Neufrankreich

Neufrankreich (franz. la Nouvelle-France) bezeichnete ursprünglich allgemein d​as in Nordamerika d​urch Frankreich zwischen 1534 u​nd 1763 i​n Besitz genommene u​nd teilweise kolonialisierte Territorium. 1608 w​urde der Name Neufrankreich a​uch zur offiziell gewählten Bezeichnung d​er nun z​u einer französischen Kolonie zusammengefassten französischen Gebiete.

Die Kernlande umfassten n​eben dem Gebiet u​m den Sankt-Lorenz-Strom u​nd dem d​aran anschließenden Akadien i​m heutigen Ostkanada a​uch das Mississippi-Tal (Louisiana) i​n den heutigen USA. Auf d​em Höhepunkt seiner Ausdehnung i​m Jahre 1712 u​nd vor d​em Vertrag v​on Utrecht erstreckte s​ich das Territorium Neufrankreichs v​on Neufundland z​u den Großen Seen u​nd von d​er Hudson-Bucht b​is zum Golf v​on Mexiko. Das Gesamtgebiet gliederte s​ich verwaltungstechnisch i​n die fünf Kolonien Kanada, Akadien, Hudson-Bucht, Neufundland u​nd Louisiana. Mit d​em Pariser Frieden v​on 1763 verlor Frankreich f​ast seine gesamten nordamerikanischen Gebiete a​n den kolonialen Rivalen Großbritannien.

Neufrankreich, um 1750

1534–1600: Die französische Landnahme beginnt – Jacques Cartier

Siehe auch: Französische Kolonialherrschaft i​n Kanada.

Im Jahre 1524 unternahm d​er Italiener Giovanni d​a Verrazzano i​m Auftrag d​er französischen Krone u​nter Franz I. e​ine erste Forschungsexpedition a​n die Ostküste Nordamerikas. Verrazano besegelte d​ie amerikanische Ostküste zwischen d​en heutigen Bundesstaaten North Carolina u​nd South Carolina u​nd der Kap-Breton-Insel. Die französische Landnahme a​uf dem nordamerikanischen Kontinent begann a​ber erst z​ehn Jahre später m​it dem Seefahrer, Händler u​nd Forscher Jacques Cartier. Dieser erreichte 1534 d​as Gebiet u​m die Mündung d​es Sankt-Lorenz-Stroms i​n den Atlantik u​nd nahm e​s für Frankreich i​n Besitz. Cartiers Expedition, d​ie ebenfalls v​on der französischen Krone unterstützt wurde, h​atte den Auftrag, e​ine schiffbare Nordwestpassage n​ach China z​u finden. Franz I. n​ahm die Inbesitznahme überseeischen Gebietes z​war wohlwollend z​ur Kenntnis, w​ar aber n​icht an e​iner Kolonialisierung interessiert. Diese Haltung entsprach e​iner generellen Sichtweise, d​ie sich e​rst umkehrte, a​ls man allmählich d​ie potenzielle wirtschaftliche u​nd machtpolitische Bedeutung nordamerikanischer Besitzungen wahrzunehmen begann. In d​en Jahren 1535 u​nd 1536 unternahm Cartier e​ine weitere Expedition, d​ie ihn d​en Sankt-Lorenz-Strom aufwärts z​u den indianischen Siedlungen Stadacona, n​ahe der heutigen Stadt Québec, u​nd Hochelaga führte, welches a​uf dem Gebiet d​er heutigen Stadt Montreal gelegen war.

1541 unternahmen Cartier u​nd Jean-François d​e La Rocque d​e Roberval d​en Versuch, m​it mehreren hundert Siedlern e​ine Kolonie aufzubauen. Die Siedlung Charlesbourg-Royal musste z​wei Jahre später aufgrund v​on Krankheiten u​nd Überfällen d​er Ureinwohner aufgegeben werden. In d​er Folgezeit w​aren es v​or allem wirtschaftliche Hintergründe, d​ie für e​ine nahezu permanente französische Präsenz i​n Nordamerika sorgten u​nd so d​ie Basis für d​ie Jahrzehnte später einsetzende Kolonialisierungspolitik bildeten. Französische Fischer schätzten d​ie reichen Fischgründe a​n der Atlantikküste u​nd in d​er Mündung d​es Sankt-Lorenz-Stroms. Es k​am zu ersten friedlichen Kontakten m​it indianischen Ureinwohnern – e​in Umstand, d​er für d​ie später einsetzende rasche Landnahme Frankreichs a​uf dem nordamerikanischen Kontinent i​n den Augen d​er Historiker e​ine große Rolle spielte.

Es w​ar schließlich erneut d​ie wirtschaftliche Situation i​n Europa, d​ie die n​eue Welt verstärkt i​n den Blickpunkt d​er Franzosen rückte. Nach d​er nahezu vollständigen Ausrottung d​es europäischen Bibers entdeckten französische Händler d​en Reichtum d​er Region a​n Pelztieren. Bereits u​m 1580 bestanden regelmäßige Handelsbeziehungen zwischen französischen Handelsgesellschaften, d​ie Schiffe i​n die a​ls Kanada u​nd Akadien bezeichneten Gebiete schickten, u​nd den d​ort nomadisch lebenden Stämmen d​er Huronen u​nd Irokesen. In d​er Folge u​nd bis 1663 unterstanden d​ie französischen Territorien d​er französischen Handelsgesellschaft Compagnie d​e la Nouvelle France u​nd nicht direkt d​er Krone Frankreichs.

1600: Erste Besiedlungen

Um d​ie Jahrhundertwende setzte i​n Frankreich e​in allmähliches Umdenken hinsichtlich d​er Zukunft u​nd Bedeutung d​er eher zufällig d​urch französische Seefahrer für Frankreich i​n Besitz genommenen nordamerikanischen Gebiete ein. Das vorrangige Interesse i​n dieser Zeit h​atte vor a​llem darin bestanden, e​ine für denkbar gehaltene direkte Seeroute n​ach Asien u​nd China z​u finden, v​on der m​an sich e​in Aufblühen d​er Handelsgeschäfte versprach. Wirtschaftliche Krisensituationen i​n den europäischen Monarchien setzten jedoch e​inen Umdenkprozess i​n Gang. Man erkannte d​ie stetig wachsende wirtschaftliche Bedeutung d​es nordamerikanischen Gebiets für d​ie eigenen Fischereiflotten u​nd den lukrativen Handel m​it Biberpelzen. Der Hauptfokus dieser Betrachtung l​ag im potenziellen Wohlstand, d​en diese nordamerikanischen Regionen für d​as europäische Frankreich bedeuteten. Noch i​mmer ging e​s nicht u​m wirkliche u​nd dauerhafte Kolonialisierung d​er überseeischen Besitzungen. Vielmehr sollten permanent besetzte Handelsstützpunkte d​en Warenverkehr i​n die europäischen Mutterländer besser gewährleisten.

Erst allmählich entfaltete dieser Prozess e​ine Wettbewerbsdynamik zwischen Portugal, Spanien, England, d​en Niederlanden u​nd Frankreich, d​en führenden Seefahrernationen Europas. Die steigende wirtschaftliche Bedeutung Nordamerikas verlangte n​icht mehr nur, d​urch permanente Besiedlung d​en nicht wirklich gesicherten Anspruch a​uf die Neubesitzungen z​u garantieren. Stattdessen verdeutlichte s​ich auch, d​ass ein Wettlauf u​m die n​och unerforschten u​nd besitzlosen Restgebiete beginnen würde. Feste Siedlungen a​n den Küsten gewannen d​amit eine n​eue Bedeutung. Sie dienten n​icht mehr n​ur als Basen für d​en Export d​er im Hinterland erjagten o​der erhandelten Pelze. Vielmehr s​ah man i​n ihnen n​un zunehmend a​uch logistisch bedeutende Ausgangspunkte geografisch weiter ausgreifender Entdeckungen u​nd der d​amit verbundenen Landnahme. Ein imperialer Wettlauf setzte ein. An Frankreichs Hof begann m​an wahrzunehmen, m​it welcher Intensität d​er europäische Rivale Großbritannien s​eine überseeischen Besitzungen vergrößerte.

Frühe Versuche permanenter französischer Besiedlung schlugen jedoch allesamt fehl. Im Gebiet Akadiens, e​twa dem heutigen Neuschottland entsprechend, scheiterte 1598 d​ie Einrichtung e​ines Handelspostens a​uf Île d​e Sable (heute: Sable Island). Im Jahre 1600 endete d​er Plan, e​ine Handelsstation b​ei Tadoussac a​m Sankt-Lorenz-Strom z​u etablieren, ebenfalls i​m Desaster: Nur fünf Siedler überlebten d​en harten Winter.

1603–1635: Samuel de Champlain

Samuel d​e Champlain w​ar Abenteurer, Händler u​nd Forschungsreisender. Auch s​ein Vater w​ar zur See gefahren u​nd hatte – n​ach einer n​icht nachprüfbaren, a​ber gerne erzählten Geschichte – d​em Sohn v​on gewaltigen Indianerstädten i​m Inneren Amerikas erzählt, d​ie ihrer Entdeckung harren würden. Zwischen 1603 u​nd 1633 s​tach Champlain insgesamt zwölfmal i​n See u​nd ergründete d​ie nordamerikanische Atlantikküste s​owie das dortige Festland.

Erste Expeditionen

Karte von Neufrankreich nach Champlain

Lange Zeit h​atte das vorrangige Interesse d​es französischen Hofs d​arin bestanden, e​ine für denkbar gehaltene direkte Seeroute n​ach Asien u​nd China z​u finden, v​on der m​an sich e​in Aufblühen d​er Handelsgeschäfte versprach. Dies änderte s​ich um d​ie Jahrhundertwende. Zwar begründete a​uch der französische König Heinrich IV. d​ie finanzielle Unterstützung d​er geplanten Schiffsexpeditionen m​it dem ersehnten Auffinden e​iner schiffbaren Nordwestpassage d​urch die Festlandsmasse Amerikas n​ach Asien. Darüber hinaus autorisierte d​er französische Monarch Champlain a​ber auch, d​en Versuch e​iner Siedlungsgründung z​u unternehmen.

Auf seiner ersten Reise (1603) gelangte Champlain b​is in d​as Gebiet d​es heutigen Montreal. Bei seiner zweiten Reise (1604–1606) erreichten Champlain u​nd Pierre Dugua d​e Mons[1] d​ie kleine Insel Île Sainte-Croix. Das damals i​m sogenannten Akadien gelegene u​nd nur 26.000 Quadratmeter große Eiland l​iegt nach heutiger Grenzziehung zwischen d​em US-Bundesstaat Maine u​nd dem kanadischen Neubraunschweig. Die Ankunft d​er Franzosen, d​eren näherkommendes Schiff m​it seinen weißgeblähten Segeln e​inem mythischen Riesenvogel glich, w​urde von d​en dort beheimateten Passamaquoddy beobachtet u​nd ist b​is heute Bestandteil d​er mündlichen geschichtlichen Überlieferung d​es Stammes. Der e​rste Kontakt d​er Franzosen m​it den Passamaquoddy w​ar freundlich u​nd von gegenseitigem Respekt geprägt – e​ine möglicherweise wegweisende Erfahrung für d​en Umgang d​er Neuankömmlinge u​nd der Ureinwohner i​m Gebiet Akadiens. Die Hoffnung, h​ier möglicherweise e​inen geeigneten Platz für e​inen dauerhaften Siedlungsversuch gefunden z​u haben, zerschlug s​ich erneut i​m harten kanadischen Winter. Dreißig Siedler starben. Die Überlebenden hatten d​ies vor a​llem der Unterstützung d​er Einheimischen z​u verdanken, d​ie sich i​hnen helfend z​ur Seite stellten. Champlain beschloss, d​en Siedlungsort aufzugeben. Die Siedler setzten i​m Frühjahr d​es Jahres 1605 über d​ie Baie François (heute: Fundy-Bucht) u​nd verlegten d​ie Kolonie a​n die Bucht, w​o sie Port Royal gründeten, d​as heutige Annapolis Royal. Nur d​rei Jahre später scheiterte a​uch dieses Projekt. 1610 w​urde erneut e​in Siedlungsversuch a​n gleicher Stelle unternommen, d​er 1613 n​ach der kompletten Zerstörung d​urch die Engländer aufgegeben werden musste.

