Commonwealth of Nations
Das Commonwealth of Nations (bis 1947 British Commonwealth of Nations) ist eine lose Verbindung souveräner Staaten, die in erster Linie vom Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland und dessen ehemaligen Kolonien gebildet wird. Die Gründung geht auf das Jahr 1931 zurück. Sportliches Großereignis des Commonwealth sind die alle vier Jahre stattfindenden Commonwealth Games.
Commonwealth of Nations | |
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Karte der Commonwealth-Mitglieder | |
Englische Bezeichnung | Commonwealth of Nations |
Sitz der Organe | Marlborough House, London, Vereinigtes Königreich |
Vorsitz | Elisabeth II. (Oberhaupt)
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Mitgliedstaaten |
54 |
Amts- und Arbeitssprachen | |
Gründung | 11. Dezember 1931 (Statut von Westminster) 28. April 1949 |
www.thecommonwealth.org |
Geschichte
Das Commonwealth of Nations ist eine Vereinigung unabhängiger Staaten, die heute als Nachfolger des British Empire gesehen werden kann. Die Institutionalisierung des British Commonwealth of Nations war Anfang des 20. Jahrhunderts eine Reaktion des Vereinigten Königreiches auf die Autonomiebestrebungen seiner Dominions (Kanada, Südafrika, Australien und Neuseeland) und sollte diese dadurch an das Empire binden.
Im Balfour-Bericht vom 18. November 1926 wurde festgelegt, dass die Dominions autonome Gemeinschaften innerhalb des British Empires sind. Alle haben die gleichen Rechte, sind in keiner Weise anderen untergeordnet, aber als Mitglieder des Commonwealth verbunden durch die Treue zur Krone („autonomous Communities within the British Empire, equal in status, in no way subordinate one to another in any aspect of their domestic or external affairs, though united by a common allegiance to the Crown, and freely associated as members of the British Commonwealth“). Nochmals niedergeschrieben wurde der Status der Mitgliedstaaten am 11. Dezember 1931 im Statut von Westminster. Im Commonwealth gab es keine festgesetzten Statuten und keine Verfassung. Rein konstitutionell gesehen bestand die einzige Verbindung zwischen dem Vereinigten Königreich und den Dominions in der Treue zur Krone.
Mit den Beitritten von Indien (1947), Ceylon (heute Sri Lanka) (1948) und Pakistan (1949), die vor ihrer Unabhängigkeit zu Britisch-Indien gehörten, entstand das moderne Commonwealth (New Commonwealth). Diese Veränderungen wurden in der Erklärung von London am 28. April 1949 festgehalten. 1952 wurden die bisherigen Dominions umbenannt in Commonwealth Realms. 1957 trat mit der ehemaligen britischen Kolonie Goldküste/Ghana erstmals ein mittelafrikanisches Land dem Commonwealth bei.
Das Commonwealth wurde schließlich zu einem „Auffangbecken“ für die ehemaligen britischen Kolonien, wobei es seit der Ausrufung der Republik in Indien 1950 nicht mehr zwingend ist, dass ein Mitgliedsstaat den britischen König oder die britische Königin auch als sein eigenes Staatsoberhaupt anerkennt. Innerhalb von wenigen Jahren verdoppelte sich die Anzahl der Mitglieder. Bestand die Organisation 1955 noch aus acht Mitgliedern, so waren es 1964 bereits 20. Infolge dieser Erweiterung wurde 1965 das Commonwealth Secretariat gegründet. Aus dem Commonwealth of Nations wurde im Zuge dieser Entwicklung die multiethnische und multikulturelle Organisation, die sie heute darstellt. Seit den Beitritten Mosambiks (1995) und Ruandas (2009) sind auch Länder vertreten, die nie zum Britischen Reich gehörten, sondern portugiesische bzw. belgische Kolonie waren.
Bis 1962 galten Commonwealth-Bürger generell als British Subject und waren somit auch zur Einwanderung nach Großbritannien berechtigt. Dieses Recht endete mit dem Commonwealth Immigrations Act im Jahr 1962.
Commonwealth heute
Das Commonwealth of Nations umfasst 54 Mitgliedstaaten, von denen 15 (die sogenannten Commonwealth Realms) in Personalunion verbunden sind (Stand November 2021). Formal sind die Kronen der 15 Commonwealth Realms getrennt, dennoch ist die britische Monarchie die prominenteste. Um die eigene Souveränität zu betonen, wird aber seit den 1970er Jahren z. B. in Kanada, Australien und Neuseeland mit Bezug auf das eigene Staatsoberhaupt nicht mehr von der britischen Königin, sondern offiziell von der Queen of Canada, Queen of Australia, Queen of New Zealand gesprochen.
