Luxus
Luxus (von lateinisch luxus ‚Verschwendung‘, ‚Liederlichkeit‘, eigentlich ‚üppige Fruchtbarkeit‘) bezeichnet Verhaltensweisen, Aufwendungen oder Ausstattungen, welche weit über den durchschnittlichen Lebensstandard einer Gesellschaft hinausgehen. Luxus fasst Phänomene zusammen, die weit über die Bezugsgruppe hinweg als erstrebenswert gelten. Aber nur die Bezugsgruppe kann sich Luxusgüter leisten, da Produkte und Leistungen von höchster Qualität einen hohen Tauschwert besitzen. Die Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse zählte 2009 in Deutschland etwa 3,7 Mio. Menschen zur Gruppe der luxusorientierten Konsumenten, die sich nicht nur durch eine hohe Affinität zu Luxusmarken, sondern auch eine entsprechend hohe Zahlungsbereitschaft auszeichneten.
Materieller Luxus
Materieller Luxus demonstriert eine Lebensform, die sich wegen ihrer exklusiven Merkmale vom normalen gesellschaftlichen Leben abhebt und sich oft als Erfolgs- und Statussymbol repräsentiert. Eine luxuriöse Lebensweise zeigt sich unter anderem in erlesenen Speisen und Getränken sowie in teurer Kleidung, in Schmuck, teuren Autos und exklusiven Domizilen.
Immaterieller Luxus
Luxuskonsum kann neben dem extrinsischen Streben nach Distinktion, Prestige und sozialer Zugehörigkeit auch individuelle, in erster Linie intrinsisch motivierte und damit immaterielle Gründe haben.[1][2] Das Konsumentenverhalten ist nicht ausschließlich von kognitiven, sondern auch affektiven und teilweise unbewussten Motiven geprägt. Personen kaufen Produkte auch aufgrund ihrer symbolischen Bedeutung und nicht nur aus utilitaristischen Gründen.[3]
So kann das Streben nach Selbstbelohnung und Selbstverwirklichung gleichfalls ein Grund für den Konsum von Luxusprodukten sein. Einige suchen in Luxusgütern einen Ausgleich beispielsweise für Stress am Arbeitsplatz und wollen sich mit Luxus verwöhnen. Hier geht es primär um emotionale Bedürfnisse, z. B. nach Genuss.[4][5]
Das bedeutet, dass die luxuriösen Produkte/Dienstleistungen nicht auffällig und für andere sichtbar sein müssen; es geht hier eher um ein Lebensgefühl und darum, seine eigene Persönlichkeit auszudrücken. Der Konsument kauft Marken, die seinen individuellen Wertvorstellungen entsprechen und so zum Symbol eines Lebensstils werden.[6] In diesem Zusammenhang erfüllen Luxusgüter primär eine Identifikationsfunktion, und ihr Konsum ist eher intrinsisch motiviert. So kann die Identität eines Individuums nachhaltig durch den Besitz bestimmter Güter geprägt werden, weil sich ihr symbolischer Gehalt auf den Konsumenten überträgt und dadurch das erweiterte Selbstbild beeinflusst wird. Hierbei kann das Konsumobjekt nicht nur die bereits vorhandenen Eigenschaften des Käufers untermauern, sondern auch bisher noch nicht existente Charakteristika in ihrer Entstehung begünstigen.[7] Das bedeutet, dass durch diese Übertragung eine Bestätigung oder Erhöhung des Selbstkonzeptes bzw. eine Selbstkongruenz entstehen kann.
Die zunehmende Wichtigkeit der immateriellen Komponente der Selbstbelohnung als Ziel des Konsumes/Besitzes von Luxusprodukten zeigt auch eine Studie von LiM/Keylens. So gibt der Großteil der Befragten an, dass das persönliche Vergnügen und die Selbstbelohnung die wichtigsten Motive des Luxuskonsums darstellen. Gründe wie beispielsweise die Konformität bzw. Dazugehörigkeit haben an Bedeutung verloren.[8]
Kultureller und geschichtlicher Kontext
In Ethik und Religion wird Luxus als Verschwendungssucht meist verurteilt. Die vom Wortstamm verwandte Luxuria zählt zu den sieben Todsünden.
