Kalifat von Sokoto
Das Kalifat von Sokoto (Soccatu, Sakatu), auch Reich von Sokoto (auf Yoruba Ilẹ̀ Kálìfù Sókótó) oder Fulbe-Reich genannt, war ein islamischer Staat der Fulbe im Norden des heutigen Nigerias, der 1804 von Usman dan Fodio gegründet wurde, den größten Teil des Hausa-Landes umfasste und mit einer Fläche von ca. 440.000 km² einer der flächenmäßig größten vorkolonialen Staaten auf dem afrikanischen Kontinent war. Er grenzte nördlich an die Sahara, östlich an Kanem-Bornu, westlich an Gando und südlich an das Land der Yoruba (heute Südnigeria).
Geschichte
Usman dan Fodio, ein muslimischer Pullo (Singularform von Fulbe)[1] aus dem Hausa-Staat Gobir, verkündete den Dschihad gegen die Herrscher Gobirs, die seine Missionstätigkeit unterbinden wollten und ihn mit seiner Familie in die Verbannung schickten. In diesem Krieg, der von 1804 bis 1810 dauerte, schlug dan Fodio die Armee des Hausakönigs mit seinen Anhängern, Fulbe und die zum Islam konvertierten Hausa. Nachdem er sich nach seinem Sieg zum Scheich erklärt hatte, unterwarf er die übrigen Fürstentümer der Hausa, Katsina, Zaria, Nupe und Birmin Kebbi. Kanem-Bornu dagegen vermochte der Expansion zu widerstehen. Usmans Untergebener Modibo Adama gründete Adamaua, ein Fulbe-Emirat unter Oberhoheit von Sokoto.
Im Jahre 1812 teilte Usman dan Fodio das Reich in zwei Hälften auf. Sein Bruder Abdullahi erhielt die westlichen Provinzen mit Gwandu, sein Sohn Muhammad Bello die Ostprovinzen mit der von ihm gegründeten Stadt Sokoto.[2] Muhammad Bello, der nach Uthmans Tod 1817 zu seinem Nachfolger erhoben wurde, ließ die Chroniken seiner Vorgänger, der Hausakönige, zerstören. Diese Chroniken stellten fast die einzigen schriftlichen, von Afrikanern verfassten Dokumente der afrikanischen Geschichte dar. Bellos Schwester Nana Asma’u verfasste zahlreiche literarische und historische Werke.
Im Jahr 1903 wurde Sokoto von den Briten unter Frederick Lugard geschlagen. Die von Sokoto losgelöste Region von Konni wurde Französisch-Westafrika zugeschlagen. Obwohl das Kalifat von Sokoto nicht mehr existiert, verstehen sich die heutigen Führer des Islams in Nigeria als Nachfolger dan Fodios.
Liste der Sultane von Sokoto
- 1804–1817: Usman dan Fodio
- 1817–1837: Muhammad Bello
- 1837–1842: Abu-Bakr Atiku I.
- 1842–1859: Aliyu Babba
- 1859–1866: Ahmad Atiku
- 1866–1867: 'Aliyu Karami
- 1867–1873: Ahmad Rafai
- 1873–1877: Abu-Bakr Atiku II.
- 1877–1881: Mu'azu Ahmad
- 1881–1891: Umar bin Ali
- 1891–1902: 'Abdul-Rahman
- 1902–1903: Muhammad Attahiru I.
- 1903–1915: Muhammad Attahiru II.
- 1915–1924: Muhhammad I. Mai Turare
- 1924–1931: Muhammad II. Tambari
- 1931–1938: Hasan
- 1938–1988: Abu-Bakr
- 1988–1996: Ibrahim Dasuki
- 1996–2006: Ibrahim Muhammad Maccido
- 2006–Muhammad Sa'ad Abubakar :
Literatur
- Amadou H. Ba, Jacques Daget: L'empire peul du Macina (= Études soudanaises. 3, ZDB-ID 2384211-8). Band 1. Institut Français d'Afrique Noire, Paris 1955.
- Murray Last: The Sokoto Caliphate. Humanities Press, New York NY 1967.
- Murray Last: Sokoto. In: The Encyclopaedia of Islam. Band 9: San – Sze. New Edition. Brill, Leiden 1997, ISBN 90-04-10413-5, S. 711a–712a.
- Stephanie Zehnle: Sex und Dschihad. Vom Opfer- und Täterwerden der islamischen Konkubinen Westafrikas. In: Philipp Batelka, Michael Weise, Stephanie Zehnle (Hrsg.): Zwischen Tätern und Opfern. Gewaltbeziehungen und Gewaltgemeinschaften. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2017, S. 75–106. ISBN 978-3-525-30099-2.
Einzelnachweise
- vgl. Martina Gajdos: Fulfulde. Lehrbuch einer westafrikanischen Sprache (= Edition Praesens-Studienbücher. Bd. 11). Edition Praesens, Wien 2004, ISBN 3-7069-0223-0.
- Vgl. Last: Sokoto. In: The Encyclopaedia of Islam. Band 9. New Edition. 1997, S. 711a–712a, hier S. 711b.