Algier
Algier ([ˈalʒiːɐ̯]; arabisch مدينة الجزائر Madīnat al-Dschazā'ir, algerisches Arabisch دزاير Dzayer, berberisch ⴷⵣⴰⵢⴻⵔ ⵜⴰⵎⴰⵏⴻⵖⵜ Dzayer tamaneɣt [dzæˈjer], französisch Alger) ist die Hauptstadt Algeriens. Die größte Stadt des Landes und seine Namensgeberin ist Industriestadt, Verkehrsknotenpunkt und Kulturzentrum mit Universitäten, zahlreichen Instituten, Galerien und Museen. Auf der Westseite einer Bucht des Mittelmeers gelegen, trägt die Stadt aufgrund der glitzernd weiß vom Meer aufsteigenden Gebäude den Beinamen Alger la blanche.
مدينة الجزائر Madīnat al-Dschazā’ir دزاير Dzayer ⴷⵣⴰⵢⴻⵔ ⵜⴰⵎⴰⵏⴻⵖⵜ Dzayer tamaneɣt Algier | |||
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Koordinaten | 36° 46′ N, 3° 3′ O | ||
Symbole | |||
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Basisdaten | |||
Staat | Algerien | ||
Algier | |||
Höhe | 10 m | ||
Fläche | 273 km² | ||
Metropolregion | 865 km² | ||
Einwohner | 2.159.051 | ||
Metropolregion | 3.456.701 (1. Januar 2008) | ||
Dichte | 7.908,6 Ew./km² | ||
Metropolregion | 3.996,2 Ew./km² | ||
Postleitzahl | (CEP) 16000–16132 | ||
Politik | |||
Wali | Youcef Cherfa | ||
Sonstiges | |||
Blick auf Algier (2005) |
Im städtischen Siedlungsgebiet der Kernstadt (hohe Bebauungsdichte und geschlossene Ortsform) leben 2,2 Millionen Menschen.[1] Die Provinz Algier mit insgesamt 57 Gemeinden hat 3,5 Millionen Einwohner (2008).[2] In den letzten Jahrzehnten hat sich ein größerer Vorortgürtel um die Stadt gebildet. In der Metropolregion, die weit über die Grenzen der Provinz hinausreicht, leben 6,3 Millionen Menschen (2008).[3] Algier heißt neben der Provinz eigentlich nur die Gemeinde (etwa 150.000 Einwohner), die das Stadtzentrum umfasst.
Das Bild der älteren Viertel von Algier wird von der Kasbah mit der 1612 errichteten Ketschawa-Moschee, einer Burg aus dem 16. Jahrhundert, der Großen Moschee aus dem 11. Jahrhundert sowie von Bauten aus der französischen Kolonialzeit (1830–1962) geprägt. 1992 wurde die Altstadt (ebenfalls Kasbah genannt) von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.[4]
Etymologie
Der Name geht auf das arabische al-Dschazā’ir („die Inseln“) zurück und bezieht sich auf vier Inseln, auf denen die Stadt gegründet worden ist. Diese sind im 16. Jahrhundert Teil des Festlandes geworden.[5]
Geographie
Geographische Lage
Algier liegt in der gleichnamigen Provinz im westlichen Teil einer Bucht des Mittelmeeres, an den Berghängen des algerischen Sahel (Sahel algérois), einem Ausläufer des Atlas-Gebirges.
Hinter dem nur schmalen, buchtenreichen Saum der Mittelmeerküste erhebt sich der steil ansteigende Tellatlas mit der algerischen Hauptstadt. Der durch Becken, Längs- und Quertäler gegliederte Gebirgszug erreicht östlich von Algier in der wildzerschluchteten Kabylei 2.308 Meter Höhe. Auf seiner Südseite fällt der Tellatlas zum Hochland der Schotts (391 Meter bis weit über 1.000 Meter über dem Meeresspiegel) ab, das im Inneren zahlreiche abflusslose, versumpfte Salzseen, die sogenannten Schotts, aufweist.
Die meist kurzen Dauerflüsse in der Küstenregion können sich durch heftige Regenfälle in reißende Ströme verwandeln. In der Umgebung von Algier, an der ausreichend beregneten Nordseite des Tellatlas, wachsen mediterrane Sträucher wie Macchie, Aleppo-Kiefern, Korkeichen und Steineichen sowie (über 1.600 Meter) Atlas-Zedern; in der Kabylei gibt es noch zusammenhängende Waldgebiete.
Die Provinz hat eine Fläche von 865 Quadratkilometer. Davon gehören 273 Quadratkilometer (32 Prozent) zur Kernstadt (hohe Bebauungsdichte und geschlossene Ortsform), 592 Quadratkilometer (68 Prozent) bestehen aus Vorstädten und Gebieten mit ländlicher Siedlungsstruktur. Das städtische Siedlungsgebiet hat eine Ausdehnung von etwa 30 Kilometer.
Geologie
Die algerische Hauptstadt Algier liegt in einer durch Erdbeben gefährdeten Zone. Das Atlasgebirge bildet plattentektonisch betrachtet die Grenze zwischen der Eurasischen Platte im Norden und der Afrikanischen Platte im Süden. Wenn diese beiden Platten aneinander reiben, kann es zu Erdbeben kommen. Die Aufzeichnungen von starken Erdbeben in der Region um die Hauptstadt Algier reichen bis in das 14. Jahrhundert zurück.
Am 2. Januar 1365 und 10. März 1673 erschütterten schwere Erdbeben Algier. Bei einem Beben am 3. Februar 1716 starben in der Region um Algier rund 20.000 Menschen. Ein Erdbeben in der südwestlich der Hauptstadt liegenden Stadt Blida forderte am 2. März 1825 rund 7.000 Todesopfer. Die Stadt wurde dabei vollständig zerstört. Nur wenige Jahrzehnte später, am 2. Januar 1867, wurde Blida erneut von einem Erdbeben zerstört.
In der westlich der algerischen Hauptstadt liegenden Stadt Ech Cheliff starben bei einem Beben mit der Stärke 7,3 auf der Richterskala am 10. Oktober 1980 etwa 5.000 Menschen. Ein Erdbeben der Stärke 6,8 forderte am 21. Mai 2003 in der östlich von Algier gelegenen Stadt Zemmouri rund 2.000 Todesopfer.[6]
Stadtgliederung
Die Provinz Algier (von der die Kernstadt Algiers etwa ein Drittel einnimmt) gliedert sich in 13 Kreise (Daïras) und 57 Gemeinden (Communes), wovon eine die Gemeinde Alger-Centre (etwa 150.000 Einwohner) ist.