Was als Luxus betrachtet wird, hängt stark von kulturellen und ethischen Standards sowie der sozialen Stellung des Urteilenden und nicht zuletzt auch von der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung ab. Gegenwärtig betont die Werbung offen und häufig den Luxus-Charakter bestimmter Produkte, zum Beispiel bei edlem Parfüm oder teuren Autos. Was Luxus ist, unterliegt somit dem sozialen Wandel.
Vor der Erfindung des Buchdrucks war der Erwerb einer (handgeschriebenen) Bibel ein Luxus, den sich nur Fürsten und reiche Bürger leisten konnten; kostete doch ein solches Werk den Gegenwert zweier Fachwerkhäuser. Moderne Produktionsverfahren haben Bibeln und Bücher überhaupt inzwischen für jeden erschwinglich gemacht. Lediglich für Christen, die in Ländern leben, in denen keine Bibeln gedruckt und auch nicht importiert werden dürfen – etwa in Saudi-Arabien – bleiben sie dennoch kaum erreichbarer Luxus.
Galt beispielsweise fließendes Wasser im Haus durch die Antike, im Mittelalter und in der Neuzeit bis ins 19. Jahrhundert hinein (auf dem Lande noch länger) als Luxus, so ist heute durch die moderne Wasserversorgung eine Wasserleitung in jeder Wohnung in den Industrieländern Standard und wird nicht mehr als Luxus empfunden. Für viele arme Menschen in Entwicklungsländern jedoch stellt ein Wasserhahn in ihrer Behausung einen nach wie vor unerreichbaren Luxus dar. Ein privates Hallenbad wird allerdings auch in reichen Ländern noch als Luxus bezeichnet.
Auch der Zugriff auf immaterielle Güter – zum Beispiel durch habituellen Opernbesuch – wird als Luxus nachgefragt oder auch kritisiert.
Daher ist das Urteil, was man unter Luxus versteht, relativ – kennzeichnend ist die Verfügungsgewalt über knappe Güter sowie deren verschwenderischer und unmäßiger Gebrauch und Verbrauch. Aus dieser Verfügungsgewalt ergibt sich auch der repräsentative, soziale Unterschiede betonende Charakter des Luxus: Er signalisiert politische, finanzielle oder kulturelle Macht, deren Träger der Notwendigkeit zur Sparsamkeit enthoben sind.
Steuern und Luxusgesetze
In der Geschichte sind eine Vielzahl von Gesetzen gegen Luxus erlassen worden. Meistens sollte der Aufwand für Kleider, Gastmähler und Begräbnisse in Schranken gehalten werden, teils aus ethischen oder handelspolitischen Gründen, teils um die Verarmung zu verhindern oder eine Abgrenzung der Stände voneinander äußerlich zu ermöglichen.[9]
Beispielsweise wurde in der römischen Republik im Jahr 215 vor Christus die Lex Oppia erlassen, die es untersagte, Purpurgewänder oder teuren Schmuck zu tragen.[10]
Weitere Beispiele für solche (Anti-)Luxusgesetze sind in vielen Kulturen und Zeiten zu finden. So regelte der Doge Gerolamo Priuli 1562, dass die Ausstattung von Gondeln in Venedig nur schwarz sein durfte, um Prunksucht zu verhindern. Generell verboten solche Regelungen keineswegs den Luxus, sondern seine unangemessene Zurschaustellung.[11]
Volkswirtschaftliches
Werner Sombart hat, ausgehend von der frühneuzeitlichen Globalisierung durch den Fernhandel, den Handel mit den damals am meisten lohnenden Luxusgütern (unter anderem Seide, Gewürze, Kaffee, Schokolade, Rohrzucker) als besonderen Initiator des Handelskapitalismus herausgearbeitet.
