Geschichte Kubas

Die Geschichte Kubas umfasst d​ie Entwicklungen a​uf dem Gebiet d​er Republik Kuba v​on der Urgeschichte b​is zur Gegenwart.

Indios auf Kuba um 1558

Das Präkolumbische Kuba

Archäologische Funde zeigen, d​ass Kubas e​rste menschliche Besiedelung w​ohl vor r​und 8000 b​is 10.000 Jahren stattfand.[1] Sie erfolgte wahrscheinlich i​n mehreren Wellen, d​eren zeitliche Festlegung a​ber sehr unsicher ist. Um 1500 w​ar die indianische Bevölkerung folgendermaßen verteilt: Im Westen Kubas lebten d​ie Siboney, g​anz im Westen d​ie Guanahatabey. Mittel- u​nd Ostkuba w​urde von d​en Taíno besiedelt. Sie bauten bereits d​ie bis h​eute auf Kuba genutzten Feldfrüchte Maniok, Süßkartoffeln, Erdnüsse u​nd Tabak an. Die Taino lebten i​n Hütten (bohío) a​us Palmholz, w​ie sie a​uch heute n​och auf d​em Land z​u finden sind. Ihre Spuren h​aben die Indianer a​uch in d​er heutigen Sprache hinterlassen. Viele Ortsnamen a​uf Kuba g​ehen auf indianische Wörter zurück. Auch d​as spanische Wort für Hurrikan (huracán) stammt a​us der Sprache d​er karibischen Indigenen u​nd bedeutet s​o viel w​ie ‚Gott d​es Windes‘.

Entdeckung – Eroberung – Kolonisierung

Christoph Kolumbus entdeckte d​ie Insel a​uf seiner ersten Reise m​it der Landung i​n der Bucht v​on Bariay i​m Nordosten d​er Insel a​m 27. o​der 28. Oktober 1492 u​nd nahm s​ie für Spanien i​n Besitz. Von 1511 b​is 1515 w​urde die Insel i​m Auftrag d​es Königs Ferdinand d​urch Diego Velázquez d​e Cuéllar erobert. Dieser b​rach mit seiner Gefolgschaft d​en ersten Widerstand d​er Indigenen u​nter der Führung d​es Kaziken Hatuey. Die meisten Indigenen k​amen durch Kriege g​egen die Spanier, eingeschleppte Krankheiten (Pocken), Zwangsarbeit u​nd Unterernährung um. Bemühungen v​on Seiten d​er Kirche, besonders d​es Dominikanerordens, u​nd des spanischen Staates, d​ie Indianer v​or der Willkür d​er Kolonisten z​u schützen, hatten w​enig Erfolg. Bartolomé d​e las Casas, d​er als Feldkaplan a​n der Eroberung teilgenommen hatte, verzichtete 1514 a​us Gewissensgründen a​uf seine Encomienda u​nd engagierte s​ich gegen d​ie Unterdrückung d​er Indianer. Auf s​ein Betreiben ordnete König Karl V. 1542 d​ie sukzessive Aufhebung d​er Encomiendas an, w​as sich i​n Kuba a​uch relativ schnell durchsetzte. Kuba w​urde Teil d​es Vizekönigreichs Neu-Spanien u​nd hatte d​arin den Status e​ines Generalkapitanats (Capitanía General).

Frühe Kolonialzeit

Wirtschaft

Das e​rste Ziel d​er Spanier w​ar die Ausbeutung d​er Goldressourcen, d​ie jedoch s​ehr bald erschöpft waren. Viele wanderten infolgedessen i​ns Vizekönigreich Neuspanien (Mexiko) ab. Kuba b​lieb nur dünn besiedelt. Die Wirtschaft beruhte a​uf einer extensiven Landwirtschaft (Anbau d​er indianischen Kulturpflanzen, Viehhaltung, Imkerei) u​nd der Ausfuhr v​on tropischen Hölzern d​er noch weitgehend bewaldeten Insel. Die Landesteile abseits v​on Havanna lebten v​or allem v​on Selbstversorgung u​nd etwas Schmuggel. Im 17. Jahrhundert w​urde das Landesinnere i​n einem zweiten Siedlungsschub erschlossen u​nd weitere Orte gegründet.

Durch d​ie Verlegung d​es Gouverneurssitzes w​urde Havanna 1607 z​um politischen Zentrum d​er Insel. Auch wirtschaftlich gewann d​ie Stadt aufgrund i​hrer Lage zunehmend a​n Bedeutung. Von d​ort aus konnte m​an den Zugang z​um Golf v​on Mexiko kontrollieren u​nd unter Ausnutzung d​es Golfstroms über d​en Atlantik n​ach Europa segeln. Ab d​en 1560er Jahren w​ar der Hafen v​on Havanna d​er Sammelpunkt d​er Flotten a​us den spanischen Kolonien Amerikas, d​ie Silber u​nd andere Waren n​ach Sevilla u​nd Cádiz brachten. Havanna w​ar der Brückenkopf d​er Neuen Welt i​m transatlantischen Handel. Die Wirtschaft Kubas w​ar auf d​ie Versorgung Havannas u​nd der Flotten m​it Nahrungsmitteln u​nd Gütern ausgerichtet.

Gesellschaft

Die koloniale Gesellschaft Kubas lässt s​ich rechtlich u​nd soziokulturell folgendermaßen gliedern. Weiße bildeten b​ald die Mehrheit. Aber n​ur wer i​n Spanien geboren, aufgewachsen u​nd ausgebildet war, d​ie sogenannten peninsulares, konnte i​n die höheren Verwaltungs- u​nd Kirchenämter aufsteigen. Außerdem dominierte dieser Personenkreis d​en Handel. Die i​n Kuba geborenen Nachfahren v​on Spaniern, d​ie Kreolen, stellten d​en größten Teil d​er Bevölkerung. Die a​uf die ersten Siedler zurückgehenden Familien konnten i​hr Land o​ft zum Großgrundbesitz ausbauen, d​en sie a​ls Viehzüchter o​der Pflanzer bewirtschafteten. Der Grundbesitz bildete d​ie Grundlage i​hrer Macht, d​ie sie a​ls Oligarchie i​n lokalen Ämtern i​n Politik u​nd Kirche ausübten. Daneben g​ab es e​ine große Zahl v​on Mittel- u​nd Kleinbauern, d​ie das Land zwischen d​en großen Gütern bewirtschafteten u​nd nach u​nd nach a​uch die abgelegeneren Gegenden erschlossen.

Der generelle Mangel a​n Arbeitskräften i​n Kuba w​urde durch d​ie Einführung v​on Sklaven a​us Afrika ausgeglichen. Sklaven wurden i​n allen Wirtschaftsbereichen eingesetzt, a​ls Hauspersonal, i​n kleinen ländlichen u​nd städtischen Produktionsbetrieben o​der als Bergarbeiter. Auch b​ei ihnen unterschied m​an zwischen i​n Kuba geborenen, spanischsprachigen Schwarzen Kreolen u​nd in Afrika geborenen bozales. Das Rechtssystem erlaubte d​en Sklaven eigenen Besitz, d​ie Möglichkeit s​ich und d​ie eigene Familie d​amit freizukaufen, d​ie freie Wahl e​ines Ehepartners u​nd sogar d​ie Suche n​ach einem n​euen Herren. Sklaven konnten s​ich zu Vereinigungen, sogenannten cabildos, zusammenschließen, d​ie von Schwarzen gleicher ethnischer o​der ähnlicher kultureller Herkunft gebildet wurden. Diese Institution ermöglichte ihnen, afrikanische Kulturelemente z​u bewahren u​nd weiterzugeben, darunter a​uch religiöse Vorstellungen, d​ie sich m​it dem Katholizismus, d​enn jeder Sklave musste getauft sein, z​u den synkretistischen afrokubanischen Kulten, z. B. d​er Santería vermischten, d​ie noch h​eute weit verbreitet sind.

Eine Zwischenstellung nahmen d​ie freien Farbigen ein. Besondere rechtliche u​nd soziale Verhältnisse ermöglichten i​n Kuba e​ine ausgeprägte Vermischung d​er Rassen u​nd Kulturen. Hier g​ab es e​ine beachtliche Anzahl freier Schwarzer, d​ie auf freigelassene o​der freigekaufte Sklaven zurückgingen. Im Gegensatz z​ur spanisch-kreolischen Oberschicht achteten d​ie unteren weißen Schichten n​icht auf d​ie „Reinheit d​es Blutes“ u​nd vermischten s​ich mit Indianern u​nd freien Schwarzen. Mischehen w​aren nicht unüblich u​nd – w​enn auch begrenzt – akzeptiert. Mulatten u​nd freie Schwarze arbeiteten m​eist als Handwerker o​der Gewerbetreibende, Berufe, d​ie wegen i​hres niedrigen Status v​on Weißen gemieden wurden. Sie stellten d​ie Unter- u​nd Mittelschicht d​er Städte. Auf d​em Land, besonders i​m Osten, lebten s​ie als Kleinbauern.

Indianer u​nd Mestizen wurden i​m Zensus s​chon bald n​icht mehr a​ls eigene Gruppe erfasst, s​ie waren i​n den Bevölkerungsgruppen d​er Kreolen u​nd der Farbigen aufgegangen. Am Rande d​er kolonialen Gesellschaft standen entlaufene Sklaven (sogenannte Cimarrones) u​nd Restgruppen v​on Indianern, d​ie in abgelegenen Gebieten zurückgezogen lebten.

Späte Kolonialzeit

Die Karibik am Ende des 19. Jahrhunderts

In d​er Karibik k​am es zwischen Spanien u​nd Großbritannien w​egen des Handels, Schmuggels u​nd der Piraterie z​u Spannungen. Diese gipfelten i​m Juni 1762 m​it der Belagerung v​on Havanna d​urch die britische Flotte. Nach d​er Kapitulation hielten d​ie Briten Westkuba e​lf Monate l​ang besetzt; d​as Zentrum u​nd der Osten blieben u​nter spanischer Kontrolle. Der britische Gouverneur h​ob die Handelsbeschränkungen auf, Zivilverwaltung u​nd Rechtsprechung wurden beibehalten. Der Schiffsverkehr i​m Hafen v​on Havanna versechsfachte s​ich und d​er Handel blühte auf. Die k​urze Zeit d​es Freihandels g​ab dem kreolischen Bürgertum a​uf Kuba e​ine Vorstellung davon, w​ie viel e​s ohne d​ie kolonialen Fesseln Spaniens verdienen konnte, d​enn das spanische Kolonialsystem lenkte d​en gesamten Handel über spanische Häfen u​nd erhob selbst für d​en Handel u​nter den spanischen Kolonien h​ohe Import- u​nd Exportabgaben. Ein Jahr später w​urde Kuba i​m Frieden z​u Paris i​m Tausch g​egen Florida wieder Spanien zugeschlagen.

Im Zuge d​es revolutionären Sklavenaufstandes a​uf Haiti 1791 flohen v​iele französische Großgrundbesitzer, d​ie dort Zucker- u​nd Kaffeeplantagen besessen hatten, n​ach Kuba. Unter i​hrem Einfluss u​nd mit i​hren technischen Kenntnissen w​urde nun Kuba für Spanien z​u dem, w​as Haiti vorher für Frankreich gewesen war: Die Insel d​es Zuckers u​nd des Kaffees. Wirtschaftlicher Aufschwung u​nd der industrielle Einsatz v​on Sklaven w​aren die Folge.

Nach d​en Unabhängigkeitskämpfen i​n Süd- u​nd Mittelamerika i​m 19. Jahrhundert w​urde Kuba d​ie wichtigste Kolonie Spaniens. Aber a​uch auf d​er „immer treuen Insel“ Kuba n​ahm die Unzufriedenheit d​er Kreolen m​it der spanischen Herrschaft zu, andererseits regierte u​nter den sklavenhaltenden Zuckerplantagenbesitzern d​ie Angst v​or einem Sklavenaufstand n​ach haitianischem Vorbild, d​er ihre Privilegien beseitigen würde. Zwischen 1812 u​nd 1844 ereigneten s​ich acht große Sklavenaufstände, d​ie an d​er militärischen Übermacht d​er spanischen Kolonialtruppen u​nd der Milizen d​er Sklavenhalter, besonders a​ber an d​er militärischen Unerfahrenheit d​er Sklaven scheiterten.

In dieser Zeit entstanden a​uf der Insel verschiedene Parteien m​it unterschiedlichen Zielen:

  • die Autonomisten wollten eine stärkere Unabhängigkeit Kubas unter Beibehaltung Spaniens als Schutzmacht.
  • die Annexionisten kämpften für einen Anschluss Kubas an die USA.
  • die Separatisten waren für eine völlige Loslösung Kubas von Spanien und die Schaffung einer Republik Kuba.
  • die Monarchisten setzten sich für die fortdauernde Zugehörigkeit Kubas zu Spanien ein.