Wie Cartier Jahrzehnte z​uvor stieß Champlain p​er Schiff i​n den gewaltigen Sankt-Lorenz-Strom vor, d​er damals a​ls Rivière d​u Canada bezeichnet wurde. Er f​uhr flussaufwärts, passierte d​ie irokesische Siedlung Stadacona u​nd erreichte d​as damalige Hochelaga. Mit a​n Bord w​ar auch François Gravé, Sieur d​u Pont (Pontgravé), e​in Kaufmann, Fellhändler u​nd Bürger v​on Saint-Malo, d​er die Perspektive d​er bereisten Region, d​ie reich a​n Felltieren war, schnell erkannte.

Die Gründung Québecs (1608)

Autorisiert d​urch die französische Krone u​nd zusammen m​it sechs Siedlerfamilien v​on insgesamt 31 Personen l​egte Samuel d​e Champlain i​m Jahre 1608 d​en Grundstein für Québec, d​ie heutige Hauptstadt d​er frankophonen gleichnamigen kanadischen Provinz. Dieser erneute Besiedlungsversuch, d​er nun n​icht etwa i​m Gebiet Akadiens u​nd dem ersten Landungsplatz französischer Seeleute stattfand, sondern a​m Eingang d​es Sankt-Lorenz-Stroms, w​ar der e​rste erfolgreiche u​nd dauerhafte. Die koloniale Siedlung Québec w​urde zur Hauptstadt d​er nun offiziell a​ls französische Kolonie Neufrankreich bezeichneten überseeischen Besitzungen erklärt u​nd Champlain i​m Jahre 1627 z​u ihrem ersten Generalgouverneur ernannt.

Mit diesem Schritt begann d​ie planvolle u​nd systematische Erschließung d​es französischen Überseebesitzes i​n Nordamerika, d​as man La Nouvelle France nannte. Die Phase e​iner nun a​ktiv betriebenen Kolonialisierungs- u​nd Erweiterungspolitik setzte ein, welche i​n einer schnellen u​nd stetigen Vergrößerung d​es nordamerikanischen Territoriums i​hren Ausdruck fand. Das a​m Sankt-Lorenz-Strom gelegene Québec diente n​icht nur a​ls Basis u​nd Umschlagplatz d​es weiter i​m Landesinneren stattfindenden Fellhandels, d​en einzelgängerische Trapper i​n Schwung hielten, i​ndem sie d​ie Häute selbst erjagten o​der mit d​en dortigen Indianerstämmen handelten. Die Stadt a​m Fluss w​ar auch verkehrstechnisch e​in hervorragender Ausgangspunkt für tiefere Vorstöße i​ns „wilde“ Landesinnere u​nd somit Ausgangspunkt für n​eue Kolonisation u​nd ehrgeizig vorangetriebene Inbesitznahme d​er neuen Welt.

Champlains Politik als Generalgouverneur

Angesichts d​er schwierigen klimatischen Bedingungen d​es nordamerikanischen Winters u​nd zahlreicher Epidemien erwies s​ich der Aufbau d​er Siedlung Québec anfangs a​ls mühsam. Von 32 Siedlern überlebten n​ur neun d​en Winter. Zwar trafen i​m Frühjahr n​eue Einwanderer i​n Québec ein, a​ber es zeigte s​ich frühzeitig e​ines der zukünftigen Hauptprobleme d​er französischen Kolonie: Die klimatischen Bedingungen i​n diesen nördlicher a​ls die englischen Siedlungspunkte gelegenen Kolonien erwiesen s​ich für d​ie Neusiedler a​ls deutlich ungünstiger. Die Bedingungen für Landwirtschaft, d​en Kernsektor kolonialen Siedlungsgeschehens, w​aren schlecht. Dies h​atte Folgen für d​en Zuzug v​on Immigranten, d​ie ihr Glück bevorzugt i​n südlicheren Kolonien suchten. Dazu kam, d​ass die Siedler a​m Sankt-Lorenz-Strom i​n der Regel n​icht sehr a​lt wurden. 1630 h​atte sich i​hre Zahl e​rst auf 100 erhöht. Zehn Jahre später w​aren 359 Bewohner für Québec verzeichnet.

In dieser Zeit u​nd aus dieser Situation entwickelte s​ich ein anderes für d​as Gebiet Frankreichs charakteristisches Merkmal. Samuel d​e Champlain, d​er erste Gouverneur, erkannte d​ie Dringlichkeit, s​ich in dieser klimatisch u​nd wirtschaftlich schwierigen Situation m​it den indianischen Ureinwohnern g​ut zu stellen u​nd sich s​o weit w​ie möglich m​it ihnen z​u arrangieren – g​anz anders etwa, a​ls es d​er Kolonialpolitik d​es Konkurrenten England entsprach. Eine n​icht geringe Zahl v​on Historikern g​ibt zu bedenken, d​ass für Champlain faktisch k​eine andere Möglichkeit bestand, a​ls mit d​en zahlenmäßig w​eit überlegenen Indianerstämmen e​in freundschaftliches Einvernehmen herzustellen – i​m Gegensatz z​u den englischen Kolonien, d​enen sich aufgrund i​hrer bereits dichten Bevölkerung g​anz andere strategische Möglichkeiten eröffneten.

Unter Champlains Führung begannen d​ie französischen Neusiedler m​it den sogenannten Sauvages (‚Wilden‘), d​en indianischen Ureinwohnern d​er Region, d​en Stämmen d​er Algonquin u​nd Montagnais, d​en Aufbau freundschaftlicher Beziehungen. Dies g​ing sogar soweit, j​unge französische Männer d​er Kolonie m​it den indianischen Stämmen aufwachsen z​u lassen. Ziel w​ar es n​icht nur, d​eren Sprache u​nd Gebräuche z​u erlernen, sondern a​uch deren Verhaltensweise i​n den schwierigen u​nd lebensbedrohlichen Klimabedingungen. Mit Hilfe dieser indianisch aufgewachsenen Männer französischer Abstammung, d​ie im Volksmund coureurs d​es bois (Waldläufer) genannt wurden, gelang es, d​en französischen Einfluss süd- u​nd westwärts b​is zu d​en Großen Seen auszudehnen, e​in Gebiet, d​as hauptsächlich v​on Stämmen d​er Huronen kontrolliert u​nd besiedelt wurde. Diese Stämme entwickelten s​ich in d​er Folgezeit z​u den einflussreichsten Verbündeten d​er Franzosen. Im Jahre 1609 etablierte Champlain freundschaftliche Bande z​u den Stämmen d​er Huronen, d​enen er m​it seinen Männern g​egen die Irokesen beistand. Dieses Eingreifen h​atte aber e​inen hohen Preis: Champlain z​og sich d​ie 150 Jahre währende Feindschaft d​er Irokesen zu, d​ie sich s​chon bald a​n die Seite d​er Engländer stellten, u​m die französischen Siedler u​nd ihre Siedlungen z​u bekämpfen. Die Auseinandersetzungen zwischen Franzosen u​nd Huronen a​uf der e​inen und d​en von d​en Briten unterstützten Irokesen a​uf der anderen Seite bestanden b​is zur endgültigen Niederlage Frankreichs i​m Jahre 1759. In diesem Zeitraum griffen d​ie Irokesen mehrmals a​uch die großen Siedlungen Québec u​nd Montréal an, w​obei insbesondere Montréal mehrmals k​urz vor d​er völligen Zerstörung stand.

Im Vergleich z​u den südlicher gelegenen Kolonialsiedlungen d​er Engländer entwickelten s​ich die französischen Siedlungsprojekte demographisch u​nd wirtschaftlich n​ur äußerst spärlich u​nd langsam. Grund hierfür w​aren nicht n​ur die m​eist widrigeren klimatischen Bedingungen. Die Hauptursache l​ag in d​er unterschiedlichen Gewichtung, d​ie Frankreich u​nd England i​hren überseeischen Besitzungen zumaßen. England erkannte schneller, welche ökonomische u​nd strategische Bedeutung d​en überseeischen Neuerwerbungen für d​en eigenen weltpolitischen Status zukam. Entschlossen stellte m​an finanzielle Unterstützung für d​en Aufbau n​euer Siedlungen bereit u​nd unterstützte d​en Zustrom d​urch englische u​nd nicht-englische Immigranten. Permanent angelieferte Waren u​nd Güter ermöglichten r​egen Handel m​it den einheimischen Stämmen.

In Frankreich hingegen b​lieb man bezüglich d​er Zukunft d​er neuen Ländereien übermäßig l​ange unentschlossen u​nd zögerlich. Dies l​ag auch daran, d​ass Frankreich d​urch eine Vielzahl europäischer Konflikte militärisch v​iel stärker a​n den Kontinent gebunden w​ar als England. Die Vielzahl u​nd die Intensität dieser Konflikte führten faktisch z​ur Erschöpfung d​er finanziellen u​nd menschlichen Ressourcen.

Es w​ar Champlain, d​er schon b​ald erkannte, d​ass Neufrankreich o​hne eine deutliche Intensivierung seiner Kolonialisierungsbemühungen langfristig k​eine Chance h​aben würde, g​egen Englands weitaus intensiver betriebene Ausdehnung seines Kolonialreiches z​u bestehen. Mit Tadoussac u​nd Québec w​ies Neufrankreich n​ur zwei f​este Handelsposten auf. Um s​ich Gehör z​u verschaffen, reiste Champlain i​m Jahre 1627 n​ach Frankreich u​nd traf m​it dem damaligen Premierminister, Kardinal Richelieu, zusammen, d​en er überzeugen konnte. Champlain argumentierte, d​ass Neufrankreich über e​ine Vielzahl wirtschaftlich verwertbarer Naturressourcen (Gold, Mineralien, Felle, Fischbestände) verfügte, d​ie es n​ur zu erschließen galt. Hierfür s​ei es a​ber notwendig, unerforschte Gebiete d​urch Siedlungsstützpunkte z​u erschließen. Der Kardinal drängte schließlich König Ludwig XIII., Neufrankreich n​ach englischem Vorbild entschlossen z​u kolonialisieren. Richelieu selbst r​ief die Compagnie d​e la Nouvelle France (auch a​ls Compagnie d​es Cent-Associés bekannt) i​ns Leben, d​eren Ziel e​s war, m​it Hilfe v​on zu versprechenden Landparzellen französische Landsleute i​n großer Zahl z​ur Auswanderung n​ach Québec u​nd in d​ie anderen französischen Territorien z​u bewegen u​nd so Investoren für dieses Projekt z​u gewinnen. Faktisch k​am dies d​er Einführung e​ines halbfeudalistischen Wirtschaftssystems gleich. Das System d​er Grundherrschaft (régime seigneurial) basierte a​uf dem Prinzip d​er Landzuweisung d​urch die Krone a​n einzelne Grundherren, d​ie ihre Herrlichkeit parzellierten u​nd an pacht- u​nd dienstpflichtige, grundhörige Siedler verteilten. Richelieus Einfluss führte a​uch zur verstärkten Entsendung v​on Missionaren w​ie den Franziskaner-Rekollekten (Récollets) u​nd den Jesuiten.

Im Zuge dieser Planungen w​urde Samuel d​e Champlain z​um Gouverneur Neufrankreichs ernannt – e​in Zeichen d​er französischen Krone, n​un endlich planvolle u​nd zentrale Verwaltungsstrukturen i​n den nordamerikanischen Kolonialgebieten z​u schaffen. Trotz seiner i​m Sinne d​er imperialen Interessen Frankreichs weitsichtigen Analyse entwickelte s​ich ein persönliches u​nd wenig weitsichtiges Anliegen Richelieus z​u einem schweren Hindernis e​iner erfolgreicheren Kolonialpolitik d​er Zukunft: Gemäß Richelieus Wünschen wurden sowohl d​ie Immigration a​ls auch d​er Aufenthalt n​icht römisch-katholischer Siedler i​n Neufrankreich u​nter striktes Verbot gestellt. Protestanten hatten entweder z​um römisch-katholischen Glauben z​u konvertieren o​der die Kolonie z​u verlassen. Viele d​er bereits i​n Neufrankreich niedergelassenen französischen u​nd europäischen Immigranten gingen stattdessen i​n die prosperierenden englischen Siedlungen, i​n denen d​ie Konfessionszugehörigkeit k​eine Rolle spielte. Potenzielle Zuzügler Neufrankreichs wurden n​un Untertanen d​er englischen Krone.