- Daïra von Bab El Oued: Bab El-Oued, Casbah, Bologhine, Hammamet, Oued Koriche, Rais Hamidou
- Daïra von Baraki: Baraki, Les Eucalyptus, Sidi Moussa
- Daïra von Bir Mourad: Raïs, Bir Mourad Raïs, Birkhadem, Gué de Constantine, Saoula
- Daïra von Birtouta: Birtouta, Ouled Chebel, Tessala El Merdja
- Daïra von Bouzareah: Ben Aknoun, Beni Messous, Bouzareah, Dely Brahim
- Daïra von Chéraga: Aïn Benian, Chéraga, Ouled Fayet, El Achour
- Daïra von Dar El Beïda: Aïn Taya, Bab Ezzouar, Bordj El Bahri, Bordj El Kiffan, Dar El Beïda, El Marsa
- Daïra von Draria: Baba Hassen, Douera, Draria, Khraïssia
- Daïra von El Harrach: Bachdjerrah, El Harrach, Oued Smar, Mohammadia
- Daïra von Hussein Dey: Bourouba, El Magharia, Hussein Dey, Kouba
- Daïra von Rouïba: H'raoua, Reghaïa, Rouïba
- Daïra von Sidi M'Hamed: Algier-Zentrum, Sidi M'Hamed, El Biar, El Madania, El Mouradia, Hamma-Anassers, Hydra
- Daïra von Zeralda: Mahelma, Rahmania, Souidania, Staouali, Zeralda
Klima
Algier befindet sich in der mediterranen Klimazone mit warmen und trockenen Sommern sowie kühlen und niederschlagsreichen Wintern. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt 18,2 °Celsius. Der wärmste Monat ist der August mit durchschnittlich 25,2 °Celsius, die kältesten Monate Januar und Februar mit 12,2 bis 12,6 °Celsius im Mittel. Meeresbrisen sorgen an heißen Tagen für Abkühlung. Im Winter gibt es häufig Stürme mit starken Regenfällen.
Am 9. November 2001 starben bei schweren Unwettern in Algier 672 Menschen, 1500 Familien wurden obdachlos. Starke Regenfälle hatten Schlamm- und Gerölllawinen ausgelöst, die an den Hügeln der algerischen Hauptstadt gelegene, leicht gebaute Behausungen der Armenviertel fortrissen. Mit 120 Millimeter Regen innerhalb eines Tages fiel mehr Niederschlag als im gesamten übrigen Monat.[7]
Die jährliche Niederschlagsmenge liegt bei 598 mm im Mittel. Der meiste Niederschlag fällt zwischen November und Februar mit durchschnittlich 72,7 bis 91,0 mm, der wenigste zwischen Juni und August mit 4,5 bis 8,5 mm im Mittel.
Algier | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Klimadiagramm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Algier
Quelle: wetterkontor.de |
Geschichte
Stadtgründung
Etwa um 1200 v. Chr. besiedelten die Phönizier das Gebiet der heutigen Stadt. Sie gründeten an der Bucht von Algier eine Handelsniederlassung und gaben ihr den Namen Icosim. Nach Beendigung der Punischen Kriege kam die Siedlung 146 v. Chr. unter die Oberherrschaft der Könige von Mauretanien. Als Icosium gehörte sie seit 42 n. Chr. zur römischen Provinz Mauretania Caesariensis und war ein Stützpunkt der mauretanischen Flotte (Classis Mauretanica).
429 eroberten die Vandalen unter König Geiserich den Ort. Ab 533 war die Stadt Teil des Byzantinischen Reiches, bis sie im Jahre 681 von arabischen Streitkräften zerstört wurde. 950 gründete Buluggin ibn Ziri, Herrscher der Berberdynastie der Ziriden, an der Küste erneut eine Siedlung. Innerhalb der folgenden fünf Jahrhunderte wurde der Ort mehrmals von europäischen, arabischen und berberischen Truppen eingenommen, erlangte jedoch keine große überregionale Bedeutung.
Barbareskenstaat
Im 16. Jahrhundert, nach der Rückeroberung Granadas 1492 durch die spanische Königin Isabella I. von Kastilien und König Ferdinand II. von Aragón machten muslimische Seeräuber (Korsaren), von denen viele aus Spanien geflohene Morisken waren, Algier, Tunis, Tripolis und Marokko zu ihrer Basis. Von hier führten sie einen asymmetrischen Kleinkrieg gegen die Handelsschifffahrt der christlichen Mittelmeermächte. Sie handelten hierbei aus einem Bündel von Motiven. Diese waren politischer, islamisch religiöser und materieller Natur. Diese als Barbareskenstaaten (Barbaresken = Barbaren oder Berber) bezeichneten Gebiete führten von dort aus einen erbitterten Kampf gegen die christlichen Mittelmeermächte, insbesondere deren Schifffahrt und Küsten, und versklavten ihre Opfer. Damals waren bis zu 40 % der Bevölkerung Algiers versklavte Europäer.[8]
Der bekannteste Korsarenführer war Khair ad-Din Barbarossa. Nachdem er Algier erobert hatte, unterstellte er sich und sein Herrschaftsgebiet 1518 dem osmanischen Sultan, der auf diese Weise Oberherr von Nordafrika (mit Ausnahme Marokkos) wurde und eine schlagkräftige Flotte gewann. Algier war formal Provinz des Osmanischen Reichs und Sitz der Deys, der Statthalter des Sultans, wurde jedoch seit Mitte des 17. Jahrhunderts faktisch unabhängig. Die Bevölkerung der Stadt lebte überwiegend von der Piraterie.
Der Kriegszustand mit den abendländischen Staaten gab der Seeräuberei die formale Legitimation der im Krieg üblichen Kaperei. Die Versuche der europäischen Mächte, die Stadt zu erobern und der Piraterie Einhalt zu gebieten, scheiterten. 1541 schickte Karl V., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und König von Spanien, seine Truppen gegen Algier. Er scheiterte genauso wie die Dänen 1770 und Spanien mit seiner Armee 1775.
Im Jahr 1805 gelang es Jérôme Bonaparte im Auftrag seines Bruders Napoleon, eine größere Anzahl italienischer Gefangener freizukaufen. Die propagandistisch motivierte Aktion war im Kampf der europäischen Mittelmeer-Anrainer gegen die Piraterie eher kontraproduktiv (und offenbarte letztendlich einmal mehr Frankreichs Schwäche in der Seekriegsführung).
Auch einem britischen Geschwader von 19 Kriegsschiffen unter dem Kommando von Edward Pellew, unterstützt von 11 niederländischen Fregatten unter dem Befehl von Theodorus Frederik van Capellen, gelang es am 27. August 1816 nicht, die Stadt zu erobern. Allerdings zwang die Streitmacht den Dey Omar von Algier durch die Zerstörung seiner Flotte und einem Bombardement seiner Hauptstadt und ihrer Befestigungen am Tag darauf zu einem Vertrag, der zur Freilassung der christlichen Sklaven und der Rückzahlung bereits entrichteter Lösegelder führte.