Heute leben 29,4 Prozent der Weltbevölkerung (rund zwei Milliarden Menschen) in Mitgliedstaaten des Commonwealth: Indien ist dabei mit Abstand das bevölkerungsreichste Mitglied mit über 1,2 Milliarden Menschen. Auch Pakistan, Bangladesch und Nigeria haben jeweils eine Bevölkerung von mehr als 100 Millionen Menschen. Aber auch Staaten wie die Inselkette Tuvalu, auf der nur etwa 11.500 Menschen leben, gehören dem Bund an.
Wenn ein Commonwealth-Mitgliedstaat beschließt, eine Republik zu werden, tritt er damit formell aus dem Bund aus. Anschließend stellt dieser Staat einen Antrag auf Wiederaufnahme, der automatisch gewährt wird. Die Republik Irland verzichtete nach ihrem Austritt aus dem Commonwealth – welcher am 18. April 1949 im Ireland Act 1949 akzeptiert wurde – darauf, sich um eine Wiederaufnahme zu bewerben.
Organisation
Das Commonwealth Office in London ist die Zentrale dieser Staatenverbindung sui generis. Ähnlich wie bei der UNO in New York entsendet jeder Mitgliedstaat einen Vertreter dorthin, sodass ein ständiger Informationsaustausch stattfinden kann. Zusätzlich treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Commonwealth-Länder alle zwei Jahre zu einem einwöchigen Gipfeltreffen. Hierbei werden wichtige politische und wirtschaftliche Fragen sowie die Weltlage diskutiert. Auch Sanktionen gegen einzelne Staaten, wie beispielsweise 2001 gegen Simbabwe[1], werden hier beschlossen. Am 22. November 2007 hat ein Komitee der Außenminister beschlossen, Pakistan so lange von den Sitzungen auszuschließen, bis die Demokratie wiederhergestellt sei und das Gesetz in dem Land wieder gelte.[2] Am 1. September 2009 gab der Generalsekretär Kamalesh Sharma den Ausschluss Fidschis bekannt, nachdem dessen Regierung zuvor die Rückkehr zur Demokratie nach dem Putsch von 2006 verweigert hatte.[3] Die Fidschi-Inseln waren bereits im Juni 2000 aus ähnlichen Gründen von der Versammlung suspendiert worden.[4]
Der Gipfel findet jedes Mal in einem anderen Mitgliedstaat statt und wird traditionell durch den britischen Monarchen, zuletzt Elisabeth II., als Oberhaupt des Commonwealth eröffnet. Ihre Rolle ist jedoch eine rein symbolische, weshalb die tagespolitische Arbeit in der Führung des Commonwealth von einem Generalsekretär wahrgenommen wird, der von den Regierungschefs der Mitgliedstaaten gewählt wird. Zurzeit ist dies Patricia Scotland. Daneben gibt es einen amtierenden Vorsitzenden der Staatengemeinschaft. Als solcher fungiert der Regierungschef des Landes, in dem das Gipfeltreffen stattfindet; seine Amtszeit läuft bis zum nächsten Gipfel. Seit 2019 hat diese Position Boris Johnson, der Premierminister des Vereinigten Königreiches inne.
Oberhäupter
- König Georg V.
1931–1936 - König Eduard VIII.
1936 - König Georg VI.
1936–1952 - Königin Elisabeth II.