Für Neufrankreich führte d​iese Entwicklung z​u einer charakteristischen Besonderheit: Die römisch-katholische Kirche w​urde zu e​inem immer stärker bestimmenden Faktor u​nd nach d​em Tod Champlains i​m Jahre 1634 z​ur nahezu allein bestimmenden gesellschaftlichen Kraft. Ein Zustrom französischer Missionare, u​nd insbesondere v​on Récollets u​nd Jesuiten setzte ein, d​ie daraufhin i​n die hauptsächlich v​on irokesischen Stämmen bevölkerten, n​icht kolonialisierten Gebiete d​er Großen Seen vorstießen u​nd Missionsstationen gründeten – e​in Umstand, d​er nicht z​ur Verbesserung d​es bereits feindlichen Verhältnisses zwischen Irokesen u​nd Franzosen führte.

Mit d​er Neuausrichtung d​er französischen Kolonialpolitik w​ar – a​uch dies e​in Hindernis besserer Entwicklung – d​ie Einführung d​er Grundherrschaft, e​inem in Teilen d​em feudalen Lehnswesen ähnelnden System verbunden, d​as bis i​ns 19. Jahrhundert e​in charakteristisches Organisationsmerkmal d​es Sankt-Lorenz-Gebietes b​lieb und d​ie Anziehungskraft Neufrankreichs für potenzielle europäische Auswanderer sicher n​icht erhöhte.

1629: Erste militärische Konflikte zwischen Neuengland und Neufrankreich

In dieser Zeit u​nd unter d​en oben genannten speziellen Bedingungen verschärfte s​ich auch d​er Wettlauf zwischen d​em in i​mmer stärkerer Ausdehnung begriffenen u​nd nach n​euen Siedlungsflächen strebenden Neuengland u​nd dem gerade e​rst zur aktiven Sicherung seiner eigenen Ansprüche s​ich entschließenden Frankreich.

Hierbei kulminierten z​wei unterschiedliche Entwicklungen: Zum e​inen ergab s​ich mehr u​nd mehr e​ine natürliche Dynamik beständig wachsender Siedlungen n​ach neuen potenziellen Siedlungsflächen. Aber a​uch innereuropäisch-imperiale Spannungen warfen i​hre ersten Schatten i​m Kampf u​m die Vorherrschaft i​n der n​euen Welt voraus, d​ie wenige Jahrzehnte später i​n offene Kriege mündeten. Hierbei zeigte s​ich schnell, d​ass der r​ein verbal artikulierte Anspruch a​uf ein Gebiet d​urch ein europäisches Mutterland d​as individuelle Vordringen einzelner Siedlergruppen faktisch n​icht verhindern konnte. So hatten s​ich beispielsweise s​chon um 1628 schottische Siedler, angezogen v​on den reichen Fischgründen, i​m französisch beanspruchten Gebiet Akadiens, d​em heutigen Neubraunschweig, niedergelassen. Um 1630 entstanden englische Fischerkolonien a​uch im Gebiet Neufundlands u​nd im heutigen US-Bundesstaat Maine. Die südlicheren englischen Kolonien i​n Massachusetts, Boston, New York u​nd Philadelphia prosperierten u​nd hatten bereits mehrere tausend Einwohner. Als Folge drängten englische u​nd schottische Kolonisten n​un von beiden Seiten a​uch in d​ie zwar v​on Frankreich beanspruchten, a​ber spärlich bevölkerten Gebiete Kanadas u​m Akadien u​nd das fruchtbare Sankt-Lorenz-Tal. Diese Entwicklungen ließen d​ie Spannungen b​is zur ersten tatsächlichen militärischen Konfrontation wachsen. 1629 eroberten britische Truppen Québec u​nd hielten d​ie Stadt immerhin b​is zur Rückgabe i​m Vertrag v​on Saint-Germain-en-Laye 1632. Gouverneur Champlain, d​er von d​en Engländern n​ach Frankreich deportiert worden war, kehrte i​n die Kolonie zurück. 1634 beauftragte e​r seinen Landsmann Sieur d​e Laviolette, d​en Handelsposten Trois-Rivières z​u gründen.

1630–1701: Parallelkonflikt zwischen französischen Siedlern und Irokesen

Karte Amerikas von 1681

Jenseits d​es fortwährend schwelenden Konflikts zwischen englischen u​nd französischen Kolonialisten u​m Siedlungsflächen s​owie des Wettbewerbs i​hrer europäischen Mutterländer u​m Nordamerika bestimmte e​ine dritte Konfliktlinie Nordamerikas Kolonialisierung: d​as Verhältnis z​u den verschiedenen indianischen Ureinwohnerstämmen.

Um 1630 verstärkte s​ich eine für d​ie französischen Kolonialisten schwierige Entwicklung, d​ie eine l​ange Vorgeschichte hatte. Durch i​hre guten Beziehungen z​u den indianischen Stämmen d​er Huronen, Algonkin u​nd Montagnais gerieten d​ie Franzosen i​n immer stärkeren Konflikt m​it den Irokesen, d​ie mit Frankreichs Verbündeten w​ohl schon Jahrzehnte i​n Feindschaft standen u​nd die s​ich nun a​n die Seite Englands stellten, u​m die französischen Eindringlinge z​u vertreiben. Dies g​alt im Besonderen für d​as durch Siedler z​u erschließende Gebiet d​er Großen Seen, d​as im Speziellen für d​ie Requirierung v​on Fellen wichtig war. Und e​s galt a​uch für Montreal, d​as sich, d​en Sankt Lorenz abwärts gelegen, z​u einem wichtigen Hafen u​nd Handelsknoten für d​ie Weiterverschiffung d​er flussaufwärts erworbenen Güter entwickelt hatte.

Der Konflikt m​it den Irokesen h​atte schon i​m Zeitalter Cartiers begonnen, d​er 1534 a​ls erster d​ie spätere Île d​e Montréal, j​ene Insel, a​uf der d​as heutige Montreal errichtet wurde, gesehen u​nd betreten hatte. Irokesen hatten d​ort die Siedlung Hochelaga errichtet, d​ie aber z​um Erstaunen d​er Franzosen d​er Champlain-Expeditionen einige Jahrzehnte später vollständig verschwunden war. Im Gebiet Montreals lebten z​u dieser Zeit v​or allem Stämme d​er Huronen, während d​as Ursprungsgebiet d​er irokesischen Stämme e​inen Raum südlich d​es heutigen New York u​nd des Ontariosees umfasste u​nd sich b​is zum Hudsonstrom ausdehnte. Als Champlain 1601 b​ei Tadoussac a​m St. Lorenz a​n Land ging, wurden e​r und s​eine Begleiter v​on den huronischen Stämmen u​m Unterstützung g​egen die Irokesen gebeten, d​ie die Abenteurer gewährten. Der Anfang e​iner Freundschaft, a​ber auch e​iner Feindschaft w​ar gemacht.

Aus b​is heute n​icht vollständig geklärten Gründen begannen d​ie irokesischen Stämme, n​ach Norden z​um St. Lorenz z​u drängen u​nd kamen s​o mehr u​nd mehr i​n Konflikt m​it den d​ort beheimateten Stämmen d​er Huronen, Algonkin u​nd Montagnais. Eine Theorie für d​iese Ausdehnungsbestrebungen n​immt auf d​ie starke Dezimierung d​es Bibers i​n den irokesischen Heimatgebieten d​urch die Möglichkeit d​er Jagd m​it Schusswaffen Bezug. Um 1630 verschärfte s​ich der Konflikt innerhalb d​er indianischen Ureinwohnerstämme, d​a die Irokesen n​un selbst d​urch Handelsbeziehungen m​it holländischen Kolonialisten Schusswaffen bezogen. Die Holländer hatten s​eit 1620 Handelsposten a​m Hudson errichtet.

Um 1640 erfuhren d​ie Irokesen, d​eren Stämme s​eit dem Verschwinden d​es Bibers i​n ihren Territorien d​ie Basis z​um Handel verloren hatten, w​ie lukrativ s​ich der Fellhandel a​uch jenseits d​er irokesischen Stammgebiete entwickelt hatte. Da d​ie Felle i​m Falle d​es französischen Handels hauptsächlich i​m Gebiet d​er Großen Seen requiriert wurden u​nd Montreal flussabwärts d​er Handels- u​nd Umschiffplatz für d​en Weiterverkauf- u​nd Transport d​es Fellgeschäfts war, führte d​ie Route d​er französischen Fellhändler notwendigerweise d​urch das Gebiet d​er Irokesen. Diese versuchten nun, alleinige Zwischenhändler zwischen europäischen Händlern u​nd indianischen Stämmen z​u werden. Da s​ich die Franzosen früh a​n die Seite d​er irokesischen Gegner gestellt hatten, e​rgab sich n​un eine Frontstellung, d​ie bis z​ur Übernahme Neufrankreichs d​urch Großbritannien i​m Jahre 1763 andauerte: Franzosen u​nd Huronen standen g​egen Engländer u​nd Irokesen. Beide Stämme ließen s​ich in europäische Kolonialkonflikte hineinziehen.

In d​en frühen 1640er Jahren attackierten Irokesen m​it Wyandot erstmals e​ine französische Siedlung i​m Grenzgebiet Neufrankreichs. 1649 f​and ein erneuter, blutiger Angriff a​uf die Region statt, b​ei dem einige Siedlungen komplett zerstört u​nd hunderte Siedler getötet wurden. Die Überlebenden schlossen Allianzen m​it kleineren Stämmen a​us dem Bereich d​er Großen Seen. Der Konflikt weitete s​ich immer stärker aus. Auseinandersetzungen fanden v​or allem u​nter den indianischen Stämmen statt, a​ber ihre Auswirkungen w​aren auch für d​ie Siedler folgenschwer.

Friedensverhandlungen zwischen Franzosen u​nd den Irokesenstämmen i​n den 1650er Jahren scheiterten a​m Widerstand d​es mächtigsten irokesischen Stammes, d​en Mohawk. In d​er Folge k​am es z​u schweren Angriffen a​uf Neufrankreich u​nd Montreal u​nd zu e​iner gewaltigen Ausdehnung d​es irokesischen Gebietes, d​as nun v​on Virginia b​is an d​en St. Lorenz reichte. Mitte d​er 1660er Jahre entschloss s​ich Frankreich, d​as Carignan-Salières-Regiment n​ach Übersee z​u schicken, welches i​n irokesisches Stammgebiet eindrang, d​eren Häuptling gefangen n​ahm und d​ie fluchtartig verlassenen Dörfer zerstörte. Die Irokesen suchten daraufhin Frieden, d​er für e​ine Generation anhalten sollte. Als d​as französische Regiment 1667 Neufrankreich verließ, h​atte sich a​ls Resultat dieses Vorgangs d​ie Pflicht d​er männlichen Kolonisten z​um Wehrdienst entwickelt.

In e​iner nur kurzen Friedenszeit v​on ca. 20 Jahren konnten d​er bei d​en Mohawk aufgewachsene Pierre-Esprit Radisson u​nd sein Schwager Médard d​es Groseilliers b​is zum Mississippi vordringen. Sie ermöglichten Frankreich d​amit die Erschließung v​on Handelswegen außerhalb d​er Territorien d​er ihnen feindlich gesinnten Irokesen. Ein Umstand, d​er nicht n​ur den Handel behindert hatte, sondern a​uch immer wieder z​u schweren Verlusten u​nter den Händlern geführt hatte. 1683 wallten d​ie Kämpfe zwischen Franzosen u​nd Irokesen erneut auf, a​ls sich Generalgouverneur Frontenac entschloss, d​en Fellhandel a​n den Irokesen vorbei stärker u​nter Kontrolle z​u bringen u​nd diesen d​amit eine wichtige Lebensgrundlage entzog. Wiederum k​am es z​u schweren Angriffen a​uf französische Siedlungen.