Mit der Stärkung der christlichen Seefahrermächte, vor allem Großbritannien, Frankreich und die Niederlande, verlor die Kaperei gegen den christlichen Handel im Mittelmeer zunehmend an Bedeutung. Im 18. und 19. Jahrhundert nahm der kommerzielle Handel mit Europa, vor allem mit Frankreich, zu. Die Piraterie der Korsaren fand ihr Ende mit der Schlacht von Navarino am 20. Oktober 1827, als die Kriegsschiffe der mit dem Osmanischen Reich verbündeten Barbaresken zerstört wurden.
Einer der größten Arbeitgeber in Algier vor der französischen Eroberung waren die Moscheen. Vier bis sieben Prozent der städtischen männlichen Bevölkerung waren an Moscheen beschäftigt.[9]
Französische Eroberung und Herrschaft
Am 29. April 1827 schlug der Dey von Algier, Hussain III., den französischen Konsul Pierre Deval bei einer Audienz mehrmals mit dem Fliegenwedel, nachdem der Konsul mit einer beleidigenden Bemerkung die Bitte des Deys abgelehnt hatte, den Kredit zurückzuerstatten, den er 1796 an Napoleon Bonaparte während des Italienfeldzuges gewährt hatte.
Für die in Frankreich regierenden Bourbonen war dies ein Anschlag auf die Ehre ihres Landes. Und so nahm der französische König Karl X. diesen Zwischenfall zum Vorwand, dem Dey den Krieg zu erklären. Am 16. Juni 1827 begann eine dreijährige Blockade des Hafens von Algier.
In erster Linie war dieser Schritt durch die innenpolitische Lage in Frankreich bedingt, die den König zwang, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die real nicht mehr existierende Gefahr durch die nordafrikanischen Korsaren zu lenken.
Der entscheidende Militärschlag gegen Algier erfolgte erst 1830, als König Karl X. politisch am Ende war. Die Eroberung Algiers am 5. Juli 1830 konnte die Julirevolution in Frankreich nicht mehr aufhalten, aber in den folgenden Jahrzehnten wurde dieser militärische Erfolg als Maßnahme im Kampf gegen die islamische Bedrohung der christlichen Anrainer des Mittelmeers bezeichnet. Die Bevölkerung von Algier verringerte sich durch Tötung oder Vertreibung um rund 30.000[10] Einwohner.
1830 wurde Algier Hauptstadt der französischen Kolonie und 1848 mit der Februarrevolution auch des Departements von Algier. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen viele Europäer, hauptsächlich französischen, aber auch italienischen, spanischen und maltesischen Ursprungs, in die Stadt. Diese zogen vorwiegend in die Vororte, während sich die lokale Bevölkerung eher in der Kasbah konzentrierte. Mehrere Wohnviertel für Europäer wurden errichtet, die heute noch das Bild der Stadt prägen, darunter auch der zwei Kilometer lange Boulevard im Hafenviertel.
Die antisemitischen Ausschreitungen in Frankreich übertrugen sich im Zuge der Dreyfus-Affäre auch auf Algeriens Franzosen. 1898 wurde der in Sétif[11] geborene eingebürgerte Italiener Max Régis, Chefredaktor der Zeitschrift L'Antijuif,[12] der mit einem monothematischen Programm den Antisemitismus unter den algerischen Franzosen bediente, mit überwältigender Mehrheit zum Bürgermeister gewählt. Bei den Wahlen im Mai 1898 zogen zudem vier antisemitische Abgeordnete für Algerien in die französische Abgeordnetenkammer ein. Algier entsendete mit Edouard Drumont, der 11.557[12] Wählerstimmen auf sich vereinte, und Charles Marchal gleich zwei antisemitische Abgeordnete nach Paris. Nach Provokationen gegen die öffentliche Ordnung wurde Régis allerdings wenig später des Amtes enthoben.[12] Régis gelang es jedoch, in zwei[12] Sitzungen des Stadtrats einige antisemitisch motivierte Personalentscheidungen durchzubringen.
Mit der Entwicklung der lokalen Wirtschaft nahm die Einwohnerzahl rasch zu. 1896 lebten 130.726[11] Menschen in der Stadt, davon waren 63.755[11] Franzosen und 24.970[11] waren weitere Europäer. Zudem lebten 30.777[11] Muslime und 11.224[11] Juden in Algier. Nach dem Ersten Weltkrieg (1914–1918) wuchs die muslimische Bevölkerung durch natürliche Zunahme und Landflucht erheblich.
Zweiter Weltkrieg
Algerien gehörte im Zweiten Weltkrieg zum von Deutschland nicht besetzten Frankreich unter dem Kollaborationsregime von Henri Philippe Pétain. Am 7. November 1942 landeten US-amerikanische und britische Soldaten zusammen mit französischen Widerstandskämpfern im Rahmen der Operation Torch in Algier und weiteren Städten Nordafrikas.
Schon in den frühen Morgenstunden des 8. Novembers verhafteten 400 Kämpfer der Résistance, unterstützt von einem US-amerikanischen Vizekonsul, die Mehrzahl der Vichy-Militärs und zivilen Behördenchefs in Algier und nahmen Schlüsselstellungen inklusive der Telefonzentrale, der Radiostation, dem Gouverneurspalast, der Präfektur, dem Stabshauptquartier, dem Hauptquartier des 19. Korps der Vichy-französischen Truppen und die Küstenartillerie von Sidi Ferruch ein.
Admiral François Darlan, Oberkommandierender der Vichy-Truppen, und weitere Offiziere wurden beim „Putsch vom 8. November 1942“ durch junge französische Patrioten der Résistance gefangen genommen, dann aber durch die Garde mobile wieder befreit. 15 Stunden hielten die schlechtausgerüsteten Résistancekämpfer den Angriffen der Vichy-Truppen stand, was die Einkreisung der Stadt durch die Alliierten ermöglichte.
Die US-amerikanischen und britischen Soldaten besetzten Algier noch am Abend des gleichen Tages ohne großen Widerstand und nahmen die Kapitulation von Darlan entgegen. Kämpfe fanden nur im Hafen von Algier statt, wo zwei britische Zerstörer versuchten, einige US-Soldaten direkt auf dem Dock abzusetzen, um die Soldaten der Vichy-Regierung davon abzuhalten, Hafeneinrichtungen zu zerstören und Schiffe zu versenken. Algier war bis zur Befreiung von Paris Hauptstadt des Freien Frankreich.
Algerienkrieg
Zwischen Januar und Oktober 1957 kam es während des Algerienkrieges zur Schlacht von Algier, einer militärischen Auseinandersetzung, in der sich die französische Armee und die algerisch-nationalistische Rebellenorganisation FLN in Algier gegenüberstanden. Sie war Teil des Algerienkrieges und stellte ein wichtiges Element der französischen Befriedungsstrategie in Bezug auf Algerien dar.