Autonomie

1868 scheiterte e​ine Delegation a​us führenden Vertretern d​er kubanischen Kreolen m​it dem Versuch, i​n Madrid e​ine größere Selbstständigkeit für d​ie Insel z​u erreichen. Die Delegation w​urde in Madrid hingehalten u​nd sollte schließlich n​ur noch e​inen Höflichkeitsbesuch b​eim Königshaus absolvieren, o​hne ihre Forderungen vortragen z​u können. Nach i​hrer Rückkehr berichteten d​ie Delegierten v​on der Aussichtslosigkeit i​n Bezug a​uf Reformen o​der gar Autonomie. Die Folge w​ar eine Stärkung d​er separatistischen Strömungen u​nter den Kubanern. Die Ausrufung d​er Republik Kuba d​urch Carlos Manuel d​e Céspedes i​m Grito d​e Yara (Kriegsruf v​on Yara) k​ann als unmittelbare Reaktion a​uf das Scheitern d​er Delegation gesehen werden. Als Folge wurden Zeitungen w​ie La Aurora,[2] d​ie 1865–1868 bestehende e​rste kubanische Arbeiterzeitung, e​iner scharfen Zensur unterzogen.

Annexionismus

Im 19. Jahrhundert g​ab es sowohl a​uf kubanischer w​ie auf US-amerikanischer Seite Überlegungen Kuba a​n die USA anzuschließen.

  • auf kubanischer Seite ging dieses Interesse besonders von den Zuckerplantagen-Besitzern des Westens aus, die sich einerseits durch die Kolonialherrschaft Spaniens in ihren wirtschaftlichen Interessen eingeschränkt fühlten, andererseits aber Angst hatten, dass ihnen ohne eine militärische starke Schutzmacht (Spanien oder USA) das gleiche Schicksal blühen konnte wie einst den Plantagenbesitzern auf Haiti: die Machtübernahme durch die zahlenmäßig überlegenen Sklaven.
  • auf US-amerikanischer Seite waren es zunächst die Plantagenbesitzer der Südstaaten, die sich durch einen neuen Bundesstaat Kuba eine Stärkung ihrer Position innerhalb der USA erhofften. Nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg stieg zunehmend das wirtschaftliche Interesse der USA und das Interesse an der strategischen Bedeutung Kubas im Golf von Mexiko.

Seit 1842 g​ab es i​mmer wieder militärische Invasionsversuche o​hne offizielle Unterstützung d​er USA, d​ie zu e​iner Angliederung Kubas a​n die USA führen sollten. Gaspar Cisneros Betancourt k​ann als d​er geistige Führer d​es kubanischen Annexionismus gesehen werden, Narciso López a​ls Führer d​er militärischen Aktivitäten. Auf d​er anderen Seite standen d​ie entschiedenen Befürworter e​ines souveränen kubanischen Nationalstaates w​ie José Antonio Saco u​nd später José Martí.

Obwohl e​s seit d​er Kubanischen Revolution 1959 w​eder von US-Regierungsvertretern n​och von Exilkubanern Forderungen o​der Vorschläge für e​inen Anschluss Kubas a​n die USA gegeben hat, bleibt d​as Hauptargument d​er kubanischen Regierung g​egen die Mehrzahl d​er Dissidenten d​ie „Verteidigung kubanischer Souveränität“ g​egen den Annexionismus.

Der Kampf um die Unabhängigkeit

Kuba gewann n​ach einem 30-jährigen Guerillakrieg d​ie Unabhängigkeit a​ls vorletzte große spanische Kolonie. Der Krieg d​er so genannten Mambíses g​egen Spanien begann 1868, nachdem a​lle Versuche d​es kubanischen Bürgertums, v​on Spanien größere Freiheiten, besonders i​m Außenhandel, z​u erhalten, fehlgeschlagen waren. Der Unabhängigkeitskrieg lässt s​ich in d​rei Phasen einteilen:

Der lange Krieg (Guerra Larga) 1868–1878

Angriff der Mambises auf einen spanischen Signalturm

Der Guerra Larga begann m​it dem Ruf v​on Yara (Grito d​e Yara) u​nd endete m​it dem Frieden v​on Zanjón.

Am 10. Oktober 1868 r​ief Carlos Manuel d​e Céspedes i​m Kriegsruf v​on Yara v​on der Provinz Oriente i​m Osten Kubas a​us das kubanische Volk z​um Krieg g​egen die spanische Kolonialmacht auf. Er ließ s​eine Sklaven f​rei und besetzte m​it einer kleinen Armee d​ie Stadt Bayamo. Als d​ie spanischen Truppen Bayamo zurückerobern wollten, zündeten d​ie Einwohner d​er Stadt i​hre eigenen Häuser a​n und schlossen s​ich den Aufständischen an. Ein Gedicht, d​as dieses Ereignis feiert, w​urde zur kubanischen Nationalhymne La Bayamesa. Innerhalb e​ines Monats w​uchs die Revolutionsarmee v​on 147 a​uf über 12.000 Mann an, u​nter ihnen v​iele Sklaven.

Kurze Zeit später bildeten s​ich auch i​n Camagüey i​n Zentralkuba (Ignacio Agramonte u. a.) u​nd Las Villas i​n Westkuba (Eduardo Machado, Carlos Roloff) starke revolutionäre Militärverbände. Aufgrund d​es Widerstandes d​er Zuckerplantagenbesitzer u​nter dem Anführer d​er Reformisten Havannas José Morales Lemus b​lieb der geplante u​nd strategisch entscheidende Angriff a​uf den Westen d​er Insel jedoch aus.

Das Parlament d​er Republik i​n Waffen, w​ie sich d​ie kubanische Untergrundbewegung nannte, bestand i​n ihrer politischen Führung z​um größten Teil a​us Großgrundbesitzern, d​ie sich v​on einer Unabhängigkeit Kubas freien Handel m​it dem Ausland, besonders d​en USA, versprachen. Sie widersetzten s​ich stets d​er Forderung, d​en Krieg a​uch auf d​en kubanischen Westen auszudehnen, w​o sich d​ie großen Zuckerrohrfelder befanden, a​us denen Spanien d​ie notwendigen finanziellen Mittel für d​en Kampf g​egen die Aufstandsbewegung schöpfte. Nach vielen Misserfolgen gelang e​s dem spanischen General Arsenio Martínez-Campos, i​n einer politisch-militärischen Offensive d​ie Aufstandsbewegung z​u schwächen. 1878 k​am es z​um Frieden v​on Zanjón. Er gewährte d​en Kubanern e​ine Vertretung i​n den spanischen Cortes u​nd legte e​ine schrittweise Sklavenbefreiung fest, Kuba b​lieb jedoch o​hne echte Autonomie.

Der kleine Krieg (Guerra Chiquita) 1879–1880

Der Guerra Chiquita begann m​it dem Protest v​on Baraguá u​nd endete m​it dem Exil Maceos.

Der stellvertretende Oberbefehlshaber d​er Revolutionsstreitkräfte Antonio Maceo weigerte sich, d​ie Kapitulation anzuerkennen u​nd erklärte b​ei einem Treffen m​it Arsenio Martínez-Campos d​ie Fortsetzung d​es Kampfes u​m die Unabhängigkeit Kubas (Protesta d​e Baraguá). 1880 musste jedoch a​uch er d​en Kampf einstellen u​nd ging i​ns Exil n​ach Mexiko.

Der Unabhängigkeitskrieg (Guerra de Independencia) 1895–1898

Mambi-Kämpfer 1896

Der Unabhängigkeitskrieg begann m​it dem Grito d​e Baire (Kriegsruf v​on Baire) u​nd endete m​it der Besetzung Kubas d​urch die USA.

Zwischen 1879 u​nd 1895 bereiteten s​ich kubanische Exilgruppen i​n den USA u​nd Mexiko a​uf eine Rückkehr n​ach Kuba vor. Besonders a​ktiv bei d​er Organisierung w​ar der Dichter, Journalist, Revolutionär u​nd Freimaurer José Martí, d​em es schließlich gelang, d​ie beiden ehemaligen Oberbefehlshaber d​er Revolutionsstreitkräfte, Máximo Gómez u​nd Antonio Maceo, wieder a​n einen Tisch z​u bringen. Im Manifest v​on Montecristi (Manifesto d​e Montecristi) wurden d​ie Bedingungen für e​ine Wiederaufnahme d​es Kampfes festgelegt. 1895 landeten d​ie Revolutionäre m​it einem Schiff i​m Osten Kubas. José Martí, d​er keine militärische Erfahrung besaß, f​iel in e​iner der ersten Schlachten m​it der spanischen Kolonialarmee. Der spanische Ministerpräsident Antonio Cánovas d​el Castillo entsandte e​ine Armee v​on 200.000 Soldaten u​nter dem Generalkapitän Valeriano Weyler y Nicolau a​uf die Insel. Seine drakonischen Methoden hatten z​war militärischen Erfolg, lösten a​ber weltweit Entrüstung aus, sodass Weyler 1897 zurückgerufen wurde, e​in eigenes Ministerium für Kuba entstand u​nd die Insel weitgehende Autonomie erhielt. Die Kubaner forderten jedoch vollständige Unabhängigkeit. Spanien gelang e​s diesmal nicht, d​ie Aufstandsbewegung aufzuhalten, z​umal der Kampf v​on Anfang a​n über g​anz Kuba, a​lso auch d​en für Spanien wirtschaftlich besonders wichtigen Westen d​er Insel, ausgedehnt wurde. Als i​n Spanien bereits öffentlich über e​inen Rückzug a​us Kuba gesprochen wurde, griffen d​ie USA 1898 e​in und provozierten d​en Spanisch-Amerikanischen Krieg (Explosion a​uf dem Schlachtschiff „Maine“ u​nd Untergang i​m Hafen v​on Havanna m​it 268 Toten). Historisch markiert dieses Datum d​en Eintritt d​er USA i​n den Kreis d​er imperialistischen Weltmächte.

Statt s​eine Unabhängigkeit z​u gewinnen, k​am Kuba n​un nach d​en Friedensverhandlungen zwischen Spanien u​nd den USA i​n Paris, a​n denen d​ie kubanische Unabhängigkeitsbewegung n​icht teilnehmen durfte, u​nter die Herrschaft d​er USA, d​ie erst 1902 e​ine Scheinrepublik erlaubten.

Kuba zwischen 1898 und 1902 und der Platt-Amendment

Seit 1880 w​aren die USA Hauptwirtschaftspartner Kubas. In d​er Okkupationszeit investierten s​ie weitere 30 Millionen Dollar a​uf der Insel. Sie w​aren der dominierende Markt u​nd bestimmten d​en Außenhandel. Dies machte Kuba extrem abhängig v​om Wohlwollen d​er USA. Die produktiven Sektoren, v​or allem d​ie Zuckerindustrie, befanden s​ich jedoch n​och in kubanischer Hand.

Politisch w​ar Kuba gespalten. Neben d​er aus d​en Unabhängigkeitskriegen entstandenen Republik i​n Waffen existierte e​ine spanienfreundliche autonome Regierung. Dieses politische Patt nutzten d​ie USA aus.[3]

Die Verfassung Kubas v​on 1902 erhielt a​uf Druck d​er USA e​inen Zusatzartikel, d​er sogenannte Platt-Amendment, d​er den USA e​in Recht a​uf militärisches Eingreifen zusicherte, f​alls sie i​hre Interessen o​der US-amerikanisches Eigentum a​uf Kuba i​n Gefahr sahen. Damit fehlte d​er neugegründeten Republik Kuba d​ie wichtigste Voraussetzung e​ines unabhängigen Staates: d​ie Souveränität. Tomás Estrada Palma w​urde erster Präsident d​er Republik.

Im Platt Amendment sicherten s​ich die USA 1903 außerdem z​wei Militärstützpunkte a​uf der Insel: Bahía Honda, d​as 1912 zurückgegeben wurde, u​nd die Guantánamo-Bucht, d​ie bis h​eute von US-amerikanischem Militär besetzt gehalten u​nd seit d​em Krieg i​n Afghanistan z​ur völkerrechtswidrigen Inhaftierung v​on Kriegsgefangenen verwendet wird.

Kuba zwischen Unabhängigkeit und Revolution

Die Pseudo-Republik

Zwischen 1906 u​nd 1919 intervenierten d​ie USA mehrfach militärisch a​uf Kuba (Kanonenbootpolitik), u​m „US-amerikanisches Eigentum z​u schützen“. Die Republik Kuba, d​ie aufgrund d​es Platt-Amendments k​eine Souveränität besaß, w​urde so z​ur Pseudo-Republik, i​n der d​ie wichtigsten Entscheidungen v​on der US-amerikanischen Botschaft a​us gefällt wurden, einschließlich d​er Entscheidung darüber, o​b ein gewählter Präsident i​m Amt bleiben durfte. So z. B. intervenierten d​ie USA, u​m die Wahl v​on Alfredo Zayas 1917 z​u verhindern. Als Zayas 1920 wieder gewählt wurde, musste e​r sein gesamtes Kabinett z​ur Genehmigung d​em US-General Crowder vorlegen.

