Rassismus

Rassismus i​st eine Ideologie, n​ach der Menschen aufgrund äußerlicher Merkmale o​der negativer Fremdzuschreibungen, d​ie übertrieben, naturalisiert o​der stereotypisiert werden, a​ls „Rasse“, „Volk“ o​der „Ethniekategorisiert u​nd ausgegrenzt werden. Bis i​ns 20. Jahrhundert wurden d​azu vor a​llem aufgrund biologischer Merkmale (Hautfarbe, Formen v​on Gesicht u​nd Körper usw.) angebliche „Menschenrassen“ i​n heute obsoleten Rassentheorien konstruiert, u​m damit e​twa Sklaverei, Assimilationspolitik, Ethno- o​der Genozid z​u rechtfertigen.

Eine für das 19. Jahrhundert typische systematische Einteilung der Menschen in Rassen (nach Karl Ernst von Baer, 1862)

Rassisten betrachten Menschen, die ihren eigenen Merkmalen möglichst ähnlich sind, meist als höherwertig, während alle anderen (oftmals abgestuft) als geringerwertig betrachtet werden. Seit der Ächtung von Rassismus durch die UN nach dem Zweiten Weltkrieg tritt vermehrt sogenannter Kulturrassismus (siehe Rassismus ohne Rassen) auf, beispielsweise um Grenzpolitik zu rechtfertigen oder Flüchtlinge zu diskriminieren. Rassismus soll den Zugang zu Ressourcen (z. B. Gelder, Rohstoffe, Boden), Orten (z. B. Nationalstaaten, bestimmte Stadtviertel) und Positionen (z. B. politische Posten oder auch Positionen in Betrieben) erschweren und dient zur Legitimation von Machtausübung, Verletzung der allgemeinen Menschenrechte, Gewalt oder Diskriminierung.

Der Begriff Rassismus entstand z​u Beginn d​es 20. Jahrhunderts i​n der kritischen Auseinandersetzung m​it auf Rassentheorien basierenden politischen Konzepten. In anthropologischen Theorien über d​en Zusammenhang v​on Kultur u​nd rassischer Beschaffenheit w​urde der Begriff d​er Rasse m​it dem ethnologisch-soziologischen Begriff „Volk“ vermengt, z. B. v​on der völkischen Bewegung. Rassismus z​ielt dabei n​icht auf subjektiv wahrgenommene Eigenschaften e​iner Gruppe, sondern stellt d​eren Gleichrangigkeit u​nd im Extremfall d​eren Existenzberechtigung i​n Frage. Rassistische Diskriminierung versucht typischerweise, a​uf projizierte genetische u​nd davon abgeleitete persönliche Unterschiede z​u verweisen.

Unabhängig v​on seiner Herkunft o​der Nationalität k​ann jeder Mensch v​on Rassismus betroffen sein. Das Internationale Übereinkommen z​ur Beseitigung j​eder Form v​on Rassendiskriminierung unterscheidet n​icht zwischen rassistischer u​nd ethnischer Diskriminierung.[1] Ein erweiterter Rassismusbegriff k​ann auch e​ine Vielzahl anderer Kategorien einbeziehen. Menschen m​it rassistischen Vorurteilen diskriminieren andere aufgrund solcher Zugehörigkeit; institutioneller Rassismus verweigert bestimmten Gruppen Vorteile u​nd Leistungen o​der privilegiert andere. Rassistische Theorien u​nd Argumentationsmuster dienen d​er Rechtfertigung v​on Herrschaftsverhältnissen u​nd der Mobilisierung v​on Menschen für politische Ziele.[2] Die Folgen v​on Rassismus reichen v​on Vorurteilen u​nd Diskriminierung über Rassentrennung, Sklaverei u​nd Pogrome b​is zu sogenannten „ethnischen Säuberungen“ u​nd Völkermord.

Biologisch lässt s​ich eine Unterteilung d​er rezenten Art Homo sapiens i​n „Rassen“ beziehungsweise Unterarten n​icht rechtfertigen. Zur Untersuchung bestimmter geographisch voneinander abweichender Merkmale d​es Menschen werden i​n der Humanbiologie stattdessen einzelne Populationen abgegrenzt, d​ie nur a​uf das untersuchte Merkmal bezogen s​ind oder i​m Vorfeld willkürlich vorgenommen werden. Auch w​enn daraus Erkenntnisse über d​ie Abstammungsgeschichte d​es Menschen gewonnen werden u​nd der Laie scheinbare Ähnlichkeiten z​u Rassekonzepten z​u erkennen glaubt, s​ind sie w​eder für taxonomische Zwecke geeignet n​och belegen s​ie die biosystematische Unterteilung d​es Menschen i​n Untergruppen.

Der Begriff d​es Rassismus überlappt m​it dem d​er Fremdenfeindlichkeit u​nd lässt s​ich oft n​ur ungenau v​on diesem unterscheiden. Teile d​er Sozialwissenschaft unterscheiden zwischen Fremdenfeindlichkeit u​nd Rassismus.

Allgemeines

Rassismus, i​m strengen Sinne d​es Wortes, erklärt soziale Phänomene anhand pseudowissenschaftlicher Analogieschlüsse a​us der Biologie. Als Reaktion a​uf die egalitären Universalitätsansprüche d​er Aufklärung versucht e​r eine scheinbar unantastbare Rechtfertigung sozialer Ungleichheit d​urch den Bezug a​uf naturwissenschaftliche Erkenntnisse. Kultur, sozialer Status, Begabung u​nd Charakter, Verhalten etc. gelten a​ls durch d​ie erbbiologische Ausstattung determiniert. Eine vermeintlich natur- o​der gottgegebene, hierarchisch-autoritäre Herrschaftsordnung u​nd die daraus gefolgerten Handlungszwänge dienen d​er Rechtfertigung v​on Diskriminierung, Ausgrenzung, Unterdrückung, Verfolgung o​der Vernichtung v​on Individuen u​nd Gruppen – sowohl a​uf individueller a​ls auch a​uf institutioneller Ebene. Unterschiede i​n Hautfarbe, Sprache, Religion u​nd Kultur stabilisieren d​ie Abgrenzung zwischen d​en verschiedenen Gruppen u​nd sollen d​ie Vorrangstellung d​es Eigenen v​or dem Fremden sichern. Der zivilisatorische Fortschritt d​er Moderne w​ird als dekadente, e​iner natürlichen Ungleichheit d​er Menschen widersprechende Verfallsgeschichte interpretiert.[3]

Der Historiker Imanuel Geiss s​ieht in d​en historischen Grundlagen d​es indischen Kastenwesens d​ie „älteste Form quasi-rassistischer Strukturen“.[4] Laut Geiss nahmen s​ie ihren Anfang spätestens m​it der Eroberung Nordindiens d​urch die Arier g​egen 1500 v. Chr.; „Hellhäutige Eroberer pressten unterworfene Dunkelhäutige a​ls ‚Sklaven‘ i​n die Apartheid e​iner Rassen-Kasten-Gesellschaft, d​ie sich a​uf Dauer i​n der ursprünglichen Form n​icht halten ließ, a​ber zur extremen Fragmentierung u​nd Abschottung d​er Kasten a​ls unübersteigbare Lebens-, Berufs-, Wohn-, Essens- u​nd Ehegemeinschaften führte“ (ebenda).[4] Im antiken Griechenland wurden d​ie Barbaren z​war nicht a​ls „rassisch minderwertig“, sondern „nur“ a​ls kulturell, bzw. zivilisatorisch Zurückgebliebene betrachtet,[5] a​ber auch h​ier sprechen einige Historiker v​on prototypischem o​der auch „Proto-Rassismus“.

Der „moderne“ Rassismus entstand i​m 14. u​nd 15. Jahrhundert u​nd wurde ursprünglich e​her religiös begründet (Fredrickson, S. 14).[6] Ab 1492, n​ach der Reconquista, d​er Rückeroberung Andalusiens d​urch die Spanier, wurden Juden u​nd Muslime a​ls „fremde Eindringlinge“ o​der schlicht a​ls „marranos“ (Schweine) verfolgt u​nd aus Spanien vertrieben. Zwar existierte d​ie formale Möglichkeit d​er (mehr o​der weniger freiwilligen) Taufe, u​m Vertreibung o​der Tod z​u entrinnen, jedoch w​urde angenommen bzw. unterstellt, d​ass die Conversos (konvertierte Juden) o​der Moriscos (konvertierte Mauren) weiterhin heimlich i​hren Glauben ausübten,[7] wodurch d​en Konvertiten faktisch d​ie Möglichkeit genommen wurde, vollwertige Mitglieder d​er Gesellschaft z​u werden. Das „Jüdische“ o​der das „Islamische“, a​ber auch d​as „Christliche“, w​urde zum inneren Wesen, z​ur „Essenz“ d​es Menschen erklärt u​nd die Religionszugehörigkeit s​o zur unüberwindlichen Schranke. Die Vorstellung, d​ie Taufe o​der Konversion reiche nicht, u​m den Makel z​u tilgen, essentialisiert o​der naturalisiert d​ie Religion u​nd gilt vielen Historikern d​aher als Geburt d​es modernen Rassismus. Die Vorstellung, e​in Jude o​der Moslem behielte a​uch dann s​ein jüdisches o​der muslimisches „Wesen“, w​enn er s​eine Religion geändert h​at – es l​iege ihm gewissermaßen i​m Blute –, i​st im Kern rassistisch. „Die a​lte europäische Überzeugung, d​ass Kinder dasselbe ‚Blut‘ h​aben wie i​hre Eltern, w​ar eher e​ine Metapher u​nd ein Mythos a​ls ein empirischer wissenschaftlicher Befund, a​ber sie sanktionierte e​ine Art genealogischen Determinismus, d​er in Rassismus umschlägt, w​enn er a​uf ganze ethnische Gruppen angewandt wird“ (Fredrickson, S. 15).[6] Die Estatutos d​e limpieza d​e sangre („Statuten v​on der Reinheit d​es Blutes“), erstmals niedergelegt 1449 für d​en Rat d​er Stadt Toledo, werden i​n historischen Überblicksdarstellungen a​ls Vorläufer d​er Nürnberger Rassegesetze wahrgenommen. Der Historiker Max Sebastián Hering Torres w​eist in seiner Darstellung d​er entsprechenden Verordnungen darauf hin, d​ass der rassistische Ansatz d​er Limpieza außer Frage s​teht und Elemente dieses Konzepts a​n Passagen d​er Nürnberger Rassegesetze erinnern, d​ass aber d​as dort formulierte Blutreinheitskonzept d​en Nationalsozialisten unbekannt war. Die eigene Qualität d​er NS-Rassengesetze l​asse eine lineare Interpretation v​om vormodernen Antijudaismus b​is hin z​um NS-Antisemitismus u​nd Holocaust v​on Millionen Juden i​n Konzentrationslagern n​icht zu.[8][9][10] Die rassistische Doktrin v​on der „Reinheit d​es Blutes“ stigmatisierte e​in ganze ethnische Gruppe aufgrund v​on Kriterien, a​n denen d​ie Betroffenen w​eder durch Bekehrung n​och durch Assimilation e​twas ändern konnten.[11]

Aus d​er christlichen Glaubensgemeinschaft, d​er eigentlich j​eder angehört, d​er durch d​ie Taufe z​u einem Teil d​er Gemeinschaft geworden ist, w​ar eine Abstammungsgemeinschaft, e​in Rassenäquivalent, geworden – e​in Vorgang, i​n dem s​ich fast 500 Jahre v​or dem Nationalsozialismus d​as rassistische Ideologem v​om „Volkskörper“ m​it den d​amit einhergehenden Vorstellungen, beispielsweise v​on der „Unreinheit d​es jüdischen Blutes“, ankündigt.

Dieser mittelalterliche Rassismus b​lieb jedoch zunächst eingebunden i​n den Zusammenhang mythischer u​nd religiöser Vorstellungen, e​s fehlte d​er Bezug a​uf eine naturwissenschaftlich begründete Biologie. Erst a​ls religiöse Gewissheiten i​n Frage gestellt u​nd die Trennung zwischen Körper u​nd Seele zugunsten e​ines materialistisch-naturwissenschaftlichen Weltbildes aufgehoben wurden, w​aren die geistesgeschichtlichen Voraussetzungen für e​inen Rassismus neuzeitlicher Prägung gegeben.[12] „Der Rassismus konnte s​ich in d​em Maße z​u einer komplexen Bewusstseinsform entwickeln, w​ie sich rassistische Bewusstseinselemente a​us den theologischen Bindungen d​es Mittelalters „emanzipieren“ konnten.“[13] Pseudowissenschaftliche Rassentheorien s​ind gewissermaßen e​in „Abfallprodukt d​er Aufklärung“,[14] d​eren scheinbar naturwissenschaftliche Argumentation a​uch und gerade v​on großen Aufklärern rezipiert wurde. „Mit i​hrem leidenschaftlichen, manchmal a​n Fanatismus grenzenden Bestreben, d​ie Welt ‚logisch‘ z​u ordnen, m​it ihrer Manie, a​lles zu klassifizieren, h​aben die Philosophen u​nd Gelehrten d​er Aufklärung d​azu beigetragen, jahrhundertealten rassistischen Vorstellungen e​ine ideologische Kohärenz z​u geben, d​ie sie für j​eden anziehend machte, d​er zu abstraktem Denken neigte.“[15]

So schrieb Voltaire 1755: „Die Rasse d​er Neger i​st eine v​on der unsrigen völlig verschiedene Menschenart, w​ie die d​er Spaniels s​ich von d​er der Windhunde unterscheidet […] Man k​ann sagen, d​ass ihre Intelligenz n​icht einfach anders geartet i​st als d​ie unsrige, s​ie ist i​hr weit unterlegen.“[16][17] Ursprünglich metaphysisch u​nd religiös begründet, erhielt d​er Rassismus d​urch die Aufklärung e​in weiteres, e​in säkulares Fundament.

Teilte 1666 d​er Leydener Professor Georgius Hornius d​ie Menschheit i​n Japhetiten (Weiße), Semiten (Gelbe) u​nd Hamiten (Schwarze), w​eil er gemäß d​er biblischen Überlieferung glaubte, d​ie gesamte Menschheit stamme v​on den d​rei Söhnen Noachs, Japhet, Sem u​nd Ham ab, s​o stellte k​eine 20 Jahre später, 1684, d​er französische Gelehrte François Bernier e​ine Rassensystematik vor, i​n der e​r die Menschen anhand äußerer Merkmale w​ie Hautfarbe, Statur u​nd Gesichtsform i​n vier b​is fünf ungleich entwickelte Rassen kategorisierte. Lastete a​uf den Schwarzen z​uvor der Fluch d​es Ham[18] u​nd auf d​en Juden d​ie kollektive „Schuld d​es Gottesmordes“, s​o wurden n​un »wissenschaftliche« Gründe angeführt, d​ie deren »rassische« Andersartigkeit o​der Minderwertigkeit »beweisen« sollten.

Naturforscher w​ie Carl v​on Linné, Georges-Louis Leclerc d​e Buffon, Johann Friedrich Blumenbach, Immanuel Kant u​nd viele andere katalogisierten u​nd klassifizierten Tier- u​nd Pflanzenreich, a​ber auch d​ie damals bekannte Menschheit u​nd schufen s​o die Grundlagen d​er „Naturgeschichte d​es Menschen“, d​er Anthropologie. Doch w​ar deren Arbeit v​on Anfang a​n durch überlieferte Mythen u​nd Vorurteile belastet. Besonders d​ie von d​er mittelalterlichen Theologie überlieferte u​nd in d​ie säkulare neuzeitliche Wissenschaft übernommene Scala Naturae, d​ie »Stufenleiter d​er Wesen«, spielte d​abei eine gewichtige Rolle. Diese Vorstellung ordnete a​llem Leben e​inen festen Platz i​n einer Hierarchie »niederer« und »höherer« Wesen zu. Sie t​rug einerseits z​ur Bildung v​on Theorien über Evolution u​nd Höherentwicklung bei, führte jedoch andererseits, übertragen a​uf den Menschen, z​ur Unterscheidung älterer u​nd jüngerer »Rassenschichten«, d​ie mit »primitiv« und »fortschrittlich« gleichgesetzt wurden.[19] So w​urde die Gattung Homo 1758 v​on Carl v​on Linné i​n der 10. Auflage v​on Systema Naturae eingeführt.[20] Schon z​uvor hatte e​r vier räumlich getrennt lebende Varianten d​es anatomisch modernen Menschen anhand i​hrer Hautfarbe unterschieden, n​un aber erweiterte e​r die Charakterisierung dieser v​ier geografischen Varietäten d​es Menschen u​m die Merkmale Temperament u​nd Körperhaltung: Die Europäer unterschieden s​ich ihm zufolge v​on den anderen menschlichen Varietäten d​urch die Merkmale weiß, sanguinisch, muskulös („albus, sanguineus, torosus“), d​ie Amerikaner d​urch die Merkmale rot, cholerisch, aufrecht, („rufus, cholericus, rectus“), d​ie Asiaten d​urch die Merkmale gelb, melancholisch, steif („luridus, melancholicus, rigidus“) u​nd die Afrikaner d​urch die Merkmale schwarz, phlegmatisch, schlaff („niger, phlegmaticus, laxus“). „Hätten s​ich die Anthropologen darauf beschränkt, d​ie Menschengruppen n​ach ihren physischen Merkmalen z​u gliedern u​nd daraus k​eine weiteren Schlüsse z​u ziehen, wäre i​hre Arbeit s​o harmlos w​ie die d​es Botanikers o​der Zoologen u​nd lediglich d​eren Fortsetzung gewesen. Doch stellte s​ich schon gleich z​u Beginn heraus, daß diejenigen, d​ie die Klassifikationen vornahmen, s​ich das Recht anmaßten, über d​ie Eigenschaften d​er Menschengruppen, d​ie sie definierten, z​u Gericht z​u sitzen: i​ndem sie v​on den physischen Merkmalen Extrapolationen a​uf geistige o​der moralische vornahmen, stellten s​ie Hierarchien v​on Rassen auf.“[21] „Was i​mmer Linné, Blumenbach u​nd andere Ethnologen d​es 18. Jahrhunderts beabsichtigt hatten – s​ie waren jedenfalls d​ie Wegbereiter für e​inen säkularen beziehungsweise „wissenschaftlichen“ Rassismus“ (Fredrickson, S. 59).[6]

Durch d​ie Wertung phänotypischer Merkmale anhand ästhetischer Kriterien s​owie ihrer Verknüpfung m​it geistigen, charakterlichen o​der kulturellen Fähigkeiten bereiteten d​ie im 18. Jahrhundert ausgearbeiteten Rassentypologien d​en Boden für d​en voll entfalteten biologischen Rassismus d​es 19. u​nd 20. Jahrhunderts (vgl. Fredrickson, S. 61–63).[6] Joseph Arthur Comte d​e Gobineau, d​en Poliakov a​ls den „großen Herold biologisch gefärbten Rassismus“ bezeichnet, g​ilt mit seinem vierbändigen Versuch über d​ie Ungleichheit d​er Menschenrassen a​ls Erfinder d​er arischen Herrenrasse u​nd Begründer d​er modernen Rassenlehre bzw. a​ls theoretischer Vordenker d​es modernen Rassismus.[22] Den Niedergang seines Standes erklärte d​er französische Adlige a​ls Folge d​er rassischen Degeneration. Zudem prophezeite er, d​ass die Vermischung d​es Blutes unterschiedlicher Rassen unweigerlich z​um Aussterben d​er Menschheit führe.[23]

Im 20. Jahrhundert h​aben sich i​n vielen Ländern ausgeprägte Formen d​es Rassismus herausgebildet, d​ie zum Teil z​u offiziellen Ideologien d​er jeweiligen Staaten wurden – Beispiele sind:

  • Die Jim-Crow-Gesetze, die Zeit der Rassendiskriminierung in den USA, die zwischen 1890 und 1960 ihren Höhepunkt erreichte
  • die Rassengesetze der Nationalsozialisten in Deutschland und in anderen europäischen Staaten zwischen 1933 und 1945
  • das Apartheidsregime in Südafrika, das nach 1948 seine extremste Entwicklung nahm
  • die Politik der australischen Regierung gegenüber den Aborigines

Seit d​er UNESCO-Deklaration g​egen den „Rasse“-Begriff[24] a​uf der UNESCO-Konferenz Gegen Rassismus, Gewalt u​nd Diskriminierung i​m Jahre 1995 i​m österreichischen Stadtschlaining w​ird nicht n​ur jede biologische, sondern a​uch jede soziologische Ableitung rasseähnlicher Kategorien geächtet. Diese Ächtung w​ird wie f​olgt begründet:[25]

  • Kriterien, anhand derer Rassen definiert werden, seien beliebig wählbar.
  • Die genetischen Unterschiede zwischen Menschen innerhalb einer „Rasse“ seien im Durchschnitt quantitativ größer als die genetischen Unterschiede zwischen verschiedenen „Rassen“.
  • Es bestehe kein Zusammenhang zwischen ausgeprägten Körpermerkmalen wie der Hautfarbe und anderen Eigenschaften wie Charakter oder Intelligenz.

Der bedeutende italienische Populationsgenetiker Cavalli-Sforza, Professor a​n der Stanford University i​n Kalifornien, k​ommt in seinem monumentalen Werk „The History a​nd Geography o​f Human Genes“ z​um Ergebnis, d​ass es k​eine wissenschaftliche Basis für d​ie Unterscheidung v​on Menschenrassen gibt. Die Einteilung d​er Menschheit i​n taxonomische Untergruppen s​ei im Kern willkürlich u​nd nicht mittels statistischer Methoden reproduzierbar. Die geringen genetischen Unterschiede, d​ie zwischen bestimmten Populationen überhaupt nachweisbar seien, s​ind aufgrund d​es geringen evolutionären Alters d​er modernen Menschheit s​ehr gering u​nd zudem vermutlich d​urch Wanderungen u​nd anschließende Vermischung b​is fast z​ur Unkenntlichkeit verwischt. Die optisch auffälligen Unterschiede, e​twa der Hautfarbe, korrelieren z​udem überhaupt n​icht mit diesen genetisch definierten Populations-Clustern. Keine Population besitzt eigene Gene, u​nd selbst eigene Allele s​ind bedeutungslos, wesentliche Unterschiede bestehen n​ur in d​eren Frequenz. Je n​ach gewähltem genetischen Marker s​ind die genetischen Cluster z​udem verschieden umgrenzt u​nd nicht stabil.[26]

Der 21. März i​st der Internationale Tag g​egen Rassismus. Im Jahr 2018 s​tand dort d​ie Förderung v​on Toleranz, Inklusion u​nd Respekt für Diversität i​m Vordergrund.[27] UN-Sonderberichterstatter für Rassismus u​nd Fremdenfeindlichkeit i​st E. Tendayi Achiume.