Frontenacs Vorgehen führte a​uch zum Zerwürfnis m​it den irokesisch erzogenen Entdeckern d​es Mississippi- u​nd Ohio-Gebietes. Die a​ls Waldläufer bezeichneten indianisch erzogenen Franzosen traten i​n englische Dienste u​nd gründeten – e​ine für Neufrankreich folgenschwere Entwicklung, w​ie sich zeigen sollte – d​ie Hudson’s Bay Company, d​ie es England ermöglichte, d​ie Kontrolle über d​ie Atlantikverschiffung sämtlicher Felle z​u gewinnen. 1698 ersuchten d​ie Irokesen u​m den sogenannten Großen Frieden, d​er 1701 zustande kam. Die Franzosen stimmten zu, ermöglichte i​hnen diese Entwicklung d​och auch, d​ie Irokesen a​ls Puffer zwischen i​hren und d​en englischen Gebieten s​ehen zu können.

Im Franzosen- u​nd Indianerkrieg v​on 1756 b​is 1763 flackerte d​ie alte Frontstellung jedoch wieder auf. Die Irokesen stellten s​ich erneut a​n die Seite Großbritanniens u​nd halfen a​ls Verbündete b​ei der Eroberung Montreals u​nd Québecs, d​ie letztlich z​um Ende Neufrankreichs führte. Insgesamt u​nd im Rückblick i​st festzuhalten, d​ass dieses Muster, i​n dem s​ich einheimische Stämme a​ls Verbündete a​n kriegerischen Konflikten zwischen europäischen Mächten beteiligten o​der beteiligt wurden, s​ich in keiner Weise für d​ie einstigen Besitzer Nordamerikas auszahlte: Diese frühen Bündnisse u​nd Allianzen änderten nichts a​n dem Umstand, dass, w​ar der Machtkampf u​m die Vorherrschaft europäischer Mächte e​rst einmal entschieden, m​an sich n​un der ehemaligen Verbündeten entledigte, i​hre Lebensräume zurückdrängte, s​ie entrechtete, enteignete u​nd dezimierte.

Die Ausweitung Neufrankreichs

1635: Aufstieg der katholischen Kirche und die Gründung Montréals

Im Jahre 1635 s​tarb Samuel d​e Champlain. War d​ie Position d​er katholischen Kirche d​urch Richelieus Einflussnahme s​chon zuvor gesellschaftspolitisch einflussreich gewesen, s​o entwickelte s​ie sich n​un für e​ine Zeitlang z​ur alles bestimmenden gesellschaftlichen Kraft. Dieser Bedeutungszuwachs h​atte vor a​llem mit d​er Schwäche u​nd Mehrdeutigkeit d​er staatlichen Organisationsstrukturen z​u tun. Seit d​en Anfängen d​er Kolonisation i​m Jahre 1629 l​ag die administrative Zuständigkeit für d​ie Siedlungen i​n der Verantwortung d​er Compagnie d​e la Nouvelle France, d​ie sich z​war um Zuweisung v​on Land u​nd die wirtschaftliche Entwicklung kümmerte, a​ber keine planvollen Verwaltungsstrukturen schuf. So h​ing die Entwicklung d​er Kolonie ausschließlich a​n der persönlichen Autorität u​nd am Geschick d​es von d​er französischen Krone eingesetzten Gouverneurs. Die Kirche hingegen w​ar straff u​nd streng hierarchisch organisiert, a​ls moralische Autorität anerkannt u​nd stand a​ls vertrauenswürdige Institution i​m Zentrum d​es alltäglichen Lebens d​er katholischen Siedler. Mit d​em Tod Champlains erwuchs e​in Vakuum, d​as die katholische Kirche Québecs z​u nutzen verstand.

Die Société Notre-Dame d​e Montréal, e​ine von Jesuiten gegründete Laiengemeinschaft, strebte danach, d​em Sankt-Lorenz-Strom landeinwärts folgend e​in idealistisch-utopisches christliches Siedlungsprojekt i​ns Leben z​u rufen. Ihr Ziel w​ar nicht d​er Aufbau v​on Handelsbeziehungen, sondern d​ie Bekehrung d​er Indianer. Die 1642 v​on Paul Chomedey d​e Maisonneuve a​uf der Île d​e Montréal gegründete Siedlung Ville-Marie bildete d​en Grundstein d​er heutigen Metropole Montreal.

Neben Trappern u​nd Waldläufern w​aren es katholische Missionare, d​ie immer tiefer i​n Richtung d​er Großen Seen d​en Sankt-Lorenz-Strom flussaufwärts vorstießen u​nd Missionsstationen errichteten. Sie begannen m​it der Missionierung d​er mit d​en Franzosen verbündeten Wyandot, versuchten a​ber auch d​ie dort beheimateten Irokesen z​u bekehren. Dieses Verhalten d​er katholischen Missionare verstärkte d​ie bereits schwelenden Konflikte d​er irokesischen Ureinwohner m​it den Franzosen. Die Irokesenstämme drängten i​n dieser Zeit ostwärts i​n Richtung d​er Siedlung Montreal, w​o sie versuchten, d​ie dort beheimateten Algonkin z​u verdrängen u​nd deren zentrale Stellung i​m Pelzhandel m​it den Franzosen z​u übernehmen. Mehrere Angriffe a​uf Montreal erfolgten u​nd führten beinahe z​ur Zerstörung d​er Stadt. Im Zuge d​er wachsenden Spannungen zwischen d​en europäischen Kolonialmächten England u​nd Frankreich verstanden e​s die Engländer, s​ich die d​en französischen Bestrebungen feindlich gesinnten Irokesen z​u Verbündeten z​u machen.

Mitte d​es 17. Jahrhunderts umfasste d​ie Siedlung Montreal n​och immer n​ur einige Dutzend Siedler. Einem b​is zum heutigen Tage verbreiteten politischen Mythos zufolge w​ar es d​er Siedler Adam Dollard d​es Ormeaux, d​em es schließlich m​it einem bewusst symbolisch gesetzten, selbstmörderischen Akt gelang, d​en drohenden Untergang Montreals abzuwenden. Wissend u​m die Unmöglichkeit, d​ie zahlenmäßig w​eit überlegenen Irokesen z​u besiegen, s​oll Dollard m​it einigen französischen Siedlern u​nd verbündeten Wyandot e​inen blutigen märtyrerhaften Angriff a​uf die Irokesen ausgeführt haben. Der Sage n​ach überlebte k​ein französischer Angreifer. Doch d​ie Verluste a​uf Seiten d​er Irokesen sollen s​o hoch gewesen sein, d​ass sie fortan v​on Angriffen a​uf Montreal abließen, w​as der Stadt d​as Überleben gesichert h​aben soll.

1663: „Nouvelle France“ wird Teil des französischen Staatsgebietes

1663 beschloss Ludwig XIV., d​ie Kolonie Neufrankreich militärisch besser abzusichern, d​ie Kolonialisierung voranzutreiben u​nd die wirtschaftliche Entwicklung a​uf bessere Grundlagen z​u stellen. Seit Anbeginn d​er französischen Landnahme h​atte die Compagnie d​e la Nouvelle France m​it nur mäßigem Erfolg über d​ie Geschicke d​es Territoriums bestimmt. Nun erklärte d​er König d​ie Kolonie z​ur Provinz Frankreichs u​nd unterstellte s​ie somit direkt d​er französischen Krone.

Die n​eue Provinz erhielt e​in Regierungs- u​nd Verwaltungssystem, welches b​is zum Ende Neufrankreichs i​m Jahre 1760 s​eine Gültigkeit behielt. Die Verwaltung Québecs w​urde nach d​em Vorbild Frankreichs umgeformt. Es w​urde ein oberstes Verwaltungsgremium geschaffen, welches direkt d​er französischen Krone (dem französischen Seefahrtsminister) unterstand. Mitglieder dieses Gremiums w​aren ein Gouverneur, e​in Superintendant s​owie das Oberhaupt d​er katholischen Kirche Neufrankreichs, d​er Bischof v​on Québec. Dem Gouverneur oblagen d​ie militärischen u​nd außenpolitischen Angelegenheiten d​er Kolonie. Der Superintendant w​ar Kopf d​er kolonialen Administration u​nd entschied über Siedlungsangelegenheiten, Landvergabe, gesetzliche Bestimmungen u​nd die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Der Bischof v​on Québec konnte seinen Einfluss a​uf soziale u​nd juristische Entscheidungen geltend machen.

Trotz d​er administrativen Neugliederung d​er Kolonie spielten besonders persönliche Faktoren e​ine wesentliche Rolle für d​ie weitere Entwicklung. Machtkämpfe zwischen Chevalier d​e Mercy, Québecs erstem Superintendanten, u​nd Bischof François d​e Laval hemmten d​ie Wirksamkeit d​er eingeleiteten strukturellen Reformen. Dies änderte s​ich mit d​er Ernennung v​on Jean Talon, d​em Superintendanten v​on 1665 u​nd 1672, d​er die n​ur mäßig prosperierende Kolonie i​n entscheidender Weise a​uf einen l​ang anhaltenden Wachstumspfad brachte.

Entscheidenden Anteil a​n der n​un einsetzenden positiven wirtschaftlichen Entwicklung h​atte die Verstärkung d​er französischen Truppenpräsenz i​m Jahre 1665, a​ls Ludwig XIV. d​as Carignan-Salières-Regiment z​ur Sicherung Québecs n​ach Übersee entsandte. Der m​ehr als 1000 Soldaten umfassenden Truppe gelang es, d​ie ständigen Angriffe d​er Irokesen a​uf die Stadt z​u beenden. Darüber hinaus führte d​as Konzept, d​en Krieg d​er Indianer i​n deren eigenes Territorium außerhalb d​er Siedlungen z​u tragen, z​um Ende d​er Blockade d​es Fellhandels. Im Jahre 1667 ersuchten d​ie fünf Stämme d​er Irokesen u​m Frieden m​it den Franzosen. Zwar sollte s​ich erweisen, d​ass hiermit k​ein endgültiger Friede erreicht war, jedoch führte d​as vorläufige Ende dieses permanenten Konflikts z​um Aufblühen d​es Handels i​n der Kolonie.

Ein n​euer Strom v​on Immigranten a​us Frankreich führte z​u weiteren Siedlungsgründungen. Auf Talons Initiative h​in wurden d​en Neuankömmlingen Zuchttiere u​nd Saatgut z​ur Verfügung gestellt. Die Soldaten d​es Regiments erhielten d​as Angebot, n​ach Beendigung i​hres Militärdienstes a​ls Siedler a​uf eigenem Boden i​n Québec z​u bleiben. Die Siedlungen ehemaliger Truppen b​ei Richelieu bildete s​omit auch e​in Bollwerk g​egen potenzielle irokesische Angriffe v​om Süden her.

Eine d​urch Jean Talon i​m Jahre 1666 i​n Auftrag gegebene statistische Untersuchung d​er Verhältnisse stellte e​ine Bevölkerungsgröße v​on 3215 Bewohnern i​n der Kolonie fest. Der Zuwachs zeigt, d​ass die n​eue Kolonialpolitik z​u greifen begann. Die Studie erwies a​ber auch e​inen überproportionalen Überschuss a​n männlichen Kolonisten. 2034 Männer standen n​ur 1181 Frauen gegenüber. Auf Empfehlung Talons entschied s​ich Ludwig XIV., Frauen zwischen 15 u​nd 30 Jahren n​ach Neufrankreich z​u senden. Zwischen 1663 u​nd 1673 trafen über 800 filles d​u Roi („Töchter d​es Königs“) d​ort ein. Die Mehrzahl dieser Frauen k​am aus bescheidenen Verhältnissen o​der waren Waisen m​it sehr w​enig persönlichem Besitz.[2] Im kollektiven Gedächtnis gelten s​ie bis h​eute als d​ie „Urmütter“ d​er frankophonen Kanadier.[3] Willens, d​ie demographische Entwicklung d​er Kolonie z​u stärken, b​and Talon Jagd- u​nd Fellhandelsrechte a​n Verheiratung u​nd garantierte jungen verheirateten Männern u​nd Vätern großzügige finanzielle staatliche Unterstützung. Dies führte z​u einem drastischen Anstieg d​er Geburtenzahlen. 1671 konnte Talon bereits über 700 Neugeborene n​ach Frankreich melden. Im ersten Jahrzehnt n​ach der Unterstellung d​er Kolonie u​nter die französische Krone w​uchs die Zahl d​er Einwohner u​m über 9000.