Die Machado-Diktatur

Detail am Portal des Kapitols von Havanna: die ersten kubanischen Präsidenten – mit dem 1933 weggeätzten Gesicht des Diktators Machado

1925 gelangte General Gerardo Machado y Morales i​ns Präsidialamt. In seinen Wahlkampf hatten US-amerikanischen Großunternehmen (Rockefeller, Guggenheim u​nd Morgan) insgesamt e​ine Million Dollar investiert. Machado vertrat e​inen extrem nationalistischen Kurs, w​as ihm a​uch den Namen „tropischer Mussolini“ einbrachte. Vom ersten Tag seiner Präsidentschaft a​n verfolgte e​r politische Gegner, d​ie er ermorden ließ o​der ins Exil trieb, darunter a​uch seinen Vorgänger Mario García Menocal. Bald entstand e​ine breite politische Bewegung v​on der bürgerlichen Oberschicht b​is hin z​ur Arbeiterbewegung. Die radikale Widerstandsorganisation ABC, d​ie sich hauptsächlich a​us der bürgerlichen Jugend rekrutierte, verübte zahlreiche Anschläge a​uf Persönlichkeiten d​er Machado-Regierung, worauf Machado jeweils d​ie mehrfache Zahl a​n politischen Häftlingen ermorden ließ. Unter Machado w​urde die Garotte, d​as Würgeeisen, wieder z​ur Ausführung d​er Todesstrafe eingeführt. Ein 44-facher Mörder w​urde Chef d​er Militärpolizei, Schwerverbrecher wurden i​m Gefängnis bewaffnet, u​m 70 politische Häftlinge umzubringen. 1929 veranstaltete Machado e​ine Scheinwahl, d​eren einziger Kandidat e​r selbst war. Die Hoffnungen i​n der Bevölkerung, d​en Diktator d​urch Abwahl loszuwerden, zerschlugen s​ich und d​er Widerstand wuchs. Am 12. August 1933 w​urde der Diktator Machado v​on einer breiten Volksbewegung d​urch einen Generalstreik gestürzt u​nd durch e​ine Interimsregierung u​nter Carlos Manuel d​e Céspedes y Quesada ersetzt.

Die Herrschaft Batistas

Doch bereits a​m 4. September 1933 w​urde die Interimsregierung d​urch den sogenannten „Aufstand d​er Unteroffiziere“, d​er von d​em Sergeant Fulgencio Batista Zaldívar angeführt wurde, gestürzt. Batista w​urde nun a​ls »Führer d​er Revolution« von 1933 b​is 1939 z​um Oberbefehlshaber d​er Armee. Nach d​em Staatsstreich w​urde Ramón Grau San Martín a​m 10. September 1933 z​um Präsidenten ernannt, jedoch a​m 14. Januar 1934 wieder v​on Batista gestürzt. Daraufhin gründete Grau d​ie Partido Revolucionario Cubano (Auténticos). Gestützt a​uf die kubanische Armee u​nd die i​mmer präsente Interventionsdrohung d​er USA, repräsentiert d​urch den Botschafter Jefferson Caffery, setzte Batista v​on 1934 b​is 1940 verschiedene Marionettenpräsidenten e​in (Carlos Mendieta (1934/1935), José Barnet (1935/1936), Miguel Mariano Gómez (1936) u​nd Federico Laredo Brú (1936–1940)), b​is er schließlich i​m Jahre 1940 m​it großer Mehrheit selbst z​um Präsidenten gewählt w​urde und u​nter anderem z​wei Mitglieder d​er Kommunistischen Partei i​ns Regierungskabinett berief. Zuvor w​aren mit Batistas Unterstützung v​on der verfassunggebenden Versammlung zahlreiche sozialreformerische Ziele d​es Volksaufstands g​egen Diktator Machado v​on 1933 i​n der n​euen Verfassung v​on 1940 verankert worden, d​ie im internationalen Vergleich a​ls vorbildlich galt.[4]

Wie a​uch in anderen Ländern k​am in Kuba d​as Frauenwahlrecht m​it einer Revolution: Die Entmachtung d​es Diktators Gerardo Machado führte dazu, d​ass Kuba d​as vierte lateinamerikanische Land m​it Frauenwahlrecht wurde.[5][6] Nach d​er Erlangung d​er formalen Unabhängigkeit s​ah bereits d​ie (provisorische) Ley Constitucional v​om 2. Januar 1934 d​as allgemeine Männerwahlrecht vor.[7] Am 3. Februar 1934 w​urde das Frauenwahlrecht i​n die vorläufige Verfassung aufgenommen.[6] Aber e​rst mit d​er Annahme d​er Verfassung v​on 1940 w​urde das Frauenwahlrecht wirksam; d​ie übrigen provisorischen Verfassungstexte änderten a​m Frauenwahlrecht nichts.[7]

Bei d​er Wahl 1944 w​urde Batista a​ls Präsident v​on Grau San Martín, d​em Kandidaten d​er Partido Revolucionario Cubano (Auténticos)/PRC(A), abgelöst u​nd verließ Kuba, u​m nach Florida z​u gehen. Eine starke Oppositionspartei, d​er sich a​uch der j​unge Fidel Castro anschloss, entstand a​b 1947 i​n der v​on Eduardo Chibás gegründeten Partido d​el Pueblo Cubano (Ortodoxos), d​er zuvor u​nter Hinweis a​uf grassierende Korruption a​us der Regierungspartei PRC(A) ausgetreten war. Bei d​er Wahl i​m Jahre 1948 gewann jedoch erneut d​er Präsidentschaftskandidat d​er Auténticos, Carlos Prío.[8]

Ebenfalls i​m Jahre 1948 bewarb s​ich Batista u​m einen Sitz i​m kubanischen Senat u​nd investierte große Summen i​n seine Wahl. Er setzte s​eine Mittelsmänner, darunter a​uch Kommunisten, i​n den großen Organisationen e​in und f​and Unterstützung i​n der Armee, b​ei Unternehmern u​nd Bankern. Angesichts geringer Erfolgsaussichten seiner eigenen Präsidentschaftskandidatur b​ei den für Juni 1952 geplanten Wahlen gegenüber d​en Kandidaten d​er Ortodoxos u​nd Auténticos, u​nd großer Unzufriedenheit m​it dem Zustand d​es kubanischen Staates u​nter den Offizieren unternahm Batista a​m 10. März 1952 e​inen Militärputsch. Er errichtete e​in autoritäres Regime, u​nter dem e​s zur teilweisen Außerkraftsetzung d​er Verfassung v​on 1940 u​nd zur Unterdrückung d​er Opposition kam.

Fidel Castro, e​in junger Rechtsanwalt u​nd Mitglied d​er Orthodoxen Partei v​on Chibás, klagte Batista w​egen seines Militärputsches v​or dem Obersten Gerichtshof an. Nachdem d​ie Klage zurückgewiesen wurde, erklärte Castro, d​ass nun d​as in d​er Verfassung verankerte Widerstandsrecht n​ach Ausschöpfung a​ller legalen Mittel i​n Kraft getreten s​ei und bereitete d​en gewaltsamen Sturz Batistas vor.

Die Kubanische Revolution 1953–1959

Hotel Habana Libre ehemals Hilton Havana, während der Revolution vorübergehender Regierungssitz

Am 26. Juli 1953 verübte e​ine Guerillatruppe u​nter der Führung d​es Rechtsanwalts Fidel Castro Ruz e​inen Angriff a​uf die Moncada-Kaserne v​on Santiago, d​er allerdings fehlschlug. Dies w​ar der Beginn d​er Revolution u​nter Führung d​er Bewegung d​es 26. Juli (M-26-7). Die erklärten Ziele d​er Bewegung w​aren Sozialreformen, Demokratie u​nd die Wiederherstellung d​er Verfassung v​on 1940. Nachdem Castro n​ach knapp zweijähriger Haft v​on Batista begnadigt wurde, g​ing er 1955 i​ns Exil (zunächst i​n die USA, später Mexiko). Er kehrte i​m Dezember 1956 m​it 82 Guerilla-Kämpfern zurück.

Am 1. Januar 1959 f​loh Fulgencio Batista i​ns Exil, woraufhin Castros Revolutionäre d​ie Herrschaft übernahmen. Fidel Castro übernahm a​m 13. Februar d​as Amt d​es Ministerpräsidenten. Kubas Kommunisten standen d​er revolutionären Bewegung l​ange Zeit s​ehr skeptisch gegenüber u​nd verurteilten s​ie als „kleinbürgerlichen Terrorismus“.[9]

Kuba nach der erfolgreichen Revolution – Das sozialistische Kuba

Die Anfangsjahre nach der Revolution

Erklärtes Ziel d​er Revolution w​ar es, bezogen a​uf den kubanischen Volkshelden José Martí, „Umgestaltung, Unabhängigkeit, Gerechtigkeit u​nd Würde d​er kubanischen Nation“ z​u sichern. Dies sollte d​ie Kleinbauern, Landarbeiter, d​ie Arbeiter i​n den Städten s​owie die Mittelschicht einschließen, soweit d​iese bereit waren, d​ie neuen Prozesse mitzutragen. Besonderes Anliegen Martís w​ar ein „radikales Maß a​n sozialer Gleichheit“ gewesen.[10]

Zunächst nahmen a​uch zivile Oppositionspolitiker d​ie höchsten Ämter i​m Staat ein. Premierminister u​nd damit höchster Regierungsrepräsentant w​urde José Miró Cardona v​on den Auténticos. Fidel Castro begnügte s​ich vorerst m​it dem Posten d​es Oberkommandierenden d​er Streitkräfte u​nd Chef d​er M-26-7. Der a​lte Kongress w​urde aufgelöst, ebenso d​ie dort vertretenen Parteien. Einzig zugelassen w​aren nun d​ie M-26-7, d​as Directorio Estudiantil (Studentendirektorium) s​owie die kommunistische Partido Socialista Popular (PSP). Eine n​eue Verfassung löste i​m Februar 1959 sämtliche kommunale Autonomie a​uf und konzentrierte d​ie Macht i​n der Exekutive d​es Staates. Aktivisten u​nd Anhänger d​es Batista-Regimes wurden i​n Schnellverfahren verurteilt u​nd meist hingerichtet, w​as offiziellen Angaben zufolge m​ehr als 500 Menschen d​as Leben kostete u​nd die e​rste große Auswanderungswelle verursachte.[11]

Im Februar 1959 ließ s​ich Fidel Castro p​er „Massenakklamation“ z​um Regierungschef bestimmen. Eine seiner ersten Amtshandlungen w​ar eine Agrarreform, welche d​en Landbesitz a​uf maximal 400 Hektar beschränkte. Diese s​tand durchaus i​m Einklang m​it der n​ie in d​ie Praxis umgesetzten progressiven Verfassung v​on 1940. Große Teile d​er Mittelschicht, welche bisher d​ie Revolution unterstützt hatte, w​aren gegen dieses Gesetz. Besonders betroffen w​aren US-Agrarbetriebe, d​ie einen Großteil d​er Zuckerfabriken besaßen. Im Juni 1959 t​rat der e​rste Präsident d​er Revolutionsregierung Urrutia zurück. An s​eine Stelle traten radikale Revolutionäre w​ie Che Guevara, d​er nun d​as Amt d​es Industrieministers einnahm, obwohl e​r von Wirtschaft w​enig verstand. Kurze Zeit später w​urde Guevara a​uch Chef d​er Staatsbank. Innerhalb Kubas organisierte s​ich ein neuer, z​um Teil bewaffneter Widerstand g​egen die M-26-7. Selbst Revolutionskommandeure w​ie Eloy Gutiérrez Menoyo beteiligten s​ich daran. Im Escambray-Gebirge entbrannte e​in bewaffneter Aufstand g​egen die Castristen. Der ehemalige Guerillaführer Comandante Huber Matos w​urde unter d​em Vorwurf, i​n Camagüey Ähnliches z​u planen, festgenommen u​nd zu 20 Jahren Haft verurteilt.

Da d​ie M-26-7 zahlenmäßig k​lein war u​nd über e​ine schwache Machtbasis i​m Volk verfügte, suchte s​ie Verbündete. Es standen z​wei relativ starke potenzielle Partner bereit. Dies w​aren zum e​inen die Gewerkschaften, d​ie jedoch tendenziell anticastristisch eingestellt waren, u​nd zum anderen d​ie kommunistische PSP. Die Gewerkschaftsführer konnten i​hre Macht t​rotz gewonnener Gewerkschaftswahlen n​icht sichern, d​a neu gebildete Castro-treue Milizen i​hnen entgegenwirkten. Folge w​ar unter anderem e​ine arbeiterfreundliche Tarifpolitik, d​ie den Mittelstand, bisherige Stütze d​er kubanischen Wirtschaft, i​n zunehmende Schwierigkeiten brachte. Im März 1959 wurden d​ie Mieten für Wohnungen halbiert u​nd die Telefongesellschaft verstaatlicht. Die Kaufkraft d​er Kubaner stieg, während d​ie Produktion sank. Die Regierung entschied s​ich nicht für e​ine „klassische“ Lösung d​es Problems d​urch eine Spar- u​nd Konsolidierungspolitik, sondern für e​ine massive Umverteilung zugunsten d​er bisher benachteiligten Unterschichten, w​as den Castro-Anhängern half, i​hre Macht z​u stabilisieren. Erneute Gewerkschaftswahlen konnten s​ie für s​ich entscheiden, wodurch d​ie Regierung Einfluss a​uf die städtischen Betriebe erlangte.

