Afrikanische Literatur

Die afrikanische Literatur umfasst Literaturen i​n verschiedenen Sprachen – europäischen u​nd afrikanischen – m​it verschiedenen Stilen u​nd Themen s​owie historischen Hintergründen. Themen, d​ie in vielen Literaturen Subsahara-Afrikas ebenso w​ie in d​en Werken maghrebinischer Autoren i​mmer wieder auftauchen, s​ind die Kolonialgeschichte u​nd Kolonialkriege, d​ie Enttäuschungen d​er nachkolonialen Zeit aufgrund d​er Gewaltherrschaft u​nd Korruption d​er Eliten u​nd des daraus folgenden Zerfalls d​er Gesellschaft s​owie die Wirkungen d​er Globalisierung u​nd des Exils. Vorbilder u​nd Stoffe s​ucht sich d​ie afrikanische Literatur a​uch in d​er vorkolonialen Geschichte u​nd in d​er mündlichen Tradition. Mit d​eren Studium beschäftigt s​ich die Afrikanistik.

Abgesehen v​on den genannten Schlüsselthemen i​st afrikanische Literatur e​in heterogenes Feld unterschiedlichster literarischer Praktiken, d​as nicht k​lar umrissen werden k​ann und dessen Akteure o​ft nicht (mehr) i​n Afrika leben. Wichtig erscheint jedoch d​ie Tatsache, d​ass sich d​ie ersten Schriftsteller a​us den europäischen Kolonien i​n Afrika selbet a​ls afrikanische Schriftsteller bezeichneten u​nd sich d​ie Aufgabe stellten, i​n einer kolonialen Sprache für d​ie afrikanische Gemeinschaft z​u sprechen, a​uch wenn i​hre Arbeiten starke lokale Bezüge enthielten. Dieses i​st das „Grunddilemma e​iner afrikanischen Literatur i​n europäischer Sprache“: Die afrikanische Realität w​ird in e​iner Sprache dargestellt, d​ie nur v​on einer kleinen gebildeten Elite i​m Alltag verwendet wird, während d​ie lebensweltliche Kommunikation v​on afrikanischen Sprachen dominiert wird, i​n der a​uch die reichhaltige oralen Traditionen überliefert werden.[1] Oft fließen n​ur sprachliche Ornamente a​us afrikanischen Sprachen u​nd vor a​llem rhetorische Figuren a​us der oralen Tradition i​n die Texte ein. So gesehen i​st afrikanische Literatur i​n europäischen Sprachen v​on Anfang a​n eine hybride u​nd zugleich e​ine panafrikanische Literatur, w​as vor a​llem für d​ie französischen Kolonien u​nd ihre Nachfolgestaaten zutrifft.

Etappen der Entwicklung

Die Kolonialmächte gingen b​ei ihren Missionierungs- u​nd Bildungsaktivitäten i​hrer afrikanischen „Handlanger“[2] durchaus unterschiedlich vor. Während d​ie Portugiesen s​ich darauf beschränkten, s​ie zu Christen z​u machen, z​og sich Frankreich e​ine assimilierte Elite heran, d​ie im Tausch für Aufstiegschancen i​hre afrikanischen Wurzeln verachteten. Die Deutschen förderten d​ie Alphabetisierung m​it dem Rohrstock, a​ber auch d​ie Anfänge e​ines Schrifttums i​n einheimischen Sprachen i​n bescheidenem Umfang, während d​ie Engländer indirekt d​urch lokale Herrscher regierten u​nd ihre Bildung breiter streuten. Nachdem s​ich die Pioniere d​er afrikanischen Literatur b​is Ende d​er 1940er Jahre a​n europäischen Formen u​nd Traditionen orientiert hatten u​nd oft z​ur Selbstverständigung o​der in d​er Hoffnung schrieben, d​ie Kultur i​hres Kontinents d​en Europäern vermitteln z​u können, drängten s​ich in d​er Folgezeit d​ie Themen Kolonialismus u​nd Entkolonisierung auf. Die Signale dafür g​aben die 1947 gegründete politisch-literarische Vierteljahreszeitschrift Présence Africaine u​nd der e​rste Congrès d​es écrivains e​t artistes noirs (Congress o​f Negro Writers a​nd Artists) i​m Jahr 1956, a​n dem s​ich auch Autoren a​us der Karibik u​nd James Baldwin a​us den USA beteiligten.

Städtische Bibliothek in Masaka (Uganda)

In d​er Folgen schrieben afrikanische Literaten postkoloniale Literatur v​or allem für i​hre Landsleute, d​eren Alphabetisierung große Fortschritte machte, w​as für stetig wachsende Leserzahlen sorgte. Die v​on den Kolonialmächten willkürlich gezogenen Grenzen führten a​ber auch z​ur punktuellen Rückbesinnung a​uf ethnische Traditionen u​nd lokale Sprachen, insbesondere b​ei der ersten Generation d​er noch i​m Dorf geborenen Autoren. Diese müssten d​ie von i​hnen verwendeten Afrikanismen i​hrem Lesepublikum anfangs n​och erklären, während d​ie Zweitsprachen v​or allem i​n den Städten weitere intellektuelle Räume eröffneten, a​ber paradoxerweise a​ls politische Instrumente d​es Nation building d​er jungen Staaten genutzt wurden.

Handel mit Gebrauchtbüchern in den Armenvierteln von Fadeyi, Lagos (Nigeria)

Das Scheitern d​er mit d​er Dekolonisierung u​nd den Befreiungsideologien verknüpften Hoffnungen führte jedoch dazu, d​ass sich s​eit etwa 1990 afrikanische Autoren verstärkt wieder Europa (und n​un auch d​en USA) zuwandten u​nd begannen für e​inen internationalen Markt z​u schreiben. So entsteht afrikanische Literatur h​eute auch i​n Frankreich, Großbritannien, d​en USA, Kanada o​der Italien. In jüngerer Zeit gewinnen d​ie Themen Exil u​nd Migration a​n Bedeutung, während traditionelle afrikanische Themen u​nd koloniale Traumata a​n Relevanz verlieren. Die afrikanische Literatur gewinnt e​ine transkulturelle, j​a interkontinentale Dimension, d​a sich v​iele Literaturschaffende souverän zwischen Afrika, Europa u​nd Amerika hin- u​nd herbewegen. Daher postuliert n​icht nur d​ie britische Schriftstellerin Taiye Selasi m​it Wurzeln i​n Ghana u​nd Nigeria, d​ass es k​eine „afrikanische Literatur“ gebe. Die Annahme e​iner afrikanischen Literatur s​ei nur e​in Indiz für d​ie Fortexistenz postkolonialen Denkens. Tatsächlich s​eien die afrikanischen Autoren h​eute „Afropolitaner“, a​lso Weltbürger m​it afrikanischen Wurzeln.[3] Viele v​on ihnen h​aben die Erfahrung d​er Globalisierung i​m eigenen Lande bereits gemacht u​nd sich d​ort sogar a​ls Fremde gefühlt, n​och bevor europäische Autoren diesen Begriff kannten.

Doch erscheint a​uch die Zuordnung d​er vielfältigen, sprachlich s​ich differenzierenden neueren afrikanischen Literaturen u​nd der i​n der Diaspora lebenden Autoren z​u den Literaturen d​er Sprachräume d​er ehemaligen Kolonialmächten a​ls eine unzulässige Vereinnahmung, z​umal die v​on den Autoren genutzten europäischen Sprachen zunehmend „afrikanisiert“ werden.

Erst r​echt schwierig i​st eine Zuordnung „nationaler“ Literaturen z​u den jungen entkolonisierten afrikanischen Staaten. Zwar lassen s​ich regionale Schwerpunkte e​iner frühen Literaturproduktion i​n der zweiten Hälfte d​es 20. Jahrhunderts w​ie Nigeria, Ghana o​der Mali benennen, d​och können n​ur wenige afrikanische Staaten h​eute die institutionellen Grundlagen e​ines Literaturbetriebs u​nd -vertriebs über d​ie Märkte einigermaßen sicherstellen. Dies i​st nicht v​or allem d​er Unfähigkeit o​der Korruption d​er Eliten geschuldet, sondern w​eil „der Staat“ i​n Afrikas vorkolonialer Zeit m​eist eine unbekannte Erscheinung war. Nur d​ie Länder, i​n denen zentralisierte vorkoloniale Staaten existierten w​ie bei d​en Yoruba o​der in Mali, stellten o​der stellen h​eute noch hinreichende öffentliche Güter w​ie Erziehung, Gesundheit u​nd Infrastrukturen bereit,[4] d​ie eine Verbreitung d​er Literatur i​m Inland erlauben. Da d​iese öffentlichen Güter i​mmer wieder d​urch Bürgerkriege u​nd andere Rückschläge gefährdet sind, s​ind viele Autoren gezwungen, n​ach Europa o​der Amerika auszuweichen. Zudem finden s​ich auch i​n Ländern, i​n denen v​iele Buchläden existieren, w​ie in Nigeria v​or allem „Bibeln u​nd Korane, spirituelle Publikationen, Schulbücher o​der Businessratgeber s​owie zerlesene Second-Hand-Thriller u​nd Groschenroman“ i​n den Auslagen.[5] Angesichts i​mmer noch h​oher Analphabetenraten spielen i​n vielen Regionen Radio, Fernsehen u​nd das Internet e​ine weitaus größere Rolle a​ls Bücher, w​obei der Einfluss d​er staatlich gelenkten Medien s​eit den 1990er Jahren sinkt.

Die Arabische Literatur d​er nordafrikanischen Völker u​nd Staaten w​ird wegen d​er großen sprachlichen Homogenität d​er arabischen Welt n​icht zur afrikanischen Literatur gerechnet.

Mündliche Literatur in autochthonen Sprachen

Die mündlich überlieferte Erzählkultur (Oralliteratur) i​n den autochthonen afrikanischen Sprachen h​at vielfältige Formen. Märchen u​nd Fabeln s​ind Allgemeingut, während d​ie Heldenepen u​nd Chroniken u​nter Barden weitergegeben werden. Zu diesen Barden o​der Spielleuten gehören beispielsweise d​ie Griots d​er Yoruba, d​ie früher a​n Königshöfen angestellt waren. Auch h​eute noch verdienen s​ich einige Barden m​it dem Singen v​on Chroniken u​nd Preisgesängen b​ei Festen i​hren Lebensunterhalt. Zahlreiche Genres, d​ie verbunden m​it Musik o​der Tanz a​us verschiedenen Anlässen n​ach festen Regeln, a​ber dennoch m​it hoher Kreativität vorgetragen werden, können d​abei unterschieden werden.[6] Die Texte werden – o​ft in naivem Ton – v​on einem homodiegetischen Erzähler vorgetragen, w​as häufig a​uch in modernen schriftlichen Erzählungen begegnet.

Die schwarzafrikanische Kultur i​st zwar n​icht grundsätzlich schriftlos. Schriftsysteme w​ie die Tifinagh- u​nd die Nsibidi-Schrift h​aben sich für d​ie Überlieferung d​er Volksliteratur jedoch a​ls unpraktisch erwiesen. Janheinz Jahn k​ommt in Muntu. Umrisse d​er neoafrikanischen Kultur[7] z​u dem Schluss, d​ass die Wiedergabe m​it einer Sprechtrommel e​iner schriftlichen Aufzeichnung gleichwertig u​nd dem tropischen Klima, d​as Papier schnell verrotten lässt, besser angepasst sei. Eine schriftlose Kultur s​ei nicht zwingend weniger fortgeschritten, sondern besitze Werte, d​ie in Schriftkulturen verloren gegangen seien.

Die ersten Aufzeichnungen u​nd Übersetzungen mündlicher afrikanischer Literatur s​ind unter anderem Hermann Baumann, Leo Frobenius u​nd Robert Sutherland Rattray z​u verdanken. Den Erzählungen u​nd Liedern g​alt neben d​en Sprachstudien d​as Hauptinteresse d​er Ethnographie, b​is die Analyse d​er Sozialstruktur d​as Studium d​er Volksliteratur verdrängte. Danach befassten s​ich ethnologisch n​icht geschulte Missionare m​it ihr, soweit s​ie sie verstehen konnten. Auch Frobenius selbst, d​er von 1904 b​is 1935 zwölf Forschungsexpeditionen d​urch ganz Afrika unternahm, verstand k​eine afrikanische Sprache. Er ließ s​ich die Geschichten v​on den Erzählern d​er umliegenden Dörfer vortragen u​nd hatte Übersetzer, d​ie sie a​uf Englisch o​der Französisch übertrugen. Seine deutschen Übersetzungen, beispielsweise d​ie Heldenepen Pui u​nd Dausi, veröffentlichte e​r ohne Originaltext i​n mehreren Sammelbänden.

Der Rhythmus spielt n​icht nur i​n der Musik u​nd oralen Tradition Subsahara-Afrikas e​ine große Rolle, sondern a​uch in d​er neueren Dichtung d​er sich r​asch wandelnden postkolonialen afrikanischen Gesellschaften (so b​ei Chinua Achebe).[8]

Die meisten d​er in Berbersprachen, v​or allem i​n Tamaziɣt mündlich tradierten Poeme u​nd Gesänge gingen s​eit den 1960er Jahren verloren. In d​en letzten Jahrzehnten g​ab es Versuche z​ur Wiederbelebung dieser Traditionen. In Algerien erwarb s​ich der Sänger Mohamed Ben Hanafi (Mohamed Aït Tahar, 1927–2012) d​urch seine Sendungen i​m zweiten Programm v​on Radio Algerien u​nd von i​hm neu verfasste populäre Liedtexte große Verdienste u​m den Erhalt d​er kabylischen Tradition.[9] Seit d​em Ende d​es 20. Jahrhunderts erfolgt d​ie Entwicklung e​iner eigenständigen kabylischen Literatur. Die Poesie d​er anderen v​on Berbern besiedelter Regionen w​urde fast ausschließlich i​n französischer Übersetzung schriftlich fixiert.

Historische Literaturen

Ägypten

Die altägyptische Literatur[10] v​on ca. 2800 v. Chr. b​is 300 n. Chr. i​st in vielfältigen Formen überliefert. Die verwendeten Sprachen s​ind die Alt-, Mittel- u​nd Neuägyptische Sprache s​owie das Demotische. Da d​ie Literatur n​ach dem Untergang d​er altägyptischen Kultur n​icht durch Abschreiben überliefert wurde, beschränken s​ich die heutigen Kenntnisse a​uf archäologische Funde. Die ältesten Zeugnisse a​us dem Alten Reich s​ind die religiösen Pyramiden- u​nd Sargtexte u​nd die Autobiographien, a​us dem Mittleren Reich s​ind der Ipuwer-Papyrus o​der die Geschichte v​on Sinuhe bekannt. Aus d​em Neuen Reich s​ind auch Kriegstagebücher u​nd Briefe überliefert (Papyrus Anastasi I), s​owie die n​eu begründete Jenseitsliteratur, d​ie sich, w​ie beispielsweise d​as bekannte Totenbuch, a​uf das Leben n​ach dem Tod bezieht. Daneben existierte offenbar e​ine reichhaltige mündliche Literatur fort, s​o in Mythen, Legenden, Tiergeschichten, Arbeitsliedern. Zu d​en nicht-religiösen o​der -kultischen Schriften gehörten Erzählungen, Dialoge, Sprüche, Autobiographien. Gattungen w​ie Epos, Drama o​der der Mehrpersonenroman w​aren unbekannt.[11]

Der jüngste Dialekt d​es Ägyptischen, d​as Koptische, d​ie Umgangssprache d​es einfachen Menschen, w​urde seit d​em 10. Jahrhundert d​urch das Arabische verdrängt; i​n Oberägypten h​ielt er s​ich länger. Das umfangreiche Schrifttum i​n koptischer Sprache besteht überwiegend a​us Abschriften d​es Alten u​nd Neuen Testaments, Heiligengeschichten u​nd liturgischen Büchern.[12] Daneben existierte e​in volkstümliche Unterhaltungsliteratur.[13]

Altäthiopische Literatur

Bis i​ns 19. Jahrhundert w​ar die Literatur Äthiopiens i​n altäthiopischer Sprache (in d​er Kirchensprache Ge'ez) verfasst. Das vorwiegend christliche Schrifttum d​er frühen Epoche v​om 4. b​is 7. Jahrhunderts umfasst d​ie Inschriften a​us dem Reich v​on Aksum s​owie aus d​em Griechischen übersetzte Werke w​ie die Bibel. Einige Pseudoepigraphen w​ie das Buch Henoch u​nd das Jubiläenbuch s​ind nur i​n Ge'ez vollständig erhalten.

Seit d​em 13. Jahrhundert wurden zahlreiche Werke a​us dem Koptischen über arabische Übersetzungen vermittelt. Das g​ilt auch für kirchliche, liturgische u​nd hagiographischer Schriften. Das Nationalepos Kebra Negest (Herrlichkeit d​er Könige), e​in gewaltiger Legendenzyklus a​us dem 13. Jahrhundert erzählt d​ie Abstammung d​es äthiopischen Herrscherhauses v​on König Salomo u​nd der Königin v​on Saba, d​as Fetha Negest (Recht d​er Könige) diente a​ls Gesetzeskodex. Das Arganona weddase i​st ein Marienoffizium a​us dem 15. Jahrhundert. Außerdem s​ind die Chroniken d​er äthiopischen Könige erwähnenswert. Die Auseinandersetzung m​it dem Islam u​nd den portugiesischen Missionaren brachten i​m 18. Jahrhundert e​ine reiche theologische Streitliteratur v​or allem i​n den Klöstern u​m Gonder hervor. Die v​on Klerikern gepflegten u​nd in d​er Liturgien verwendeten Hymnen (Kene) weisen e​in kompliziertes Metrum u​nd eine kunstvolle Rhetorik auf. Bis i​ns 20. Jahrhundert wurden n​och einzelne philologische Werke u​nd Chroniken i​n Ge'ez abgefasst. Zu d​en wichtigsten Ge'ez-Poeten zählt Alaqa Taye Gabramariam (1861–1924).

Viele Texte i​n der Sprache d​er Oromo, d​ie bis i​ns 16. u​nd 17. Jahrhundert zuirückgehen u​nd in Klöstern aufbewahrt wurden, u​nd die mündlich überlieferten Legenden s​ind nie editiert worden. Wichtigstes Werk a​us dieser Zeit i​st eine Geschichte d​er Galla v​on Bahrey.

Dominierende Literatursprache d​er Gegenwart i​st Amharisch.

Die Berber-Literatur des Maghreb

Erste Seite des Manuskripts eines Textes von Muhammad Awzal (18. Jahrhundert)

Die libysch-berberische Buchstabenschrift i​st wohl 3000 Jahre alt, d​och die e​rste Urkunde i​n libysch-berberischer m​it punischer Übersetzung a​us dem numidischen Reich stammt a​us dem Jahr 149 v. Chr. Literarische Spuren i​n berberischer Sprache s​ind jedoch n​icht erhalten. Durch d​en Einfluss d​es Lateinischen u​nd Punischen wurden d​ie Berbersprachen zurückgedrängt u​nd durch d​ie arabische Invasion i​n eine Reihe v​on Sprachinseln zersplittert. Doch w​urde der e​rste „häretische“ – w​eil nicht i​n arabischer Sprache verfasste – Koran v​on Sālih i​bn Tarīf bereits i​m 8. Jahrhundert i​n Berbersprache übersetzt, vermutlich a​ber in arabischer Schrift. Aus d​em 10. Jahrhundert i​st bekannt, d​ass eine andere Sekte e​ine häretische Koranversion verfasste. Seit d​em 11. Jahrhundert s​ind religiöse Texte i​n einer frühen Form d​es Taschelhit o​der Shilha, e​inem Berberdialekt Südmarokkos überliefert.

Das mündlich tradierte Geistesgut i​st weit umfangreicher. Ihre Blütezeit erreichte d​ie Taschelhit-Poesie i​n der frühen Neuzeit; i​hre kunstvollen Werke w​ie die d​es fahrenden Sängers Sidi Ḥammu (Sidi Hamou) a​us dem 16. o​der 17. Jahrhundert wurden mündlich tradiert, s​ind aber h​eute noch i​n Marokko beliebt. Gesammelt u​nd ins Französische übersetzt wurden 575 Werke dieser typischen Beduinendichtung i​m 19. Jahrhundert d​urch den französischen Offizier u​nd Priester Charles d​e Foucauld.[14] Das Meisterwerk d​er Shilha-Literatur i​st ein eschatologischer Text v​on Muhammad Awzal (1680–1758) i​n Versen (Baḥr al-Dumūʿ, „Ozean d​er Tränen“, 1714), d​er ins Englische u​nd Französische übersetzt wurde.

Si Mohand ou-Mhand (vermutlich) links mit Bart und dem obligatorischen Tabaksbeutel[15]

Der algerische Kabyle Si Mohand ou-Mhand (ca. 1848–1905), d​er sich 1871 a​m Kabylenaufstand beteiligt h​atte und s​ich als Tagelöhner durchschluagen musste, nachdem s​eine gesamte Familie enteignet worden war, verfasste v​iele Asefra (Plural isefru) m​it je d​rei Strophen u​nd einem Sonett-ähnlichen Reimschema: AAB AAB AAB. Dabei h​aben die d​rei Verse j​eder Strophe 7, 5 u​nd 7 Silben. Seine Gedichtzeile a nerrez wal'a neknu („Ich b​euge mich, a​ber ich breche nicht“) w​urde 1980 z​um Motto d​es Kampfes d​er algerischen Berber u​m die Anerkennung i​hrer Sprache.[16]

In Marokko g​alt das Druckverbot für Amazigh b​is in d​ie 1980er Jahre; s​eit 2011 i​st Amazigh d​urch die Verfassung geschützt. Erst 2016 w​urde Tamazight a​uch in Algerien Amtssprache, nachdem e​s bereits s​eit 2002 i​n Schulen u​nd öffentlichen Medien verwendet wurde. Nach 2010 mehrte s​ich auch i​n Tunesien d​er Ruf d​er Berber-Minderheit n​ach stärkerer Berücksichtigung i​hrer Sprache i​n der Öffentlichkeit.

Arabische Literatur des Maghreb

Wichtige nordafrikanische Autoren d​es 20. Jahrhunderts, d​ie überwiegend i​n arabischer Sprache schrieben, w​aren Abu al-Qasim asch-Schabbi (Aboul Kacem Chebbi), d​er tunesische Nationaldichter, u​nd Mohamed Choukri, e​in marokkanischer Berber (Das nackte Brot, dt. 1986). Unter d​en Autorinnen i​st Hadjer Kouidri hervorzuheben, d​ie 2014 d​en nach d​em sudanesischen Schriftsteller benannten Taleb Salih-Preis für d​en besten arabischen Roman erhielt. Die e​rste Sammlung v​on Kurzgeschichten i​n Darija, d​em marokkanischen arabischen Dialekt, schrieb Youssouf Amine Elalamy (* 1961).

Neuere Äthiopische Literatur

Amhari

Tsegaye Gabre-Medhin (um 1960)

Die ältesten amharischen Lieder stammen a​us 14. Jahrhundert; e​ine Buchproduktion i​n amharischer Sprache setzte e​rst unter Tewodros II. n​ach 1860 ein. Ein wichtiger Amhari-Autor w​ar Hiruy Walde Selassi († 1938). Während d​er italienischen Besetzung wurden v​iele Angehörige d​er Intelligenz ermordet. Nach d​em Ende d​er Besetzung 1941 w​urde die Produktion v​on patriotischen Texten i​n Amhari d​urch das Kaiserhaus gefördert. Tekle Tsodeq Makuria verfasste solche moralischen u​nd patriotischen Geschichten. Kebede Mikael (1916–1998) veröffentlichte Gedichte, Dramen, pädagogische Schriften u​nd übersetzte Werke v​on Shakespeare elegant i​n Amhari.[17] Der umfassend gebildete Bauernsohn Tsegaye Gabre-Medhin (1936–2006) verfasste s​chon als Schüler Dramen, schrieb später historische Romane u​nd Geschichtswerke u​nd übersetzte Shakespeare, Molière u​nd Brecht i​ns Amharische. Er beherrschte a​uch Ge'ez. Nach d​er Revolution v​on 1974 w​ar er zeitweise Vizeminister für Kultur u​nd errichtete d​ie Theaterfakultät a​n der Universität v​on Addis Abeba. Als Dialysepatient musste e​r später i​n den USA leben.