Dabei kam es zu Anschlägen, Entführungen und Morden seitens der FLN-Gruppe um Yacef Saâdi,[10] aber auch zu Massenverhaftungen mit Verschwindenlassen,[10] systematischer Folter und Deportationen seitens der französischen Fallschirmjäger („Paras“) unter Jacques Massu[10] der Fremdenlegionäre und von Lynchtrupps[10] der Pied-noir. Obwohl die Schlacht von Algier im Januar bis September 1957[10] für die FLN einer militärischen Niederlage gleichkam, errang die algerische Rebellenorganisation gleichzeitig einen politischen Sieg. Der systematische Einsatz von Folter hatte Frankreich international diskreditiert und war auch von großen Teilen der französischen Öffentlichkeit als skandalös empfunden worden. 1962 wurde Algerien unabhängig und Algier Sitz der Regierung des Landes. Im Frühjahr 1962 war es noch zwischen der französischen Armee und der französischen nationalistischen Terrorgruppe Organisation de l’Armée Secrète (OAS) zu heftigen Kämpfen gekommen. Die OAS hatte nach der Unabhängigkeit Algeriens die Bücherei Algiers in die Luft gesprengt.[13] Nach der Unabhängigkeit verließen die 1,4 Millionen Pied-noirs, die 13 % der Gesamtbevölkerung ausmachten, das Land.[14]
Unabhängigkeit
Im Oktober 1988 brachen in Algier und weiteren Städten des Landes schwere Unruhen aus, die zur Aufgabe des Machtmonopols der FLN führten. Ursache waren unter anderem die hohe Arbeitslosigkeit und die Wohnungsnot. Eine Demokratisierung wurde eingeleitet und eine neue demokratische Verfassung, die die Trennung von Partei und Staat, parlamentarische Verantwortung, Pluralismus, politische Freiheiten und Garantien der Menschenrechte vorsah, geschaffen.
Der wirtschaftliche Niedergang um 1990 führte zum Aufschwung der islamistischen Bewegung. Nach dem sich abzeichnenden Sieg der Islamischen Heilsfront (Front islamique du salut/FIS) bei den Parlamentswahlen 1991/1992 wurden die Wahlen abgebrochen. Im März 1992 erfolgte die Anordnung zur Auflösung der FIS, die daraufhin zum bewaffneten Kampf aufrief.
Dem Bürgerkrieg zwischen militanten Islamisten und der algerischen Regierung sind Zehntausende von Menschen in Algier und dem ganzen Land zum Opfer gefallen. Am 26. August 1992 forderte ein Attentat von Guerilleros, die im Flughafen Algier eine Bombe explodieren ließen, neun Todesopfer und 128 Verletzte.[15] Vor allem Jugendliche waren enttäuscht darüber, dass durch die FIS die bestrebte Liberalisierung abgebrochen wurde. Durch ihre Hoffnungslosigkeit ergab sich ihr Rückfall zur islamistischen Radikalisierung; ihr einzig übriggebliebener und deshalb bewährter Halt.
Am 30. September 2005 stimmten die algerischen Wähler, darunter auch die meisten Einwohner Algiers, für eine nationale Versöhnung. Bei einem Referendum über die „Charte pour la paix et la réconciliation nationale“ gaben 97 Prozent der Wähler dem Plan der Regierung Abdelaziz Bouteflika ihre Zustimmung. Dieser bedeutet eine Amnestie für viele islamistische Extremisten. Aber auch nach der Abstimmung kommt es weiter zu Anschlägen.
Am 11. April 2007 starben in Algier bei zwei Bombenanschlägen 33 Menschen. Eine Explosion ereignete sich nahe dem Amtssitz des algerischen Ministerpräsidenten Abdelaziz Belkhadem, eine weitere Bombe explodierte außerhalb einer Polizeistation im Vorort Bab Ezzouar. Die am 25. Januar 2007 aus der radikalen islamistischen Gruppierung Salafisten-Gruppe für Predigt und Kampf (GSPC) hervorgegangene Organisation „al-Qaida des Islamischen Maghreb“ übernahm die Verantwortung für die Anschläge.[16]
Bei Bombenanschlägen am 11. Dezember 2007 auf das Gebäude der Flüchtlingshilfsorganisation UNHCR im Stadtteil Hydra und in der Nähe des Obersten Gerichtshofs im benachbarten Stadtteil Ben Akoun wurden nach Angaben des algerischen Innenministers Yazid Zerhouni mindestens 26 Menschen getötet.[17] Auch zu diesen Anschlägen bekannte sich die „al-Qaida des Islamischen Maghreb“.[18]
Im Jahr 2011 kam es in Algier zu Protesten weiter Teile der Bevölkerung. Die Unruhen in Algerien 2010–2012 richteten sich vor allem gegen die gestiegenen Grundnahrungsmittelpreise.
Einwohnerentwicklung
Die Bevölkerung der Stadt wuchs im 19. Jahrhundert von rund 30.000 im Jahre 1838 bis etwa 97.000 im Jahre 1899. Im 20. Jahrhundert beschleunigte sich das Wachstum. Lebten 1906 noch rund 138.000 Menschen in Algier, so waren es 2008 bereits 2,2 Millionen. Die Provinz Algier hat 3,5 Millionen Einwohner, die Metropolregion 6,3 Millionen (2008).
In der Hauptstadt leben vorwiegend Araber und verschiedene Berberstämme, die zum Teil arabisiert sind. Jedoch muss man festhalten, dass diese Volksgruppen in den letzten Jahrzehnten immer mehr miteinander verschmelzen, so dass es mittlerweile schwer ist, einen Algerier einem bestimmten Stamm zuzuordnen, denn immer mehr haben arabische wie auch berberische Wurzeln. Die Zahl der Europäer sank nach Erlangung der Unabhängigkeit bis auf wenige Tausend.
Die hohe Auswanderungsquote ist hauptsächlich auf fehlende Arbeitsmöglichkeiten und den wachsenden Bevölkerungsdruck zurückzuführen; zahlreiche Hauptstädter leben im Ausland, davon viele in Frankreich. Rund 34 Prozent der Bevölkerung waren 2003 unter 15 Jahre alt, die Lebenserwartung lag 2003 bei 71 Jahren.
Die folgende Übersicht zeigt die Entwicklung der Einwohnerzahlen der Kernstadt (ohne Vorortgürtel).
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Politik
Stadtregierung
Die Provinz Algier gliedert sich in Kreise und Gemeinden. Sie wird von einem Gouverneur (Wālī) regiert, der vom Präsidenten des Landes ernannt wird und dem Innenministerium untersteht. Seit 1996 besitzt der Wali von Algier den Rang eines Ministers. Er wird von einem Exekutivrat unterstützt.