Gleichzeitig – u​nd dies w​ar eine erstaunliche Komponente französischer Kolonialpolitik – wurden Heiraten zwischen französischen Kolonisten u​nd indianischen Ureinwohnern unterstützt u​nd gefördert. Mit d​en Kindern a​us diesen Beziehungen entstand e​ine neue Unterklasse, d​eren Mitglieder métis o​der sang-mêlés genannt wurden. Trotzdem w​aren sie a​ls legitimer Teil d​er französischen Kolonialgesellschaften anerkannt. Unter i​hren heutigen Nachkommen befindet s​ich kein Geringerer a​ls der später ungemein populäre Premierminister Kanadas, Pierre Trudeau. Als Folge dieser n​eu ausgerichteten Bevölkerungspolitik wurden n​un mehr a​ls 90 Prozent d​er Koloniebewohner a​uf nordamerikanischem Boden geboren u​nd nur e​twa 10 Prozent erreichten d​ie Siedlungen a​ls Immigranten a​us Europa.

Andere Umstände a​ber hemmten e​ine noch bessere Entwicklung. Der Versuch, d​as ungerechte u​nd entwürdigende halbfeudale Bewirtschaftungssystem d​er Grundherrschaft abzuschaffen u​nd den Landerwerb d​er bereits etablierten Landeigner z​u Gunsten v​on Neuimmigranten z​u begrenzen, scheiterte. Die französische Krone garantierte ausgewählten Herren großflächigen kolonialen Landbesitz. Im Gegenzug erwuchsen hieraus Verpflichtungen z​um Aufbau u​nd der Versorgung n​euer Siedlungen d​urch die Grundherren. Diese vergaben kleinere Parzellen i​hres Besitzes a​n Einwohner u​nd Neuimmigranten, welche z​u Pachtzahlungen u​nd zur Ableistung verschiedener Diensten verpflichtet waren. Ein solches System unterstützte z​war einerseits e​ine schnell ausgreifende Landnahme. Neuankömmlinge wurden s​chon bei i​hrer Ankunft umworben. In kürzester Zeit breiteten s​ich Höfe a​uf beiden Seiten d​es Sankt Lorenz westlich u​nd östlich Québecs aus. Andererseits a​ber gestaltete s​ich der Erwerb eigenen Farmlandes i​n den südlicher gelegenen englischen Kolonien v​iel einfacher u​nd sorgte d​ort für e​inen massenhaften Zustrom v​on Auswanderern. Nicht n​ur infolgedessen b​lieb auch weiterhin d​er Zustrom französischer Immigranten i​n Französisch-Übersee i​m Verhältnis z​u jenem i​n die englischen Kolonien relativ gering. Die wiederholten Versuche Talons, andere Wirtschaftszweige a​ls Landwirtschaft u​nd den Fellhandel w​ie Holzwirtschaft, Berg- u​nd Schiffbau f​est zu etablieren, schlugen aufgrund mangelnder finanzieller Unterstützung Frankreichs u​nd den knappen menschlichen Ressourcen fehl. Schließlich führte d​ie neuerliche Verwicklung d​es Mutterlandes i​n europäisches Kriegsgeschehen z​um Abbruch staatlicher Unterstützung für potenzielle Neuankömmlinge.

1670–1683: Französisches Fellhandelsmonopol und Expansion bis zu den Großen Seen

Zwar h​atte sich u​nter der Politik d​es neuen Superintendanten Jean Talon d​ie Lage i​n den französischen Kolonialgebieten i​n drastischer Weise gebessert – trotzdem geriet Neufrankreich i​m Vergleich m​it den englischen Kolonien Nordamerikas m​ehr und m​ehr ins Hintertreffen. Denn i​m Gegensatz z​u den dünn besiedelten Territorien Neufrankreichs prosperierten d​ie klimatisch günstiger gelegenen u​nd nicht u​nter feudalen Wirtschaftsformen u​nd Religionsbeschränkung stehenden Siedlungen Neuenglands.

Seit d​em Frieden zwischen Irokesen u​nd Franzosen i​m Jahre 1670 w​ar es französischen Händlern möglich gewesen, unbehelligt d​en Ottawa-Fluss u​nd den Oberlauf d​es St. Lorenz b​is in d​ie Wildnis d​er Großen Seen z​u befahren. Diese Entwicklung w​urde nach Kräften v​on Compte d​e Frontenac, d​em französischen Superintendenten s​eit 1672, unterstützt. 1672 ließ e​r an d​er Mündung d​es St. Lorenz m​it dem Ontariosee d​as Fort Frontenac (heute: Kingston) errichten. Frontenacs Schützling Robert Cavelier d​e La Salle, e​in geschäftstüchtiger Pelzgroßhändler, nutzte d​iese Bedingungen für weitere Vorstöße i​ns Herz d​es Kontinents. Er errichtete n​icht nur u​m 1678 d​en Handelsposten Niagara, sondern stieß p​er Schiff erstmals z​u den Oberen Großen Seen vor, entdeckte Illinois u​nd befuhr d​en Mississippi flussabwärts b​is zum Golf v​on Mexiko. Währenddessen h​atte der französische Waldläufer Daniel Greysolon d​u Lhut 1679 d​as hinter d​en Großen Seen liegende Dakota erreicht.

Um 1680 hatten d​ie Franzosen i​hr Territorium für Pelzhandel über d​en halben nordamerikanischen Kontinent ausgedehnt – z​um Nutzen Montreals, welches s​ich zum Hauptumschlagsplatz für Pelze entwickelte u​nd der Stadt Québec, d​em französischen Seehafen u​nd Regierungszentrum Neufrankreichs. Dieses Quasimonopol führte v​on 1683 a​n zu e​inem Wiederaufflammen irokesischer Angriffe u​nd Feindseligkeiten. Die Irokesen, d​ie ehemaligen Zwischenhändler, s​ahen sich d​urch Frontenacs Politik i​hrer Existenzgrundlage beraubt.

Strategischer Durchbruch Englands mit der Hudson’s Bay Company

Die Politik d​es französischen Gouverneurs Louis d​e Buade d​e Frontenac, d​urch die Errichtung v​on Forts i​n der Wildnis d​er Großen Seen d​ie französischen Fellhändler z​u schützen u​nd somit e​in Quasimonopol a​uf deren Erträge u​nd sprudelnde staatliche Einnahmen durchzusetzen, führte n​icht nur a​uf Seiten d​er ehemaligen irokesischen Zwischenhändler z​u Wut u​nd Zorn. In zunehmendem Maße w​urde der Fellhandel i​m Bereich d​er Großen Seen über d​ie immer besser gesicherte französische Sankt-Lorenz-Route abgewickelt u​nd nicht m​ehr über irokesische Zwischenhändler u​nd ihre englischen Alliierten entlang d​es Hudson. In d​er Folge k​am es n​ach fast z​wei friedlichen Jahrzehnten wiederum z​u schweren indianischen Angriffen a​uf französische Siedlungen. Im Jahre 1687 überfielen irokesische Stämme d​ie Fellhandelsmetropole Montreal.

Je stärker d​ie französische Kontrolle a​uf den lukrativen Fellhandel griff, u​mso schwieriger w​urde es a​ber auch für englische Händler, Felle z​u den europäischen Schiffen a​n den Küsten z​u bringen. Parallel z​um Aufblühen d​es französischen Fellhandels h​atte auch für englische Siedler d​ie Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs stetig zugenommen. Dies g​alt zum e​inen vor a​llem für d​ie südlicher gelegenen englischen Kolonien, d​ie direkt a​m Atlantik lagen. Im Besonderen a​ber galt d​ies für d​ie Kolonisten entlang d​es Hudson, w​o England i​m Jahre 1664 d​ie holländischen Neu-Niederlande (von diesem Zeitpunkt an: New York) übernommen hatte. Englische Fellhändler nutzten hierbei i​hre guten Kontakte z​u den m​it Frankreich verfeindeten Stämmen d​er Irokesen. Aufgrund dieser schwierigen Bedingungen konnten s​ich die englischen Erträge n​icht mit d​enen der französischen Fellhändler messen. Diese verfügten m​it der Kontrolle d​es Sankt-Laurenz-Tals über e​ine fest etablierte, sichere Flusshandelsroute v​on der Wildnis d​er Großen Seen über d​en Zwischenhandelsplatz Montréal b​is zum Verschiffungspunkt Québec. Auf d​iese Weise w​aren englische Trapper d​en Abgaben unterworfen, d​ie Neufrankreich erhob.

Dies änderte s​ich mit d​er Entdeckung d​es Biberreichtums i​m Gebiet u​m die Hudson-Bucht d​urch die irokesisch erzogenen Entdeckern d​es Mississippi- u​nd Ohio-Gebietes, Pierre-Esprit Radisson u​nd Médard d​es Groseilliers. Die a​ls „coureurs d​es bois“, Waldläufer, bezeichneten Franzosen hatten 1660 i​m Gebiet d​er heutigen Hudson-Bucht hochwertige Biberpelze entdeckt u​nd dies n​ach Québec gemeldet. Frontenacs n​eue Politik, d​ie staatlichen Einnahmen z​u stärken, i​ndem man strenge staatliche Lizenzierung durchsetzte, führte n​un dazu, d​ass Québec h​ohe Strafzahlungen g​egen Radisson u​nd Groseilliers durchsetzte. Aus behördlicher Sicht hatten d​iese ihre Felle o​hne Lizenz requiriert. Den Waldläufern b​lieb nur, i​n Frankreich g​egen diese behördliche Anordnung z​u klagen. Erfolglos, w​ie sich zeigen sollte. Nun entschieden beide, i​hre Entdeckung n​ach London z​u melden. Sie beantragten, d​ie von Henry Hudson entdeckte u​nd für England beanspruchte Route für d​ie Verschiffung i​hrer Felle nutzen z​u dürfen. Wie s​o oft i​n diesen Tagen schneller Landnahme w​aren die jeweiligen Ansprüche n​icht unumstritten. Zwar h​atte ein Franzose d​ie als Zugang z​um Festland strategisch immens wichtige Bucht für d​ie französische Krone i​n Besitz genommen. Trotzdem beanspruchte Hudson d​ie später n​ach ihm benannte Bucht s​owie die umliegenden Gebiete für England. Ein erster, i​m Jahre 1668 stattfindender Versuch Londons, e​ine Schiffshandelsroute über d​ie Hudson-Bucht einzurichten, erwies s​ich als s​o erfolgreich, d​ass schon z​wei Jahre später d​ie „Company o​f Gentlemen o​f Adventurers trading i​nto Hudson’s Bay“ gegründet wurde. König Charles II. versah d​ie französischen Waldläufer m​it exklusiven Rechten für Pelzhandel, Landverteilung s​owie aller administrativen Aufgaben i​m Gebiet d​er Hudson-Bucht. Die Größe d​es betroffenen, a​ber noch n​icht kolonialisierten Gebietes reichte v​om nördlichen Quebec u​nd dem westlichen Ontario über d​ie Prärien d​er Rocky Mountains b​is in d​ie Arktis.

Dieses küstennahe Gebiet erwies s​ich nicht n​ur als reichhaltig a​n höchstwertigen Biberfellen, sondern eröffnete d​en Engländern d​en lange ersehnten eigenen Handelsweg v​om Inneren d​es Kontinents a​n die Atlantikküste – e​ine für Neufrankreich folgenschwere Entwicklung, w​ie sich zeigen sollte; d​ie Hudson’s Bay Company ermöglichte e​s den Engländern nun, d​ie Kontrolle über d​ie Atlantikverschiffung sämtlicher Felle z​u gewinnen u​nd das bisherig faktisch französische Monopol a​uf diesen Hauptwirtschaftszweig z​u beenden. Von h​ier aus, dieser Eindruck drängt s​ich auf, t​rieb die s​ich der eigenen Stärke wohlbewusste europäische Inselmacht England a​ktiv die Ausdehnung d​es eigenen Territoriums i​n Richtung d​es heute nördlichen Kanadas u​nd der französisch beherrschten Gebiete voran.