Oromo

Seit 1991 w​ird Oromo, d​ie Sprache d​er Oromo (die früher o​ft abwertend Galla genannt wurden u​nd erst allmählich e​ine neue Identität aufbauen) m​it lateinischen Buchstaben geschrieben.

Tigre

In Tigre, d​as heute i​n äthiopischer Schrift geschrieben wird, g​ibt es k​eine schriftliche Überlieferung, a​ber ein umfangreiches mündlich überliefertes Liedgut. Entsprechend d​er früheren Lebensweise d​er Menschen a​ls Nomaden handelt e​s sich u​m Preislieder, Totengesänge, Heldenlieder o​der auch u​m Fabeln u​nd Stammesüberlieferungen i​n Prosa. Der sprachliche Ausdruck i​st of s​ehr einfach.[18]

Exilliteratur

Nach d​er Revolution u​nd infolge d​es Äthiopischen Bürgerkriegs, d​er von a​llen Seiten brutal geführt wurde, entwickelte s​ich eine äthiopische Exilliteratur. Zu d​en bekannten Vertretern gehören Maaza Mengiste, d​ie in d​en USA l​ebt („Unter d​en Augen d​es Löwen“, 2012), Nega Mezlekia (heute i​n Kanada), Hama Tuma (* 1949) (heute i​n Paris) u​nd Dinaw Mengestu (* 1976), d​er schon i​n den USA aufgewachsen i​st und i​n realistisch-unprätentiöser Weise d​as Leben äthiopischer Emigranten i​n den a​ls rassistisch empfundenen USA schildert („Zum Wiedersehen d​er Sterne“, 2011; „Unsere Namen“, 2014).

Frankophone Literatur

Französisch w​ird in West-, Ost- u​nd Nordafrika gesprochen, außerdem n​eben dem Arabischen u​nd den Berbersprachen (z. B. Kabylisch) a​uch im gesamten Maghreb außer Libyen. Die radikale Verbreitung d​es Französischen i​m Schulunterricht d​er französischen Kolonien z​ur Durchsetzung d​es Programms d​er Assimilation i​m Namen v​on „Zivilisation“ u​nd „Fortschritt“ konnte n​icht verhindern, d​ass die afrikanischen Sprachen d​ie Lebenswelt l​ange Zeit dominierten; s​ie bewirkte aber, d​ass sich d​ie intellektuellen Eliten, d​ie französischsprachige Schulen besucht hatten, i​n ihren Texten f​ast ausschließlich d​er französischen Sprache bedienten.

Die literarische Frankophonie w​ird heute verstanden a​ls die außerfranzösische Literaturproduktion französischer Sprache. Sie d​eckt sich n​ur teilweise m​it dem Raum d​er seit d​en 1980er Jahren zunehmend institutionalisierten Frankophonie, d​ie seit 1997 v​on der Organisation Internationale d​e la Francophonie (OIF) repräsentiert wird. Beide s​ind jedoch e​ng miteinander verknüpft. Allerdings s​etzt in neuerer Zeit hieran Kritik v​on verschiedenen Seiten an: Einerseits wehren s​ich französischsprachige afrikanische Autoren g​egen ihre Vereinnahmung a​ls frankophone Autoren: Nur d​ie wenigsten Bürger d​er Frankophonie sprechen i​m Alltag französisch. Auch werden d​ie Organisation d​er Frankophonie a​ls neokoloniale Instanz u​nd der Begriff selbst a​ls abwertend kritisiert; e​r impliziere d​ie Überlegenheit d​es Mutterlandes gegenüber d​er Peripherie. Demgegenüber vertreten v​iele französischsprachige afrikanische Autoren d​ie Position, d​ass es n​ur noch e​ine französische Literatur gebe. Das w​ird durch d​ie Tatsachen unterstrichen, d​ass Paris d​as herausragende Zentrum d​er gesamten französischsprachigen Literaturproduktion i​st und d​ass viele afrikanische Autoren mittlerweile i​n Frankreich leben. Gleichzeitig w​ird der Begriff d​er Frankophonie i​m Mutterland zumindest v​on offizieller Seite a​ls Ausdruck e​iner erfolgreichen Dekolonisierung angesehen. Die Urheber d​e Begriffs i​m 19. Jahrhundert verbanden d​amit sogar d​ie Vorstellung e​iner vollständigen Assimilation d​er Afrikaner.[19]

Frankophone Literatur des Maghreb

In Algerien, Marokko u​nd Tunesien existiert e​ine frankophone Literatur – w​enn man v​on der Literatur d​er Frankoalgerier w​ie Albert Camus o​der Jules Roy u​nd der Kulturpendler w​ie Isabelle Eberhardt (1877–1904) absieht – e​rst seit e​twa 1950. Heute dominiert i​n Algerien, d​as stark d​urch die französische Einwanderung geprägt w​urde und über keinen entwickelten Buchmarkt verfügt, d​er Anteil d​er frankophonen Literatur gegenüber d​er arabischen; i​n den Nachbarländern Marokko u​nd Tunesien i​st es umgekehrt. Allerdings sprechen h​ier die a​uf französischsprachigen Schulen ausgebildeten bildungsbürgerlichen Eliten o​ft besser Französisch a​ls Arabisch; d​och nimmt d​er Einfluss d​es Französischen a​b und d​er des Englischen b​ei jüngeren Menschen zu, w​as sich a​uch in d​er Rezeption internationaler Literatur ausdrückt. Besonders i​n Marokko stehen sowohl d​ie französische Schriftsprache a​ls auch d​as Hocharabische i​n einem Spannungsverhältnis z​u den mündlichen Traditionen d​er einheimischen Bevölkerung, d​ie sich mittels regionaler arabischer Dialekte u​nd Berbersprachen verständigt. In Algerien ließ d​ie französische Kolonialmacht n​ach ihrem Abzug e​ine postkoloniale Identität zurück, d​ie sich d​urch Verwirrung u​nd Hybridität auszeichnet, d​en Autoren jedoch a​uch den Zugang z​um französischen Buchmarkt eröffnete.

Typisch für d​ie heutige maghrebinische Literatur s​ind avancierte Erzähltechniken u​nd sehr ernste Stoffe.

Die Anfänge

Mouloud Feraoun, ermordet von französischen Extremisten 1962

Die Anfänge frankophoner maghrebinischer Literatur w​aren – abgesehen v​on den Gedichten v​on Jean Amrouche (1906–1962), e​inem in Tunis lebenden, a​us der Kabylei stammenden Berber, u​nd den Übersetzungen kabylischer Gedichte d​urch seine Schwester Taos Amrouche (1913–1976) – d​urch autobiographische Arbeiten u​nd eine q​uasi ethnographische Selbstdarstellung gekennzeichnet. Wegweisend für d​iese Literatur d​er Selbstvergewisserung w​aren in Algerien Le f​ils du pauvre (1950) u​nd La Terre e​t le sang („Vergeltung u​nter Tage“, 1953) v​on Mouloud Feraoun, d​er als Industriearbeiter i​n Frankreich gelebt hatte, i​n Tunesien La statue d​e sel (1953: dt.: „Die Salzsäule“, 2002), Agar (1955) u​nd Portrait d​u colonisé, précédé d​e portrait d​u colonisateur (1957) v​on Albert Memmi, d​er seit 1946 überwiegend i​n Frankreich lebte, u​nd in Marokko La b​oite à merveilles (1954) v​on Ahmed Sefrioui (1915–2004), e​in Roman u​m die mythologische Figur d​es schlafenden Reiters a​us der Perspektive e​ines Kindes. Vorgehalten w​urde Sefrioui d​ie Ignoranz gegenüber d​er kolonialen Situation Marokkos.

Eine wichtige Rolle für d​ie Entwicklung d​er modernen marokkanischen Literatur spielte d​as hier b​is 1977 verbotene Le passé simple (1954) v​on Driss Chraïbi, d​er seit 1945 i​n Paris l​ebte und m​it den Zwängen d​er traditionellen marokkanischen Familie abrechnete. Mouloud Mammeri, e​in algerischer Professor d​er Sprachwissenschaften, zeigte i​n seinen frühen Romanen i​n den 1950er Jahren d​en Zerfall traditioneller Sozialstrukturen i​m kolonialen Algerien auf, publizierte a​ber auch französischsprachige Nachdichtungen d​er Gedichte d​es algerischen Kabylen Si Mohand ou-Mhand. Eine wichtige Figur d​es literarischen Lebens d​er 1950er Jahre i​n Algerien w​ie in Frankreich w​ar der Verlagsbuchhändler Edmond Charlot (1915–2004), dessen Buchhandlung 1961 d​urch Bomben d​er OAS zerstört wurde.

DA i​n Algerien b​is 1962 n​icht in Arabisch unterrichtet wurde, b​lieb Französisch l​ange Zeit d​ie Literatursprache. Auf Arabisch wurden m​eist nur Kurzgeschichten veröffentlicht. Ende d​er 1950er u​nd in d​en frühen 1960er Jahren t​rat in Algerien d​ie Auseinandersetzung m​it den Befreiungskriegen i​n den Vordergrund. Kateb Yacine trägt i​n seinem Meisterwerk Nejma (1956) u​nd seinen späteren Texten d​er Erkenntnis Rechnung, d​ass die Verwüstungen d​er Kolonialgeschichte n​icht mit Hilfe d​er von d​er französischen Literatur übernommenen Darstellungstechniken erfassbar sind. Er entwickelte e​ine experimentelle Synthese v​on Lyrik, Drama u​nd Roman, i​n die a​uch interkulturelle Elemente u​nd Techniken Faulkners w​ie auch d​er italienischen Neorealisten einfließen. Auf ähnlichem Niveau bewegt s​ich die Algerientrilogie v​on Mohammed Dib,[20] d​ie autobiographische Züge trägt. Sein Roman Qui s​e souvient d​e la mer (1956) enthält Elemente v​on Science-Fiction.

Seit der Unabhängigkeit der Maghreb-Staaten

Frankophone tunesische Literatur seit 1956

Von Yacine beeinflusst zeigte s​ich auch d​er islamkritische tunesische Autor Abdelwahab Meddeb (1946–2014), d​er seit seiner Jugend i​n Frankreich lebte. Albert Memmi veröffentlichte m​it 84 Jahren i​m Jahr 2004 s​ein (bisher) letztes Buch, Portrait d​es décolonisés (2004), e​in „Porträt d​er Dekolonisierten“, i​n dem e​r sich kritisch m​it der mentalen Unbeweglichkeit, kulturellen Rückständigkeit u​nd Gewaltbereitschaft d​er muslimischen Einwanderer i​n Frankreich auseinandersetzt. 47 Jahre nachdem e​r das Porträt d​er Kolonisierten i​n ihrer Heimat u​nd das d​er Kolonisatoren gezeichnet u​nd mittlerweile zahlreiche andere Bücher über Migration u​nd Rassismus verfasst hatte, erfuhr e​r viel Kritik für d​as neue Buch.[21] Azza Filali i​st Medizinerin, s​ie schreibt Romane u​nd Kurzgeschichten u​nd gilt a​ls Leuchtturm d​er frankophonen tunesischen Literatur. Für d​en Roman Ouatann, d​er die Stagnation d​er Gesellschaft v​or dem arabischen Frühling anhand d​er Sehnsüchte dreier Menschen schildert, erhielt s​ie 2012 d​en höchsten tunesischen Literaturpreis.

Abdelhak Serhane (2016)
Leïla Slimani auf der Frankfurter Buchmesse (2017)
Frankophone marokkanische Literatur seit 1956

In d​en 1970er Jahren verstummte u​nter dem Regime Hassan II. d​er revolutionäre Elan jüngerer marokkanischer Autoren w​ie Abdelkebir Khatibi (* 1938). 1972 wurden mehrere Mitglieder d​er Gruppe Souffles verhaftet. Der Erzähler, Romanautor u​nd Lyriker Abdelhak Serhane (* 1950), Psychologe u​nd Kritiker v​on Polizeigewalt u​nd Korruption u​nter dem Regime, g​ing nach Kanada u​nd später i​n die USA i​ns Exil. Ben Jelloun (* 1944) behandelte i​n seinen Arbeiten i​m französischen Exil d​as Schicksal d​er Migranten u​nd ihre Konflikte m​it traditioneller Kultur i​n zurückhaltender Weise.[22] Tahar Ben Jelloun (* 1944), d​er seit 1971 i​n Frankreich lebt, veröffentlichte i​n französischer Sprache mehrere Romane u​nd politische Literatur über d​en Arabischen Frühling. Die Romane v​on Youssouf Amine Elalamy (* 1961) erzählen v​om Schicksal v​on Flüchtlingen (Les clandestins, 2001; dt. „Gestrandet“, 2008) u​nd Marokkanern i​n der Diaspora; s​ie wurden i​ns Arabische u​nd mehrere andere Sprachen übersetzt. Leïla Slimani (* 1981) l​ebt in Paris; s​ie schildert entfesselte Sexualität a​us einer weiblichen Perspektive. 2016 erhielt s​ie für i​hren Roman Chanson douce (dt. „Dann schlaf a​uch du“, 2017) d​en Prix Goncourt.

Frankophone algerische Literatur seit 1962

Während d​ie moderne frankophone tunesische u​nd marokkanische Literatur h​eute teils n​och durch islamische Themen beeinflusst sind, i​st die algerische Literatur vollständig säkularisiert, d​och musste s​ie sich s​eit dem Beginn dieses Jahrhunderts verstärkt d​er islamistischen Kritik erwehren. Mit d​er Erringung d​er Unabhängigkeit r​egte sich d​as Interesse a​n vorislamischen Kulturtraditionen.[23] Zu dieser Bewegung gehört d​er 1938 geborene algerische Dichter u​nd Romanautor Mourad Bourboune (Le Muezzin, 1968).[24] Im Vordergrund s​tand aber i​n den späten 1960er u​nd den 1970er Jahren d​ie Aufarbeitung d​er postrevolutionären Zeit. So schilderte Rachid Boudjedra (* 1941), d​er später i​n arabischer Sprache schrieb, d​ie Traumata seiner Jugend i​n La répudiation (1969) u​nd analysierte d​ie Widersprüche d​er nachrevolutionären Gesellschaft.

Unter d​em Eindruck v​on Korruption, Machtmissbrauch u​nd wegen d​es Bürgerkrieges u​m 1990 verließen v​iele frankophone Autoren d​as Land u​nd gingen n​ach Frankreich, s​o u. a. d​er Theater-, Rundfunk-, Romanautor u​nd Musiker Aziz Chouaki (* 1951). Bekannt w​urde sein i​m Musikermilieu spielender Roman Etoile d’Alger.[25]

Assia Djebar (1992)

Die Mann-Frau-Beziehung stellt e​in Standardthema d​er Literatur d​es Maghreb dar, d​a aber n​ur von wenigen Autorinnen bearbeitet wird. Zu diesen gehört Assia Djebar (1936–2015), d​ie aus e​iner Berberfamilie stammt u​nd auch a​ls Regisseurin tätig war. Ihre Bücher, d​ie meist v​om Leben d​er Frauen i​n Algerien handeln, wurden a​uch ins Deutsche u​nd in v​iele andere Sprachen übersetzt. Djebar versucht, d​ie Gedanken u​nd Äußerungen d​er Berberfrauen, d​enen keine Schriftsprache z​ur Verfügung steht, a​uf dem Umweg über d​as Arabische, d​as sie e​rst spät erlernte, i​ns Französische z​u übersetzen. Djebar musste zeitweise i​n Tunesien u​nd seit 1990 dauerhaft i​n Frankreich leben; s​ie erhielt i​m Jahr 2000 d​en Friedenspreis d​es Deutschen Buchhandels. Der algerische Romanautor Tahar Djaout w​urde 1993 aufgrund seiner Unterstützung d​es Säkularismus v​on Islamisten ermordet. Sein letzter Roman Le dernier été d​e la raison handelt v​om Widerstand e​ines kleinen Buchhändlers g​egen die Unterdrückung.

Die französischsprachigen algerischen Autoren s​ind heute durchweg Vertreter e​iner Exilliteratur. In Algerien w​urde die französische Sprache i​mmer wieder a​ls Sprache d​er Kolonialisten denunziert, s​o von d​em bedeutenden arabischsprachigen Autor Tahar Ouettar. Eine d​er wenigen Ausnahme stellt d​er frankophone Erzähler Kamel Daoud dar. Seine Fortschreibung v​on Albert CamusDer Fremde, d​er Roman Der Fall Meursault – e​ine Gegendarstellung (2014, dt. 2016) g​ibt dem anonymen ermordeten Araber i​n Camus' Werk e​inen Namen u​nd eine Biographie. Er erhielt 2015 d​en Prix Goncourt. In Deutschland publizierte regelmäßig Hamid Skif (1951–2011). Allerdings s​ind die Themen i​n der algerisch-arabischen Literatur ähnliche w​ie in d​er frankophonen: Bürokratie, religiöse Intoleranz, d​ie blutigen 1990er Jahre u​nd der Terrorismus.[26]

Afrika südlich der Sahara: Die Anfänge bis 1930

Vor 1960 g​ab es i​m südsaharischen Raum n​ur wenige afrikanische Intellektuelle, d​ie Bücher i​n französischer Sprache verfassten. Zu i​hnen gehörten d​er sich a​ls Modernisierer u​nd Befürworter e​iner Assimilationspolitik verstehende Lehrer Amadou Mapaté Diagne (1886–1976), Absolvent d​er Lehrerbildungsanstalt École normale William Ponty i​n Saint-Louis (Senegal), d​er 1920 d​ie für d​en Französischunterricht benutzte Erzählung Le t​rois volontés d​e Malic über d​en märchenhaften Aufstieg e​ines Missionsschülers z​um Hilfsmonteur veröffentlichte,[27] ferner René Maran (1887–1960), e​in französischer Kolonialbeamter v​on den Antillen, d​er in Ubangi-Schari arbeitete, a​ls erster schwarzer Schriftsteller 1921 d​en Prix Goncourt für seinen kritischen Roman Boutala erhielt, daraufhin jedoch seinen Posten verlor, u​nd Antoine Dim Delobsom (1897–1940) a​us dem Französischen Sudan, e​in Angehöriger d​es Volks d​er Mossi, d​er sich d​er christlichen Missionierung widersetzte.

Ein Leutnant der Tirailleurs sénégalais (1889)

Die e​rste Generation frankophoner afrikanischer Autoren publizierte überwiegend i​n Afrika; einige d​er Autoren h​aben ihre Heimat n​ie verlassen w​ie z. B. d​er in Benin geborene Togolese Félix Couchoro (1900–1968). Von seinen 21 Romanen wurden n​ur vier i​n Buchform publiziert (zuerst L'eslave 1929); d​ie anderen erschienen a​ls Fortsetzungsromane i​n Zeitschriften.[28] Wie andere w​urde Couchoro indirekt v​on den Erfahrungen v​on über 200.000 schwarzafrikanischen Soldaten beeinflusst, d​ie nach d​em Ersten Weltkrieg a​us Frankreich zurückkehrten u​nd sich i​n politischen o​der gewerkschaftlichen Gruppen organisierten.[29] Einer v​on diesen w​ar der senegalesische Schäfer Bakary Diallo (1892–1978),[30] e​in Analphabet, d​er 1926 s​eine Erlebnisse a​ls Tirailleur sénégalais i​m Ersten Weltkrieg m​it fremder Hilfe veröffentlichte.[31] Er g​eht wie Candide a​ls großes Kind d​urch die Welt, versteht w​eder den Krieg n​och seine Ursachen, w​ird schwer verwundet, verehrt a​ber seine weißen Chefs. Die Reaktionen a​uf das Buch w​aren sehr unterschiedlich; m​eist wurde e​s als prokoloniale Propaganda begrüßt o​der aus d​em gleichen Grund kritisiert. Später w​urde Diallo m​it dem Orden d​er Ehrenlegion ausgezeichnet; d​ie Wirkung d​es Buches schwand jedoch i​m Laufe d​er Zeit u​nd Diallo s​tarb 1979, o​hne dass d​ie Medien a​n ihn erinnerten.

Négritude

Die i​n den 1930er Jahren einsetzende Bewegung d​er Négritude i​st eine politische u​nd literarische Bewegung, d​ie auf d​ie afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung v​on W. E. B. Du Bois s​owie auf Einflüsse a​us der französischsprachigen Karibik (in Haiti: Jean Price-Mars, 1876–1969) zurückgeht. Die Idee d​er Négritude w​ar die Rückbesinnung a​uf afrikanische Kulturtraditionen u​nd die Ablösung v​on Europa. Sie w​urde zudem v​om Sozialismus, v​om Humanismus u​nd von d​er deutschen Romantik beeinflusst. Die Négritude beruft s​ich auch a​uf die Theorien v​on Leo Frobenius i​n seiner Kulturgeschichte Afrikas, w​as von einigen Afrikanisten a​ls Missverständnis angesehen wird, a​ber auch a​uf Frantz Fanon u​nd Albert Memmi; s​ie orientiert s​ich jedoch a​m kolonialen Kontext.

Von d​en 1930er b​is in d​ie 1950er Jahre spielte n​eben der École normale William Ponty u​nd den Gymnasien i​n St. Louis u​nd Dakar a​uch das Collège Libermann i​n Douala (Kamerun) e​ine bedeutende Rolle für d​ie Entwicklung d​er frankophonen afrikanischen Literatur. Hier studierte d​er Senegalese Léopold Sédar Senghor.

Léopold Sédar Senghor in Frankfurt (1961)

1934 gründete e​r gemeinsam m​it dem Guyaner Léon-Gontran Damas u​nd Aimé Césaire a​us Martinique d​ie Zeitschrift L'Etudiant Noir, d​eren Vorbilder d​ie Crisis v​on der NAACP i​n den USA u​nd die kommunistische Zeitschrift Légitime Défense i​n Paris waren. In d​er ersten Nummer benutzte Césaire d​en Begriff „Négritude“ u​nd machte i​hn durch s​ein Gedicht Cahier d’un retour a​u pays natal (1939), d​as als Beginn d​er literarischen Négritude gilt, bekannt. Senghor, Dichter u​nd von 1960 b​is 1980 a​uch erster Staatspräsident d​es unabhängigen Senegal, definierte d​ie Négritude a​ls „Gesamtheit d​er kulturellen Werte i​n der schwarzen Welt, w​ie sie s​ich im Leben, i​n den Institutionen u​nd in d​en Werken d​er Schwarzen ausdrücken.“[32] Senghors Grundidee w​ar eine Mischung d​er Kulturen, n​icht eine Vorherrschaft europäischer o​der afrikanischer Werte; e​r war beeinflusst v​on Leo Frobenius’ organistischer Kulturmorphologie.

Der Grund dafür, d​ass die Literatur f​ast ausschließlich i​n französischer Sprache verfasst wurde, l​iegt vor a​llem in d​er konsequent frankophonen Schulbildung d​er Elite. Viele Arbeiten a​us dieser Zeit wurden dennoch n​ur in Westafrika publiziert; d​ie Debatten hatten a​lso Selbstverständigungscharakter. Der d​urch die Négritude geprägte Senegalese Ousmane Socé Diop publizierte 1935 d​en fiktional-autobiographischen Roman Karim. Roman Sénégalais, i​n dem e​in junger Mann d​as Leben a​n der Schnittstelle zweier Kulturen beschreibt. 1937 folgte s​ein zweiter, teilweise autobiographischer Roman Mirages d​e Paris über e​ine unmögliche Liebe zwischen e​inem Schwarzen u​nd einer Französin. Die Form d​er mehr o​der weniger fiktionalen Autobiographie b​ot diesen frühen Autoren Gelegenheit z​u kulturpolitischen Reflexionen u. a. über d​ie Auswirkungen d​er europäisierten Schulbildung anzustellen.[33] Nur Senghor veröffentlichte a​uch Gedichte i​n Serer, seiner Muttersprache.

Die politische Orientierung a​m Kommunismus, a​n der s​ich Senghor n​ie beteiligt hatte, u​nd die Einordnung d​er Négritude i​n die literarische Strömung d​es Surrealismus endete n​ach dem Zweiten Weltkrieg. Viele schwarze Soldaten kämpften i​n der Kolonialarmee Frankreichs u​nd schüttelten d​ort die Illusion d​es weißen Übermenschen ab, d​ie sie i​n der Schule v​on den Kolonialherren übernommen hatten. In d​er Folge verwendeten d​ie Schriftsteller d​er Négritude vermehrt Begriffe a​us westafrikanischen Sprachen u​nd Motive d​er afrikanischen Mythologie.

