Mayotte
Mayotte, ein aus einer Hauptinsel und mehreren kleineren Inseln bestehendes Gebiet, liegt am nördlichen Rand der Straße von Mosambik im Indischen Ozean zwischen der Nordspitze Madagaskars und dem Norden Mosambiks. Geographisch gehört es zum Archipel der Komoren.
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Amtssprache | Französisch | ||||
Hauptstadt | Mamoudzou | ||||
Staatsoberhaupt | Staatspräsident Emmanuel Macron | ||||
Regierungschef | Präsident des Generalrates Soibahadine Ibrahim Ramadani | ||||
Fläche | 366,22 km² | ||||
Einwohnerzahl | 256.518 (14. Dezember 2017)[1] | ||||
Bevölkerungsdichte | 685,9 Einwohner pro km² | ||||
Bruttoinlandsprodukt | 2.322 Mio. € (2016)[2] | ||||
Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner | 9.052 € (2016) | ||||
Währung | Euro (EUR) | ||||
Zeitzone | UTC+3 | ||||
Internet-TLD | .yt | ||||
Telefonvorwahl | +262 | ||||
Mayotte ist ein Übersee-Département und eine Region Frankreichs. Zuvor war es bereits seit 1976 Gebietskörperschaft der Französischen Republik (Collectivité territoriale de la République française, seit 2001 unter der Bezeichnung Collectivité départementale). Am 31. März 2011 erhielt Mayotte den Status des 101. französischen Départements; es wurde am 1. Januar 2014 als ein Gebiet in äußerster Randlage (Outermost Region, OMR) Teil der Europäischen Union und hat denselben Status wie etwa Französisch-Guayana.
98 % der Bevölkerung sind sunnitische Muslime, die als besonders tolerant gelten.[3] Amtssprache ist zwar Französisch, gesprochen wird aber vor allem Mahorisch, eine Variante des mit dem Swahili eng verwandten Komorischen. Die Insel heißt auf Mahorisch „Mahoré“, von welchem sich der Name der Sprache „Mahorisch“ sowie das Attribut „mahorisch“ ableiten. Die Bewohner Mayottes werden „Mahorer“ genannt.[4]
Geographie
Die Inselgruppe Mayotte besteht aus der Hauptinsel „Grande Terre“ (auch, wie das ganze Überseegebiet selbst, Mayotte genannt), der Nebeninsel „Petite Terre“ (Pamanzi) und mehreren kleineren und unbewohnten Inseln (îlots). Die Landfläche beträgt etwa 374 km². Mayotte ist mit etwa neun Millionen Jahren die älteste Vulkaninsel der Komoren. Korallenriffe umgeben die Inseln. In der Regenzeit von November bis März sind die Temperaturen höher als in der Trockenzeit. Der höchste Punkt ist mit 660 Metern der Mont Benara auf der Hauptinsel. Die Hauptstadt Mamoudzou liegt ebenfalls auf der Hauptinsel, während der internationale Flughafen Dzaoudzi Pamandzi auf Petite Terre liegt.
Durch seine Randlage im Indischen Ozean und den Mangel an Lichtquellen auf der Insel ist Mayotte kaum von Lichtverschmutzung betroffen.
Vulkanismus
Im Jahr 2018 entstand auf dem Meeresgrund fünfzig Kilometer östlich von Mayotte ein 820 Meter hoher submariner Vulkan in ca. 3500 Metern Tiefe, was sich im gleichen Jahr durch einen Erdbebenschwarm und ein Fischsterben in der Region bemerkbar machte. Dabei wurden ca. fünf Kubikkilometer Lava gefördert, womit es sich hierbei um den vermutlich größten jemals beobachteten Ausbruch unter Wasser handelt.[5][6][7]
Geschichte
Mayotte war seit 1500 in den Händen von madegassischen Herrschern und lokalen Sultanen. Sklavenjagden des madegassischen Volkes der Sakalava entvölkerten die Insel weitgehend, bis sie 1841, auf Wunsch des wehrlosen Sultans gegen eine Summe von 1000 Piastres, von Frankreich zum Protektorat erklärt wurde. Als einzige Inselgruppe des Archipels hielt es in der Abstimmung von 1974 die Verbindungen zu Frankreich aufrecht und verzichtete so auf die Unabhängigkeit. Der Staat der Komoren erhebt seither Anspruch auf Mayotte und erkennt dessen Zugehörigkeit zu Frankreich nicht an. Hierbei stützt man sich auf eine UN-Resolution des Jahres 1979.[8]
In einer Volksbefragung am 29. März 2009 befürworteten die Einwohner Mayottes mehrheitlich, dass das Gebiet die Kompetenzen der Übersee-Départements und Übersee-Regionen gemäß Artikel 73 der Verfassung Frankreichs erhalten soll.[9] In der Folge wurde Mayotte am 31. März 2011 das 101. Département Frankreichs.