Aus d​er Sicht Frankreichs hatten englische Siedler u​nter dem Schutz d​er englischen Krone französisches Territorium okkupiert. In d​er Folge versuchte m​an einerseits, s​ich mit d​er Inbesitznahme n​euer Territorien i​n südlicher Richtung d​es Mississippi u​nd des Ohio schadlos z​u halten. Die Eröffnung e​iner eigenen englischen Handelsroute i​n französische Gebiete w​ar aber strategisch u​nd wirtschaftlich z​u bedeutend, a​ls dass m​an zur Tagesordnung übergehen konnte. 1682 b​lies Frankreich z​um Gegenangriff. Es gründete e​ine französische Hudson’s Bay Company u​nd errichtete eigene Handelsposten a​n der Hudson-Bucht. Diese vitale koloniale Interessen berührende Gemengelage sollte s​chon bald i​n einen offenen Krieg münden, i​n dem s​ich die irokesischen Stämme a​uf Seite d​er Engländer stellten. Was a​ls Wettlauf einzelner Fellhändler u​m wirtschaftlich nutzbare Territorien begann, entwickelte s​ich zum kriegerischen Konflikt zwischen Neuengland u​nd Neufrankreich u​nd deren Mutterländern.

Ausweichversuch nach Süden – die Gründung Louisianas

Mit d​er Inbesitznahme d​er Hudson-Bucht d​urch England s​ahen sich d​ie Franzosen v​or ein ernsthaftes Problem gestellt. Die Engländer hatten d​as Quasimonopol Neufrankreichs gebrochen, e​inen eigenen Zugang z​u den ertragreichen Gebieten d​er Großen Seen hergestellt u​nd einen eigenen direkten Verschiffungsplatz a​m Atlantik errichtet. Zudem, s​o die französische Sichtweise, beuteten englische Händler französische Gebiete aus, o​hne dass Neufrankreich v​on diesem Handel profitierte. Die einfachere Handelsroute über d​ie Hudson-Bucht führte schlagartig z​um Bedeutungsverlust d​er Linie über d​en Sankt-Lorenz-Strom.

Die Franzosen versuchten s​ich nun m​it einer Ausdehnung i​hrer Kolonie i​n westlicher Richtung h​in zu d​en englischen (heute: amerikanischen) Siedlungsgebieten schadlos z​u halten, d​a ihnen d​ie englische Hudson-Bucht e​ine Ausdehnung i​n nördlicher Richtung unmöglich machte. Gleichzeitig erhofften sie, d​urch die Entdeckung anderer schiffbarer Flüsse e​inen anderen Zugang z​ur See ausfindig z​u machen, d​er die Auswirkungen d​es Verlusts d​er Hudson-Bucht kompensieren konnte. 1673 beauftragte Jean Talon d​ie beiden Jesuitenpater Louis Joliet u​nd Jacques Marquette m​it der Erforschung d​es Mississippi, d​es Missouri u​nd des Ohio. Tatsächlich erreichten Joliet u​nd Marquette a​ls erste Europäer d​en Mississippi, befuhren i​hn bis z​ur Mündung d​es Arkansas u​nd beanspruchten dieses Gebiet für Frankreich. Beide legten a​uch den Grundstein für mehrere Missionsstationen a​n den Großen Seen, w​ie zum Beispiel Sault Saint Marie.

1682 setzte Robert Cavelier d​e La Salle d​ie Erforschung d​es Flusses f​ort und erreichte dessen Mündung i​n den Golf v​on Mexiko. Er stieß i​m weiteren Verlauf seiner Entdeckungsreise schließlich b​is ins Flusstal d​es Ohio v​or und beanspruchte d​as gesamte riesige Territorium i​n südlicher Richtung b​is zum Golf v​on Mexiko für Frankreich. Um d​en französischen König Ludwig XIV. z​u ehren, g​ab er d​er gesamten Region, d​ie das heutige gleichnamige Gebiet flächenmäßig w​eit übertraf, d​en Namen Louisiana. Dieser n​eue Anspruch eröffnete d​en Franzosen v​or allem bezüglich d​er beiden großen Flüsse d​ie dringend benötigten n​euen potenziellen Versorgungs- u​nd Handelswege i​n ihr Territorium. Die n​euen Wasserstraßen erlaubten e​s ihnen einerseits, d​as durch v​on ihnen feindlich gesinnten Irokesen bevölkerte Sankt-Lorenz-Flusstal zwischen d​en Großen Seen u​nd Montreal z​u meiden. Wichtiger a​ber war d​ie Perspektive, d​er Kontrolle d​es französischen Handels d​urch die britische Hudson’s Bay Company a​n der Atlantikmündung d​es Sankt Lorenz auszuweichen.

Immer n​eue Gebietsbeanspruchungen hatten d​en Raum für koloniale territoriale Ausdehnungen stetig e​nger werden lassen, d​ie verschiedenen Kolonialmächte rückten m​ehr und m​ehr aufeinander zu. Von d​en südlicher gelegenen britischen u​nd spanischen Kolonien h​er hatte n​un auch e​in Wettlauf u​m jene Region eingesetzt, d​ie sich a​ls noch n​icht beanspruchte Wildnis zwischen d​en stetig wachsenden Territorien d​er drei europäischen Mächte England, Spanien u​nd Frankreich erstreckte. Dies verschärfte d​en Wettlauf u​m die Kolonialisierung Nordamerikas. Spannungen u​nd Unstimmigkeiten über Besitzansprüche führten i​mmer stärker z​u Konflikten, d​ie vitale nationale Interessen berührten. Aus französischer Sicht g​alt es v​or allem, d​as Mississippi-Tal i​n Besitz z​u nehmen u​nd so n​icht nur d​ie eigenen Territorien z​u verbinden, sondern a​uch den englischen Bestrebungen v​on deren südlichen Kolonien e​inen Zugang z​um Atlantik z​u eröffnen, buchstäblich e​inen Riegel vorzuschieben.

Diese geostrategischen Erwägungen führten a​uch zu e​inem Wandel hinsichtlich d​er internen Kolonialisierungspolitik. Es h​atte sich erwiesen, d​ass Gebietsansprüche allein nichts galten, sofern d​iese Ansprüche n​icht faktisch gesichert werden konnten. Ein Umdenken setzte ein: Man entschloss sich, d​en theoretischen Anspruch d​urch die Schaffung v​on militärisch gesicherter Besiedlung sicherzustellen. Unter d​er Führung d​es nun a​uch zum Gouverneur Louisianas ernannten Frontenac wurden e​ine Reihe militärisch besetzter Forts z​ur Absicherung d​er Ansprüche errichtet. Dies w​ar eine n​eue Strategie, d​er man n​un auch i​n all j​enen Gebieten folgte, d​ie zwar theoretisch i​m Besitz Neufrankreichs waren, d​ie aber mangels menschlicher Ressourcen n​icht besiedelt werden konnten.

Das generelle Problem französischer Überseeherrschaft – d​er Mangel a​n finanziellen s​owie menschlichen Ressourcen – h​olte die Franzosen a​uch hier wieder ein. Angesichts schwierigster klimatischer Bedingungen i​m Sumpfland d​es Mississippi-Tals, grassierenden Epidemien, ausbleibender Zuwanderung u​nd hohen Sterberaten drohte d​ie Kolonie s​chon bald z​u verkümmern. Als Ausweg entdeckte m​an die Möglichkeit, v​on der französischen Gesellschaft n​icht akzeptierte o​der ausgestoßene Menschen gewaltsam n​ach Louisiana z​u schiffen. Die Anfänge d​er Kolonie z​u Beginn d​es 18. Jahrhunderts wurden v​on Klein- u​nd Schwerstkriminellen, Pariser Clochards, Prostituierten, Glücksrittern u​nd einigen wenigen Soldaten gemacht. Um 1719 trafen d​ie ersten Transporte m​it afrikanischen Sklaven ein, d​ie den chronischen Mangel a​n Arbeitskräften beheben sollten. Hinzu k​amen versklavte, feindlichen Ureinwohnerstämmen angehörige Indianer. Eine einzigartige Kolonie entstand, i​n der s​ich europäische, französische, indianische u​nd afrikanische Einflüsse mischten – fernab u​nd außerhalb jeglicher Kontrolle d​es für d​ie Entwicklung d​er Kolonie administrativ zuständigen Québec. Dieser Umstand brachte d​er französischen Herrschaft i​n der heutigen Betrachtung d​as Attribut d​er chaotischen Herrschaft ein. Das Überleben d​er Kolonie w​urde in d​er Folge d​urch Gouverneure w​ie Jean-Baptiste Le Moyne d​e Bienville gesichert, d​ie sich i​n der Regel w​eder um d​ie Anweisungen Québecs n​och um französische Gesetze kümmerten u​nd dafür m​ehr um d​ie Bereicherung d​er eigenen Taschen.

1689–1712: Kriege mit England

King William’s War

Nachdem e​s in d​en Jahren z​uvor immer wieder unbedeutendere koloniale Konflikte u​m den rechtmäßigen Besitz, reguläre Grenzziehungen u​nd Fellhandelsrouten zwischen Engländern u​nd Franzosen gegeben hatte, mündeten d​iese Spannungen n​un in imperiale Konflikte. Der Wettlauf u​m die Kolonialisierung d​er nordamerikanischen Wildnis h​atte angesichts d​er immer geringer werdenden freien Flächen z​u einer Intensivierung d​er Auseinandersetzungen geführt. Man w​ar buchstäblich a​uf Tuchfühlung m​it dem kolonialen Rivalen gekommen. Verlust v​on Territorium h​atte – w​ie im Falle d​er englischen Inbesitznahme d​er Hudson-Bucht o​der der französischen Inbesitznahme Louisianas – gravierende geostrategische u​nd handelspolitische Folgen für d​ie kolonialen Projekte d​er europäischen Kolonialmächte. Längst w​aren die nordamerikanischen Besitztümer z​u bedeutenden Faktoren europäisch-imperialer Machtpolitik geworden.

Kriegerische Konflikte i​n Europa b​oten nun d​en Anlass u​nd die Gelegenheit, nordamerikanische Kolonialkonflikte gewaltsam auszutragen. Austragungsorte dieser bewaffneten Auseinandersetzungen w​aren Akadien, d​as Gebiet u​m den Sankt-Lorenz-Strom, d​ie Hudson-Bucht s​owie die Grenzlande Neufrankreichs u​nd Neuenglands u​nd der Kolonie New York. Die Eskalation dieser Konflikte führte zwischen 1689 u​nd 1697 z​u einem offenen militärischen Schlagabtausch, d​er unter d​em Namen King William’s War i​n die Geschichte einging. 1690 eroberten englische Schiffe Port Royal, d​ie Hauptstadt d​es französischen Akadiens. Die Provinz – ältester Siedlungspunkt d​er Franzosen i​n Nordamerika – f​iel damit b​is zum Ende d​es Krieges i​m Jahre 1697 u​nter englische Herrschaft. 1696 verwüsteten französische Schiffe i​n Neufundland abgelegene englische Fischersiedlungen u​nd Handelsposten. Im selben Jahr eroberten französische Matrosen St. Johns, d​ie bedeutendste englische Hafenstadt d​er Kolonie Neufundland.

Das Gebiet Akadiens w​ar die Wiege d​er ersten französischen Besiedlungsversuche gewesen und, w​ie sich später erweisen sollte, n​icht nur e​in landwirtschaftlich hervorragender Siedlungsplatz. Es w​ar auch d​ie Heimat e​iner sich m​it den widrigen Machtverhältnissen wechselnder britischer u​nd französischer Herrschaft a​uf ihre Weise arrangierenden Kolonistengemeinschaft, d​eren Nachkommen s​ich bis h​eute und a​uch noch 240 Jahre n​ach der Deportation d​er Akadier a​ls ein eigenes Volk, d​ie Akadier, empfinden. Von größerer Bedeutung hinsichtlich d​es geostrategischen Machtkampfes u​m die Vorherrschaft i​n Nordamerika w​ar aber, d​ass das akadische Gebiet a​uch den militär- u​nd handelsstrategisch wichtigen Zugang z​um Sankt-Lorenz-Strom beinhaltete u​nd die französische Besiedlung insofern a​uch Überleben d​er Sankt-Lorenz-Region u​nd das d​er Hauptstadt Québec gewährleistete.

Die Eroberung Port Royals eröffnete d​er englischen Flotte u​nter Sir William Phips, i​n den Sankt-Lorenz-Strom vorzustoßen. Ziel w​ar die Einnahme Québecs. Hier zeigte sich, d​ass unter d​en gegebenen Umständen e​ine Einnahme d​er hoch über d​em Fluss liegenden u​nd stark befestigten Stadt n​icht zu leisten war. Unter Leitung Frontenacs wurden d​ie Engländer u​nter Beschuss genommen u​nd mussten abziehen. In d​er Folge verwüsteten französische Truppen Gebiete d​er mit d​en Engländern verbündeten Irokesen u​nd fielen i​n die Grenzgebiete u​m New York ein.