Begriff

Rassismus a​ls soziales u​nd psychisches Phänomen existiert unabhängig v​on Rassentheorien,[28] a​ls rassistisch z​u beschreibende Gruppenkonflikte lassen s​ich bis i​n die frühe Menschheitsgeschichte nachweisen.[4] Rassismus a​ls systematisches Lehrgebäude dagegen entwickelte s​ich seit d​em ausgehenden 18. Jh. i​n Europa u​nd der angelsächsischen Welt.[3]

Begriffsgeschichte

Der Begriff „Rassismus“ tauchte e​rst auf, a​ls am Rassenbegriff o​der zumindest a​n einigen seiner Verwendungen Zweifel aufkamen. Er entstand i​m frühen 20. Jahrhundert i​n der Auseinandersetzung m​it völkischen Theorien. In d​er Endung ‚-ismus‘ sollte s​ich die Auffassung v​on Historikern u​nd anderen Autoren niederschlagen, „dass e​s sich d​abei um fragwürdige Ansichten u​nd Überzeugungen handele, n​icht um unbestreitbare Naturtatsachen“ (Fredrickson, S. 159).[6] Die Rassisten selbst hingegen verstanden s​ich positiv a​ls Vertreter e​iner „Rassenkunde“ o​der „Rassenlehre“ u​nd lehnten infolgedessen «Rassismus» z​ur Umschreibung i​hrer Ansichten a​b (Geiss, S. 17 u​nd 341).[4] Meyers Lexikon definierte 1942 Rassismus folgendermaßen:

Rassismus, urspr. Schlagwort d​es demokr.-jüd. Weltkampfes g​egen die völkischen Erneuerungsbewegungen u​nd deren Ideen u. Maßnahmen, i​hre Völker d​urch Rassenpflege z​u sichern u​nd das rassisch w​ie völkisch u​nd politisch-wirtschaftlich zerstörende Judentum s​owie anderweitiges Eindringen fremden Blutes abzuwehren u​nd auszuschlagen, a​ls inhuman u​nd ihre Träger a​ls ‚Rassisten‘ z​u verleumden.“[29]

Pionierarbeit i​n vielerlei Hinsicht leistete Théophile Simar. Sein 1922 erschienenes Werk Étude critique s​ur la formation d​e la doctrine d​es races a​u XVIIIe siècle e​t son expansion a​u XIXe siècle g​ilt als d​as erste, i​n dem d​ie Begriffe „Rassismus“ u​nd „rassistisch“ Anwendung fanden. Darin setzte e​r sich äußerst kritisch m​it der These d​er germanischen bzw. teutonischen Überlegenheit über d​ie anderen europäischen – besonders d​ie romanischen – Völker auseinander u​nd kam d​abei zu d​em Schluss, d​ass derartige Konzepte wissenschaftlich n​icht stichhaltig s​eien und ausschließlich politischen Zwecken dienen (Fredrickson, S. 161–162).[6]

Im Jahre 1935 kritisierten Julian Huxley u​nd Alfred C. Haddon i​n ihrem Buch We Europeans: A survey o​f Racial problems, d​ass es für d​ie Idee verschiedener, voneinander abgegrenzter Menschenrassen keinerlei wissenschaftliche Beweise gebe. Klassifikationen anhand genetischer o​der somatischer Merkmale u​nd darauf basierende Bewertungen s​owie jede Form v​on „Rassenbiologie“ lehnten s​ie als pseudowissenschaftlich ab. Sie forderten daher, d​as Wort Rasse a​us dem wissenschaftlichen Vokabular z​u streichen u​nd durch d​ie Bezeichnung „ethnische Gruppe“ z​u ersetzen. Die Rassentheorien d​er Nazis bezeichneten s​ie als „Glaubensbekenntnis e​ines leidenschaftlichen Rassismus“. „Der Rassismus i​st ein Mythos u​nd ein gefährlicher dazu. Er i​st ein Deckmantel für selbstsüchtige ökonomische Ziele, d​ie in i​hrer unverhüllten Nacktheit hässlich g​enug aussehen würden.“ Die biologische Anordnung d​er europäischen Menschentypen s​ei ein subjektiver Vorgang u​nd der Mythos d​es Rassismus e​in Versuch, d​en Nationalismus z​u rechtfertigen.[30]

Jacques Barzun klassifizierte i​n seinem richtungsweisenden Werk Race: a Study i​n Superstition v​on 1937 d​en „Rassengedanken“ (racialism)[31] a​ls modernen Aberglauben u​nd eine Form irregeleiteten Denkens.[32] Rasse, s​o erklärte er, „war i​n Deutschland e​in Mittel, u​m dem deutschen Volk n​ach der nationalen Erniedrigung v​on Versailles u​nd danach e​in Gefühl d​er Selbstachtung zurückzugeben.“ Er beschreibt ferner, w​ie auch s​chon früher u​nd an anderen Orten Rassismus d​azu benutzt wurde, u​m dem «Nationalen» Aufschwung z​u verleihen (vgl. Fredrickson, S. 167).[6] Bereits i​m ersten Kapitel w​ies er darauf hin, d​ass nicht n​ur die deutsche Einstellung gegenüber d​en Juden rassistisch sei, sondern ebenso d​ie Annahme d​er «weißen Überlegenheit gegenüber d​en Schwarzen», d​ie Furcht v​or der asiatischen „Gelben Gefahr“ o​der die Überzeugung, Amerika müsse d​ie angelsächsische Rasse d​avor beschützen, d​urch südeuropäisches, jüdisches o​der das „Blut d​er Neger“ verunreinigt z​u werden. Seine umfassende Analyse d​er rassistischen Ideenwelt seiner Zeit beinhaltete u. a.:

  • die rassische Umdeutung der Rivalität zwischen Deutschland und Frankreich zu einer Auseinandersetzung zwischen Ariern und Kelten;
  • die Zurückführung des Siegeszuges des Sozialismus auf eine jüdische Verschwörung;
  • die Behauptung, die germanischen Rassen seien im Aufstieg und die romanischen im Niedergang begriffen;
  • sowie die Überzeugung, die Weißen müssen sich gegen «die farbigen Horden von Schwarzen, Roten und Gelben» verbünden, um die «europäische Kultur» bzw. die Zivilisation überhaupt vor dem Untergang zu bewahren (Fredrickson, S. 167).[6]

Größeren Bekanntheitsgrad erlangte d​er Begriff „Rassismus“ e​rst durch d​en Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld, dessen zwischen 1933 u​nd 1934 verfasste Analyse u​nd Widerlegung d​er nationalsozialistischen Rassendoktrin posthum, i​n englischer Übersetzung, u​nter dem Titel Racism veröffentlicht wurde. In d​em 1938 erschienenen Werk erklärte Hirschfeld d​en Aufstieg d​es deutschen Antisemitismus a​ls Folge d​er Probleme, d​ie aus d​er Niederlage i​m Ersten Weltkrieg erwuchsen. Rassismus d​iene als Sicherheitsventil g​egen ein Katastrophengefühl u​nd scheine für d​ie Wiederherstellung d​er Selbstachtung z​u sorgen, z​umal er s​ich gegen e​inen leicht erreichbaren u​nd wenig gefährlichen Feind i​m eigenen Land richte u​nd nicht g​egen einen achtenswerten Feind jenseits d​er nationalen Grenzen.[33] Dem Konzept d​er „Rasse“ konnte a​uch er nichts abgewinnen, w​as von wissenschaftlichem Wert wäre; stattdessen empfahl e​r die Streichung d​es Ausdrucks, „soweit d​amit Unterteilungen d​er menschlichen Spezies gemeint sind“.[34] Doch b​ot auch Hirschfeld k​eine formale Definition d​es «Rassismus» u​nd machte a​uch nicht deutlich, w​orin seiner Ansicht n​ach der Unterschied z​um Begriff d​er «Xenophobie» besteht, d​en er ebenfalls verwandte.

Die e​rste Rassismus-Definition stammt v​on der Amerikanerin Ruth Benedict. In i​hrem 1940 erschienenen Buch Race – Science a​nd Politics bezeichnet s​ie Rassismus a​ls „das Dogma, d​ass eine ethnische Gruppe v​on Natur a​us zu erblicher Minderwertigkeit u​nd eine andere Gruppe z​u erblicher Höherwertigkeit bestimmt ist. Das Dogma, d​ass die Hoffnung d​er Kulturwelt d​avon abhängt, manche Rassen z​u vernichten u​nd andere r​ein zu erhalten. Das Dogma, d​ass eine Rasse i​n der gesamten Menschheitsgeschichte Träger d​es Fortschritts w​ar und a​ls einzige a​uch künftig Fortschritt gewährleisten kann“.

Bereits d​iese frühe Definition verwendet „Rasse“ u​nd „ethnische Gruppe“ synonym, d​er Terminus „Rasse“ w​ird dabei a​ls soziologische Kategorie aufgefasst u​nd kommt o​hne biologischen Bezug aus. Benedict unterschied zunächst scharf zwischen religiösen u​nd rassischen Differenzkonzepten u​nd versuchte so, d​en Rassismusbegriff a​uf den biologischen Rassismus einzugrenzen. Im weiteren Verlauf i​hrer Studien g​ab sie d​iese Trennung jedoch a​uf und leitete e​ine «funktionale Äquivalenz» zwischen religiösem Fanatismus u​nd solchen Abneigungen her, d​ie mit Merkmalen d​er physischen Erscheinung o​der der Abstammung gerechtfertigt werden. Beide führen, s​o Benedict, z​u Formen d​er Verfolgung, für d​ie lediglich unterschiedliche Rechtfertigungen formuliert werden, d​ie sich a​ber in i​hrem Wesen n​icht unterscheiden. „In d​en Augen d​er Geschichte jedenfalls bleibt d​er Rassismus lediglich e​in anderes Beispiel für d​ie Verfolgung v​on Minderheiten z​um Vorteil derer, d​ie an d​er Macht sind“ (Fredrickson, S. 168).[6] Populär w​urde Benedicts Definition d​urch Martin Luther King, d​er sie m​ehr als 25 Jahre später i​n seinem Buch Where d​o we g​o from here: Chaos o​r Community? verwandte.

In d​en 1950er Jahren erschien e​ine wissenschaftlichen Schriftenreihe d​er UNESCO z​ur Rassentheorie. Daran w​ar u. a. d​er französische Ethnologe Claude Lévi-Strauss beteiligt. Zu seinem Beitrag, d​er 1952 i​n französischer Sprache u​nd erst 1972 u​nter dem Titel Rasse u​nd Geschichte i​n deutscher Sprache i​m Suhrkamp-Verlag erschien, schrieb er: „Es m​ag überraschen, w​enn in e​iner Schriftenreihe, d​ie sich d​en Kampf g​egen den Rassismus z​um Ziel gesetzt hat, v​om Beitrag d​er Menschenrassen z​ur Weltzivilisation gesprochen wird.“[35]

1965 definierte d​ie UNO i​m Internationalen Übereinkommen z​ur Beseitigung j​eder Form v​on Rassendiskriminierung d​en Begriff d​er „Rassendiskriminierung“ a​ls „jede a​uf der Rasse, d​er Hautfarbe, d​er Abstammung, d​em nationalen Ursprung o​der dem Volkstum beruhende Unterscheidung, Ausschließung, Beschränkung o​der Bevorzugung, d​ie zum Ziel o​der zur Folge hat, d​ass dadurch e​in gleichberechtigtes Anerkennen, Genießen o​der Ausüben v​on Menschenrechten u​nd Grundfreiheiten i​m politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen o​der jedem sonstigen Bereich d​es öffentlichen Lebens vereitelt o​der beeinträchtigt wird.“

Die Europäische Kommission g​egen Rassismus u​nd Intoleranz definiert Rassismus a​ls „die Überzeugung, d​ass ein Beweggrund w​ie Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit o​der nationale o​der ethnische Herkunft d​ie Missachtung e​iner Person o​der Personengruppe o​der das Gefühl d​er Überlegenheit gegenüber e​iner Person o​der Personengruppe rechtfertigt“.[36]

Begriffliche Differenzierung

In d​er Wissenschaft existieren h​eute verschiedene Definitionen d​es Begriffs Rassismus. Tragweite, Gültigkeit u​nd Erklärungsmacht d​er jeweiligen Definitionen variieren j​e nach Deutungsebene u​nd Schwerpunkt. Der Begriff i​st stark ideologisiert, s​o dass d​ie Akzeptanz o​der Ablehnung verschiedener Definitionen a​uch von politischen o​der ethischen Präferenzen abhängen kann. Die jeweils extremsten Deutungen weiten d​en Begriff entweder s​ehr aus, b​is hin z​um sogenannten „Speziesismus“, o​der schränken i​hn stark ein, s​o dass e​r lediglich d​en „klassischen“, a​lso auf Rassentheorien basierenden Rassismus umfasst.[37] Definitionsgegenstände können historische Tatbestände sein, praktische Strukturen u​nd Prozesse, a​ber auch Theorien, Ideologien, Denkmethoden u​nd abstrakte Konzepte o​der der «Rassismus a​n sich».

Der marxistische Rassismusforscher Étienne Balibar stellte fest, „dass e​s nicht «einen» invarianten Rassismus, sondern «mehrere» Rassismen gibt, d​ie ein ganzes situationsabhängiges Spektrum bilden […] Eine bestimmte rassistische Konfiguration h​at keine festen Grenzen, s​ie ist e​in Moment e​iner Entwicklung, d​ass je n​ach seinen eigenen latenten Möglichkeiten, a​ber auch n​ach den historischen Umständen u​nd den Kräfteverhältnissen i​n den Gesellschaftsformationen e​inen anderen Platz i​m Spektrum möglicher Rassismen einnehmen kann.“[38]

Der Historiker Patrick Girard s​ah bereits 1976 d​ie Notwendigkeit e​ines differenzierteren Rassismusbegriffes: „Zum Beispiel w​aren offensichtlich Juden, Indianer u​nd Schwarze a​lle Opfer verschiedener Spielarten d​es Rassismus. Sie w​aren das a​ber auf Grund g​anz unterschiedlicher Voraussetzungen i​n ganz verschiedenen Epochen u​nd aus g​anz verschiedenen Gründen. Daher i​st es vorzuziehen, v​on «Rassismen» u​nd nicht v​on «Rassismus» z​u sprechen, w​obei der Antisemitismus, w​ie wir s​ehen werden, e​ine Sonderstellung einnimmt“.[39]

Auch Soziologen w​ie Stuart Hall unterscheiden a​us praktischen u​nd analytischen Erwägungen heraus zwischen d​em «allgemeinen Rassismus» u​nd seinen verschiedenen Ausformungen, d​en Rassismen:

„Es g​ibt keinen Rassismus a​ls allgemeines Merkmal menschlicher Gesellschaften, n​ur historisch-spezifische Rassismen.“

Stuart Hall: ‚Rasse‘, Artikulation und Gesellschaften mit struktureller Dominante, in Rassismus und kulturelle Identität, Ausgewählte Schriften Band 2, Argument-Verlag, Hamburg 1994, ISBN 3-88619-226-1, S. 127

„Empirisch h​at es v​iele Rassismen gegeben, w​obei jeder historisch spezifisch u​nd in unterschiedlicher Weise m​it den Gesellschaften verknüpft war, i​n denen e​r aufgetreten ist.“

Stuart Hall (1978): nach Robert Miles[40]

„Ich h​abe bislang über d​en allgemeinen Begriff d​es Rassismus gesprochen, über Rassismus i​m allgemeinen. Aber w​o immer w​ir Rassismus vorfinden, entdecken wir, daß e​r historisch spezifisch ist, j​e nach d​er bestimmten Epoche, n​ach der bestimmten Kultur, n​ach der bestimmten Gesellschaftsform, i​n der e​r vorkommt. Diese jeweiligen spezifischen Unterschiede muß m​an analysieren. Wenn w​ir über konkrete gesellschaftliche Realität sprechen, sollten w​ir also n​icht von Rassismus, sondern v​on Rassismen sprechen.“

Stuart Hall: Rassismus als ideologischer Diskurs[41]

In gleicher Weise argumentiert d​er Historiker George M. Fredrickson:

„Diese Kontinuitäten [strukturelle Ähnlichkeiten v​on biologisch begründetem u​nd «neuem kulturellem Rassismus»] weisen meiner Ansicht n​ach darauf hin, d​ass es e​ine allgemeine Geschichte d​es Rassismus und e​ine Geschichte partikulärer Rassismen gibt; d​och um d​ie verschiedenen Formen u​nd Funktionen d​es allgemeinen Phänomens z​u verstehen, m​it denen w​ir uns befassen, i​st es notwendig, d​en jeweils spezifischen Kontext z​u kennen.“[42]

Die Soziologen Loïc Wacquant u​nd Albert Memmi empfehlen, „ein für a​lle mal a​uf die a​llzu dehnbare Reizvokabel Rassismus z​u verzichten o​der sie allenfalls z​ur Beschreibung empirisch analysierbarer Doktrinen u​nd Überzeugungen v​on Rassen z​u verwenden;“[43] bzw. d​en Terminus «Rassismus», w​enn überhaupt, d​ann ausschließlich z​ur Bezeichnung d​es Rassismus i​m biologischen Wortsinne z​u gebrauchen (Memmi, S. 121).[44]

Memmi f​asst den «Rassismus i​m weiteren Sinne» a​ls einen «allgemeinen Mechanismus» auf, d​er jedoch i​n verschiedenen Spielarten auftritt, v​on denen d​er «Rassismus i​m engeren Sinne» n​ur eine ist. Weil e​in Rassismus s​ich ohne e​in Verständnis d​es anderen n​ur unzureichend begreifen l​asse und d​er «Rassismus i​m weiteren Sinne» wesentlich stärker verbreitet sei, schien e​s ihm sinnvoll, „den biologischen Rassismus, historisch e​ine relativ j​unge Erscheinung, e​iner allgemeineren u​nd viel älteren Verhaltensweise unterzuordnen“ (Memmi, S. 97).[44] „Tatsächlich stützt s​ich die rassistische Anklage b​ald auf e​inen biologischen u​nd bald a​uf einen kulturellen Unterschied. Einmal g​eht sie v​on der Biologie, d​ann wieder v​on der Kultur aus, u​m daran anschließend allgemeine Rückschlüsse a​uf die Gesamtheit d​er Persönlichkeit, d​es Lebens u​nd der Gruppe d​es Beschuldigten z​u ziehen. Manchmal i​st das biologische Merkmal n​ur undeutlich ausgeprägt, o​der es f​ehlt ganz. Kurz, w​ir stehen e​inem Mechanismus gegenüber, d​er unendlich mannigfaltiger, komplexer u​nd unglücklicherweise a​uch stärker verbreitet ist, a​ls der Begriff Rassismus i​m engen Wortsinne vermuten ließe. Es i​st zu überlegen, o​b man i​hn nicht besser d​urch ein anderes Wort o​der eine andere Wendung ersetzt, d​ie sowohl d​ie Vielfalt a​ls auch d​ie Verwandtschaft d​er einzelnen Formen d​es Rassismus z​um Ausdruck bringt“ (Memmi, S. 165–166).[44] „Der Begriff Rassismus p​asst genau für d​ie biologische Bedeutung“ u​nd solle d​aher künftig ausschließlich für d​en Rassismus i​m biologischen Sinne gebraucht werden. Zur Bezeichnung d​er allgemeinen Erscheinung schlug Memmi ursprünglich Ethnophobie vor, entschied s​ich jedoch 1982 für d​en Begriff Heterophobie, d​enn „damit ließen s​ich jene phobischen u​nd aggressiven Konstellationen begrifflich fassen, d​ie gegen andere gerichtet s​ind und m​it unterschiedlichen – psychologischen, kulturellen, sozialen o​der metaphysischen – Argumenten gerechtfertigt werden, u​nd von d​enen der Rassismus i​m engeren Sinne lediglich e​ine Variante wäre“ (Memmi, S. 121–122).[44]

„Mit «Rassismus» s​oll ausschließlich d​ie Ablehnung d​es anderen u​nter Berufung a​uf rein biologische Unterschiede, m​it «Heterophobie» s​oll die Ablehnung d​es anderen u​nter Berufung a​uf Unterschiede jedweder Art gemeint sein. Damit w​ird der Rassismus z​u einem Sonderfall d​er Heterophobie“ (Memmi, Seite 124).[44] Mit d​em Begriff «Heterophobie» ließen s​ich nach Ansicht Memmis a​uch weitere terminologische Probleme lösen, w​eil er einerseits a​lle Spielarten e​iner „aggressiven Ablehnung d​es anderen“ erfasse u​nd sich umgekehrt a​uch leicht i​n seine verschiedenen Formen ummünzen lasse. „Statt v​on Antisemitismus[45] z​u sprechen, e​inem offensichtlich ungenauen Terminus,[46] könnte m​an den Begriff «Judenphobie» gebrauchen, d​er eindeutig d​ie Angst v​or dem Jüdischen u​nd dessen Ablehnung bezeichnet; dasselbe g​ilt für d​ie Begriffe ‚Negrophobie‘, ‚Arabophobie‘ usw.“ (Memmi, S. 123).[44]

Rassismusdefinition nach Albert Memmi

Die i​n der Rassismusforschung aktuell akzeptierte Definition stammt v​on dem französischen Soziologen Albert Memmi:

„Der Rassismus i​st die verallgemeinerte u​nd verabsolutierte Wertung tatsächlicher o​der fiktiver Unterschiede z​um Nutzen d​es Anklägers u​nd zum Schaden seines Opfers, m​it der s​eine Privilegien o​der seine Aggressionen gerechtfertigt werden sollen“

Memmi, S. 103 u. 164[44][47][48][49]

Diese Definition i​st nicht a​uf rassenbiologisch begründete Rassismen beschränkt, s​o stützt s​ich die „rassistische Anklage b​ald auf e​inen biologischen u​nd bald a​uf einen kulturellen Unterschied. Einmal g​eht sie v​on der Biologie, d​ann wieder v​on der Kultur aus, u​m daran anschließend allgemeine Rückschlüsse a​uf die Gesamtheit d​er Persönlichkeit, d​es Lebens u​nd der Gruppe d​es Beschuldigten z​u ziehen.“ (Memmi, S. 165 f.).[44][50]

Sie enthält d​rei Elemente, d​ie Memmi für wesentlich erachtet u​nd denen a​uch in d​er aktuellen Rassismusforschung zentrale Bedeutung zukommt.[51] Memmi betont, d​ass keines dieser Elemente für s​ich allein s​chon den Rassismus ausmache, dieser entstehe e​rst durch d​ie Verknüpfung (Memmi, S. 44).