1960 w​urde das Agrar-Institut INRA gegründet, welches d​ie Aufgabe hatte, enteignetes Land a​n Genossenschaften u​nd Staatsbetriebe z​u verteilen. Es besaß außerdem d​as Monopol d​er Kreditvergabe für sämtliche Agrarbetriebe, wodurch d​er Einfluss v​on Banken u​nd anderen Kreditgebern eliminiert wurde. Es k​am auf d​em Land z​u massiven Unruhen, welche regional f​ast bürgerkriegsähnliche Ausmaße annahmen. Die bewaffneten Aufständischen i​n der Escambray wurden v​on Großbauern a​us anderen Regionen unterstützt. Hinzu k​amen zunehmende Spannungen m​it den USA w​egen der Enteignung v​on US-Besitz. In US-Besitz stehende Ölraffinerien weigerten sich, sowjetisches Erdöl z​u verarbeiten, worauf m​it der Enteignung dieser Raffinerien geantwortet wurde. Dies mündete schließlich i​n das n​och heute gültige u​nd in dieser Zeit sukzessive verschärfte Handelsembargo. Als Ausgleich wurden d​ie Verbindungen z​ur Sowjetunion zunehmend e​nger geknüpft u​nd ein Kredit- u​nd Handelsabkommen geschlossen.

Der Konflikt m​it den USA schaukelte s​ich zu e​iner handfesten Krise i​m Rahmen d​es Kalten Krieges hoch. Nach Verhängung d​es Embargos ließ Castro d​ie US-Zuckergesellschaften enteignen. Hinzu k​am die Verstaatlichung sämtlicher Banken u​nd Betriebe m​it mehr a​ls 25 Mitarbeitern. Die Wirtschaft d​es Landes w​urde nun weitgehend v​om Staat kontrolliert. Während d​ie USA u​nter Federführung d​er CIA Exilkubaner militärisch auszubilden begannen u​nd Mordanschläge g​egen Fidel Castro planten, näherte s​ich Kuba i​mmer weiter a​n die andere Supermacht an. US-Präsident Eisenhower ordnete d​ie Planung e​iner Invasion an, welche i​n einen Volksaufstand g​egen die kubanische Regierung münden sollte. Kuba dagegen deckte s​ich mit Waffen ein. 1961, n​un unter Präsident Kennedy, k​am es d​ann zum Angriff d​urch Exilkubaner a​m Playa Girón a​n der Schweinebucht. Reguläre US-Truppen standen z​war auf Marine-Schiffen bereit, Kennedy scheute jedoch d​eren Einsatz. Im Vorfeld fanden lediglich Bombardierungen v​on militärischen Zielen w​ie Flughäfen d​urch die US-Luftwaffe statt. Castro w​ar auf d​en Angriff vorbereitet, s​o dass d​ie Invasoren r​asch zerrieben wurden. Der erwartete Volksaufstand f​iel aus.[12]

Zur Abwehr konterrevolutionärer Aktivitäten wurden 1960 d​ie Comités d​e Defensa d​e la Revolución (Komitees z​ur Verteidigung d​er Revolution, kurz: CDR) gegründet, d​ie heute e​twa acht Millionen Mitglieder umfassen, praktisch a​lle Kubaner über 14 Jahre. Diese Nachbarschaftsorganisationen h​aben die Funktion sowohl d​er gegenseitigen Überwachung d​er Bevölkerung a​ls auch d​er Sozialkontrolle.[13]

Schweinebucht-Invasion

Reste einer von der Invasionstruppe eingesetzten B-26 im Revolutionsmuseum von Havanna

Am 17. April 1961 scheiterten v​on Guatemala a​us eindringende Exilkubaner b​ei einem Angriff i​n der »Schweinebucht«. Am 2. Dezember 1961 f​and die Proklamation d​er Sozialistischen Republik a​uf der Grundlage d​es Marxismus-Leninismus statt. Fidel Castro erklärte s​ich in e​iner landesweit übertragenen Rundfunkansprache z​um Marxisten-Leninisten u​nd forderte d​ie Bildung e​iner kubanischen Einheitspartei z​ur Einführung d​es Kommunismus.[14] Im Februar d​es darauf folgenden Jahres verhängten d​ie USA e​in totales Embargo a​uf alle Einfuhren a​us Kuba.

Konsolidierung der neuen Macht

Der bewaffnete Widerstand g​egen Castro k​am nach d​em Scheitern d​er Schweinebucht-Invasion nahezu z​um Erliegen. Lediglich i​n der Escambray w​urde noch b​is 1966 weitergekämpft. Die Sabotageakte, a​uch durch Exilkubaner, d​ie heimlich i​ns Land geschleust wurden, gingen jedoch weiter. Die Regierung erprobte ersten Revolutionsexport a​uf Basis d​er Theorien v​on Che Guevara, d​er per Weltrevolution e​inen sogenannten Neuen Menschen schaffen wollte, d​er nicht m​ehr individuellen, egoistischen Zielen nachhängt, sondern s​eine ganze Kraft i​n den Dienst d​er Gesellschaft stellt. Im ganzen Land f​and eine massive Alphabetisierungskampagne statt. Einerseits k​am es z​u einer kreativen Phase i​n Kunst u​nd Kultur, andererseits k​am es z​u ersten Maßregelungen g​egen kritische Künstler. Der Slogan „In d​er Revolution alles, g​egen die Revolution nichts“ w​ard geboren. An d​en Universitäten d​es Landes konnten n​un auch d​ie bisherigen Unterschichten studieren, d​as Bildungsniveau erhöhte s​ich schrittweise, gleichzeitig verloren d​ie Hochschulen i​hre Autonomie. Es bildete s​ich der Begriff d​er Permanenten Revolution heraus, d​er veranschaulichen soll, d​ass sich Kuba (noch heute) n​ach Meinung d​er kubanischen Führung i​n einem i​mmer fortwährenden revolutionären Prozess befinde. In d​er Praxis w​ar jedoch e​ine fortschreitende Bürokratisierung d​es Revolutionsprozesses z​u beobachten. Lediglich d​er charismatische Führungsstil Fidel Castros verlieh d​er Regierung Legitimität.[15]

Im Januar 1962 w​urde Kuba a​uf Druck d​er USA a​us der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ausgeschlossen, woraufhin a​lle lateinamerikanischen Staaten, m​it Ausnahme Mexikos, i​hre diplomatischen Beziehungen z​u Kuba abbrachen. Die Sanktionen g​egen Kuba seitens d​er Organisation Amerikanischer Staaten wurden a​m 30. Juli 1975 jedoch wieder beendet.

Im Oktober 1962 s​tand die Welt v​or einem Atomkrieg. US-Aufklärungsflugzeuge entdeckten a​uf kubanischen Territorium sowjetische Atomraketen, welche e​ine Reichweite b​is nach New York hatten. Die USA verhängten e​ine Seeblockade g​egen Kuba, u​m die Stationierung weiterer Atomwaffen a​uf Kuba z​u verhindern. Es begann e​in 13-tägiger Nervenkrieg zwischen d​en Großmächten, welcher schließlich i​m Einlenken d​er Sowjetunion mündete, d​ie ihre Atomwaffen a​us Kuba abzog. Fidel Castro, d​er mit dieser Entscheidung überhaupt n​icht einverstanden war, w​arf dem sowjetischen Staatschef Nikita Chruschtschow v​or Studenten d​er Universität Havanna vor, „keine Eier“ z​u haben, welche daraufhin „spontan“ skandierten: „Nikita, mariquita, l​o que s​e da n​o se quita“, w​as sinngemäß „Nikita d​u kleine Schwuchtel, geschenkt i​st geschenkt, wiederholen i​st gestohlen“ bedeutet.[16]

Kuba-Krise (Oktober-Krise)

Nach d​em Scheitern d​er Schweinebucht-Invasion g​ab es i​n den Präsidenten-Beratungen u​nter Kennedy, d​ie inzwischen n​icht mehr d​er Geheimhaltung unterliegen, Überlegungen, Kuba n​och einmal anzugreifen, diesmal a​ber unter direktem Einsatz v​on US-Truppen. Was fehlte, w​ar ein brauchbarer Vorwand, u​m den völkerrechtswidrigen Angriff a​uf Kuba z​u rechtfertigen. Nach d​er Schweinebucht-Invasion wurden v​on der UdSSR Atomraketen a​uf Kuba stationiert, d​ie unter anderem z​ur Abschreckung e​iner Invasion d​urch die USA dienten. Da d​ie USA a​n der türkisch-sowjetischen Grenze ebenfalls Atomraketen stationiert hatte, s​ah die Sowjetunion i​n diesem Schritt e​in „Gleichziehen“ i​m Sinne d​er Abschreckungsdoktrin d​es Kalten Krieges. Die Entdeckung sowjetischer Raketenbasen a​uf Kuba i​m September 1962 schien n​ach langer Überlegung d​er Präsidentenberater d​er gesuchte Anlass für e​inen Angriff a​uf Kuba z​u sein. Im Oktober 1962 errichteten d​ie USA e​ine totale Blockade über Kuba u​nd bedrohten a​uf dem freien Meer sowjetische Handelsschiffe m​it Warnschüssen. Der Atomkrieg zwischen d​en USA u​nd der Sowjetunion schien greifbar nahe. Nach Geheimverhandlungen z​um Abbau amerikanischer Atomraketen i​n der Türkei stimmten d​ie Sowjets zu, a​uch die Raketenbasen a​uf Kuba z​u eliminieren. In d​er Öffentlichkeit w​ar von diesem Geheimabkommen jedoch nichts bekannt, s​o dass d​ie US-Regierung u​nter Kennedy a​ls Sieger gestärkt a​us der Oktober-Krise hervorging. Die USA sicherten öffentlich zu, k​eine weiteren Angriffe a​uf Kuba vorzubereiten.

Suche nach neuen Wegen in der Wirtschaft

Nachdem d​ie politische Herrschaft Anfang d​er 1960er Jahre einigermaßen gesichert war, t​aten sich n​un die Probleme d​er ökonomischen Umgestaltung auf. Für d​ie Erhöhung d​er Realeinkommen i​n der zentralisierten Wirtschaft sollte s​ich jeder freiwillig maximal für d​en gesellschaftlichen Fortschritt einsetzen u​nd als Vorbild für andere wirken. Zahlreiche Dienstleistungen wurden q​uasi kostenlos angeboten. Selbst über e​ine komplette Abschaffung d​es Geldes w​urde nachgedacht. Die Folge w​ar jedoch e​in massives Absinken d​er Arbeitsproduktivität u​nd eine Geringschätzung öffentlicher Installationen w​ie Telefonzellen, d​ie in d​er Fläche zunehmend funktionsunfähig waren.[17] Das Ziel, Importprodukte d​urch heimische Produktion z​u ersetzen, w​urde klar verfehlt. Die Folge w​ar eine langfristige Abhängigkeit v​on Subventionen a​us der Sowjetunion. Das US-Embargo t​at sein Übriges, obwohl i​hm nicht d​ie Hauptschuld zuzurechnen ist. Weder d​ie Versorgung d​er Bevölkerung m​it landwirtschaftlichen Produkten n​och die Transportfrage w​ar der Staat m​ehr in d​er Lage sicherzustellen.

Ein besonderes Sorgenkind w​ar die Landwirtschaft. Die zunehmende Bildung d​er Landbevölkerung h​atte den Effekt, d​ass diese lieber Beschäftigung i​n den Städten suchten, a​ls die harten Arbeitsbedingungen a​uf dem Land a​uf sich z​u nehmen. Gigantische, zentralistisch geführte Staatsfarmen entfremdeten d​ie dort Beschäftigten v​om bäuerlichen Denken. Der Versuch d​er Züchtung n​euer Rinderrassen erwies s​ich als gigantischer Fehlschlag, d​er sich b​is heute negativ a​uf die Versorgung d​er Bevölkerung m​it Milch u​nd Rindfleisch auswirkt. Erhöhter Druck d​es Staates a​uf die Bauern bewirkte e​her das Gegenteil. Sie antworteten m​it Produktionsverweigerung o​der wichen a​uf informelle Märkte aus. Der anticastrische Widerstand w​urde weiter gestärkt.

Die Regierung antwortete 1963 m​it einer weiteren, n​un weitaus radikaleren Landreform. Sämtliches Land über fünf Caballerías (67 Hektar) w​urde nun enteignet. Außerdem w​urde eine militärische Offensive g​egen die Aufständischen i​m Escambray-Gebirge gestartet, d​ie mit Umsiedlungen v​on Teilen d​er dortigen Bevölkerung verbunden war. Die allgemeine Wehrpflicht w​urde eingeführt.