seit 1952
Generalsekretäre
Name | Heimatstaat | Amtsantritt | Ende der Amtszeit |
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Arnold Smith | Kanada | 1. Juli 1965 | 30. Juni 1975 |
Shridath Ramphal | Guyana | 1. Juli 1975 | 30. Juni 1990 |
Emeka Anyaoku | Nigeria | 1. Juli 1990 | 31. März 2000 |
Don McKinnon | Neuseeland | 1. April 2000 | 31. März 2008 |
Kamalesh Sharma | Indien | 1. April 2008 | 31. März 2016 |
Patricia Scotland, Baroness Scotland of Asthal | Dominica / Vereinigtes Königreich |
1. April 2016 | amtierend |
Vorsitzende
Name | Heimatstaat | Amtsantritt | Ende der Amtszeit |
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Thabo Mbeki | Südafrika | 12. November 1999 | 2. März 2002 |
John Howard | Australien | 2. März 2002 | 5. März 2003 |
Olusegun Obasanjo | Nigeria | 5. Dezember 2003 | 25. November 2005 |
Lawrence Gonzi | Malta | 25. November 2005 | 23. November 2007 |
Yoweri Museveni | Uganda | 23. November 2007 | 27. November 2009 |
Patrick Manning | Trinidad und Tobago | 27. November 2009 | 25. Mai 2010 |
Kamla Persad-Bissessar | Trinidad und Tobago | 26. Mai 2010 | 28. Oktober 2011 |
Julia Gillard | Australien | 28. Oktober 2011 | 27. Juni 2013 |
Kevin Rudd | Australien | 27. Juni 2013 | 18. September 2013 |
Tony Abbott | Australien | 18. September 2013 | 15. November 2013 |
Mahinda Rajapaksa | Sri Lanka | 15. November 2013 | 9. Januar 2015 |
Maithripala Sirisena | Sri Lanka | 9. Januar 2015 | 27. November 2015 |
Joseph Muscat | Malta | 27. November 2015 | 19. April 2018 |
Theresa May | Vereinigtes Königreich | 19. April 2018 | 24. Juli 2019 |
Boris Johnson | Vereinigtes Königreich | 24. Juli 2019 | amtierend |
Mitglieder
54 Staaten sind gegenwärtig Mitglied[5] im Commonwealth of Nations (die Jahreszahlen nennen das Beitrittsjahr). Unter ihnen wird unterschieden zwischen Commonwealth Realms, die den britischen Monarchen als Staatsoberhaupt haben, und sonstigen Mitgliedern:
Commonwealth Realms
- Antigua und Barbuda (1981)
- Australien (1931)
- Bahamas (1973)
- Belize (1981)
- Grenada (1974)
- Jamaika (1962)
- Kanada (1931)
- Neuseeland (1931)
- Papua-Neuguinea (1975)
- Salomonen (1978)
- St. Kitts und Nevis (1983)
- St. Lucia (1979)
- St. Vincent und die Grenadinen (1979)
- Tuvalu (1978)
- Vereinigtes Königreich (1931)
Weitere Mitglieder
- Bangladesch (1972)
- Barbados (1966)
- Botswana (1966)
- Brunei (1984)
- Dominica (1978)
- Eswatini (1968) – Trat als Swasiland bei und änderte seinen Namen am 19. April 2018 in Eswatini.
- Fidschi (1970) – Austritt 1987, Wiedereintritt 1997, Suspendierung von 2000 bis 2001, erneute Suspendierung von September 2009 bis 2014
- Gambia (1965) – Austritt 2013, Wiedereintritt 2018[6]
- Ghana (1957)
- Guyana (1966)
- Indien (1947)
- Kamerun (1995) – ist Mitglied, obwohl es bis 1916 deutsche Kolonie bzw. Ost-Kamerun ab 1919 französisches Mandats-/Treuhandgebiet war. Das kleinere West-Kamerun war jedoch britisches Mandats-/Treuhandgebiet.
- Kenia (1963)
- Kiribati (1979)
- Lesotho (1966)
- Malawi (1964)
- Malaysia (1957)
- Malediven (1982) – ursprünglich 1982 eingetreten, am 13. Oktober 2016 ausgetreten und am 1. Februar 2020 wieder eingetreten.[7][8]
- Malta (1964)
- Mauritius (1968)
- Mosambik (1995) – Als ehemalige portugiesische Kolonie ist Mosambik neben Ruanda der einzige Mitgliedstaat, der nie – auch nicht partiell – Teil des britischen Kolonialreichs war.
- Namibia (1990) – war bis 1919 deutsche Kolonie und stand anschließend unter südafrikanischer Verwaltung. Einzig der Landesteil Walvis Bay war Teil des britischen Kolonialreichs.
- Nauru (1999) – Bis 1886 britischer Besitz. 1886 bis 1919 deutsche Kolonie. Anschließend unter australischer Verwaltung.
- Nigeria (1960) – Suspendierung (nach der Hinrichtung Ken Saro-Wiwas und 8 weiterer Bürgerrechtler) von 1995 bis 1999
- Pakistan (1947) – Austritt 1972, Wiedereintritt 1989, Suspendierung von 1999 bis 2004, erneute Suspendierung am 22. November 2007, Wiederaufnahme am 12. Mai 2008.
- Ruanda (2009) – Als ehemalige deutsche Kolonie bzw. nach dem Ersten Weltkrieg belgisches Mandats-/Treuhandgebiet ist Ruanda neben Mosambik der einzige Mitgliedstaat, der nie – auch nicht partiell – Teil des britischen Kolonialreichs war.