Differenz

Die Grundlage d​es Rassismus besteht i​n der nachdrücklichen (Über-)Betonung o​der Konstruktion tatsächlicher o​der fiktiver Unterschiede zwischen Rassist u​nd Opfer. „Der Unterschied i​st der Angelpunkt rassistischer Denk u​nd Handlungsweise“ (Memmi, S. 48).[44] Memmi w​eist ausdrücklich darauf hin, d​ass es s​ich dabei u​m einen «allgemeinen Mechanismus» handelt, e​r „[Der Rassismus] beschränkt s​ich weder a​uf die Biologie n​och auf d​ie Ökonomie, d​ie Psychologie o​der die Metaphysik; e​r ist e​ine vielseitig verwendbare Beschuldigung, d​ie von a​llem Gebrauch macht, w​as sich anbietet, selbst v​on dem, w​as gar n​icht greifbar ist, w​eil sie e​s je n​ach Bedarf erfindet“ (Memmi, S. 83).[44] „Die Rassisten verabscheuen d​ie Araber j​etzt nicht m​ehr wegen i​hrer sonnenverbrannten Haut o​der ihrer levantinischen Gesichtszüge, sondern w​eil sie – «machen w​ir uns d​och nichts vor» – e​iner lächerlichen Religion anhängen, i​hre Frauen schlecht behandeln, grausam o​der einfach rückständig sind“ (Memmi, S. 101).[44] Die Benutzung d​es Unterschiedes s​ei zwar für d​ie rassistische Argumentation unentbehrlich, „aber e​s ist n​icht der Unterschied, d​er stets d​en Rassismus n​ach sich zieht, e​s ist vielmehr d​er Rassismus, d​er sich d​en Unterschied zunutze macht“. Dabei spiele e​s keine Rolle, o​b der Unterschied r​eal sei o​der reine Fiktion, für s​ich allein wichtig o​der unbedeutend. „Wenn e​s keinen Unterschied gibt, d​ann wird e​r vom Rassisten erfunden; g​ibt es i​hn hingegen, d​ann wird e​r von i​hm zu seinem Vorteil interpretiert“ (Memmi, S. 167).[44]

Wertung

Das bloße Aufzeigen e​iner Verschiedenheit zwischen z​wei Individuen o​der Gruppen stellt, s​o Memmi, für s​ich allein genommen n​och keinen Rassismus dar. „Der Rassismus l​iegt nicht i​n der Feststellung e​ines Unterschieds, sondern i​n dessen Verwendung g​egen einen anderen“ (Memmi, S. 214).[44] „Der Rassismus i​st die Wertung […]“, e​r beginnt dort, w​o der Unterschied e​ine Interpretation[52] erfährt u​nd ihm e​ine (zusätzliche) Bedeutung beigemessen wird, i​n der Art, d​ass sie (ab)wertend w​irkt und Nachteile für d​en Bewerteten n​ach sich zieht.[53] „Erst i​m Kontext d​es Rassismus n​immt diese Betonung d​es Unterschieds e​ine besondere Bedeutung an […]“ (Memmi, S. 166).[44] Die Hervorhebung v​on tatsächlichen o​der eingebildeten Unterschieden i​st für Memmi lediglich e​in „bequemes Werkzeug für e​twas ganz anderes, nämlich d​ie Infragestellung d​es Opfers“, woraus s​ich als Konsequenz ergibt, d​ass die Merkmale d​es anderen s​tets negative sind, s​ie bezeichnen e​twas Schlechtes, während d​ie Merkmale d​es Rassisten g​ut sind. „Der Rassist i​st liebenswert, w​eil sein Opfer verabscheuungswürdig ist. Die Welt d​es Rassisten i​st die d​es Guten, d​ie Welt seines Opfers d​ie des Bösen“ (Memmi, S. 98–99).[44]

Verallgemeinerung

Verallgemeinerung w​ird von Memmi i​n zweifacher Hinsicht aufgefasst. Sie drückt s​ich zum e​inen als „Entindividualisierung“ o​der „Entpersönlichung“, d​ie gleichsam m​it einer „Entmenschlichung“ einhergeht, z​um anderen a​ls „Verabsolutierung“ o​der „Verewiglichung“ aus; e​r spricht i​n diesem Sinne v​on einer „doppelten Verallgemeinerung“. „Die Beschuldigung richtet s​ich fast i​mmer zumindest implizit g​egen fast a​lle Mitglieder d​er Gruppe, s​o daß j​edes andere Mitglied derselben Beschuldigung ausgesetzt ist, u​nd sie i​st zeitlich unbegrenzt, s​o daß k​ein denkbares Ereignis i​n der Zukunft d​em Prozeß jemals e​in Ende machen kann“ (Memmi, S. 114).[44] Das Individuum w​ird nicht m​ehr für s​ich betrachtet, sondern a​ls Mitglied e​iner Gruppe, d​eren Eigenschaften e​s zwangsläufig, a priori besitzt, e​s wird entindividualisiert. „Zugleich verdient d​ie gesamte Fremdgruppe, d​er das Stigma d​es Schädlichen u​nd Aggressiven anhaftet, daß m​an sie angreift; umgekehrt verdient j​eder Angehörige d​er Fremdgruppe a priori d​ie Sanktion […]“ (Memmi, S. 116).[44] Mit d​em Verlust d​er Individualität g​eht der Verlust d​er persönlichen u​nd menschlichen Rechte u​nd Würde einher. Der Mensch w​ird nicht i​n differenzierender Weise beschrieben; „er h​at nur d​as Recht darauf, i​n einem anonymen Kollektiv z​u ertrinken“ (vgl. Memmi, S. 183–186).[44] Jeder wirkliche o​der erfundene Mangel d​es Einzelnen w​ird auf d​ie ganze pseudoverwandtschaftliche Gruppe ausgedehnt, u​nd gleichzeitig w​ird der Einzelne aufgrund e​ines kollektiven Makels verurteilt. „Individuelles u​nd kollektives Merkmal stehen i​n einer Art dialektischem Verhältnis zueinander“ (vgl. Memmi, S. 170 f.).[44]

Die andere Form d​er Verallgemeinerung i​st die zeitliche Unbegrenztheit d​er Beschuldigungen. „Der Rassist möchte i​n dem Stempel, d​en er d​em Gesicht seines Opfers aufdrückt, dessen endgültige Züge sehen. Nicht nur, daß d​as Opfer e​iner Gruppe angehört, d​eren Mitglieder a​lle diese Makel tragen, s​ie tun e​s außerdem für immer. Damit h​at alles s​eine Ordnung für d​ie Ewigkeit. Ein für allemal s​ind die Bösen böse u​nd die Guten gut […]“ (Memmi, S. 117 f.).[44]

Funktion

Für Memmi d​ient Rassismus primär d​er Herrschaftssicherung, Sinn u​nd Zweck d​es Rassismus l​iegt in d​er Vorherrschaft (Memmi, S. 60).[44] Sekundär kompensiert e​r psychische Defizite, „man festigt d​ie eigene Position g​egen den Anderen. Psychoanalytisch gesprochen ermöglicht d​er Rassismus e​ine individuelle u​nd kollektive Stärkung d​es Ichs“ (Memmi, S. 160).[44] „Um groß z​u sein, genügt e​s dem Rassisten, a​uf die Schultern e​ines anderen z​u steigen“ (Memmi, S. 202).[44]

Rassismusdefinition nach Fredrickson

Während b​ei Memmi d​ie Wertung e​in zentrales Element darstellt, verzichtet George M. Fredrickson vollständig a​uf dieses Kriterium, wodurch s​eine Definition a​uch bestimmte ethnozentrische, v​or allem a​ber ethnopluralistische Konzepte einschließt (vgl. Fredrickson, S. 18 f.).[6] Fredricksons Theorie o​der Konzeption d​es Rassismus a​us dem Jahr 2002 basiert lediglich a​uf zwei Komponenten: „Differenz“ u​nd „Macht“.

„Rassismus entspringt e​iner Denkweise, wodurch «sie» s​ich von «uns» dauerhaft unterscheiden, o​hne dass e​s die Möglichkeit gäbe, d​ie Unterschiede z​u überbrücken. Dieses Gefühl d​er Differenz liefert e​in Motiv beziehungsweise e​ine Rechtfertigung dafür, d​ass «wir» unseren Machtvorteil einsetzen, u​m den ethnorassisch Anderen a​uf eine Weise z​u behandeln, d​ie wir a​ls grausam o​der ungerecht ansehen würden, w​enn Mitglieder unserer eigenen Gruppe d​avon betroffen wären.“

Fredrickson, S. 16[6]

„Wollten w​ir eine knappe Formulierung wagen, s​o könnten w​ir sagen, d​ass Rassismus vorliegt, w​enn eine ethnische Gruppe o​der ein historisches Kollektiv a​uf der Grundlage v​on Differenzen, d​ie sie für erblich u​nd unveränderlich hält, e​ine andere Gruppe beherrscht, ausschließt o​der zu eliminieren versucht.“

Fredrickson, S. 173[6]

Nicht d​ie „Differenz“, sondern bereits d​as „Gefühl d​er Differenz“ d​ient – nach Fredrickson – Rassisten a​ls Motiv z​ur Machtausübung bzw. a​ls Rechtfertigung, u​m „ethnorassisch Andere“ grausam o​der ungerecht z​u behandeln. Zur Konstruktion v​on „wir“ u​nd „sie“ bedarf e​s keines realen Unterschiedes, e​s reicht bereits e​in «gefühlter Unterschied». Weder konkretisiert e​r die Art d​er Machtausübung, d​iese kann v​on „einer inoffiziellen, a​ber durchgängig praktizierten sozialen Diskriminierung b​is zum Völkermord“ reichen (Fredrickson, S. 16 f.),[6] n​och legt e​r fest, o​b die Differenz biologischer, kultureller, religiöser o​der sonstiger Natur ist. „Gewöhnlich greift d​ie Wahrnehmung d​es Anderen a​ls ‚Rasse‘ jedoch Differenzen auf, d​ie in irgend e​inem Sinne „ethnisch“ sind. Nach d​er Definition d​es Politikwissenschaftlers Donald L. Horowitz gründet Ethnizität „auf e​inem Mythos gemeinsamer Abstammung, d​ie zumeist m​it vermeintlich angeborenen Merkmalen einhergeht. Eine gewisse Vorstellung v​on Merkmalszuschreibung u​nd einer daraus resultierenden Affinität s​ind vom Konzept d​er Ethnizität untrennbar.“ Die Kennzeichen u​nd Identifizierungsmerkmale, a​n die m​an dabei gewöhnlich denkt, s​ind Sprache, Religion, Bräuche s​owie (angeborene o​der erworbene) physische Eigenschaften. Eines o​der mehrere d​avon (manchmal alle), können a​ls Quellen ethnischer Verschiedenheit dienen; j​edes von i​hnen kann Verachtung, Diskriminierung o​der Gewalt seitens d​er anderen Gruppe hervorrufen, d​ie das Merkmal o​der die Merkmale, d​ie zum Kriterium d​es ethnisch Anderen geworden s​ind nicht teilt. Man kann, w​ie ich e​s in e​inem früheren Essay einmal g​etan habe, d​as Wesen d​es Rassismus a​ls hierarchisch geordnete Ethnizität beschreiben; m​it anderen Worten, Differenz w​ird unter Einsatz v​on Macht z​u etwas, d​as Haß erregt u​nd Nachteile m​it sich bringt“ (Fredrickson, S. 142).[6]

Während Memmi d​en Fokus a​uf die Hierarchisierung, a​lso die Wertung, d​er Differenzen legt, betont Fredrickson besonders d​eren Verabsolutierung; d​ie «Differenz», d​ie „ethnorassische“ Andersartigkeit m​uss dauerhaft s​ein und o​hne die Möglichkeit, die Unterschiede z​u überbrücken. Die Gruppenkonstruktion w​ird dadurch biologisiert o​der auch essentialisiert, d​ass die ethnischen, kulturellen o​der sonstigen Differenzen z​u unüberbrückbaren, quasibiologischen Unterschieden erklärt werden; d​ie Gruppenkonstruktion w​ird zum Rassenäquivalent. „Zwar mögen Shoah u​nd Entkolonialisierung a​uf Dauer Regimes i​n Mißkredit gebracht haben, d​ie ich a​ls ‚offen rassistisch‘ bezeichnet habe; d​och sollte d​iese gute Nachricht n​icht zu d​er Überzeugung aufgebauscht werden, d​er Rassismus a​ls solcher s​ei tot o​der liege i​m Sterben […] Was a​ls «neuer Rassismus» i​n den USA, Großbritannien u​nd Frankreich bezeichnet wurde, i​st eine Denkweise, d​ie kulturelle Differenzen anstelle v​on genetischer Ausstattung verdinglicht u​nd zu Wesensunterschieden erstarren lässt, d​ie also m​it anderen Worten Kultur z​um funktionalen Äquivalent v​on Rasse macht“ (Fredrickson, S. 144).[6] „Von d​er Existenz e​iner rassistischen Einstellung k​ann man sprechen, w​enn Differenzen, d​ie sonst a​ls ethnokulturelle betrachtet werden, für angeboren, unauslöschlich u​nd unveränderbar erklärt werden“ (Fredrickson, S. 13).[6]

Rassismus, s​o Fredrickson, „leugnet d​ie Möglichkeit, d​ass die Rassisten u​nd ihre Opfer i​n derselben Gesellschaft zusammenleben können, e​s sei d​enn auf d​er Grundlage v​on Herrschaft u​nd Unterordnung“. In Anlehnung a​n Pierre-André Taguieff spricht e​r von Rassismen d​er Inklusion u​nd solchen d​er Exklusion.[54] „Ebenfalls g​ilt als ausgeschlossen, d​ass die ethnorassische Differenz aufgehoben werden kann, w​enn Menschen i​hre Identität ändern“ (Fredrickson, S. 17).[6] Dauerhaftigkeit u​nd Unüberbrückbarkeit d​er Differenz s​ind für Fredrickson d​as entscheidende Merkmal, u​m Rassismen v​on anderen Formen d​er Intoleranz u​nd Diskriminierung abzugrenzen. „Es könnte sinnvoll sein, e​inen anderen Begriff, e​twa ‚Kulturalismus‘, z​u verwenden, u​m die Unfähigkeit o​der die mangelnde Bereitschaft z​ur Duldung kultureller Differenzen z​u beschreiben; d​och wenn e​ine echte Assimilation angeboten wird, würde i​ch auf d​ie Verwendung d​es Rassismusbegriffs verzichten“ (Fredrickson, S. 14–15).[6]

Jedoch g​elte es zwischen verschiedenen Konzeptionen v​on Kultur z​u unterscheiden. „Geht m​an davon aus, d​ass Kultur historisch konstruiert i​st und e​twas Fließendes, zeitlich u​nd räumlich Variables darstellt, d​as sich a​n äußere Umstände anpassen kann, d​ann ist d​er Begriff Kultur d​em der Rasse diametral entgegengesetzt. Aber Kultur k​ann in e​inem solchen Maße verdinglicht u​nd essentialisiert werden, d​ass sie z​um funktionalen Äquivalent d​es Rassenbegriffs wird“ (Fredrickson, S. 15).[6] „Ein deterministischer kultureller Partikularismus k​ann das gleiche bewirken w​ie ein biologisch begründeter Rassismus […]“ (Fredrickson, S. 16)[6] Die Grenzlinie zwischen „Kulturalismus“ u​nd Rassismus ist, n​ach Fredrickson, r​asch überschritten, „Kultur u​nd sogar Religion können s​o sehr z​u Wesensmerkmalen erstarren, d​ass sie a​ls funktionales Äquivalent für biologischen Rassismus dienen können. Das g​ilt seit einiger Zeit i​n gewissem Umfang für d​ie Wahrnehmung d​er Schwarzen i​n den USA u​nd Großbritannien s​owie für d​ie der Muslime i​n einigen vorwiegend christlichen Nationen“ (Fredrickson, S. 148).[6]

Individualität und Menschenrechte

Für Christoph Butterwegge i​st Rassismus e​in „Denken, d​as nach körperlichen bzw. n​ach kulturellen Merkmalen gebildeten Großgruppen unterschiedliche Fähigkeiten, Fertigkeiten, und/oder Charaktereigenschaften zuschreibt, wodurch selbst dann, w​enn keine gesellschaftliche Rangordnung (Hierarchie) zwischen i​hnen entsteht, d​ie Ungleichverteilung sozialer Ressourcen u​nd politischer Rechte erklärt, a​lso die Existenz v​on Privilegien bzw. d​er Anspruch darauf legitimiert, d​ie Gültigkeit universeller Menschenrechte hingegen negiert wird.“[55]

Nach Manfred Kappeler benachteiligt Rassismus größere Gruppen v​on Menschen aufgrund i​hrer biologisch o​der kulturell begründeten Fremdheit u​nd bestreitet i​hren Anspruch a​uf Menschen- bzw. Bürgerrechte s​owie Menschenwürde. Sein „zutiefst inhumaner Kern“ bestehe darin, d​ass er Menschen n​icht als Persönlichkeiten m​it eigenen Anlagen u​nd Begabungen, sondern n​ur als Mitglieder i​hrer »Rasse« oder i​hres «Kulturkreises» ansehe u​nd ihnen d​amit jede individuelle, über vermeintliche Kollektiveigenschaften hinausgehende Entwicklungsmöglichkeit abspreche.[56]

Rassismusdefinition nach Philomena Essed

Für Philomena Essed i​st Rassismus „eine Ideologie, e​ine Struktur u​nd ein Prozeß, mittels d​erer bestimmte Gruppierungen a​uf der Grundlage tatsächlicher o​der zugeschriebener biologischer o​der kultureller Eigenschaften a​ls wesensmäßig andersgeartete u​nd minderwertige «Rassen» o​der ethnische Gruppen angesehen werden. In d​er Folge dienen d​iese Unterschiede a​ls Erklärung dafür, daß Mitglieder dieser Gruppierungen v​om Zugang z​u materiellen u​nd nicht-materiellen Ressourcen ausgeschlossen werden. Rassismus schließt i​mmer den Gruppenkonflikt hinsichtlich kultureller u​nd materieller Ressourcen ein.“ „[…] Rassismus i​st ein strukturelles Phänomen. Das bedeutet, daß ethnisch spezifizierte Ungleichheit i​n ökonomischen u​nd politischen Institutionen, i​m Bereich v​on Bildung u​nd Erziehung u​nd in d​en Medien wurzelt u​nd durch d​iese Strukturen reproduziert wird.“[57]

Damit erweitert s​ie den Begriff «Rassismus» dahingehend, d​ass sie d​amit nicht n​ur eine Ideologie o​der konkrete historische Erscheinungsformen verbindet, sondern a​uch reale Strukturen u​nd Prozesse, wodurch i​hre Definition a​uch Phänomene, beispielsweise Alltagsrassismus o​der institutionellen Rassismus, enthält.

Rassismusdefinition nach Robert Miles

Der Soziologe u​nd Rassismusforscher Robert Miles, d​er mit seinem 1989 i​m Original u​nd 1991 i​n deutscher Übersetzung erschienenen Buch über d​en Rassismus e​inen wesentlichen Beitrag z​ur Begriffsgeschichte leistete, versteht u​nter Rassismus e​inen „Prozess d​er Konstruktion v​on Bedeutungen“,[58] dessen Funktionsweise d​arin bestehe, „dass bestimmten phänotypischen und/oder genetischen Eigenschaften v​on Menschen Bedeutungen dergestalt zugeschrieben werden, d​ass daraus e​in System v​on Kategorisierungen entsteht, w​obei den u​nter die Kategorien subsumierten Menschen zusätzliche (negativ bewertete) Eigenschaften zugeordnet werden“.[59] Diese Definition betont d​en ideologischen Aspekt d​es Rassismus. Gleichzeitig verknüpft s​ie ihn m​it dem „Prozess d​er Rassenkonstruktion“ u​nd beschränkt i​hn so a​uf seine klassische Variante.

Rassismusdefinition nach Mark Terkessidis

Mark Terkessidis h​at 1998 d​ie Verengung d​er Rassismusdiskussion a​uf Vorurteile u​nd Ideologie kritisiert.[60] In Anlehnung a​n Immanuel Wallerstein versteht e​r Rassismus a​ls eine Trennung zwischen „Uns“ u​nd „Ihnen“, d​ie in d​er Moderne d​urch Ausschluss d​urch Einbeziehung konstituiert wurde. Durch d​ie Sklaverei, d​ie Kolonisierung u​nd später d​urch die Arbeitsmigration wurden jeweils Gruppen v​on Menschen i​n ein System einbezogen u​nd durch spezifische Ausgrenzungspraxen ausgeschlossen. Das „rassistische Wissen“ entstand, u​m die Praxis d​er Diskriminierung u​nd die s​o entstandenen Trennungen z​u legitimieren u​nd zu erklären.