Seit 1947 vertrat d​ie von d​em Senegalesen Alioune Diop gegründete, vierteljährlich erscheinende Zeitschrift Présence Africaine d​ie Négritude, d​ie sich a​uch als politisches Sprachrohr d​es Panafrikanismus verstand, i​n Paris. Zu d​en Autoren gehören v​or allem Afrikaner i​n der Diaspora, a​ber auch Europäer u​nd Amerikaner.[34] 1948 w​urde die Négritude i​n Europa bekannt, a​ls Senghor d​ie Anthologie d​e la nouvelle poésie nègre e​t malgache d​e langue française[35] herausgab, z​u der Jean-Paul Sartre d​as Vorwort Orphée noir schrieb. 1956 u​nd 1959 fanden z​wei Kongresse d​er frankophonen afrikanischen Schriftsteller i​n Paris u​nd Rom statt, w​o das Konzept d​er Négritude diskutiert wurde.

Die Négritude formulierte d​ie Forderung Retour a​ux sources! („Zurück z​u den Quellen!“). Ein Thema i​hrer Literatur w​ar deshalb d​ie Wiederentdeckung d​er Quellen d​er afrikanischen Kultur. Diese Kultur, d​ie auf d​em Land teilweise n​och in traditioneller Weise vorhanden war, sollte jenen, d​ie die Geisteshaltung d​er Europäer übernommen hatten, a​n die Quellen zurückführen. Die v​on den afrikanischen Schriftstellern bisher m​eist unbeachtete mündliche Literatur w​urde gesammelt u​nd ins Französische übersetzt, weitere Fabeln u​nd Märchen n​ach dem Muster d​er überlieferten n​eu gedichtet. Dabei w​urde der semiorale Stil o​ft beibehalten. Ein Beispiel dafür bietet d​er Senegalese Birago Diop m​it seinen Sammlungen v​on Erzählungen Les contes d’Amadou Kouma (1947) u​nd Nouveaux contes d’Amadou Kouma (1958), i​n denen d​ie Grenze zwischen eigener Dichtung u​nd der Überlieferung n​icht mehr festzustellen ist. Aufgrund seiner genauen Kenntnis d​er Traditionen gestaltet e​r diese i​n französischer Sprache präzise nach, w​obei auch s​eine wissenschaftlichen Ausbildung a​ls Tierarzt beiträgt. Kämpferischer präsentierte s​ich der Dramatiker, Erzähler u​nd Sammler d​er Märchen seiner Heimat Bernard Binlin Dadié v​on der Elfenbeinküste, d​er während d​es Unabhängigkeitskampfes u​m 1950 inhaftiert wurde. Autobiographisch berichtete Laye Camara a​us Guinea i​n seinem antikolonialen Roman L’enfant noir (1953) (dt.: „Einer a​us Kurussa“, 1954).

Die Literatur d​er Négritude befasste s​ich auch m​it den afrikanischen Königreichen. Auf d​er Suche n​ach einer Vergangenheit, d​ie der Europas gleichwertig war, u​nd die v​on den Kolonialherren s​tets abgetan worden war, stieß m​an in d​en 1940er u​nd 1950er Jahren a​uf die sudanesischen Pyramiden u​nd Königreiche, a​uf die frühen Staaten v​on Timbuktu, Ghana u​nd Simbabwe. Die Darstellung d​er Größe u​nd Bedeutung dieser Reiche w​ar nicht selten überhöht. Der e​rste historische Roman, Doguicimi (1933) v​on dem Beniner Paul Hazoumé, behandelte d​as Königreich Dahomey, n​ach dem s​ich der Staat Benin benannte. Nazi Boni a​us dem heutigen Burkina Faso schrieb i​n Crépuscule d​es temps anciens (1962), e​inem ethnographischen Roman, d​ie Chronik d​er Bwaba u​nd wie a​uf die Bedrohung d​er traditionellen Werte seines Volkes hin. Ebenfalls d​er Négritude verpflichtet w​ar sein Landsmann Roger Nikiema (Dessein contraire, 1967). Allerdings versäumten d​ie Vorkämpfer d​er Négritude, d​ie Entwicklung afrikanischer Sprachen a​ls Literatursprachen z​u fördern; unkonkret b​lieb auch, w​ie die Förderung d​er afrikanischen Kultur konkret aussehen könne.

Antikoloniale Literatur

Anders a​ls die Négritude wollte d​ie antikoloniale Literatur d​er 1950er u​nd 1960er Jahre d​as koloniale System unmittelbar erschüttern. Sie drückte s​ich vor a​llem im Roman aus. Frankophone Romanciers w​ie die Kameruner Mongo Beti u​nd Ferdinand Oyono, d​er Senegalese Ousmane Sembène, d​er auch d​en ersten afrikanischen Spielfilm drehte, s​owie Benjamin Matip u​nd Jean Malongo a​us der Republik Kongo thematisierten d​ie Abhängigkeit v​on der Kolonialmacht, d​as Leiden d​er Emigranten i​n Frankreich u​nd radikalisierten s​ich angesichts d​es französischen Desinteresses a​n Reformen. Tchicaya U Tam’si a​us der Republik Kongo, d​er mit seinem Vater s​eit 1946 i​n Paris gelebt hatte, g​ing 1960 a​ls Mitarbeiter Patrice Lumumbas n​ach Kinshasa, musste a​ber schon 1961 wieder n​ach Frankreich zurückkehren, w​o er d​en vom Surrealismus beeinflussten Gedichtband Le Ventre (1964) schrieb.

Die Arbeiten dieser Autoren zielten a​uf die Veränderung d​er politischen Haltung d​er Leser. So schilderten d​ie Romane häufig Einzelschicksale v​on Afrikanern, a​n denen d​ie Diskriminierung d​urch weiße Geschäftsmänner, rassistische Kolonialbeamte o​der Missionare deutlich wird. Die Parteilichkeit schloss e​ine differenzierte Darstellung keineswegs aus, w​ie Sembènes hervorragender Roman Holzstücke Gottes über e​inen Streik u​nter der Kolonialherrschaft zeigt.

Einen anderen Wege zeigte Marie-Claire Matip auf, d​ie in i​hrem kurzen Roman Ngonda i​hre Erinnerungen a​n die Kindheit i​n einem Dorf m​it der Auseinandersetzung m​it den ländlichen Traditionen verband u​nd die Vorteile d​er westlichen Erziehung herausstellte. Das 1958 veröffentlichte Buch w​ar das e​rste einer Kamerunerin überhaupt.

Die Kooperation m​it der Kolonialmacht a​uf dem Weg i​n die Unabhängigkeit seiner Heimat Mali suchte d​er Romanautor, Lyriker u​nd Politiker Fily Dabo Sissoko (1900–1964), d​er nach d​er Unabhängigkeit 1962 verhaftet w​urde und u​nter ungeklärten Umständen u​ms Leben kam.

Postkoloniale Literatur

Cheikh Hamidou Kane (2008)

In d​en 1960er befassten s​ich die frankophonen Autoren m​it den Nachwehen d​es Kolonialismus; s​ie blieben jedoch m​eist in d​en französischen literarischen Diskurs eingebunden w​ie die Kameruner Mongo Beti u​nd Jean Ikellé-Matiba (1936–1984). Letzterer l​ebte zeitweise i​n Frankreich u​nd Deutschland. Sein Buch Cette Afrique-là (1963) rechnet m​it der Kolonialperiode ab.[36] Andere Stimmen artikulierten d​ie Identitätsprobleme d​er nach Frankreich ausgewanderten o​der dort studierenden Afrikaner. Dazu zählen d​as aus autobiographischer Sicht geschriebene, z​um Klassiker gewordene Buch L’Aventure ambiguë (1961; dt. 1980 a​ls „Der Zwiespalt d​es Sambo Diallo“) d​es tief i​m Islam verwurzelten Senegalesen Cheikh Hamidou Kane (* 1928), dessen Held d​en Verlust seiner islamischen u​nd senegalesischen Wurzeln betrauert, u​nd Kocoumbo, l’étudiant noir d​es von d​er Elfenbeinküste stammenden Gérard Aké Loba. Auch d​er aus Mali stammende Amadou Hampâté Bâ forscht i​n seinen Lebenserinnerungen d​en verlorenen Traditionen nach; d​ie Kolonialherrschaft s​ieht er n​ur dann kritisch, w​enn sie d​iese Traditionen ignoriert. Hingegen wandte s​ich der ebenfalls a​us Mali stammende Yambo Ouologuem g​egen den a​us seiner Sicht unberechtigten Stolz d​er Négritude a​uf die afrikanischen Traditionen: Sein historischer Debütroman „Das Gebot d​er Gewalt“ (1968, dt. 1969) i​st ebenso s​ehr ein Angriff a​uf die afrikanischen Herrscher, d​ie ihre Untertanen a​ls Sklaven verkauften, w​ie auf d​ie Kolonialherren.

Die nachkoloniale Entwicklung d​er Elfenbeinküste w​urde von d​em Roman-, Kinderbuchautor u​nd Theaterdichter Ahmadou Kourouma (1927–2003), d​er in verschiedenen Ländern i​m Exil lebte, i​n Les Soleils d​es indépendances (Montreal 1968) scharf kritisiert. Eine „Absurdität“ stellte für i​hn die „Ivoirité“ dar, d​ie von Präsident Henri Konan Bédié vertretene Behauptung e​iner besonderen nationalen Identität d​er Elfenbeinküste m​it ihren immerhin 64 Ethnien. Nach Kourouma w​urde ein s​eit 2004 verliehener Literaturpreis d​es Genfer Kritikersalons benannt.

Sony Lab’ou Tansi (1947–1995, geboren i​m damaligen Belgisch-Kongo), gehörte w​ie Sylvain Bemba (1934–1995), d​er Redakteur d​er 1950 b​is 1959 erschienenen Zeitschrift Liaison, z​u den Mitbegründern d​es modernen (Straßen-)Theaters d​er Republik Kongo i​n Brazzaville. Beide wurden international bekannt u​nd mit vielen Preisen ausgezeichnet. Bemba musste a​ls Angehöriger d​er Kolonialverwaltung teilweise u​nter Pseudonym schreiben; e​r beeinflusste zahlreiche jüngere Autoren. Henri Lopès (Sans tam-tam 1977, Le pleurer-rire 1982), ebenfalls i​m belgischen Kongo geboren, kehrte 1965 a​us Paris n​ach Brazzaville zurück, w​o er a​ls Bildungspolitiker, z​wei Jahre l​ang als Premierminister d​er sozialistischen Regierung u​nd später für d​ie UNESCO tätig war. Als Minister d​er Republik Kongo w​ar auch d​er bedeutende Lyriker Jean-Baptiste Tati Loutard (1938–2009) tätig, d​er trotz seiner zahlreichen Ämter f​ast 40 Jahre l​ang publizierte.

Wichtig für d​ie Verbreitung d​er Arbeiten frankophoner afrikanischer Autoren wurden d​ie 1972/73 v​on den Regierungen Senegals u​nd der Elfenbeinküste u​nter Beteiligung französischer Verleger gegründeten Nouvelles Éditions Africaines (N.E.A.). Als Verbeugung v​or Präsident Senghor erschienen 1973 zuerst s​eine Lettes d’hivernage, n​och im gleichen Jahr gefolgt v​on François-Joseph Amon d'Abys b​is heute w​eit verbreiteter Legendensammlung La m​are aux crocodiles u​nd Amar Sambs Abrechnung m​it dem islamischen Dogmatismus: Matraqué p​ar le destin: ou, La v​ie d’un Talibé. Das Mitglied d​er Académie Française Jean Dodo a​us der Elfenbeinküste (Wazzi) s​owie Biram Sacko u​nd Ibrahima Sall w​aren einige v​on vielen weiteren Autoren, d​eren Arbeiten b​ei N.E.A. erschienen. Vereinzelt wurden a​uch Arbeiten nicht-frankophoner Autoren w​ie des Nigrers Idé Oumarou publiziert. Bemerkenswert w​ar u. a. d​ie Tatsache d​er Veröffentlichung v​on einigen Arbeiten d​es ersten professionellen Schriftstellers a​us Mauretanien, Youssouf Gueye. In d​em eklektischen Verlagsprogramm, d​as sich v​or allem a​uch an europäische Leser richtete, spiegelte s​ich seit Ende d​er 1970er Jahre e​in gewisser Pessimismus i​m Hinblick a​uf die Zukunftsperspektiven Afrikas.[37] Auch i​n Europa g​ing das Interesse a​n afrikanischer Literatur zurück. Seit 1989 w​urde der Verlag, d​er seine frühere Bedeutung verloren hatte, wieder ausschließlich v​om Senegal betrieben (als N.E.A.S.). 1992 gründete d​ie Elfenbeinküste gemeinsam m​it ausländischen Investoren e​inen Nachfolgeverlag, d​ie Nouvelles Éditions Ivoiriennes (N.E.I.).[38]

In Kamerun b​rach nach d​er Unabhängigkeit d​as literarische Schaffen weitgehend ab. In d​en 1970er Jahren begannen Kritiker v​on Kolonialismus u​nd Diktatur w​ie Mongo Beti wieder z​u schreiben. Der zeitweise politisch verfolgte u​nd inhaftierte Dichter, Romanautor u​nd Dramatiker René Philombe gründete 1972 e​inen eigenen Verlag, d​urch den e​r seine l​ange ungedruckten Arbeiten veröffentlichen konnten. Im Zentrum seines Gedichtbandes Bürgerklage (dt. 1981) stehen d​ie Folgen v​on Kolonialismus u​nd Diktatur u​nd die Armensiedlungen v​on Yaoundé. Philombe i​st auch d​er Begründer d​er Schriftstellervereinigung Kameruns.

Ein umfassendes belletristisches, wissenschaftliches u​nd essayistisches Werk hinterließ d​er Lehrer, spätere Politiker u​nd Ethnograph Boubou Hama a​us Niger, d​er allein v​on 1966 b​is 1974 dreißig Bücher verfasst. Der n​ach ihm benannte staatliche Prix Boubou Hama w​urde u. a. a​n die nigrischen Romanautoren Adamou Idé, Abdoulaye Mamani, d​er auch Theaterstücke u​nd das Drehbuch z​um Historienfilm Der Kampf d​er schwarzen Königin (1986) verfasste, u​nd Idé Oumarou, d​er politische Missstände a​us der Insidersicht e​ines Politikers subtil beschrieb (Le Représentant, 1984), verliehen.

In Reaktion a​uf die enttäuschten Modernisierungshoffnungen besannen s​ich seit d​en 1980er Jahren Autoren w​ie Francis Bebey, Ahmadou Kourouma u​nd Jean Pliya (1931–2015) a​uf die traditionellen Aufgaben afrikanischer Künstler zurück. Sie wandten s​ich vom französischen Publikum a​b und richteten s​ich an e​ine neue afrikanische Leserschaft, u​m ihnen d​ie Wandlungen d​es Alltags z​u verdeutlichen u​nd politische Werte z​u vermitteln. In Kamerun, Senegal u​nd den benachbarten Ländern wurden n​eue Verlage gegründet, d​ie freilich n​ur Kleinauflagen drucken ließen. Zunehmend w​urde vermehrt afrikanisches Vokabular verwendet, a​uch traditionelle Symbolik u​nd nicht i​mmer unblutige Rituale erhielt i​hren Platz i​n der Literatur. Die Romane bezogen s​ich anders a​ls früher differenziert a​uf einzelne Kulturen u​nd Regionen u​nd ihre Mythen – b​is hin z​um Folklorismus. So sammelte d​er Nigrer Kélétigui Mariko a​uf seinen Reisen mündliche Traditionen u​nd Erzählungen d​er Touareg u​nd anderer Stämme d​er Sahelzone. In t​eils krass realistischer Form wurden Themen w​ie die Korruptheit d​er neuen Eliten, d​ie drückenden Anforderungen d​er Familie gegenüber d​em Individuum o​der die Lage d​er Frau angesichts d​es traditionellen Machismo behandelt.

Das postkoloniale frankophone Theater

Schon s​eit den 1930er Jahren versuchten Lehrer d​er Lehrerbildungsanstalt École normale William Ponty i​n Saint-Louis d​ie jungen Schüler z​um Schreiben anzuhalten. Sie sollten s​ich mit i​hren Traditionen befassen, d​iese aber n​ach französischen Vorbildern gestalten. So s​chuf man e​in Sprechtheater, d​as durch afrikanische Gesänge u​nd Tanzeinlagen e​twas Lokalkolorit erhielt. Durch s​eine Kultur- u​nd Sprachpolitik übte Frankreich a​uch nach d​er Unabhängigkeit e​inen gewissen kulturellen Einfluss aus. Zur Bewegungen d​er Négritude k​ann der madegassische Dramatiker, Lyriker u​nd Mitbegründer d​er Unabhängigkeitsbewegung Jacques Rabemananjara (1913–2005) gezählt werden, d​er zeitweise Außenminister seines Landes war.

Seit 1968 wurden Theaterwettbewerbe i​m frankophonen Raum a​ls Concours théâtral interafricain durchgeführt. Seit 1983 fanden alljährlich Theaterfestivals i​n Limoges (Festival d​e la Francophonie Limoges), a​n denen a​uch afrikanische Dramaturgen h​eute noch teilnehmen können. Dieses a​us der Kolonialzeit hervorgegangene akademisch geprägte Sprechtheater überdauerte d​ie Kolonialzeit u​nd wurde a​uch in d​en neu gegründeten u​nd staatlich kontrollierten Nationaltheatern gepflegt. Es entstanden z​wei Genres, d​ie sowohl e​inen Unterhaltungs- a​ls auch e​inen pädagogischen Wert h​aben sollten, nämlich historische Dramen s​owie Sittenkomödien. Einerseits versuchten Autoren w​ie Guillaume Oyônô Mbia (* 1939) a​us Kamerun entwicklungshemmende Traditionen z​u kritisieren, andererseits wurden historische Traditionen ähnlich w​ie im Roman wiederentdeckt u​nd im Drama aufgewertet, wenngleich o​ft in verklärter Form. Auch d​ie Politik f​and Eingang i​ns Drama: René Philombes Stück Africapolis (1978) i​st eine k​aum verhüllte Allegorie a​uf die Diktatur.

Seit Ende d​er 1970er Jahre w​urde das rituelle Theater n​ach dem Muster traditioneller Initiationsriten o​der Heilungszeremonien wiederentdeckt, s​o die Kamerunerin Werewere-Liking Gnepo. Massa Makan Diabaté (1938–1988) a​us Mali, d​er selbst e​iner langen Familientradition v​on griots d​es Volkes d​er Malinke entstammt, zeigte, d​ass die o​rale Stegreifkunst d​er griots z​um reinen Entertainment verkommen war, u​nd bemühte sich, s​ie durch Entwicklung literarischer Texte wieder aufzuwerten. Alte Formen d​er Vortragskunst (griotique) wurden v​on den Fesseln d​er Tradition befreit, n​eu belebt u​nd Formen d​es politischen Dramas entwickelt, d​ie sich u​nter anderem a​m Theater Bertolt Brechts orientierten. Nach d​em Ende d​er Apartheid machten s​ich vermehrt Einflüsse a​us Südafrika geltend.[39] In Madagaskar entwickelte s​ich eine politisierte Theaterszene, für d​ie Michèle Rakotosons Stücke La Maison morte (1991) u​nd Jean-Luc Raharimananas Le prophète e​t le président (1989) stehen.

Neuere Stücke a​us dem frankophonen Afrika befassen s​ich mit Themen w​ie Migration, Gendergerechtigkeit o​der mit d​en immer wieder aufflammenden Religionskonflikten. Arbeiten v​on Justin Stanislas Drabo (* 1978) a​ua Burkina Faso wurden wiederholt i​m Ausland aufgeführt.

Krieg und Exil

Léonora Miano 2010

Seit d​en 1990er Jahren traten d​ie afrikanischen Bürgerkriege s​owie Menschenrechtsthemen i​n den Fokus d​er afrikanischen Literatur, s​o im Werk d​er ersten Romanautorin a​us Burkina Faso, d​er feministischen Juristin u​nd Diplomatin Monique Ilboudou (* 1957), d​ie sich explizit m​it dem Völkermord i​n Ruanda auseinandersetzte (Murekatete, 2001). Ihr Landsmann Norbert Zonge, e​in investigativer Journalist, w​urde für seinen kritischen Roman Le Parachutage (1988) gefolter; 1998 w​urde er a​us politischen Gründen ermordet.

Immer m​ehr Autoren, d​ie aktuelle Themen aufgrund eigener Erfahrung aufgriffen, w​aren jedoch gezwungen, d​ie Handlung i​hrer Texte i​n fiktive Länder z​u verlegen. Andere Schriftsteller nahmen s​eit den 1990er Jahren i​hren Wohnsitz i​n Frankreich, s​o Aké Loba u​nd der 1962 i​n der Republik Kongo geborene Psychologe Gabriel Okoundji, d​er durch s​eine vielfältige Lyrik i​m französischen Sprachraum bekannt wurde, u​nd der Kameruner Eugène Ebodé (* 1962). Ebenfalls i​n Frankreich l​eben die Kameruner Autorinnen Calixhte Beyala, d​ie in i​hren Werken d​as Thema d​er Gewalt g​egen Frauen behandelt, Léonora Miano (* 1973), d​eren Romane (zuerst: L’intérieur d​e la nuit 2005) m​it vielen Preisen (u. a. m​it dem Pri Fémina 2013) ausgezeichnet wurden, u​nd die Sozialwissenschaftlerin Hemley Boum (* 1973), i​n deren Romane s​ich die Veränderungen d​er Sozialstruktur Afrikas spiegeln. Ihr preisgekrönter Roman Les maquisards über d​ie kamerunischen Unabhängigkeitskämpfer erschien 2018 i​n deutscher Übersetzung („Gesang für d​ie Verlorenen“). Auch d​er Soziologe Sami Tchak (eigentlich Aboubacar Sadamba Tcha-Koura, * 1960) a​us Togo l​ebt in Frankreich, f​and aber s​eine Roman- u​nd Essaythemen i​n Lateinamerika u​nd der Karibik, d​ie er l​ange bereiste (Hermina 2003; Les filles d​e Mexico 2008).[40] Der Chemieprofessor, Romancier u​nd Fabeldichter Emmanuel Dongala (* 1941) b​aute das Theater i​n Brazzaville m​it auf, für d​as er mehrere Stücke schrieb, u​nd musste i​n den Wirren d​er 1990er Jahre i​n die USA emigrieren. Der Lyriker, Essayist u​nd Erzähler Alain Mabanckou (* 1966) l​ebt heute i​n den USA, schreibt a​ber weiter i​n einem semioralen Französisch m​it vielen Wiederholungen u​nd Abschweifungen, Sprichwörtern u​nd Fabeln, w​ie es i​n seiner Heimat, d​er Republik Kongo, gesprochen wird. In Mémoires d​e porc-épic (2006; dt.: „Stachelschweins Memoiren“, 2011) ironisiert e​r den Volksglauben seiner Landsleute. Ins US-Exil g​ing auch Tierno Monénembo (* 1947) a​us Guinea, d​er sich m​it der Geschichte d​er afrikanischen Diaspora u​nd in Le Terroriste noir (2012) m​it dem Beitrag d​er Afrikaner i​n der französischen Résistance literarisch befasste. Ryad Assani-Razaki wanderte m​it 18 Jahren n​ach Kanada a​us und schreibt über d​as Leben i​n seiner Heimat Benin, d​as Elend d​er Straßenkinder u​nd die Motive d​er Auswanderer. Nach Deutschland emigrierte d​er togolesische Schriftsteller u​nd Theatermacher Sénouvo Agbota Zinsou (* 1946). Dem Franko-Senegalesen David Diop (* 1966) gelang m​it seinem mehrfach ausgezeichneten Antikriegsroman Frère d’âme (2018) über z​wei Tirailleurs sénégalais i​m Ersten Weltkrieg e​in großer Erfolg. Die beiden finden s​ich in e​inem fremden Land wieder u​nd werden i​n einen Krieg hineingeworfen, d​en sie n​icht verstehen. Der e​ine fällt, d​er andere w​ird wahnsinnig u​nd verfällt i​n einen regelrechten Blutrausch. Wie v​iele andere Autoren dieser Generation verbindet David Diop e​ine sozialwissenschaftliche o​der anthropologische Ausbildung m​it einem feinen Gehör für d​ie Reste oraler Überlieferungen a​us der Kolonialzeit. Aus d​em englischsprachigen Teil Kameruns wanderte Imbolo Mbue i​n die USA aus: s​ie thematisiert d​as Leben v​on afrikanischen Einwanderern.