Jede der Gemeinden, darunter auch Algier, wird von einer für vier Jahre gewählten kommunalen Volksversammlung (Assemblée Populaire Communale, APC) regiert. Sie ist verantwortlich für die lokale Verwaltung sowie die Bereiche Wirtschaft, Finanzen und Kultur. Die Volksversammlung wählt einen kommunalen Exekutivrat und dessen Präsidenten. Alle Ratsmitglieder, einschließlich des Präsidenten, sind dem Innenministerium unterstellt.
Städtepartnerschaften
Algier unterhält mit folgenden Städten Partnerschaften.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Sprache
Offizielle Amtssprache ist Arabisch. Daneben spielt Französisch eine wichtige Rolle als Bildungs-, Handels- und Verkehrssprache. Staatliche Fernsehsender strahlen in Algier Nachrichten und Dokumentationen auch auf Französisch aus. Schriftsprache ist entweder Französisch oder Hocharabisch, wobei es eine Initiative der Regierung zum Gebrauch des Hocharabischen gibt. Der größte Teil der Bevölkerung in der algerischen Hauptstadt spricht Arabisch als Muttersprache.
Religionen
Die Staatsreligion in Algerien ist der sunnitische Islam. Nach offizieller Statistik sind zirka 99 % der Bevölkerung Anhänger dieser Religion. Nur eine kleine Minderheit, meist in der Stadt lebende Ausländer, aber auch ein paar Algerier, sind geprägt vom Christentum oder Judentum. Diese winzige Minderheit lebt ihren Glauben jedoch sehr diskret.
Die Römisch-katholische Kirche der Region wird vom Erzbischof von Algier geleitet. Die Diözese wurde am 10. August 1838 als Bistum begründet und bereits am 25. Juli 1866 zum Erzbistum erhoben. Suffraganbistümer sind das Bistum Constantine und das Bistum Oran.
Das 54.927 Quadratkilometer große Erzbistum zählte 1970 rund 50.000 Gläubige und 1980 noch 35.000. Heute sind es lediglich noch 1.500 Katholiken, bei einer Bevölkerung von neun Millionen Menschen in dieser Region. Der Weggang der französischen Besatzung führte in der Erzdiözese zu einer tiefgreifenden Umstrukturierung, so wie in den anderen Diözesen Algeriens auch.
Im Gefolge des 1992 ausgebrochenen Bürgerkriegs zwischen Regierung und der islamistischen Heilsfront (FIS), die vor Massenmorden unter der eigenen Bevölkerung nicht zurückschreckte, wandten sich viele Menschen dem Christentum zu. Ein seit dem 28. März 2006 in Kraft getretenes Gesetz stellt die Missionierung unter hohe Strafen.[19]
Museen
Im modernen Teil der Stadt gibt es eine Oper und viele Museen. Das Musée Le Bardo beherbergt ethnographische Sammlungen mit Fossilien, Werkzeugen und Waffen aus der Alt- und Jungsteinzeit sowie Kostüme und Schmuck aus dem ganzen Land. Das Nationalmuseum der Schönen Künste zeigt eine Ausstellung moderner französischer und algerischer Malerei, darunter Arbeiten von Bachir Yellès, M'hamed Issiakhem und des Miniaturisten Mohammed Racim.
Das Museum für klassische Altertümer und islamische Kunst beherbergt eine Sammlung römischer Glaskunst und Mosaiken, Stickereien aus türkischer Kolonialzeit sowie maurische Keramiken und Holzskulpturen aus dem 11. bis 15. Jahrhundert.
Bauwerke
- Algier
Sehenswert ist die überwiegend in osmanischer Zeit entstandene und zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Altstadt (Kasbah) mit ihren gewundenen Gassen. Dort befinden sich zahlreiche Moscheen, viele Paläste aus maurischer Zeit und die Zitadelle aus dem 16. Jahrhundert.
Das Mausoleum des Sufi-Heiligen Sidi Abdarahman (1384–1469) befindet sich auf dem städtischen Friedhof und ist ein beliebtes Pilgerziel besonders von Frauen, die hier ihre Wünsche äußern.
Vom Hafen führen Freitreppen und Straßen hinauf auf den Boulevard Che Guevara (früher Boulevard de la République), eine mit ornamentalem Geländer versehene, 2000 Meter lange Terrasse. Sie wurde zwischen 1860 und 1866 nach Plänen von Morton Peto erbaut. Die Terrasse ruht auf einer doppelten Reihe von etwa 350 Bögen.
An diesem Boulevard liegen unter anderem die palastartigen Gebäude der Bank, der Post und des Justizpalastes, am Ende desselben der Place de la Kasbah (früher Place de Gouvernement), und an demselben der erzbischöfliche Palast, ein älterer maurischer Prachtbau, und die 1660 fertiggestellte Moschee Djamâa el Djedid.
Seit 1845 stand auf dem früheren Place de Gouvernement eine von Charles Marochetti entworfene Reiterstatue des Herzogs Ferdinand Philippe d’Orléans. Nach der Unabhängigkeit wurde die Statue 1963 nach Frankreich transportiert und 1981 in der Gemeinde Neuilly-sur-Seine bei Paris aufgestellt.
Westlich des Boulevard Che Guevara befinden sich das Nationaltheater, und in unmittelbarer Nähe liegt der frühere Winterpalast des Gouverneurs und die katholische Kathedrale. Die Basilika Unserer Lieben Frau von Afrika, erreichbar über eine Drahtseilbahn, steht im Stadtteil Z’ghara und wurde 1872 fertiggestellt.[20]
Das Monument des Martyrs (Maquam E’chahid) entstand im Jahre 1984. Das 90 Meter hohe Bauwerk setzt sich aus drei Palmen zusammen, die auf einer ausgedehnten Esplanade ruhen, wo sich die „ewige Flamme“ befindet. Es ist dem Gedenken an die Opfer der Kämpfe um die nationale Befreiung gewidmet.
Die große Moschee von Algier, im November 2020 eingeweiht, gilt als die drittgrößte Moschee der Welt.[21]
- Tipasa
Rund 50 Kilometer westlich von Algier liegt die 1982 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärte Ruinenstadt Tipasa.[22] Der Ort wurde von den Phöniziern gegründet und von den Römern unter Kaiser Claudius zur römischen Militärkolonie ausgebaut, später wurde er zum Municipium.
Zu sehen sind die Ruinen von drei Kirchen: Die Große Basilika und die Basilika Alexander auf dem westlichen Hügel und die Basilika von St. Salsa auf dem östlichen Hügel. Auch zwei Friedhöfe, die Bäder, das Theater, ein Amphitheater und das Nymphaeum sind erhalten.