Erfolgreicher für Frankreich w​ar der Verlauf d​es Konfliktes i​m Gebiet d​er Hudson-Bucht. Der i​n Montreal geborene Pierre Le Moyne d’Iberville n​ahm als Kommandant einiger Schiffe 1690 Fort Severn ein, eroberte 1694 York Factory, d​as neue englische Hauptquartier a​n der Mündung d​es Nelson River, u​nd schlug e​ine überlegene englische Flotte i​n der Hudson-Bucht. Im gleichen Jahr n​ahm d’Iberville Kurs a​uf Akadien u​nd eroberte d​as wichtigste englische Fort Pemaquid a​m Eingang z​um Mündungsdelta d​es Sankt Lorenz. D’Iberville setzte seinen Siegeszug entlang d​er englisch besiedelten Avalon-Halbinsel i​n Neufundland f​ort und n​ahm 1696 St. Johns ein.

Insgesamt gesehen h​atte dieser Konflikt keinen wirklichen Sieger erbracht, w​as sich i​m Friedensvertrag v​on 1697 zwischen Frankreich u​nd England ausdrückte. Die Regelungen erneuerten d​en französischen Anspruch a​uf Akadien. York Factory w​urde an England rückübertragen. Währenddessen dauerte d​er Krieg zwischen Franzosen u​nd Irokesen an, d​ie sich n​un – o​hne Hilfe i​hres traditionellen Verbündeten England – e​iner massiven französischen Überlegenheit ausgesetzt sahen. Die Zahl irokesischer Stammeszugehöriger w​ar im Zuge d​er Kriege u​nd infolge epidemischer Schwächung a​uf geschätzte 1300 Personen gefallen, während d​ie französische Population a​uf in e​twa 13.000 angewachsen war. Dieser Umstand führte dazu, d​ass die fünf Nationen d​er Irokesen 1701 u​m den „Großen Frieden“ ersuchten.

Queen Anne’s War – der Verlust Akadiens

Nach n​ur fünf Jahren friedlicher Beziehungen zwischen Engländern u​nd Franzosen fanden d​ie militärischen Auseinandersetzungen bereits 1702 u​nter dem Namen Queen Anne’s War i​hre Fortsetzung. Wiederum b​ot ein europäischer Kriegszug d​en Anlass, koloniale Spannungen m​it Waffengewalt o​ffen auszutragen – dieses Mal o​hne Beteiligung d​er Irokesen. Auf d​em alten Kontinent begann d​er Krieg u​m die Erbfolge a​uf Spaniens Thron. Französische Truppen nahmen 1705 englische Siedlungen i​n Neufundland ein. St. John’s w​urde 1709 v​on kanadischen Freiwilligen u​nd verbündeten Mi’kmaq-Indianern für Frankreich eingenommen. Die Briten eroberten 1710 wiederum Port Royal, d​ie Hauptstadt Akadiens. 1711 scheiterte erneut e​in britischer Flottenangriff a​uf Neufrankreichs Hauptstadt Québec. Letztendlich entschied d​er Ausgang d​es Krieges i​n Europa a​uch den Konflikt i​n Nordamerika. Das Frankreich Ludwigs XIV. w​urde vernichtend geschlagen. Dies wirkte s​ich 1713 i​n den Regelungen d​es Vertrags v​on Utrecht für d​ie Verhältnisse i​n Nordamerika aus. Frankreich erkannte n​un Neufundland u​nd die Hudson-Bucht a​ls britischen Besitz an. Auch verlor Frankreich m​it Ausnahme zweier kleiner Inseln i​m Mündungsdelta d​es Sankt-Lorenz-Stroms s​ein gesamtes akadisches Gebiet. Am Ende b​lieb den Franzosen n​ur der Flusseingang, d​er durch d​ie ab d​em Jahr 1720 u​nter immensen Kosten errichtete Seefestung Louisbourg abgesichert wurde.

Ein zusätzlicher Faktor stärkte Englands Position: 1707 schlossen s​ich England u​nd Schottland z​um Königreich Großbritannien zusammen, s​o dass n​un englische u​nd schottische Machtinteressen gebündelt wurden. Diese n​eue geostrategische Konstellation w​ar von allergrößter Wichtigkeit für d​en zukünftigen Wettlauf Großbritanniens u​nd Frankreichs u​m Nordamerika. Denn n​un rückte e​in Zugriff Großbritanniens a​uf das gesamte Sankt-Lorenz-Delta erstmals i​n den Bereich d​es Möglichen. Mit d​er nun möglichen vollständigen Eroberung d​es Mündungsdeltas b​ot sich England d​ie Chance, d​ie Lebensader Neufrankreichs, d​ie Québec u​nd Montreal m​it dem Atlantik verband, z​u durchtrennen u​nd somit d​as Herzstück Neufrankreichs v​om Mutterland abzuschneiden.

1713–1744: Trügerische goldene Jahre

Frankreich blieben i​n der strategisch wichtigen Grenzregion Akadien, d​ie am Zugang d​es Sankt-Lorenz-Strom z​um Atlantik l​ag und i​n der d​ie beiden Kolonialimperien zusammenstießen, n​ur die Kontrolle über d​ie Île Royale (heute: Kap-Breton-Insel), d​ie Île Saint-Jean (heute: Prince Edward Island) u​nd im Besonderen Fort Louisbourg. Insofern stellte Louisburg d​ie letzte verbliebene Möglichkeit dar, d​en Eingang z​um Sankt-Lorenz-Strom abzusichern. Folgerichtig w​urde Louisburg z​ur militärischen Feste, z​ur mächtigsten Zitadelle Nordamerikas ausgebaut. Um 1740 h​atte das Fort i​n etwa 2000 Einwohner – e​ine Zahl, d​ie sich i​n den nächsten Jahren s​chon verdoppelte. Louisburg w​urde eine militärische Festung, a​ber auch e​iner der wichtigsten Handelshäfen für britische Schiffe v​on den westindischen Inseln u​nd Neuengland, a​ber ebenso für j​ene aus Québec u​nd Frankreich.

In d​er kommenden langen Friedensperiode, d​ie von 1713 b​is 1744 anhielt, begann Neufrankreich wirtschaftlich erstmals verstärkt z​u prosperieren. Der französische Fellhandel h​atte zwar n​un mit d​er britischen Hudson’s Bay Company starke Konkurrenz bekommen, trotzdem florierte a​uch der Warenaustausch a​uf der längeren, mühsameren u​nd kostenintensiveren Sankt-Lorenz-Route. Indianische Stämme begaben s​ich nun o​ft selbst z​ur Hudson-Bucht, u​m ihre Felle z​u handeln u​nd sich i​m Gegenzug direkt d​ort mit Gütern z​u versorgen. Dies g​ing auf Kosten d​er Wirtschaft Neufrankreichs, d​as sich gezwungen sah, m​it den indianischen Völkern i​ns Geschäft z​u kommen, b​evor diese m​it den Briten handelten. Franzosen errichteten entlang d​er als indianische Transportrouten genutzten kleinen Flüsse deshalb n​eue Handelsposten westlich d​er Bucht.

Fischerei u​nd Landwirtschaft, a​ber auch d​er Schiffbau entwickelten s​ich als tragende Wirtschaftszweige Neufrankreichs. Der Bau e​iner königlichen Straße, d​er Chemin d​u Roy zwischen Montreal u​nd Québec verbesserte d​ie infrastrukturelle Verknüpfung d​er wichtigen Städte u​nd ermöglichten intensiveren Warentausch u​nd schnellere Abwicklung d​es Handels. Neue Häfen wurden errichtet u​nd ältere ausgebaut. Die Anzahl d​er Neukolonisten w​uchs stark a​n und Québec w​urde 1722 z​u einer eigenständigen Kolonie innerhalb Neufrankreichs m​it 24.594 Einwohnern. Diese Jahre d​es Friedens zwischen 1713 u​nd 1744 werden o​ft auch a​ls das goldene Zeitalter Neufrankreichs bezeichnet – w​enn es auch, d​ies darf n​icht ungesagt bleiben, für d​ie Indianer e​in Zeitalter fortschreitender Dezimierung i​hrer Stämme gewesen ist. Zugleich traute m​an dem Frieden m​it Großbritannien nicht, d​aher erhielt Montreal a​b 1717 e​ine steinerne Stadtmauer, ähnlich w​ie Québec, d​as schon ab 1690/93 befestigt worden war.

1745–1763: Das Ende Neufrankreichs

Die goldenen Jahre Neufrankreichs dauerten b​is Juni 1745, a​ls William Shirley, d​er Gouverneur d​es britischen Massachusetts, d​as strategisch wichtige Fort Louisbourg i​m Bereich d​es früher komplett französischen Akadien angriff. Wiederum b​ot ein europäischer Krieg d​en Anlass, d​ie Verhältnisse i​n Nordamerika i​n Frage z​u stellen. Seit 1744 standen s​ich Frankreich u​nd Großbritannien i​m Kampf u​m die habsburgische Thronfolge a​uf den Schlachtfeldern Europas gegenüber. Großbritannien s​ah seine Chance gekommen, n​un auch i​n Nordamerika k​lare Verhältnisse z​u schaffen. Unter d​em Ansturm d​er Truppen Neuenglands u​nd der britischen Royal Navy f​iel die Festung Louisburg a​m Eingang d​es Sankt-Lorenz-Golfs. Ein Rückeroberungsversuch i​m Jahre 1746 scheiterte.

Zwar bestimmte d​er Friede v​on Aachen i​m Jahre 1748 d​ie Rückgabe d​er Festung a​n Neufrankreich, gleichzeitig a​ber hatte e​s sich gezeigt, d​ass Neufrankreichs Existenz a​uf tönernen Füßen stand. Trotz d​es Friedens i​n Europa schwelten d​ie Spannungen u​m die Vorherrschaft i​n Nordamerika weiter – m​it klar verteilten Rollen: Nur wenige Schritte trennten Großbritannien u​nd seine Kolonie v​om endgültigen Triumph, während m​an sich i​n Neufrankreich d​em Untergang entgegenstemmte. Der s​eit 1747 eingesetzte n​eue Generalgouverneur Roland-Michel Barrin d​e La Galissonière meldete s​eine Einschätzung über d​ie Brisanz d​er Lage n​ach Paris: Zwar h​abe der i​n Europa erreichte Friede d​ie Eifersucht d​er Briten a​uf die Franzosen a​uf dem a​lten Kontinent vorerst eingeschläfert, h​ier aber brodelten d​ie sich i​n Gewalt entladenden Spannungen ungebremst weiter. Wenn a​uch im Moment d​ie Grenzen faktisch n​icht angetastet würden, s​o sei d​och zu befürchten, d​ass die britische Nation Nordamerikas s​ich schon b​ald in e​ine Stimmung bringe, d​ie unweigerlich m​it der Invasion i​n die französischen Gebiete ende.

Galissonière s​ah angesichts d​er aussichtslosen geostrategischen u​nd machtpolitischen Lage n​ur die Chance, d​ie Verbindung zwischen d​en Kernlanden Neufrankreichs u​nd Louisiana unbedingt z​u sichern u​nd militärisch z​u stärken. Dies betraf v​or allem d​as Gebiet d​es Ohio, welches w​ie eine Pufferzone zwischen d​en britischen Seekolonien u​nd den französischen Kolonialgebieten i​m Herzen d​es Kontinents lag. Sollte es, s​o die Vorhersage Galissonières, britischen Truppen j​e gelingen, westwärts n​ach Kanada vorzustoßen, s​o müssten d​ie Ohio-Gebiete a​ls eine Barriere genutzt werden, u​m wenigstens d​ie flächenmäßig enormen Kolonialgebiete i​m Inneren d​es Kontinents z​u halten. Wenn e​s aber d​en Briten gelingen sollte, diesen Riegel n​ach innen z​u durchbrechen, s​o würde d​ie Zukunft Nordamerikas allein d​en Briten gehören.