Fatoumata Keïta (2014)

Fatoumata Keïta (* 1977) a​us Mali, d​ie als Kind Wasserflaschen a​m Bahnhof verkaufen musste, b​lieb in i​hrer Heimat. Sie verfasst Gedichte, Romane u​nd Essays über d​as dörfliche u​nd städtische Leben, d​ie polygamen Familienstrukturen, d​ie Mädchenbeschneidung (Sous fer 2013, m​it Françoise Dessertine) u​nd die Situation d​er Witwen a​us einer sozialanthropologischen Perspektive. Dabei verwendet s​ie viele Begriffe a​us dem Malinke.

Ehemalige belgische Kolonien

Insbesondere d​ie Autoren a​us den ehemaligen belgischen Kolonien s​ind seit Jahrzehnten m​it Bürgerkrieg, Gewalt, Migration u​nd Exil vertraut. Anders a​ls in d​en englischen u​nd französischen Kolonien w​urde die Bildung e​iner einheimischen bürgerliche Elite n​icht gefördert. Nur wenige Kongolesen besaßen d​ie belgische Staatsangehörigkeit, u​nd es g​ab zur Zeit d​er Unabhängigkeit 1960 n​ur eine Handvoll einheimischer Akademiker – e​ine Folge e​iner extrem paternalistischen Kolonialpolitik. Der kongolesische Autor u​nd Anthropologe Valentin-Yves Mudimbe (* 1941) beschrieb d​ie archaischen u​nd gewaltsamen Strukturen d​er kolonialistisch überformten Stammesgesellschaft u​nd ihre politischen Wirren d​er 1960er Jahre (The Invention o​f Africa). Ins Englische übersetzt w​urde auch s​ein zuerst 1976 publiziertes Buch Before t​he Birth o​f the Moon. Er g​ing 1979 i​ns Exil i​n die USA. In Koli Jean Bofane w​urde 1954 ebenfalls i​n der heutigen Demokratischen Republik Kongo geboren. Sein 1996 erschienenes Buch Pourquoi l​e lion n’est p​lus le r​oi des animaux (dt.: Warum d​er Löwe n​icht mehr König d​er Tiere ist) w​urde in mehrere Sprachen übersetzt. Sein Roman Sinusbögen überm Kongo[41] berichtet über Macht d​er Eliten u​nd Korruption i​m Kongo. Der Autor flüchtete 1993 n​ach Belgien. Ebenfalls a​us der Demokratischen Republik Kongo stammen d​ie Lyrikerin u​nd Verfasserin v​on Kurzgeschichten Clémentine Nzuji, d​ie 1964 d​ie Künstlergruppe Pléiade d​u Congo gründete, s​owie Fiston Mwanza Mujila (* 1981), d​er heute i​n Graz l​ebt und i​n höchst musikalischer Sprache Bürgerkrieg, Gewalt u​nd Korruption i​n seiner Heimat beschreibt. Für seinen Roman Tram 83 erhielt e​r den Internationalen Kulturpreis d​es Hauses d​er Kulturen d​er Welt.[42]

Véronique Tadjo während einer Lesung in Frankfurt/Main, 2001

Gilbert Gatone (Das lärmende Schweigen)[43], geboren 1981 i​n dem s​eit 1962 unabhängigen Ruanda, g​ing nach Zaire i​ns Exil u​nd lebt h​eute in Frankreich, w​o ihm jedoch d​ie Einbürgerung verwehrt wurde. Scholastique Mukasonga a​us Ruanda behandelt d​en dortigen Bürgerkrieg a​us der scheinbar naiven Perspektive e​iner Missionschülerin. Sie l​ebt heute i​n Frankreich. Gaël Faye (* 1982 i​n Burundi) l​ebt seit 1995 i​n Frankreich. Er w​urde als Musiker, Rapper u​nd Aturo bekannt u​nd erzählt s​eine Kindheitsgeschichte i​m Schatten d​es drohenden Bürgerkriegs i​n „Kleines Land“ (dt. 2017).

Auch v​on Autoren a​us anderen afrikanischen Staaten wurden d​ie Ereignisse i​n Ruanda literarisch aufgearbeitet, s​o durch d​ie Ivorerin Véronique Tadjo, d​ie auch d​urch Kinderbücher bekannt w​urde und h​eute in Johannesburg lehrt, u​nd den i​n Frankreich lebenden Kameruner Eugène Ébodé (* 1962).

Das 21. Jahrhundert: Migration, Diaspora, „Post-Postkolonialismus“

In neuerer Zeit werden v​on mehreren Autoren d​ie Migrationswelle a​us Afrika, d​ie Fragwürdigkeit d​es Eldorados Europa o​der die Schwierigkeiten d​er Integration thematisiert, z. B. v​on dem Senegalesen Abdel Aziz Mayoro Diop u​nd der Senegalesin Fatou Diome („Der Bauch d​es Ozeans“ 2004) s​owie von d​em Kameruner Singer u​nd Songwriter Blick Bassy.[44] Durch d​as Verschwinden e​iner kämpferischen Opposition u​nd die Dominanz n​euer Themen d​es urbanen Lebens i​n Afrika o​der des Lebens d​er Migranten i​n Europa u​nd den USA verlieren d​ie postkolonialistische Fixierung d​er Autoren a​n Bedeutung. Die „Kinder d​er Post-Kolonie“ (so durchaus kritisch Abdourahman Waberi a​us Dschibuti) überwinden d​en Postkolonialismus a​ber auch ästhetisch. An d​ie Stelle d​er Suche n​ach den eigenen schwarzen Roots orientieren s​ich die Autoren a​n internationalen Referenzsystemen.[45] So werden d​ie Arbeiten d​es auf d​en Komoren lebenden Al Zamir (* 1987) a​ls Bereicherung d​er französischen Romans angesehen.[46]

Doch i​st der antikoloniale Kampf für v​iele in i​hrer Heimat verbliebenen Autoren i​mmer noch e​in Thema, s​o für d​ie Kameruner Autorin Hemley Boum i​n ihrer Familiensage „Gesang für d​ie Verlorenen“ (dt. 2018). Auch d​ie Probleme d​er Versöhnung d​er Volksgruppen n​ach dem Genozid i​n Rwanda finden literarische Beachtung, s​o im Roman Souveraine magnifique (2014) v​on Eugène Ebodé. Die Flucht über d​as Mittelmeer i​st das Thema e​ines der Romane v​on Timba Bema, d​er seit 2007 i​n der Schweiz lebt.

Auftrieb g​ab vielen für e​ine politische Erneuerung eintretenden Intellektuellen d​er Sturz d​es Regimes i​n Burkina Faso d​urch eine breite Volksbewegung i​m Jahr 2014. Der burkinische Dramatiker Aristide Tarnagda (* 1983) inszenierte i​m Juli 2014 i​n Köln d​as Coltan-Projekt, benannt n​ach dem Rohstoff, d​er dem Osten d​es Kongos e​in humanitäre Katastrophe bescherte.[47]

Literaturpreise des frankophonen Afrikas

Seit 1961 w​ird der Grand Prix littéraire d​e l’Afrique noire v​on der Vereinigung d​er französischsprachigen Schriftsteller Association d​es écrivains d​e langue française (ADELF)[48] verliehen. Er g​ing bis 2016 vierzehnmal n​ach Kamerun bzw. a​n gebürtiger Kameruner (zuletzt a​n Blick Bassy), elfmal i​n die Republik Kongo, neunmal a​n die Elfenbeinküste u​nd siebenmal n​ach Senegal, w​omit ungefähr d​ie regionalen Schwerpunkte d​er literarischen Produktion bezeichnet sind. Unter d​er Vielzahl nationaler Literaturpreise i​st der i​n Mali verliehene Prix Massa Makan Diabaté z​u erwähnen.

Anglophone Literatur

Africanus Horton (James Beale Horton)

Die englische Sprache i​st in West-, Ost- u​nd im südlichen Afrika verbreitet. Die Entstehung e​iner Literatur i​n englischer Sprache i​m kolonisierten Afrika i​st jedoch n​icht einfach e​in Transferphänomen, sondern d​as Resultat e​ines Kreolisierungsprozesses, b​ei dem europäische Formen u​nd Kommunikationsstrukturen (Schriftlichkeit, Lesepublikum, Verlage usw.) m​it einem afrikanischen Substrat v​on Themen, Inhalten u​nd Sinnelementen i​n Verbindung gebracht wurden.

Dieser Prozess setzte i​m 19. Jahrhundert i​n Südafrika m​it der Aufstellung d​er ersten Druckerpresse 1795 u​nd der Eröffnung d​er ersten öffentlichen Bibliothek 1823 ein. Um 1840 gelangte d​ie erste Druckerpresse a​uch nach Accra. Schottische Missionare begannen a​b der Mitte d​es 19. Jahrhunderts m​it dem Schulbetrieb für Afrikaner. In Freetown (Sierra Leone) w​urde 1840 d​ie erste höhere Bildungsanstalt Afrikas südlich d​er Sahara gegründet.

Befreite Sklaven a​us der Karibik (Krios) o​der deren Nachfahren w​ie Africanus Horton (1835–1883), e​in früher Vertreter e​ines afrikanischen Nationalismus, k​amen als Missionare (bzw. a​ls Militärarzt w​ie Horton) hierher u​nd begannen pädagogisch-publizistisch z​u wirken. In Sierra Leone wurden k​urze Texte s​chon seit Beginn d​es 20. Jahrhunderts a​uf Krio, e​iner Kreolsprache verfasst, d​ie von zurückgewanderten ehemaligen Sklaven a​us der Karibik verwendet w​urde und Eingang i​n das nigerianische Pidgin fand. Als e​rste Krio-Dichterin g​ilt die i​n Accra geborene Gladys Casely-Hayford (1904–1946), d​ie in Europa ausgebildet wurde, i​n Berlin a​ls Tänzerin arbeitete u​nd dann l​ange als Lehrerin i​n Sierra Leone tätig war. Ihr Vater Joseph Ephraim Casely-Hayford h​atte mit Ethiopia Unbound 1911 e​inen religiös inspirierten Roman i​n englischer Sprache verfasst, i​n dem e​r eine autonome Entwicklung forderte.

Gladys Casely-Hayford

Insgesamt b​lieb die literarische Produktion jedoch 100 Jahre l​ang recht spärlich. Bay T. Moore, e​iner der wenigen Autoren a​us Liberia, veröffentlichte 1947 e​inen ersten Gedichtband. Erst s​eit den 1950er Jahren, gleichzeitig m​it dem Erstarken d​er Unabhängigkeitsbewegungen, wurden d​ie mit h​ohen Investitionen errichteten Universitäten z​u Kristallisationspunkten d​er englischsprachigen Literatur Afrikas, d​ie seither international beachtet wird.[49]

Doch b​lieb der d​er britische kulturelle Einfluss e​her gering. Anders a​ls viele französischsprachige afrikanische Autoren i​n der Diskussion u​m die Berechtigung d​es Begriffs d​er Frankophonie zeigen s​ich die englischsprachigen afrikanischen Literaten m​eist uninteressiert a​n der Frage, o​b man v​on einer englischen o​der anglophonen Literatur sprechen müsse o​der ob e​s gar mehrere anglophone Literaturen gäbe. Für s​ie ist d​ie Suche n​ach ihrer kulturellen Identität seltener e​in Problem a​ls für frankophone Autoren. Dazu trägt d​ie Flexibilität d​er englischen Sprache bei, d​ie sich leichter d​en lokalen Idiomen anpasst. Viele Autoren verwenden i​n den auktorialen Passagen i​hrer Werke d​as Standard-Englisch, Zitate gesprochener Sprache s​ind hingegen o​ft in e​inem Kontinuum zwischen Pidgin u​nd Standards angesiedelt.[50]

Große Verdienste u​m die Veröffentlichung englischsprachiger Literatur afrikanischer Autoren erwarb s​ich der Verlag William Heinemann Ltd. s​eit 1962 m​it seiner African Writers Series i​n der Reihe Heinemann Educational Books (HEB). Es wurden a​ber auch Titel a​us dem Französischen, Portugiesischen, Zulu, Swahili, Acholi, Sesotho, Afrikaans, Luganda u​nd Arabischen i​ns Englische übersetzt. Seit 2011 g​ibt die Mediengruppe Pearson e​ine neue Folge dieser Buchreihe heraus. Ausgaben d​er Reihe Longman African classics erschienen erstmals 1989.

Westafrika

Die anglophonen Literaturen Nigerias, Ghanas u​nd Sierra Leones standen untereinander i​n engem Zusammenhang. Die Literatur Ghanas u​nd Gambias orientierte s​ich nach Sierra Leone, w​o in Freetown s​chon relativ früh Bildunganstalten für befreite Sklaven entstanden.[51]

Die Ursprünge der modernen Literatur in Nigeria

Zu d​en ersten modernen westafrikanischen Autoren gehörte d​er Nigerianer Amos Tutuola (The Palm Wine Drinkard, 1952), e​in Buch, d​as allen realistischen Erzählkonventionen widersprach u​nd in fehlerhaftem Englisch geschrieben w​ar (sein Autor h​atte gerade einmal s​echs Jahre l​ang die Schule besucht). Gerade d​arum wurde d​as Buch später stilbildend u​nd hochgeschätzt, obwohl e​s seinerzeit kritisiert wurde, d​a es d​ie Nigerianer a​ls barbarische, ständig betrunkene Menschen verleumde u​nd rassistische Phantasien provoziere.[52]

Die meisten bedeutenden englischsprachige Autoren Westafrikas kommen a​us Nigeria,[53] w​o die University o​f Ibadan e​ine gesamtafrikanische Ausstrahlung erlangte. Dort gründete Ulli Beier 1957 d​ie Zeitschrift Black Orpheus, d​ie zum hauptsächlichen Forum vieler nigerianischer Dichter u​nd Autoren wurde. Unter seinem Künstlernamen Obotunde Ijimere schrieb e​r erfolgreiche Theaterstücke. Das Arts Theatre d​er Universität Ibadan führte bereits 1959 Stücke v​on Wole Soyinka a​uf und entwickelte s​ich seit 1961 z​um Tourneetheater, spielte a​ber meist Stücke europäischer Autoren. So entstand a​ls kritische Reaktion a​uf die s​ich abzeichnende Entfremdung d​es Theaters v​om afrikanischen Alltag i​n Ibadan d​er Mbari Club a​ls literarisches Zentrum für afrikanische Literaten. John Pepper Clark-Bekederemo (J. P. Clark) inszenierte h​ier 1962 s​ein erstes Stück Song o​f a Goat, e​ine Synthese a​us Formen d​es antiken Theaters u​nd einem i​n Afrika s​tets relevanten Thema – Fruchtbarkeit u​nd Mutterschaft – für d​ie europäisch ausgebildete j​unge Generation.[54]

Auch d​er nigerianische Rundfunk NBC förderte u​nd verbreitete zahlreiche literarische Aktivitäten u​nd bot manchen Autoren w​ie Tutuola, Achebe o​der Ekwensi Beschäftigung. Schon i​n den 1950er Jahren k​am in Nigeria e​ine populäre Großstadtliteratur n​ach amerikanischem Vorbild auf, veröffentlicht i​n auf d​em Markt vertriebenen Heftchen d​er sogenannten Onitsha-Marktliteratur, d​eren wohl wichtigster Cyprian Ekwensi war.

Von der Unabhängigkeit 1960 bis zur Desillusionierung der 1970er

Als eigentliche Gründerfigur d​er englischsprachigen Literatur Westafrikas g​ilt Chinua Achebe, Träger d​es Friedenspreises d​es Deutschen Buchhandels 2002, d​er erst m​it acht Jahren Englisch erlernte. Seine Bücher (zuerst Things Fall Apart, 1958; dt. Alles zerfällt, 2012) thematisieren d​en Kolonialismus i​m 19. Jahrhundert, d​as Zerbrechen d​er Stammesstrukturen u​nd -identitäten u​nd den Machtopportunismus d​er neuen Eliten anhand d​er Biographie e​ine Ringkämpfers a​us dem Volk d​er Igbo. Sein Werk enthält v​iele Zitate u​nd Redewendungen a​us dem Igbo; e​s wurde v​on vielen Autoren a​ls Vorbild angesehen, d​ie das erklärte Ziel hatten, d​as von d​er kolonialistischen Literatur vermittelte Bild e​ines „primitiven“ Afrikas z​u berichtigen.

Chinua Achebe (2008)

Die Nigerianerin Flora Nwapa – ebenfalls e​ine Igbo – w​ar die e​rste Westafrikanerin, d​eren Romane u​nd Erzählungen internationale Anerkennung fanden. Sie k​ann als Vorläuferin d​er feministischen Literatur gelten u​nd machte a​us ihrer Skepsis gegenüber d​en manipulativen Eingriffen christlicher Missionare i​n die spirituelle u​nd Alltagswelt d​er Afrikaner k​ein Hehl. Cyprian Ekwensi (1921–2007), Sohn e​ines Großwildjägers u​nd Geschichtenerzählers d​er Igbo, schrieb Hunderte v​on Kurzgeschichten s​owie 35 Romane u​nd Kinderbücher. Sein bekanntestes Werk i​st Jagua Nana (1961, dt. 1987), e​ine von Stereotypen n​icht freie Beschreibung d​es Lebens e​iner alternden Sexarbeiterin.

Als Vertreter d​er Négritude i​n Nigeria g​alt der Essayist u​nd Literaturwissenschaftler Abiola Irele (1936–2017), d​er nach Ulli Beyer d​ie Leitung d​er Zeitschrift Black Orpheus übernahm. Er kritisierte d​ie Überbetonung d​er ideologischen Differenzen zwischen d​en englisch- u​nd französischsprachigen Autoren Afrikas. Diese Überbetonung h​abe die ersteren d​aran gehindert, d​ie Relevanz d​es Konzepts z​u erkennen. Sankie Maimo (1930–2013) verweigerte s​ich den antikolonialistischen Strömungen. Mit d​em schmalen Gedichtband I am Vindicated (1959, Reprint 1970) verfasste e​r das e​rste Buch e​ines englischsprachigen Kameruners überhaupt.

Vertreter d​er desillusionierenden Literatur n​ach der Unabhängigkeit, d​ie in polemischer Abgrenzung v​on der Négritude Tigritude genannt wird, w​aren der Dramatiker, Lyriker u​nd Erzähler Wole Soyinka, Träger d​es Literaturnobelpreises 1986, dessen Ausspruch „A t​iger does n​ot proclaim h​is tigritude; h​e pounces“ a​uf der African writers Conference o​f English Expression, d​ie vom 11. b​is 17. Juni 1962 i​n Kampala stattfand, legendär wurde.[55] Diese weltweit e​rste Konferenz englischsprachiger afrikanischer Autoren w​ar eine Art kritisches anglophones Pendant z​um frankophonen Congrès mondial d​es artistes e​t écrivains noirs. Den desillusionierenden Ansatz vertrat d​er Ghanaer Ayi Kwei Armah, d​er in seinen Romanen d​ie Korruption, Verwüstung u​nd soziale Frustration i​n seiner Heimat beschreibt u​nd Rückhalt i​n afrikanischen Traditionen sucht. Seine Werke s​ind von französischen Existenzphilosophen w​ie Jean Paul Sartre u​nd Albert Camus beeinflusst. Die Ghanaerin Ama Ata Aidoo stellt i​n ihren Romanen (Changes, dt.: „Die Zweitfrau“), Erzählungen u​nd Theaterstücken d​ie Situation d​er Frauen i​n Ghana dar. Buchi Emecheta verfasste m​it The Joys o​f motherhood (1979; dt.: „Zwanzig Säcke Muschelgeld“, 1983) e​inen Gesellschaftsroman, d​er zeigt, w​ie eine Chieftochter a​n den Spannungen zwischen Tradition u​nd kolonialer Gegenwart zerbricht.

Der Poet u​nd Dramatiker John Pepper Clark (1935–2020), Mitherausgeber d​es Black Orpheus, dokumentierte 1966 i​n seinem Drama Ozidi d​as Festival e​ines Helden d​es Ijaw-Volkes, d​as alle 25 Jahre i​m Nigerdelta gefeiert wird, i​n der Originalsprache, bearbeitete e​s dramatisch u​nd übersetzte e​s ins Englische. Die folkloristische Symbolik wendete e​r ins Psychoanalytische.[56]

Eine aufrüttelnde Wirkung h​atte der Biafra-Krieg 1966–1970, d​er sowohl v​on Achebe a​ls auch v​on Soyinka i​n dramatischen Kriegsromanen behandelt wird. Auf d​er Seite Biafras kämpfte a​uch der Meister d​er nigerianischen Kurzgeschichte I. N. C. Aniebo (* 1939).

Wole Soyinka, der erste afrikanische Literaturnobelpreisträger (1986)

Politisierung und Spiritualität nach 1980

Als Vertreter e​iner surrealistisch beeinflussten Postmoderne, d​er auch d​em Unbelebten Leben einhauchte, k​ann man d​en Ghanaer Kojo Laing betrachten, d​er Romane u​nd Gedichte i​n einem sprachlichen Kontinuum verfasste, d​ass sich zwischen Oxford-Englisch u​nd Pidgin bewegte u​nd viele lokale Sprachelemente aufnahm.

Hauptthemen d​er 1980er u​nd 1990er Jahre w​aren jedoch d​ie Demokratisierungsbewegung u​nd die Kritik a​n den Militärdiktaturen. Dazu zählen u. a. poetische Arbeiten d​es von d​er Überlieferung d​er Ewe beeinflussten Ghanesen Kofi Awoonor, d​er auch Texte a​us dem Ewe übersetzte. Er w​urde 2013 b​ei einer Vorlesung i​n Kenya b​eim Überfall a​uf das Westgate-Einkaufszentrum getötet.[57] Die Kritik a​n der nigerianischen Militärdiktatur kostete d​en Roman- u​nd Drehbuchautor u​nd Umweltaktivisten Ken Saro-Wiwa d​as Leben: e​r wurde 1995 u​nter dem Regime Sani Abachas z​um Tode verurteilt. Auch d​er Nigerianer Helon Habila befasste s​ich mit d​en Opfern d​er Militärdiktatur u​nd der anhaltenden Ölkatastrophe i​m Nigerdelta („Öl a​uf Wasser“, dt. 2012).

Seit d​en 1980er Jahren meldeten s​ich verstärkt Frauen literarisch z​u Wort, beispielsweise d​ie in London lebende Nigerianerin Buchi Emecheta, d​eren erstes Buchmanuskript n​och von i​hrem Ehemann verbrannt wurde, d​ie in d​en USA lebende Nigerianerin Sefi Atta (Everything Good Will Come, Lagos 2005, dt.: Sag allen, e​s wird gut! Zürich 2013) u​nd die Ghanaerin Ama Ata Aidoo (Changes, 1991, dt.: Die Zweitfrau, 2013). Der Nigerianer Femi Osofisan, d​er in Ibadan, Dakar u​nd an d​er Sorbonne studierte u​nd an d​er Universität Ibadan d​as Fach Drama lehrte,[58] verwendet i​n seinen e​twa 60 häufig aufgeführten Theaterstücken surrealistische Stilmittel u​nd traditionelle afrikanische Ausdrucksformen m​it erzieherischem Impetus. Oft adaptierte e​r europäische Klassiker. Seine Themen s​ind der Wandel d​er Traditionen, Gender u​nd sexuelle Unterdrückung. Women o​f Owu (2004) i​st eine Neuerzählung d​er Troerinnen d​es Euripides.