Laut Marie-Claire Thull war Anfang der 2010er Jahre das Bruttoinlandsprodukt Mayottes pro Kopf zehnmal höher als das der Union der Komoren.[10] Allerdings beträgt das BIP/Kopf im Vergleich zum Kernland Frankreichs weniger als ein Drittel.[11] Die Französische Botschaft in Deutschland teilte im Dezember 2010 mit, es sei Ziel der französischen Politik, „den Lebensstandard der mahorischen Bevölkerung an das Niveau der Mutterland-Bewohner heranzuführen“.[12]
Mayotte wurde am 1. Januar 2014 als Gebiet in äußerster Randlage (OMR – Outermost Region) Teil der Europäischen Union.
Politik
Mayotte ist in der französischen Nationalversammlung mit zwei Abgeordneten (seit Juni 2012) und im Senat mit zwei Senatoren vertreten. Von 1976 bis 2001 war Mayotte eine Gebietskörperschaft (Collectivité territoriale) gemäß Artikel 72 der Verfassung, erhielt im Juli 2001 die Bezeichnung Collectivité départementale und 2007 gemäß Artikel 74 den Status einer Collectivité d’outre-mer („überseeische Körperschaft“). Mayotte hat einen Generalrat und ist seit dem 31. März 2011 Übersee-Département, war aber bis zum Ende einer Übergangsfrist am 31. Dezember 2013 kein Teil der Europäischen Union.
Auf der Insel ist bis heute ein kleines Kontingent französischer Soldaten des Détachement de Légion Etrangère de Mayotte (Fremdenlegion) stationiert.
Rechtsstellung
Seit 2014 gilt auf der Insel französisches Recht. Die Einwohner von Mayotte konnten bis zum 31. Dezember 2013 entscheiden, welches Recht auf sie angewandt wurde, entweder:
- das allgemeine (französische) Recht, wie es im europäischen Frankreich gilt (Code civil, Notare, Verwaltung, Gerichte usw.) oder
- das sogenannte statut personnel, dann galt das europäische Recht nicht, auch nicht die laïcité. Dieser Status war nur möglich für die islamischen Einwohner von Mayotte und Einwanderer von den Komoren oder aus dem Nordwesten Madagaskars. Die Rechtsprechung erfolgte durch islamische Kadis. Betroffen war die Rechtsstellung der Frauen (unter anderem einseitige Scheidung, Polygamie), das Erbrecht (zum Beispiel Diskriminierung nach Religionszugehörigkeit) und das Bodenrecht. Nach muslimischem Recht wurden Ehen ab einem Alter von 15 Jahren geschlossen.
Die rechtliche Besonderheit des statut personnel war ein Hindernis für die vollständige Eingliederung Mayottes in den französischen Staat und die Europäische Union. Am 29. März 2009 fand ein Referendum zur Frage statt, ob Mayotte in ein vollwertiges französisches Département transformiert werden soll. Bei einer Wahlbeteiligung von 61,4 % stimmten 95,2 % mit „Ja“.[13]
Mit der 2011 erfolgten Eingliederung wurde das Rechtssystem an das des Mutterlandes angepasst. Am 1. Januar 2014 erhielt Mayotte den Status eines „Gebiets in äußerster Randlage“[14] und ist seither Bestandteil der EU. Seit diesem Zeitpunkt gilt zwingend das französische Recht.
Verwaltung
Mayotte ist in 17 Gemeinden unterteilt sowie in 13 Kantone, die sich räumlich im Allgemeinen nicht mit den Gemeinden decken. Es existieren keine Arrondissements. Die 17 Gemeinden sind in fünf Gemeindeverbänden zusammengeschlossen:
Siehe auch:
Gesellschaft
Die Frauen haben eine relativ starke Position in der mahorischen Gesellschaft. Sie sind traditionell die Hausbesitzerinnen. Die Männer ziehen zu ihren Frauen und verlassen deren Haus im Falle der Scheidung, wodurch diese eine gewisse finanzielle Absicherung haben. Jeder Mann muss für seine Töchter bzw. Schwestern ein Haus oder eine Etage bauen. Die Häuser werden von den Müttern auf die Töchter vererbt.