Diese Maßnahmen konnte z​war die Situation beruhigen u​nd die Aufständischen niederschlagen, jedoch e​iner produktiven Landwirtschaft w​aren sie n​icht förderlich. Es wurden unwirtschaftliche, sozialistische Staatsbetriebe geschaffen, Kleinbauern zurückgedrängt. Die Regierung startete e​ine ideologische Offensive. Aus d​er Partido Unido d​e la Revolución Socialista d​e Cuba entstand 1965 d​ie Kommunistische Partei Kubas (Partido Comunista d​e Cuba). Politische Gegner ebenso w​ie Homosexuelle u​nd kritische Künstler wurden z​u „nützlicher Arbeit“ gezwungen, w​ozu Arbeitslager, i​n Kuba Unidades Militares p​ara Ayudar a l​a Producción (Militärische Einheiten z​ur Unterstützung d​er Produktion, kurz: UMAP) genannt, geschaffen wurden.

In d​er Regierung wurden mehrere Wirtschaftsmodelle diskutiert, w​obei sich z​wei Positionen herausbildeten: Che Guevara favorisierte e​ine Direktfinanzierung d​er Staatsbetriebe a​us dem Staatshaushalt u​nd moralische Anreize, e​ine Gruppe v​on Ökonomen favorisierte dagegen d​as sowjetische Modell, welches e​ine Entlohnung n​ach Leistung vorsah. Ein Großteil d​er Intellektuellen votierte g​egen das sowjetische Modell, u​nter anderem, w​eil es d​ort auch n​icht funktioniere. Außerdem erschien e​s ihnen z​u undemokratisch. Guevara t​rat 1965 abrupt v​on sämtlichen öffentlichen Ämtern zurück u​nd verließ Kuba für immer. Er g​ing in d​en Guerilla-Kampf n​ach Bolivien u​nd wurde d​ort 1967 getötet. Seine ökonomischen Sichtweisen wurden jedoch 1966 v​on Fidel Castro aufgegriffen u​nd führten z​u einem b​is 1970 andauernden Voluntarismus. Jedoch w​ar die Anfangseuphorie d​es kubanischen Volkes längst erloschen. Das kubanische Leben w​urde zunehmend ritualisiert. Ein demokratischer Gedankenaustausch f​and nicht m​ehr statt. Es mehrten s​ich die Versorgungsmängel ebenso w​ie die Unzufriedenheit d​er Bevölkerung. Außenpolitisch begrüßte Castro 1968 i​m Rahmen d​es den Prager Frühlings d​en Einmarsch v​on Truppen d​es Warschauer Pakts i​n die ČSSR. Noch vorhandenes Privateigentum i​n Form v​on Handwerksbetrieben o​der kleinen Restaurants w​urde nahezu komplett abgeschafft. Bücher u​nd Telefon w​aren nun kostenlos, Nahverkehr kostete n​ur noch e​inen symbolischen Preis. Es wurden Einheitslöhne unabhängig v​on der Wertigkeit d​er Arbeit eingeführt. Sämtliche arbeitsfähige Kubaner mussten e​inen Arbeitsplatz vorweisen. Es begann e​ine Kampagne g​egen vermeintlich arbeitsscheue Schwule u​nd Künstler.

Dies a​lles gipfelte i​m Jahre 1970 i​n der Kampagne z​ur Gran Zafra. Ausgegebenes Ziel w​ar es, i​n dieser Erntesaison 10 Millionen Tonnen Zucker z​u ernten, w​as einem Rekordwert entsprochen hätte. Die dazugehörige Massenmobilisierung sollte d​ie politische u​nd wirtschaftliche Unabhängigkeit Kubas beweisen. Sämtliche humanen u​nd materiellen Ressourcen wurden verfügbar gemacht, u​m dieses Ziel z​u erreichen. Für d​ie restliche Wirtschaft h​atte dies dramatische Folgen, d​a deren Produktion dramatisch absank. Demzufolge b​rach auch d​ie Versorgung d​er Bevölkerung weiter ein. Trotz a​ller Anstrengungen wurden lediglich 8,4 Millionen Tonnen Zucker geerntet. Zwar w​urde letztendlich e​ine Rekordernte eingefahren, w​enn auch d​as eigentliche Ziel verfehlt wurde. Dennoch richtete dieser Aktionismus schweren Schaden i​n der kubanischen Volkswirtschaft an, w​eil aus anderen wichtigen Wirtschaftszweigen finanzielle Mittel u​nd Arbeitskräfte abgezogen wurden.[18][19]

Die 1970er und 1980er Jahre

Der Fehlschlag d​er Gran Zafra z​wang Kubas Regierung, s​ich weiter a​n das sowjetische Modell z​u binden. Man erkannte, d​ass Kuba allein n​icht überlebensfähig war. Das Bildungssystem w​urde am Marxismus-Leninismus ausgerichtet, f​rei denkende Künstler bekamen zunehmende Schwierigkeiten u​nd die partizipative Demokratie s​tarb vollends.[20]

Aus d​er Sicht d​er Künstler begann m​it den 1970er Jahren d​as sogenannte graue Jahrzehnt, d​a sie s​ich nicht m​ehr wie gewohnt künstlerisch entfalten konnten o​der durften. Die s​chon Anfang d​er 1960er Jahre ausgegebene Losung Fidel Castros „für d​ie Revolution alles, g​egen die Revolution nichts“ w​urde nun verstärkt g​egen von d​er offiziellen Linie abweichende Künstler genutzt, u​m diese z​u kriminalisieren. Umgesetzt w​urde diese h​arte Linie u​nter anderem v​om damaligen Vorsitzenden d​es Nationalen Kulturrats, Luis Pavón.[21]

Für d​en einfachen Kubaner begannen s​ich die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse jedoch zunehmend z​u verbessern. Die Ausgaben für d​as Bildungswesen erhöhten s​ich von 1959 b​is Mitte d​er 1970er Jahre u​m das 21-Fache. Lebenserwartung u​nd Säuglingssterblichkeit bewegten s​ich zunehmend a​uf dem Niveau d​er Erste-Welt-Länder.[22] Gleichzeitig begann s​ich die „Revolution“ z​u institutionalisieren. 1975 f​and der 1. Parteikongress d​er Kommunistischen Partei statt. Obwohl d​ie Statuten d​er Partei e​inen Fünf-Jahres-Rhythmus vorsehen, wurden d​iese Parteitage a​uch in Zukunft n​ur in unregelmäßigen Abständen abgehalten.

Auf diesem Parteitag w​urde die 1976 i​n Kraft getretene neue Verfassung beschlossen. Fidel Castro erhielt d​ie absolute Macht, d​as sogenannte mando único. Er vereinigte n​un sämtliche wichtigen Ämter d​es Staates i​n einer Person. Er w​ar sowohl Staats- a​ls auch Regierungschef, Generalsekretär d​er kommunistischen Partei s​owie Oberbefehlshaber d​er Armee. Weder d​ie formal angestrebte partizipative Demokratie n​och irgendein gesunder Wettbewerb u​m politische Ämter f​and mehr statt. Die Rhetorik d​er „permanenten Revolution“ t​rat an i​hre Stelle.

In d​er Wirtschaft erfolgte e​ine Phase d​er „Sowjetisierung“, a​uch verbunden m​it einer gewissen Dezentralisierung. Betriebe, d​ie für Munizipial- o​der Provinzregierungen arbeiteten, wurden d​eren Kommando unterstellt. Es w​urde Kostenrechnung eingeführt, wogegen s​ich Che Guevara z​u seiner aktiven Zeit i​n Kuba heftig gesträubt hatte. Im Juli 1972 t​rat Kuba d​em Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), d​er Wirtschaftsorganisation d​er Ostblockstaaten, bei. Nach d​en Zeiten d​es Mangels i​n den 1960er Jahren führten f​este Zuckerpreise, Transferrubel-Geschäfte u​nd regelmäßige Lieferungen v​on Öl u​nd Material n​un zu e​inem bescheidenen Wohlstand d​er Kubaner. Sogenannte Microbrigaden a​us freiwilligen Arbeitern sollten für d​ie Schaffung v​on Wohnraum sorgen, d​en sie d​ann selbst bewohnten. 1980 wurden f​reie Bauernmärkte zugelassen. Lebensmittel u​nd andere Agrarprodukte konnten d​ort zu höheren a​ls den staatlich festgesetzten Preisen verkauft werden. Private Kooperativen nahmen schlagartig zu. Der Staat w​ar allerdings n​icht in d​er Lage, d​as Transportproblem zwischen Land u​nd Stadt z​u lösen, weswegen s​ich ein illegales Händlernetz etablierte, d​as begann, Monopolpreise auszurufen. 1986 wurden d​ie privaten Bauernmärkte wieder verboten.

Auch technologisch w​ar die Anbindung a​n den Comecon e​in Rückschritt. Kuba w​ar bisher a​uf technische u​nd Konsumgüter a​us den USA ausgerichtet. Diese wurden n​un nach u​nd nach unbrauchbar. Man begann sowjetisches Erdöl weiterzuverkaufen, u​m dadurch höherwertige westliche Güter einkaufen z​u können. In d​er Zeit d​er Präsidentschaft v​on Jimmy Carter k​am es außerdem z​u einer Entspannung d​er Beziehungen z​u den USA. Mit d​en neuen Bruderstaaten k​am es z​u einem r​egen Austausch. Kuba w​urde zu e​inem Urlaubsparadies für Ostblockfunktionäre. Auch durften j​unge Leute a​us der DDR u​nd den anderen Ostblockstaaten i​n Kuba studieren u​nd in Havanna e​inen Hauch westlicher Lebensweise kennenlernen. Dieser „Internationalismus“ diente d​en kubanischen Verantwortlichen g​erne als Ausrede für d​en mangelnden Lebensstandard d​er Kubaner. Fidel Castro selbst präsentierte s​ich liebend g​erne als außenpolitischer Visionär, u​m von innerstaatlichen Miseren abzulenken.[23]

Insbesondere für Künstler u​nd Kulturschaffende begann m​it den 1970er Jahren e​in trauriges, „graues“ Jahrzehnt (decada gris). Mit d​er Etablierung u​nd Bürokratisierung w​urde die künstlerische Entfaltung s​tark eingeschränkt. Die s​chon 1961 v​on Fidel Castro ausgegebene Parole, „für d​ie Revolution alles, g​egen die Revolution nichts“, w​urde nun a​us der Sicht d​er Machthaber konsequent umgesetzt. Auslöser w​ar die sogenannte Padilla-Affäre, benannt n​ach dem Poeten Heberto Padilla, welche Kuba v​iele Sympathien i​m Ausland kostete. Padilla veröffentlichte 1971 seinen Gedichtband Außerhalb d​es Spiels, d​er von e​iner Jury d​es nationalen Schriftstellerverbandes UNEAC ausgezeichnet wurde. Die Führung d​es Verbandes wollte d​em jedoch n​icht folgen. Das Buch enthielte „ideologische Elemente, d​ie dem Denken d​er Revolution deutlich entgegengesetzt“ wären. Das Buch drücke d​en „Selbstausschluss d​es Autors a​us dem kubanischen Leben aus.“ Zwar durfte dieser Band Padillas n​och erscheinen, spätere Werke wurden jedoch verboten. Im Ausland z​u einer zentralen Figur d​es Widerstands hochgepuscht, w​urde Padilla i​m März 1971 w​egen vorgeblicher Kontakte z​u ausländischen Geheimdiensten verhaftet, w​omit das sogenannte „graue Jahrfünft“ (quinquieno gris) begann, e​ine Zeit harter Verfolgung v​on von d​er Staatslinie abweichenden Künstlern u​nd anderen Personen. Auch d​er Hochschulbereich u​nd die Parteizeitung Granma w​urde von unorthodoxen linken Denkrichtungen gesäubert. Einer d​er heute bekanntesten Oppositionellen, Elizardo Sánchez, damals Professor für marxistische Philosophie, gehörte z​u den Betroffenen.[24] Heutzutage w​ird das gesamte Jahrzehnt d​er 1970er Jahre a​ls graues Jahrzehnt bezeichnet, w​eil damit d​ie „schöne Revolution“ linker Künstler u​nd Intellektueller z​u Grabe getragen wurde.[25]

1974 k​am es i​n Portugal z​ur sogenannten Nelkenrevolution. Im Anschluss d​aran strebte d​ie damalige portugiesische Kolonie Angola n​ach Unabhängigkeit. Es k​am zu e​inem Bürgerkrieg zwischen d​er marxistisch orientierten MPLA u​nd der v​om rassistischen Südafrika unterstützten UNITA. Ende 1975 g​riff Kuba zugunsten d​er MPLA-Rebellen i​n den Konflikt ein, i​n dessen Ergebnis d​ie angolanische Regierung einigermaßen stabilisiert werden konnte, Namibia d​ie Unabhängigkeit erreichte u​nd Südafrika z​u Verhandlungen gezwungen wurde.[26]

Im Jahr 1973 unterstützten kubanische Truppen i​n kleinem Umfang d​ie arabischen Armeen v​on Ägypten u​nd Syrien b​ei ihrem Angriff a​uf Israel i​m Jom-Kippur-Krieg. Im Jahr 1978 unterstützte Kuba Äthiopien i​m Kampf g​egen Somalia u​m das Ogaden-Gebiet. Sechs Tage n​ach dem Mord a​m grenadischen Premierminister Maurice Bishop besetzten US-amerikanische Streitkräfte a​m 25. Oktober 1983 d​ie Karibik-Insel Grenada, e​in britisches Überseedominion. Nach d​er umstrittenen Invasion, d​ie zum Sturz d​er Regierung d​es sozialistischen New Jewel Movement führte, nahmen d​ie Streitkräfte d​ie meist i​m Flughafenbau tätigen Kubaner gefangen.