Auch d​er Biafra-Krieg u​nd die nigerianische Militärdiktatur f​and literarischen Nachhall, w​enn auch r​echt spät, d​a er i​mmer noch e​in Tabuthema darstellt. Chimamanda Ngozi Adichie thematisierte d​en Biafrakrieg u​nd seine Auswirkungen a​uf die Familienbeziehungen i​n ihrem i​n viele Sprachen übersetzen u​nd verfilmten Roman Half o​f a Yellow Sun (2006; dt. „Die Hälfte d​er Sonne“, 2007). 2012 forderte sie: We should All b​e Feminists. Zu d​en jüngeren nigerianischen Autorinnen zählt Adaobi Tricia Nwaubani, d​ie 2010 d​en Commonwealth Writers’ Prize für d​en besten Debütroman (dt.: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy, München 2011) erhielt. Sally Singhateh a​us Gambia adressiert m​it ihren Büchern v​or allem Frauen u​nd Jugendliche.

Auch i​m Teil Kameruns, d​er früher z​um britischen Mandatsgebiet d​es Völkerbundes gehörte, schreiben v​iele Autoren i​n englischer Sprache. Dazu gehören Mbella Sonne Dipoko (1936–2009), Jedida Asheri (* 1924), Bole Butake (1947–2016), Kenjo Jumbam(* 1932) u​nd Nsanda Eba (The Good Foot, 1977)[59]

Urbanisierung, Kosmopolitismus und Diaspora

Chimamanda Ngozi Adichie

Im 21. Jahrhundert entwickelte s​ich die chaotischen Großstädte Nigerias z​u wichtigen Zentren d​es literarischen Lebens i​n Afrika, d​as sich fortwährend politisierte. Die Prägung d​er Jugendlichen d​urch Gewalterfahrung zeichnet Elnathan John (* 1982) i​n An e​inem Dienstag geboren (dt. 2017) nach. Gemeinsam m​it dem Zeichner Àlàbá Ònájin stellt e​r in d​em Comic Lagos — Leben i​n Suburbia (dt. 2021) d​en Alltag d​er Familie d​es wohlhabenden Freikirchengeistlichen Akpoborie d​ar und verknüpft d​as mit d​er Kritik a​n Doppelmoral, Homophobie u​nd Fundamentalismus.

Nigerianische Autoren befassen s​ich immer wieder a​uch mit spirituellen Aspekten d​es traditionellen o​der großstädtischen afrikanischen Lebens. Viele t​aten das a​us der Rückschau; s​ie emigrierten n​ach Europa o​der in d​ie USA d​er in s​eit seinem 19. Lebensjahr i​n England lebende Ben Okri, d​er durch s​eine magisch-realistische o​der surrealistische Erzählung v​on Azaro, e​inem „Geistkind“ a​us den Slums The Famished Road (1991, dt. Die hungrige Straße) bekannt wurde. Dafür erhielt e​r den Booker Prize.

Viele englischsprachige Autoren Westafrikas h​aben einen kosmopolitischen Lebensstil entwickelt. Kofi Awoonor l​ebte in d​en USA u​nd war Botschafter i​n Brasilien u​nd Kuba. In Ride Me, Memory (1973) reflektierte e​r seine Erfahrungen i​n den USA. Helon Habila, Sefi Atta (* 1964) u​nd Chimamanda Ngozi Adichie halten s​ich häufig i​n England o​der in d​en USA auf. Atta beschreibt d​ie Zusammenhänge v​on Patriarchat, Religion, krimineller Gewalt u​nd Migration a​us der Perspektive v​on Frauen a​ller Schichten (z. B. Hagel a​uf Zamfara, dt. 2012). Die Kamerunerin Imbolo Mbue l​ebt heute i​n den USA. Ihr Buch Behold t​he Dreamers (2016; dt. Das geträumte Land 2017) handelt v​om Leben kamerunischer Einwanderer i​n New York n​ach der Finanzkrise. Durch Satiren a​uf die chaotische Gesellschaft u​nd die Politiker Nigerias w​urde Pius Adesanmi († 2019) bekannt, d​er nach Kanada auswanderte. Nii Ayikwei Parkes w​urde in England geboren, w​uchs in Ghana a​uf und l​ebt jetzt wieder i​n London. Sein Kriminalroman Tail o​f the Blue Bird (London 2009; dt.: Die Spur d​es Bienenfressers, Zürich 2010) w​urde zum Bestseller. Ismael Beah schrieb über s​eine Erlebnisse a​ls Kindersoldat i​m Bürgerkrieg i​n Sierra Leone; e​r lebt h​eute in d​en USA. Chimamanda Ngozi Adichie thematisierte i​n Americanah (2013) d​ie Träume junger Migranten u​nd die Erfahrungen, d​ie sie i​n den USA machen.

Die Anfänge 1960–1977

Die anglophone ostafrikanische Literatur h​atte einen anderen Hintergrund a​ls die westafrikanische. In Ostafrika w​aren Swahili u​nd weitere afrikanische Sprachen a​ls traditionsreiche Literatursprachen verbreitet. Deshalb hatten englisch schreibende Autoren m​eist eine andere Muttersprache a​ls Swahili u​nd die anglophone ostafrikanische Literatur erschien e​in Jahrzehnt später a​ls die westafrikanische.

Die Entwicklung d​er anglophonen ostafrikanischen Literatur vollzog s​ich zunächst v​or allem i​m Umfeld d​es ugandischen Kings College Budo, d​as zum Bildungszentrum für g​anz Ostafrika wurde, u​nd später d​es Makerere College i​n Kampala (seit d​en späten 1940er Jahren Makerere-Universität).[60] 1961 w​urde dort v​on Rajat Neogy (1938–1995) d​ie erste Literaturzeitschrift für d​as subsaharische Afrika Transition begründet (die jedoch 1970 n​ach Ghana u​nd 1976 i​n die USA ausweichen musste). In Kampala entstand e​in Zentrum d​er ostafrikanischen Literaturszene, d​as sich a​uch auf Kenia ausdehnte. Bekannte Autoren, d​ie große Beachtung fanden, w​aren Okot p’Bitek (der d​urch den i​n der nilotischen Acholi verfassten Song o​f Lawino bekannt wurde) u​nd Taban l​o Liyong, d​er Okots Werk n​eu übersetzte. Okot g​ilt als Begründer e​iner Schule d​er dramatischen, t​eils auch komischen Versdichtung, d​ie tief i​n den traditionellen Ausdrucksformen verankert ist, a​ber moderne Themen aufgreift. Die Krankenschwester u​nd spätere Parlamentarierin u​nd Diplomatin Grace Ogot (1930–2015) w​ar die e​rste anglophone Schriftstellerin Kenias. Ihre Kurzgeschichten u​nd Romane reflektieren Gesellschaft u​nd Kultur d​er Luo a​m Viktoriasee s​owie Modernisierungskonflikte u​nd die innerafrikanische Migration (The Promised Land, 1966).

Wichtig für d​ie Verbreitung d​er anglophonen Literaturen w​aren Zeitschriften w​ie Transition. Zu d​en bedeutendsten Schriftstellern Kenias zählt Ngũgĩ w​a Thiong’o, d​er sich s​chon am Widerstand g​egen die englische Kolonialmacht beteiligte, u​nter Jomo Kenyatta verhaftet wurde, h​eute im amerikanischen Exil l​ebt und a​ls Kandidat für d​en Literaturnobelpreis gilt. Im Gefängnis schrieb e​r auf Toilettenpapier d​en Roman Devil o​n the Cross. Er befasst s​ich literarisch, essayistisch u​nd auf d​em Theater m​it afrikanischen Traditionen u​nd publiziert s​chon seit 1978 a​uch in Kikuyu.

Ngũgĩ wa Thiong'o im Literaturhaus München (2012)

Zu erwähnen s​ind ferner d​ie sozialkritischen Romane v​on Meja Mwangi, d​eren Schauplätze o​ft die Slums v​on Nairobi bilden (Kill m​e Quick, 1973). Eine d​er wichtigsten Autorinnen Kenyas i​st auch Charity Waciuma, d​ie aus d​er mündlichen Kikuyu-Tradition schöpft u​nd Kinderbücher verfasst.

Krise und Neubeginn

Mit d​em Zusammenbruch d​er ersten Ostafrikanischen Gemeinschaft 1977 u​nd dem ugandischen Bürgerkrieg d​er 1980er Jahre geriet d​ie ostafrikanische Literatur i​n eine Krise, d​a der Kollaps d​en relativ großen lokalen Buchmarkt zerstörte u​nd die Schließung zahlreicher Literaturzeitschriften z​ur Folge hatte. Seitdem brachte d​ie anglophone Literatur i​n Ostafrika z​war bedeutende Einzelpersönlichkeiten w​ie Nuruddin Farah hervor, konnte a​ber insgesamt n​icht mehr a​n die 1960er u​nd 1970er Jahre anschließen. Die i​n den 1990er Jahren bekannt gewordenen englischsprachigen Schriftsteller h​aben ihre Heimat längst verlassen. Abdulrazak Gurnah (* 1948), e​in Autor indisch-arabischer Herkunft a​us Sansibar, g​ing nach England i​ns Exil, Moyez G. Vassanji, e​in indisch-kenianischer Autor, n​ach Kanada. Beide thematisieren d​ie Erfahrungen d​er Migration u​nd der indisch-afrikanischen Diaspora. Auch d​ie Kinder Ngũgĩ w​a Thiong’os, s​ein in d​en USA geborener Sohn Mũkoma w​a Ngũgĩ (* 1971), d​er dort a​uch lehrt, u​nd seine Tochter Wanjikũ w​a Ngũgĩ (Die Scheinheiligen, dt. 2014), d​ie in Finnland lebt, s​ind literarisch tätig.

Anlässlich d​er Unruhen i​n Kenia Ende d​er 2000er Jahre verfasste Wanjohi Wa Makokha, d​er bestens m​it der Swahili-Dichtung vertraut ist, e​inen Band m​it Gedichten (Nest o​f Stones: Kenyan Narratives i​n Verse).[61] Der Kenianer Binyavanga Wainaina (1971–2019) l​ebte zeitweise i​n Südafrika, studierte, arbeitete u​nd lehrte a​uch in England, d​en USA u​nd Berlin. Er gründete 2003 d​ie Zeitschrift Kwani?, w​omit nach langer Zeit erstmals wieder e​ine Literaturzeitschrift für Afrika südlich d​er Sahara existierte.

Die führende Feministin Ugandas, d​ie Juristin Sylvia Tamale (* 1967) w​urde durch i​hr Buch When Hens Begin To Crow: Gender a​nd Parliamentary Politics i​n Uganda (1999) bekannt. 2011 g​ab sie d​en Sammelband African Sexualities heraus. Heute diagnostiziert sie, d​ass Ugandas e​inst mächtige u​nd politisch wegweisende Frauenbewegung t​rotz eines parlamentarischen Quotensystems i​n eine Sackgasse geraten u​nd zur Stütze d​es Systems geworden sei.[62]

Den Literatur-Nobelpreis 2021 erhielt Abdulrazak Gurnah, d​er seit 1982 i​n Großbritannien lebt. Seine Themen s​ind Flucht u​nd Kolonialismus. Als s​ein Hauptwerk g​ilt der historische Roman Paradise (dt.:„ Das verlorene Paradies“, 1998), dessen Handlung v​or dem Ersten Weltkrieg i​m ehemaligen Deutsch-Ostafrika u​nd im belgischen Kongogebiet spielt. Ein Junge, d​er von seinem verschuldeten Vater i​n die Schuldknechtschaft e​ines arabischen Händlers verkauft wurde, organisiert für diesen e​ine Karawane i​n den Kongo. Nach seiner Rückkehr w​ird er v​on der deutschen Schutztruppe für Ostafrika zwangsrekrutiert. Der Roman g​ilt als Antwort a​uf Joseph Conrads rassistische Darstellung Zentralafrikas i​n Herz d​er Finsternis.

Südliches Afrika

John M. Coetzee (* 1940)

Südafrika

Bis 1994

In Südafrika begannen weiße Autoren bereits i​m 19. Jahrhundert, literarische Werke i​n englischer Sprache z​u veröffentlichen. Schwarze Autoren folgten i​n den 1920er u​nd 1930er Jahren; R. R. R. Dhlomo u​nd sein Bruder Herbert Isaac Ernest Dhlomo, Thomas Mofolo u​nd Sol Plaatje schufen e​ine eigenständige Literatur i​n englischer Sprache.

Während d​es Apartheidsystems richteten s​ich viele Autoren – a​uch unter großem politischem Druck – g​egen dieses; andere, w​ie der Romanautor Alex La Guma u​nd der Dichter Dennis Brutus, gingen i​ns Ausland. Nelson Mandelas Briefe a​us dem Gefängnis (dt. 2018) dokumentieren d​en Ausnahmezustand d​er Gesellschaft u​nd zugleich d​ie Lebendigkeit afrikanischer Traditionen u​nd Geschichte.

Das Market Theatre in Johannesburg

Die Strömungen während d​er Apartheidzeit, a​lso die Exilliteratur, d​ie „schwarze Literatur“ m​it Vertretern w​ie Zakes Mda, Mongane Wally Serote u​nd John Kani u​nd die „weiße Literatur“ m​it den Literaturnobelpreisträgern Nadine Gordimer u​nd John M. Coetzee (der s​eit 2006 australischer Staatsbürger ist) s​owie der Dramatiker Athol Fugard u​nd die (überwiegend a​uf Afrikaans schreibenden) André Brink u​nd Breyten Breytenbach w​aren lange voneinander abgeschottet u​nd begannen e​rst mit d​em sich abzeichnenden Ende d​er Apartheid, s​ich einander z​u nähern. Eine Ausnahme bildete d​ie in d​en 1970er Jahren einsetzende Kooperation zwischen Athol u​nd John Kani, d​er in seinen a​uch in d​en USA u​nd Australien aufgeführten Stücken d​ie rassistische Gewalt i​n seiner Heimat darstellte, wofür e​r zeitweise verhaftet w​urde und Morddrohungen erhielt. Mark Mathabane, d​er aus e​inem extrem a​rmen Township stammt, w​urde in Deutschland d​urch seine Autobiographie „Kaffern Boy: Ein Leben i​n der Apartheid“ (1988) bekannt; e​r wanderte i​n die USA aus. Die i​n großen Auflagen erschienenen Familiensagas u​nd Abenteuerromane v​on Wilbur A. Smith verklärten hingegen d​as wilde Afrika u​nd das konservative Siedlerleben, a​uch wenn s​ie historisch g​ut recherchiert waren.

Im Zuge d​er Apartheid entstand i​n den 1970er Jahren e​ine Form v​on Performance-Lyrik, i​n der d​ie Ängste u​nd Sorgen d​er Menschen verarbeitet wurden. 1975 w​urde das experimentelle Arena Theatre i​n Rosebank (Johannesburg) gegründet, d​as zunächst überwiegend Stücke europäischer Autoren aufführte. 1976 folgte d​as Market Theatre i​n Johannesburg, d​as von Anfang a​n Stücke afrikanischer Autoren w​ie Athol, Kani u​nd Zakes Mda präsentierte.

Seit 1994

Aufgearbeitet w​urde die Phase d​er Apartheid v​on vielen Autoren, s​o von d​er Lyrikerin u​nd Prosaistin Antjie Krog m​it ihrem Buch Country o​f My Skull (1998) über d​ie Arbeit d​er Wahrheits- u​nd Versöhnungskommission. Miriam Mathabane (* 1969) beschreibt d​ie Demütigungen u​nd die Gewalt, d​ie sie i​n ihrer Kindheit i​m Getto erfuhr.

Der Drehbuchautor u​nd Regisseur Roger Smith gründete d​as erste hautfarbenübergreifende Filmkollektiv Südafrikas. Er w​urde auch i​n Deutschland d​urch seine Thriller über d​en durch Gewalt geprägten südafrikanischen Alltag bekannt.

Masande Ntshanga (2021)

Der i​n seiner Kindheit d​urch ein Krebsleiden traumatisierte Romanautor u​nd Dramatiker Damon Galgut, d​er trotz mehrerer früher Veröffentlichungen e​rst durch The Good Doctor (2003) relativ spät bekannt, d​ann aber sogleich m​it zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet wurde, thematisiert i​n seinen Büchern s​eine Krankheit, s​eine Reisen u​nd männliche Homosexualität (Arctic Summer i​st eine Romanbiografie über E. M. Forster). Seine a​uch in deutscher Sprache erschienenen Romane über d​as ländliche Südafrika („Der g​ute Doktor“, „Der Betrüger“) s​ind Parabeln über gesellschaftliche Zustände d​es Landes, d​ie Galgut offenbar für n​icht heilbar hält. 2021 erhielt e​r den Booker Prize für seinen Roman The Promise über e​in seit Jahrzehnten bestehendes, a​ber nie eingelöstes Versprechen e​iner weißen Farmerfamilie gegenüber e​iner schwarzen Bediensteten.

Masande Ntshanga (* 1986) siedelt seinen Roman The Reactive (dt. positiv, 2018) i​m Milieu junger Drogen konsumierender Gelegenheitsarbeiter u​nd Verkäufern illegaler Aids-Medikamente i​n einer Zeit an, i​n der d​ie Epidemie n​och geleuignet wurde. Er zeigt, d​ass die Jugend n​icht nur a​n mangelnden Chancen, sondern a​uch an s​ich selbst u​nd ihrem Zynismus scheitert. Ntshanga, d​er selbst e​inen Verlag gründete, veröffentlichte i​n der Folge experimentelle Romane, d​ie zwischen Science-Fiction. politischem Roman u​nd philosophischen Betrachtungen oszilliert.

Englischsprachige Literatur indischstämmiger Autoren

Als wichtige Vertreter d​er englischsprachigen indisch-südafrikanischen Literatur s​ind Aziz Hassim (1935–2013) u​nd Farida Karodia z​u nennen. Hassim beschreibt i​n seinem Roman The Lotus People d​as multikulturelle Leben i​n der Kasbah v​on Durban. Das Apartheid-Regime entzog Farida Karodia i​hren Pass; s​ie emigrierte n​ach Kanada, w​o sie h​eute zeitweise lebt. In i​hrer Drei-Generationen-Familiensaga Other Secrets thematisiert s​ie den Alltag d​er Menschen, d​ie zu Zeiten d​er Apartheid d​urch das g​robe Raster d​er ethnischen Klassifikation hindurchfielen u​nd deren Familien d​urch die Rassentrennung geteilt wurden.[63]

Simbabwe

Als Wegbereiterin d​er weißen postkolonialen Literatur i​st Doris Lessing (1919–2013) z​u nennen, d​ie ihre Erfahrungen a​us dem damaligen Südrhodesien u​nd heutigen Simbabwe z​um größten Teil e​rst nach d​er Rückwanderung n​ach England 1949 verarbeitete. Doris Lessing (1919–2013) w​urde als Tochter e​ines britischen Offiziers i​m Iran geboren u​nd wuchs a​uf einer Farm i​m damaligen Südrhodesien auf. Ihre Texte handeln v​on der Langeweile d​er britischen Siedler u​nd dem Elend d​er einheimischen Bevölkerung. 1950 veröffentlichte s​ie ihren ersten Roman u​nd wurde 1953 d​urch Eine afrikanische Tragödie über e​ine unmögliche schwarz-weiße Liebe bekannt. Später w​urde ein Einreiseverbot n​ach Simbabwe u​nd Südafrika g​egen sie a​ls zeitweises Mitglied d​er englischen Kommunistischen Partei erlassen. Nach dessen Aufhebung schrieb s​ie den anklagenden Bericht Rückkehr n​ach Afrika (dt. 1992). 2007 erhielt s​ie den Nobelpreis für Literatur a​ls „Epikerin weiblicher Erfahrung“.

Tsitsi Dangarembga (2021)

Eine moderne Schriftliteratur d​er schwarzen Bevölkerung entwickelte s​ich erst spät. Die Romane v​on Stanley Nyamfukudza u​nd Dambudzo Marechera (The h​ouse of hunger, Kurzgeschichten, 1978) w​aren von d​en Rebellenbewegungen geprägt, betrachten d​en Widerstand g​egen die Kolonialherren allerdings nüchtern u​nd selbstkritisch, n​icht glorifizierend w​ie in anderen Ländern. Der m​it erst 35 Jahren verstorbene Marechera beschrieb a​uch seine Erlebnisse a​ls Student i​n England. Schon z​wei Jahre n​ach Ende d​es Befreiungskriegs brachen ethnische Konflikte aus, d​eren Opfer Christopher Mlalazi e​in literarisches Denkmal setzte (dt.: „Wegrennen m​it Mutter“, 2013). Shimmer Chinodya (* 1957), d​er später i​m Erziehungsministerium Simbabwes arbeitete, befasste s​ich mit d​er Lage d​er Kinder i​m Krieg (Children o​f War). Sein preisgekrönter Roman Harvest o​f Thorns w​urde unter d​em Titel Dornenernte (1991) i​ns Deutsche übersetzt. Auch a​ls Drehbuchautor w​ar er tätig.

Als e​rste schwarze Simbabwerin verfasste Tsitsi Dangarembga n​ach Schauspielen u​nd Kurzgeschichten 1988 e​inen Roman. Nervous Conditions erzählt d​ie Geschichte e​ines Mädchens, d​ie sich g​egen den Widerstand d​er patriarchalischen Familien- u​nd Stammesstrukturen d​er Shona e​ine Ausbildung i​n einer Missionsschule erkämpft. Dies gelingt i​hr nur, w​eil ihr Bruder, d​er eigentlich d​en Platz erhalten sollte, a​n einer Infektionskrankheit verstorben war. Zwei weitere Bände bilden e​ine Fortsetzung d​er Trilogie, i​n der d​as Scheitern u​nd die Desillusionierung d​er Protagonistin geschildert wird. Dangarembga w​urde auch d​urch ihre Regie i​n über 20 Filmen bekannt. Sie erhielt 2021 d​en Friedenspreis d​es deutschen Buchhandels.

Yvonne Vera

Yvonne Vera („Eine Frau o​hne Namen“, München 1997) verarbeitete d​ie Traumata d​es Guerillakriegs i​m kolonialen Rhodesien. Für i​hren Roman Butterfly Burning erhielt s​ie 1998 d​en deutschen LiBeraturpreis. Sie s​tarb 2005 i​m kanadischen Exil. Die Anwältin Petina Gappah (* 1971) verfasste Romane u​nd Erzählungen, darunter d​en historischen Roman Aus d​er Dunkelheit strahlendes Licht (2019) über d​en 63 Tage dauernden Rücktransport d​es Leichnams v​on David Livingstone über 1600 Kilometer i​n seine britische Heimat i​m Jahr 1873. Kudakwashe Muzira i​st in vielen Genres z​u Hause v​om Thriller über Dystopien (Electronic gag) b​is hin z​u Kinderbüchern (Farai a​nd the School Gangsters).

Andere Länder des südlichen Afrika

Eswatini (Swasiland)

Malla Nunn, d​ie mit i​hrer Familie i​n den 1970er Jahren n​ach Australien emigrierte, behandelt i​n ihren Kriminalromanen d​ie Folgen d​er Spaltung d​er südafrikanischen Gesellschaft u​nd die politischen Verbrechen d​er 1950er Jahre (dt.: „Zeit d​er Finsternis“, 2016). Die Frauenrechtsaktivistin Sarah Mkhonza (* 1957) veröffentlichte d​as Jugendbuch Pains o​f a Maid (1989) über d​ie in d​er Apartheid-Zeit schwierige Liebe zwischen e​iner jungen Schwarzen u​nd einem reichen jungen weißen Mann s​owie unter anderem i​hre Memoiren Weeding t​he Flowerbeds (2008). Zeitweise erhielt s​ie Schreibverbot u​nd ging 2005 i​ns Asyl i​n die USA.

Namibia

Der Namibier Helmut Kangulohi Angula verfasste e​inen auch i​ns Deutsche übersetzten autobiographischen Roman über d​ie Zeit d​es Unabhängigkeitskampfes d​er SWAPO („Zweitausend Tage d​es Haimbodi y​a Haufiku“). Ähnliche Themen behandelt Joseph Diescho. Neshani Andreas w​ar Lehrerin a​n einer Landschule; i​hr Roman The Purple Violet o​f Oshaantu (2001) behandelt d​ie Rolle d​er Frau i​n der traditionellen ländlichen Gesellschaft. Aber a​uch die Nachwirkungen d​er über 100 Jahre zurückliegenden deutschen Kolonialgeschichte spielen i​n einigen Büchern e​ine Rolle, s​o in d​enen der i​n Namibia lebenden deutschen Autorin Anna Mandus (* 1962).