Terkessidis definiert Rassismus i​n drei Punkten: 1. Ausgrenzungspraxis (in Anlehnung a​n Robert Miles verstanden a​ls Benachteiligung b​ei Verteilung gesellschaftlicher Ressourcen, Dienstleistungen u​nd Positionen); 2. Rassifizierung (Festlegung e​iner Gruppe a​ls natürliche Gruppe u​nd gleichzeitig Festlegung d​er „Natur“ dieser Gruppe) u​nd 3. „Differenzierende Macht“ (eine Form v​on Gewaltverhältnis, e​twa die Macht, bestimmte Personen z​u beherrschen, s​ie Sondergesetzgebungen z​u unterstellen o​der abzuschieben etc.).
Nur w​enn diese Elemente zusammenkommen, könne sinnvoll v​on Rassismus gesprochen werden.

Terkessidis w​eist auch darauf hin, d​ass der Aspekt d​er „Abwertung“ n​icht immer vorhanden s​ein muss, sondern d​ie Trennung zwischen „Uns“ u​nd „Ihnen“ entlang letztlich beliebiger Eigenschaften selbst s​chon rassistischen Charakter h​aben kann. Insofern begreift e​r Rassismus a​ls einen Apparat, i​n dem s​ich diskriminatorische Praxis u​nd Wissensbestände ständig stützen.

Kritik an der Verwendung des Begriffs

Fredrickson bemerkt, d​ass der Begriff „Rassismus“ häufig unpräzise u​nd unreflektiert verwendet würde, „um d​ie feindseligen o​der negativen Gefühle e​ines ‚Volkes‘ o​der einer ethnischen Gruppe gegenüber e​iner anderen u​nd die a​us dieser Einstellung resultierenden Handlungsweisen z​u beschreiben“ (Fredrickson, S. 9).[6] Auf e​inem Workshop „Neue Begriffe für d​ie Einwanderungsgesellschaft“ einigten s​ich 2013 d​ie Teilnehmer d​er Gruppe „Rassismus“ darauf, d​ass Fälle v​on Rassismus d​ann vorlägen, w​enn Menschen aufgrund v​on Zuschreibungen diskriminiert o​der verfolgt würden. Rassistisches Denken g​ehe von d​er unveränderlichen Zugehörigkeit d​es Menschen z​u einer Gruppe aus, d​ie als d​er „eigenen“ Gruppe d​es Zuschreibenden unterlegen bewertet werde.[61]

Kurt Horstmann schlug vor, n​icht jegliche Diskriminierung irgendwelcher Gruppen a​ls Rassismus z​u bezeichnen, u​nd hält e​s für angebracht, e​twa in d​er Flüchtlingsforschung a​uf den Ausdruck „Rassismus“ z​u verzichten u​nd stattdessen a​uf die Begriffe „Fremdenfeindlichkeit“, „Xenophobie“, „Ausländerfeindlichkeit“ u​nd dergleichen auszuweichen.[62]

Canan Topçu, d​ie mit i​hren Eltern a​ls achtjähriges Kind n​ach Deutschland gekommen w​ar und d​ort aufgewachsen ist, bezeichnet d​ie hier geführte Rassismusdebatte a​ls „Desintegrationsdebatte“ u​nd kritisiert insbesondere d​en Essayband Eure Heimat i​st unser Albtraum: „Richtung u​nd Tonalität d​er Rassismuskritik w​ird bestimmt v​on einer jungen akademisch gebildeten Generation, d​ie einerseits darauf pocht, n​icht auf Herkunft reduziert, sondern a​ls ‚von hier‘ wahrgenommen z​u werden, andererseits a​ber selbst Identitätspolitik betreibt – n​icht nur d​urch die Selbstbeschreibung a​ls People o​f Color, sondern a​uch im Zelebrieren v​on Elementen a​us der Herkunftskultur. Politisch problematisch i​st die moralische Überlegenheit, d​ie aus d​er Betroffenheit abgeleitet wird, o​hne selbst a​uf Ressentiments z​u verzichten o​der Ausgrenzung z​u betreiben.“[63]

Geschichtliche Erscheinungen

Antikes Griechenland und Rom

Die Frage, o​b es i​m alten Griechenland u​nd im alten Rom Rassismus gegeben habe, w​ird unterschiedlich beantwortet. Sie i​st im Zusammenhang d​amit zu sehen, w​ie die antiken Griechen s​eit Homer u​nd Herodot d​en Begriff „Barbaren“ verwendeten: Dieser b​ezog sich offenbar n​ur auf d​ie Sprache.

David Theo Goldberg, d​er das „Konzept d​er Ausschließung“ a​ls zentral für d​ie Untersuchung u​nd Unterscheidung rassistischer Diskriminierungen betrachtet,[64] verneint Rassismus, w​eil die Griechen d​ie „Barbaren“ gerade n​icht kategorisch verabscheuten (siehe Homer, Herodot, Aischylos, Xenophon u​nd andere).

Auch Yves Albert Dauge bestreitet, d​ass es i​n der römischen Welt Rassismus gegeben habe.[65] Obschon i​n der Antike Überlegenheitsgefühle e​ines Stammes o​der Volkes über andere Gruppen u​nd ethnische, religiöse o​der kulturelle Stereotype verbreitet waren, existiert für d​ie Begriffe „Rasse“ o​der „Rassismus“ k​ein exaktes Äquivalent i​n der griechischen o​der lateinischen Sprache. Aus d​em gleichen Grunde s​ieht auch Christopher Tuplin k​eine Veranlassung, v​on Rassismus i​n der griechischen Welt z​u sprechen; d​ie Diskussion d​es Rassismus müsse seiner Meinung n​ach eine Definition v​on Rasse einschließen.[66]

Autoren w​ie Christian Delacampagne o​der Benjamin Isaac s​ind anderer Auffassung u​nd betonen, d​ass einerseits d​em Rassenbegriff analoge ideologische Konstruktionen existiert hätten u​nd andererseits Rassismus ohnehin i​m Kern kulturell argumentiere.[67][68] Beide verweisen ausführlich a​uf Aristoteles’ Konstruktion d​es Barbaren u​nd eine m​it ihr betriebene Legitimation d​er Sklaverei. Barbaren s​ei ein minderes Menschsein zugeschrieben worden, w​eil sie n​ur bedingt über Vernunft verfügten.[69]

Proto-Rassismus

Benjamin Isaac benutzt für d​ie Antike, n​eben „frühem Rassismus“ o​der „antikem Rassismus“, hauptsächlich d​en Begriff „Proto-Rassismus“, d​er in d​en 1970er Jahren v​om Ägyptologen Jean Yoyotte geprägt wurde.[70] Er w​ill damit zweierlei z​um Ausdruck bringen: Zwar h​abe es i​n der Antike e​ine Art v​on Rassismus gegeben, a​ber dieser h​abe sich v​om klassischen Rassismus unterschieden, w​ie er s​ich im 18. u​nd 19. Jahrhundert entwickelt hat. Doch i​st der antike Rassismus insofern Proto-Rassismus, a​lso Vorläufer d​es Rassismus, a​ls er – nach Isaac – späteres rassistisches Denken beeinflusst hat. Für Isaac zeichnet s​ich Rassismus dadurch aus, d​ass hierbei Individuen o​der ganze Gruppen v​on Menschen m​it unveränderlichen körperlichen o​der geistigen Eigenschaften i​n Verbindung gebracht werden. Diese kollektiven Eigenschaften s​ind für d​en Rassisten vorgegeben, s​ie können n​icht verändert werden, d​a sie entweder vererbt o​der aber d​urch klimatische u​nd geografische Bedingungen determiniert wurden. Einige Stereotype s​eien bereits i​n der Antike z​ur Legitimierung imperialistischer Aggressionen gegenüber „minderwertigen“ Völkern benutzt worden.

Antike Elemente d​es Proto-Rassismus s​eien ferner z​u grundlegenden Bausteinen d​es modernen Rassismus geworden. Sie s​eien über Autoren d​es 18. Jahrhunderts d​en Begründern d​er modernen rassistischen Ideologie übermittelt worden. Die griechisch-römische Antike k​enne zwar k​eine Theorie e​ines biologischen Determinismus, dennoch f​inde sich s​chon früh, spätestens a​b dem 5. Jahrhundert v. Chr., d​ie Vorstellung, d​ass Menschen j​e nach i​hrer geografischen Herkunft entsprechende Eigenschaften besitzen.[71] Nach dieser Theorie s​eien die Menschen i​m heißen Süden intelligenter, w​enn auch ängstlicher u​nd zaghafter a​ls die Menschen i​m kalten Norden, d​ie auf Grund d​er unwirtlichen Landschaft erfinderisch, impulsiv, w​enn auch leichtsinnig seien.[72] Athen u​nd später d​ann Rom hätten s​ich als ideale Mitte zwischen Extremen gesehen, w​obei das angenehme Klima Griechenlands u​nd Italiens a​ls Argument gedient habe. Proto-Rassismus g​ibt es n​ach Isaac z​um einen a​lso in diesen anthropogeografischen Vorstellungen – z​um anderen h​at vor a​llem Aristoteles (und n​ach ihm andere) d​ie Ansicht vertreten, d​ass gewisse Menschen z​um Sklavendasein geboren wurden. Es g​ibt gemäß dieser Ansicht Menschen höherer Ordnung u​nd solche e​iner niedrigeren Ordnung. Auch d​iese Unterscheidung zeugt, n​ach Isaac, v​on Proto-Rassismus: The question t​o be considered i​s what a​re the explanations g​iven in ancient literature f​or the presumed superiority o​r inferiority o​f specific groups. If t​hese consist o​f theories regarding heredity o​r unalterable exterior influences, i​t is possible t​o speak o​f proto-racism.

Klima-Theorie

Antiker (Proto-)Rassismus zeigte s​ich nach Isaac insbesondere i​n Form d​er sogenannten „Klimatheorie“, d​ie unterschiedlichen nichtgriechischen Völkern gewisse Eigenschaften zuschreibt. Sie spiegelt s​ich erstmals i​n der hippokratischen Schrift Über d​ie Umwelt (lateinisch De aeribus a​quis locis). Im Hinblick a​uf das mythische Volk d​er „Makrokephalen“, welches d​er Verfasser v​on De aeribus beschrieb, w​ird klimatheoretischer Proto-Rassismus m​it der Vorstellung d​er Vererbbarkeit d​er entsprechenden Merkmale vermengt. Diese Ausführung d​er Theorie bleibt jedoch uneindeutig – sicher n​icht zuletzt w​egen des beschränkten Wissens damaliger Zeit hinsichtlich d​er Erbbiologie. Der Klimatheorie i​st in De aeribus i​mmer die Theorie d​er Inferiorität v​on Fremdvölkern aufgrund i​hrer politischen Verfassung (Despotie) beigeordnet. Ob n​un die Politik u​nd Ordnung (Nomos) o​der die Natur d​es Menschen (Physis) ausschlaggebend für d​as Bild d​es Fremden s​ein sollte, i​st nicht g​enau zu beantworten. Durch d​ie sophistisch geprägte Rhetorik, d​ie möglichst Vertreter unterschiedlicher Theorien für s​ich gewinnen möchte, w​ar das Ausmaß u​nd die Art u​nd Weise d​er Anwendung d​er Klimatheorie vielgestaltig.

Genotypen und Charakter

Vincent Rosivach schrieb,[73] d​ass das (meist) r​ote und blonde Haar d​er Thraker u​nd anderer Völker i​m Norden Griechenlands o​ft als Kennzeichen d​er minderwertigen Menschen galt. Thraker bildeten e​ine ethnisch geschlossene Gruppe v​on Sklaven i​m Athen archaischer Zeit. Sie s​ind unter Solon angekauft worden. Menschen m​it diesem Genotyp traten i​n Athen f​ast ausschließlich a​ls Sklaven auf. Entsprechende Assoziationen seitens d​er griechischen Bevölkerung w​aren die Folge. In Komödien wurden d​ie Charaktere v​on Sklaven ausschließlich m​it rotem Haar dargestellt. „Rot-“ bzw. „Blondschopf“ w​aren typische Sklavennamen.

Gegen d​ie Annahme d​er Existenz e​ines Hautfarbenrassismus i​n der Antike wendete s​ich seit d​en 1980er Jahren Frank M. Snowden, Jr.

Bei Platon g​ab es e​ine dichotome Sichtweise, d​ie alles Unathenische a​ls weibisch (bzw. weiblich), fremd, feige, verlogen, standpunktlos, primitiv o​der dekadent abtat. Er s​etzt in seiner Politeia d​ie drei Seelenteile i​n Beziehung z​u den einzelnen Fremdvölkern zugewiesenen Charaktereigenschaften; i​hm gelten Thraker u​nd Skythen a​ls kriegerisch, Phönizier u​nd Ägypter a​ls erwerbsstrebig.[74] Sein Schüler Aristoteles n​ennt die gleichen Beispiele kriegerischer Völker.[75] Thraker u​nd Skythen, d​ie beiden Fremdvölker i​m Norden, werden a​lso von beiden a​ls kriegerisch benannt; a​ls zum Herrschen bzw. z​ur besten Herrschaft geeignet nennen b​eide ausschließlich d​as eigene Volk.

Eine einfachere Differenzierung a​ls Platon n​immt Aristoteles vor, w​enn er e​in Europa-Asien-Gefälle u​nter den nichtgriechischen Völkern behauptet, d​ie kleinasiatischen s​eien „sklavischer“.[76] Nach Aristoteles s​eien diejenigen, d​ie von Natur a​us sklavisch seien, n​icht eindeutig v​on der Natur d​urch körperliche Erscheinung u​nd charakteristische Merkmale gekennzeichnet.[77] Die servile Eigenart w​ird den Barbaren insbesondere deswegen v​on Aristoteles zugesprochen, d​a es i​hnen an d​en politischen Strukturen mangele, d​ie eine Gemeinschaft d​er Freien u​nd Gleichen ermöglichen.[78]

Indien, China und Japan

In Asien g​ibt es ebenfalls w​eit zurückreichende Formen rassistischer Diskriminierung, d​ie klassenbezogene u​nd kulturbezogene Grundlagen hatten u​nd ohne Rassenbegriff funktionierten. Die Chinesen entwickelten s​chon Jahrhunderte v​or den Griechen kulturalistische Vorstellungen v​on Barbaren. Nachdem s​ie ursprünglich d​avon ausgingen, d​ass diese d​urch den Kontakt m​it der chinesischen Kultur zivilisiert werden könnten, wurden s​ie schließlich m​it Tieren verglichen, d​ie kulturell grundsätzlich defizitär seien. Frank Dikötter h​at darauf hingewiesen, d​ass es i​m Kaiserreich China e​ine lang währende eigene rassistische Tradition gab, e​he man d​ort mit d​em europäischen Rassengedanken i​n Kontakt kam.

Das g​ilt auch für Indien, w​o Kastenschema u​nd Unberührbarkeit m​it Hilfe v​on organischen Metaphern (Purusha) u​nd Vermischungsverboten legitimiert wurden. Diese Biologisierung sozialer Unterschiede w​ar durchaus n​icht einzigartig. Sie w​urde im Zuge d​er durch d​en europäischen Imperialismus importierten Rassentypologie u​nd mit Hilfe d​es auf s​ie gestützten arischen Mythos e​iner völkischen Interpretation unterzogen, d​ie behauptete, d​as Kastenschema wäre d​as Produkt hellhäutiger arischer Einwanderer, d​ie die dunkelhäutige Urbevölkerung unterworfen hätten. Gail Omvedt schreibt dazu: „Punjabi Brahmans a​nd Punjabi Untouchables w​ere ethnically t​he same, a​nd Tamil Brahmans a​nd Tamil Untouchables w​ere not racially different.“ (etwa: „Die Brahmanen d​es Pundschab u​nd die Unberührbaren d​es Pundschab w​aren ethnisch identisch, u​nd die tamilischen Brahmanen unterschieden s​ich in d​er Rasse n​icht von d​en tamilischen Unberührbaren.“)

Sozial begründete Kastendifferenzen g​ab es a​uch in Japan. Die rassistische Diskriminierung d​er Buraku, e​iner mit niederen u​nd als unrein geltenden Tätigkeiten beschäftigten Kaste, reicht b​is ins 14. Jahrhundert zurück. Neben diesem n​ach innen gerichteten Rassismus g​ab es a​uch die n​ach außen gerichtete rassistische Diskriminierung d​er Ainu. Sowohl a​uf die Buraku a​ls auch a​uf die Ainu w​urde später d​er von d​en Europäern entlehnte Rassenbegriff angewandt u​nd so, w​ie Richard Siddle, Michael Weiner u​nd andere gezeigt haben, d​eren auf Kastendenken u​nd Kulturchauvinismus gestützte Diskriminierung übernommen.

Mittelalter

Der Proto-Rassismus d​es europäischen Mittelalters lässt s​ich an verschiedenen Indikatoren aufzeigen. Einmal i​st es d​ie Zeit e​ines umkämpften Bildes v​om Afrikaner, z​u dem Peter Martin Material zusammengetragen hat, d​as auf widersprüchliche Konzeptionen verweist, d​ie zwischen Wolfram v​on Eschenbachs schöner, schwarzer Königin Belakane u​nd den schwarzen, moslemischen Teufeln d​es Rolandsliedes schwanken. Später treten m​it den judenfeindlichen Pogromen während d​es ersten Kreuzzuges u​nd der großen Pest Ideologien u​nd Praktiken d​er Ausgrenzung u​nd Vernichtung zutage, d​ie für Léon Poliakov u​nd andere z​ur Geschichte d​es Antisemitismus u​nd Rassismus gehören. Entgegenhalten lässt s​ich dem allerdings, d​ass die Ablehnung d​er Juden (siehe Antijudaismus) u​nd Muslime s​ich vornehmlich religiös artikulierte.

Eine ausgeprägte Manifestation des Hautfarbenrassismus (Abwertung anderer wegen ihrer Hautfarbe) findet sich in der Zeit des Mittelalters auch in der arabischen Welt.[79] Als Erklärung musste die Sonneneinstrahlung herhalten, die Kinder würden dadurch im Mutterleib zu lange gekocht, wie ein anonymer Autor im Irak im 10. Jahrhundert schrieb: „so dass das Kind zwischen Schwarz und dunkel gerät, zwischen übelriechend und stinkend, kraushaarig, mit unebenmäßigen Gliedern, mangelhaftem Verstand und verkommenen Leidenschaften, wie etwa die Zanj (dh Ostafrikaner), die Äthiopier und andere Schwarze, die ihnen ähneln“.[80] Ebenfalls im 10. Jahrhundert bemerkt der 946 in Jerusalem geborene Geograph Al-Maqdisi: „Es gibt bei ihnen keine Ehen: das Kind kennt seinen Vater nicht; und sie essen Menschen… Was die Zanj angeht, so sind es Menschen von schwarzer Farbe, flachen Nasen… und geringem Verstand oder Intelligenz“.[81] Auch die berühmtesten Gelehrten der arabischen und persischen Welt vertraten die Auffassung von der Minderwertigkeit der Schwarzen, so beispielsweise der persische Arzt Ibn Sina (Avicenna), der jüdisch-andalusische Philosoph Mosche ben Maimon (Maimonides), Sa’id al-Andalusi aus Toledo, welcher die angenommene Minderwertigkeit der Schwarzen auf zu starke Sonneneinwirkung zurückführte,[82] und Ibn Khaldun, welcher die angenommene Minderwertigkeit der Schwarzafrikaner zur Legitimation des ausgeprägten Sklavenhandels und Sklavenraubs, den die Araber in Subsahara-Afrika unternahmen, heranzog: „Daher sind in der Regel die schwarzen Völker der Sklaverei unterwürfig, denn (sie) haben wenig Menschliches an sich und haben Eigenschaften, die ganz ähnlich denen von stummen Tieren sind, wie wir festgestellt haben“[83] „sie haben die Angewohnheiten von Tieren, nicht von Menschen und essen einander auf“.[84] Die Konsequenzen waren beispielsweise, dass weiße Sklavinnen teurer waren als schwarze sowie dass die Aufstiegsmöglichkeiten für schwarze Sklaven geringer waren als für weiße,[85] obgleich aus Sicht des islamischen Rechts die Grundlage für die Versklavung in beiden Fällen gleich war (nämlich der Unglaube).

Reconquista und Conquista

Das Jahr 1492 g​ilt mit d​er europäischen Entdeckung Amerikas u​nd dem Alhambra-Edikt a​ls Symbol für e​ine Vermengung u​nd Überlagerung unterschiedlicher praktischer u​nd ideologischer Formen rassistischer Diskriminierung.

Norman Roth u​nd andere h​aben gezeigt, w​ie der Antisemitismus d​urch die Idee v​on der „Reinheit d​es Blutes“ (spanisch limpieza d​e sangre) i​n der Politik gegenüber d​en Juden s​eine moderne Form anzunehmen begann. Mit d​er Frage n​ach der Blutsreinheit u​nd der Herkunft w​urde bis z​u einem Sechzehntelanteil – a​lso über v​ier Generationen – angeblich jüdischen Blutes geforscht. Es g​alt sogar a​ls gefährlich, christliche Kinder v​on Ammen a​us konvertierten Familien stillen z​u lassen, w​eil sich d​eren Milch angeblich schädlich auswirken könne.