Der Verlauf der Stadtmauern ist deutlich zu erkennen und am Fuße des östlichen Hügels befinden sich Reste des antiken Hafens. Die Basiliken sind von Friedhöfen umgeben, die voll von zahlreichen steinernen und mit Mosaiken verzierten Särgen sind.
Freizeit und Erholung
Etwa 20 Kilometer im Westen von Algier befinden sich Badeorte wie Sidi Fredj (ex-Sidi Ferruch), Palm Beach, Douaouda, Zéralda und Club des Pins (Staatswohnsitz). Sie sind mit Touristenkomplexen, algerischen und ausländischen Restaurants, Souvenirläden und überwachten Stränden ausgestattet. Geplant ist die Eröffnung von großen Hotelkomplexen wie „Hilton“, „El-Aurassi“ und „El Djazair“.
In Algier gibt es auch den ersten Wasserpark des Landes. Er liegt östlich der Stadt und hat eine Fläche von zwei Hektar. Dort befinden sich unter anderem Schwimmbecken für Erwachsene und Kinder sowie eine Go-Kart-Bahn. Eine Erweiterung um ein 1,5 Hektar großes Spaßbad ist vorgesehen. Im Osten der Stadt befindet sich auch der Botanische Garten (El-Hamma) mit Zoo und Vergnügungspark. Er wurde 1832 nach Plänen von A. Hardy angelegt. Auf dem 80 Hektar großen Gelände sind zahlreiche exotische Pflanzen und Gartenanlagen zu sehen.
Sport
Mehrere Fußballklubs aus Algier spielen in der ersten Division des Landes.
Der 1962 gegründete Verein CR Belouizdad gehört mit sechs Meisterschaften zu den erfolgreichsten Fußballvereinen Algeriens. Zudem konnte bei sieben Finalteilnahmen fünf Mal der algerische Pokal gewonnen werden. 2000 wurde der Ligapokal gewonnen und 1970 und 1971 holte man das Championnat du Maghreb. Das Stade du 20 août 1955, Austragungsort der Heimspiele, bietet 20.000 Zuschauern Platz.
Der 1937 gegründete Verein USM Algier hat in seiner Geschichte fünf nationale Meistertitel gewonnen und bei 15 Finalteilnahmen sieben Mal den algerischen Pokal geholt. 1997 und 2003 stand der Verein zudem jeweils im Halbfinale der CAF Champions League. Der Spielort von USM Algier, das Omar Hammadi Stadion, bietet 17.000 Zuschauern Platz.
Der 1947 gegründete Verein NA Hussein Dey gewann 1967 die algerische Meisterschaft. Zudem gelang bei vier Finalteilnahmen ein Pokalsieg. 1978 stand man im Finale des afrikanischen Pokals der Pokalsieger. Gespielt wird im Stadion Zioui vor bis zu 15.000 Zuschauern in gelb und rot.
Weitere Fußballklubs der Hauptstadt sind MC Algier, Paradou AC, USM El Harrach, RC Kouba, JHD Algiers, OM Ruisseau und DNC Algier.
Die in Algier geborene Nouria Mérah-Benida ist eine von bislang vier algerischen Sportlern, die bei Olympischen Spielen eine Goldmedaille erringen konnten. Bei den XXVII. Olympischen Sommerspielen 2000 in Sydney, Australien, gewann sie den 1500-Meter-Lauf vor den beiden Rumäninnen Violeta Szekely (Silber) und Gabriela Szabo (Bronze).
Vom 11. bis 23. Juli 2007 war Algier Austragungsort der 9. Afrikaspiele, der Sportspiele für die Nationen des afrikanischen Kontinents. An den Wettkämpfen im 66.000 Zuschauer fassenden Stade 5 Juillet 1962 nahmen Athleten aus 53 Ländern teil. Es wurden Medaillen in 338 Disziplinen und 22 Sportarten vergeben. Auch die 3. Panafrikanischen Spiele vom 13. bis 28. Juli 1978 fanden in Algier statt.
Gastronomie
Die Restaurants der algerischen Hauptstadt bieten dem Gast zahlreiche einheimische und internationale Spezialitäten. Für die traditionelle Küche Algiers typische Lebensmittel sind Fisch, Meeresfrüchte, Schaf- und Lammfleisch, verschiedenes Gemüse, Datteln, Mandeln, Oliven, Trauben und Obst. Die Gerichte werden hauptsächlich mit Kreuzkümmel, Muskat, Zimt und Safran gewürzt. Zur Anwendung kommen aber auch frische Pfefferminze, Petersilie oder Koriander.
Ein Hauptgericht besteht meist aus gebratenem Fleisch (überwiegend Lamm oder Rind) oder auch Fisch mit Couscous (gedämpftem Hartweizengrieß) und einer Gemüsesoße. Verfeinert wird vorwiegend mit Harissa, einer scharfen Soße. Typische Speisen sind auch Shakshuba, ein Eintopf aus Paprika, Tomaten und Zwiebeln mit Eiern sowie Tajine, ein Eintopf mit Lammfleisch. An den Imbissständen Algiers kann man unter anderem Merguez (scharfgewürzte Lammfleischwürstchen) und gefüllte Baguettes kaufen.
Handel
Auf den zahlreichen Märkten und in den Geschäften Algiers gibt es ein vielfältiges Angebot an Lederwaren, Berberteppichen, Kupfer- und Messingartikeln, einheimischer Bekleidung und Schmuck. Aus der Sahara werden lackierte Korbwaren sowie Ton- und Steingutwaren verkauft. Auf den Märkten und in den kleineren Geschäften ist das Handeln üblich. Die Rue Didouche Mourad ist eine der wichtigsten Einkaufsstraßen.
In der algerischen Hauptstadt gibt es zwei staatliche Kunstgewerbezentren mit Festpreisen, wovon sich eines am Flughafen befindet. Die Geschäfte öffnen in der Regel von Sonnabend bis Donnerstag zwischen 8:00 und 12:00 Uhr sowie zwischen 14:00 und 19:00 Uhr. Die Banken öffnen von Sonntag bis Donnerstag zwischen 8:00 und 17:00 Uhr.
Wirtschaft und Infrastruktur
Wirtschaft
Algier ist die wichtigste Industriestadt Algeriens. Bedeutende Produktionszweige sind die Leder- und Textilindustrie, die Verarbeitung von Erdöl und die Herstellung von Kraftfahrzeugen und Metallwaren. Die Hauptstadt ist Sitz der größten Börse des Landes, der Bourse d’Alger.