Die Familien sind relativ instabil, was sich in einer hohen Scheidungsrate, aber auch Wiederverheiratungsrate zeigt. Scheidungen werden oft von den Frauen eingereicht, was keine soziale Schande ist. Offiziell ist die Polygamie seit kurzem verboten. Die Jungen ziehen im Alter von 14 Jahren traditionell in Lehmhütten (Bangas) neben dem Elternhaus, um selbstständig zu werden. Die Bangas werden von Bruder zu Bruder weitergegeben. Die Mädchen bleiben im Elternhaus wohnen.
Kinder aufgegriffener illegal eingewanderter Eltern werden oft von diesen auf Mayotte zurückgelassen; teilweise wird ihre Existenz französischen Exekutivorganen gegenüber verschwiegen. Anschließend sind sie sich selbst überlassen und schließen sich Gangs an, deren Mitglieder nicht die Schule besuchen, keine legale Arbeit finden und überwiegend von Diebstählen leben. Erwachsene Menschen «sans papiers» („ohne Papiere“, d. h. ohne Aufenthaltsberechtigung) werden regelmäßig von der Polizei aufgegriffen, können aber de facto nicht abgeschoben werden, da die Union der Komoren weder eigene Staatsbürger noch Menschen mit ungeklärter Staatsbürgerschaft zurücknimmt.
Auswirkungen globaler Fluchtbewegungen im 21. Jahrhundert
Von 160.301 Bewohnern waren gemäß Zensus von 2002 64,7 % in Mayotte geboren, 3,9 % in anderen französischen Gebieten. 28,1 % waren von den benachbarten Inseln der unabhängigen Komoren eingewandert, 2,8 % aus Madagaskar und die übrigen 0,5 % aus anderen Ländern.[15] Im Juli 2004 wurden 178.438 Einwohner gezählt, wovon mehr als die Hälfte jünger als 20 Jahre war.
Nach Angaben von Mansour Kamardine (Bürgermeister von Mayotte 2002–2007) waren im Jahr 2017 52 % der Bevölkerung illegale Einwanderer und ihre Kinder, von denen die meisten über die benachbarte Komoreninsel Anjouan einreisen. Die meisten dieser Einwanderer sind Afrikaner aus dem Gebiet der Großen Seen, Pakistaner und Madegassen.[16] 2015 lebten geschätzte 100.000 bis 150.000 illegale Einwanderer auf Mayotte, meist von den umliegenden Inseln zugewanderte Menschen.[17] Da die Zuwanderer zumeist nachts in kwassa-kwassa genannten Booten die Überfahrt nach Mayotte wagen, ist es schwierig, die illegale Zuwanderung effektiv zu unterbinden, obwohl es rund um Mayotte Frontex-ähnliche Kontrollen der Gewässer gibt, zumal die Bootsinsassen das Risiko, durch Kentern zu sterben, in Kauf nehmen. 2013 sorgte der Präsident der Komoren, Ikililou Dhoinine, bei der UN-Generalversammlung für Aufsehen, als er den Delegierten in New York erklärte: „Das Visum, das für den Tod von 10.000 meiner Landsmänner verantwortlich ist, macht das Meer zwischen Mayotte und den anderen Inseln zum größten Unterwasser-Friedhof der Welt.“[18]
Hauptmotiv der Zuwanderer sei es 2007 gewesen, unter harten Bedingungen, aber zu wesentlich attraktiveren Löhnen als in der Heimat auf Plantagen zu arbeiten.[19] Tatsächlich versuchen französische Behörden, aufgegriffene illegale erwachsene Einwanderer zügig abzuschieben. Unter den Einreisenden sind hochschwangere Frauen stark vertreten, da Frankreich prinzipiell keine Minderjährigen abschiebt.[20] Die Hoffnung, dass diese Kinder französische Staatsbürger werden, scheitert oft schon an der Bedingung, dass sie bis zu ihrem 16. Geburtstag ihrer Schulpflicht gewissenhaft nachkommen müssen, deren Einhaltung aber de facto nicht erzwungen werden kann.[21]
Verkehr
Es existieren weder Schienenverkehr noch künstliche Wasserstraßen auf Mayotte.
Straßen
- Gesamt 93 km
- davon befestigt 72 km
- davon unbefestigt 21 km
Wirtschaft
Die Insel lebt vor allem von den Einfuhrzöllen, der Agrarwirtschaft, den auf Zeit entsandten französischen Beamten und zu einem geringen Anteil vom Tourismus. Die meisten Güter müssen importiert werden. Die größten Wirtschaftspartner sind Frankreich und die Komoren, die gemeinsam etwa 95 % des Außenhandels abwickeln. Die Währung Mayottes ist der Euro.