- Sambia (1964)
- Samoa (1970)
- Seychellen (1976)
- Sierra Leone (1961)
- Singapur (1965)
- Sri Lanka (1948)
- Südafrika (1931) – Austritt 1961, Wiedereintritt 1994
- Tansania (1961) – Landesteil Tanganjika war bis 1919 als Teil Deutsch-Ostafrikas deutsche Kolonie und wurde erst 1919 britisches Mandats-/Treuhandgebiet.
- Tonga (1970)
- Trinidad und Tobago (1962)
- Uganda (1962)
- Vanuatu (1980)
- Zypern (1961)
Ehemalige Mitglieder
- Dominion Neufundland (1931, seit 1934 nicht mehr eigenständiges Dominion, seit 1949 Teil Kanadas)
- Irland (1931, verließ den Bund 1949)
- Malaya (1957, wurde 1963 Teil Malaysias)
- Sultanat Sansibar (1961, schloss sich 1964 mit Tanganjika zu Tansania zusammen)
- Tanganjika (1961, schloss sich 1964 mit Sansibar zu Tansania zusammen)
- Simbabwe (1980, trat am 7. Dezember 2003 aus, vorausgegangen war am 20. März 2002 die Suspendierung)
Vergleichbare Organisationen
- CPLP – portugiesisch Comunidade dos Países de Língua Portuguesa
- Niederländisch-Indonesische Union und Nederlandse Taalunie / Niederländische Sprachunion
- Communauté française / Französische Gemeinschaft und
- OIF – französisch Organisation internationale de la Francophonie
- Organisation Ibero-Amerikanischer Staaten, portugiesisch Organização de Estados Ibero-americanos (Unterorganisation des Iberoamerika-Gipfels)
Literatur
- Claire Auplat: Les ONG du Commonwealth contemporain. Rôles, bilans et perspectives. L’Harmattan, Paris 2003, ISBN 2-7475-5513-5.
- John Gareth Darwin: A Third British Empire? The Dominion Idea in Imperial Politics. In: Wm. Roger Louis (Hrsg.): The Oxford History of the British Empire. Band 4: Judith M. Brown, Wm. Roger Louis (Hrsg.): The Twentieth Century. Oxford University Press, Oxford u. a. 1999, ISBN 0-19-820564-3, S. 64–87.
- Hessel Duncan Hall: Commonwealth. A history of the British Commonwealth of Nations. Van Nostrand Reinhold, London u. a. 1971, ISBN 0-442-02201-8.
- William B. Hamilton, Kenneth Robinson, Craufurd D. W. Goodwin (Hrsg.): A Decade of the Commonwealth. 1955–1964 (= Commonwealth Studies Center. Publication. Band 25). Duke University Press, Durham NC 1966.
- Denis Judd, Peter Slinn: The Evolution of the Modern Commonwealth 1902–1980. Macmillan, London u. a. 1982, ISBN 0-333-30840-9.
- Nicolas Mansergh: Das Britische Commonwealth. Entstehung – Geschichte – Struktur. Kindler, Zürich 1969.
- Alex May (Hrsg.): Britain, the Commonwealth and Europe. The Commonwealth and Britain’s applications to join the European Communities. Palgrave, Basingstoke u. a. 2001, ISBN 0-333-80013-3.
- Kenneth C. Wheare: The Constitutional Structure of the Commonwealth. Clarendon Press, Oxford 1960.
- Gerhard Altmann: Abschied vom Empire. Die innere Dekolonisation Großbritanniens 1945–1985 (= Moderne Zeit. Band 8). Wallstein, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-870-1 (Zugleich: Freiburg (Breisgau), Universität, Dissertation, 2003: Abschied vom Imperium.).
Weblinks
- Offizielle Website des Commonwealth of Nations (englisch)
Einzelnachweise
- Commonwealth schließt Simbabwe für ein Jahr aus. In: Handelsblatt. 19. März 2002, abgerufen am 29. November 2009.
- Commonwealth schließt Pakistan aus. In: Welt Online. 22. November 2007, abgerufen am 29. November 2009.
- Raus aus dem Club. In: Der Spiegel. Nr. 37, 2009 (online).
- Commonwealth schließt Fidschi von Versammlungen aus. Handelsblatt, 6. Juni 2000, abgerufen am 29. November 2009.
- Member countries. Commonwealth Secretariat, abgerufen am 27. Februar 2018 (englisch).
- Gambia verlässt das Commonwealth. In: derstandard.at. 3. Oktober 2013, abgerufen am 20. Dezember 2014.
- Maldives leaves Commonwealth amid democracy row. In: BBC News. 13. Oktober 2016, abgerufen am 14. Januar 2017 (englisch).
- Malediven sind zurück in Commonwealth. In: ORF News. 1. Februar 2020, abgerufen am 15. November 2021.