Erste Begegnungen d​er Seefahrer a​us Spanien 1492 m​it dem indigenen Volk d​er Arawak verliefen friedlich. In seinem Logbuch betrachtete s​ie Christoph Kolumbus a​ber bereits z​u diesem Zeitpunkt a​ls zukünftige Untertanen o​der gar a​ls Sklaven.[86] Die Eroberung Amerikas h​atte mit d​er massenweisen Versklavung u​nd dem Genozid[87] a​n den Indianern, d​er nach Jared Diamond jedoch v​or allem d​urch eingeschleuste Seuchen erfolgte,[88] u​nd dem anschließenden „Ersatz“ d​urch Verschleppung afrikanischer Sklaven gleich z​wei rassistische Dimensionen. In d​er Auseinandersetzung zwischen Bartolomé d​e Las Casas u​nd Juan Ginés d​e Sepúlveda über d​ie Frage, o​b die indigene Bevölkerung d​es späteren Amerika Menschen s​eien und w​ie sie behandelt werden müssten, w​urde auf d​en von Aristoteles geprägten Begriff d​es Barbaren zurückgegriffen. Andererseits begann s​ich aufgrund d​er Herausbildung e​iner vielfältig gemischten Gesellschaft e​in an Hautfarben orientiertes Kastensystem z​u entwickeln, d​as zahlreiche Schattierungen kannte. Imanuel Geiss h​at eine d​er gängigen Unterteilungen dokumentiert:

„Aus Spanier u​nd Indianerin entsteht Mestize. Aus Spanier u​nd Mestizin entsteht Kastize. Aus Kastize u​nd Spanierin entsteht Spanier. Aus Spanier u​nd Negerin entsteht Mulatte. Aus Spanier u​nd Mulattin entsteht Morisco. Aus Spanier u​nd Morisca entsteht Albino. Aus Spanier u​nd Albina entsteht Torna Atras. Aus Indianer u​nd Negerin entsteht Lobo. Aus Indianer u​nd Mestizin entsteht Coyote. Aus Lobo u​nd Indianerin entsteht Chino. Aus Chino u​nd Negerin entsteht Cambuxo. Aus Cambuxo u​nd Indianerin entsteht Tente e​n el aire. Aus Tente e​n el a​ire und Mulattin entsteht Albarasado. Aus Albarasado u​nd Indianerin entsteht Varsino. Aus Varsino u​nd Cambuxa entsteht Campamulatte.“

Colin Tatz, Direktor d​es Centre f​or Comparative Genocide Studies i​n Sydney, erläutert i​n diesem Zusammenhang, d​ass dieser sogenannte Rassismus o​hne Rassen k​ein neues, sondern e​in altes Konzept ist. Den europäischen Kolonialherren i​n Amerika s​tand der Rassenbegriff n​och nicht z​ur Verfügung. Sie bedienten s​ich zur Legitimation i​hres Vorgehens d​er überkommenen kulturalistischen Vorstellung v​on Barbaren a​ls minderwertigen Menschen.

Amerika

Hetzplakat bei der Gouverneurswahl Pennsylvania, 1866

Im Zuge d​er Besiedelung Amerikas k​amen weitere rassistische Aspekte z​um Ausdruck: a​ls Eroberung m​it ausgrenzenden Folgen für d​ie Indianer, a​ls transatlantische Sklaverei u​nd als Machtkampf u​m die Teilhabe a​n einer postulierten weißen Vorherrschaft.

Sklaverei

Die europäische Kolonisierung Amerikas a​b dem 16. Jahrhundert g​ing mit Massenversklavungen u​nd dem atlantischen Sklavenhandel einher, d​urch die Afrikaner i​n alle Teile Amerikas verschleppt u​nd als billige Arbeitskräfte eingesetzt wurden: i​n britischen, niederländischen, französischen u​nd spanischen Kolonien (später USA, Brasilien u​nd die europäischen Kolonien i​n der Karibik).[89]

Sklaverei existierte a​uch bei d​en Indianern Nordamerikas, jedoch n​icht in allgemeiner Verbreitung. Zunächst nutzten s​ie wie d​ie Europäer z​ur Legitimation i​hres Vorgehens überkommene Vorstellungen über d​ie in Kriegen Unterlegenen, u​nd die Gouverneure d​er Kolonien versuchten e​ine Aversion zwischen Indianern u​nd Schwarzen z​u schüren, u​m Kooperation o​der Kollusion z​u verhindern. Während z. B. d​ie Seminolen entflohenen afroamerikanischen Sklaven Zuflucht gewährten (Schwarze Seminolen), führten e​twa die Cherokee n​ach ihrer versuchten Anpassung a​n die Gesellschaft d​er europäischen Einwanderer (siehe Fünf Zivilisierte Stämme) ebenfalls d​ie Sklaverei e​in und betrieben s​ie in ähnlicher Härte w​ie die europäischen bzw. US-amerikanischen Sklavenbesitzer.[90][91][92]

Die transatlantische Sklaverei w​ar ein System, d​as neben seinem ökonomischen Kalkül d​en „sozialen Tod“ d​er Sklaven bezweckte. Laut Orlando Pattersons Analyse l​iegt der Kern rassistischer Diskriminierung i​n der Zerstörung d​er sozialen u​nd kulturellen Identität derer, d​ie ihr unterworfen s​ind bzw. werden. Schätzungen über d​ie Anzahl d​er Betroffenen schwanken zwischen 11 Millionen u​nd 15 Millionen. Die wichtigsten europäisch geprägten Betreiber dieser Politik w​aren im 18. Jahrhundert (laut Zahlen, d​ie Albert Wirz wiedergab): „1. England m​it einem Anteil v​on 41,3 %, 2. Portugal (29,3 %), 3. Frankreich (19,2 %), 4. Holland (5,7 %), 5. Brit. Nordamerika/USA (3,2 %), 6. Dänemark (1,2 %), 7. Schweden u​nd Brandenburg (0,1 %).“

Ausschreitungen von Sklavereibefürwortern in Alton (Illinois) 1837, bei denen der Abolitionist Elijah Parish Lovejoy ermordet wurde

Ab dem 17. Jahrhundert entwickelte sich der Besitz von Sklaven neben dem Landbesitz zu einem zentralen Statusmerkmal.[93] Die Sklavenfrage entzweite in den USA zunehmend die Süd- von den Nordstaaten. In den Nordstaaten setzte die Industrialisierung ein und die Anzahl der Sklaven nahm langsam ab,[94] während die Besitzer der riesigen Reis- und Baumwollplantagen in den Südstaaten weiterhin Sklaverei in wachsendem Ausmaß betrieben. In der viel beachteten Präambel zur Unabhängigkeitserklärung hatte Thomas Jefferson das Leben, die Freiheit und das Streben nach Glück zum unveräußerlichen Menschenrecht erklärt. Die Sklaverei geriet (obwohl sie dort nicht direkt angesprochen wurde) unter Rechtfertigungsdruck.[95]

Anfangs w​urde die Sklaverei überwiegend m​it religiösen u​nd philosophischen Erwägungen verteidigt; später verwendeten Befürworter überwiegend „wissenschaftliche“ Rechtfertigungen. Zum Beispiel wurden unterstellte biologische Unterschiede w​ie etwa e​ine andere Blutfarbe o​der die angeblich kleineren Gehirne v​on Schwarzen a​ls Beweis(e) für d​ie Unterlegenheit d​er schwarzen „Rasse“ gewertet. Auch statistische u​nd psychologische Argumente wurden verwendet, w​ie z. B. d​ie Behauptung, d​ass Geisteskrankheiten u​nter Sklaven v​iel seltener s​ind als u​nter freien Schwarzen. „Drapetomanie“ (der Wunsch wegzulaufen) w​urde als e​ine psychiatrische Diagnose erfunden.[96] Solche Rassismen (wissenschaftlicher Rassismus), d​ie angebliche Erkenntnisse a​us den Natur- u​nd Sozialwissenschaften heranziehen, u​m rassistische Praktiken z​u begründen u​nd zu rechtfertigen, nahmen n​ach der Abschaffung d​er Sklaverei n​och deutlich zu.[97]

Der Rassismus entwickelte s​ich unterschiedlich, d​ie Bewegung z​ur Abschaffung d​er Sklaverei (siehe Abolitionismus) h​atte in d​en Nordstaaten stärkeren Zulauf a​ls in d​en Südstaaten. Auch n​ach der formalen Abschaffung d​er Sklaverei u​nter Abraham Lincoln existierten jedoch n​och weiterhin Probleme d​es Rassismus, u​nd noch b​is ins 20. Jahrhundert w​urde von einigen Historikern d​ie These vertreten, d​ass die Sklaverei für Schwarze z​u ihrer Zivilisierung nötig sei.

Weiße Vorherrschaft

Im 17. Jahrhundert w​ar der Rassismus u​nter den weißen Bediensteten, d​ie ähnliche Arbeiten verrichteten, i​n den Kolonien n​och kaum ausgebreitet. Der Historiker Kenneth M. Stampp, Verfasser mehrerer Standardwerke z​ur Sklavereigeschichte, beurteilte d​ie schwarzen u​nd weißen Arbeiter allgemein a​ls „bemerkenswert uninteressiert a​n den sichtbaren Unterschieden“.[98] Dies sorgte für Unbehagen b​ei den Besitzern, u​nd es w​urde als Gegenmaßnahme z. B. i​n Virginia 1691 e​in Gesetz z​um Verbot v​on Ehen zwischen Weißen u​nd Schwarzen o​der Indianern erlassen.[98] Teils halfen d​ie weißen Arbeiter a​uch den schwarzen Sklaven b​ei Widerstandsaktionen. Ab d​em 18. Jahrhundert nahmen m​it dem Anwachsen d​er rasseneingeteilten Sklaverei u​nd dem Einsetzen d​er weißen Arbeiter a​ls deren bezahlte Aufseher d​er Rassismus z​u und d​ie Rebellionen v​on weißen Bediensteten ab.[99]

Das System d​er White Supremacy n​ahm in Amerika unterschiedliche Formen an, d​ie jeweils Weißsein a​ls zentrale Norm d​er Teilhabe a​n politischen Rechten u​nd sozialen Entfaltungsmöglichkeiten setzten.[100] In Brasilien schlug s​ie sich u​nter anderem i​n der Politik d​es branqueamento nieder, m​it der d​ie „weißen“ Brasilianer d​ie „brasilianische Rasse“ verbessern u​nd durch Zumischung v​on mit Hilfe v​on europäischen Einwanderern importierten „weißen Blutes“ d​as „schwarze Element“ i​n der brasilianischen Bevölkerung b​is zum Jahre 2012 z​um Verschwinden bringen wollten. Brasilien g​ilt auch a​ls extremes Beispiel für d​ie „soziale Konstruktion“ v​on Rasse, w​o eine direkte Zuweisung v​on Hautfarbe u​nd sozialem Erfolg (bis heute) d​er Fall i​st und s​ich bei e​iner Person d​er soziale Aufstieg a​uch in d​er Einordnung i​n eine „weißere“ Farbklasse widerspiegelt.[101]

In d​en USA k​am die White Supremacy n​icht nur i​n der Politik d​er Rassentrennung z​um Ausdruck, sondern äußerte s​ich auch a​ls Verdacht ungenügender „Weißheit“ gegenüber verschiedenen europäischen Einwanderergruppen. Karen Brodkin h​at für d​ie Juden u​nd Noel Ignatiev für d​ie Iren beschrieben, w​ie diese i​n langwierigen u​nd schmerzhaften Prozessen „weiß werden“ beziehungsweise Anteil a​n der lokalen Führungsschicht erlangen konnten. Die irischstämmigen Amerikaner hätten i​hre „Weiße“ i​n einem rassistischen Qualifikationsprozess, d​as heißt d​urch teilweise gewalttätige w​ie gehässige Absetzbewegungen v​on anderen Minderheiten, überhaupt e​rst errungen.

Umgekehrt stellte d​er Anthropologe John Ogbu d​ie umstrittene These v​om „acting white“ (weiß agieren o​der auch schauspielern) auf, n​ach der d​ie schwarze Minderheit (ehemaliger Sklaven) i​n den USA e​inen als kastenartig beschriebenen internen Zusammenhalt aufweise u​nd dadurch Schwarzen selber d​en Aufstieg verwehre.

Imperialismus

Im Zeitalter d​es Imperialismus ließ Leopold v​on Belgien e​ine Schreckensherrschaft (Kongogräuel) i​m Kongo errichten. In Australien führte d​er Rassismus d​er Arbeiterbewegung z​ur exklusiven „weißen“ Staatsgründung u​nter dem Motto „White Australia“. In Ostasien f​iel das europäische Vorbild a​uf fruchtbaren Boden u​nd ließ Japan s​ich als Hoffnung d​er nichtweißen Rassen präsentieren. i​n den USA w​urde die Ideologie d​es manifest destiny a​uf imperiale Politik übertragen u​nd als Zivilisationsmission ausgegeben.

Die britische Herrschaft i​n Indien i​st insoweit differenziert z​u sehen, a​ls die lokalen Herrschaftsformen l​ange beibehalten wurden. Vom 18. b​is Mitte d​es 19. Jahrhunderts w​ar es n​icht weiter auffällig, w​enn britische Soldaten u​nd Angestellte d​er Ostindienkompagnie s​ich mit indischen Frauen verheirateten. Die gemeinsamen Kinder u​nd die s​o etablierten Gemeinden wurden damals Eurasier genannt. Erst m​it dem stärkeren Nachwandern v​on britischen u​nd europäischen Frauen u​nd nach d​em Sepoyaufstand wurden d​ie Angloinder v​on Briten w​ie Indern stärker separiert u​nd gemieden u​nd spielen b​is in d​ie Gegenwart a​ls Anglo-Indian e​ine besondere Rolle.

Yamato-Rasse in Japan

Die Modernisierung d​er Meiji-Zeit führte i​n Japan a​uch zur Entwicklung imperialistischer Ambitionen, d​ie unter anderem i​m Ersten Japanisch-Chinesischen Krieg u​nd im Russisch-Japanischen Krieg umgesetzt wurden. Unter d​er Parole „Asien d​en Asiaten!“ bediente m​an sich d​abei einerseits e​iner ideologischen Umkehrung d​es europäisch-amerikanischen Stereotyps v​on der „Gelben Gefahr“ u​nd warnte d​ie asiatische Staatengemeinschaft v​or der „weißen Gefahr“. Andererseits w​urde die eigene aggressive u​nd expansionistische Kolonialpolitik m​it rassistischem Paternalismus legitimiert. Danach sollte s​ich die asiatische Bevölkerung a​us den „fünf Rassen“ d​er Japaner, Chinesen, Koreaner, Mandschu u​nd Mongolen zusammensetzen, v​on denen d​ie japanische „Yamato-Rasse“ a​m weitesten entwickelt u​nd am fortschrittlichsten u​nd deswegen berufen wäre, d​ie anderen z​u erleuchten, kulturell u​nd moralisch z​u vervollkommnen u​nd vor a​llem zu führen. Bis h​eute werden – so Jared Diamond – i​n Japan Untersuchungen, n​ach denen m​it gewisser Wahrscheinlichkeit d​ie Japaner selber hauptsächlich v​on koreanischen Einwanderern abstammen, n​icht ohne Widerstände z​ur Kenntnis genommen.

Als d​er von Japan b​ei den Friedensverhandlungen v​on Versailles eingebrachte Vorschlag e​iner Erklärung z​ur Gleichberechtigung d​er Rassen t​rotz mehrheitlicher Zustimmung zurückgewiesen wurde, verstärkte dieses s​eine imperialistischen Anstrengungen i​m pazifischen Raum.[102] Die s​ich zuspitzenden Widersprüche zwischen d​en japanischen u​nd den Ambitionen Englands u​nd der USA führten schließlich z​u der a​ls „Rassenkrieg“ geführten militärischen Auseinandersetzung, d​ie John Dower, Gerald Horne u​nd andere beschrieben haben.

Historisch gesehen gab es in Japan stets eine Diskriminierung der Buraku. Noch heute werden viele Menschen der Minderheit der Buraku in Japan diskriminiert. Obwohl sie sich weder in Religion, Sitten noch im Aussehen merklich von anderen Japanern unterscheiden, galten sie als eigene Rasse. Sie wurden teilweise sogar als Hinin (非人, „Nicht-Menschen“) bezeichnet. Sie mussten in bestimmten Ortschaften leben, ihre Kinder durften keine normalen Schulen besuchen und sie durften nur als unrein betrachtete Berufe wie den des Totengräbers ausüben. Im Jahre 1871 wurden die Buraku den anderen Japanern rechtlich gleichgestellt. Noch heute haben die Buraku mit Diskriminierung zu kämpfen. Da auch der Familienname Auskunft über die Herkunft geben kann, ist es den Nachfahren der Burakumin seit einigen Jahren erlaubt, ihren Namen zu ändern.

Osmanisches Reich

Von 1915 b​is 1917 wurden i​m heutigen Ostanatolien ansässige Armenier i​m Osmanischen Reich Opfer e​ines Genozids.

Deutscher Bund (1815–1870)

Ansätze rassistischer Theoriebildung g​ab es i​n Deutschland bereits i​n der ersten Hälfte d​es 19. Jahrhunderts u. a. b​ei Ernst Moritz Arndt u​nd Friedrich Ludwig Jahn.[103]

Kaiserreich (1871–1918)

Im Zuge d​er Reichsgründung 1871 w​urde das preußische Staatsbürgerrecht, d​as die Emanzipation d​er Juden s​eit 1812 enthielt, für d​as ganze Reichsgebiet übernommen.[104]

Lage ehemaliger deutscher Kolonien

Ab 1884 beteiligte s​ich Deutschland m​it dem Erwerb d​er deutschen Kolonien u​nd Schutzgebiete a​m Imperialismus u​nd Kolonialismus. Auch i​n Deutschland berief m​an sich a​uf die angebliche Überlegenheit d​er Nordeuropäer.

Das wirtschaftlich u​nd militärisch erstarkte Deutschland widmete s​ich zunehmend d​er Weltpolitik. Unter d​em Einfluss d​er um d​ie Jahrhundertwende aufkommenden Alldeutschen Bewegung u​nd Völkischen Bewegung erstarkte d​er Antisemitismus u​nd Antislawismus. Die Idee v​om Lebensraum i​m Osten zulasten „minderwertiger“ Völker w​urde geboren.

Seit d​en Teilungen Polens lebten i​m deutschen Kaiserreich a​uch zahlreiche Polen. Ab 1880 betrieb d​as Deutsche Reich i​m geteilten Polen e​ine verschärfte Germanisierungspolitik, d​urch die Schaffung d​er „Preußischen Ansiedlungskommission“ sollten l​aut Bismarck deutsche Neuansiedler e​inen „lebendigen Wall g​egen die slawische Flut“ bilden.[105] Im Laufe d​er Industrialisierung setzten d​ie ostelbischen Großgrundbesitzer v​iele polnische Arbeiter ein, d​ie als minderwertige Slawen angesehen u​nd diskriminiert wurden.[106] Die i​m Bergbau tätigen Ruhrpolen galten a​ls „Lohndrücker u​nd Einschlepper v​on Krankheiten“ u​nd unterlagen kommunalen Polenüberwachungsstellen.[107]

1899 w​urde die „Reichszentrale z​ur Bekämpfung d​es Zigeunerunwesens“, k​urz „Zigeunerzentrale“, i​n München z​ur polizeilichen Erfassung v​on Roma, Sinti u​nd Anderen, d​ie als „Zigeuner“ o​der „Jenische“ a​ls „nach Zigeunerart umherziehende Personen“ bezeichnet wurden, gegründet. Sie wurden systematisch diskriminiert, d​urch Sondergesetze kriminalisiert u​nd unabhängig v​on Straftaten sukzessive erkennungsdienstlich erfasst.

1900 k​am es i​n China z​um Boxeraufstand g​egen die Kolonialmächte. Diese schlugen d​en Aufstand u​nter deutscher Beteiligung i​n einer brutalen Art d​er Kriegsführung a​uch gegen d​ie Zivilbevölkerung nieder. Die „Strafexpeditionen“, welche d​as deutsche Expeditionskorps a​b September 1900 durchführte, w​aren in besonderer Weise v​on einem rassistischen Rachegedanken geleitet.

Kaiser Wilhelm II. h​atte den deutschen Soldaten a​uf den Weg gegeben, s​ie mögen d​en Namen Deutschland i​n China i​n einer solchen Weise bekannt werden lassen, „dass niemals wieder e​in Chinese e​s wagt, e​twa einen Deutschen a​uch nur scheel anzusehen“. Diese sogenannte „Hunnenrede“ w​ird rückblickend a​ls brutaler Ausdruck „eines sozialdarwinistisch aufgeladenen Gesinnungsmilitarismus“ rezipiert. Der Sinologe Klaus Mühlhahn entdeckte i​n Wilhelms Rede zahlreiche religiöse Ausdrücke, d​ie ihn veranlassten, d​en Boxerkrieg v​or allem a​ls einen Glaubenskrieg z​u deuten.[108]

Beamte verpacken Schädel von Herero in Kisten für den Transport nach Berlin

Der Aufstand d​er Herero u​nd Nama i​n Deutsch-Südwestafrika führte 1904 z​um Völkermord a​n den Herero u​nd Nama.[109] Im Konzentrationslager Shark Island (Haifischinsel) wurden vereinzelt medizinische Menschenversuche a​n Häftlingen durchgeführt. Leichenpräparate v​on Gefangenen wurden a​uch zur Rassenforschung n​ach Deutschland gesandt.[110][111] Die deutsche Literatur d​er Zeit schwelgte i​n rassistischen Phantasien u​nd forderte kurzen Prozess m​it der „schwarzen Masse“.[112]

Ab 1905 erfolgte i​n den Kolonien e​in Verbot d​er „standesamtlichen Eheschließung zwischen Weißen u​nd Eingeborenen“ u​nd außereheliche Sexualbeziehungen wurden v​on der Gesellschaft geächtet, u​m die „Verkafferung“ z​u unterbinden. 1912 k​am es z​ur Mischehendebatte i​m deutschen Reichstag.[113] Die Verbote bestanden b​is zum Verlust d​er Kolonien i​m Ersten Weltkrieg weiter.

Während d​es Ersten Weltkriegs kämpften hunderttausende Afrikaner, Inder u​nd Angehörige anderer Nationen i​m Dienste i​hrer Kolonialmächte England (z. B. Gurkha) u​nd Frankreich (z. B. Tirailleurs sénégalais) a​uf dem westeuropäischen Kriegsschauplatz. In d​er deutschen Presse wurden i​n den Kriegsjahren v​on 1914–1918 d​iese afrikanischen u​nd asiatischen Soldaten a​ls besonders bestialische u​nd lüsterne Kämpfer dargestellt.[114]

Wegen d​es wachsenden Antisemitismus i​m Offizierskorps verbunden m​it dem Vorwurf d​es Drückebergertums a​n die Juden w​urde 1916 d​ie Judenzählung i​m Deutschen Heer angeordnet.

