Supermacht
Als Supermacht bezeichnet man einen Staat, der globale Entwicklungen aufgrund seiner überragenden Fähigkeiten und Potentiale beeinflussen und bestimmen kann bzw. dies auch tut. Einfluss besteht weltweit auf Staaten und die Beziehungen zwischen Staaten.
Globale politische Durchsetzungsfähigkeit und Einflussmöglichkeiten ergeben sich aus dem wirtschaftlichen, industriellen, technologischen, finanziellen und militärischen Potential dieses Staates. Kennzeichnend ist insbesondere die Fähigkeit zur weltweiten militärischen Machtprojektion einschließlich des Besitzes strategischer Nuklearwaffen. Eine Supermacht hat in der Regel den Status einer Seemacht.
Antrieb politischen Handelns ist eine entwickelte Staatsphilosophie oder auch Ideologie, deren Ziele durch die Gesellschaft getragen, kulturell verinnerlicht und als Einflusspotential im Weltmaßstab wirken (Weltmacht).
21. Jahrhundert
Nach den Vereinigten Staaten (USA), der aktuellen Supermacht, gelten die Europäische Union[1][2][3], die Volksrepublik China[4][5], Indien und Russland als potenzielle Supermächte des 21. Jahrhunderts, auch wenn die Europäische Union ein Staatenbund und kein eigentlicher Staat ist.
Geschichte
In der Antike gab es zwei wesentlich überragende Reiche: zunächst das Perserreich, welches sich von Südosteuropa über Ägypten bis nach Indien erstreckte, sowie das Römische Reich, dessen Machtbereich im Mittelmeerraum als Ökumene bekannt war. Letzteres bedeutete „die gesamte bewohnte Welt“ unter der Herrschaft der römischen Kaiser, welche Frieden (Pax Romana), wirtschaftliches Wohlergehen und einheitliche Kultur garantierten. Im Mittelalter hatte das Frankenreich ein ähnliches Selbstverständnis und eine vergleichbare Bedeutung in Europa. Die Suche nach dem Seeweg nach Indien und die Entdeckung Amerikas 1492 erbrachten ein neues Verständnis des geographischen Begriffes „Welt“. Im Zuge der europäischen Kolonialisierung erlangten das Britische Weltreich und das Französische Kaiserreich eine führende Stellung. Die aufgeführten Staaten waren in ihrer Zeit entsprechend der heute geläufigen Definition aber eher Großmächte.
Vertreter waren nach dem Zweiten Weltkrieg die Vereinigten Staaten (USA) und die Sowjetunion (UdSSR). Mit der Auflösung der Sowjetunion 1991 verblieben nur noch die USA als Supermacht.
Die USA rückten 1917 von ihrem bis dahin praktizierten Isolationismus ab (siehe Außenpolitik der Vereinigten Staaten). Ab 1917 war es ihr Bestreben, die eigenen liberalen politischen Werte international zu verbreiten („bürgerlicher Internationalismus“). Am 6. April 1917 erklärten die USA dem Deutschen Reich den Krieg.
Präsident Woodrow Wilson war der Erste, der 1918 durch das 14-Punkte-Programm die Verbreitung der Demokratie, basierend auf einem liberal-kapitalistischen System, zum politischen Ziel erhob. Dieses außenpolitische Vorgehen setzte sich dann bei der Staatsbildung der Bundesrepublik Deutschland ab 1945, der US-amerikanischen Nah-Ost-Politik und an vielen anderen Orten fort.
Der Begriff „Supermacht“ wird meist im Hinblick auf die militärische Potenz gebraucht, gelegentlich auch mit der wirtschaftlichen Bedeutung assoziiert. Militärische Macht muss nicht unbedingt mit der ökonomischen Potenz übereinstimmen. Diese Diskrepanz zwischen Wirtschaft und Militär sorgt meist nach einer relativ kurzen Zeit der Stärke für den Bedeutungsrückgang des Staates. Ein Beispiel hierfür ist die Sowjetunion; sie konnte beim Wettrüsten im Kalten Krieg immer weniger mithalten und zerfiel nach einer Agonie in den 1990er Jahren ebenso wie kurz zuvor der Ostblock.
Begriffsabgrenzungen
Die herausragende Rolle, Bedeutung und Potentiale der Großmächte USA und der UdSSR im Verlauf des Zweiten Weltkrieges, während des Konfliktes zwischen der NATO und den Warschauer Vertragsstaaten nach dem Krieg und der Besitz strategischer Nuklearstreitkräfte führte zur Einführung des Begriffes Supermacht für diese Großmächte.
Solange nur die USA und die UdSSR Atombomben hatten, waren die Begriffe Supermacht und Atommacht synonym.
Nach 1990 und dem Zusammenbruch der UdSSR als führender Macht des Warschauer Pakts und des RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) wurde für die USA gelegentlich der Begriff Hypermacht (im Sinne von „einzige Supermacht“) verwendet; der Begriff etablierte sich aber nicht.
Wortverwendung
„‚Die Zerbrechlichkeit der Supermacht vorzuführen heißt, die Zerbrechlichkeit der Weltordnung vorzuführen.‘“
Siehe auch
Literatur
- Christian Hacke: Zur Weltmacht verdammt. Die amerikanische Außenpolitik von J. F. Kennedy bis G. W. Bush. 2. Auflage, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2003.
- Paul M. Kennedy: The Rise and Fall of the Great Powers. New York 1987.
- Paul M. Kennedy: Aufstieg und Verfall der britischen Seemacht. Bonn 1978.
- Halford Mackinder: Democratic Ideals and Reality. New York 1962.
- Alfred Thayer Mahan: Der Einfluß der Seemacht auf die Geschichte. Herford 1967.
- Friedrich Ruge: Politik und Strategie. Frankfurt am Main 1967.
- Immanuel Wallerstein: Absturz oder Sinkflug des Adlers? Der Niedergang der amerikanischen Macht. VSA-Verlag, Hamburg 2004, ISBN 3-89965-057-3.
- Zbigniew Brzeziński: Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2004, ISBN 978-3-596-14358-0.
Weblinks
Einzelnachweise
- Mark Leonard: Europe: the new superpower, 2005.
- Ode an die Freude?; Europavisionen, Heft 1/2004
- Die EU und China als künftige Supermächte?
- manager magazine
- Focus-Online:Die gelbe Supermacht
- Giovanna Borradori: Philosophie in Zeiten des Terrors. Philo, Berlin/Wien 2004, ISBN 3-86572-358-6, S. 194.