In der Umgebung der Stadt findet eine intensive landwirtschaftliche Nutzung statt. Das Acker- und Dauerkulturland befindet sich überwiegend in Privatbesitz. Die wichtigsten Agrarprodukte sind Getreide, Zuckerrüben, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Tomaten, Oliven, Datteln, Feigen, Tabak, Wein und Zitrusfrüchte. In Treibhäusern aus Kunststofffolie wird Frühgemüse für den Export kultiviert.
Nach Erlangung der Unabhängigkeit begann die Verstaatlichung einiger Wirtschaftsbereiche. Seit Anfang der 1980er Jahre bemüht man sich jedoch um eine ökonomische Liberalisierung und um die Förderung des Privatsektors.
Probleme bereiten die unzureichende Infrastruktur und die, bedingt durch die Landflucht, außerordentlich große Wohnungsnot. Die Strom- und Wasserversorgung befindet sich in einem desolaten Zustand. In der Stadt bestehen nur ungenügende Entsorgungs- und Reinigungskapazitäten für Abwässer, Abgase und Abfälle.
Es gibt nur wenige Kläranlagen, die oft außer Betrieb sind. Das Abwasser aus der Industrie und den Privathaushalten läuft so ungefiltert ins Mittelmeer. Die Wasserführung der Flüsse in der algerischen Hauptstadt besteht aus hygienisch bedenklichem Abwasser, das zum Teil für die Bewässerung in der Landwirtschaft verwendet wird.
Zu den Infektionserkrankungen, die durch unzureichende hygienische Bedingungen verbreitet werden, kommen so Atemwegs- und Hauterkrankungen aufgrund der giftigen Emissionen der vielen Industriebetriebe und des Kraftfahrzeugverkehrs. Besondere Probleme ergeben sich aus der oft direkten Nachbarschaft ärmerer Wohngebiete und der Industrie. Die Luftverschmutzung und die Zersiedlung historisch bedeutender Areale zerstören viele Kulturdenkmäler Algiers.
Verkehr
Die Stadt ist bedeutendster Verkehrsknotenpunkt des Landes mit Straßen, Eisenbahnen und dem Flughafen Algier. Wegen der strategisch günstigen Lage und des modernen Hafens ist sie ein Zentrum der Aus- und Einfuhr von Gütern sowie Anlaufpunkt zum Auftanken von Schiffen.
Es gibt eine internationale Eisenbahnstrecke nach Tunesien. Algier ist an die Ost-West-Autobahn angeschlossen. Straßen verbinden Algier mit Tunesien, Libyen, dem Niger, Mali und Mauretanien. Der Grenzübergang nach Marokko ist geschlossen. Mit der Fähre kann man von der algerischen Hauptstadt nach Spanien, Frankreich und Italien fahren.
In Algier wurde im Jahr 2009 ein S-Bahn-System mit einer Geschwindigkeit von 160 Kilometer pro Stunde eröffnet. Dafür wurden 64 vierteilige elektrische Triebzüge der Bauart FLIRT bei Stadler in der Schweiz bestellt.[23]
Die Eröffnung der Metro Algier erfolgte am 31. Oktober 2011.[24] Der erste Abschnitt der U-Bahn ist neun Kilometer lang und hat zehn Stationen. Die Linie verläuft dabei vom Süden her in Richtung Norden, danach folgt die Metro der Küstenlinie in Richtung Westen. Die Linie verbindet Aïn Allah mit De Constantine Gué über El-Biar im Stadtzentrum Algiers mit Aïn Naadja. Ein weiterer Ausbau auf insgesamt drei Linien ist geplant.
Ein die U-Bahn ergänzendes Netz der Straßenbahn Algier wurde am 8. Mai 2011 auf einem 8 Kilometer langen Streckenabschnitt teilweise in Betrieb genommen.[25] Im Bau ist eine östliche, 30 Kilometer lange Linie vom Stadtzentrum nach Ain Taya und El Kiffan Bordj mit 30 Haltestellen, sowie eine westliche zwischen der Stadt Bab El Oued und Ain Benian (17 Kilometer, 20 Stationen).[26]
Straßenbahnen verkehrten schon einmal zwischen 1890 und 1969 in der Stadt. Auch Oberleitungsbusse fuhren vom 1. Juli 1934 bis 1974 in der algerischen Hauptstadt.
Es gibt außerdem fünf Seilbahnen, um die teilweise sehr steilen Hänge leichter zu überwinden.
Medien
Die algerische Hauptstadt ist das Medien- und Verlagszentrum des Landes. Fast alle bedeutenden Radio- und Fernsehsender sowie Verlage Algeriens haben ihren Sitz in Algier. Die Stadt ist Sitz der 1961 gegründeten offiziellen Nachrichtenagentur des Landes, Algérie Presse Service (APS). Alle wichtigen ausländischen Nachrichtenagenturen haben Büros in Algier, darunter Agence France-Presse (AFP), Associated Press (AP) und Reuters.
Die in der Hauptstadt erscheinenden Tageszeitungen mit der höchsten Auflage (jeweils mehr als 100.000 verkaufter Exemplare im ganzen Land) sind: Al-Moudjahid (Gründung: 1965, Sprachen: arabisch und französisch), Al-Badil (Gründung: 1990, Sprachen: arabisch und französisch), Le Matin (Gründung: 1990, Sprache: französisch) und El Watan (Gründung: 1990, Sprache: französisch). Die in Algier erscheinende Wochenzeitschrift mit der höchsten Auflage ist Algérie Actualité (Gründung: 1965, Sprache: französisch).
Die Hauptstadt ist Sitz der staatlichen Gesellschaft Radiodiffusion et Télévision Algérienne (RTA). Sie ist für die Kontrolle der Radio- und Fernsehprogramme zuständig. Gesendet wird terrestrisch und über Satellit in Arabisch, Französisch und Tamazight.
Bildung
Die Stadt ist Sitz der 1909 eröffneten Université d’Alger, der Université de Ben Aknoun, der Université de Bouzareah, der Université de la Formation Continue d’Alger, der Université des Sciences et de la Technologie Houari Boumediene und zahlreicher Forschungsinstitute, Hoch- und Fachschulen sowie Bibliotheken. Bedeutende Schulen der Hauptstadt sind die Ecole Nationale des Travaux publics, die École nationale d’administration und die École normale supérieure des langues et Sciences humaines D’Alger.
Weitere wichtige Bildungseinrichtungen in Algier sind: Faculté des Sciences Economiques et Sciences de Gestion, I.N.E.S des sciences commerciales d’Alger, I.N.E.S Oussoul Eddine d’Alger, Institut national agronomique, Institut National de Recherche Forestière, Institut national d’informatique, Institut Supérieur de la Gestion et de la Planification und Unité de recherche en aménagement du territoire.
Allgemeine Schulpflicht besteht für 6- bis 15-Jährige. Die Bildungs- und Ausbildungsunterschiede zwischen Männern und Frauen sind immer noch erheblich. Alphabetisierungsprogramme für Erwachsene und eine höhere Einschulungsrate bewirkten in den letzten Jahrzehnten ein langsames Absinken der Analphabetenrate.