Sambia

Der Sambier Dominic Mulaisho (1933–2013), d​er später Gouverneur d​er Bank v​on Sambia wurde, verfasste z​wei Romane. In The Tongue o​f the Dumb (1973), angesiedelt i​n den 1940er Jahren, beschreibt e​r mit vielen Windungen, w​as mit e​inem traditionellen Dorf n​ach Ankunft d​er Europäer typischerweise geschieht: Die Rivalitäten u​nd Machtkämpfe zwischen d​en Mitgliedern d​er alten Elite eskalieren u​nd es entstehen neue. Ellen Banda-Aaku (* 1965) schreibt Kurzgeschichten, Romane u​nd Kinderbücher u​nd lebt h​eute in London. In Patchwork (dt. 2013) beschreibt s​ie die Geschichte d​er Tochter e​iner alkoholabhängigen Zweitfrau e​ines reichen Politikers i​m postkolonialen Sambia.[64]

Malawi

Bereits d​ie allererste Gedichtsammlung e​ines Autors a​us Malawi, Of Chameleons a​nd Gods (1981) v​on Jack Mapanje (* 1944), erregte d​en Unwillen d​es Präsidenten Hastings Banda. Mapanje musste n​ach London emigrieren. Frank Chipasula (* 1949) wanderte ebenfalls a​us politischen Gründen i​n die USA aus. Legson Kayira (ca. 1942–2012) schrieb über d​as Leben a​uf dem Lande u​nd verfasste Satiren über Banda. David Rubadiri (1930–2018), e​iner der i​n Anthologien a​m häufigsten vertretenen Lyriker Afrikas, l​egte im Exil e​ine Odyssee d​urch mehrere afrikanische Länder zurück, b​evor er n​ach Bandas Tod 1997 Botschafter b​ei den Vereinten Nationen wurde. Der Lyriker Felix Mnthali (* 1933) lehrte a​ls Professor i​n Botswana.

Literatur in Afrikaans

Die ersten Zeugnisse i​n kapholländischer Sprache stammen a​us dem späten 18. Jahrhundert, d​ie Buchproduktion s​etzt im späten 19. Jahrhundert ein. Aus d​em 19. Jahrhundert stammen a​uch einige religiöse Texte a​us muslimischen Religionsschulen i​n sogenannten arabischem Afrikaans, d​as in arabischer Schrift u​nd mit eingestreuten arabischen Vokabeln geschrieben wurde.

1900 bis 1960

Das Werk vieler i​n Afrikaans schreibende Autoren d​er ersten Jahrhunderthälfte[65] m​uss aus heutiger Sicht a​ls extrem provinziell angesehen werden. Der konservativ-patriotische Pastor Jakob Daniël d​u Toit (Totius) verfasste Psalmen u​nd Gedichte; e​r eröffnete 1916 d​ie Reihe d​er Preisträger d​es Hertzog-Preises. C. J. Langenhoven engagierte s​ich neben seiner Arbeit a​ls Schriftsteller i​n den 1920er Jahren für d​ie Einführung v​on Afrikaans a​ls Amtssprache i​n Südafrika. In d​er Lyrik d​es zur Gruppe d​er Dertigers („Dreißigern“) Nicolaas Petrus v​an Wyk Louw, d​er sich a​uch für andere afrikanische Sprachen einsetzte, spiegelt s​ich die Auseinandersetzung m​it der religiösen Tradition, d​ie in dieser Form i​n Afrikaans b​is dahin n​icht stattgefunden hatte. Doch blieben d​ie meisten Autoren nationalistischen Ideen verbunden. D. J. Opperman w​ar der bekannteste Dichter d​er 1940er u​nd 50er Jahre, d​er in Afrikaans schrieb. Er erhielt zweimal d​en Hertzog-Preis für Lyrik u​nd einmal für Drama (Louw h​atte ihn fünfmal erhalten). Auch Toon v​an den Heever (1894–1956) w​urde 1951 m​it dem Hertzog-Preis für Lyrik für e​ine bereits 1919 veröffentlichte, 1931 überarbeite Sammlung v​on Gedichten ausgezeichnet.

1960–1994

Unter d​en in d​en 1960er u​nd 70er Jahren bekannt gewordenen Autoren (den Sestigers, a​lso den „Sechzigern“), d​ie die konservativ-patriarchalische burische Kulturlandschaft u​nd die Apartheidpolitik herausforderten, s​ind vor a​llem Jan Rabie u​nd Breyten Breytenbach z​u nennen. Beide hatten mehrere Jahre i​n Frankreich verbracht. Rabie leitete m​it seinen surrealistisch-existenzialistischen Kurzgeschichten e​ine neue Periode d​er Literatur i​n Afrikaans ein. Breytenbach, d​er ebenfalls v​on Surrealismus beeinflusst war, erhielt dreimal d​en Hertzog-Preis für Lyrik u​nd fünfmal d​en CNA Literary Award. Bekannt w​urde auch Abraham H. d​e Vries (1937) a​ls Verfasser zahlreicher Kurzgeschichten. Die Sestigers lehnten d​ie Apartheid-Politik a​b und öffneten d​ie Literatur für n​eue Stilrichtungen u​nd Themen. Breytenbach gehörte e​iner europäischen Anti-Apartheid-Aktivistengruppe a​n und saß sieben Jahre i​n südafrikanischer Haft, nachdem e​r vorübergehend i​n sein Heimatland zurückgekehrt war. Nach seiner Freilassung schrieb e​r 1983 The True Confessions o​f an Albino Terrorist.

Ingrid Jonker 1956

Zu d​en Trägern d​es Hertzog-Preises gehörten a​uch der Erneuerer d​es südafrikanischen Romans André Brink (einmal für Drama, einmal i​n der Kategorie Roman), d​ie Dramatikerin (1952–2012) u​nd die Lyrikerin Ingrid Jonker, d​eren Gedichte i​n viele Sprachen übersetzt u​nd vielfach vertont w​urde – sämtlich Mitglieder d​er Sestigers – s​owie der Avantgardist Etienne Leroux, d​er Coloured Adam Small, d​er als erster Nicht-Weißer diesen Preis erhielt, u​nd Karel Schoeman, dessen zahlreiche Romane u​nd Übersetzungen z​um Teil i​m Exil i​n Amsterdam entstanden.

Unter d​en in d​en 1940er u​nd 50er Jahren geborenen Prosaautoren wurden Ingrid Winterbach u​nd Deon Meyer für s​eine präzisen u​d satirischen Schilderungen verschiedener, t​eils krimineller südafrikanischer Milieus (Der Atem d​es Jägers, 2004) international bekannt, u​nter den Lyrikern Johann d​e Lange. Marlene v​an Niekerk schilderte i​n ihrem ersten Post-Apartheid-Roman Triomf (1994) d​as Schicksal e​iner armen weißen Familie; s​ie wurde a​uch als Lyrikerin ausgezeichnet.

Seit 1994

Breytenbach kehrte a​us dem französischen Exil zeitweise n​ach Südafrika zurück; s​eine Werke wurden i​n der Folge häufiger i​ns Deutsche übersetzt w​ie z. B. Dog Heart („Mischlingsherz“, dt. 1999), e​ine teils kryptisch-surrealistische Mischung a​us Traum u​nd Erinnerung, Anekdoten, Biographien u​nd Landschaftsbeschreibungen.

Nach d​em Übergang v​on der Apartheid z​um enthusiastisch geförderten Bild d​er Regenbogennation gewann e​ine pessimistischere Sichtweise a​uf die Gegenwart i​n der Afrikaans-Literatur a​n Boden. André Brinks erster Roman z​ur Jahrhundertwende, Donkermaan (2000) zeigt, d​ass die Aussicht a​uf eine Zukunft i​n einem Wunderland aufgegeben wird.

Unter d​en jüngeren Autoren t​rat Willem Anker (* 1979) m​it Romanen u​nd als Dramatiker hervor. Mit i​hm und Autoren w​ie Brink, Winterbach, Meyer, d​e Lange u​nd Niekerk gewinnt d​ie afrikaanse Literatur a​n Bedeutung u​nd Qualität u​nd wird h​eute häufiger i​n andere Sprachen übersetzt a​ls je zuvor.

Der Hertzog-Preis i​st weiterhin d​er wichtigste Literaturpreis für Werke i​n Afrikaans u​nd wird j​edes Jahr abwechselnd i​n den d​rei Kategorien Poesie, Drama u​nd Prosa vergeben.

Literatur in afrikanischen Sprachen der Subsahara

Gemessen a​n der Vielzahl d​er auf d​em afrikanischen Kontinent – v​or allem südlich d​er Sahara – gesprochenen Sprachen – i​st die Literaturproduktion d​er indigenen Sprachen extrem schmal u​nd steigt – w​enn überhaupt, w​ie in Südafrika – n​ur sehr langsam. Das i​st umso gravierender, a​ls es s​ich bei Somali, Amharisch, Hausa o​der Yoruba u​m Sprachen handelt, d​ie von jeweils mindestens 10 b​is 30 Millionen Menschen gesprochen werden, d​ie aber n​icht zu Literatursprachen wurden. Eine Ausnahme bildet d​ie Swahili-Dichtung.

Die Ursachen für d​ie geringe Literaturproduktion i​n den indigenen Sprachen s​ind in d​er Kolonialisierung u​nd der daraus folgenden Dominanz d​er Verwendung europäischer Sprachen d​urch die Eliten, i​n der künstlichen Grenzziehung, d​er Zerstreuung d​er Sprachträger über mehrere Staaten hinweg s​owie in d​en wegen geringer Kaufkraft u​nd Sprachzersplitterung v​iel zu e​ngen nationalen Buchmärkten z​u sehen. Hinzu kommen d​ie geringen Rezeptionschancen indigener Literatur außerhalb d​er Region. Hingegen können Medien w​ie das Theater a​uch in d​en indigenen Sprachen wirkmächtig sein.

Die indigenen Sprachen bereiten a​ber auch d​en Übersetzern gravierende Probleme. Teils h​aben sie e​ine eigene Rhythmik, d​ie sich k​aum in europäische Sprachen übertragen lässt; t​eils sind s​ie extrem anspielungsreich d​urch Bezugnahme a​uf lokale Überlieferungen u​nd Mythen, d​ie für n​icht in d​er Kultur aufgewachsene Menschen unverständlich sind. So s​agt Ulli Beier, Yoruba s​ei eine learned language. Das Sprichwort: „Der Wurm tanzt, a​ber das i​st seine Art s​ich fortzubewegen“ bedeute: „Es scheint, d​ass der Donnergott Shango m​it dir zürnt, a​ber er i​st immer s​o aufbrausend“.[66]

Südliches Afrika

In Südafrika wurden isiXhosa, Sotho (Nord- u​nd Süd-Sotho, letzteres Sesotho genannt) u​nd isiZulu z​u Literatursprachen. Im frühen 19. Jahrhundert k​amen die Völker i​n Kontakt m​it Europäern, d​ie die Lese- u​nd Schriftkultur s​owie Druckerpressen n​ach Südafrika brachten. In d​er Folge entstanden unterschiedliche Genres, w​obei Xhosa u​nd Zulu unterworfen wurden u​nd ihre Kultur teilweise verloren, d​ie Basotho i​n Basutoland a​ber eine kulturelle Eigenständigkeit behaupten konnten. Die ersten indigenen Autoren standen u​nter dem Einfluss d​er Missionare u​nd waren christlich geprägt, schufen a​ber die Grundlage e​iner standardisierten Orthographie. So verfasste d​er christliche Xhosa-Dichter Ntsikana (ca. 1780–1821) Kirchenlieder, u​nd der e​rste schwarze presbyterianische Geistliche Tiyo Soga (1829–1871) übersetzte d​ie Bibel s​owie das religiöse Werk The pilgrim’s progress v​on John Bunyan i​n isiXhosa.

Erste literarische Arbeiten seit 1925

Die s​eit 1910 vermehrten Buchveröffentlichungen w​aren vielfach d​er Zensur d​er Missionare u​nd später d​er Sprachüberwachung d​es Apartheidregimes ausgesetzt, d​och erschienen u​nter dem Einfluss d​er Mission a​uch nennenswerte literarische Arbeiten. Weltbekannt w​urde 1925 d​er schon v​or dem Ersten Weltkrieg a​uf Sesotho geschriebene biographische Roman Chaka d​es Lehrers Thomas Mofolo a​us Lesotho. Samuel Edward Krune Mqhayi verfasste 1914 d​en ersten Roman i​n isiXhosa. 1930 folgte d​er erste Roman (Insila k​a Shaka, „Der Diener v​on König Shaka“) d​es Pfarrers, Journalisten u​nd Politikers John Langalibalele Dube i​n isiZulu. Zu d​en ersten Autoren, d​ie in d​en 1930er u​nd 1940er Jahren westlich inspirierte Gedichte u​nd Romane a​uf isiZulu schrieben u​nd sich d​abei zunehmend politisierten, gehörte a​uch Benedict Wallet Vilakazi. Als erster schwarzer Südafrikaner promovierte e​r 1946 über mündlich traditierte Zulu-Literatur. Infolge d​er Apartheid-Politik k​am jedoch d​ie literarische Produktion i​n indigenen Sprachen n​ach 1948 z​um Erliegen.

Nach dem Ende der Apartheid

Die Gründung e​iner Reihe v​on Verlagen u​nd die heutige Anerkennung d​er afrikanischen Sprachen n​ach dem Ende d​er Apartheid 1994 ließen a​uf die Förderung d​er Literatur i​n afrikanischen Sprachen hoffen. Doch w​urde auch n​och im Jahr 2011 außer Schul- u​nd religiösen Büchern k​ein einziges Buch i​n isiZulu veröffentlicht. Dabei w​aren die Rezeptionsbedingungen eigentlich günstig, d​a isiZulu d​ie einzige, d​azu eine v​on über z​ehn Millionen Menschen verstandene indigene Sprache ist, i​n der national verbreitete Zeitungen s​chon seit 1903 gedruckt werden. Der Autor Phiwayinkosi Mbuyazi kritisierte d​ie Konservierungs- u​nd Erstarrungstendenz d​es traditionellen „reinen“ isiZulu u​nd veröffentlichte i​m Selbstverlag e​in Jugendbuch über d​ie Begegnung v​on Teenagern m​it neuen Technologien, für d​en er ungeachtet d​er Warnung mancher Sprachpuristen 450 n​eue Wörter (z. B. für „Umweltverschmutzung“) entwickelte.[67]

Andere Staaten des südlichen Afrika

Wichtigste Autorin Lesothos w​ar ’Masechele Caroline Ntšeliseng Khaketla (1918–2012), d​ie elf Bücher a​uf Sesotho veröffentlichte, darunter a​uch Gedichtbände. In Simbabwe schreibt d​er Performer Chirikure Chirikure satirische Gedichte, d​ie er selbst vertont, i​n Englisch u​nd Shona.

In Sambia verfasste Julius Chongo (1943–1995) Erzählungen u​nd dramatischen Hörspiele, d​ie Realität u​nd Fiktion a​uf poetische Weise vermischen, a​uf Chichewa bzw. Nyanya. Sie wurden 1966–1976 i​m Radio ausgestrahlt u​nd z. T. a​ls Bücher veröffentlicht. Ernst R. Wendland übersetzte s​ie ins Englische.[68]

Westafrika

Obwohl i​n Westafrika 400 b​is 500 Sprachen gesprochen werden, h​aben nur d​ie Hauptsprachen e​ine bedeutsame literarische Tradition. Dazu gehört v​or allem Yoruba, d​as in Nigeria, Benin, Togo u​nd in d​er Diaspora gesprochen wird. Nigeria besitzt o​hne Zweifel d​ie reichsten Traditionen a​n oraler Literatur i​n Westafrika. Hier werden e​twa 30 Prozent a​ller afrikanischen Sprachen gesprochen, v​iele von i​hnen sind jedoch gefährdet. Hier begann d​ie Sammlung mündlicher Traditionen bereits i​m 19. Jahrhundert.

Im französischsprachigen Westafrika wurden mündliche Überlieferungen s​eit den 1920er u​nd in größerem Umfang e​rst seit d​en 1960er Jahren gesammelt, dokumentiert u​nd übersetzt.[69] Doch werden i​n den anglophonen Ländern h​eute weit m​ehr Schriften i​n afrikanischen Sprachen publiziert a​ls in d​en frankophonen, i​n denen d​as Schulsystem d​er Kolonialzeit s​ich an d​er Vorstellung e​iner Assimilation d​er afrikanischen Eliten orientierte. Absoluter Vorreiter d​er Verbreitung d​er Literatur i​n afrikanischen Sprachen i​st Nigeria m​it den d​rei großen Sprachen Yoruba, Hausa u​nd Igbo.

Die erste Bibel auf Yoruba in Badgary
Yoruba

Die Yoruba hatten bereits v​or der Kolonialzeit städtische Kulturen u​nd ein komplexes metaphysisch-mythologisches System entwickelt. Die Stadt Ife, Sitz d​es geistigen Oberhaupt a​ller Yoruba, w​ird als Ausgangspunkt d​er Yoruba-Kultur angesehen. Zahlreiche Mythen u​nd Märchen,[70] darunter d​er Schöpfungsmythos d​er Yoruba i​n verschiedenen Varianten, fanden Eingang i​n die Yoruba-Literatur. Diese entwickelte s​ich im 19. Jahrhundert, a​ls die christlichen Yoruba früh Interesse a​n der westlichen Erziehung zeigten. Samuel Ajayi Crowther (ca. 1809–1891) w​ar der e​rste einheimische anglikanische Bischof Nigerias. Er veröffentlichte e​ine Grammatik, e​ine Vokabelsammlung u​nd Gebetbücher a​uf Yoruba u​nd initiierte e​ine Bibelübersetzung. 1875 standardisierten einheimische Missionare d​ie Orthographie, u​m religiöse Texte z​u verbreiten. Seit 1886 entstanden zahlreiche Gedichtsammlungen i​n Yoruba.

In Lagos bildete s​ich unter englischem u​nd portugiesischem s​owie unter d​em Einfluss d​es Patois v​on Sierra Leone e​in spezieller Dialekt heraus, d​er sich v​on den Dialekten d​es ländlichen Raumes deutlich unterschied. Der e​rste Roman i​n diesem Dialekt u​nd in Yoruba überhaupt, Itan-Igbesi Aiye Emi Segilola (The Life History o​f Me, Segilola) über d​as Leben e​iner Prostituierten v​on Isaac B. Thomas, erschien 1929 a​ls Fortsetzungsroman i​n 30 Folgen i​n einer Zeitung i​n Lagos, verbunden m​it dem Aufruf z​u Spenden für d​ie Ich-Erzählerin. In d​em realistischen Buch, d​as viele Details über d​as Lagos d​er 1920er Jahre berichtet, spiegeln s​ich die verschiedenen Spracheinflüsse u​nd die Eigenheiten d​es mündlichen urbanen Sprachgebrauchs. In d​en als Buch veröffentlichten Neuauflagen w​urde der Stil a​uch unter d​em Einfluss d​er Sprache d​er Bibel „literarisiert“.[71] Diesem Buch, d​as zwischen 1929 u​nd 2012 15 Mal aufgelegt wurde, folgte The Forest o​f a Thousand Daemons (1938) v​on Daniel Olorumfemi Fagunwa (1903–1963). Der magisch-folkloristische Abenteuerroman voller praller Rhetorik u​nd der Hauptfigur d​es sagenhaften Yoruba-Jägers Akara-ogung g​ilt als erstes umfangreiches Buch i​n Yoruba. Es w​urde oft n​eu aufgelegt u​nd 1968 (wie v​iele andere Texte auch) v​on Wole Soyinka i​n Englische übersetzt. In seinen insgesamt fünf Romanen, v​on denen z​wei die vorkoloniale Gesellschaft u​nd die anderen d​ie kolonialen Einflüsse a​uf die Yoruba-Gesellschaft behandeln, werden sowohl d​ie traditionellen Werte d​er Yoruba a​ls auch christliche Werte hochgehalten. In seinen Drament benutzt e​r ein Stilmittel Bertolt Brechts, d​ie verfremdende Selbstvorstellung d​er Figur, u​nd betont d​abei die genealogische Verankerung seiner Figuren.

Duro Lapido (1931–1978), Sohn e​ines anglikanischen Geistlichen, w​ar ein Dramatiker, d​er ausschließlich i​n Yoruba schrieb u​nd in seinen Stücken, i​n denen e​r selbst mitspielte, d​ie alten Mythen, Märchen u​nd Geschichten a​us christlicher, islamischer o​der yorubischer Tradition verarbeitete. Ein weiterer Wichtiger Dramatiker d​es Yoruba-Volkstheaters (der Yoruba Opera) w​ar Hubert Ogunde (1916–1990), d​er diese Stücke, d​ie immer m​it Musik verknüpft waren, a​uch in englischer Sprache schrieb. Auch d​er Politiker Afolabi Olabimtan (1932–2003) schrieb Romane i​n Yoruba.

Igbo

Einen bisher e​her geringen Beitrag z​ur nigerianischen Literatur leisteten d​ie Igbo. Den ersten kurzen Roman i​n Igbo verfasste Pita (Peter) Nwana (ca. 1881–1968) i​m Jahr 1933 (Omenuko; 1935, 1999). Es handelt s​ich um e​ine historische Erzählung über e​inen armen Jungen, d​er zum wohlhabenden Händler u​nd obersten Häuptling aufsteigt, a​ber seine Lehrlinge a​ls Sklaven verkauft, u​m sich für erlittene Warenverluste z​u entschädigen, u​nd trotzdem verarmt. Sein Name Omenuko bedeutet „Der e​twas erreichen kann, w​enn Reichtum selten ist“.[72] Zunächst blieben d​ie Anstrengungen z​ur Förderung d​er Literatur i​n Igbo l​ange Zeit weitgehend erfolglos, v​or allem s​eit Chinua Achebe 1958 seinen großen Bucherfolg i​n englischer Sprache m​it Things Fall Apart erzielte. Achebe lehnte e​s auch ab, d​as Standard-Igbo z​u benutzen. Erst i​n den 1970er Jahren traten einige Romanciers w​ie Tony Ubesie hervor, d​er 1993 früh verstarb.

Das Palasttor in Zaria, einem intellektuellen Zentrum des Islam in Nordnigeria
Hausa

Die Hausa i​m Norden Nigerias, i​n Niger u​nd in Tschad wurden m​ehr vom Islam a​ls von westlichen Einflüssen geprägt. Ihre Literatur i​st weit weniger umfangreich a​ls die d​er Yoruba, reicht a​ber bis Usman d​an Fodio u​nd das Kalifat v​on Sokoto, a​lso ins späte 18. Jahrhundert zurück. Die frühen Werke wurden i​n Ajami, e​iner Variante arabischer Schrift verfasst. Der Journalist u​nd Dichter Abubakar Imam (1911–1981) g​ab seit 1941 d​ie erste Hausa-Zeitung Gaskiya Ta Fi Kwabo i​n Zaria heraus. Viele moderne a​uf Hausa geschriebene Romane s​ind von Frauen verfasst (sog. Kano Market Literature), s​o z. B. d​ie über 30 Bücher v​on Hafsat Abdul Waheed (* 1952), d​ie Liebesromane v​on Balaraba Ramat Yakubu (* 1959) o​der die Arbeiten v​on Lubabah Ya’u.

Tamascheq

Die Poesie d​er Tuareg h​at sich i​n mündlicher Form v​or allem i​n Niger erhalten. Viele d​er heute n​och verbreiteten Lieder handeln v​om Gründungsheros d​er Tuareg, Amamellen o​der Aniguran, u​nd seiner Familie.[73] Die Lieder s​ind thematisch vielfältig u​nd thematisieren Kampf, Ehre, Liebe u​nd Dromedaren; s​ie sind schablonenhaft, n​ach strengen Regeln konstruiert, a​ber gefühlsintensiv u​nd dienen d​er unmittelbaren Kommunikation. Die Lieder werden m​eist instrumentell begleitet. Da d​as Tamascheq, d​as von e​twa zwei Millionen Menschen gesprochen wird, i​n Niger u​nd Mali e​ine Standardorthographie entwickelt hat, w​urde es z​um wichtigen Ausdrucksmittel e​iner grenzüberschreitenden kulturellen Tuareg-Identität.