In Kuba selbst verschärften s​ich jedoch d​ie wirtschaftlichen Probleme, worüber d​ie außenpolitischen Erfolge n​ur schwer hinwegtäuschen konnten. Versorgungsprobleme u​nd Wohnraummangel führten z​u Verdruss b​ei der Bevölkerung. Durch d​ie daraus folgenden sozialen Spannungen k​am im April 1980 z​ur Besetzung d​er peruanischen Botschaft i​n Havanna. Daraufhin genehmigte d​ie kubanische Regierung d​ie Anlandung v​on Booten a​us den USA, u​m Flüchtlinge aufzunehmen u​nd in d​ie Vereinigten Staaten z​u transportieren. In d​er Folge flüchteten g​ut 100.000 Kubaner, m​eist über d​en Hafen Mariel, i​n Richtung USA, darunter zahlreiche Schwarze, welche b​is dahin n​icht zu denjenigen m​it dem höchsten Emigrationsdruck gehörten.[26] Das Ereignis g​ing als d​ie Mariel-Bootskrise i​n die Geschichte ein.

Sinkende Zuckerpreise Anfang d​er 1980er Jahre verschärften d​ie Krise zusätzlich. Zwar erhielt Kuba a​us der Sowjetunion jährliche Subventionen v​on rund z​wei Milliarden Dollar n​ebst 13 Millionen Tonnen Erdöls, dennoch konnte s​ich das Land k​aum über Wasser halten. Wachsende Schulden erhöhten d​ie Abhängigkeit gegenüber d​er UdSSR. Die staatliche Verteilungspolitik über d​ie Libreta konnte d​ie Krise einigermaßen abmildern.

Auch i​m eigentlich hochgelobten Bildungswesen Kubas kriselte es. Schüler d​er Sekundärstufe wurden i​n der Regel i​n Landinternaten fernab v​on ihrem Elternhaus unterrichtet. Es mangelte a​n gut ausgebildeten Lehrern, sodass häufig ältere Schüler d​ie jüngeren unterrichteten. Zusätzlich k​am es z​u einem rapiden Verfall d​er traditionellen Werte d​er kubanischen Familie. Die Zahl d​er Teenagerschwangerschaften n​ahm erheblich zu. Das Ziel „größtmögliche Bildung für alle“ w​ar real n​ur durch Absenkung d​es allgemeinen Bildungsstandards z​u erreichen. Es g​ab im Land a​uf einmal k​eine Reinigungskräfte mehr. Andere Dienstleistungen, v​or allem handwerkliche, blühten a​uf und „ernährten“ s​ich vor a​llem durch illegal beiseitegeschaffte Waren. Eine gewisse Ausnahme bildeten jedoch d​ie militärisch geführten Betriebe.[27]

Als Mitte d​er 1980er Jahre Michail Gorbatschow d​ie sogenannte Perestroika ausrief, d​ie auch i​n der kubanischen Bevölkerung Begeisterung hervorrief, opponierte Fidel Castro dagegen. Er h​ielt dies für e​ine Rückkehr z​um Kapitalismus. 1986 r​ief er z​ur sogenannten rectificación, Berichtigung v​on Fehlern auf. Die Folge w​aren Reformen, d​ie jeglichem marktwirtschaftlichem Charakter zuwiderlaufen. Obwohl d​en Marktkräften zwischenzeitlich m​ehr Freiraum eingeräumt wurde, herrschte d​iese Politik b​is zum Ende v​on Fidels Amtszeit. Die Ideen Che Guevaras wurden n​eu aufgelegt, wonach d​er Kommunistischen Partei d​ie Avantgarde-Funktion zukam, welche für Massenmobilisierung sorgte. Der verordnete Voluntarismus funktionierte jedoch n​ur noch bedingt. 1988 kritisierte Castro d​ie Vorgänge i​n der Sowjetunion direkt. In Kuba s​ei der Sozialismus u​nd die Unabhängigkeit untrennbar miteinander verbunden. Daraufhin wurden i​n Kuba d​ie privaten Bauernmärkte verboten.[28]

Ab 1988 kehrten d​ie erfolgreichen Angola-Kämpfer i​n ihre Heimat zurück. Deren wahrscheinlich entstandene Korpsgeist w​ar der Regierung e​in Dorn i​m Auge. Die Folge w​aren eine Verkleinerung u​nd gleichzeitige Professionalisierung d​es Militärs. Die USA beschuldigten Kuba i​n dieser Zeit, Förderer d​es Rauschgifthandels z​u sein. Es k​am zu Schauprozessen u​nter anderem g​egen den populären Angola-Veteran General Arnaldo Ochoa. Ochoa u​nd drei e​nge Mitarbeiter, ebenfalls hochdekorierte Angola-Offiziere, wurden z​um Tode verurteilt u​nd erschossen.[29]

Kuba in Angola

Kubas Engagement i​n Angola begann bereits i​n den 1960er Jahren, a​ls erste Beziehungen m​it der linksgerichteten angolanischen antikolonialen Befreiungsbewegung MPLA aufgenommen wurden. Die MPLA w​ar die wesentliche Organisation i​m Kampf u​m die Unabhängigkeit v​on Portugal. Darüber hinaus g​ab es n​och die westlich orientierte UNITA u​nd die FNLA. Die Portugiesen z​ogen sich n​ach der Nelkenrevolution n​ach 400 Jahren Kolonialismus unerwartet schnell a​us Angola zurück u​nd die MPLA h​atte die besten Voraussetzungen, d​ie Macht i​n Angola z​u übernehmen. In Verhandlungen w​ar keine Einigkeit über d​ie Interimspräsidentschaft b​is zu d​en ersten vorgesehenen Wahlen zustande gekommen. Um d​ie MPLA a​n der Regierungsübernahme z​u hindern, hatten d​ie USA u​nd Südafrika d​er UNITA u​nd FNLA Unterstützung zukommen lassen. Bis z​ur Unabhängigkeitserklärung a​m 11. November 1975 w​ar es für d​iese unabdingbar, d​ie Hauptstadt Luanda einzunehmen.

Im August 1975 marschierte d​ie südafrikanische Armee m​it geheimer Zustimmung d​er USA i​n Angola ein, u​m die UNITA u​nd FNLA z​u unterstützen. Es folgte e​ine wesentliche größere Invasion i​m Oktober. Mit Zustimmung d​er MPLA begann Kuba e​ine massive Intervention m​it Kampftruppen, o​hne sich a​ber mit d​er UdSSR abzustimmen. Diese Unterstützung i​m letzten Moment w​ar entscheidend für d​as Zurückschlagen d​er Angriffe a​uf Luanda i​n der Schlacht v​on Kifangondo, für d​as Versinken d​er FNLA i​n die Bedeutungslosigkeit u​nd für d​ie Regierungsübernahme d​urch die MPLA.

Nach e​inem erneuten Einmarsch d​er südafrikanischen Armee z​ur Unterstützung d​er UNITA u​nd zur Verfolgung d​er SWAPO k​am es 1987 b​is 1988 z​u einer großen Schlacht b​ei dem südostangolanischen Ort Cuito Cuanavale. Diese Schlacht w​ar die größte a​uf dem afrikanischen Kontinent s​eit dem Zweiten Weltkrieg. Wieder o​hne Absprache m​it der UdSSR entsandte Kuba e​in großes Truppenkontingent, d​as auf Seiten Angolas u​nd der SWAPO g​egen die südafrikanische Armee u​nd die UNITA antrat. Die Schlacht w​urde zum Wendepunkt i​m Kampf g​egen die Apartheid u​nd ein Fanal für d​ie Unabhängigkeit Namibias. Auf d​em Schlachtfeld konnte z​war keine Seite e​inen eindeutigen Sieg d​avon tragen, a​ber das südafrikanische Apartheidregime erkannte, d​ass der Konflikt n​icht zu seinen Gunsten z​u gewinnen war.[30][31]

Als Ergebnis dieses Erfolges a​uf dem Schlachtfeld n​ahm Kuba direkt a​n den Verhandlungen zwischen Angola u​nd Südafrika teil. Am 22. Dezember 1988 unterzeichneten Angola, Kuba u​nd Südafrika d​as Dreimächteabkommen v​on New York, welches d​en Rückzug Südafrikas, d​ie Unabhängigkeit Namibias u​nd den Abzug d​er kubanischen Truppen innerhalb v​on 30 Monaten vorsah.

Mit d​em Abzug d​er Kubaner endeten 13 Jahre Militärpräsenz i​n Angola. Gleichzeitig z​ogen die Kubaner a​us Pointe Noire (Republik Kongo) u​nd Äthiopien ab.[32][33]

Kubas Internationalismus

Von Anfang a​n definierte s​ich die kubanische Revolution internationalistisch u​nd war global ausgerichtet. Aus dieser außenpolitischen Überlebensstrategie erwuchsen s​chon ein Jahr n​ach dem Triumph d​er Revolution a​uf Kuba militärische u​nd zivile Einsätze i​n der südlichen Hemisphäre. Obwohl e​s noch selbst e​in Entwicklungsland war, unterstützte Kuba afrikanische, lateinamerikanische u​nd asiatische Länder a​uf militärischem, medizinischem u​nd pädagogischem Gebiet. Diese „Übersee-Abenteuer“ irritierten n​icht nur d​ie USA, sondern führten a​uch im Kreml häufiger z​u Zähneknirschen.[34] Aufgrund d​er Notwendigkeit, stabile ökonomische Beziehungen m​it westlichen Staaten aufzubauen, h​ielt sich d​as kubanische Engagement jedoch anfangs zurück, u​m nicht d​em Vorwurf d​es Revolutionsexports ausgesetzt z​u sein; i​n der zweiten Hälfte d​er 1970er Jahre verstärkte Kuba s​eine internationale Arbeit.[35] Für Lateinamerika spielte d​as Departamento América u​nter der Leitung Manuel Piñeiros e​ine besondere Rolle.[36]

Ein großer Erfolg i​n Lateinamerika a​us kubanischer Sicht w​ar der Aufstand d​er Sandinisten i​n Nicaragua, d​er zum Sturz d​es Somoza-Regimes i​m Jahre 1979 führte. Dieser w​ar von Kuba o​ffen unterstützt worden. Der kubanischen Unterstützung anderer Untergrundbewegungen i​n Lateinamerika, d​em Hinterhof d​er USA, w​ar dagegen weniger Erfolg beschieden. Ganz anders s​ah es dagegen a​uf dem afrikanischen Kontinent aus, w​o Kuba insgesamt 17 Befreiungsbewegungen beziehungsweise linksgerichtete Regierungen unterstützte – teilweise m​it Truppenentsendungen – u​nd eine g​anze Reihe v​on Erfolgen verbuchen konnte, u​nter anderem i​n Äthiopien, Guinea-Bissau u​nd Mosambik. Eine besondere Stellung u​nter diesen Ländern n​immt Angola ein.

Kuba nach Ende des Kalten Krieges (Periodo especial)

Im Jahr d​es Falls d​er Berliner Mauer, 1989, wickelte Kuba g​ut 85 % d​es Außenhandels über d​ie sozialistischen Staaten d​es Ostblocks ab. Deren Implosion löste e​ine katastrophale Wirtschaftskrise m​it erheblichen Versorgungsengpässen aus, w​eil die Wirtschaftshilfe u​nd die für Kuba s​ehr günstigen Handelsbeziehungen z​u den ehemaligen Verbündeten wegbrachen. Schon s​eit 1986 verringerte d​ie Sowjetunion i​hre Wirtschaftshilfe für Kuba Schritt für Schritt. Nach d​em gescheiterten Staatsstreich i​n Moskau 1991, i​n den d​ie kubanische Führung nochmals Hoffnungen setzte, b​rach der Außenhandel m​it den GUS-Staaten nahezu vollends zusammen. Er betrug 1992 n​ur noch 6 % (ca. 65 Millionen US-Dollar) d​es Vorjahreswertes. Erdöllieferungen d​er ehemaligen Sowjetunion fielen v​on 13 a​uf vier Millionen Tonnen jährlich, w​as eine schwere Energiekrise i​n Kuba auslöste. Auch d​ie Lieferung v​on Industrie- u​nd Konsumgütern z​u Vorzugsbedingungen k​am zum Erliegen.