Anhang
Quellen
- O. Belz: Luxusmarkenstrategie. In: M. Bruhn (Hrsg.): Handbuch Markenartikel. Schäffer-Poeschel, Stuttgart 1994, S. 646–652.
- I. Lasslop: Identitätsorientierte Führung von Luxusmarken. In: H. Meffert, C. Burmann, M. Koers (Hrsg.): Markenmanagement. 2. Auflage. Gabler, Wiesbaden 2005, S. 469–449.
- Nina Maria Preilowski: Luxus – vergleichende Analyse des Konsumentenverhaltens bei Gütern und Dienstleistungen am Beispiel von Luxusaccessoires und -hotels. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2012, ISBN 978-3-8300-6302-5.
- F. Vigneron, L. W. Johnson: A Review and a Conceptual Framework of Prestige-Seeking Consumer Behavior. In: Academy of Marketing Science Review. 1999, online (Memento vom 6. März 2012 im Internet Archive)
- N. Fiske, M. J. Silverstein, J. Butman: Trading Up: The New American Luxury. Portfolio, New York 2003, ISBN 1-59184-013-9.
- O. Belz: Luxusmarkenstrategie. In: M. Bruhn (Hrsg.): Handbuch Markenartikel. Schäffer-Poeschel, Stuttgart 1994, S. 646–652.
- L. Kisabaka: Marketing für Luxusprodukte. Dissertation, Universität zu Köln, 2001.
- K. Manninger, J. Meurer: Von der Pflicht zur Kür. In: Markenartikel Magazin. 12/2010, S. 100–102.
- Luxus. In: Meyers Konversations-Lexikon. 1888.
- Marion Giebel. 2006. ?
- M. Ascheri: Tra vanità e potere: donne, lusso e miti (di ieri e di oggi). In: M. A. Ceppari Ridolfi, P. Turrini: Il mulino della vanità. Siena 1993. S. XVIII.
Literatur
- Norbert Elias: Über die Position des Intendanten im höfisch-aristokratischen Großhaushalt, als Beitrag zum Verständnis des höfisch-aristokratischen Wirtschaftsethos. In: ders.: Die höfische Gesellschaft. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1999.
- Christian Graf von Krockow: Die Heimkehr zum Luxus. Von der Notwendigkeit des Überflüssigen. Kreuz Verlag, Zürich 1989.
- Günther Pöll: Luxus. Eine wirtschaftstheoretische Analyse. Duncker & Humblot, Berlin 1980.
- Wolfgang Reitzle: Luxus schafft Wohlstand. Rowohlt. Hamburg 2003, ISBN 3-498-05762-6.
- Werner Sombart: Luxus und Kapitalismus. Duncker & Humblot, München 1922.
- Karl-Wilhelm Weeber: Luxus im Alten Rom. Die öffentliche Pracht. Primus, Darmstadt 2006, ISBN 3-89678-296-7.
- Christine Weder, Maximilian Bergengruen (Hrsg.): Luxus. Die Ambivalenz des Überflüssigen in der Moderne. Wallstein Verlag, Göttingen 2011, ISBN 978-3-8353-0782-7.
- Max Liedtke (Hrsg.): Luxurierungen. Beschreibung und Analyse aufwändiger Entwicklungen in Natur und Kultur. Vehling, Graz 2004, ISBN 3-85333-106-8.
- Christoper J. Berry: The Idea of Luxury. A conceptual and historical investigation. Cambridge University Press, New York 1994, ISBN 0-521-45448-4.
- Lambert Wiesing: Luxus. Suhrkamp, Berlin 2015, ISBN 978-3-518-58627-3.
Weblinks
- Sandro Guzzi-Heeb: Luxus. In: Historisches Lexikon der Schweiz.