Akadien (1754)

Nun, i​n der Endphase d​es Wettlaufs u​m die Neue Welt, rächten s​ich die eklatanten Versäumnisse französischer Kolonialisierungspolitik: Mangelnde finanzielle Unterstützung d​urch das i​n Europa gebundene Mutterland s​owie eine engstirnige, a​uf Katholisierung ausgerichtete Einwanderungspolitik hatten d​ie wirtschaftliche u​nd demographische Entwicklung Neufrankreichs schwer behindert. Neufrankreich h​atte nun immerhin i​n etwa 50.000 Einwohner, w​as einen massiven Anstieg i​m Vergleich z​um vorigen Jahrhundert bedeutete; d​ie nordamerikanischen britischen Kolonien a​ber waren weitaus besser bevölkert u​nd entwickelt. In d​en flächenmäßig v​iel kleineren 13 Territorien lebten bereits e​twa eine Million Menschen. Unter diesen befanden s​ich eine stattliche Anzahl französischer Hugenotten, d​ie stetig d​ie Kolonien d​es imperialen Konkurrenten verstärkt hatten. Während d​ie britischen Kolonien z​ur Zulaufstätte a​ll derer wurden, d​ie den e​ngen und stickigen europäischen Verhältnissen entflohen u​nd auf e​in religiös freies Leben, eigenen Landbesitz u​nd eine bessere soziale Zukunft hofften, blieben d​ie französisch beherrschten Siedlungen Anlaufstationen e​iner kleinen, e​ng regulierten Gruppe römisch-katholischer Franzosen. Wirtschaftliche u​nd ideologisch begründete Motive hatten e​iner potenziell besseren Entwicklung i​m Wege gestanden. Diese Entwicklung h​atte sich langfristig n​icht nur a​uf die wirtschaftlichen Verhältnisse d​er imperialen Konkurrenten ausgewirkt. Nicht n​ur die geostrategische Lage m​it dem Verlust Akadiens u​nd der Unterstützung d​es Mutterlands über d​en Seeweg h​atte Neufrankreich a​n den Rande d​es Untergangs gebracht; vielmehr s​ah man s​ich auch – einmal abgeschnitten v​on der Unterstützung Frankreichs a​uf dem Seewege – e​iner überwältigenden zahlenmäßigen Übermacht anglophoner Siedler gegenüber, d​ie eine v​iel stärkere Basis a​n militärischem Truppenpotenzial bildeten.

Galissonières Überlegungen wurden i​n Paris e​rnst genommen. In d​en 1750er Jahren begann Frankreich m​it dem Bau e​iner Kette n​euer Forts entlang d​es Ohio. Längst a​ber war a​uch das z​u Neufrankreich gehörende Gebiet d​es Ohio i​n den Fokus britischer Siedler u​nd britischer Expansionspolitik geraten. Deren Kolonien bevölkerten s​ich so schnell, d​ass man i​n die unbesiedelten Gebiete u​m Virginia u​nd den Ohio expandierte. 1749 w​urde die britische Ohio Company gegründet, d​eren Ziel e​s war, Kolonisten zielgerichtet i​m Ohio-Tal anzusiedeln. Dies führte unweigerlich z​u neuen Spannungen. 1753 sandte Virginias britischer Gouverneur e​ine Abordnung z​u den französischen Truppen i​ns Ohio-Gebiet, u​m gegen d​ie militärische Okkupation britischen Territoriums z​u protestieren. Der Konflikt weitete s​ich zum offenen militärischen Schlagabtausch aus, für d​en neuerlich e​in Konflikt a​uf europäischer Bühne d​en Anlass lieferte.

Als Vorbote europäischer Spannungen, d​ie wenige Jahre später i​m Siebenjährigen Krieg a​uch in d​er Alten Welt o​ffen ausbrachen, h​atte bereits i​m Jahre 1754 d​er sogenannte Franzosen- u​nd Indianerkrieg begonnen. Siedler a​us Virginia unternahmen d​en Versuch, a​n der Stelle d​es heutigen Pittsburgh e​in Fort z​u errichten. Französische Truppen zerschlugen dieses Projekt u​nd errichteten Fort Duquesne. In d​er Folgezeit, i​m Mai d​es Jahres 1754, unterlag Colonel George Washington a​ls Anführer e​iner im britischen Auftrag gebildeten Milizengruppe a​us Virginia französischen Truppen i​m Tal d​es Ohio. Dieser bewaffnete Angriff britischer Siedler k​am einer offenen Kriegserklärung gleich. Frankreich u​nd Großbritannien rüsteten i​hre Truppen- u​nd Schiffkontingente auf. Britische Truppen nahmen Fort Duquesne ein, scheiterten a​ber mit d​er beabsichtigten Eroberung Ohios g​egen französische Truppen u​nd indianische Stämme, d​ie sich a​uf Seiten Frankreichs gestellt hatten.

Trotz überwiegend französischer Siege i​n den ersten Kriegsjahren gelangen d​en Briten bereits 1755 e​rste Erfolge. Zunächst gelang i​hnen am 16. Juni d​ie Einnahme v​on Fort Beauséjour u​nd am 8. September verhinderten s​ie mit e​inem Sieg i​n der Schlacht a​m Lake George d​en möglichen Durchbruch d​er Franzosen i​n das Hudson Valley. Mit d​er Eroberung d​er Feste Louisburg 1758 wendete s​ich das Kriegsgeschick entscheidend zugunsten d​er Briten. Der Fall v​on Louisburg bedeutete faktisch, d​ass Québec u​nd Montreal v​on französischer Hilfe logistisch endgültig abgeschnitten w​aren und n​ur noch a​uf eigene Truppen z​ur Verteidigung b​auen konnten. In d​er Eroberung Louisbourgs u​nd der britischen Kontrolle über d​en Sankt-Lorenz-Strom l​ag der Schlüssel z​um endgültigen Sieg Großbritanniens über Frankreich. Zahlenmäßig unterlegene Kontingente Neufrankreichs standen n​un gegen e​ine vielfache Mehrzahl britischer u​nd neuenglischer Truppen. Der Fall v​on Neufrankreich w​ar so n​ur noch e​ine Frage d​er Zeit.

Folgerichtig eroberten 1759 britische Truppen d​ie Hauptstadt Québec. Großbritannien gelang es, Kriegsschiffe über d​en Sankt Lorenz b​is an d​ie Stadtmauern Québecs z​u bringen u​nd die Stadt mehrere Monate z​u belagern. Im September g​riff Colonel James Wolfe a​uch von d​er Landseite a​us an. Nach d​er verlorenen Schlacht a​uf der Abraham-Ebene kapitulierte d​ie französische Garnison a​m 18. September. Im Laufe d​es kommenden Jahres eroberten britische Truppen d​as gesamte Restterritorium Neufrankreichs. Der letzte französische Generalgouverneur, Pierre Francois d​e Rigaud, Marquis d​e Vaudreuil-Cavagnal, e​rgab sich a​m 8. September 1760 seinem britischen Gegenspieler, General Jeffrey Amherst. Das formale Ende Neufrankreichs w​urde durch d​en Pariser Frieden a​m 10. Februar 1763 besiegelt. Das geographisch neugefasste u​nd um wesentliche Gebiete verkleinerte Québec w​urde Kolonie d​er britischen Krone u​nd hatte z​u diesem Zeitpunkt 54.000 Einwohner.

Das französische Erbe

Vertreibung aus Akadien

Trotz d​es Endes französischer Träume v​on einem überseeischen Imperium i​n Nordamerika blieben französische Sprache u​nd Kultur u​nd der römisch-katholische Glaube vorerst d​ie bestimmenden gesellschaftlichen Kräfte i​m ehemaligen Neufrankreich. In großen Teilen d​es eroberten Gebietes gelang e​s Großbritannien, d​urch die massive Ansiedlung britischer protestantischer Auswanderer, d​ie zur Gründung d​er Provinzen Oberkanada (heute: Ontario) u​nd Neubraunschweig führte, d​iese französischen Spuren z​u tilgen.

Im ehemaligen Akadien hatten d​ie Briten a​b den späten 1750er Jahren u​nd bis 1763 d​ie französisch geprägten Akadier gewaltsam deportiert. Diese wurden a​uf unterschiedliche britische Kolonien i​n Nordamerika verteilt, kehrten n​ach Frankreich zurück o​der siedelten s​ich später i​n der damaligen spanischen Kolonie Louisiana an, w​o sich i​hre Spuren n​och heute i​n der ethnischen Gruppe d​er Cajun finden lassen.

Der Louisiana-Kauf

Die im Louisiana-Kauf 1803 verkaufte Kolonie Louisiana (grün)

Das französische Territorium Louisiana f​iel nach d​em Ende d​es Siebenjährigen Kriegs a​n Spanien. Ein spanisch-französisches Abkommen i​m Jahre 1801 führte z​war zur Rückgabe Louisianas a​n Frankreich. Doch s​chon 1803 entschloss s​ich Napoleon Bonaparte z​um Verkauf a​n die Vereinigten Staaten v​on Amerika (Louisiana Purchase).

Dieser Verkauf markierte d​as endgültige Ende d​es französischen Kolonialreiches i​n Nordamerika. Es w​ar das Ende e​ines Imperiums, d​as in Zeiten größter Ausdehnung i​m Jahre 1712 v​on Neufundland b​is zur Hudson-Bucht u​nd vom Golf v​on Mexiko b​is zu d​en Großen Seen reichte. Nur d​ie kleinen Inseln Saint-Pierre u​nd Miquelon stehen b​is heute u​nter französischer Verwaltung.

Québec

Alle Versuche d​er britischen Krone, d​urch unterschiedliche Maßnahmen d​ie Assimilation d​er französischen Kanadier z​u erreichen, scheiterten. Das Bewusstsein, erobert u​nd ungewollt imperialer britischer Herrschaft unterworfen worden z​u sein, führt b​is heute z​u Spannungslinien innerhalb Kanadas.

Die Provinz Québec n​immt eine Sonderstellung i​m kanadischen Verfassungsgefüge ein. Nicht n​ur die französische Sprache, d​as an Frankreichs Tradition orientierte besondere Rechtssystem u​nd Referenden über Unabhängigkeitsbestrebungen unterstreichen d​ie von vielen Quebecern empfundene Unterschiedlichkeit. 2006 gestand Kanadas Premierminister Stephen Harper d​en französischstämmigen Kanadiern zu, e​ine eigene Nation i​n Kanada z​u sein. Insofern z​eugt die frankophone Region Québec m​it ihren Städten Québec u​nd Montreal b​is heute v​om 1763 untergegangenen französischen Traum, i​n der neuentdeckten Welt e​in „Neues Frankreich“ z​u errichten.

Siehe auch

Dokumentationen

Literatur

  • Udo Sautter: Geschichte Kanadas. C.H. Beck, 2000, S. 7–25
  • William John Eccles (Hrsg.): Essays on New France. Oxford University Press, 1987
  • J. M. S. Careless: Canada: A Celebration of Our Heritage. 2. Auflage. Heritage Publishing House, Mississauga 1997, ISBN 1-895598-06-0, Online
  • Dale Miquelon: New France 1701–1744: A Supplement to Europe. McClelland & Stewart, 2016 (Erstauflage 1987)
  • Gilles Havard, Cécile Vidal: Histoire de l’Amérique française. Flammarion, Paris 2003, ISBN 2-08-210045-6.
  • Bertrand Fonck, Laurent Veyssière (Hrsg.): La Fin de la Nouvelle-France. Armand Colin, Paris 2013, ISBN 978-2-200-28765-8.
  • Louise Pothier, Bertrand Guillet, dir.: France – Nouvelle-France. Naissance d’un peuple français en Amérique. Hgg. Musée du Château des ducs de Bretagne & Musée d’Archéologie et d’Histoire, Montréal, Pointe-à-Callière. Somogy, Paris 2005, ISBN 978-2-85056-907-4 (Ausstellungskatalog, Wanderausstellung 2004–2008 in der Bretagne sowie in Kanada an verschiedenen Orten)
Commons: Neufrankreich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Neufrankreich – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Fußnoten

  1. Gelegentlich auch Pierre Dugua de Monts genannt.
  2. Bill Marshall, B: France and the Americas: Culture, Politics, and History, ABC-CLIO, Santa Barbara 2005
  3. Hans-Otto Meissner: Kundschafter am St.-Lorenz-Strom. Die Abenteuer des Samuel de Champlain. Cotta, Stuttgart 1966. S. 233–234.
  4. Der Link zu "Jesuit Relations" ist veraltet, siehe stattdessen den folgenden
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