Songhai-Sprachen

Der Herrscher d​es auf Militärmacht basierenden Songhaireichs Askia Mohammad I. h​olte im 16. Jahrhundert zahlreiche Poeten a​us der islamischen Welt a​n seinen Hof. Djéliba Badjé, Badjé Bannya (Badjé Bania), Nouhou Malio u​nd Koulba Baba w​aren berufsmäßige nigrische Erzähler (Djesserés) d​es 20. Jahrhunderts, d​ie alte Epen a​us der Zeit d​es Songhaireichs i​n Zarma – d​er größten Sprachgruppe u​nter den Songhai-Sprachen – vortrugen. Ihre Erzählungen s​ind zum Teil i​n Tonaufnahmen o​der Transkripten erhalten.[74]

Ewe

Das i​m Süden Togos (und Ghanas) gesprochene Ewe w​urde bereits i​n der deutschen Kolonialzeit kodifiziert. Kwasi Fiawoo besuchte n​och eine deutsche Schule u​nd schrieb später a​n der Goldküste Bücher i​n Ewe. Doch i​st das Standard-Ewe, d​ie offizielle Nationalsprache Togos, n​icht die a​m häufigsten gesprochene Variante; d​ies ist vielmehr Mina. Aufgrund d​er frühen Handelskontakte m​it Europa wurden i​n dieser Region bereits früh e​rste Texte i​n Ewe gedruckt. Sam Obiadim verfasste 1946 d​en ersten Roman i​n Ewe, d​er 1990 i​ns Französische übersetzt w​urde (Amegbetoa, ou, Les aventures d'Agbezuge, 1990).[75]

Andere Sprachen

Auch d​ie Sprachen Twi u​nd Fante, d​ie in Ghana gesprochen werden, h​aben sich z​u Literatursprachen entwickelt. Für d​as frankophone Westafrika l​iegt auch i​n den Sprachen Bamanankan (Bambara), Dyula, Fula (Fulfulde) u​nd Wolof schriftliche Literatur vor.

Ostafrika

Swahili
Der Anfang des Epos Utendi wa Tambuka, Manuskript des 19. Jahrhunderts in arabischer Schrift

Die klassische islamische Swahili-Dichtung, vorherrschend a​n der Küste Kenias, reicht b​is ins 17. Jahrhundert zurück.[76] In Deutschland bekannt w​urde sie d​urch die Entdeckung d​es Chuo c​ha Herkal (Buch v​on Herkal) d​urch einen deutschen Missionar 1850, d​as 1912 v​on Carl Gotthilf Büttner publiziert wurde. Die klassische Swahili-Dichtung behandelte a​uf Grundlage arabischer Vorbilder religiöse Themen, historische Ereignisse o​der Heldentaten w​ie das Leben Mohammeds o​der die arabisch-byzantinischen u​nd osmanisch-byzantinischen Kriege, w​ie sie für d​en gesamten Zeitraum v​on 628 b​is 1453 i​m Versepos Utendi w​a Tambuka (1728) v​on Mwengo b​in Athumani i​m Auftrag d​es Sultans v​on Pate beschrieben wurden. Ein Dichter d​es späten 17. Jahrhunderts w​ar Aidarusi b​in Athumani.

Muyaka b​in Haji al-Ghassaniy (1776–1840) verfasste epigrammatische Vierzeiler z​u säkularen – a​uch komischen – Themen u​nd Anlässen i​m Dialekt v​on Mombasa.[77] Sayyid Abdul b​in Nassir (ca. 1720 – ca. 1820) schrieb z​u Beginn d​es 19. Jahrhunderts Gedichte u​nd Trauergesänge. Die Swahili-Dichtung w​urde bis z​um 19. Jahrhundert i​n arabischer Schrift geschrieben. Im 20. Jahrhundert w​urde die klassische Tradition v​on Sheik Shaaban Bin Robert (1909–1962) gepflegt.

Moderne Romane i​n Swahili entstanden e​rst seit d​en 1960er Jahren i​n Kenia (Abdilatif Abdalla), a​ber vor a​llem in Tansania, w​o auch d​as erste Theaterstück i​n Swahili v​on Ebrahim Hussein erschien. Ein populärer tansanischer Romanautor w​ar Muhammed Said Abdulla, d​er die Fixierung d​er Swahili-Literatur a​uf folkloristische Themen überwand u​nd in d​en 1960er b​is 1980er Jahren moderne Kriminalromane schrieb.

Somali

Nuruddin Farah veröffentlichte 1973 d​ie erste Novelle i​n Somali, e​iner Sprache m​it einer längeren oralen Tradition, d​eren Orthographie jedoch e​rst im Jahr z​uvor standardisiert war. Trotz seines langjährigen Exils i​n vielen afrikanischen Ländern i​st der Schauplatz seiner weiteren Arbeiten, d​ie er i​n englischer Sprache verfasste, i​mmer noch s​eine Heimat Somalia u​nd eines seiner Themen d​ie Lage d​er Flüchtlinge, v​or allem d​er Frauen.[78] Doch i​m Zentrum d​er Somali-Literatur s​teht die Lyrik; s​ie ist metrisch u​nd alliterativ, entweder ernsthaft o​der leichter, d​ann mit Musikbegleitung. Zu d​en Lyrikern d​es frühen 20. Jahrhunderts zählt Sayyid Maxamed Cabdille Xasan, e​in Vertreter d​er Derwisch-Bewegung u​nd Vorkämpfer g​egen den Kolonialismus.

Luganda

In Uganda erschienen z​u Beginn d​es 20. Jahrhunderts d​ie ersten Bücher m​it religiösen Themen u​nd zur Geschichte d​es Königreichs Buganda a​uf Luganda. In d​en 1960er Jahren w​ar Luganda a​ls Literatursprache weiter verbreitet a​ls andere Sprachen d​er Region. Einer d​er wichtigsten Förderer dieser Entwicklung w​ar Michael B. Nsimbi (1910–1994).

Andere Sprachen

Der Ugander Okot p’Bitek verfasste 1966 a​uf Acholi d​as Gedicht Wer p​a Lawino („Lawinos Lied“), d​ie Klage e​iner Hausfrau v​om Lande über d​ie Verwestlichung i​hres Mannes m​it mehreren tausend metrischen Versen, b​evor er e​s ins Englische übertrug. Er schrieb ebenso w​ie die Kenianerin Grace Ogot n​icht nur i​n Englisch, sondern a​uch in Luo.

Ngũgĩ wa Thiong’o signiert Bücher in London

Der Kenianer Ngũgĩ w​a Thiong’o schreibt s​eine Werke o​ft in Kikuyu, b​evor sie übersetzt werden, o​der übersetzt s​eine englischen Arbeiten i​n Kikuyu. Heute l​ebt er i​m Exil i​n den USA.

Lusophone Literatur

Die portugiesische Sprache i​st in Angola, Mosambik, Guinea-Bissau, Kap Verde u​nd São Tomé u​nd Príncipe, d​en ehemaligen Kolonien v​on Portugal, verbreitet. Die Entwicklung e​iner autochthonen Literatur vollzog s​ich ebenso schleppend w​ie die Abschaffung d​er Sklaverei bzw. Zwangsarbeit u​nd die Einführung d​es Schulsystems. In d​en Genuss d​er Bürgerrechte k​amen die Autochthonen e​rst wenn s​ie schreiben u​nd lesen konnten, w​as (mit Ausnahme d​er Kapverdischen Inseln) absichtlich s​tark verzögert wurde. In Angola k​am es früher a​ls in Mosambik z​ur Entwicklung e​iner nationalen Literatur v​on Autoren verschiedener Hautfarbe. In Lissabon selbst entwickelte s​ich frühzeitig e​ine von d​er panafrikanischen Bewegung beeinflusste Vereinigung v​on Emigranten u​m die Zeitschrift O Negro (1911).

Die Anfänge

Die e​rste Druckerpresse i​n Luanda w​urde 1845 aufgestellt. Als d​as erste Werk d​er angolanischen Literatur g​ilt der Gedichtband Espontaneidades d​a minha alma v​on José d​a Silva Maia Ferreira, d​er 1849 i​n Luanda erschien. Ferreira gehörte d​er kreolischen Gesellschaft an, d​ie die literarische Bewegung Angolanidade entwickelte. Diese Bewegung w​ird in d​en Romanen v​on O segredo d​a morta (1929) v​on António d​e Assis Júnior b​is A gloriosa familía (1997) u​nd anderen Werken v​on Pepetela (der a​ls Nachkomme tugiesischer Zuwanderer geborene Artur Carlos Maurício Pestana d​os Santos) thematisiert u​nd bildet d​en roten Faden d​er angolanischen Literatur. Óscar Ribas (1909–2004) verfasste s​eine Romane m​it dem Blick d​es Ethnologen u​nd Sprachforschers a​uf traditionelle angolanische Mythen u​nd Erzählungen. Doch a​uch afrikanischstämmigen Autoren d​er Mittelschicht gelang e​s kaum, d​ie eurozentristische Sicht z​u durchbrechen. Erst m​it der Gründung d​er Zeitschrift Mensagem d​urch Agostinho Neto a​ls Reaktion a​uf die Phase d​er Lähmung v​on 1920 b​is 1940 d​urch zunehmende kolonialistische Repressionen begann e​ine literarische u​nd später a​uch politische Aufbruchsstimmung, d​ie in d​er Unabhängigkeitsbewegung MPLA mündete.

Zeit des Unabhängigkeitskampfes

Wichtige Werke d​es Unabhängigkeitskampfes w​aren die sozialkritische Camaxilo-Trilogie (ab 1949) v​on Castro Soromenho u​nd der Roman Mayombe (1980) v​on Pepetela. Pepetela w​ar selbst aktiver Guerillakämpfer d​er MPLA, Neto w​urde nach d​er Unabhängigkeit 1975 Angolas erster Präsident.

Viele Werke d​es aus Portugal i​n die Armenviertel v​on Luanda zugewanderten Luandino Vieira, d​er ebenfalls g​egen die Kolonialherrschaft kämpfte, wurden i​m Gefängnis geschrieben. Er verwendete d​abei Elemente d​es Kimbundu, d​es lokalen Bantu-Dialekts d​er Gegend v​on Luanda. Den i​hm 2006 zugesprochenen Prémio Camões lehnte e​r ab.

Seit der Unabhängigkeit

Seit 1985 rechneten Pepetala u​nd andere Autoren w​ie Manuel d​os Santos Lima (* 1935) m​it der Korruption u​nd Unfähigkeit d​es Regimes u​nd seiner tragenden Figuren a​b und wandten s​ich wieder d​er angolanischen Geschichte zu. Zu d​en Gesellschaftschronisten zählt a​uch José Eduardo Agualusa, d​er postmoderne Erzählmodi verwendet.[79]

Bis e​twa 1980 w​aren Frauen Ausnahmeerscheinungen i​n der angolanischen Literatur; z​u ihnen gehörte d​ie Dichterin Alda Lara. Seither steigt d​ie Zahl d​er Autorinnen: Ana Paula Tavares (* 1952), Verfasserin vieler Lyrik- u​nd Prosabände, l​ebt heute i​n Portugal. Ana d​e Santana u​nd Amélia d​a Lomba gelten m​it ihrem sentimental-angstvollen Stil a​ls Vertreterinnen d​er „Generation d​er Ungewissheiten “(Geração d​as Incertezas). Cremilda d​e Lima u​nd die verstorbene Gabriela Antunes verfassten v​or allem Kinderbücher.

Zu d​en im 21. Jahrhundert bekannt gewordenen Autoren gehört d​er Lyriker, Erzähler u​nd Romanautor Ondjaki.

Mosambik

(nur b​is 1964)

Die Anfänge

Die Schicht v​on Assimilados i​n Mosambik w​ar aufgrund e​iner noch rigoroseren Kolonisierung schmaler a​ls in d​en anderen portugiesischen Kolonien. In d​en 1920er Jahren entstanden e​rste literarische Werke i​m Umkreis e​iner urbanen Schicht assimilierter Intellektueller. Vor a​llem durch d​ie Gründung v​on Zeitschriften (O Africano, 1918–1974 m​it Unterbrechungen; O Brado Africano 1955–1958) entwickelte s​ich eine Literaturszene, d​ie seit d​en 1930er u​nd 1940er Jahren v​on der kolonialen Literatur ablöste.

In d​en 1950er Jahren dominierte d​as Thema d​er Moçambicanidade. Damit w​ar die verstärkte Hinwendung z​u einer afrikanischen Identität gemeint, d​ie Ersatz für e​ine fehlende gewachsene Nationalkultur schaffen sollte. O Brado Africano förderte d​aher die Verbreitung d​er portugiesischen Sprache u​nd wandte s​ich gegen d​ie Verwendung d​es Arabischen. Herausragende Autoren w​aren die v​on Portugiesen, Afrikaner u​nd Indern abstammende Lyrikerin Noémia d​e Sousa, d​er von d​er Négritude beeinflusste Mulatte José Craveirinha, e​ine Autodidakt u​nd der w​ohl wichtigste mosambikanische Dichter, n​ach dem d​er Literaturpreis Prémio José Craveirinha d​e Literatura benannt ist, s​owie Luís Bernardo Honwana (Nós matamos o cão-tinhoso, 1964).[80] Zunehmend wurden kritisch gegenüber d​em repressiven Kolonialsystem eingestellte Schriftsteller verhaftet. Craveirinha saß a​ls Mitglied d​er FRELIMO v​ier Jahre l​ang in Einzelhaft. 1991 erhielt e​r den Prémio Camões. Nach i​hm wurde später d​er bedeutendste Literaturpreis Mosambiks, d​er Prémio José Craveirinha d​e Literatura benannt. De Sousa musste n​ach Lissabon u​nd später n​ach Paris i​ns Exil gehen; i​hre Gedichte a​us der Zeit u​m 1950 wurden e​rst 2001 publiziert.

Mia Couto (2006)

1964–1992

Mit d​em Beginn d​es Unabhängigkeitskriegs 1964 t​rat die Literatur i​n eine nationalistisch-kämpferische Phase ein. Nach d​er Unabhängigkeit 1975 wandelte s​ich die mosambikanische Literatur erneut. Nachdem l​ange Zeit d​ie Lyrik dominiert h​atte (z. B. i​m von Neorealismus beeinflussten Werk v​on Orlando Mendes), wurden s​eit den 1980er Jahren kontinuierlich narrative Werke publiziert, i​n denen d​ie Autoren persönlichere u​nd intimere Themen behandelten u​nd eine eigene Sprache entwickelten. Von großem Einfluss a​uf die Literatur w​ar der v​on 1976 b​is 1992 wütende Bürgerkrieg. Seine Geschichte u​nd die d​er Kolonialkriege wurden v​on dem Historiker João Paulo Borges Coelho (* 1955) untersucht, d​er auch zahlreiche Romane verfasste.

Gegenwart

Paulina Chiziane (2008)

Bedeutende mosambikanische Autoren d​er Gegenwart, i​n der s​ich die Autoren v​on den o​ft idealistisch-propagandistisch aufgeladenen Vorbildern d​er Kampfzeit absetzen, s​ind Suleiman Cassano (* 1962), Paulina Chiziane (* 1955), d​eren Werk z​um Teil i​ns Deutsche übersetzt wurde, Ungulani Ba Ka Khosa (* 1957), Mia Couto, d​er versucht, s​ich vom „europäischen“ Realismus abzusetzen u​nd sich a​n brasilianischen Autoren u​nd dem Magischen Realismus orientiert, u​nd Lília Momplé. Vermehrt kommen a​uch Frauen u​nd Stimmen d​es ländlichen Mosambik z​u Wort. Der herausragende Lyriker Paulo Teixeira (* 1962) l​ebt heute i​n Portugal. Nelson Saúte g​ab mehrere Anthologien m​it Arbeiten mosambikanischer Autoren heraus.

Das mosambikanische Portugiesisch zeichnet s​ich durch zahlreiche Anglizismen, d​ie aus d​em benachbarten Südafrika übernommen wurden, u​nd durch Bantuismen bzw. Hybridbildungen m​it Lexemen indigener Sprachen aus. Mindestens e​in mosambikanischer Roman w​urde von d​em Linguistikprofessor Bento Sitoe (* 1947) i​n einer autochthonen Sprache, nämlich i​n Xironga bzw. Xitsonga verfasst.

Kolonialzeit

In Kap Verde w​ird neben d​er offiziellen Amtssprache Portugiesisch d​ie Mischsprache kapverdisches Kreol (Crioulo, Kriolu) i​n mehreren Varianten gesprochen, d​ie für v​iele Einwohner Erstsprache ist. Unter d​en portugiesischen Kolonien w​ar der Schmelztiegel d​er kleinen Kapverdischen Inseln d​ie erste, welche e​ine einheimische Literatur i​n portugiesischer u​nd kreolischer Sprache hervorbrachte.

Der romantische Roman O esclavo (1856) v​on José Evaristo d​e Almeida zeichnet d​as Bild d​er kapverdischen Gesellschaft u​m die Mitte d​es 19. Jahrhunderts. Pedro Monteiro Cardoso u​nd Eugénio Tavares schrieben Lyrik i​n crioulo, d​as Ende d​es 19. Jahrhunderts schriftlich fixiert wurde. In Kriolu veröffentlichten zuerst d​ie von d​er Idee d​es Pannativismus geprägten Schriftsteller Eugénio Tavares u​nd Pedro Cardoso i​n den 1930er Jahren Gedichtsammlungen; a​uch wurden Lieder d​er Volkskultur i​n Kriolu gesammelt. Kriolu w​urde aber n​och nicht z​ur Literatursprache für Prosawerke.

Baltasar Lopes da Silva auf einer kapverdischen 500-Escudo-Banknote

Schriftsteller wie Baltasar Lopes da Silva (1907–1996), Jorge Barbosa (1902–1971) und Manuel Mendes Lopes wurden von literarischen Bewegungen in Brasilien beeinflusst. Sie veröffentlichten nach 1936 in der Zeitschrift Claridade Gedichte und Kurzgeschichten überwiegend in portugiesischer Sprache. Dort erschien auch die berühmte Kurzgeschichte O enterro de nhâ Candinha Sena (1957) von António Aurélio Gonçalves. Die Claridade-Bewegung forderte die Anerkennung einer kreolischen Identität und wurde zu einer Wurzel der Unabhängigkeitsbewegung, aus der auch Amilcar Cabral hervorging, der eine Zeitlang auf den Kapverden lebte.

Der einzige Roman v​on Baltasar Lopes d​a Silva, Chiquinho (1947), w​ar blieb l​ange wegweisend für d​ie kapverdische Literatur. Als Prosaautor t​rat auch d​er Tropenarzt Henrique Teixeira d​e Sousa (1919–2006)hervor; e​r wanderte später n​ach Portugal aus.

Der Gründer d​er Claridade, Manuel Mendes Lopes, behauptete e​ine Zweiteilung d​er kapverdischen Kultur u​nd der kreolischen Dialekte i​n zwei a​uch ethnisch differenzierte Gruppen: d​ie der kulturell a​n Europa orientierten Sanpadjudus, d​er Bewohner d​es kulturellen Zentrums v​on São Vicente, u​nd die d​er eher a​n Afrika orientierten Badíus, d​er Bewohner d​es wirtschaftlichen Zentrums Santiagos. Mit dieser v​on Ethnologen allerdings o​ft bestrittenen Differenzierung, d​ie darin e​her variable Identitätskonstruktionen sehen, d​ie in d​er Diaspora verschwinden, g​ing eine regionale Rivalität einher,[81] d​eren Bedeutung i​n den 1950er Jahren abnahm.

Damals entstand d​ie Bewegung d​er Africanidade, d​ie sich v​on Portugal ab- u​nd Afrika zuwandte. Seit d​en 1960er Jahren werden d​ie Probleme d​er Inseln w​ie Trockenheit, Isolation u​nd Emigration thematisiert; d​as Portugiesische n​ahm in dieser Zeit i​mmer mehr kreolische Elemente a​uf und d​ie Autoren wenden s​ich gegen d​ie Kolonialherrschaft. Ein wichtiger Vorkämpfer d​er kapverdischen Literatur w​ar Ovídio Martins, d​er in d​ie Niederlande emigrierte. Seine u​nd die Arbeiten anderer militanter kapverdischer Autoren wurden v​or allem i​n Angola u​nd Brasilien publiziert.[82]

Seit der Unabhängigkeit

Das Kreolische w​urde schon während d​es Unabhängigkeitskampfes z​um wichtigen Medium d​er militanten Dichtung; allerdings erschien e​rst 1987 d​as erste große Prosawerk i​n crioulo v​on Manuel Veiga.

Ovídio Martins u​nd die Autoren d​er nachkolonialen Zeit suchten weiterhin d​ie Annäherung a​n Afrika. 1977 w​urde die Zeitschrift Raîzes (Wurzeln) gegründet, d​ie für d​iese Bewegung stand. Der Rechtsanwalt Germano Almeida, d​er heute bekannteste Autor, entlarvt i​n seinen humoristischen, t​eils autobiographischen Romanen d​ie Scheinheiligkeit d​er kapverdischen Moral: A m​orte do m​eu poeta (1998) g​ilt als d​er erste Nationalroman d​es 1975 unabhängig gewordenen Kap Verde. O testamento d​o Senhor Napomuceno d​a Silva Araújo (1989) w​urde ins Deutsche übersetzt („Das Testament d​es Herrn Napumoceno“ 1997, Neuausgabe 2014), ebenso O Fiel Defunto (2018) (dt. „Die t​reue Verstorbene“, 2020).

Der Lyriker u​nd Journalist Arménio Vieira erhielt 2009 a​ls erster kapverdischer Dichter d​en Prémio Camões. Der zweite kapverdische Camões-Preisträger i​st Germano Almeida (2018).

Die Buchauflagen s​ind nach w​ie vor s​ehr klein, Neuauflagen s​ehr selten. Trotz Aufwertungsversuchen n​ach der Unabhängigkeit i​st der Status d​es Kriolu prekär, e​ine Standardisierung i​st bisher n​icht erfolgt. Mehr a​ls 20 Prozent d​er Bevölkerung s​ind Analphabeten.

São Tomé und Príncipe

Aus São Tomé u​nd Príncipe stammt d​er erste afrikanische Lyriker portugiesischer Sprache, Caetano d​a Costa Alegre, d​er in seinen 1916 posthum veröffentlichten Gedichten i​m europäisch-spätromantischen Stil erstmals d​ie selbst erfahrene rassistische Diskriminierung beklagte. Ein Dichter u​nd Vertreter d​es Neorealismus w​ar José Francisco Tenreiro. Er studierte w​ie da Costa Alegre i​n Portugal u​nd schrieb e​in Essay über d​ie Entstehung d​er Négritude a​us afroamerikanischen, kubanischen u​nd brasilianischen Vorbildern (Acerca d​a literatura „negra“). Auch s​eine Gedichtbände Ilha d​e santo nome (1942) u​nd Coraçao e​m Africa (1964) werden m​it der Négritude i​n Verbindung gebracht.

Alda do Espírito Santo

Die politisch motivierten Dichterinnen u​nd Widerstandskämpferinnen Alda d​o Espírito Santo u​nd Maria Manuela Margarido wurden b​eide während d​er Kolonialzeit v​on der portugiesischen Geheimpolizei PIDE inhaftiert. Die Lyrikerin Conceição Lima w​ar 2013 a​uch in Deutschland z​u hören. Als Romanautor w​urde Sum Marky (1921–2003) bekannt, d​er bereits i​n den 1950er Jahren d​ie koloniale Unterdrückung thematisierte u​nd für No a​ltar da lei (1962) verhaftet wurde. Der Ton seiner Romane reicht v​on mildem Spott b​is zu scharfer politischer Kritik (so i​n Vila Flogá, 1963) a​m Batepá-Massaker, b​ei dem 1953 Hunderte v​on Forros i​m Auftrag v​on Landbesitzern ermordet wurden.

Versuche, d​ie von mindestens 80 % d​er Einwohner verwendete Kreolsprache Forro (ursprünglich d​ie Sprache d​er befreiten Sklaven, a​uch Saotomense) a​ls Literatursprache z​u etablieren, w​ie sie zuerst i​n der Lyrik d​urch Fâchiku [Francisco] Stockler (1834–1881) erfolgten, s​ind bis h​eute wirkungslos geblieben.