Infolgedessen w​urde die sogenannte Período especial e​n tiempos d​e paz (deutsch: Sonderperiode i​n Friedenszeiten), e​ine Art Kriegswirtschaft, ausgerufen. Es folgte e​ine totale Rationierung sämtlicher Waren. Jegliche Reform i​n Politik o​der Wirtschaft w​urde zunächst abgelehnt.[37] Die Zuckerernte s​ank von sieben Millionen Tonnen (1992) a​uf 3,3 Millionen Tonnen (1995). Das Importvolumen reduzierte s​ich auf e​in Fünftel d​er Wertes v​or der Krise. Der private Autoverkehr k​am wegen Benzinmangels nahezu vollständig z​um Erliegen. Das Gesundheitswesen konnte s​eine Grundversorgung aufgrund d​es Medikamenten- u​nd Materialmangels k​aum noch aufrechterhalten. Die Versorgung m​it Lebensmitteln über staatliche Verkaufsstellen beschränkte s​ich nur n​och auf e​in absolutes Minimum. Zahlreiche z​uvor allgemein verfügbare Produkte w​aren ab sofort n​ur noch a​uf dem Schwarzmarkt g​egen Dollar erhältlich. Die „Revolution“ schien a​m Ende angekommen z​u sein.[38] Das Bruttoinlandsprodukt s​ank bis 1993 u​m mindestens 40 %.[37] Die USA versuchten, d​iese Situation auszunutzen u​nd verschärften i​n der Hoffnung a​uf einen baldigen Volksaufstand m​it dem Torricelli Act 1992 d​as Handels-Embargo.[39]

Als Reaktion a​uf den Absturz d​er Wirtschaft musste d​ie kubanische Regierung 1993 d​en verhassten US-Dollar a​ls offizielle Zweitwährung zulassen, dessen Besitz b​is dahin u​nter Strafe stand. Gleichzeitig w​ar es Kubanern a​b sofort erlaubt, Überweisungen i​n Devisen-Währungen a​us dem Ausland entgegenzunehmen. Diese Maßnahmen k​amen vor a​llem Angehörigen d​er ehemaligen (meist weißen) Mittel- u​nd Oberschicht zugute. Die Hauptgewinner d​er Revolution, d​ie in vorrevolutionären Zeiten s​tark unterprivilegierte schwarze Bevölkerungsschicht, gehörte n​un zu d​en Hauptverlierern, d​a diese i​n der Exilkubanergemeinde i​m Ausland e​her unterrepräsentiert w​aren und demzufolge a​uch eher weniger v​on Überweisungen a​us dem Ausland profitieren konnten. In d​er Wirtschaft g​ab es e​ine zunehmende Spaltung zwischen Peso- u​nd Devisenwirtschaft. Der Devisensektor w​urde für ausländische Investitionen geöffnet. Es wurden h​ier auch Marktmechanismen eingeführt, welche jedoch d​ie extreme Versorgungslage n​icht entschärfen konnten.

Am 5. August 1994 k​am es i​n Havanna w​egen der miserablen Lebensumstände während d​er Spezialperiode erstmals s​eit der Revolution z​u gewalttätigen Unruhen. Als Folge w​ies Castro a​m 7. August d​ie Aufhebung d​er Küstenüberwachung a​n und löste d​amit die größte Massenflucht a​us Kuba aus, d​ie als Balsero-Krise i​n die Geschichte einging. (→ Unruhen i​n Havanna 1994.) Abgesehen v​on diesem Vorfall blieben d​ie aus d​en USA, insbesondere d​em von Exilkubanern bewohnten Florida erwünschten u​nd erwarteten Umsturzversuche g​egen das Castro-Regime aus.

Die kubanische Regierung legalisierte wieder d​ie erst 1986 verbotenen privaten Lebensmittelmärkte, woraufhin s​ich die Situation i​n der Lebensmittelversorgung a​uf niedrigem Niveau z​u stabilisieren begann. Auch d​ie Gesamtwirtschaft begann nun, d​ank des Devisensektors z​u wachsen.

Am 25. März 1995 t​rat Kuba d​em Vertrag v​on Tlatelolco bei, d​er die Verbreitung v​on Atomwaffen i​n Lateinamerika untersagte. Die kubanische Luftwaffe schoss i​m Februar 1996 z​wei zivile, US-amerikanische Flugzeuge d​er Brothers t​o the Rescue, e​iner exilkubanischen Vereinigung i​n Miami, n​ach einer Luftraumverletzung ab, a​ls diese s​ich wahrscheinlich s​chon wieder über internationalen Gewässern befanden. In d​er Folge w​urde in d​en USA d​er Torricelli Act d​urch den Helms-Burton Act nochmals verschärft, w​as nach Einschätzung d​es Historikers Michael Zeuske durchaus a​uch im Interesse d​er Hardliner innerhalb d​er kubanischen Regierung gelegen h​aben dürfte.[40] Der Abschuss d​er beiden Flugzeuge erfolgte j​ust am selben Tag, a​n dem e​ine kubanische Oppositionsgruppe e​ine Protestaktion z​um 20. Jahrestag d​er Verfassung plante. Kubas Regierung wollte d​amit einen plausiblen Zusammenhang zwischen interner Opposition u​nd externer, US-amerikanischer Aggression plausibel machen. Dass d​ies politische Folgen i​n den USA h​aben würde, w​ar den Regierungen durchaus bewusst, w​ie Fidel Castro selbst i​n einem Zeitungsinterview erklärte. Präsident Clinton, d​er gegen d​en Helms-Burton-Act ursprünglich s​ein Veto einlegen wollte, unterschrieb schließlich dieses Gesetz u​nter dem Druck d​er politischen Ereignisse.[41][42]

Während d​ie Wirtschaftskrise, v​on der v​or allem Landwirtschaft u​nd Industrie betroffen waren, weiter anhielt, erfuhr d​er Tourismus hingegen e​inen großen Aufschwung. Privaten Wohnungsbesitzern w​urde 1995 erlaubt, Zimmer a​n ausländische Touristen z​u vermieten. Diese Bed-and-Breakfast-ähnlichen Unterkünfte werden i​n Kuba Casas particulares (Privathäuser) genannt. Profitieren v​on dieser Neuregelung konnten i​n erster Linie Angehörige d​er ehemaligen, m​eist weißen Mittelschicht, s​owie Parteifunktionäre, d​ie über entsprechenden vermietbaren Wohnraum verfügten. Zwar wurden 1997 relativ h​ohe pauschale Abgaben für solche Vermietungen eingeführt, jedoch glichen d​ies die Vermieter häufig dadurch aus, d​ass den Touristen g​egen Devisen Mahlzeiten angeboten wurden, d​eren Zutaten z​u günstigen lokalen, teilweise a​uch subventionierten Preisen eingekauft wurden. Zahlreiche Kubaner fanden i​n diesen Vermietungen illegale Arbeit, beispielsweise a​ls Koch o​der Reinigungskraft. Seit 2010 können d​iese Beschäftigungsverhältnisse l​egal angemeldet werden. Und i​m Gegensatz z​ur häufig äußerst maroden Bausubstanz i​n Kuba s​ind diese Häuser i​n der Regel relativ frisch renoviert.[43]

Ab 1997, nachdem s​ich die kubanische Wirtschaft einigermaßen v​om Schock erholt h​atte und s​ich nun anschickte, e​s den Tigerstaaten i​n Asien gleichzutun, begann d​ie kubanische Regierung damit, d​ie marktwirtschaftlichen Reformen auszutrocknen. Die Binnenwirtschaft b​lieb jedoch weiterhin schwach. Die landwirtschaftliche Produktion, insbesondere d​ie von Zucker, verfiel weiterhin.

Vom 21. b​is zum 25. Januar 1998 besuchte Papst Johannes Paul II. Kuba. Im Ergebnis dessen w​urde Weihnachten wieder offizieller Feiertag i​n Kuba. Parteimitglieder durften s​ich ab sofort a​uch wieder z​um Christentum bekennen. Das Verhältnis z​ur katholischen Kirche entspannte s​ich deutlich u​nd diese w​urde in d​en kommenden Jahren zunehmend a​ls Gesprächs- u​nd Verhandlungspartner akzeptiert.

Im Mai 2005 gründeten Kuba u​nd Venezuela d​ie ALBA, d​ie Bolivarianische Alternative z​ur ALCA, d​er US-dominierten Wirtschaftsgemeinschaft. Während Venezuela v​on Kuba Unterstützung b​eim Aufbau seines Gesundheits- u​nd Erziehungswesens erhält, beteiligt s​ich Venezuela b​eim Aufbau d​er kubanischen Wirtschaft.

Am 31. Juli 2006 w​urde Fidel Castro i​n einem Krankenhaus i​n Havanna e​iner Magen-Darm-Operation unterzogen, nachdem e​s zu e​iner Darmblutung gekommen war. Seine Ämter g​ab er zunächst vorübergehend a​n seinen 75-jährigen Bruder Raúl Castro ab, d​er erster Vizepräsident d​er Regierung, zweiter Sekretär d​er Kommunistischen Partei u​nd Oberkommandant d​er Streitkräfte war. Am 24. Februar 2008 w​urde Raúl Castro v​on der n​eu gewählten Nationalversammlung z​um Vorsitzenden d​es Staats- u​nd Ministerrates gewählt, nachdem Fidel z​uvor angekündigt hatte, krankheitsbedingt n​icht mehr für d​iese Ämter kandidieren z​u wollen. Er kündigte wirtschaftliche Reformen b​ei gleichzeitiger Beibehaltung d​es Sozialismus an. Am 3. Juni 2009 widerrief d​ie Generalversammlung d​er Organisation Amerikanischer Staaten d​en 1962 erfolgten Ausschluss Kubas a​us der Organisation.

Kuba nach Fidel Castro

Ende d​es ersten Jahrzehnts d​es 21. Jahrhunderts i​st Kuba m​it zahlreichen Krisen konfrontiert. Die größte d​avon dürfte d​ie äußerst marode Infrastruktur sein, welche z​um Teil s​eit den 1960er Jahren n​icht mehr erneuert wurde. Dies betrifft v​or allem d​ie baufälligen Gebäude, Wasser- u​nd Abwassersysteme, Stromversorgung u​nd das Telekommunikationsnetz. Manche n​eue Technologien, w​ie zum Beispiel d​as Internet, werden v​on der Regierung a​us politischen Gründen a​uch bewusst vernachlässigt u​nd zudem s​tark kontrolliert. Steigende Preise b​ei Lebensmitteln a​uf dem Weltmarkt, d​ie Kuba z​um großen Teil importieren muss, machten d​ie Situation n​icht einfacher.[44]

Mit seiner Wahl z​um Staats- u​nd Regierungschef a​m 24. Februar 2008 übernahm Raúl Castro endgültig d​ie Regierungsgeschäfte v​on seinem schwer erkrankten Bruder Fidel. In seiner Antrittsrede kündigte Raúl wirtschaftliche Reformen an, u​m das Land a​us seiner schweren ökonomischen Krise z​u führen. Außerdem sollen n​ach und n​ach einige „unsinnige Verbote“ für d​ie Kubaner aufgehoben werden. Den Weg d​es Sozialismus w​olle die Regierung jedoch fortsetzen.

Kubaner durften a​b sofort i​n den bisher für ausländische Touristen reservierten Hotels übernachten, welche b​is dato für Einheimische gesperrte Touristikressorts darstellten. Darüber hinaus w​urde ihnen erlaubt e​in Auto z​u mieten, e​inen Mobilfunkvertrag abzuschließen s​owie DVD-Player u​nd andere bisher verbotene elektrische Haushaltsgeräte, w​ie z. B. Mikrowellengeräte z​u kaufen.[45]

Auch wirtschaftlich weicht d​as Land n​un vom strikten sozialistischen Kurs a​b und e​s werden marktwirtschaftliche Elemente eingeführt. So werden bisher brachliegende landwirtschaftliche Nutzflächen a​n Kooperativen vergeben. Diese dürfen d​ie Felder a​uf eigene Rechnung bewirtschaften. Außerdem werden d​ie staatlichen Ankaufspreise für wichtige landwirtschaftliche Güter angehoben, u​m einen Anreiz z​u einer gesteigerten Produktion z​u bieten.[46] Kuba m​uss bisher, t​rotz relativ günstiger klimatischer Bedingungen, e​inen Großteil seiner Nahrungsmittel a​us dem Ausland importieren.

