler: Eine große französische Familie? Kolonialideologie kontra Herrschaftspraxis – Frankreich in Afrika. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 23.
  45. Alexander Keese / Christian Windler: Eine große französische Familie? Kolonialideologie kontra Herrschaftspraxis – Frankreich in Afrika. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 24.
  46. Michael Fröhlich: Imperialismus. Deutsche Kolonial- und Weltpolitik 1880–1914. dtv, München 1994, S. 20–36.
  47. Zur Debatte über Bismarcks Motive siehe Michael Stürmer: Das ruhelose Reich. Deutschland 1866–1918. Siedler, Berlin 1994, S. 230 ff; Michael Fröhlich: Imperialismus. Deutsche Kolonial- und Weltpolitik 1880–1914. dtv, München 1994, S. 38 f.; Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3: Von der „Deutschen Doppelrevolution“ bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1845/49–1914. C.H. Beck, München 1995, S. 980–990; Winfried Speitkamp: Deutsche Kolonialgeschichte. Reclam, Stuttgart 2005, S. 23 ff.
  48. Sebastian Conrad: Deutsche Kolonialgeschichte. München: C.H. Beck, 2008, ISBN 978-3-406-56248-8.
  49. Winfried Speitkamp: Deutsche Kolonialgeschichte. Stuttgart: Reclam, 2005, ISBN 3-15-017047-8.
  50. Horst Gründer: Geschichte der deutschen Kolonien. UTB, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-8252-3639-7.
  51. Dominic Johnson spricht von einer „kolonialen Amnesie“ der Deutschen. (Dominic Johnson: Koloniale Amnesie. Die Tageszeitung, 17./18. Januar 2004. S. 11.)
  52. Andreas Kappeler, Rußland als Vielvölkerstaat, München 2001, S. 300.
  53. „Vom versprochenen Selbstbestimmungsrecht blieb in Russisch-Asien nur die formelle Eigenständigkeit einiger Sowjetrepubliken übrig, die man wohlweislich nach ‚tribalistischen’ Grundsätzen einteilte; dazu ein Quentchen kulturelle Autonomie, um die politische und soziale Vorherrschaft der Russen schmackhafter zu machen.“ Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche. dtv, München 1981, S. 142 f.
  54. Christian Koller: Der Wettlauf um Afrika. Wirtschaftliche und politische Motive bei der Aufteilung des Kontinents. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 69 f.
  55. Christian Koller: Der Wettlauf um Afrika. Wirtschaftliche und politische Motive bei der Aufteilung des Kontinents. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 74.
  56. Boris Barth: Die Zäsur des Ersten Weltkriegs. Hochzeit und Dekolonisation der Kolonialreiche. In: Ders. et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 113.
  57. Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche. dtv, München 1981, S. 37.
  58. Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche. dtv, München 1981, S. 42 ff.
  59. Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche. dtv, München 1981, S. 82.
  60. Boris Barth: Die Zäsur des Ersten Weltkriegs. Hochzeit und Dekolonisation der Kolonialreiche. In: Ders. et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 115.
  61. Osterhammel 1995, S. 43.
  62. Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche. dtv, München 1981, S. 122–129.
  63. Boris Barth: Die Zäsur des Ersten Weltkriegs. Hochzeit und Dekolonisation der Kolonialreiche. In: Ders. et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 117.
  64. Osterhammel 1995, S. 120.
  65. Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche. dtv, München 1981, S. 162.
  66. Jürgen Osterhammel 1995, S. 119 f.
  67. Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche, dtv, 4. Aufl. 1981, S. 259–263; Boris Barth: Die Zäsur des Ersten Weltkriegs. Hochzeit und Dekolonisation der Kolonialreiche. In: Ders. et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 118.
  68. Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche. dtv, 4. Auflage, 1981, S. 270 f.
  69. Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche, dtv, 4. Auflage, 1981, S. 236 f.
  70. Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche München, 4. Auflage, 1981, S. 247; Boris Barth: Die Zäsur des Ersten Weltkriegs. Hochzeit und Dekolonisation der Kolonialreiche. In: Ders. et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 120 f.
  71. „Der Kolonialismus als Ausdrucksform europäischer Weltbeherrschung hat im dritten Quartal des 20. Jahrhunderts seinen historischen Zyklus abgeschlossen“, heißt es bei Osterhammel. (Jürgen Osterhammel 1995, S. 124)
  72. Pelizaeus 2008, S. 11 f.
  73. Zit. n. Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche München, 4. Auflage, 1981, S. 13.
  74. Osterhammel 1995: S. 120 f.
  75. Jürgen Osterhammel: Vom Umgang mit dem „Anderen“. Zivilisierungsmissionen – in Europa und darüber hinaus. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 46.
  76. Großklaus 2017, S. 191 und 202.
  77. Osterhammel 1995: S. 20.
  78. Hier sieht Osterhammel für die 1967 von Israel besetzten Gebiete mit palästinensischer Bevölkerungsmehrheit Merkmale von Kolonialismus, nicht aber „vollentfaltete Systeme“ kolonialer Herrschaft. (Osterhammel 1995: S. 123)
  79. Vgl. Osterhammel 1995, S. 19.
  80. Marlene P. Hiller im Vorwort zu: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 7.
  81. Christian Koller: Der Wettlauf um Afrika. Wirtschaftliche und politische Motive bei der Aufteilung des Kontinents. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 70.
  82. Karl Kautsky: Sozialistische Kolonialpolitik. Die Neue Zeit Nr. 28/1909, S. 33–43.
  83. Bernard Shaw: Fabianism and the Empire. A Manifest by the Fabian Society, London 1900.
  84. Jürgen Osterhammel: Vom Umgang mit dem „Anderen“. Zivilisierungsmissionen – in Europa und darüber hinaus. In: Boris Barth et al.: Das Zeitalter des Kolonialismus. Stuttgart 2007, S. 52 f.
  85. Franz Ansprenger: Auflösung der Kolonialreiche München, 4. Auflage, 1981, S. 27.
  86. Hans-Peter Müller et al.: Atlas of Pre-Colonial Societies
  87. Andreas Boeckh: Entwicklungstheorien. In: Dieter Nohlen (Hrsg.): Lexikon der Politik, Band 1: Politische Theorien. Directmedia, Berlin 2004, S. 70 ff.
  88. Daron Acemoğlu und James A. Robinson: Warum Nationen scheitern. Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, S. 118–125.
  89. Osterhammel 1995, S. 122 f.
  90. Erwin Aschenbrenner: Kultur - Kolonialismus - Kreative Verweigerung: Elemente einer antikolonialistischen Kulturtheorie. Breitenbach, Saarbrücken / Fort Lauderdale 1990, ISBN 3-88156-467-5 (Inhaltsverzeichnis [PDF; 184 kB; abgerufen am 18. April 2021] zugl. Dissertation, Universität Regensburg).
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