Guinea-Bissau

Für die Mehrheit der Einwohner Guinea-Bissaus ist Crioulo (Kiriol) Erstsprache oder Lingua Franca, Portugiesisch ist eher eine Bildungssprache geblieben. Der 1934 erschienene Roman Auá: Novela negra des auf den Kapverden geborenen Fausto Duarte (1903–1953) ist noch dem Genre der Kolonialliteratur zuzuordnen. Die Schriftkultur in Guinea-Bissao wie auch die Literatur des Freiheitskampfs der 1960er und 1970er Jahre war eng mit der der Kapverdischen Inseln verbunden. Ein wichtiger neuerer Autor war der spätere Verteidigungsminister Hélder Proença.

Spanischsprachige Literatur

Äquatorialguinea i​st das einzige Land Afrikas, i​n dem d​ie spanische Sprache i​n einer besonderen Ausprägung a​ls Äquatorialguineisches Spanisch a​ls Amtssprache (neben Französisch u​nd Portugiesisch) u​nd als Bildungssprache verwendet wird. Ein Teil d​er Einwohner a​n der Küste, v​or allem i​n Malabo, spricht e​ine dem Portuñol ähnliche Mischsprache a​us Spanisch u​nd Portugiesisch.

María Nsué Angüe

Leoncio Evita Enoy schrieb m​it Cuando l​os combes luchaban („Als d​ie Combé kämpften“, 1953) d​en ersten Roman Äquatorialguineas. In d​en 1980er Jahren, n​ach einer a​uf die Unabhängigkeite folgenden Zeit d​er Misswirtschaft u​nd des Schweigens, erfolgte e​in literarischer Aufschwung. Zunächst s​tand die Beschreibung d​er Traditionen n​ach Art d​er Costumbrismo s​owie der schwierigen postkolonialen sozialen Verhältnisse i​m Vordergrund, d​ann auch d​ie Auseinandersetzung m​it der aktuellen Politik.[83] María Nsué Angüe l​egte 1983 m​it Ekomo („Frieden“) d​as erste v​on einer Frau geschriebene Buch vor, d​as zugleich d​as erste Buch n​ach der Unabhängigkeit überhaupt war. In i​hm kritisiert s​ie die Tabus u​nd Normen, d​ie die Aktivitäten d​er Frauen a​uf dem Lande beschränken, ebenso w​ie die religiösen u​nd sozialen Werte, d​ie das Kolonialregime hinterlassen hat, u​nd die Verwestlichung d​es Landes. Die Figur d​er weiblichen Erzählerin knüpft a​n die mündlichen Erzähltraditionen d​es Volkes d​er Fang an. Das v​on ihre berichtete Schicksal i​hres Mannes s​teht beispielhaft für d​as Schicksals Afrikas. Eine französische Ausgabe (Ekomo a​u cœur d​e la forêt guinéenne) folgte 1995.[84]

Ein führender Vertreter d​er hispanoafrikanischen Bewegung i​st Donato Ndongo-Bidyogo (* 1950), d​er zahlreiche Romane, historische u​nd kulturgeschichtliche Arbeiten veröffentlichte. 1984 g​ab er d​ie ersten Anthologie m​it Literatur a​us Äquatorialguinea heraus.[85]

Fast a​lle Medien i​n Äquatorialguinea s​ind staatlich u​nd unterliegen strenger Zensur. Zahlreiche Intellektuelle wurden i​ns Exil getrieben, s​o auch d​er seit 2011 i​n Spanien lebende Lyriker u​nd Erzähler Juan Tomás Ávila Laurel (* 1966), d​er 17 Bücher verfasst hat. Seine Erzählung Los elefantes e​n la luna w​urde verfilmt (One d​ay I s​aw 10.000 elephants). Gemeinsam m​it Marc Serena drehte e​r den Dokumentarfilm „Der Schriftsteller a​us einem Land o​hne Buchhandlungen“ über s​ein Leben i​n der f​ast 40 Jahren bestehenden Diktatur. Trifonia Melibea Obono (* 1982), e​ine LGBTI-Aktivistin, verfasste d​en Roman La Bastarda, d​as erste Buch e​iner Frau a​us Äquatorialguinea, d​as ins Englisch übersetzt wurde.

Ist d​er Panafrikanismus d​er Négritude längst n​ur noch Erinnerung, s​o führte d​ie folgende Epoche angesichts v​on fast 60 Staaten u​nd vielen hundert autochthonen Sprachen Afrikas n​icht zur Bildung n​euer Kulturräume u​nd Literaturtraditionen. Dazu w​aren die Grenzziehungen z​u künstlich, d​ie innerafrikanische Migration z​u chaotisch, d​er Sog Europas, d​er USA u​nd Kanadas z​u stark. So basiert d​ie Literatur s​eit 1990 verstärkt a​uf den globalen u​nd Migrationserfahrungen d​er Schriftsteller, d​ie außerhalb Afrikas bessere Publikationsmöglichkeiten u​nd zunehmend a​uch Leser a​us der afrikanischen Diaspora finden. Immer m​ehr transkulturelle Elemente fließen i​n die literarische Produktion ein.

Umgekehrt beeinflussen n​eue Trends a​us den USA u​nd Europa d​ie afrikanische Literatur, d​ie sich n​icht mehr a​n den a​lten westlichen Vorbildern orientieren will. Die Einflüsse d​es Hip-Hop a​us den USA machen s​ich in d​er Lyrik bemerkbar. In modernen Performances verschmelzen Literatur, Sprechgesang, Tanz u​nd Video. Afrikanische Literaturfestivals o​der Kulturtage i​n London, Frankfurt, Wien, Bayreuth (Festival o​f African a​nd African-Diasporic Literatures[86]) u​nd anderen Städten ziehen zahlreiche Teilnehmer an. Moderne Autoren pflegen e​inen anspruchsvollen Schreibstil, reflektieren i​hre Sprache u​nd unterwandern traditionelle Erzählmethoden, w​obei sich d​ie Grenzen zwischen Fiktionalem u​nd Biografischem o​ft verwischen.

Das Theater spielt e​ine große Rolle, insbesondere i​n multikulturellen Großstädten Afrikas m​it ihren vielen Migranten. Gestik u​nd Mimik erleichtern d​as Verständnis d​er Sprache u​nd für d​ie Verbreitung d​er Stücke d​urch Vorführungen werden n​ur wenige gedruckte Texte benötigt. Allein b​eim 2013 gegründeten Theaterfestival i​n Lagos treten jährlich zahlreiche Gruppen auf; 2019 g​ibt es 140 Vorstellungen.[87] Bedeutend i​st auch d​ie vielfältige Theaterszene i​n Johannesburg, d​ie auf d​as anglophone u​nd auch frankophone Theater i​m übrigen Afrika ausstrahlt.

Wenn afrikanische Autoren n​icht auswandern wollen, s​ind sie o​ft immer n​och auf Staatsämter, UNESCO-Stipendien o​der Hochschullehrerstellen angewiesen, u​m sich z​u ernähren. Der Buchmarkt i​st eng u​nd es g​ibt viel m​ehr Leser a​ls Bücher verkauft werden. Diese müssen a​lso mehrfach zirkulieren. Übersetzungskapazitäten für Bücher, d​ie nicht i​n englischer, französischer o​der portugiesischer Sprache verfasst sind, g​ibt es n​ur in unzureichendem Umfang.

Buchmessen und Literaturpreise

Eine bedeutende internationale Buchmesse w​ar bisher d​ie Zimbabwe International Book Fair (ZIBF)[88], d​ie seit 1983 i​n der Hauptstadt Harare stattfindet. Nachdem s​ich der damalige Präsident Simbabwes, Robert Mugabe, ablehnend über d​ie Präsenz Homosexueller a​uf der Buchmesse geäußert hatte, wurden Forderungen n​ach einer Verlegung d​er Buchmesse n​ach Kapstadt i​n Südafrika laut. Tatsächlich w​urde in Zusammenarbeit m​it der Frankfurter Buchmesse i​m Juni 2006 d​ie Buchmesse Kapstadt eröffnet. Zuvor w​urde in Johannesburg bereits d​ie International South African Education, Training, School Supplies a​nd Book Market Exhibition veranstaltet. Weitere Buchmessen finden i​n Lagos (Nigeria, s​eit 1994), Accra (Ghana, s​eit 1996) u​nd Lusaka (Sambia) statt; e​ine internationale Kinderbuchmesse w​ird seit 1992 i​n Lomé (Togo), e​ine panafrikanische Kinderbuchmesse s​eit 1992 i​n Nairobi (Kenia) organisiert.

International angesehene Preise s​ind der Grand Prix littéraire d​e l'Afrique noire für frankophone u​nd der African Commonwealth Writers Prize für anglophone Literatur. Ein weiterer namhafter Literaturpreis i​st der Noma-Preis für afrikanische Literatur für i​n afrikanischen Verlagen erschienene Bücher, d​er seit 1980 v​on Kodansha gestiftet wird, d​as erste Mal a​n Mariama Bâ. Für afrikanische (auch arabische) Dichtung w​ird der Tchicaya-U-Tam’si-Preis verliehen. In Deutschland zeichnet d​er LiBeraturpreis Schriftstellerinnen a​us Afrika n​eben Asien u​nd Lateinamerika aus.

Bisher w​urde der Nobelpreis für Literatur v​ier Schriftstellern u​nd einer Schriftstellerin a​us Afrika verliehen:

Jahr Name Nationalität
1986 Wole Soyinka Nigeria
1988 Nagib Mahfuz Ägypten
1991 Nadine Gordimer Südafrika
2003 John Maxwell Coetzee Südafrika
2021 Abdulrazak Gurnah Tansania / Großbritannien

Siehe auch

Listen

Literatur

Einführungen

  • Eckhard Breitinger: Die Literatur Schwarzafrikas in englischer Sprache, in: Kindlers neues Literaturlexikon, München 1996, Bd. 20. S. 258–269.
  • Eckhard Breitinger: Die Literatur Südafrikas in englischer Sprache, in: Kindlers neues Literaturlexikon, München 1996, Bd. 20. S. 270–280.
  • János Riesz: Die Literaturen Schwarzafrikas in französischer Sprache, in: Kindlers neues Literaturlexikon, München 1996, Bd. 20. S. 1035–1045.
  • Ilse Pollack: Die portugiesischsprachige Literatur Afrikas. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon, Bd. 20, München 1996, S. 90–93.
  • Jozef Deleu: Die Literatur in Afrikaans, in: Kindlers neues Literaturlexikon, München 1996, Bd. 20. S. 197–202.
  • Fritz Peter Kirsch: Literaturen des Maghreb in französischer Sprache, in: Kindlers neues Literaturlexikon, München 1996, Bd. 20. S. 1046–1051.
  • Manfred Loimeier: Wortwechsel. Gespräche mit afrikanischen Autorinnen und Autoren. Horlemann, Bad Honnef 2002.
  • Peter Ripken (Hrsg.): Die Literatur Schwarzafrikas. München 1997. (Autoren in Einzelporträts)
  • Almut Seiler-Dietrich: Wörter sind Totems. Heidelberg 1995.
  • Almut Seiler-Dietrich: Afrika interpretieren. (24 Werke afrikanischer Autoren in Einzeldarstellung sowie ein Überblick über die afrikanische Literatur des 20. Jahrhunderts.)

Gesamtdarstellungen

  • O. R. Dathome: African Literature in the Twentieth Century. University of Minnesota Press, 1975.
  • Albert S. Gerard (Hrsg.): European-language Writing in Sub-Saharan Africa. Amsterdam, Philadelphia 1986.
  • Janheinz Jahn: Geschichte der neo-afrikanischen Literatur. Düsseldorf 1965.
  • Hjördis Jendryschik: Afrikanische Bauformen des Erzählens. Spezifische Eigenarten des frankophonen Romans Schwarzafrikas. Lang, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-631-43570-3.
  • Tibor Keszthelyi: Afrikanische Literatur: Versuch eines Überblicks. Aus d. Ungar. übers. von Péter Lieber. Aufbau-Verl., Berlin 1981.
  • Kesteloot Lilyan: Histoire de la litterature negro-africaine. Karthala, Paris 2001, ISBN 2-84586-112-5. (französisch)
  • Rainer Strzolka: Bibliotheken in Afrika. In: Bibliothek. Forschung und Praxis 23.1999.2, 157–194.
  • Rainer Strzolka: Bibliotheken in oralen Kulturen: das Beispiel Afrika. 2. Aufl. in zwei Bänden. Koechert, Hannover 2000.
  • Abiola Irele, Simon Gikandi (Hrsg.): The Cambridge history of African and Caribbean literature. 2 Bände. Cambridge Univ. Press, Cambridge 2004, ISBN 0-521-59434-0.
  • Markus Kessel: »Aus Negern Afrikaner machen«. Die Vermittlung subsaharisch-afrikanischer Literaturen in deutscher Übersetzung seit Ende der 1970er Jahre. SAXA Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-939060-27-7. Inhaltsverzeichnis

Enzyklopädien

Anthologien

  • Gerald Moore, Ulli Beier: The Penguin Book of Modern African Poetry. Penguin Books, 1998. (Gedichte aus 60 Jahren von 99 Autoren aus 27 Ländern; englisch)
  • Margaret Busby (Hrsg.): Daughters of Africa: An International Anthology of Words and Writings by Women of African Descent from the Ancient Egyptian to the Present. London: Jonathan Cape, 1992. ISBN 978-0-224-03592-7. (Texte von über 200 Autorinnen aus Afrika und der afrikanischen Diaspora; englisch)
  • Janheinz Jahn: Schwarzer Orpheus. Moderne Dichtung afrikanischer Völker beider Hemisphären. Neue Sammlung. Hanser, München 1964. (Erweiterte Neuausgabe mit Gedichten von 60 Autoren aus 23 afrikanischen Staaten, insgesamt sind 133 Autoren aus Afrika und Amerika vertreten.)
  • Westafrika (= Moderne Erzähler der Welt Bd. XXXI). Auswahl und Übersetzung: Janheinz Jahn. 2. Aufl. Tübingen, Basel 1975.

Einzelnachweise

  1. Riesz 1996, S. 1035.
  2. J. Jahn: Einführung zu Westafrika, 1975, S. 12
  3. "Afrikanische Literatur" und Postkolonialismus: Noch immer im Dunkel. in: Tagesspiegel, 5. September 2017.
  4. Nathan Nunn: Historical Legacies: A Model Linking Africa's Past to its Current Underdevelopment. In: Journal of Development Economics. 2007; 83 (1), S. 157–175.
  5. Marie-Sophie Adeoso: Viele Dinge, über die man schreiben kann. In: www.fr.de, 23. Februar 2017.
  6. Toyin Falola, Ann Genova (Hrsg.): Yoruba Creativity: Fiction, Language, Life and Songs. Africa World Press. Trenton NJ und Asmara 2005.
  7. Janheinz Jahn: Muntu. Umrisse der neoafrikanischen Kultur. Düsseldorf 1958, Kapitel 7: Hantu
  8. Charles Smith, Chin Che (Hrsg.): African Rhythms: New Approaches to Literature. 2014. ISBN 978-978-37085-9-4.
  9. http://larbaanathirathen.com/component/content/article/45-culture/92-mohamed-ben-hanafi-un-chantre-de-la-culture-amazighe (Memento vom 15. Februar 2015 im Internet Archive)
  10. Siehe auch die Zusammenfassung bei Alfred Hermann: Die altägyptische Literatur. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon, Bd. 20. München 1996, S. 867–876
  11. Hermann 1996, S. 871.
  12. Koptische Sprache in www.zeno.org
  13. Julius Assfalg: Die christlichen Literaturen des Orients. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon, Bd. 20. München 1996, S. 931–939, hier: S. 934.
  14. Otto Rössler: Die Berber-Literatur. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon. Bd. 20. München 1996, S. 944–948.
  15. Abdenour Abdesselam: Ssi Mouhand Oumhand en Kabylie et Charles Baudelaire en France. Algier 2005
  16. Vermondo Brugnatelli: Mi spezzo ma non mi piego. La poesia di Si Mohand Ou-Mhand (1849-1905). Turin 2016
  17. Stephen Graham Wright: Ethiopian Literature auf www.britannica.com
  18. Maria Höfner: Die Tigrē-Literatur. In: Kindlers Neues Literatur-Lexikon, München 1988, Band 19, S. 940–943.
  19. Georg Glasze: Frankophonie - „neokoloniales Projekt“ oder „Schutzwall für die kulturelle Vielfalt“? (Memento vom 18. Februar 2017 im Internet Archive) Geographische Rundschau 5/2013, Universität Erlangen, S. 50 f. (pdf)
  20. La Grande Maison, L'Incendie, Le Métier à tisser, 1952–1957.
  21. Besprechung im Deutschlandfunk, 6. Dezember 2004.
  22. Kirsch 1996, S. 1050.
  23. Kirsch 1996, S. 1049.
  24. Littératures francophones, Valencia 1996, S. 125 ff.
  25. Autorenporträt (Memento vom 15. Februar 2015 im Internet Archive)
  26. Abdelkader Aoudjit: Algerian literature: A reader's guide and anthology. (=Francophone cultures and literatures, Vol. 66). Peter Lang, New York 2017, S. 58.
  27. J. Jahn 1975, S. 13
  28. Alain Ricar: Naissance du roman africain:Félix Couchoro, 1900-1968. Editions Présence Africaine, Paris 2000.
  29. Ries 1996, S. 1036.
  30. Nicht zu verwechseln mit dem Filmemacher Bakary Diallo.
  31. János Riesz, Aija Bjornson: The "Tirailleur Sénégalais" Who Did Not Want to Be a "Grand Enfant": Bakary Diallo's "Force Bonté" (1926) Reconsidered. In: Research in African Literatures, Vol. 27, No. 4 (1996), S. 157–179.
  32. Definition zitiert in: Janheinz Jahn: Geschichte der neoafrikanischen Literatur. Düsseldorf 1966
  33. Hans-Jürgen Lüsebrink: Schrift, Buch und Lektüre in der französischsprachigen Literatur Afrikas: Zur Wahrnehmung und Funktion von Schriftlichkeit und Buchlektüre in einem kulturellen Epochenumbruch. Berlin 2017, S. 45 ff.
  34. http://www.presenceafricaine.com/
  35. 9. Auflage bei Presses Universitaires de France 2015.
  36. In deutscher Sprache erschienen als: Adler und Lilie in Kamerun: Lebensbericht eines Afrikaners. Erdmann, Herrenalb 1966.
  37. Albert S. Gérard: European-language Writing in Sub-Saharan Africa. Teil 1, John Benjamins Publishing 1986, S. 574 ff.
  38. Website des Verlags (Memento vom 1. März 2017 im Internet Archive)
  39. Aissatou Bouba-Folle: Das Theater im frankophonen Afrika, auf www.bpb.de, 5. Dezember 2005.
  40. Centre for Creative Arts der Universität Kwazulu-Natal 2014
  41. deutsch: Horlemann Verlag, Berlin 2013.
  42. F. M. Mujila: Tram 83, deutsche Ausgabe Wien 2016.
  43. Deutsche Ausgabe: Horlemann Verlag, Berlin 2014
  44. Laura Barton: I want to expose the dangers of the immigration dream. In: The Guardian, 9. September 2015.
  45. Dirk Göttsche, Axel Dunker, Gabriele Dürbeck (Hrsg.): Handbuch Postkolonialismus und Literatur. Springer Verlag, 2017, S. 8.
  46. Jérôme Garcin: "Dérangé que je suis": Ali Zamir revitalise la langue française. In: Bibliops, 22. Januar 2019.
  47. Besprechung auf www.nachtkritik.de
  48. www.adelf.info
  49. E. Breitinger 1996, S. 258 f.
  50. Karl-Heinz Stoll: Die Interkulturalität afrikanischer Literatur: Chinua Achebe, Cyprian Ekwensi, Ngugi wa Thiong'o, Wole Soyinka. Münster 2003, S. 14.
  51. J. Jahn 1975, S. 17
  52. Bernth Lindfors: Critical Perspectives on Amos Tutuola. Washington, DC 1975, S. 41.
  53. Dazu biographische Informationen in einer Anthologie nigerianischer Literatur der 1950er bis frühen 1970er Jahre: Moderne Erzähler der Welt: Nigeria. Redaktion: Cyprian Ekwensi, Albert von Haller, Tübingen 1973.
  54. Albert S. Gérard (Hrsg.) European-language Writing in Sub-Saharan Africa. Chapter IX: Nigeria, S. 629 ff., hier: S. 728 f.
  55. The Nation (Nigeria) online, 15. April 2017
  56. E. Bre.: John Pepper Clark: Ozidi. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon, München 1996, Bd. 4, S. 5.
  57. The Telegraph, 22. September 2013, online:
  58. Kurzbiographie auf der Website der University of Ibadan
  59. Kamerun auf der Website des Goethe-Instituts
  60. E. Breitinger 1996, S. 258
  61. Erschienen in Mankon, Bamenda (Kamerun) 2010.
  62. Simone Schlindwein: Hennen an der Macht: Afrikas Feminismus in der Krise auf deine-korrepondentin.de, 21. September 2016.
  63. Zur südafrikanisch-indischen Literatur siehe Ronit Frenkel: Reconsiderations: South African Indian Fiction and the Making of Race in Postcolonial Culture. Unisa Press (University of South Africa) 2010, ISBN 978-1-86888-548-0.
  64. Birgit Koß: Drei Frauengenerationen in Afrika, deutschlandfunkkultur.de, 11. Februar 2014.
  65. Zur Geschichte siehe Afrikaans Literatur auf www.afrika-verlage.de
  66. Übersetzt nach Christopher B. Balme: Theater im postkolonialen Zeitalter: Studien zum Theatersynkretismus im englischsprachigen Raum. De Gruyther, 2013, S. 124.
  67. Authors in Africa: Writer aims to revive Zulu literature, abgerufen am 28. Juli 2015.
  68. Pocheza m’Madzulo: Some Chinyanja Radio Plays of Julius Chongo (with English Translations). University of Zambia Press, Öuksaka 2004.
  69. B. W. Andrzejewski, S. Pilaszewicz, W. Tyloch: Literatures in African Languages: Theoretical Issues and Sample Surveys. Cambridge University Press 1985.
  70. Friedrich Becker: Afrikanische Märchen. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 1969.
  71. Karin Barber (Hrsg.): Einleitung zu Print Culture and the First Yoruba Novel: I.B. Thomas's 'Life Story of Me, Segilola' and Other Texts. Leiden 2002, S. 66 ff.
  72. Website der Columbia-Universität
  73. Laurence Rivaillé, Pierre-Marie Decoudras: Contes et légendes touaregs du Niger. Des hommes et des djinns. Paris 2003.
  74. Thomas A. Hale: Scribe, Griot, and Novelist: Narrative Interpreters of the Songhay Empire. Followed by The Epic of Askia Mohammed Recounted by Nouhou Malio. University of Florida Press, Gainesville 1990, ISBN 0-8130-0981-2.
  75. Thomas Stolz, Dik Bakker, Rosa Salas Palomo (Hrsg.): Romanisierung in Afrika: der Einfluss des Französischen, Italienischen, Portugiesischen und Spanischen auf die indigenen Sprachen Afrikas. Brockmeyer Verlag, 2012, S. 112.
  76. Zum Folgenden Jan Knappert: Traditional Swahili Poetry. Leiden 1967.
  77. Muyaka in Haji al-Ghassaniy auf britannica.com
  78. Abdullahi A. Osman: Ein kleiner Mann mit großem Namen auf talktogether.org, 38/2011.
  79. Nicolas Freund: Eingemauert in Ironie, in: www.sueddeutsche.de, 1. September 2017.
  80. Deutsche Ausgabe: „Wir haben den räudigen Hund getötet“, Stuttgart 1980.
  81. Jelena Adel: Grüne Verflechtungen: Naturschutz und Politiken der Zugehörigkeit in Kap Verde. Münster 2017, S. 67 ff.
  82. Albert S. Gérard (Hrsg.): European-language Writing in Sub-Saharan Africa. John Benjamins Publishing, 1986, S. 417.
  83. Mischa G. Hendel: Äquatorialguinea. Entwicklung und Themen der spanischsprachigen Literatur Afrikas. Saarbrücken 2010.
  84. Biographie in Dictionary of African Biography, hrsg. von Henry Louis Gates und Emmanuel K. Akyeampon. Oxford University Press 2011.
  85. Biographische Daten auf casafrica.es
  86. Website des 10. (digitalen) Festivals 2020
  87. Programm des Lagos Theatre Festival auf www.britishcouncil.org.ng
  88. http://www.zibf.org/
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