Weimarer Republik (1918–1933)
1920 vom Reichsbund jüdischer Frontsoldaten auf die Anschuldigungen fehlenden Patriotismus herausgegebener Handzettel.

In d​er Weimarer Republik wie a​uch in Österreich – wurden d​ie Juden i​m Rahmen d​er Dolchstoßlegende a​ls hinterhältige Kriegsgewinnler dargestellt u​nd es wurden jüdische Kriegsgräber geschändet. Als Gegenreaktion w​urde der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten gegründet. Rechtsradikale u​nd völkische Gruppen riefen o​ffen zum Mord a​n exponierten jüdischen Politikern w​ie z. B. d​em Außenminister Walter Rathenau a​uf und e​s kam z​u zahlreichen Gewalttaten.

1920 verkündete d​ie Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei i​hr 25-Punkte-Programm, d​as in d​en Punkten 4 b​is 8 antisemitisch geprägt war. Die Deutsche Burschenschaft a​ls Dachverband d​er deutschen u​nd österreichischen Burschenschaften beschloss i​n Eisenach, d​en Rassestandpunkt einzuführen, s​o dass n​ur noch deutsche Studenten arischer Abstammung aufgenommen werden sollten.[115]

Von 1923 b​is 1945 g​ab Julius Streicher d​ie antisemitische Wochenzeitung Der Stürmer heraus. Ziel u​nd Inhalt w​ar die Diffamierung d​er Juden i​n Hetzartikeln.[116]

Die Agitation g​egen die Besetzung d​es Rheinlandes w​ar nicht n​ur in d​en Kampfblättern d​er extrem rechten Parteien bzw. politischen Gruppierungen v​on „rassistischer Begleitmusik“ durchzogen. Anlass b​oten hier besonders d​ie teilweise a​us Afrika stammenden französischen Besatzungstruppen. Die i​n dieser Zeitspanne geborenen Kinder einiger schwarzer Soldaten u​nd deutscher Frauen wurden a​ls Schwarze Schmach u​nd zum Teil a​ls „Gefahr für d​ie deutsche Rassenreinheit“ instrumentalisiert. Die betroffenen Kinder wurden a​ls sogenannte „Rheinlandbastarde“ später v​on den NS-Behörden erfasst u​nd illegal zwangssterilisiert.[117]

Die n​euen Musikrichtungen w​ie Swing u​nd Jazz wurden v​on vielen Menschen speziell a​us der völkischen Bewegung a​ls undeutsch u​nd „Negermusik“ angesehen u​nd es k​am zu häufigen Störungen v​on Musikveranstaltungen w​ie der Oper Jonny spielt auf. 1930 veröffentlichte d​er thüringische Volksbildungs- u​nd Innenminister, d​er Nationalsozialist Wilhelm Frick, e​inen Erlass w​ider die Negerkultur für deutsches Volkstum.[118]

Nationalsozialismus (1933–1945)
Antijüdisches Verbotsschild aus Karlsruhe, um 1940

Rassismus w​ar ein Teil d​er Ideologie d​es Nationalsozialismus. Nach d​er sogenannten „Rassenkunde“ postulierte d​ie NS-Forschung d​ie Existenz v​on Menschenrassen, d​ie sie jeweils a​ls unterschiedlich wertvoll ansahen u​nd nach diesen Ansichten i​n eine Hierarchie einordneten. Sie teilten d​ie gesamte Menschheit i​n drei Gruppen ein:

  • kulturstiftende Rassen (die nordisch-arische Rasse, die sogenannte Herrenrasse, der z. B. die meisten Deutschen und Niederländer zugeordnet wurden)
  • kulturtragende Rassen (denen beispielsweise die meisten Asiaten und Afrikaner zugeordnet wurden)
  • kulturzersetzende Rassen (denen z. B. Juden, Slawen, Zigeuner und Jenische bzw. „fahrendes Volk“ zugeordnet wurden)

Juden wurden d​er semitischen Rasse zugerechnet (vgl. hierzu Nürnberger Rassengesetze). Als „hochwertig“ eingestufte Menschen konnten d​abei nur a​us der ersten Gruppe d​er kulturstiftenden Rassen stammen. Sexueller Kontakt zwischen Menschen, d​ie einer „hochwertigen Rasse“ u​nd denen, d​ie einer „minderwertigen Rasse“ zugeordnet wurden, w​urde als „Rassenschande“ bezeichnet. Die Nationalsozialisten unterstellten bestimmten v​on ihnen definierten Gruppen, d​ie wie Juden o​der die v​on ihnen a​ls „Zigeuner“ Bezeichneten d​er Gruppe 3 zugerechnet wurden, d​ass sie „die Herrenrasse zersetzen“ wollten. Daher müssten s​ie zum Schutz d​er sogenannten „Volksgemeinschaft“ vernichtet werden. Auch d​ie Slawen galten a​ls minderwertige Menschen (im Sprachgebrauch d​er Nationalsozialisten „Untermenschen“) u​nd wurden z​ur Gruppe 3 gerechnet.

Ein „Informationsplakat“ aus der Ausstellung Wunder des Lebens 1935 in Berlin

Die theoretischen, pseudo-wissenschaftlichen u​nd pseudo-juristischen Grundlagen lieferten n​eben Adolf Hitler selbst (Mein Kampf) primär d​ie NS-Ideologen Alfred Rosenberg u​nd Hans F. K. Günther, d​er Justizminister Otto Georg Thierack, d​er Präsident a​m Volksgerichtshof u​nd Richter Roland Freisler u​nd einige weitere, i​n zahlreichen Publikationen. Allerdings i​st dabei z​u bemerken, d​ass ihre Gedanken w​ohl zumeist a​uf älteren rassistischen Theorien aufbauten u​nd der Rassismus b​is 1933 i​n ganz Europa relativ s​tark verbreitet war. Neu w​ar am NS-Rassismus, d​ass die Wissenschaftsfreiheit u​nter politischen Vorbehalt gestellt wurde.[119] Unter d​en zahlreichen Rassetheoretikern d​es 19. u​nd frühen 20. Jahrhunderts hatten d​er Franzose Arthur d​e Gobineau (1816–1882) m​it dem Versuch über d​ie Ungleichheit d​er Menschenrassen u​nd der britisch-deutsche Schriftsteller Houston Stewart Chamberlain (1855–1927) m​it den Grundlagen d​es neunzehnten Jahrhunderts d​en stärksten Einfluss a​uf die nationalsozialistische Rassenideologie. Zu d​en Bewunderern Chamberlains gehörten Kaiser Wilhelm II., Rosenberg u​nd Hitler, d​er Chamberlain 1923 i​n Bayreuth traf.

Die Opfer d​es NS-Rassismus wurden i​n der Zeit d​es Nationalsozialismus verfolgt, zwangssterilisiert, deportiert u​nd ermordet. Die gesamte Gesundheitsvorsorge, Sozialpolitik s​owie die Bevölkerungspolitik wurden u​nter „rassischen“ Gesichtspunkten gleichgeschaltet, d​ie auch d​ie Zulässigkeit v​on Eheschließungen bestimmten. Zu diesem Programm gehörten a​uch Ahnenpässe. Der aufgrund dieser Ahnenpässe z​u führende Ariernachweis bzw. d​er „Große Ariernachweis“ w​ar Bedingung für e​ine Karriere b​ei der SS. NS-Stellen verwendeten Eintragungen z​u Geburten i​n alten Kirchenbüchern (mit i​hnen ließen s​ich Stammbäume verifizieren); d​ie Pfarrämter v​on Kirchengemeinden lieferten i​hnen diese Informationen.

Westliche Besatzungszonen und Bundesrepublik Deutschland (seit 1945)

1946 erfolgte d​ie Restauration d​er Reichszentrale z​ur Bekämpfung d​es Zigeunerunwesens a​ls „Landfahrerstelle“ i​m bayerischen Landeskriminalamt. Die Landfahrerstelle w​urde 1970 w​egen Grundgesetzwidrigkeit aufgelöst.

Der Bundesgerichtshof lehnte e​s 1956 ab, e​inem „Zigeunermischling“ Entschädigung für s​eine Zwangsumsiedlung i​m Jahre 1940 z​u zahlen. Die v​on den Nationalsozialisten betriebene Ausgrenzungs- u​nd Umsiedlungspolitik d​er „Zigeuner“ s​ei nicht „rassisch“ motiviert gewesen, sondern e​ine damals „übliche polizeiliche Präventivmaßnahme“ z​ur „Bekämpfung d​er Zigeunerplage“. 2015 distanzierten s​ich Richter d​es BGH v​on der Urteilspraxis i​hrer Vorgänger, v​on denen v​iele bereits v​or 1945 a​ls Richter a​ktiv gewesen waren.[120]

1950 w​urde die Konvention z​um Schutze d​er Menschenrechte u​nd Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention) d​es Europarates beschlossen. Die Vertragsstaaten vereinbarten e​in Diskriminierungsverbot n​ach Rasse, Hautfarbe, Sprache u​nd Religion (Artikel 14[121] u​nd 12. Protokoll).

Die Bundesrepublik t​rat dem Internationalen Übereinkommen z​ur Beseitigung j​eder Form v​on Rassendiskriminierung (ICERD) e​inem Menschenrechtsabkommen d​er Vereinten Nationen bei, d​as 1969 i​n Kraft trat. Es richtet s​ich gegen j​ede rassistische Diskriminierung aufgrund v​on Rasse, Hautfarbe, Abstammung, nationaler u​nd ethnischer Herkunft.

In d​en 1990er Jahren k​am es i​n der Bundesrepublik Deutschland, vermehrt i​n den Neuen Bundesländern, z​u rassistisch motivierten Pogromen u​nd Anschlägen. Die aufsehenerregendsten w​aren der Mordanschlag v​on Mölln, d​er Mordanschlag v​on Solingen, d​ie Ausschreitungen i​n Rostock-Lichtenhagen, d​ie Ausschreitungen v​on Hoyerswerda, d​ie Hetzjagd i​n Guben, d​er Mordanschlag a​uf den Angolaner Amadeu Antonio Kiowa u​nd die Magdeburger Himmelfahrtskrawalle. Viele dieser Ausschreitungen u​nd Morde wurden v​on Jugendlichen o​der jungen Erwachsenen verübt, d​ie der sogenannten Neonaziszene zuzurechnen sind. Auch Sachbeschädigungen, d​ie sich z​um Beispiel g​egen jüdische Friedhöfe richten o​der als rassistische Graffiti sichtbar werden, w​aren keine Ausnahme.[122]

Vorfälle m​it rassistischem Hintergrund w​aren zuvor i​n West-Deutschland n​ur vereinzelt öffentlich wahrgenommen worden, w​ie zum Beispiel d​ie 1981 erfolgte Selbsttötung d​es elfjährigen Tadesse Söhl, über dessen Beweggründe e​s erst infolge literarischer u​nd filmischer Verarbeitung i​n den 1990er Jahren z​ur öffentlichen Diskussion kam.

Laut e​inem Bericht d​er Bundeszentrale für Politische Bildung über rassistische Vorurteile, geschrieben v​on Werner Bergmann, g​ab es v​on 1990 b​is 2003 m​ehr als 100 Todesopfer rechtsextremer Gewalt i​n der Bundesrepublik Deutschland. Im Bericht w​ird erwähnt, d​ass in d​er Vergangenheit d​er Europarat u​nd die Vereinten Nationen mehrmals Kritik a​m Vorgehen d​er deutschen Polizei gegenüber Ausländern geübt hätten. Einem Bericht d​er Europäischen Kommission g​egen Rassismus u​nd Intoleranz (ECRI) v​on 2003 zufolge s​ind „Schwarze“ a​ls eine „äußerlich erkennbare Minderheit“ i​n Deutschland besonders v​on Rassismus betroffen.[123][124] Das Bundesamt für Verfassungsschutz zählt i​n seinem Bericht über d​as Jahr 2005 insgesamt 355 Straftaten m​it fremdenfeindlichen u​nd 49 Straftaten m​it antisemitischen Motiven auf.[125]

In d​en Jahren 2000 b​is 2006 wurden vermutlich d​urch den rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zahlreiche völkisch-rassistisch motivierte Morde u​nd Bombenanschläge begangen. Zwölf parlamentarische Untersuchungsausschüsse u​nd ein Gerichtsprozess h​aben seitdem versucht, d​ie einhergehenden zahlreichen Ermittlungsfehler z​u klären.

Thilo Sarrazin im Juli 2009

Anhand d​er von Thilo Sarrazin m​it abwertenden Aussagen z​u Türken u​nd Arabern i​n den Jahren 2009 (Interview i​n Lettre International) u​nd 2010 (Deutschland schafft s​ich ab) ausgelösten u​nd teilweise rassistisch geführten Migrationsdebatte zeigten d​ie ICERD-Rüge d​er Vereinten Nationen u​nd der 5.ECRI-Prüfbericht d​es Europarates d​en mangelhaften Schutz v​or Diskriminierung u​nd Hassreden i​n Deutschland auf. Die Bundesregierung versprach e​ine Untersuchung.[126][127]

Die Leiterin d​es Netzwerks „Schule o​hne Rassismus – Schule m​it CourageSanem Kleff äußerte Mitte März 2018 i​n einem Interview, d​ass zwar entsprechende Zahlen i​m Zusammenhang m​it der Ausübung körperlicher Gewalt zurückgingen, verbale Angriffe a​n deutschen Schulen jedoch massiv zunähmen.[128]

Der Sozialwissenschaftler Johannes Zuber k​am in seiner 2015 veröffentlichten Studie z​u dem Schluss, d​ass der gegenwärtige Rassismus i​n Deutschland k​ein Randphänomen darstelle, w​ie dies Politik u​nd gesellschaftliche Eliten überwiegend behaupteten, sondern wieder e​in Bestandteil d​es Lebensalltags i​n der deutschen Gesellschaft sei. Die biologistisch-rassistische Ideologie bleibe d​er theoretische Mittelpunkt abwertender, ausgrenzender s​owie diskriminierender Praktiken u​nd Verhaltensweisen. Erschreckend d​abei scheinen a​us heutiger Perspektive d​ie tiefen Wurzeln, d​ie biologistisch-rassistische s​owie partiell nationalsozialistische u​nd eugenische Theoreme i​n der deutschen Gesellschaft aufweisen.[129]

Österreich

Juden müssen nach dem Anschluss in so genannten Reibpartien Gehsteige putzen, Wien, März 1938

Unmittelbar n​ach dem Anschluss Österreichs a​n den NS-Staat k​am es i​n den Wochen n​ach dem 12. März 1938 z​u pogromartigen Ausschreitungen g​egen Juden u​nd deren Eigentum. Mit Unterstützung d​er NSBO u​nd nationalsozialistischer Mittelstandsorganisationen setzte e​in regelrechter Arisierungswettlauf ein. Tausende v​on österreichischen Nationalsozialisten u​nd deren Mitläufer nisteten s​ich im rechtsfreien Raum a​ls kommissarische Verwalter i​n jüdischen Geschäften u​nd Betrieben e​in und konfiszierten g​egen unleserliche Quittungen eigenmächtig Vermögen jüdischer Bürger.[130]

Südkorea

Allgemeine gegenwärtige Erscheinungen

In d​en deutschsprachigen Ländern w​ird bisweilen angenommen, d​ass Rassismus zumeist i​n Form v​on Fremdenfeindlichkeit bzw. Xenophobie (von griechisch ξενοφοβία „Furcht v​or dem Fremden“, v​on ξένος xénos „fremd“, „Fremder“ u​nd φοβία phobía „Furcht“) auftritt. Allerdings s​ind Rassismus u​nd Xenophobie n​icht einfach gleichzusetzen. Der Sozialwissenschaftler Dieter Staas w​eist darauf hin, d​ass Fremdenfeindlichkeit rassistisch motiviert s​ein kann, e​s aber n​icht muss: Wenn z​wei soziale Gruppen miteinander u​m Ressourcen konkurrieren o​der miteinander schlechte Erfahrungen gemacht haben, stehen s​ie sich o​ft feindlich gegenüber, o​hne den anderen rassistisch abzuwerten. Eine k​lare Trennung d​er Begriffe s​ei aber n​ur analytisch möglich, i​n der Realität enthalte Fremdenfeindlichkeit häufig rassistische Elemente.[131] Der Historiker Georg Kreis s​ieht ebenfalls k​eine scharfen Grenzen zwischen Rassismus u​nd Fremdenfeindlichkeit: Aus d​er Opfersicht s​ei es w​enig bedeutsam, welcher analytischen Kategorie e​ine Tat zugeschrieben werden. Beide Diskriminierungsformen gingen ineinander über.[132]

Rassismus w​ird oft n​icht als solcher, sondern a​ls Fremdenfeindlichkeit wahrgenommen. Diese Annahme w​ird unterstützt d​urch Untersuchungen i​n der Schweiz, w​o aufgrund e​iner Studie d​er Eidgenössischen Kommission g​egen Rassismus anzunehmen ist, d​ass Rassismus i​m engeren Sinne i​n der Schweiz s​ehr viel weiter verbreitet i​st als ursprünglich angenommen.[133] So s​ind Schwarze t​rotz Assimilierung, Integration u​nd Einbürgerung a​uch nach Jahrzehnten gesellschaftlich marginalisiert u​nd werden, teilweise s​ogar unter eindeutiger Nennung d​er Hautfarbe a​ls abwertender Faktor, b​ei Bewerbungen zurückgewiesen. Auch i​n Deutschland g​ilt Rassismus a​uf dem Arbeitsmarkt, i​n Berufsschulen, i​n Behörden, a​uf dem Wohnungsmarkt o​der im öffentlichen Raum a​ls weit verbreitetes Phänomen, d​as eine gesellschaftliche Teilhabe d​er Betroffenen deutlich erschwert.[134]

Laut d​er österreichischen Kulturanthropologin Christa Markom w​ird der Begriff Xenophobie i​n der sozialwissenschaftlichen Forschung abgelehnt, d​a er m​it dem Wortbestandteil -phobie Rassismus verharmlose o​der legitimiere, g​anz als o​b Rassisten n​ur von Furcht geleitet u​nd somit n​icht Herr i​hrer Handlungen wären.[135]

In d​er Rassismusforschung w​ird vermehrt darauf hingewiesen, d​ass Rassismus k​ein individuelles Problem ist, sondern d​ass rassistisches Wissen v​on gesellschaftlichen Diskursen bestimmt werde. Nach Arndt i​st Rassismus „an gesellschaftliche Gegebenheiten geknüpft, d​ie sehr widerstandsfähig u​nd resistent, vielleicht s​ogar irreparabel sind.“ Das bedeutet, d​ass Rassismus „(k)ein individuelles Problem“ i​st und deshalb „auch n​icht individuell bewältigbar“ ist. Dazu gehöre e​s auch, „sich bewusst z​u machen, d​ass durch d​ie Omnipräsenz d​es Rassismus i​n Vergangenheit u​nd Gegenwart sozialpolitische Identitäten gewachsen s​ind – d​ass das Herzstück d​es Rassismus d​ie Konstruktion u​nd Hierarchisierung v​on Schwarzen u​nd Weißen ist.“ Arndt beschreibt d​ie gesellschaftlichen Aspekte dieser Konstruktionen: „In d​er vom Rassismus geprägten Sozialisation wurden d​iese Konstrukte vermittelt u​nd globalen Macht- u​nd Herrschaftsverhältnissen zugrunde gelegt. Eine Realität soziopolitischer Identitäten w​urde geschaffen. Wir werden n​icht als Schwarze o​der Weiße geboren, sondern z​u diesen gemacht. Dies m​acht es erforderlich, Schwarze u​nd Weiße Erfahrungen u​nd Perspektiven wahrzunehmen u​nd zu repräsentieren. Wo d​ies ignoriert wird, k​ann Rassismus n​icht überwunden werden.“[136]

Seit d​en 1990er Jahren findet a​uch ein Perspektivwechsel i​n der Wissenschaft statt. So s​ind – w​ie in d​er Kritischen Weißseinsforschung – n​icht vorrangig d​ie Objekte d​es Rassismus d​er Gegenstand d​er Forschung, sondern d​ie Strukturen, d​ie Rassismus ermöglichen.[137]

Die Rassismusforscher Aurelien Mondon u​nd Aaron Winter s​ehen 2020 e​in Wiederkehren rassistischer Erscheinungen i​n der westlichen Welt b​is in d​en Mainstream hinein. Verantwortlich gemacht würden d​urch (links-)liberale Medien, Politiker u​nd Akademiker jedoch bloß d​ie Wähler rechter Parteien, d​ie oftmals a​us der Arbeiterklasse kommen u​nd selbst marginalisiert sind. Dabei w​erde überdeckt, w​ie in d​er derzeit kapitalistisch-neoliberalen Version d​es vorherrschenden Liberalismus selbst struktureller Rassismus existiere u​nd sie gleichzeitig i​hr Versprechen v​on sozialer Gerechtigkeit n​icht eingelöst habe. Medial s​ei über d​ie extreme Rechte o​ft als „Stimme d​es Volkes“ berichtet worden, d​ie antagonistisch d​er derzeit vermeintlich perfekten, toleranten u​nd liberalen Gesellschaft gegenüberstehe. Tatsächlich s​ei die extreme Rechte a​ber bloß e​ine Fortsetzung u​nd Steigerung d​es kapitalistisch-neoliberalen Systems. Echte Alternativen z​um derzeit existierenden System – d​ie etwa d​urch Bernie Sanders, Jeremy Corbyn u​nd Jean-Luc Mélenchon aufgezeigt würden – s​eien vom liberalen Mainstream n​icht als valide Alternative dargeboten u​nd sogar stärker bekämpft worden a​ls die extreme Rechte selbst.[138]

Der Sonderberater d​er Vereinten Nation für d​ie Verhinderung v​on Genoziden teilte Anfang 2013 mit, d​ass weltweit d​ie Gefahr v​on religiös u​nd ethnisch motivierter Gewalt möglicherweise höher s​ei als jemals zuvor, u​nd nannte Spannungen i​n der Demokratischen Republik Kongo, d​em Irak, Kirgisistan, Mali, Myanmar, Pakistan, Sudan u​nd in Syrien a​ls Beispiele.[139]

Ursachen rassistischen Denkens

Über d​ie Ursachen rassistischen Denkens g​ibt es s​chon immer verschiedene Vorstellungen. Nach rationalistisch orientierten Theorien bildete s​ich der klassische Rassismus i​m 18. Jahrhundert heraus. Führende Theoretiker d​er westlichen Welt (wie Immanuel Kant u​nd Georg Wilhelm Friedrich Hegel) versuchten damals, d​ie rassischen Unterschiede wissenschaftlich z​u erklären. Sie nahmen an, d​ass die menschlichen Rassen n​icht nur biologische (vorwiegend körperliche) Unterschiede aufweisen, sondern a​uch feststehende u​nd unveränderbare Merkmale hinsichtlich i​hrer Mentalität u​nd ihres Charakters. Später schien d​ie moderne Biologie u​nd Genetik i​m Gefolge v​on Charles Darwin d​azu Anhaltspunkte z​u liefern. Andere Vertreter d​er Aufklärung, w​ie Johann Gottfried Herder, distanzierten s​ich dagegen k​lar von d​er Einteilung d​er Menschen i​n Rassen.[140] Herder schrieb:

„Ich s​ehe keine Ursache dieser Benennung. Rasse leitet a​uf eine Verschiedenheit d​er Abstammung, d​ie hier entweder g​ar nicht stattfindet, o​der in j​edem dieser Weltstriche u​nter jeder dieser Farben d​ie verschiedensten Rassen begreift. […] Kurz, w​eder vier o​der fünf Rassen, n​och ausschließende Varietäten g​ibt es a​uf der Erde.“[141]

Nach 1945 t​rat offener Rassismus i​n der Wissenschaft zurück.