Im Jahr 2017 betrug die Arbeitslosenquote 25,9 %.[22]
Sport
Mayotte ist weder Mitglied des Fußball-Weltverbandes FIFA noch der afrikanischen CAF, hat aber eine Fußballnationalmannschaft.
Klimatabelle
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Klimadiagramm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Mayotte
Quelle: wetterkontor.de |
Weblinks
- Infos zu Mayotte auf Frankreichs offizieller Website (englisch)
- CIA World Factbook: Mayotte (englisch)
- Constantin Schreiber auf der Flüchtlingsinsel Mayotte – dw-Reportage über die Einwanderung auf Mayotte 2007
- «Voyages … Visages» – Eine andere Art zu reisen und zu sehen
- „Europa im Indischen Ozean - Die Insel Mayotte wird das 101. französische Departement“, Feature des Deutschlandfunks vom 11. Dezember 2010 (Abschrift als PDF)
- Insel Mayotte wird zum 101. französischen Departement (Memento vom 31. Dezember 2010 im Internet Archive) Artikel der Französischen Botschaft in Berlin (via Internet Archive)
- Frankreichs verlorenes Paradies. Auslandsjournal. ZDF. 22. August 2018. 7'46 bis 15'01
- Forscher weisen riesige Magmakammer unter Indischem Ozean nach
Einzelnachweise
- Französisches Statistikinstitut (www.insee.fr)
- Institut national de la statistique et des études économique
- Sascha Lehnartz: Eine Reise in den wohl seltsamsten Teil von Europa. welt.de. 5. März 2015
- Übersetzungen für „mahorais“ im Französisch » Deutsch-Wörterbuch. de.pons.com
- Rätsel um Rumoren vor den Komoren gelöst. In: derStandard.at. 24. Mai 2019, abgerufen am 24. Mai 2019.
- Nathalie Feuillet et al: Birth of a large volcanic edifice offshore Mayotte via lithosphere-scale dyke intrusion. nature.com, 2021, abgerufen am 4. Oktober 2021 (englisch, Leider nicht frei).
- Daniel Lingenhöhl: Im Indischen Ozean ist ein riesiger Vulkan entstanden. spektrum.de, 1. Oktober 2021, abgerufen am 4. Oktober 2021.
- Letzte UN-Resolution vom 28. November 1994 (PDF; 150 kB)
- Résultat de la consultation populaire du 29 mars 2009 à Mayotte; (Memento vom 1. April 2009 im Internet Archive) Malango Mayotte, abgerufen am 16. Oktober 2013.
- Marie-Claire Thull: Kampftänze der afrikanischen Diaspora: Entstehung, Entwicklung und Bedeutung. Tectum Wissenschaftsverlag. 13. März 2014, S. 71, Fußnote 59
- Filipa Azevedo: Outermost Regions (ORs). In: Fact Sheets on the European Union. Europäisches Parlament, November 2017, abgerufen am 14. Oktober 2018.
- Französische Botschaft in Deutschland: Insel Mayotte wird zum 101. französischen Departement. www.botschaft-frankreich.de, 27. Dezember 2010, archiviert vom Original am 31. Dezember 2010; abgerufen am 30. August 2018.
- Départementalisation de Mayotte. La Site Internet de la Prefecture de Mayotte et la Service d'Etat, 1. April 2009, archiviert vom Original am 15. Dezember 2011; abgerufen am 1. April 2011 (französisch).
- Ab dem 1. Januar hat die EU ein Inselparadies. Die Welt, 30. Dezember 2013, abgerufen am 30. Dezember 2013.
- MIG 1 DET – POPULATION SELON LE LIEU DE NAISSANCE
- Daoud Boughezala: «A Mayotte, l’Etat français laisse faire le remplacement de population». Entretien avec le député LR Mansour Kamardine. Causeur, 12. September 2017.
- Die ungewöhnlichen Routen der Flüchtlinge – Frankreich: Überseegebiet Mayotte ist beliebt. handelsblatt.com. 5. September 2015
- Markus Schönherr: Der Traum von Paris. welt-sichten.org. 22. Mai 2015.
- Spiegel Special: Afrika – Das umkämpfte Paradies, „Das Insel-Labor“ vom 22. Mai 2007
- Weltspiegel: Mayotte/Komoren: Frankreichs vergessene Kinder. ARD, 26. April 2015.
- Europa Magazin: Frankreich: Mayotte - Armenhaus der Nation. ARD, 13. Mai 2018.
- Arbeitslosenquote, nach NUTS-2-Regionen. Abgerufen am 5. November 2018.