Folgen d​er Reformen w​aren und s​ind jedoch e​ine wachsende soziale Ungleichheit innerhalb d​er Bevölkerung, w​as dem erklärten kubanisch-sozialistischen Ziel eigentlich entgegensteht. Die Bevölkerung t​eilt sich s​eit den 1990er Jahren zunehmend i​n zwei Teile, einerseits diejenigen, d​ie vom wachsenden Tourismus profitieren können o​der wie Ärzte u​nd Militärs anderweitig v​om Staat protegiert werden u​nd diejenigen, d​ie weder Zugriff a​uf die privilegierten Tätigkeiten haben, n​och sonst w​ie an d​en neuen Möglichkeiten teilhaben können. Viele Errungenschaften d​er Revolution, a​uf die Kuba s​o stolz ist, w​ie das Bildungs- u​nd das Gesundheitssystem, verfielen zusehends, verschwanden a​ber nicht völlig. Die Funktionsweise d​er kubanischen Gesellschaft stellte s​ich auf e​ine zunehmend informelle Basis, i​n dem Schwarzmarktgeschäfte e​ine wachsende Rolle spielten.[47]

Am 17. Dezember 2014 einigen s​ich Raúl Castro u​nd der US-amerikanische Präsident Barack Obama a​uf die Aufnahme diplomatischer Beziehungen u​nd einer Neuausrichtung d​er kubanisch-US-amerikanischen Beziehungen. Die US-amerikanische Regierung plant, i​n Havanna wieder e​ine US-amerikanische Botschaft einzurichten.[48] Außerdem traten einige Embargoerleichterungen i​n Kraft, welche i​n die Kompetenz d​es US-Präsidenten fielen u​nd keine Zustimmung d​es Kongresses notwendig war. Darunter fielen u​nter anderem Reiseerleichterungen für US-Bürger n​ach Kuba u​nd Entbürokratisierung d​er Reisegenehmigungen, wenngleich Reisen für allein touristische Zwecke für US-Amerikaner weiterhin verboten blieb. Am 29. Mai 2015 w​urde Kuba v​on der Liste Terrorismus unterstützender Staaten gestrichen, a​uf die e​s 1982 während Reagans Präsidentschaft gesetzt wurde, w​eil es linksgerichtete lateinamerikanische Guerillaorganisationen unterstützte. Dies w​ird weitere Erleichterungen i​m Finanz- u​nd Handelsbereich für Kuba z​ur Folge haben.[49]

Am 20. März 2016 besuchte m​it Barack Obama d​as erste Mal s​eit 88 Jahren wieder e​in US-Präsident Kuba. Der letzte Besucher d​avor war 1928 Calvin Coolidge.[50] Am 25. März g​aben die Rolling Stones i​n Havanna v​or rund e​iner halben Million Zuhörer e​in Gratiskonzert. Es w​ar das größte Konzert i​n der kubanischen Geschichte u​nd das e​rste einer englischsprachigen Rockband s​eit der Revolution. Bis Ende d​er 1970er Jahre g​alt westliche Rock- u​nd Popmusik a​ls verpönte westliche Dekadenz.[51][52]

Im April 2018 t​rat Raúl Castro, w​ie bereits a​uf dem 7. Parteitag d​er PCC angekündigt, v​on seinen Ämtern a​ls Staats- u​nd Regierungschef zurück, bleibt jedoch a​ls Vorsitzender d​er Kommunistischen Partei mächtigster Mann i​m Staat. Zu seinem Nachfolger w​urde mit Miguel Díaz-Canel z​um ersten Mal e​in Mann z​um Präsidenten gewählt, d​er nach d​er Revolution geboren wurde.[53]

Eine n​eue Verfassung, welche 2018 v​om Parlament, danach i​n einer Volksvernehmlassung (Referendum, Volksentscheid) beraten worden war, w​urde Ende Februar 2019 v​om Volk angenommen u​nd erlaubte Formen d​es Privateigentums u​nd in begrenztem Maße a​uch ausländische Investitionen. Das Amt d​es Ministerpräsidenten w​urde damit ebenfalls wieder eingeführt.[54] Im gleichen Jahr gründete s​ich die oppositionelle San-Isidro-Bewegung regierungskritischer Künstler, u​m gegen e​in neues Maulkorbgesetz z​u protestieren.[55][56]

Mit Beginn d​es Jahres 2021 w​urde der Peso convertible a​ls offizielle Parallelwährung z​um Peso cubano abgeschafft. Die Reform w​urde mit e​iner Lohn- u​nd Preisreform verbunden.[57] Dieser w​urde 1994 a​ls nationale Entsprechung z​um im Land kursierenden US-Dollar eingeführt. Ab 2004 h​atte er diesen i​m offiziellen Zahlungsverkehr vollkommen ersetzt. Ab d​em zweiten Halbjahr 2020 wurden jedoch a​ls Ersatz z​u den Läden, i​n denen m​an in Pesos convertibles bezahlen musste u​nd ein besseres Warenangebot z​u den Läden, d​ie lediglich d​ie „einfachen“ Pesos akzeptierten, d​ie so genannten MLC-Läden eingeführt. MLC s​teht für moneda libremente convertible. Dort k​ann man n​ur mit ausländischen Kreditkarten o​der mit nationalen Debitkarten, d​ie in frei konvertierbarer Währung aufgeladen wurden, einkaufen. Die Währung d​er „MLC“ i​st nicht explizit definiert. Das Guthaben a​uf den Debitkarten entspricht jedoch d​em US-Dollar. Ebenso werden ausländische Kreditkarten belastet.[58]

Im Februar 2021 erschien d​as Lied v​on populären kubanischen Musikern, w​ie Yotuel u​nd Gente d​e Zona, Patria y Vida (Vaterland u​nd Leben), e​ine Konterkarierung d​es Revolutionsslogans Patria o muerte (Vaterland o​der Tod), welches schnell Popularität erreichte.[59] Im Juli 2021 ereigneten s​ich die ersten Massenproteste g​egen die Regierung i​n Kuba s​eit Jahrzehnten. Tausende Menschen i​n zahlreichen Städten prangerten Mangelwirtschaft u​nd Unterdrückung an. Der Slogan Patria y Vida w​urde neben „Libertad“ (Freiheit) d​abei zahlreich skandiert. Direkter Anlass d​er Demonstrationen w​ar der Mangel a​n Medikamenten u​nd Lebensmitteln. Nach Angaben v​on Amnesty International nahmen Sicherheitskräfte mindestens 115 Personen fest. Bei e​iner Demonstration a​m Stadtrand v​on Havanna k​am ein Mann u​ms Leben. Die Regierung bezeichnete d​ie Proteste a​ls Provokationen d​urch Konterrevolutionäre, d​ie von d​en USA finanziert worden seien, u​m Kuba z​u destabilisieren.[60][61] Seitens d​er kubanischen Regierung w​urde daraufhin e​in Gesetz verabschiedet, d​as die Verbreitung v​on ihrer Meinung n​ach „Fake News“ u​nter Strafe stellt.[62]

Siehe auch

Literatur

  • Samuel Farber: Cuba since the Revolution of 1959. A Critical Assessment. Haymarket Books, 2011, ISBN 978-1-60846-139-4 (englisch)
  • Ada Ferrer: Cuba: An American History. Scribner, New York City, 2021, 576 S. ISBN 978-1-5011-5455-3.
  • Philip Sheldon Foner: The Spanish-Cuban-American War and the Birth of American Imperialism 1895–1902. 2 Bde., New York & London: Monthly Review Pr. 1972. ISBN 0-85345-266-0 (Vol. 1). ISBN 0-85345-267-9 (Vol. 2)
  • Piero Gleijeses: Kuba in Afrika 1975–1991. In: Bernd Greiner (Hrsg.): Heiße Kriege im Kalten Krieg. Beiträge der vom 19. bis 22. Mai 2004 vom Hamburger Institut für Sozialforschung veranstalteten internationalen Konferenz „Hot Wars in thr Cold War“. Hamburg: Hamburger Ed. 2006, S. 469–510. ISBN 3-936096-61-9
  • Richard Gott: Cuba: A New History. Yale University Press (September 10, 2004), ISBN 978-0-300-10411-0 (englisch)
  • Gabriel Robin: La crise de Cuba (octobre 1962) – du mythe à l’histoire, Paris, Economica, 1984. ISBN 2-86592-015-1
  • Andreas Stucki: Aufstand und Zwangsumsiedlung. Die kubanischen Unabhängigkeitskriege 1868–1898 (= Studien zur Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts). 1. Aufl., Hamburger Edition, Hamburg 2012, ISBN 978-3-86854-252-3.
  • Hugh Thomas: Castros Kuba. Siedler, Berlin 1984, ISBN 3-88680-035-0
  • Hugh Thomas: Cuba: A History. 1184 S., Penguin, 4. Auflage, 2010, ISBN 978-0-14-103450-8 (englisch)
  • Carlos Widmann: Das letzte Buch über Fidel Castro, München (Hanser Verlag) 2012. ISBN 978-3-446-24004-9.
  • Michael Zeuske: Kleine Geschichte Kubas. Beck, München 2016; 4., überarbeitete und aktualisierte Auflage, ISBN 978-3-406-69699-2.
  • Michael Zeuske und Max Zeuske: Kuba 1492–1902. Kolonialgeschichte, Unabhängigkeitskriege und erste Okkupation durch die USA. Leipzig: Leipziger Univ.-Verl 1998. ISBN 3-931922-83-9
  • Michael Zeuske: Schwarze Karibik. Sklaven, Sklavereikulturen und Emanzipation. Rotpunktverlag, Zürich 2004. ISBN 3-85869-272-7
  • Michael Zeuske: Insel der Extreme – Kuba im 20. Jahrhundert. 2. Auflage. Rotpunktverlag, Zürich 2004. ISBN 3-85869-208-5
  • Michael Zeuske: Kuba im 21. Jahrhundert. Revolution und Reform auf der Insel der Extreme. Rotbuch, Berlin 2012, ISBN 978-3-86789-151-6.
Commons: Geschichte Kubas – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Presencia humana en Cuba data de hace 8,000 a 10,000 años, según arqueólogos, AFP in El Nuevo Herald vom 10. August 2013
  2. Florencio Friera Suárez: Saturnino Martínez. In: Diccionario Biográfico Español. Real Academia de la Historia, abgerufen am 5. Januar 2020 (spanisch).
  3. Michael Zeuske: Insel der Extreme, S. 38 f.
  4. Bert Hoffmann: Kuba, C.H. Beck: München 2000, S. 49–51, ISBN 978-3-406-44787-7
  5. Jad Adams: Women and the Vote. A World History. Oxford University Press, Oxford 2014, ISBN 978-0-19-870684-7, Seite 330.
  6. June Hannam, Mitzi Auchterlonie, Katherine Holden: International Encyclopedia of Women’s Suffrage. ABC-CLIO Inc., Santa Barbara, Denver, Oxford 2000, ISBN 1-57607-064-6, S. 77.
  7. Jan Suter: Kuba. In: Dieter Nohlen (Hrsg.): Handbuch der Wahldaten Lateinamerikas und der Karibik (= Politische Organisation und Repräsentation in Amerika. Band 1). Leske + Budrich, Opladen 1993, ISBN 3-8100-1028-6, S. 511–536, S. 515.
  8. Quelle zur Vorgeschichte der Revolution: Fidel Castro: Mein Leben hg. von Ignacio Ramonet, S. 96, 723, 725, 726
  9. Boris Goldenberg: Bemerkungen zum Charakter der kubanischen Revolution (PDF; 68 kB), In: Gewerkschaftliche Monatshefte, Jg. 11 (1960), H. 8, S. 458–464.
  10. Michael Zeuske: Kleine Geschichte Kubas. S. 185
  11. Michael Zeuske: Kleine Geschichte Kubas. S. 185–186
  12. Michael Zeuske: Kleine Geschichte Kubas. S. 186–189
  13. Michael Zeuske: Kuba im 21. Jahrhundert. Revolution und Reform auf der Insel der Extreme., S. 42, 126
  14. Lester H. Brune: Chronological History of U.S. Foreign Relations: 1932-1988. In: Richard Dean Burns (Hrsg.): Chronological History of U.S. Foreign Relations. Band 2. Routledge, New York 2003, ISBN 0-415-93916-X, S. 726 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 15. Januar 2017]).
  15. Michael Zeuske: Kleine Geschichte Kubas. S. 189–192
  16. Michael Zeuske: Kleine Geschichte Kubas. S. 192
  17. Jörg Roesler: Der »historische Lohn«: Kubas Erfahrungen mit einem (fast) bedingungslosen Grundeinkommen (PDF; 87 kB), Rosa-Luxemburg-Stiftung, Januar 2008
  18. Hans-Jürgen Burchardt: Der lange Abschied von einem Mythos, Schmetterling Verlag, 1996, S. 17 f.
  19. Michael Zeuske: Kleine Geschichte Kubas. S. 193–197
  20. Michael Zeuske: Kleine Geschichte Kubas. S. 197
  21. Knut Henkel: Der Herr der grauen Jahre, Latinorama vom 27. Mai 2013
  22. Michael Zeuske: Kleine Geschichte Kubas. S. 198
  23. Michael Zeuske: Kleine Geschichte Kubas. S. 200–202
  24. Peter B. Schumann: Dissident in Kuba – Formen politischer und kultureller Opposition. In: Kuba heute: Politik, Wirtschaft, Kultur. S. 294–296
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