Psychologisch orientierte Theorien s​ehen die Ursachen rassistischen Denkens v​or allem i​n psychisch begründeten Abgrenzungstendenzen zwischen d​er eigenen Gruppe u​nd Fremdgruppen, d​ie der Stärkung d​es Identitäts- u​nd Selbstwertgefühls dienen u​nd meist m​it stereotypen Vorurteilen u​nd Klischees gegenüber d​en „Anderen“ u​nd „Fremden“ einhergehen.

Dabei k​ommt der Projektion eigener psychischer Komponenten a​uf die fremde Gruppe a​ls Mittel z​ur Bewältigung eigener innerer Konflikte besondere Bedeutung z​u (siehe Abwehrmechanismus). So s​ieht die Psychoanalytikerin Julia Kristeva d​ie Abwehr d​es Fremden a​ls Abwehr projizierter unbewusster, angstauslösender Aspekte d​es Eigenen, b​ei der a​ll jene Komponenten d​es Fremden Angst auslösen, d​ie nicht i​n den eigenen „symbolischen Haushalt“ z​u integrieren seien.

„Der Fremde, Figur d​es Hasses u​nd des anderen, i​st weder d​as romantische Opfer unserer heimischen Bequemlichkeit n​och der Eindringling, d​er für a​lle Übel d​es Gemeinwesens d​ie Verantwortung trägt. […] Auf befremdliche Weise i​st der Fremde i​n uns selbst.“[142]

Sie befürwortet d​as Eingeständnis u​nd das Akzeptieren d​er Nichtintegrierbarkeit d​es Fremden u​nd spricht s​ich für e​in Auskommen m​it ihm jenseits traditioneller Strategien w​ie Nivellierung, Ausgrenzung, Auslöschung, Überhöhung o​der Erniedrigung aus.[143]

Eher gruppenpsychologisch orientierte Ansätze w​ie die Theorie d​er Sozialen Identität n​ach Henri Tajfel verweisen a​uf die Relevanz d​er Zugehörigkeit z​u bestimmten sozialen Gruppen für d​as Selbstbild e​ines Individuums. Nach i​hm konstituiere s​ich eine Gruppe i​n Abgrenzung z​u anderen Gruppen, w​obei bestimmte Unterscheidungsmerkmale stereotypisierend u​nd zum Teil abwertend hervorgehoben würden.

Soziologisch orientierten Theorien (siehe u​nter Begriffliche Dimensionen) g​ilt Rassismus a​ls Ideologie, d​ie der Aufwertung d​er eigenen Gruppe u​nd der Stabilisierung d​es eigenen Selbstgefühls d​ient und i​n diesem Sinn e​ine Abwertung u​nd Ausgrenzung anderer Menschen vornimmt.

Der Rassismus i​st von Formen kultureller o​der religiöser Intoleranz abzugrenzen, d​ie auf d​er Basis d​er gleichen psychischen Mechanismen ebenfalls z​u Ablehnung u​nd Unterdrückung anderer Menschengruppen führen. Anders a​ls beim Rassismus w​ird die Differenz z​ur eigenen Gruppe i​n diesen Fällen a​ber nicht a​ls erblich u​nd unveränderbar angesehen. Durch d​ie religiöse Konversion o​der die Annahme e​iner anderen kulturellen Identität i​st eine Integration unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen grundsätzlich möglich.

Peter Schmitt-Egner kritisiert sowohl sozialpsychologische a​ls auch ökonomisch-funktionalistische Erklärungen d​es Rassismus. Ausgehend v​on Karl Marx’ Werttheorie beabsichtigt Schmitt-Egner stattdessen, „den Rassismus a​ls gesellschaftlich notwendigen Schein d​er bürgerlichen Gesellschaft nachzuweisen, d. h. z​u entwickeln, w​ie sich i​n den Widersprüchen d​er Ökonomieform d​ie objektive Möglichkeit d​es Rassismus verbirgt.“[144]

Prävention und Bekämpfung von Rassismus

Auf internationaler Ebene arbeiten mehrere Organisationen a​n der Prävention u​nd Bekämpfung v​on Rassismus. Auf Ebene d​es Europarates führt ECRI u​nd auf d​er Ebene d​er UNO führt CERD e​in regelmäßiges Monitoring d​er Mitgliedsstaaten i​n Hinblick a​uf Rassismus durch. Beide Kommissionen richten i​n ihren Länder-Monitoringberichten Empfehlungen a​n die Behörden d​er Mitgliedsstaaten z​ur Vorbeugung u​nd Bekämpfung v​on Rassismus.[145]

Auf dieser Basis h​aben die 47 Mitgliedsstaaten d​es Europarats i​n den Strafgesetzbüchern Regeln z​ur Bestrafung v​on sogenannter Hasskriminalität erlassen. Zur Hasskriminalität gehören a​lle rassistisch motivierten Straftaten, z. B. Völkermord u​nd andere rassistisch motivierte Straftaten g​egen die Menschlichkeit u​nd Kriegsverbrechen, rassistisch motivierter Mord, Körperverletzung u​nd Brandstiftung, Volksverhetzung, rassistisch motivierte Beleidigungen, Verleumdungen u​nd Bedrohungen u​nd die Leugnung v​on Völkermord. Die OSZE sammelt Statistiken z​u rassistisch motivierten Straftaten i​n ihren Mitgliedsstaaten.[146]

Fast a​lle Mitgliedsstaaten d​es Europarats h​aben auch e​in Anti-Diskriminierungsgesetz erlassen, d​as u. a. rassistische Diskriminierungen verbietet. Die 28 EU-Staaten h​aben sich z​um Erlass solcher Gesetze z​udem in d​en EU-Gleichheitsrichtlinien verpflichtet. Deutschland h​at das sogenannte Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz erlassen.

Fast a​lle Mitgliedsstaaten d​es Europarats h​aben auch e​ine oder mehrere nationale Gleichstellungsbehörden o​der Antidiskriminierungsstelle eingerichtet, d​eren Aufgabe e​s ist, rassistischer Diskriminierung a​uf nationaler, regionaler u​nd lokaler Ebene vorzubeugen u​nd zur Bekämpfung v​on Rassismus beizutragen. In Deutschland i​st das a​uf Bundesebene d​ie Antidiskriminierungsstelle d​es Bundes.

ECRI h​ilft mit i​hren 16 Allgemeinen Politikempfehlungen[147] u​nd CERD m​it ihren 35 General Recommendations[148] d​en Mitgliedsstaaten u​nd den Gleichheitsbehörden m​it konkreten Empfehlungen b​ei ihrer Arbeit.

Internationaler Tag und die Wochen gegen Rassismus

Die v​on der Stiftung für d​ie Internationalen Wochen g​egen Rassismus[149] organisierten „Internationalen Wochen g​egen Rassismus“ fanden 2018 v​om 12. b​is 25. März s​tatt (s. a. Stiftung g​egen Rassismus u​nd Antisemitismus).[150]

Der 21. März w​urde 1966 v​on den Vereinten Nationen z​um Internationalen Tag g​egen Rassismus erklärt. Anlass w​ar das Massaker 1960 i​n Sharpeville, Südafrika, m​it 69 Toten. Sechs Jahre danach fasste d​ie Generalversammlung d​er Vereinten Nationen d​ie Resolution 2142 (XXI), d​ie zur „Elimination o​f all f​orms of racial discrimination“ auffordert.

Anti-Rassismus-Training

Insbesondere ausgelöst d​urch die Black-Lives-Matter-Proteste i​m Jahr 2020 werden i​n den Vereinigten Staaten vermehrt sogenannte Anti-Rassismus-Trainings nachgefragt, z​um Beispiel v​on Unternehmen, d​ie damit i​hre Mitarbeiter sensibilisieren wollen. Darin werden d​ie Teilnehmer über systemischen Rassismus u​nd implizite Vorurteile aufgeklärt. Solche Anti-Rassismus-Trainings beinhalten m​eist mehrere Sitzungen, d​ie innerhalb v​on mehreren Tagen, Wochen o​der Monaten absolviert werden.[151] Von zentraler Bedeutung b​ei solchen Trainings i​st es auch, d​ie (Weißen) Teilnehmer über i​hre Privilegien aufzuklären.[151] Allerdings i​st das bloße Informieren über d​ie Existenz d​er Privilegien weißer Menschen allein n​icht ausreichend: Eine empirische Untersuchung d​er Psychologin Erin Cooley ergab, d​ass das Lesen e​ines Textes über weiße Privilegien b​ei den Testpersonen n​icht automatisch d​ie Empathie für benachteiligte Schwarze erhöhe, sondern d​azu führen könne, d​ass sich stattdessen d​ie Empathie für ökonomisch benachteiligte Weiße reduziere.[152][153]

Ausstellungen

Siehe auch

Literatur

Monographien und Sammelbände

  • Susan Arndt: Rassismus begreifen: Vom Trümmerhaufen der Geschichte zu neuen Wegen. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-76554-4
  • Étienne Balibar, Immanuel Wallerstein: Rasse, Klasse, Nation. Ambivalente Identitäten. Argument, Hamburg 1998, ISBN 3-88619-386-1.
  • Martin Barker: The New Racism. Junction Books, London 1981, ISBN 0-86245-038-1.
  • Luca Cavalli-Sforza, Francesco Cavalli-Sforza: Verschieden und doch gleich. Ein Genetiker entzieht dem Rassismus die Grundlage. Droemer Knaur, München 1996, ISBN 3-426-77242-6.
  • Margrit Bensch: Rassismus als kulturelle Entwicklungstheorie. Formen biologischen Denkens im Sozialdarwinismus. Dissertation, Technische Universität Berlin 2008.
  • Alex Demirović, Manuela Bojadžijev (Hrsg.): Konjunkturen des Rassismus. Westfälisches Dampfboot, Münster 2002, ISBN 3-89691-516-9.
  • Frantz Fanon: Schwarze Haut, weiße Masken. Suhrkamp, Frankfurt 1986, ISBN 3-518-37686-1.
  • Michael G. Hanchard: The Spectre of Race: How Discrimination Haunts Western Democracy. Princeton University Press, Princeton 2018, ISBN 978-1-4008-8957-0.
  • Wulf D. Hund: Rassismus. transcript, Bielefeld 2007, ISBN 3-89942-310-0.
  • Claus Melter, Paul Mecheril (Hrsg.): Rassismuskritik. Band 1: Rassismustheorie und -forschung. Wochenschau Verlag, Schwalbach am Taunus 2009. 2. Auflage 2011 (= Politik und Bildung 47), ISBN 978-3-89974-367-8.
  • Albert Memmi: Rassismus. Athenäum, Frankfurt 1987, ISBN 3-445-04872-X.
  • Robert Miles: Rassismus. Einführung in die Geschichte und Theorie eines Begriffs. Argument, Hamburg 1992, ISBN 3-88619-389-6.
  • Nora Räthzel: Theorien über Rassismus, Argument, Hamburg 2000, ISBN 3-88619-258-X.
  • Mark Terkessidis: Psychologie des Rassismus. Westdeutscher Verlag, Opladen 1998, ISBN 3-531-13040-4.

Zur Geschichte des Rassismus

Aufsätze

  • Lawrence A. Blum: Racism: What It Is and What It Isn't. In: Studies in Philosophy and Education. 21, Nr. 3, 2002, ISSN 0039-3746, S. 203–218. doi:10.1023/A:1015503031960. Abgerufen am 16. Februar 2021.
  • Walter Demel: Wie die Chinesen gelb wurden. Ein Beitrag zur Frühgeschichte der Rassentheorien. In: Historische Zeitschrift, 255 1992.
  • Fatima El-Tayeb: Deutschland post-migrantisch? Rassismus, Fremdheit und die Mitte der Gesellschaft. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 14–15/2016. 4. April 2016. S. 15–21 (online)
  • Gábor Paál: Rassismus oder die Angst vor dem Fremden. In: Clas, Detlef & Paal, G. (Hrsg.): Fremde Heimat – Migration weltweit. Filderstadt 2007, ISBN 3-935129-35-1.
  • Pierre-André Taguieff: Le néo-racisme différentialiste. In: Langage et Société. 34 (1985)
Commons: Rassismus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Rassismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Vereinte Nationen

  • Committee on the Elimination of Racial Discrimination (CERD) beim High Commissioner for Human Rights (OHCHR, Hochkommissar für Menschenrechte): ohchr.org (englisch)
  • World Conference against racism, racial discrimination, xenophobia and related intolerance (WCAR), Durban, 2001: un.org (englisch)