Persönlichkeiten
Mit Algier verbunden waren oder in Algier wirkten folgende Personen:
- Albert Camus (1913–1960), französischer Schriftsteller (1957 Nobelpreis für Literatur)
- Camille Saint-Saëns (1835–1921), französischer Komponist
Filme
- Pépé le Moko – Im Dunkel von Algier (1937), von Julien Duvivier, Gangsterfilm von dokumentarischem Wert über die Kasbah
- Algiers (1938), ein oscar-nominiertes Remake von Pépé le Moko von John Cromwell
- La battaglia di Algeri – Schlacht um Algier (1966), von Gillo Pontecorvo über den algerischen Unabhängigkeitskampf in Algier
- Bab el Oued City – Abschied von Algier (1994), von Merzak Allouache, Momentaufnahme vom Algier der beginnenden Krise
- Viva Laldjérie – Es lebe Algerien (2003), von Nadir Moknèche, Porträt dreier Frauen im modernen Algier
Literatur
- Ernle Bradford: The sultan’s admiral: the life of Barbarossa. Hodder & Stoughton, London 1968, ISBN 0-340-02504-2
- Stephen Clissold: The Barbary Slaves. Rowman and Littlefield, 1977, ISBN 0-236-40084-3
- Geophysical Research Letters, Vol. 31, 2004: The 21 May 2003 Zemmouri (Algeria) earthquake Mw 6.8: Relocationand aftershock sequence analysis
- Ulrich Haarmann (Hrsg.): Geschichte der arabischen Welt. Verlag C. H. Beck, München 1987, ISBN 3-406-31488-0
- Jörg Manfred Mössner: Die Völkerrechtspersönlichkeit und die Völkerrechtspraxis der Barbareskenstaaten (Algier, Tripolis, Tunis 1518–1830). Verlag Walter de Gruyter, Berlin 1968
- Bernhard Schmid: Algerien – Frontstaat im globalen Krieg? Neoliberalismus, soziale Bewegungen und islamistische Ideologie in einem nordafrikanischen Land. Unrast Verlag, Münster 2005, ISBN 3-89771-019-6
- Bernhard Schmid: Das koloniale Algerien. Unrast Verlag, Münster 2006, ISBN 3-89771-027-7
- John B. Wolf: The Barbary Coast: Algeria under the Turks. W. W. Norton & Co Ltd., New York 1979, ISBN 0-393-01205-0
Weblinks
- Goethe-Institut Algier
- Eigendtliche Abbildung der überauß grossen vnd mächtigen Statt Algier so in Barbaria ligt, um 1720, München, Bayerische Staatsbibliothek – Einblatt XI,670
Einzelnachweise
- World Gazetteer: Bevölkerungszahlen in der Kernstadt (Memento vom 6. Januar 2013 im Webarchiv archive.today)
- World Gazetteer: Bevölkerungszahlen der Provinz (Memento vom 6. Januar 2013 im Webarchiv archive.today)
- http://bevoelkerungsstatistik.de/wg.php?x=1200446930&men=gpro&lng=de&dat=80&geo=456390304&srt=npan&col=aohdq&msz=1500&geo=-1048846 (Link nicht abrufbar)
- UNESCO: Eintrag der Kasbah in der Welterbeliste
- K. Schlemmer: Geographische Namen. Dogma, 2012, ISBN 3-95454-628-0, S. 10
- International Institute of Seismology and Earthquake Engineering: List of important earthquakes in Algeria
- Mediterranean Storms – The 9-10 November, 2001 Algerian Flood – A Polar Low? (Memento vom 8. Oktober 2015 im Internet Archive) EarthStation.de (Proceedings of the 4th EGS Plinius Conference held at Mallorca, Spain, October 2002)
- Martin Rheinheimer: From Amrum to Algiers and Back: The Reintegration of a Renegade in the Eighteenth Century. Cambridge University, abgerufen am 4. Juni 2021 (englisch).
- Vgl. Baber Johansen: Contingency in a Sacred Law. Legal and Ethical Norms in the Muslim Fiqh. Leiden u. a. 1999. S. 72, 107-118.
- Walter Schicho: Handbuch Afrika – Nord- und Ostafrika. Band 3/3. Brandes & Apsel Verlag / Südwind, Frankfurt am Main 2004, ISBN 2-262-01494-9, S. 79, 90.
- Michel Abitbol: Le passé d'une discorde – Juifs et Arabes du VIIe siècle à nos jours. Librairie Académique Perrin, Paris 1999, ISBN 2-262-01494-9, S. 275, 293 (Bevölkerungsangaben zitiert nach Zahlen der parlamentarischen Untersuchungskommission Pourquery de Boisserin von 1900).
- Michel Abitbol: Histoire des juifs. In: Marguerite de Marcillac (Hrsg.): Collection tempus. 2. Auflage. Nr. 663. Éditions Perrin, Paris 2016, ISBN 978-2-262-06807-3, S. 613 f.
- la fusillade de la rue d’Isly à Alger (Memento vom 4. August 2012 im Webarchiv archive.today), Ligue des droits de l’homme, März 2002
- Bernard A. Cook (Hrsg.): Europe since 1945. An encyclopedia, Bd. 1. Garland, New York 2001. S. 398 ff. ISBN 0-8153-1336-5.
- Blast at Algiers Airport Kills 9 and Wounds 100. New York Times, 27. August 1992
- Nach Anschlägen – Suche nach Attentätern in Algier. n-tv, 12. April 2007
- Focus: UN-Mitarbeiter unter den Anschlagsopfern, 11. Dezember 2007
- Al-Qaida bekennt sich zu Doppelanschlag. Zeit Online, 12. Dezember 2007
- aidlr.org: Algerien: Mission unter Moslems steht künftig unter Strafe (Memento vom 10. August 2016 im Internet Archive), 3. April 2006
- Notre Dame d’Afrique and Carmelite Convent, Algiers, Algeria. In: World Digital Library. 1899. Abgerufen am 25. September 2013.
- FAZ.net: Umstrittene Fernwirkung
- UNESCO: Eintrag von Tipasa in der Welterbeliste
- FLIRT in Algerien gestartet. (Memento vom 19. Januar 2012 im Internet Archive) stadlerrail.com, 12. Mai 2009; abgerufen am 24. Januar 2011
- Erste Metrolinie der algerischen Hauptstadt nimmt den Passagierbetrieb auf. Siemens, 31. Oktober 2011.
- Tramway d’Alger: Inauguration du 1er tronçon devant un parterre de responsables. Djazairess, 8. Mai 2011
- Delivery of the first section of the Algiers tramway. Alstom, 22. Dezember 2010