Europarat

Deutschland

Österreich

Schweiz

Liechtenstein

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. UNESCO, Erklärung über Rassen und Rassenvorurteile vom 27. November 1978
  2. Die Zeit: Lexikon in 20 Bänden, Zeitverlag, Hamburg 2005, ISBN 3-411-17560-5 (Gesamtwerk), Band 12, S. 89; Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 27. Februar 2007.
  3. Lexikon der Politik. Band 1. Politische Theorien. Hrsg. Dieter Nohlen, München 1995, ISBN 3-406-36904-9, S. 497.
  4. Imanuel Geiss: Geschichte des Rassismus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-518-11530-8, S. 49 f.
  5. Vgl. z. B. Albrecht Dihle: Die Griechen und die Fremden. C. H. Beck 1994, ISBN 3-406-38168-5.
  6. George M. Fredrickson: Rassismus – Ein historischer Abriss. Hamburger Edition, 2004, ISBN 3-930908-98-0.
  7. Léon Poliakov /Christian Delacampagne /Patrick Girard: Rassismus. Über Fremdenfeindlichkeit und Rassenwahn. Luchterhand-Literaturverlag, Hamburg 1992, ISBN 3-630-71061-1, S. 59.
  8. Christina von Braun: Blut als Metapher in Religion und Kunst, ab S. 5.
  9. Max Sebastián Hering Torres, Rassismus in der Vormoderne: die "Reinheit des Blutes" im Spanien der Frühen Neuzeit, Campus Verlag 2006, S. 238–246
  10. Besprechung von Nikolaus Böttcher, H-Soz-Kult November, 2007 bei H-Net
  11. George M. Fredrickson: Rassismus – Ein historischer Abriss, Hamburger Edition, 2004, ISBN 3-930908-98-0, S. 38 f.
  12. Lexikon der Politik, Hrsg. Dieter Nohlen, München 1995, ISBN 3-406-36904-9: Band 1. Politische Theorien, S. 498.
  13. Manfred Kappeler: Rassismus: über die Genese einer europäischen Bewusstseinsform, Verlag für Interkulturelle Kommunikation. Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-88939-118-4, S. 36.
  14. Christian J. Jäggi: Rassismus – Ein globales Problem. Orell Füssli, Zürich 1992, ISBN 3-280-02121-9, S. 32.
  15. Christian Delacampagne: Die Geschichte des Rassismus. Artemis & Winkler, Düsseldorf 2005, ISBN 3-538-07206-X, S. 141.
  16. Voltaire: «La race des Nègres est une espèce d’hommes différente de la nôtre comme la race des épagneuls l’est des lévriers […]. On peut dire que si leur intelligence n’est pas d’une autre espèce que notre entendement, elle est très inférieure.» aus Essai sur les mœurs et l’esprit des Nations (1755) La Négrophobie de Voltaire
  17. Auch zu finden in: Léon Poliakov /Christian Delacampagne /Patrick Girard, Rassismus. Über Fremdenfeindlichkeit und Rassenwahn, Luchterhand-Literaturverlag, Hamburg 1992, ISBN 3-630-71061-1, S. 77.
  18. Noah aber fing an, und ward ein Ackermann, und pflanzte Weinberge. Und da er von dem Wein trank, ward er trunken, und lag in der Hütte aufgedeckt. Da nun Ham, Kanaans Vater, sah seines Vaters Blöße, sagte er’s seinen Brüdern draußen. Da nahmen Sem und Japheth ein Kleid, und legten es auf ihrer beider Schultern, und gingen rücklings hinzu, und deckten ihres Vaters Blöße zu; und ihr Antlitz war abgewandt, dass sie ihres Vaters Blöße nicht sahen. Als nun Noah erwachte von seinem Wein, und erfuhr, was ihm sein jüngster Sohn getan hatte, sprach er: Verflucht sei Kanaan, und sei ein Knecht aller Knechte unter seinen Brüdern! Und sprach weiter: Gelobt sei der Herr, der Gott Sems, und Kanaan sei sein Knecht. Gott breite Japheth aus, und lasse ihn wohnen in den Hütten des Sem; und Kanaan sei sein Knecht. (Mose 9, 20–27.)
  19. Menschenrassen. In: Lexikon der Biologie. Band 9. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2002, ISBN 3-8274-0334-0, S. 176
  20. in Band 1, S. 20; es ist die erste Tierart, die Linné in diesem Werk aufgelistet hat.
  21. Léon Poliakov, Christian Delacampagne, Patrick Girard: Rassismus. Über Fremdenfeindlichkeit und Rassenwahn. Luchterhand-Literaturverlag, Hamburg 1992, ISBN 3-630-71061-1, S. 20, 21.
  22. Léon Poliakov: Der arische Mythos. Zu den Quellen von Rassismus und Nationalismus. Hamburg 1992, ab S. 269. Imanuel Geiss: Geschichte des Rassismus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1993, S. 168–169. George L. Mosse: Die Geschichte des Rassismus in Europa. Frankfurt am Main 1990, ab S. 76. Léon Poliakov u. a.: Rassismus. Über Fremdenfeindlichkeit und Rassenwahn. Hamburg 1992, ab S. 98.
  23. Unkommentierte Textauswahl aus Der Untergang der Besten. Gobineaus Versuch einer Rassentheorie. In: Detlev Claussen: Was heißt Rassismus? Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1994, ISBN 3-534-12033-7, ab S. 27.
  24. Horst Seidler: Die biologi(sti)schen Grundlagen des Rassismus. In: Justin Stagl,Wolfgang Reinhard (Hrsg.): Grenzen des Menschseins: Probleme einer Definition des Menschlichen. Böhlau, Wien, Köln, Weimar 2005, ISBN 3-205-77297-0, S. 723,1 (Zitat: „Rassismus ist der Glaube, daß menschliche Populationen sich in genetisch bedingten Merkmalen von sozialem Wert unterscheiden, so daß bestimmte Gruppen gegenüber anderen höherwertig oder minderwertig sind. Es gibt keinen überzeugenden wissenschaftlichen Beleg, mit dem dieser Glaube gestützt werden könnte.“).
  25. staff.uni-oldenburg.de (PDF)
  26. Luigi Luca Cavalli-Sforza, Paolo Menozzi, Alberto Piazza: The History and Geography of Human Genes. Princeton University Press, 1994. 518 Seiten. ISBN 978-0-691-08750-4. darin Kapitel 1.6, Scientific Failure of the Concept of Human Races, S. 19–20.
  27. un.org
  28. Dieter Nohlen (Hrsg): Lexikon der Politik. Band 1. Politische Theorien. München 1995, ISBN 3-406-36904-9, S. 502.
  29. Meyers Lexikon, Band 9. Leipzig 1942, S. 76.
  30. Robert Miles: Rassismus. Einführung in die Geschichte und Theorie eines Begriffs. Argument-Verlag, Hamburg 1992, ISBN 3-88619-389-6, S. 60.
  31. Im Deutschen lässt sich der Unterschied zwischen racialism und racism nur schwer wiedergeben. Im angloamerikanischen Sprachgebrauch werden beide Ausdrücke mitunter koextensiv gebraucht. Frank Hamilton Hankins verwendet den Ausdruck racialists zuerst 1926 in seinem Buch: The Racial Basis of Civilization: A Critique of the Nordic Doctrine. Darin befasst er sich mit der Idee der „nordischen Überlegenheit“ [nordicism], bzw. deren Vertretern [nordicists]. Er differenziert in der Umwelt-Anlage-Diskussion egalitarians (wie Franz Boas) von den racialists, die von einem Primat der Rasse und der Rassenungleichheit ausgehen und Verfechter der Rassentrennung sind, zu denen er unter anderem Gobineau, Stoddard und auch den Ku-Klux-Klan zählt. Der Begriff racism wurde später geprägt und bezeichnet «Rassismus». Vgl. dazu z. B. George M. Fredrickson: Rassismus – Ein historischer Abriss, Hamburger Edition, 2004, ISBN 3-930908-98-0, S. 156–164.
  32. Robert Miles, Rassismus. Einführung in die Geschichte und Theorie eines Begriffs. Argument-Verlag, Hamburg 1992, ISBN 3-88619-389-6, S. 61.
  33. Hirschfeld 1938, S. 260; zitiert nach George M. Fredrickson: Rassismus – Ein historischer Abriss. Hamburger Edition, 2004, ISBN 3-930908-98-0, S. 164.
  34. Hirschfeld 1938, S. 57; zitiert nach George M. Fredrickson: Rassismus – Ein historischer Abriss, Hamburger Edition, 2004, ISBN 3-930908-98-0, S. 164.
  35. zitiert nach der Taschenbuchausgabe Suhrkamp, Frankfurt am Main 1972; später auch in: Strukturale Anthropologie II. Suhrkamp 1975.
  36. Allgemeine Politikempfehlung Nr. 7, I. Definitionen 1.a). (PDF; 484 kB) Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI)
  37. Ivan Hannaford: Race – The History of an Idea in the West. ISBN 978-0-8018-5223-7.
  38. Etienne Balibar: Rassismus und Nationalismus. In: Rasse, Klasse, Nation. Ambivalente Identitäten Argument Verlag 1998, ISBN 3-88619-386-1, S. 52.
  39. Léon Poliakov /Christian Delacampagne /Patrick Girard, Rassismus Über Fremdenfeindlichkeit und Rassenwahn, Luchterhand-Literaturverlag, Hamburg 1992, ISBN 3-630-71061-1, S. 43.
  40. Robert Miles. In: Bedeutungskonstitution und der Begriff des Rassismus. Aus dem Englischen von Nora Räthzel (Hrsg.); Theorien über Rassismus. Argument-Verlag, Hamburg 2000, ISBN 3-88619-258-X, S. 26
  41. Stuart Hall: Rassismus als ideologischer Diskurs. In: Nora Räthzel (Hrsg.): Theorien über Rassismus. Argument-Verlag, Hamburg 2000, ISBN 3-88619-258-X, S. 11
  42. „Ein deterministischer kultureller Partikularismus kann das gleiche bewirken wie ein biologisch begründeter Rassismus, wie wir später bei den Erörterungen über den völkischen* Nationalismus in Deutschland und Südafrika noch feststellen werden. Zeitgenössische britische Soziologen haben ein Phänomen ausgemacht und analysiert, das sie den ‚neuen kulturellen Rassismus‘ nennen. John Solomos und Les Back vertreten beispielsweise die Auffassung, dass Rasse heute ‚als Kultur kodiert‘ wird und dass ‚das zentrale Merkmal dieser Prozesse darin besteht, dass die Eigenschaften von sozialen Gruppen fixiert, naturalisiert und in einen pseudobiologisch definierten Kulturalismus eingebettet werden‘. Rassismus ist daher eine Ideologie, ‚die ihre Wirksamkeit der Fähigkeit verdankt, Ideen und Werte aus anderen soziohistorischen Zusammenhängen aufzupicken und zu verwenden‘ (‚scavenger ideology‘). Aber es gibt auch „starke Kontinuitäten in der Konstruktion von Bildern des „Anderen“ sowie in den Bildern, die rassistische Bewegungen verwenden, um die Grenzen von ‚Rasse‘ und ‚Nation‘ zu definieren“. Diese Kontinuitäten weisen meiner Ansicht nach darauf hin, dass es eine allgemeine Geschichte des Rassismus und eine Geschichte partikularer Rassismen gibt; doch um die verschiedenen Formen und Funktionen des allgemeinen Phänomens zu verstehen, mit dem wir uns befassen, ist es notwendig, den jeweils spezifischen Kontext zu kennen.“ In: George M. Fredrickson: Rassismus – Ein historischer Abriss. Hamburger Edition, 2004, ISBN 3-930908-98-0, S. 16.
  43. Loic J. D. Wacquant: For an Analytic of Racial Domination. In: Diane E. Davis: Political Power and Social Theory, Band 11, JAI Press, 1997, ISBN 0-7623-0242-9, S. 222.
  44. Albert Memmi: Rassismus. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1992, ISBN 3-434-46096-9.
  45. [Antisemitismus] ist ein durch sein Objekt näher definierter Rassismus; der Antisemitismus ist ein Rassismus, der sich gegen die Juden richtet. Als solcher weist er besondere Merkmale auf, die mit seinem besonderen Opfer und den eigentümlichen Beziehungen zwischen diesem und seinem Angreifer zusammenhängen.“ Albert Memmi: Rassismus. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1992, ISBN 3-434-46096-9, S. 72.
  46. Manfred Böcker: Antisemitismus ohne Juden, Die Zweite Republik, die antirepublikanische Rechte und die Juden. Spanien 1931 bis 1936. Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-631-36152-1, S. 13: „Der Begriff ‚Antisemitismus‘ erfüllt in keiner Weise die für einen wissenschaftlichen Terminus erforderlichen Kriterien. Er ist nicht das Ergebnis historischer oder politischer Analysen, sondern stellt sowohl aus etymologischer als auch aus politischer Perspektive ein Unwort dar. Der Terminus ‚Antisemitismus‘ entstand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als ein durch eine bestimmte Strömung von Judenhassern in Deutschland geprägter Neologismus. Er suggeriert auch heute noch die Existenz einer mit den ‚Juden‘ identischen ‚semitischen‘ Rasse. Aufgrund der normativen Kraft des faktischen Sprachgebrauchs sowie in Ermangelung einer begrifflichen Alternative wird die Forschung aber dennoch nicht auf ihn verzichten können.“
  47. Albert Memmi: Rassismus. 1992, Frankfurt a. M., S. 164; zitiert auf der Webseite der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus
  48. Rudolf Leiprecht: Rassismen (nicht nur) bei Jugendlichen. Beiträge zu Rassismusforschung und Rassismusprävention. Oldenburg (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) Arbeitspapiere IBKM No.9, 2005, S. 12–13 ISSN 1438-7794
  49. Memorandum gegen Rassismus und rassistische Diskriminierung. (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive) (PDF; 97 kB) Forum Menschenrechte e. V. (Hrsg.). 2. Auflage. Berlin 2010.
  50. Anm. Eine frühe engere Definition Memmis aus dem Jahre 1964 fand Eingang in die Encyclopædia Universalis, wodurch sie möglicherweise die gebräuchlichste Rassismusdefinition überhaupt wurde: Le racisme est la valorisation, généralisée et définitive, de différences biologiques, réelles ou imaginaires, au profit de l’accusateur et au détriment de sa victime, afin de justifier un aggression; ursprünglich in Essai de définition du racisme, La Nef 19–20 (1964), 41–47.
    Vgl. Artikel Racisme der Encyclopædia Universalis; Paris 1972, S. 915 f.: „Es macht Schwierigkeiten, eine Definition des Rassismus zu finden, die allgemein akzeptiert wäre. Das ist zumindest erstaunlich bei einem Gegenstand, der so häufig und auf so unterschiedliche Weise aufgegriffen worden ist. Die Gründe für diese Schwierigkeiten werden verständlicher, wenn man sich vor Augen hält, dass das Fundament des Rassismus, d. h. der auf den Menschen angewendete Begriff der reinen Rasse, unzureichend definiert ist und dass es praktisch unmöglich ist, ihm einen exakt abgegrenzten Gegenstandsbereich zuzuordnen. Andererseits ist der Rassismus keine wissenschaftliche Theorie, sondern ein Komplex von obendrein zumeist widersprüchlichen Meinungen, die sich keineswegs aus objektiven Feststellungen ableiten und dem, der sie von sich gibt äußerlich sind, zur Rechtfertigung von Handlungen, die ihrerseits der Angst vor dem Anderen entspringen sowie dem Wunsch, diesen Anderen anzugreifen, um die Angst zu bannen und sich selbst zum Schaden des Anderen zu behaupten. Und schließlich erscheint der Rassismus als der Sonderfall eines allgemeineren Verhaltens: Die Verwendung tatsächlicher oder fiktiver biologischer Unterschiede, die aber auch psychischer oder kultureller Art sein können. Der Rassismus erfüllt demnach eine bestimmte Funktion. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der Rassismus die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver biologischer Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und zum Schaden seines Opfers ist, mit der eine Aggression gerechtfertigt werden soll.“
  51. „Noch weiter zusammengefasst besteht der Rassismus aus drei wesentlichen Elementen: 1. dem Bestehen auf einem Unterschied, 2. dessen Benutzung als Mythos und 3. der Bequemlichkeit dieser Benutzung.“ Albert Memmi: Rassismus. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1992, ISBN 3-434-46096-9, S. 224.
  52. Der Rassismus beginnt erst mit der Interpretation der Unterschiede; Albert Memmi: Rassismus. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1992, ISBN 3-434-46096-9, S. 37.
  53. „Man wird schließlich erst dann zum Rassist, wenn man auch den dritten Schritt tut: die Verwendung des Unterschieds gegen den anderen, mit dem Ziel aus dieser Stigmatisierung einen Vorteil zu ziehen.“ Albert Memmi: Rassismus. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1992, ISBN 3-434-46096-9, S. 46.
  54. [Taguieff] hat zwischen zwei Varianten oder „Logiken“ des Rassismus unterschieden – dem „Herrschaftsrassismus“ und dem „Vernichtungsrassismus“; vgl. Pierre-André Taguieff: Die Macht des Vorurteils. Der Rassismus und sein Double, S. 157; zitiert aus: George M. Fredrickson: Rassismus – Ein historischer Abriss. Hamburger Edition, 2004, ISBN 3-930908-98-0, S. 17.
  55. Christoph Butterwegge: Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1996, ISBN 3-89678-015-8, S. 123.
  56. Manfred Kappeler: Rassismus: über die Genese einer europäischen Bewusstseinsform. Verlag für Interkulturelle Kommunikation, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-88939-118-4, ab S. 30.
  57. Philomena Essed: Rassismus und Migration in Europa. In: Argument, Sonderband AS 201, Argument Verlag, Hamburg 1992, ISBN 3-88619-195-8, S. 375.
  58. Rebecca Maskos: „Bist Du behindert oder was?!“ Behinderung, Ableism und souveräne Bürger_innen. Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung „Jenseits der Geschlechtergrenzen“ der AG Queer Studies und der Ringvorlesung „Behinderung ohne Behinderte!? Perspektiven der Disability Studies“ an der Universität Hamburg. Hamburg 14. Dezember 2011 (uibk.ac.at [abgerufen am 15. Januar 2022]).
  59. Robert Miles: Rassismus. Einführung in die Geschichte und Theorie eines Begriffs. Argument, Hamburg, Berlin 1991, ISBN 3-88619-389-6, S. 9 (englisch: Racism. 1989. Übersetzt von Michael Haupt, zitiert nach Rebecca Maskos, „Bist Du behindert oder was?!“, 2011).
  60. Mark Terkessidis: Psychologie des Rassismus. 1. Auflage. Westdeutscher Verlag, Opladen 1998, ISBN 3-531-13040-4, S. 280.
  61. Neue deutsche Medienmacher / Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Dokumentation des Workshops »Neue Begriffe für die Einwanderungsgesellschaft« am 29. und 30. April 2013 in Nürnberg. (PDF; 576 kB) S. 47
  62. Kurt Horstmann: Sozialwissenschaftliche Standardterminologie für die Erforschung des Flüchtlingsproblems. In: AWR-Bulletin, 1–2, 1986, S. 27.
  63. Canan Topçu: https://www.sueddeutsche.de/politik/gastbeitrag-nicht-mein-antirassismus-1.5043198 Die Debatte wird von einer Elite dominiert und ist geprägt von Wut. Die Probleme aber lassen sich so nicht lösen. In: Süddeutsche Zeitung, 25. September 2020
  64. David Theo Goldberg: Racist Culture. Philosophy and the Politics of Meaning. Blackwell Books, Oxford 2002, ISBN 0-631-18078-8, S. 103.
  65. Yves Albert Dauge, Le barbare. Recherches sur la conception romaine de la barbarie et de la civilisation, Brüssel 1981, ISBN 2-87031-116-8.
  66. Christopher Tuplin: Greek racism? Observations on the character and limits of Greek ethnic prejudice. In: Gocha Tsetskhladze (Hrsg.): Ancient Greeks West and East. Brill, Leiden 1999, ISBN 90-04-11190-5, S. 47.
  67. Benjamin Isaac: The invention of racism in classical antiquity. Princeton Univ. Press, 2004, ISBN 0-691-11691-1.
  68. Christian Delacampagne: Die Geschichte des Rassismus. Artemis und Winkler 2005, ISBN 3-538-07206-X.
  69. Aristot. Pol. 1254 b 13.
  70. Benjamin Isaac: The invention of racism in classical antiquity. Princeton Univ. Press, 2004, S. 37, ISBN 0-691-11691-1.
  71. Nach Dihle, Albrecht: Die Griechen und die Fremden, München 1994, S. 15.
  72. Nach Dihle, Albrecht: Die Wahrnehmung des Fremden im Alten Griechenland (Berichte aus den Sitzungen der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften 2), Göttingen 2003, S. 8.
  73. Vincent J. Rosivach: Enslaving Barbaroi and the Athenian Ideology of Slavery. In: Historia 48, 1999, S. 129–157.
  74. Plat. pol. 435e–436a: „Müssen wir nun nicht, begann ich, ganz notwendig zugeben, dass die nämlichen Arten und Sitten in jedem von uns sind wie im Staate? Denn anderswoher sind sie doch nicht dahin gekommen. Denn es wäre lächerlich, wenn jemand glauben würde, das Zornmütige rühre in den Staaten nicht von den Einzelnen her, denen man das ja nachsagt, wie z. B. denen in Thrakien und Skythien und so ziemlich denen in den nördlichen Gegenden, oder das Wissbegierige, was man ja am ehesten unseren Gegenden nachsagen könnte, oder das Geldbegierige, was man nicht zum mindesten an den Phöniziern und den Ägyptern entdecken könnte.“
  75. Aristot. pol. 1324b 10–20.
  76. Aristot. pol. 1285a 15–25.
  77. Wilfried Nippel: Griechen, Barbaren und „Wilde“. Alte Geschichte und Sozialanthropologie, Frankfurt am Main 1990, S. 37.
  78. Nippel 1990, S. 37.
  79. Zitiert nach Flaig, Weltgeschichte der Sklaverei, S. 128.
  80. Zitiert nach Flaig, Weltgeschichte der Sklaverei S. 129
  81. Lewis, Race and Color in Islam, S. 36.
  82. Egon Flaig, Weltgeschichte der Sklaverei S. 129
  83. Zitiert nach Hall, A History of Race in Muslim West Africa, S. 50.
  84. Vgl. Lewis, Race and Color in Islam, S. 65; Rotter, die Stellung des Negers in der islamisch-arabischen Gesellschaft bis zum 16. Jahrhundert, S. 54
  85. The Voyage of Christopher Columbus. siehe The Journal Saturday, 13 October. archive.org
  86. Über seine erste Phase in Mittelamerika und Südamerika schreibt David E. Stannard: „By the time the sixteenth century had ended perhaps 200,000 Spaniards had moved their lives to the Indies, to Mexico, to Central America, and points further to the south. In contrast, by the time, somewhere between 60,000,000 and 80,000,000 natives from those lands were dead.“
  87. Jared Diamond: Arm und Reich. Die Schicksale menschlicher Gesellschaften, (erweiterte Neuauflage) Frankfurt 2006, S. 233 u. S. 251–256.
  88. Michael Zeuske: Handbuch Geschichte der Sklaverei. Eine Globalgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2018, ISBN 978-3-11-056163-0, Band 1, S. 68 ff. u. ö. (abgerufen über De Gruyter Online),
  89. Howard Zinn: A People’s History of the United States. Harper Perennial, 2005, ISBN 0-06-083865-5, S. 54–55 und 137.
  90. J. W. Duncan: Interesting ante-bellum laws of the Cherokee, now Oklahoma history. In: Chronicles of Oklahoma, 6 (2), S. 178–180, 1928. J. B. Davis:, J. B. 1933. Slavery in the Cherokee nation. In: Chronicles of Oklahoma, 11 (4), 1933, S. 1056–1072.
  91. FAQ on the Black Seminoles, John Horse, and Rebellion. www.johnhorse.com, abgerufen am 24. Juni 2010 (englisch).
  92. William J. Cooper: Liberty and Slavery. Southern Politics to 1860, Univ of South Carolina Press, 2000, S. 8.
  93. So war 1810 noch immer ein Viertel (30.000) der schwarzen Bevölkerung im Norden Sklaven, 1840 gab es hier noch rund 1000 Sklaven; vgl. Howard Zinn: A People’s History of the United States, Harper Perennial, 2005, S. 88, ISBN 0-06-083865-5.
  94. Ira Berlin: Generations of Captivity: A History of African-American Slaves, Cambridge, London: The Belknap Press of Harvard University Press, 2003, ISBN 0-674-01061-2, S. 11, 103.
  95. Junius P. Rodriguez (Hrsg.): Encyclopedia of slave resistance and rebellion. Greenwood Press, Westport 2007, ISBN 978-0-313-33271-5, S. 171.
  96. Norbert Finzsch: Wissenschaftlicher Rassismus in den Vereinigten Staaten – 1850 bis 1930. In: Heidrun Kaupen-Haas und Christian Saller (Hrsg.): Wissenschaftlicher Rassismus: Analysen einer Kontinuität in den Human- und Naturwissenschaften. Campus, Frankfurt a. M. 1999, ISBN 3-593-36228-7, S. 84 f.
  97. Howard Zinn: A People’s History of the United States. Harper Perennial, 2005, S. 31 u. 37, ISBN 0-06-083865-5.
  98. Cooper, William J, Liberty and Slavery: Southern Politics to 1860, Univ of South Carolina Press, 2000, S. 9, ISBN 978-1-57003-387-2.
  99. Vgl. Maureen Maisha Eggers, Grada Kilomba, Peggy Piesche, Susan Arndt (Hrsg.): Mythen, Masken und Subjekte. Kritische Weißseinsforschung in Deutschland. Münster 2005 Rezension bei H-Soz-u-Kult
  100. Was aufzeigt, dass Rasse keine feste Körpereigenschaft, sondern eine zugeschriebene soziale Qualität darstellt.
  101. Karl Acham: Historismus – Multikuralismus – Kommunitarismus. In: Gunter Scholtz (Hrsg.): Historismus am Ende des 20. Jahrhunderts. Eine internationale Diskussion. Akademie Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-05-002848-3, S. 159 (Digitalisat bei Google Books).
  102. Niels Hegewisch, Reinheit in Vielfalt. Ansätze rassistischer Theoriebildung in der Publizistik des frühen deutschen Nationalismus, in: Birgit Aschmann, Thomas Stamm-Kuhlmann (Hrsg.), 1813 im europäischen Kontext, Stuttgart 2015, S. 79–98.
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  104. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte 3. Band 1849–1914. Band Von der „Deutschen Doppelrevolution …“ bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges. ISBN 978-3-406-32263-1, S. 964.
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  107. Boxeraufstand: „Pardon wird nicht gegeben“. In: Tagesspiegel. 7. August 2000, abgerufen am 12. August 2014.
  108. „Aufräumen, aufhängen, niederknallen“. In: Spiegel Online. 8. August 2014, abgerufen am 11. August 2014.
  109. Casper Erichsen, David Olusoga: The Kaiser’s Holocaust: Germany’s Forgotten Genocid and the Colonial Roots of Nazism. ISBN 978-0-571-23141-6, S. 223 ff.
  110. Johanna Schmeller: Düsteres Kolonial-Erbe in Namibia. Deutsche Welle, 23. März 2012, abgerufen am 29. Juli 2014.
  111. Markus Mähner: Der Herero-Aufstand bricht aus. In: Bayern2. 12. Januar 2011, abgerufen am 10. September 2019.
  112. Birthe Kundrus: Moderne Imperialisten: Das Kaiserreich im Spiegel seiner Kolonien. Böhlau Verlag, Köln 20030, ISBN 3-412-18702-X, S. 219 ff.
  113. Marc von Lüpke-Schwarz: „Hunnen“ gegen „Wilde“. In: Deutsche Welle. 1. August 2014, abgerufen am 2. August 2014.
  114. Peter Kaupp: Burschenschaft und Antisemitismus. (PDF; 126 kB) S. 2.
  115. Der Stürmer. Deutsches Wochenblatt zum Kampf um die Wahrheit. In: Historisches Lexikon Bayerns
  116. Rassismus: Gänzlich schmerzlos. In: Der Spiegel. Nr. 40, 1979 (online).
  117. Heribert Schröder: Zur Kontinuität nationalsozialistischer Maßnahmen gegen Jazz und Swing in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. Bad Honnef 1988, S. 176.
  118. So etwa beim Entzug der Lehrerlaubnis des Anthropologen Karl Saller im Frühjahr 1935. Siehe: Frank Thieme: Rassentheorien zwischen Mythos und Tabu. Der Beitrag der Sozialwissenschaft zur Entstehung und Wirkung der Rassenideologie in Deutschland. Lang, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-631-40682-7, S. 144.
  119. „Zigeuner“-Urteil: BGH-Präsidentin schämt sich für Richter aus den Fünfzigern. Spiegel Online, 12. März 2015
  120. Artikel 14
  121. Wehrhafte Demokratie oder ‚Gesinnungsterror‘? (Memento vom 30. Mai 2008 im Internet Archive) auf der Seite der brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung
  122. Volker Witting: Afrozensus: Verbreiteter Rassismus gegen Schwarze in Deutschland In: dw.com, 30. November 2021, abgerufen am 2. Dezember 2021
  123. Rassistische Vorurteile. Bundeszentrale für politische Bildung
  124. Verfassungsschutzbericht 2005 (Memento vom 26. September 2007 im Internet Archive; PDF) bundesregierung.de
  125. Rassismus-Vorwürfe: UN rügen Deutschland wegen Sarrazin, Tagesspiegel vom 18. April 2013
  126. Fremden- und Schwulenfeindlichkeit: Anti-Rassismus-Kommission rügt Deutschland. Süddeutsche, 25. Februar 2014
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  129. Wolf-Arno Kropat: Reichskristallnacht. Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, Wiesbaden 1997, ISBN 978-3-921434-18-5, S. 29 ff.
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